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23 K 8222/13
"2015-01-12T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin streitet mit dem beklagten Land um die Reihenfolge der Berechnungsschritte bei einem Zusammentreffen von eigenen Versorgungsbezügen aus ihrem Beamtenverhältnis, ihrem Witwengeld aus dem Beamtenverhältnis ihres verstorbenen Ehemannes und der Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs aus der früheren Ehescheidung ihres verstorbenen Ehemannes. 3Die 1965 geborene Klägerin stand bis zu ihrer vorzeitigen Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2012 im mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst des beklagten Landes (zuletzt beschäftigt bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in H. als Regierungsamtsinspektorin, Besoldungsgruppe A 9 Bundesbesoldungsordnung – BBesO). Sie ist die Witwe des im November 2002 noch im aktiven Dienst des beklagten Landes verstorbenen N. I. , der zuletzt als Oberregierungsrat im damaligen Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (LDS) verwendet wurde (Besoldungsgruppe A 14 BBesO). Dieser war vor der Ehe mit der Klägerin bereits verheiratet. Im Urteil über die Scheidung der ersten Ehe des verstorbenen Ehemannes der Klägerin wurde zu seinen Lasten ein Versorgungsausgleich durchgeführt, durch den zu Gunsten seiner ersten Ehefrau K. I. eine Rentenanwartschaft im Wert von DM 1338,22, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. November 1996, begründet wurde. 4Infolge des Todes ihres Ehemannes bezieht die Klägerin seit Dezember 2002 Witwengeld vom beklagten Land, das mit Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) vom Mai 2003 aus Besoldungsgruppe A 14 BBesO, nach einem Ruhegehaltssatz von 75 % nach Übergangsrecht und mit einem Versorgungsabschlag wegen des durch den Tod eingetretenen vorzeitigen Ausscheidens aus dem aktiven Dienst festgesetzt wurde. Hierbei gelangte das LBV für den verstorbenen Ehemann der Klägerin zu einem Ruhegehalt von brutto 2966,23 Euro, wovon der Klägerin 60 % als Witwengeld zustanden, also 1779,74 Euro. Dieser Betrag wurde wegen des Versorgungsausgleichs im Zusammenhang mit der Scheidung der vorangegangenen Ehe ihres verstorbenen Ehemannes um 450,57 Euro auf brutto 1329,17 Euro monatlich gemäß § 57 BeamtVG gekürzt. 5Mit Bescheid vom 16. September 2004 entschied das LBV über die Auswirkungen des Zusammentreffens des Witwengeldes mit den Bezügen der Klägerin aus ihrem aktiven Dienstverhältnis bei der Fachhochschule. Auf der Grundlage von § 53 BeamtVG führte eine Ruhensregelung nicht zu einem Ruhen von Teilen ihrer eigenen Bezüge, weil die Summe aus Witwengeld und eigenen Bezügen (als Verwendungseinkommen) die errechnete Höchstgrenze nicht überstieg. 6Mit Bescheid vom 8. Mai 2012 traf das LBV eine erneute Ruhensregelung nach § 53 BeamtVG über das Zusammentreffen der eigenen Bezüge der Klägerin und dem Witwengeld: Nach der in den Anlagen zum Bescheid dargestellten Berechnung überstieg ihr Gesamteinkommen nunmehr die Höchstgrenze um 160,56 Euro, was zu einer monatlichen Kürzung des Witwengeldes um diesen Betrag führte; das so gekürzte Witwengeld unterlag nach der Ruhensregelung noch einer Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs, nach den veränderten Zahlen um monatlich 503,30 Euro. Die hieraus errechnete Überzahlung für fünf Monate von 802,80 EUR forderte das LBV zurück. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig und der Rückforderungsbetrag ausgeglichen. 7Nach der Zurruhesetzung der Klägerin wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2012 setzte das LBV das eigene Ruhegehalt der Klägerin ab Januar 2013 mit Bescheid vom 3. Januar 2013 aus der Besoldungsstufe A 9 nach einem Ruhegehaltssatz von 68,02 % unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlages wegen der vorzeitigen Zurruhesetzung von 10,8 % (236,99 Euro) auf monatlich 1957,39 Euro brutto fest. 8Mit dem im Streit stehenden Bescheid vom 4. Januar 2013 regelte das LBV das „Zusammentreffen mehrerer Versorgungsbezüge“, nämlich ihres eigenen Ruhegehalts und des Witwengeldes, gemäß § 54 BeamtVG. Die getroffene Ruhensregelung führte ab Beginn des Ruhestandes der Klägerin zu einem Ruhen des Witwengeldes um 631,76 Euro; um diesen Betrag überstieg nach den dem Bescheid beigefügten Berechnungen des LBV die Summe aus dem eigenen Ruhegehalt der Klägerin (1.957,39 Euro) und dem noch nicht wegen des Versorgungsausgleichs gekürzten Witwengeld (1.988,44 Euro) die Höchstgrenze von 3.314,07 Euro. Von dem nach Abzug des Ruhensbetrages verbleibenden Witwengeld von 1.356,68 Euro kürzte das LBV sodann noch wegen des Versorgungsausgleichs einen Betrag von 503,30 Euro. Mithin verblieb auszuzahlendes Witwengeld von 853,38 Euro.Aufgrund dieser Berechnungen ergab sich für den Monat Januar 2013 eine Zuvielzahlung von 471,20 Euro, die das LBV von der Klägerin zurückforderte und über diesen Betrag nach Erklärung der Aufrechnung eine Einbehaltung von den Bezügen der Klägerin im Februar 2013 vornahm. In Bezug auf die Herabsetzung der Versorgungsbezüge für die Zukunft ordnete das LBV die sofortige Vollziehung an. 9Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 zurück. 10Die Klägerin hat hiergegen am 23. Oktober 2013 diese Klage erhoben, mit der sie ihr gegen die Art und Weise der bei der Ruhensregelung im Hinblick auf die Kürzung wegen Versorgungsausgleichs erfolgten Berechnungen gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Sie ist der Auffassung, durch die Berechnungsweise des LBV werde der Versorgungsausgleich zweimal abgezogen, was sie unzulässig belaste. Hierdurch würden die eigenen Versorgungsbezüge der Klägerin durch den Versorgungsausgleich gekürzt. Dadurch erhalte die Klägerin weniger als die in § 54 BeamtVG geregelte Höchstgrenze, was ihre Rechte verletze. 11Die Klägerin beantragt, 12das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW (LBV) vom 4. Januar 2013 in der Gestalt dessen hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 zu verpflichten, der Klägerin den zurückgeforderten Betrag von 471,20 Euro zu erstatten und Versorgungsbezüge nach dem Höchstsatzbetrag ohne weitere Abzüge zu gewähren. 13Das beklagte Land beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Das LBV verteidigt seine angegriffenen Bescheide. 16Parallel hat die Klägerin ursprünglich gegen den Bescheid über die Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge vom 3. Januar 2013 und den nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ergangenen zurückweisenden Widerspruchsbescheid (ebenfalls) vom 23. September 2013 die Klage 23 K 8223/13 erhoben. Diese hat sie auf Hinweise des Einzelrichters in der gemeinsamen mündlichen Verhandlung zu beiden Klageverfahren genommen. 17Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Klageverfahrens 23 K 8223/13 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des LBV (zum eigenen Ruhegehalt der Klägerin sowie zum Witwengeld und dem Versorgungsausgleich) Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 20Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 3. Dezember 2014 gemäß § 6 VwGO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist. 21Das Begehren der Klägerin ist gemäß § 88 VwGO zunächst sachdienlich auszulegen. Die Klägerin verlangt vorrangig, dass das LBV bei der Berechnung im Rahmen der Ruhensregelung gemäß § 54 BeamtVG im Bezug auf ihr Ruhegehalt und das Witwengeld das bereits um den Versorgungsausgleich gekürzte Witwengeld in die Berechnung einstellt und nach der Ruhensregelung vom verbleibenden Witwengeld nicht – ihrer Auffassung nach erneut – die Kürzung wegen Versorgungsausgleichs nach § 57 BeamtVG in Abzug bringt. Als Folge dieses Begehrens – im Erfolgsfalle - begehrt sie die Aufhebung der Rückforderung und die Erstattung des zurückgeforderten/einbehaltenen Betrages. Dementsprechend ist ihr Antrag sachdienlich so auszulegen: Sie beantragt, 221.23das beklagte Land unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides des LBV vom 4. Januar 2013 in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 zu verpflichten, nach der Ruhensregelung gemäß § 54 BeamtVG den nicht zum Ruhen gebrachten Teil des Witwengeldes nicht gemäß § 57 BeamtVG wegen des Versorgungsausgleichs aus der Scheidung der ersten Ehe des verstorbenen Herrn N. I. zu kürzen, 2.24den Bescheid des LBV vom 4. Januar 2013 in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 aufzuheben, soweit darin ein Betrag von 471,20 EUR zurückgefordert wird, 3.25und das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin den einbehaltenen Betrag von 471,20 EUR nachzuzahlen. 26Die so verstandene zulässige Klage ist nicht begründet. 27Der Bescheid des LBV vom 4. Januar 2013 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013, welcher sich auf diesen Ausgangsbescheid bezieht, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch auf weitere Versorgungsbezüge als Folge der von ihr geforderten Berechnungsweise (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO; dazu unten I.); dementsprechend ist auch die Rückforderung rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch ein Anspruch auf Nachzahlung des einbehaltenen Betrages besteht dementsprechend nicht (dazu unten II.). 28I. 29Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass das LBV ihre Versorgungsbezüge in der von ihr geforderten Weise berechnet – nämlich derart, dass nach der Ruhensregelung in Bezug auf ihr Ruhegehalt und das Witwengeld der nicht zum Ruhen gebrachte Teil des Witwengeldes nicht einer Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs aus der Ehescheidung gemäß § 57 BeamtVG unterliegt. 30Wenn das LBV die Versorgungsbezüge in dieser Weise berechnen, festsetzen und auszahlen würde, erhielte die Klägerin 503,30 EUR mehr im Monat ausgezahlt. Dies kann sie jedoch nicht verlangen. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig; das LBV hat darin § 54 BeamtVG und § 57 BeamtVG zutreffend angewandt, die Berechnungen ordnungsgemäß durchgeführt und die Rechenschritte insbesondere in der dem Gesetz entsprechenden Reihenfolge vorgenommen. 31Zunächst kann sich die Klägerin nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2011 stützen, welches erkannte, dass in einem ähnlich gelagerten Fall nach Durchführung der Ruhensregelung keine Kürzung wegen Versorgungsausgleichs nach § 57 BeamtVG zulässig sei, 32– 2 C 39/10 –, ZBR 2012, 257 ff. 33Jene Entscheidung ist nämlich zur Fallkonstellation des § 54 Abs. 4 BeamtVG ergangen, welche sich dadurch auszeichnet, dass ein Ruhestandsbeamter, der bereits eigene Versorgungsbezüge erhält, zeitlich nachfolgend einen Anspruch auf Witwengeld erwirbt. Die in diesem Fall von § 54 Abs. 4 BeamtVG ermöglichte Ruhensregelung in Bezug auf die eigenen Versorgungsbezüge lässt nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine nachgelagerte Kürzung der eigenen Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG wegen Versorgungsausgleichs zu; diese Kürzung nach § 57 BeamtVG ist allein zulässig hinsichtlich der erworbenen Hinterbliebenenversorgung (Witwengeld), die in dieser Konstellation nicht zum Ruhen gebracht werden kann, nicht hingegen hinsichtlich der eigenen Versorgungsbezüge des Ruhestandsbeamten. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung deutlich gemacht, dass an einer Kürzung gemäß § 57 BeamtVG nach Anwendung von Ruhensvorschriften gemäß §§ 53 ff. BeamtVG in Bezug auf die eigene Versorgung des mit dem Versorgungsausgleich belasteten Beamten und die hieraus abgeleitete Versorgung von Hinterbliebenen (so für das Witwengeld) kein Zweifel besteht, 34vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011, a. a. O., Juris Rn. 23. 35Der Fall der Klägerin ist jedoch anders gelagert: Sie bezog bereits seit 2002 das Witwengeld nach ihrem verstorbenen Ehemann und erlangte den Anspruch auf eigenes Ruhegehalt ab Januar 2013 erst mit der vorzeitigen Zurruhesetzung. Diese Fallkonstellation fällt nicht unter § 54 Abs. 4 BeamtVG sondern unter Abs. 1 der Vorschrift. 36Hierbei ist festzustellen, dass der Regelungstext des § 54 BeamtVG ausgesprochen schwer verständlich ist. Die dort geregelten Fallkonstellationen sind nicht leicht auseinanderzuhalten. Nach der Regelungssystematik des § 54 BeamtVG ist es jedenfalls so, dass dann, wenn jemand bereits einen Versorgungsbezug aus Verwendung im öffentlichen Dienst erhält und dann nachfolgend einen Anspruch auf einen weiteren Versorgungsbezug aus Verwendung im öffentlichen Dienst erwirbt, der neu erworbene Versorgungsbezug ungekürzt bzw. ungeregelt bleibt, der bereits zuvor vorhandene Versorgungsbezug jedoch der Ruhensregelung und dadurch eventuell einer faktischen „Kürzung“ unterworfen wird. 37Vgl. zum System z. B. Schachel, in: Schütz/Maiwald, BeamtVG, Stand Oktober 2014, § 54 Rn. 9 – 11. 38Bezieht ein Beamter bereits Witwen- bzw. Witwerversorgung nach einem verstorbenen Ehepartner, welcher ebenfalls Beamter war, und erwirbt dann einen eigenen Versorgungsanspruch, z.B. Ruhegehalt, ist auf der Grundlage dieses Systems § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG anwendbar, 39vgl. Schachel, a. a. O., Rn. 17. 40Bezieht hingegen ein Beamter im Ruhestand bereits Ruhegehalt und erwirbt dann einen Anspruch auf Witwengeld wegen des Todes des Ehepartners, der auch Beamter war, so ist § 54 Abs. 4 BeamtVG einschlägig, 41Schachel, a. a. O., Rn. 21. 42Dies lässt sich – bei genauem Studium – dem Gesetz entnehmen. Den Fall der Klägerin – sie bezog bereits seit 2002 Witwenversorgung aufgrund des Beamtenverhältnisses ihres verstorbenen Ehemannes und erwarb nachfolgend nach Beginn des eigenen Ruhestandes ab 2013 einen Anspruch auf eigenes Ruhegehalt – regelt § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BeamtVG. 43Hiernach gilt: Erhalten aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (§ 53 Abs. 8) an neuen Versorgungsbezügen eine Witwe Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung, so sind neben den neuen Versorgungsbezügen die früheren Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze zu zahlen. Dabei darf die Gesamtversorgung nicht hinter der früheren Versorgung zurückbleiben (S. 2).Die Höchstgrenze ist in Abs. 2 der Vorschrift geregelt, für den Fall der Klägerin in Satz 1 Nr. 3: Als Höchstgrenze gelten für Witwen im Fall des Abs. 1 Nr. 3 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das dem Witwengeld zu Grunde liegende Ruhegehalt bemisst, zuzüglich des Unterschiedsbetrags nach § 50 Abs. 1.Erwirbt ein Ruhestandsbeamter einen Anspruch auf Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung, so erhält er nach Abs. 4 der Vorschrift daneben sein Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 S. 1 Nr. 3 sowie S. 3 und 5 bezeichneten Höchstgrenze. 44Der Fall des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BeamtVG liegt bei der Klägerin vor, was auch sie nicht in Abrede stellt. Sie erhielt als früheren Versorgungsbezug das Witwengeld nach ihrem verstorbenen Ehemann seit 2002. Nunmehr trat seit Januar 2013 ihr eigenes Ruhegehalt aus Verwendung im öffentlichen Dienst hinzu. Mithin ist die Höchstgrenze nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG einschlägig. Die Berechnungen zur Höhe des Witwengeldes, welches seit langem bestandskräftig festgesetzt ist, sowie zu den eigenen Versorgungsbezügen (Ruhegehalt) der Klägerin und zur Höchstgrenze gemäß § 54 Abs. 2 BeamtVG stehen zwischen den Beteiligten nicht mehr im Streit; hinsichtlich der eigenen Versorgungsbezüge der Klägerin ist die Klage 23 K 8223/13 zurückgenommen worden. Der Einzelrichter hat an der Festsetzung des Ruhegehalts der Klägerin und des Witwengeldes sowie den Berechnungen des LBV in Bezug auf die Höchstgrenze nach § 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG keine Zweifel. 45Streitig ist allein, ob die Kürzung des Witwengeldes wegen Versorgungsausgleichs rechtmäßig vorgenommen worden ist. Das LBV hat das Witwengeld in ungekürzter Höhe in die Ruhensregelung eingestellt und mithin unter Berücksichtigung des ungekürzten Witwengeldes von 1988,44 Euro den Ruhensbetrag von 631,76 Euro ermittelt und diesen sodann vom Witwengeld abgezogen. Hierdurch errechnete es ein Witwengeld nach der Ruhensregelung von 1356,68 Euro. Von diesem Betrag zog es wiederum im Wege der Kürzung gemäß § 57 BeamtVG einen Betrag von 503,30 Euro ab und kam zu dem Endbetrag des Witwengeldes von 853,38 Euro. Zusammen mit dem ungekürzt ausgezahlten Ruhegehalt der Klägerin von brutto 1957,39 Euro erhielt die Klägerin mithin Versorgungsbezüge von insgesamt 2.810,77 Euro ausgezahlt. Diese Gesamt-Versorgungsbezüge bleiben um den Betrag der Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs hinter der ermittelten Höchstgrenze von 3.314,07 Euro zurück. 46Diese Berechnungsweise des LBV ist rechtmäßig, weil sie dem Beamtenversorgungsgesetz entspricht und dies auch mit der Verfassung vereinbar ist. 47Der Rechenweg ist gesetzlich durch § 57 Abs. 1 BeamtVG i.V.m. § 54 BeamtVG vorgegeben und entspricht auch Sinn und Zweck des § 57 BeamtVG. 48Gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG werden die Versorgungsbezüge der (im Hinblick auf den Versorgungsausgleich) ausgleichspflichtigen Person oder ihrer Hinterbliebenen nach Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften wegen des Versorgungsausgleichs gekürzt. Diese Gesetzesfassung ist eindeutig und schließt den von der Klägerin geforderten Rechenweg aus. 49Die Rechenweise, dass bei der Ruhensregelung („Höchstgrenzen-Berechnung“) gemäß § 54 Abs. 1 BeamtVG das Witwengeld ohne Kürzung nach § 57 BeamtVG eingestellt wird und nach der Ruhensregelung die Kürzung gemäß § 57 Abs. 1 BeamtVG vorgenommen wird – ist unter Berücksichtigung der Zwecke von § 54 Abs. 1 BeamtVG und § 57 BeamtVG auch gerechtfertigt. Sinn von § 54 BeamtVG im Allgemeinen ist es, beim Zusammentreffen mehrerer Versorgungsbezüge in einer Person die ungekürzte Zahlung von zwei oder mehr Versorgungsbezügen aus öffentlichen Mitteln – und die daraus folgende Überversorgung – zu verhindern, 50vgl. Schmalhofer, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Kommentar, Stand August 2014, Hauptband II, § 54 Rn. 1; zum Rechenweg – „§ 57-Kürzung“ nach „§ 54-Ruhensregelung“: ebenda, Rn. 5. 51§ 57 BeamtVG soll bewirken, dass die Scheidungsfolgen in Bezug auf den Versorgungsausgleich nicht den Dienstherrn des an der Scheidung beteiligten Beamten belasten. Der Dienstherr soll durch die Ehescheidung des Beamten bezüglich der gesamten Versorgungsaufwendungen nicht höher belastet werden, als wenn der Beamte sich nicht hätte scheiden lassen, 52vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 9. November 1995 – 2 BvR 1762/92 –, NVwZ 1996, 584 f. 53Zur Verwirklichung des Zwecks, dass die Scheidungsfolgen zulasten des geschiedenen Beamten (und dessen Hinterbliebenen) und nicht zulasten des Dienstherrn als Versorgungsträger gehen, erfolgt die Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 57 BeamtVG. Dabei ist folgender Hintergrund in der Lebenswirklichkeit zu berücksichtigen: Wenn durch Scheidungsurteil – wie im Fall des verstorbenen Ehemannes der Klägerin – angeordnet wird, dass zu Gunsten des ausgleichsberechtigten Ehepartners eine Rentenanwartschaft beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (Deutsche Rentenversicherung ‑ DRV ‑, früher Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – BfA) begründet wird, so verliert der betroffene ausgleichspflichtige Ehepartner, welcher Beamter ist, in diesem Moment von seiner Pensionsanwartschaft nichts. Eine Anwartschaft auf Beamtenpension (also Ruhegehalt) nach nordrhein-westfälischem Beamtenversorgungsrecht lässt sich rechtlich nämlich nicht teilen, weshalb auch nicht ein Teil der Pensions-Anwartschaft auf den ausgleichsberechtigten Ehepartner übertragen wird. Die Begründung der Rentenanwartschaft in der DRV erfolgt mithin unmittelbar ohne finanziellen Nachteil des ausgleichspflichtigen Ehepartners, welcher Beamter ist, ohne eine Zahlung von seiner Seite oder einen Rechtsverlust oder ähnliches. Auch das LBV bzw. der beamtenrechtliche Versorgungsträger muss in diesem Moment nichts zahlen. Bezieht jedoch der ausgleichsberechtigte Ehepartner, zu dessen Gunsten die Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet worden ist, aus der Rentenanwartschaft tatsächlich Rente, so macht die DRV beim Träger der beamtenrechtlichen Versorgung (LBV) die tatsächlichen Kosten dieses Rentenbezugs jährlich geltend (vgl. § 225 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Diese Beträge muss das LBV an die DRV erstatten. Zum Ausgleich für die Belastung mit diesen Erstattungsforderungen erhält das LBV bzw. das beklagte Land das Recht zur Kürzung der Versorgungsbezüge des ausgleichspflichtigen Ehepartners, welcher Beamter ist, nach § 57 BeamtVG. Die Ersparnis durch diese Kürzung bzw. den Kürzungsbetrag erhält nicht der geschiedene Ehepartner (der Ausgleichsberechtigte) sondern das LBV. Der ausgleichsberechtigte Ehepartner erhält bei Vorliegen der Voraussetzungen die Rente aus der begründeten Anwartschaft. Die Kürzung nach § 57 BeamtVG kommt somit unmittelbar dem LBV bzw. dem beklagten Land zugute und dient strukturell dem Ausgleich der Belastung mit der Erstattungspflicht gegenüber dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung aus § 225 Abs. 1 SGB VI. Eben der Durchsetzung und Sicherung dieser Ausgleichsfunktion des § 57 BeamtVG dient die Anordnung, dass die Kürzung nach Durchführung von Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften zu erfolgen hat. 54Würde man wie von der Klägerin gefordert die Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs nämlich vor der Durchführung der Ruhensregelung vornehmen, so würde die Kürzung nach § 57 BeamtVG in vielen Fällen – und so auch im Fall der Klägerin – in ihrer Wirkung teilweise oder vollständig neutralisiert. Dies verdeutlichen die folgenden Berechnungen: 55Das LBV rechnet: 5657A. Höchstgrenze: 3.314,07 Euro 58B. Eigenes Ruhegehalt: 1.957,39 Euro 59C. Witwengeld (ohne § 57-Kürzung): 1.988,44 Euro 60D. Summe Versorgungsbezüge (B+C): 3.945,83 Euro 61E. Ruhensregelung: 62Die Höchstgrenze übersteigend (= Ruhensbetrag): 631,76 Euro 63Witwengeld abzüglich Ruhensbetrag: 1.356,68 Euro 64Dann Kürzung Versorgungsausgleich, abzüglich 503,30 Euro 65Zustehendes Witwengeld: 853,38 Euro 66Gesamt-Versorgungsbezüge (Witwengeld + B) 2.810,77 Euro 67Die Klägerin begehrt den Rechenweg: 6869A. Höchstgrenze: 3.314,07 Euro 70B. Eigenes Ruhegehalt: 1.957,39 Euro 71C. Witwengeld (mit § 57-Kürzung): 1.485,14 Euro 72D. Summe Versorgungsbezüge (B+C): 3.442,53 Euro 73E. Ruhensregelung: 74Die Höchstgrenze übersteigend (= Ruhensbetrag): 128,46 Euro 75Witwengeld abzüglich Ruhensbetrag: 1.356,68 Euro 76Keine weitere Kürzung Versorgungsausgleich 0 Euro 77Zustehendes Witwengeld: 1.356,68 Euro 78Gesamt-Versorgungsbezüge (Witwengeld + B) 3.314,07 Euro 79Wäre der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht geschieden gewesen, wäre die Berechnung: 8081A. Höchstgrenze: 3.314,07 Euro 82B. Eigenes Ruhegehalt: 1.957,39 Euro 83C. Witwengeld (ohne § 57-Kürzung): 1.988,44 Euro 84D. Summe Versorgungsbezüge (B+C): 3.945,83 Euro 85E. Ruhensregelung: 86F. Die Höchstgrenze übersteigend (= Ruhensbetrag): 631,76 Euro 87G. Witwengeld abzüglich Ruhensbetrag: 1.356,68 Euro 88Keine weitere Kürzung Versorgungsausgleich 0 Euro 89Zustehendes Witwengeld: 1.356,68 Euro 90Gesamt-Versorgungsbezüge (Witwengeld + B) 3.314,07 Euro 91Würde man mithin in der von der Klägerin begehrten Weise rechnen, so stünde die Klägerin im Ergebnis genau so, als wäre ihr verstorbener Ehemann nicht geschieden gewesen, und das LBV erhielte keinen Ausgleich für den Umstand, dass es gegenüber der DRV zum Ausgleich der Aufwendungen für den Rentenbezug des geschiedenen früheren Ehepartners des Verstorbenen verpflichtet ist. Die Scheidungsfolgen würden zulasten des Trägers der Beamtenversorgung gehen und nicht zulasten des geschiedenen Ehepartners oder dessen Hinterbliebenen. Dies ist ein Widerspruch zum Zweck des § 57 BeamtVG und deshalb zu vermeiden. 92Vom Ansatz her ebenso zu § 54 Abs. 4 BeamtVG Urteil des Einzelrichters vom 9. Mai 2011 – 23 K 2049/09 – (rechtskräftig), www.nrwe.de; OVG Hamburg, Urteil vom 10. Mai 2010 – 1 Bf 45/09 –, Juris Rn. 38 ff. 93Dass die Kürzung wegen Versorgungsausgleichs hier nach der Ruhensregelung erfolgen muss, ergibt sich auch aus der systematischen Stellung des § 54 vor §§ 55 und 57 BeamtVG sowie dem eindeutigen Wortlaut des § 57 Abs. 1 S. 1 BeamtVG. 94Es liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Die Klägerin macht dies geltend, weil das Bundesverwaltungsgericht zu § 54 Abs. 4 BeamtVG die zuvor bereits zitierte, der hier vertretenen Auffassung zuwiderlaufende Entscheidung getroffen hat, 95vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 – 2 C 39/10 –, ZBR 2012, 257 ff. 96Zunächst hat das erkennende Gericht Zweifel an dieser Entscheidung. Sie widerspricht den dargestellten Zwecken des § 57 Abs. 1 S. 1 BeamtVG, in dem sie den betroffenen Beamten in vielen Fällen so stellt, als ob der verstorbene Ehepartner nicht geschieden gewesen wäre und dessen Versorgung nicht mit einem Versorgungsausgleich belastet wäre. Damit geht dann der finanzielle Nachteil aus dem Versorgungsausgleich zulasten des Dienstherrn. Zudem spricht Wortlaut und Systematik des Gesetzes, insbesondere § 57 Absatz 1 S. 1 Beamtenversorgungsgesetz, eher dafür, auch im Fall des § 54 Abs. 4 S. 1 BeamtVG bei der Durchführung der Ruhensregelung das Witwengeld in der Höhe vor der Kürzung nach § 57 Abs. 1 BeamtVG in die Rechnung einzustellen. Der Wortlaut des § 57 Absatz 1 S. 1 Beamtenversorgungsgesetz („werden die Versorgungsbezüge des verpflichteten Ehegatten und seiner Hinterbliebenen nach Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften um den Betrag gekürzt...“), ist nach der Auffassung des Einzelrichters eher so zu verstehen, dass das Witwengeld, auch wenn es wie im Fall des § 54 Abs. 4 S. 1 BeamtVG nicht selbst der Ruhensregelung unterliegt, in die Berechnung für die Ruhensregelung ohne Kürzung wegen des Versorgungsausgleichs nach § 57 Abs. 1 BeamtVG eingestellt wird. Denn auch dies ist eine Kürzung „nach Durchführung von Ruhensvorschriften“. 97Zudem dürfte eine verfassungsrechtlich problematische Verschiedenbehandlung von wesentlich Gleichem im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb nicht gegeben sein, weil als sachlicher Grund der Verschiedenbehandlung bzw. als Grund dafür, dass es sich nicht um wesentlich Gleiches handelt, der Unterschied vorliegt, den der Gesetzgeber selbst ausgewählt hat: Der Gesetzgeber hat in Artikel § 54 Abs. 1 BeamtVG und in Art. 54 Abs. 4 S. 1 BeamtVG zwei Fallgruppen geschaffen, die sich dadurch unterscheiden, ob zuerst das eigene Ruhegehalt besteht und dann das Witwengeld hinzutritt oder ob das Witwengeld bereits besteht und dann das eigene Ruhegehalt hinzutritt. Wenn man die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde legt, sind diese beiden Fallgruppen dann verschieden geregelt worden. Der sachliche Unterschied zwischen den Fallgruppen ist damit nach der eigenen Entscheidung des Gesetzgebers vorhanden. Inwiefern dies die Verschiedenbehandlung inhaltlich rechtfertigt, bzw. was die Motivation des Gesetzgebers zur Verschiedenbehandlung war, fällt in das Ermessen des Gesetzgebers bzw. wäre eine Frage, die das Bundesverwaltungsgericht (oder der Gesetzgeber) beantworten müsste. Da verschiedene Fallgruppen vorliegen, liegt keine verfassungsrechtlich zu rechtfertigende Verschiedenbehandlung von wesentlich Gleichem, die an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen wäre, vor. 98II. 99Die in den angegriffenen Bescheiden enthaltene Rückforderung eines Betrages von 471,20 EUR ist rechtmäßig. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 52 Abs. 2 BeamtVG. 100Auf der Grundlage der Ausführungen zu I. hat die Klägerin für den Monat Januar 2013 den Betrag von 471,20 EUR zu viel erhalten, wie sich den rechtmäßigen und rechnerisch richtigen Berechnungen des LBV in den Anlagen zum Bescheid vom 4. Januar 2013 entnehmen lässt. Diese Zahlung hat sie aufgrund der Darlegungen zu I. ohne Rechtsgrund erhalten, da ihr dieser Betrag nach dem Gesetz nicht zustand und der Bescheid vom 4. Januar 2013 mit der neuen Berechnung die Rechtsgrundlagen entsprechend anpasst. Eine Entreicherung im Sinne der Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung ist von der Klägerin nicht vorgetragen. Eine solche wäre aber auch nicht von Bedeutung, da in den von den Ruhensregelungen geregelten Fallgruppen ein gesetzesimmanenter Vorbehalt der nachträglichen Neuregelung besteht. Dieser gesetzesimmanente Vorbehalt steht einer Gutgläubigkeit über den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung entgegen. Die nach § 52 Abs. 2 S. 3 BeamtVG erforderliche Billigkeitsentscheidung über die Rückforderung hat das LBV im Bescheid vom 4. Januar 2013 vorgenommen. Diese Entscheidung ist inhaltlich nicht zu beanstanden, insbesondere hat die Klägerin keine Gründe vorgetragen, die eine zu ihren Gunsten gehende Billigkeitsentscheidung begründen könnten. 101Dem entsprechend hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Nachzahlung der zurückgeforderten 471,20 Euro. 102Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 103Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des nach dem urteil zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils beizutreibenden betrages leistet. 1
2die klägerin streitet mit dem beklagten land um die reihenfolge der berechnungsschritte bei einem zusammentreffen von eigenen versorgungsbezügen aus ihrem beamtenverhältnis, ihrem witwengeld aus dem beamtenverhältnis ihres verstorbenen ehemannes und der kürzung wegen des versorgungsausgleichs aus der früheren ehescheidung ihres verstorbenen ehemannes. 3die 1965 geborene klägerin stand bis zu ihrer vorzeitigen zurruhesetzung wegen dienstunfähigkeit mit ablauf des 31. dezember 2012 im mittleren allgemeinen verwaltungsdienst des beklagten landes (zuletzt beschäftigt bei der fachhochschule für öffentliche verwaltung nrw in h. als regierungsamtsinspektorin, besoldungsgruppe a 9 bundesbesoldungsordnung – bbeso). sie ist die witwe des im november 2002 noch im aktiven dienst des beklagten landes verstorbenen n. i. , der zuletzt als oberregierungsrat im damaligen landesamt für datenverarbeitung und statistik (lds) verwendet wurde (besoldungsgruppe a 14 bbeso). dieser war vor der ehe mit der klägerin bereits verheiratet. im urteil über die scheidung der ersten ehe des verstorbenen ehemannes der klägerin wurde zu seinen lasten ein versorgungsausgleich durchgeführt, durch den zu gunsten seiner ersten ehefrau k. i. eine rentenanwartschaft im wert von dm 1338,22, bezogen auf das ende der ehezeit am 30. november 1996, begründet wurde. 4infolge des todes ihres ehemannes bezieht die klägerin seit dezember 2002 witwengeld vom beklagten land, das mit bescheid des landesamtes für besoldung und versorgung nrw (lbv) vom mai 2003 aus besoldungsgruppe a 14 bbeso, nach einem ruhegehaltssatz von 75 % nach übergangsrecht und mit einem versorgungsabschlag wegen des durch den tod eingetretenen vorzeitigen ausscheidens aus dem aktiven dienst festgesetzt wurde. hierbei gelangte das lbv für den verstorbenen ehemann der klägerin zu einem ruhegehalt von brutto 2966,23 euro, wovon der klägerin 60 % als witwengeld zustanden, also 1779,74 euro. dieser betrag wurde wegen des versorgungsausgleichs im zusammenhang mit der scheidung der vorangegangenen ehe ihres verstorbenen ehemannes um 450,57 euro auf brutto 1329,17 euro monatlich gemäß § 57 beamtvg gekürzt. 5mit bescheid vom 16. september 2004 entschied das lbv über die auswirkungen des zusammentreffens des witwengeldes mit den bezügen der klägerin aus ihrem aktiven dienstverhältnis bei der fachhochschule. auf der grundlage von § 53 beamtvg führte eine ruhensregelung nicht zu einem ruhen von teilen ihrer eigenen bezüge, weil die summe aus witwengeld und eigenen bezügen (als verwendungseinkommen) die errechnete höchstgrenze nicht überstieg. 6mit bescheid vom 8. mai 2012 traf das lbv eine erneute ruhensregelung nach § 53 beamtvg über das zusammentreffen der eigenen bezüge der klägerin und dem witwengeld: nach der in den anlagen zum bescheid dargestellten berechnung überstieg ihr gesamteinkommen nunmehr die höchstgrenze um 160,56 euro, was zu einer monatlichen kürzung des witwengeldes um diesen betrag führte; das so gekürzte witwengeld unterlag nach der ruhensregelung noch einer kürzung wegen des versorgungsausgleichs, nach den veränderten zahlen um monatlich 503,30 euro. die hieraus errechnete überzahlung für fünf monate von 802,80 eur forderte das lbv zurück. dieser bescheid wurde bestandskräftig und der rückforderungsbetrag ausgeglichen. 7nach der zurruhesetzung der klägerin wegen dienstunfähigkeit mit ablauf des 31. dezember 2012 setzte das lbv das eigene ruhegehalt der klägerin ab januar 2013 mit bescheid vom 3. januar 2013 aus der besoldungsstufe a 9 nach einem ruhegehaltssatz von 68,02 % unter berücksichtigung eines versorgungsabschlages wegen der vorzeitigen zurruhesetzung von 10,8 % (236,99 euro) auf monatlich 1957,39 euro brutto fest. 8mit dem im streit stehenden bescheid vom 4. januar 2013 regelte das lbv das „zusammentreffen mehrerer versorgungsbezüge“, nämlich ihres eigenen ruhegehalts und des witwengeldes, gemäß § 54 beamtvg. die getroffene ruhensregelung führte ab beginn des ruhestandes der klägerin zu einem ruhen des witwengeldes um 631,76 euro; um diesen betrag überstieg nach den dem bescheid beigefügten berechnungen des lbv die summe aus dem eigenen ruhegehalt der klägerin (1.957,39 euro) und dem noch nicht wegen des versorgungsausgleichs gekürzten witwengeld (1.988,44 euro) die höchstgrenze von 3.314,07 euro. von dem nach abzug des ruhensbetrages verbleibenden witwengeld von 1.356,68 euro kürzte das lbv sodann noch wegen des versorgungsausgleichs einen betrag von 503,30 euro. mithin verblieb auszuzahlendes witwengeld von 853,38 euro.aufgrund dieser berechnungen ergab sich für den monat januar 2013 eine zuvielzahlung von 471,20 euro, die das lbv von der klägerin zurückforderte und über diesen betrag nach erklärung der aufrechnung eine einbehaltung von den bezügen der klägerin im februar 2013 vornahm. in bezug auf die herabsetzung der versorgungsbezüge für die zukunft ordnete das lbv die sofortige vollziehung an. 9den hiergegen erhobenen widerspruch der klägerin wies das lbv mit widerspruchsbescheid vom 23. september 2013 zurück. 10die klägerin hat hiergegen am 23. oktober 2013 diese klage erhoben, mit der sie ihr gegen die art und weise der bei der ruhensregelung im hinblick auf die kürzung wegen versorgungsausgleichs erfolgten berechnungen gerichtetes begehren weiter verfolgt. sie ist der auffassung, durch die berechnungsweise des lbv werde der versorgungsausgleich zweimal abgezogen, was sie unzulässig belaste. hierdurch würden die eigenen versorgungsbezüge der klägerin durch den versorgungsausgleich gekürzt. dadurch erhalte die klägerin weniger als die in § 54 beamtvg geregelte höchstgrenze, was ihre rechte verletze. 11die klägerin beantragt, 12das beklagte land unter aufhebung des bescheides des landesamtes für besoldung und versorgung nrw (lbv) vom 4. januar 2013 in der gestalt dessen hierzu ergangenen widerspruchsbescheides vom 23. september 2013 zu verpflichten, der klägerin den zurückgeforderten betrag von 471,20 euro zu erstatten und versorgungsbezüge nach dem höchstsatzbetrag ohne weitere abzüge zu gewähren. 13das beklagte land beantragt, 14die klage abzuweisen. 15das lbv verteidigt seine angegriffenen bescheide. 16parallel hat die klägerin ursprünglich gegen den bescheid über die festsetzung ihrer versorgungsbezüge vom 3. januar 2013 und den nach erfolglosem widerspruchsverfahren ergangenen zurückweisenden widerspruchsbescheid (ebenfalls) vom 23. september 2013 die klage 23 k 8223/13 erhoben. diese hat sie auf hinweise des einzelrichters in der gemeinsamen mündlichen verhandlung zu beiden klageverfahren genommen. 17im übrigen wird wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes auf die gerichtsakten dieses verfahrens und des klageverfahrens 23 k 8223/13 und die beigezogenen verwaltungsvorgänge des lbv (zum eigenen ruhegehalt der klägerin sowie zum witwengeld und dem versorgungsausgleich) bezug genommen. 18
19das gericht konnte ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil die beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, § 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 20der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 3. dezember 2014 gemäß § 6 vwgo dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen worden ist. 21das begehren der klägerin ist gemäß § 88 vwgo zunächst sachdienlich auszulegen. die klägerin verlangt vorrangig, dass das lbv bei der berechnung im rahmen der ruhensregelung gemäß § 54 beamtvg im bezug auf ihr ruhegehalt und das witwengeld das bereits um den versorgungsausgleich gekürzte witwengeld in die berechnung einstellt und nach der ruhensregelung vom verbleibenden witwengeld nicht – ihrer auffassung nach erneut – die kürzung wegen versorgungsausgleichs nach § 57 beamtvg in abzug bringt. als folge dieses begehrens – im erfolgsfalle - begehrt sie die aufhebung der rückforderung und die erstattung des zurückgeforderten/einbehaltenen betrages. dementsprechend ist ihr antrag sachdienlich so auszulegen: sie beantragt, 221.23das beklagte land unter entsprechender teilweiser aufhebung des bescheides des lbv vom 4. januar 2013 in der gestalt dessen widerspruchsbescheides vom 23. september 2013 zu verpflichten, nach der ruhensregelung gemäß § 54 beamtvg den nicht zum ruhen gebrachten teil des witwengeldes nicht gemäß § 57 beamtvg wegen des versorgungsausgleichs aus der scheidung der ersten ehe des verstorbenen herrn n. i. zu kürzen, 2.24den bescheid des lbv vom 4. januar 2013 in der gestalt dessen widerspruchsbescheides vom 23. september 2013 aufzuheben, soweit darin ein betrag von 471,20 eur zurückgefordert wird, 3.25und das beklagte land zu verurteilen, der klägerin den einbehaltenen betrag von 471,20 eur nachzuzahlen. 26die so verstandene zulässige klage ist nicht begründet. 27der bescheid des lbv vom 4. januar 2013 und dessen widerspruchsbescheid vom 23. september 2013, welcher sich auf diesen ausgangsbescheid bezieht, sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten; sie hat keinen anspruch auf weitere versorgungsbezüge als folge der von ihr geforderten berechnungsweise (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo; dazu unten i.); dementsprechend ist auch die rückforderung rechtmäßig (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo) und auch ein anspruch auf nachzahlung des einbehaltenen betrages besteht dementsprechend nicht (dazu unten ii.). 28i. 29die klägerin hat keinen anspruch darauf, dass das lbv ihre versorgungsbezüge in der von ihr geforderten weise berechnet – nämlich derart, dass nach der ruhensregelung in bezug auf ihr ruhegehalt und das witwengeld der nicht zum ruhen gebrachte teil des witwengeldes nicht einer kürzung wegen des versorgungsausgleichs aus der ehescheidung gemäß § 57 beamtvg unterliegt. 30wenn das lbv die versorgungsbezüge in dieser weise berechnen, festsetzen und auszahlen würde, erhielte die klägerin 503,30 eur mehr im monat ausgezahlt. dies kann sie jedoch nicht verlangen. die angegriffenen bescheide sind rechtmäßig; das lbv hat darin § 54 beamtvg und § 57 beamtvg zutreffend angewandt, die berechnungen ordnungsgemäß durchgeführt und die rechenschritte insbesondere in der dem gesetz entsprechenden reihenfolge vorgenommen. 31zunächst kann sich die klägerin nicht auf das urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 24. november 2011 stützen, welches erkannte, dass in einem ähnlich gelagerten fall nach durchführung der ruhensregelung keine kürzung wegen versorgungsausgleichs nach § 57 beamtvg zulässig sei, 32– 2 c 39/10 –, zbr 2012, 257 ff. 33jene entscheidung ist nämlich zur fallkonstellation des § 54 abs. 4 beamtvg ergangen, welche sich dadurch auszeichnet, dass ein ruhestandsbeamter, der bereits eigene versorgungsbezüge erhält, zeitlich nachfolgend einen anspruch auf witwengeld erwirbt. die in diesem fall von § 54 abs. 4 beamtvg ermöglichte ruhensregelung in bezug auf die eigenen versorgungsbezüge lässt nach der entscheidung des bundesverwaltungsgerichts keine nachgelagerte kürzung der eigenen versorgungsbezüge nach § 57 beamtvg wegen versorgungsausgleichs zu; diese kürzung nach § 57 beamtvg ist allein zulässig hinsichtlich der erworbenen hinterbliebenenversorgung (witwengeld), die in dieser konstellation nicht zum ruhen gebracht werden kann, nicht hingegen hinsichtlich der eigenen versorgungsbezüge des ruhestandsbeamten. dementsprechend hat das bundesverwaltungsgericht in der genannten entscheidung deutlich gemacht, dass an einer kürzung gemäß § 57 beamtvg nach anwendung von ruhensvorschriften gemäß §§ 53 ff. beamtvg in bezug auf die eigene versorgung des mit dem versorgungsausgleich belasteten beamten und die hieraus abgeleitete versorgung von hinterbliebenen (so für das witwengeld) kein zweifel besteht, 34vgl. bverwg, urteil vom 24. november 2011, a. a. o., juris rn. 23. 35der fall der klägerin ist jedoch anders gelagert: sie bezog bereits seit 2002 das witwengeld nach ihrem verstorbenen ehemann und erlangte den anspruch auf eigenes ruhegehalt ab januar 2013 erst mit der vorzeitigen zurruhesetzung. diese fallkonstellation fällt nicht unter § 54 abs. 4 beamtvg sondern unter abs. 1 der vorschrift. 36hierbei ist festzustellen, dass der regelungstext des § 54 beamtvg ausgesprochen schwer verständlich ist. die dort geregelten fallkonstellationen sind nicht leicht auseinanderzuhalten. nach der regelungssystematik des § 54 beamtvg ist es jedenfalls so, dass dann, wenn jemand bereits einen versorgungsbezug aus verwendung im öffentlichen dienst erhält und dann nachfolgend einen anspruch auf einen weiteren versorgungsbezug aus verwendung im öffentlichen dienst erwirbt, der neu erworbene versorgungsbezug ungekürzt bzw. ungeregelt bleibt, der bereits zuvor vorhandene versorgungsbezug jedoch der ruhensregelung und dadurch eventuell einer faktischen „kürzung“ unterworfen wird. 37vgl. zum system z. b. schachel, in: schütz/maiwald, beamtvg, stand oktober 2014, § 54 rn. 9 – 11. 38bezieht ein beamter bereits witwen- bzw. witwerversorgung nach einem verstorbenen ehepartner, welcher ebenfalls beamter war, und erwirbt dann einen eigenen versorgungsanspruch, z.b. ruhegehalt, ist auf der grundlage dieses systems § 54 abs. 1 satz 1 nr. 3 beamtvg anwendbar, 39vgl. schachel, a. a. o., rn. 17. 40bezieht hingegen ein beamter im ruhestand bereits ruhegehalt und erwirbt dann einen anspruch auf witwengeld wegen des todes des ehepartners, der auch beamter war, so ist § 54 abs. 4 beamtvg einschlägig, 41schachel, a. a. o., rn. 21. 42dies lässt sich – bei genauem studium – dem gesetz entnehmen. den fall der klägerin – sie bezog bereits seit 2002 witwenversorgung aufgrund des beamtenverhältnisses ihres verstorbenen ehemannes und erwarb nachfolgend nach beginn des eigenen ruhestandes ab 2013 einen anspruch auf eigenes ruhegehalt – regelt § 54 abs. 1 s. 1 nr. 3 beamtvg. 43hiernach gilt: erhalten aus einer verwendung im öffentlichen dienst (§ 53 abs. 8) an neuen versorgungsbezügen eine witwe ruhegehalt oder eine ähnliche versorgung, so sind neben den neuen versorgungsbezügen die früheren versorgungsbezüge nur bis zum erreichen der in abs. 2 bezeichneten höchstgrenze zu zahlen. dabei darf die gesamtversorgung nicht hinter der früheren versorgung zurückbleiben (s. 2).die höchstgrenze ist in abs. 2 der vorschrift geregelt, für den fall der klägerin in satz 1 nr. 3: als höchstgrenze gelten für witwen im fall des abs. 1 nr. 3 71,75 % der ruhegehaltfähigen dienstbezüge aus der endstufe der besoldungsgruppe, aus der sich das dem witwengeld zu grunde liegende ruhegehalt bemisst, zuzüglich des unterschiedsbetrags nach § 50 abs. 1.erwirbt ein ruhestandsbeamter einen anspruch auf witwengeld oder eine ähnliche versorgung, so erhält er nach abs. 4 der vorschrift daneben sein ruhegehalt zuzüglich des unterschiedsbetrages nach § 50 abs. 1 nur bis zum erreichen der in abs. 2 s. 1 nr. 3 sowie s. 3 und 5 bezeichneten höchstgrenze. 44der fall des § 54 abs. 1 s. 1 nr. 3 beamtvg liegt bei der klägerin vor, was auch sie nicht in abrede stellt. sie erhielt als früheren versorgungsbezug das witwengeld nach ihrem verstorbenen ehemann seit 2002. nunmehr trat seit januar 2013 ihr eigenes ruhegehalt aus verwendung im öffentlichen dienst hinzu. mithin ist die höchstgrenze nach § 54 abs. 2 nr. 3 beamtvg einschlägig. die berechnungen zur höhe des witwengeldes, welches seit langem bestandskräftig festgesetzt ist, sowie zu den eigenen versorgungsbezügen (ruhegehalt) der klägerin und zur höchstgrenze gemäß § 54 abs. 2 beamtvg stehen zwischen den beteiligten nicht mehr im streit; hinsichtlich der eigenen versorgungsbezüge der klägerin ist die klage 23 k 8223/13 zurückgenommen worden. der einzelrichter hat an der festsetzung des ruhegehalts der klägerin und des witwengeldes sowie den berechnungen des lbv in bezug auf die höchstgrenze nach § 54 abs. 2 satz 1 nr. 3 beamtvg keine zweifel. 45streitig ist allein, ob die kürzung des witwengeldes wegen versorgungsausgleichs rechtmäßig vorgenommen worden ist. das lbv hat das witwengeld in ungekürzter höhe in die ruhensregelung eingestellt und mithin unter berücksichtigung des ungekürzten witwengeldes von 1988,44 euro den ruhensbetrag von 631,76 euro ermittelt und diesen sodann vom witwengeld abgezogen. hierdurch errechnete es ein witwengeld nach der ruhensregelung von 1356,68 euro. von diesem betrag zog es wiederum im wege der kürzung gemäß § 57 beamtvg einen betrag von 503,30 euro ab und kam zu dem endbetrag des witwengeldes von 853,38 euro. zusammen mit dem ungekürzt ausgezahlten ruhegehalt der klägerin von brutto 1957,39 euro erhielt die klägerin mithin versorgungsbezüge von insgesamt 2.810,77 euro ausgezahlt. diese gesamt-versorgungsbezüge bleiben um den betrag der kürzung wegen des versorgungsausgleichs hinter der ermittelten höchstgrenze von 3.314,07 euro zurück. 46diese berechnungsweise des lbv ist rechtmäßig, weil sie dem beamtenversorgungsgesetz entspricht und dies auch mit der verfassung vereinbar ist. 47der rechenweg ist gesetzlich durch § 57 abs. 1 beamtvg i.v.m. § 54 beamtvg vorgegeben und entspricht auch sinn und zweck des § 57 beamtvg. 48gemäß § 57 abs. 1 satz 1 beamtvg werden die versorgungsbezüge der (im hinblick auf den versorgungsausgleich) ausgleichspflichtigen person oder ihrer hinterbliebenen nach anwendung von ruhens-, kürzungs- und anrechnungsvorschriften wegen des versorgungsausgleichs gekürzt. diese gesetzesfassung ist eindeutig und schließt den von der klägerin geforderten rechenweg aus. 49die rechenweise, dass bei der ruhensregelung („höchstgrenzen-berechnung“) gemäß § 54 abs. 1 beamtvg das witwengeld ohne kürzung nach § 57 beamtvg eingestellt wird und nach der ruhensregelung die kürzung gemäß § 57 abs. 1 beamtvg vorgenommen wird – ist unter berücksichtigung der zwecke von § 54 abs. 1 beamtvg und § 57 beamtvg auch gerechtfertigt. sinn von § 54 beamtvg im allgemeinen ist es, beim zusammentreffen mehrerer versorgungsbezüge in einer person die ungekürzte zahlung von zwei oder mehr versorgungsbezügen aus öffentlichen mitteln – und die daraus folgende überversorgung – zu verhindern, 50vgl. schmalhofer, in: stegmüller/schmalhofer/bauer, beamtvg, kommentar, stand august 2014, hauptband ii, § 54 rn. 1; zum rechenweg – „§ 57-kürzung“ nach „§ 54-ruhensregelung“: ebenda, rn. 5. 51§ 57 beamtvg soll bewirken, dass die scheidungsfolgen in bezug auf den versorgungsausgleich nicht den dienstherrn des an der scheidung beteiligten beamten belasten. der dienstherr soll durch die ehescheidung des beamten bezüglich der gesamten versorgungsaufwendungen nicht höher belastet werden, als wenn der beamte sich nicht hätte scheiden lassen, 52vgl. bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 9. november 1995 – 2 bvr 1762/92 –, nvwz 1996, 584 f. 53zur verwirklichung des zwecks, dass die scheidungsfolgen zulasten des geschiedenen beamten (und dessen hinterbliebenen) und nicht zulasten des dienstherrn als versorgungsträger gehen, erfolgt die kürzung der versorgungsbezüge nach § 57 beamtvg. dabei ist folgender hintergrund in der lebenswirklichkeit zu berücksichtigen: wenn durch scheidungsurteil – wie im fall des verstorbenen ehemannes der klägerin – angeordnet wird, dass zu gunsten des ausgleichsberechtigten ehepartners eine rentenanwartschaft beim träger der gesetzlichen rentenversicherung (deutsche rentenversicherung ‑ drv ‑, früher bundesversicherungsanstalt für angestellte – bfa) begründet wird, so verliert der betroffene ausgleichspflichtige ehepartner, welcher beamter ist, in diesem moment von seiner pensionsanwartschaft nichts. eine anwartschaft auf beamtenpension (also ruhegehalt) nach nordrhein-westfälischem beamtenversorgungsrecht lässt sich rechtlich nämlich nicht teilen, weshalb auch nicht ein teil der pensions-anwartschaft auf den ausgleichsberechtigten ehepartner übertragen wird. die begründung der rentenanwartschaft in der drv erfolgt mithin unmittelbar ohne finanziellen nachteil des ausgleichspflichtigen ehepartners, welcher beamter ist, ohne eine zahlung von seiner seite oder einen rechtsverlust oder ähnliches. auch das lbv bzw. der beamtenrechtliche versorgungsträger muss in diesem moment nichts zahlen. bezieht jedoch der ausgleichsberechtigte ehepartner, zu dessen gunsten die rentenanwartschaft in der gesetzlichen rentenversicherung begründet worden ist, aus der rentenanwartschaft tatsächlich rente, so macht die drv beim träger der beamtenrechtlichen versorgung (lbv) die tatsächlichen kosten dieses rentenbezugs jährlich geltend (vgl. § 225 abs. 1 satz 1 sgb vi). diese beträge muss das lbv an die drv erstatten. zum ausgleich für die belastung mit diesen erstattungsforderungen erhält das lbv bzw. das beklagte land das recht zur kürzung der versorgungsbezüge des ausgleichspflichtigen ehepartners, welcher beamter ist, nach § 57 beamtvg. die ersparnis durch diese kürzung bzw. den kürzungsbetrag erhält nicht der geschiedene ehepartner (der ausgleichsberechtigte) sondern das lbv. der ausgleichsberechtigte ehepartner erhält bei vorliegen der voraussetzungen die rente aus der begründeten anwartschaft. die kürzung nach § 57 beamtvg kommt somit unmittelbar dem lbv bzw. dem beklagten land zugute und dient strukturell dem ausgleich der belastung mit der erstattungspflicht gegenüber dem träger der gesetzlichen rentenversicherung aus § 225 abs. 1 sgb vi. eben der durchsetzung und sicherung dieser ausgleichsfunktion des § 57 beamtvg dient die anordnung, dass die kürzung nach durchführung von anwendung von ruhens-, kürzungs- und anrechnungsvorschriften zu erfolgen hat. 54würde man wie von der klägerin gefordert die kürzung wegen des versorgungsausgleichs nämlich vor der durchführung der ruhensregelung vornehmen, so würde die kürzung nach § 57 beamtvg in vielen fällen – und so auch im fall der klägerin – in ihrer wirkung teilweise oder vollständig neutralisiert. dies verdeutlichen die folgenden berechnungen: 55das lbv rechnet: 5657a. höchstgrenze: 3.314,07 euro 58b. eigenes ruhegehalt: 1.957,39 euro 59c. witwengeld (ohne § 57-kürzung): 1.988,44 euro 60d. summe versorgungsbezüge (b+c): 3.945,83 euro 61e. ruhensregelung: 62die höchstgrenze übersteigend (= ruhensbetrag): 631,76 euro 63witwengeld abzüglich ruhensbetrag: 1.356,68 euro 64dann kürzung versorgungsausgleich, abzüglich 503,30 euro 65zustehendes witwengeld: 853,38 euro 66gesamt-versorgungsbezüge (witwengeld + b) 2.810,77 euro 67die klägerin begehrt den rechenweg: 6869a. höchstgrenze: 3.314,07 euro 70b. eigenes ruhegehalt: 1.957,39 euro 71c. witwengeld (mit § 57-kürzung): 1.485,14 euro 72d. summe versorgungsbezüge (b+c): 3.442,53 euro 73e. ruhensregelung: 74die höchstgrenze übersteigend (= ruhensbetrag): 128,46 euro 75witwengeld abzüglich ruhensbetrag: 1.356,68 euro 76keine weitere kürzung versorgungsausgleich 0 euro 77zustehendes witwengeld: 1.356,68 euro 78gesamt-versorgungsbezüge (witwengeld + b) 3.314,07 euro 79wäre der verstorbene ehemann der klägerin nicht geschieden gewesen, wäre die berechnung: 8081a. höchstgrenze: 3.314,07 euro 82b. eigenes ruhegehalt: 1.957,39 euro 83c. witwengeld (ohne § 57-kürzung): 1.988,44 euro 84d. summe versorgungsbezüge (b+c): 3.945,83 euro 85e. ruhensregelung: 86f. die höchstgrenze übersteigend (= ruhensbetrag): 631,76 euro 87g. witwengeld abzüglich ruhensbetrag: 1.356,68 euro 88keine weitere kürzung versorgungsausgleich 0 euro 89zustehendes witwengeld: 1.356,68 euro 90gesamt-versorgungsbezüge (witwengeld + b) 3.314,07 euro 91würde man mithin in der von der klägerin begehrten weise rechnen, so stünde die klägerin im ergebnis genau so, als wäre ihr verstorbener ehemann nicht geschieden gewesen, und das lbv erhielte keinen ausgleich für den umstand, dass es gegenüber der drv zum ausgleich der aufwendungen für den rentenbezug des geschiedenen früheren ehepartners des verstorbenen verpflichtet ist. die scheidungsfolgen würden zulasten des trägers der beamtenversorgung gehen und nicht zulasten des geschiedenen ehepartners oder dessen hinterbliebenen. dies ist ein widerspruch zum zweck des § 57 beamtvg und deshalb zu vermeiden. 92vom ansatz her ebenso zu § 54 abs. 4 beamtvg urteil des einzelrichters vom 9. mai 2011 – 23 k 2049/09 – (rechtskräftig), www.nrwe.de; ovg hamburg, urteil vom 10. mai 2010 – 1 bf 45/09 –, juris rn. 38 ff. 93dass die kürzung wegen versorgungsausgleichs hier nach der ruhensregelung erfolgen muss, ergibt sich auch aus der systematischen stellung des § 54 vor §§ 55 und 57 beamtvg sowie dem eindeutigen wortlaut des § 57 abs. 1 s. 1 beamtvg. 94es liegt auch kein verstoß gegen den gleichheitssatz gemäß art. 3 abs. 1 des grundgesetzes (gg) vor. die klägerin macht dies geltend, weil das bundesverwaltungsgericht zu § 54 abs. 4 beamtvg die zuvor bereits zitierte, der hier vertretenen auffassung zuwiderlaufende entscheidung getroffen hat, 95vgl. bverwg, urteil vom 24. november 2011 – 2 c 39/10 –, zbr 2012, 257 ff. 96zunächst hat das erkennende gericht zweifel an dieser entscheidung. sie widerspricht den dargestellten zwecken des § 57 abs. 1 s. 1 beamtvg, in dem sie den betroffenen beamten in vielen fällen so stellt, als ob der verstorbene ehepartner nicht geschieden gewesen wäre und dessen versorgung nicht mit einem versorgungsausgleich belastet wäre. damit geht dann der finanzielle nachteil aus dem versorgungsausgleich zulasten des dienstherrn. zudem spricht wortlaut und systematik des gesetzes, insbesondere § 57 absatz 1 s. 1 beamtenversorgungsgesetz, eher dafür, auch im fall des § 54 abs. 4 s. 1 beamtvg bei der durchführung der ruhensregelung das witwengeld in der höhe vor der kürzung nach § 57 abs. 1 beamtvg in die rechnung einzustellen. der wortlaut des § 57 absatz 1 s. 1 beamtenversorgungsgesetz („werden die versorgungsbezüge des verpflichteten ehegatten und seiner hinterbliebenen nach anwendung von ruhens-, kürzungs- und anrechnungsvorschriften um den betrag gekürzt...“), ist nach der auffassung des einzelrichters eher so zu verstehen, dass das witwengeld, auch wenn es wie im fall des § 54 abs. 4 s. 1 beamtvg nicht selbst der ruhensregelung unterliegt, in die berechnung für die ruhensregelung ohne kürzung wegen des versorgungsausgleichs nach § 57 abs. 1 beamtvg eingestellt wird. denn auch dies ist eine kürzung „nach durchführung von ruhensvorschriften“. 97zudem dürfte eine verfassungsrechtlich problematische verschiedenbehandlung von wesentlich gleichem im sinne von art. 3 abs. 1 gg schon deshalb nicht gegeben sein, weil als sachlicher grund der verschiedenbehandlung bzw. als grund dafür, dass es sich nicht um wesentlich gleiches handelt, der unterschied vorliegt, den der gesetzgeber selbst ausgewählt hat: der gesetzgeber hat in artikel § 54 abs. 1 beamtvg und in art. 54 abs. 4 s. 1 beamtvg zwei fallgruppen geschaffen, die sich dadurch unterscheiden, ob zuerst das eigene ruhegehalt besteht und dann das witwengeld hinzutritt oder ob das witwengeld bereits besteht und dann das eigene ruhegehalt hinzutritt. wenn man die auffassung des bundesverwaltungsgerichts zugrunde legt, sind diese beiden fallgruppen dann verschieden geregelt worden. der sachliche unterschied zwischen den fallgruppen ist damit nach der eigenen entscheidung des gesetzgebers vorhanden. inwiefern dies die verschiedenbehandlung inhaltlich rechtfertigt, bzw. was die motivation des gesetzgebers zur verschiedenbehandlung war, fällt in das ermessen des gesetzgebers bzw. wäre eine frage, die das bundesverwaltungsgericht (oder der gesetzgeber) beantworten müsste. da verschiedene fallgruppen vorliegen, liegt keine verfassungsrechtlich zu rechtfertigende verschiedenbehandlung von wesentlich gleichem, die an art. 3 abs. 1 gg zu messen wäre, vor. 98ii. 99die in den angegriffenen bescheiden enthaltene rückforderung eines betrages von 471,20 eur ist rechtmäßig. die ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 52 abs. 2 beamtvg. 100auf der grundlage der ausführungen zu i. hat die klägerin für den monat januar 2013 den betrag von 471,20 eur zu viel erhalten, wie sich den rechtmäßigen und rechnerisch richtigen berechnungen des lbv in den anlagen zum bescheid vom 4. januar 2013 entnehmen lässt. diese zahlung hat sie aufgrund der darlegungen zu i. ohne rechtsgrund erhalten, da ihr dieser betrag nach dem gesetz nicht zustand und der bescheid vom 4. januar 2013 mit der neuen berechnung die rechtsgrundlagen entsprechend anpasst. eine entreicherung im sinne der vorschriften des bürgerlichen rechts über die ungerechtfertigte bereicherung ist von der klägerin nicht vorgetragen. eine solche wäre aber auch nicht von bedeutung, da in den von den ruhensregelungen geregelten fallgruppen ein gesetzesimmanenter vorbehalt der nachträglichen neuregelung besteht. dieser gesetzesimmanente vorbehalt steht einer gutgläubigkeit über den mangel des rechtlichen grundes der zahlung entgegen. die nach § 52 abs. 2 s. 3 beamtvg erforderliche billigkeitsentscheidung über die rückforderung hat das lbv im bescheid vom 4. januar 2013 vorgenommen. diese entscheidung ist inhaltlich nicht zu beanstanden, insbesondere hat die klägerin keine gründe vorgetragen, die eine zu ihren gunsten gehende billigkeitsentscheidung begründen könnten. 101dem entsprechend hat die klägerin auch keinen anspruch gegen das beklagte land auf nachzahlung der zurückgeforderten 471,20 euro. 102die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 103die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
126,390
1 Ca 1761/15
"2016-02-11T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird auf 73.742,02 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um die Höhe einer dem Kläger zustehenden Sozialplanabfindung. 3Der 1968 geborene Kläger war seit dem 25.05.1998 Arbeitnehmer der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Der Kläger gehörte dem Betrieb der Beklagten in Q an. Dieser Betrieb wurde zum 30. September 2015 stillgelegt. Hierüber verhält sich ein Interessenausgleich und Rahmensozialplan vom 11.02.2015 (Bl. 5 – 11 d. A.). 4Der Kläger nahm ein Angebot der Beklagten auf einen Wechsel in eine Transfergesellschaft an. Die Parteien schlossen zum 30.09.2015 einen entsprechenden Aufhebungsvertrag. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kläger in Elternzeit. Während der Elternzeit war der Kläger für die Beklagte in Teilzeit tätig. 5Die Beklagte zahlte sodann an den Kläger eine Sozialplanabfindung in Höhe von 39.792,98 Euro brutto. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: 6 Sockelbetrag: 2.500,00 Euro 7 Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau: 1.000,00 Euro 8 Unterhaltspflichten gegenüber 3 Kindern: 9.000,00 Euro 9 Grundabfindungsbetrag: 27.292,98 Euro 10Den Grundabfindungsbetrag errechnete die Beklagte auf der Basis einer Betriebszugehörigkeit von 16,7 Jahren und dem Bruttogehalt des Klägers im Februar 2015 in Höhe von 1.636,27 Euro. 11Der Kläger hält diese Berechnung für fehlerhaft. Er meint, ihm stehe eine Sozialplanabfindung in Höhe von insgesamt 113.535,00 Euro zu, abzüglich gezahlter 39.792,98 Euro, also noch 73.742,02 Euro. 12Mit einem am 30.11.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben. 13Der Kläger trägt u. a. Folgendes vor: 14Zu Unrecht habe die Beklagte der Berechnung das Bruttogehalt des Monats Februar 2015 in Höhe von 1.636,27 Euro zugrunde gelegt. Bei diesem Betrag handele es sich um das Bruttogehalt aufgrund seiner Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Bis zum Beginn der Elternzeit habe er aber 6.135,25 Euro brutto als Grundgehalt verdient. Deckele man dieses – wie im Rahmensozialplan vereinbart – auf 6.050,00 Euro und multipliziere es mit 16,7 Jahren Betriebszugehörigkeit, so ergebe sich ein Betrag von 101.035,00 Euro. Hinzu kämen dann noch 12.500,00 Euro (Sockelbetrag und Unterhaltsbeträge). 15Er könne also noch 73.742,02 Euro brutto verlangen. Der Betrag sei mit Ablauf des 31.10.2015 fällig geworden. 16Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.05.2015 (1 AZR 826/13). 17Der Kläger beantragt, 18die Beklagte zu verurteilen, an ihn 73.742,02 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.11.2015 zu zahlen. 19Die Beklagte beantragt, 20 die Klage abzuweisen. 21Die Beklagte trägt u. a. Folgendes vor: 22Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Sozialplanabfindung. Sie habe den Abfindungsanspruch des Klägers zutreffend berechnet. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei erkennbar nicht einschlägig. Die hier in Ziff. 2.3 des Rahmensozialplanes vorgesehene Regelung sei zulässig. 23Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Klage ist zulässig. 26Sie ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht ein 39.792,98 Euro übersteigender Abfindungsanspruch nicht zu. 27Rechtsgrundlage für den Abfindungsanspruch des Klägers ist die Ziff. 2.3 des Rahmensozialplanes vom 11.02.2015 (Bl. 8 d. A.). Die Ziff. 2.3 bestimmt Folgendes: 28„Berechnungsgrundlage für die Abfindungen ist das Bruttomonatsgehalt für den Februar 2015 ohne Zulagen, Sonderzahlungen, Prämien, variable Anteile und Boni, maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze (6.050,00 Euro). Stichtag für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit und die Feststellung der Unternehmenspflichten ist der 01.02.2015. Die Betriebszugehörigkeit wird monatsgenau berechnet.“ 29Zu Recht hat die Beklagte der Berechnung der Abfindung das Februargehalt des Klägers in Höhe von 1.636,27 Euro brutto zugrunde gelegt. Diese Berechnung ergibt eine Abfindung von 39.792,98 Euro brutto. Mit der Zahlung dieser Abfindung ist der Anspruch des Klägers aus dem Rahmensozialplan erfüllt. 30Die Bestimmungen des Rahmensozialplanes sind rechtmäßig. Dieses gilt insbesondere für die in Ziff. 2.3 Satz 2 enthaltene Stichtagsregelung. 31Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen auch, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Dabei ist es nicht Aufgabe der Gerichte, bessere Lösungen als die Betriebsparteien zu finden, sondern lediglich rechtswidrige Sozialplangestaltungen zu verhindern. Dementsprechend sind Sozialpläne daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind (so BAG, Urteil vom 22.09.2009 – 1 AZR 316/08 Nr. 11 Juris). 32Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichstellung von Personen in vergleichbarer Lage sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblicher Sachgrund für eine Gruppenbildung ist regelmäßig der mit der jeweiligen Regelung verfolgte Zweck. Dementsprechend müssen sich Gruppenbildungen in Sozialplänen an deren Funktion orientieren (BAG, a.a.O. Rand-Nr. 12; BAG NZA 2009, 495). Sozialpläne haben eine Zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die darin vorgesehenen Leistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Bei der Ausgestaltung von Sozialplänen haben die Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume. Diese schließen Typisierungen und Pauschalierungen ein. Gleiches gilt für Stichtagsregelungen. Die mit diesen häufig verbundenen Härten müssen im Interesse der Rechtssicherheit hingenommen werden, wenn sich die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist und das auch auf die zwischen den Gruppen gezogenen Grenzen zutrifft (BAG, a.a.O., Rand-Nr. 12). 33Wie das Bundesarbeitsgericht im obigen Urteil ausgeführt hat, haben die Betriebsparteien außerdem besondere Diskriminierungsverbote und die in Art. 3 Grundgesetz enthaltenen Wertungen zu beachten. 34Die Regelung der Ziff. 2.3 des Rahmensozialplanes verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Anknüpfen an die zuletzt bezogene Vergütung ist nach dem Zweck eines Sozialplans sachlich gerechtfertigt. Der durch die Sozialplanleistung auszugleichende oder abzumildernde wirtschaftliche Nachteil wird maßgeblich bestimmt durch die in dem bisherigen Arbeitsverhältnis bezogene Vergütung. Daher ist es gerechtfertigt, diese zur Bezugsgröße für die im Sozialplan vorgesehene Überbrückungsleistungen zu machen. Auch der Gesetzgeber stellt in § 10 Abs. 3 KSchG für Abfindungen sowie in § 113 Abs. 1, 2. Halbsatz BetrVG beim Nachteilsausgleich nicht auf absolute Beträge, sondern auf den letzten Monatsverdienst des einzelnen Arbeitnehmers ab. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu unterschiedlichen Abfindungsleistungen führenden Unterschiede bei der zuletzt bezogenen Vergütung ihre Ursache in unterschiedlichen Tätigkeiten, 35Vergütgungsvereinbarungen oder Arbeitszeiten oder einer Kombination dieser Faktoren haben (BAG, a.a.O., Rand-Nr. 16). Die Regelung verstößt auch nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Auch wenn der sich auf die Abfindungshöhe auswirkende geringere Bruttomonatsverdienst auf einer Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers beruht, führt das Anknüpfen an diesen Verdienst nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Dieser wird nicht wegen der Teilzeit schlechter behandelt als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Vielmehr steht es mit § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG im Einklang, wenn ein Arbeitnehmer eine Abfindung in dem Umgang erhält, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines Vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. 36Somit ist die Regelung der in Ziff. 2.3 des Rahmensozialplans als rechtswirksam anzusehen. Die Beklagte hat den Abfindungsanspruch des Klägers also zutreffend berechnet. Ein weitergehender Abfindungsanspruch ist nicht gegeben. 37Die Klage war somit als unbegründet abzuweisen. 38Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten dieses Rechtsstreits zu tragen. 39Den Streitwert hat das Gericht in Höhe der geltend gemachten Klageforderung und damit in Höhe von 73.742,02 Euro festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. der streitwert wird auf 73.742,02 euro festgesetzt. 1
2die parteien streiten um die höhe einer dem kläger zustehenden sozialplanabfindung. 3der 1968 geborene kläger war seit dem 25.05.1998 arbeitnehmer der beklagten bzw. deren rechtsvorgängerin. der kläger gehörte dem betrieb der beklagten in q an. dieser betrieb wurde zum 30. september 2015 stillgelegt. hierüber verhält sich ein interessenausgleich und rahmensozialplan vom 11.02.2015 (bl. 5 – 11 d. a.). 4der kläger nahm ein angebot der beklagten auf einen wechsel in eine transfergesellschaft an. die parteien schlossen zum 30.09.2015 einen entsprechenden aufhebungsvertrag. zu diesem zeitpunkt befand sich der kläger in elternzeit. während der elternzeit war der kläger für die beklagte in teilzeit tätig. 5die beklagte zahlte sodann an den kläger eine sozialplanabfindung in höhe von 39.792,98 euro brutto. dieser betrag setzt sich wie folgt zusammen: 6 sockelbetrag: 2.500,00 euro 7 unterhaltspflicht gegenüber der ehefrau: 1.000,00 euro 8 unterhaltspflichten gegenüber 3 kindern: 9.000,00 euro 9 grundabfindungsbetrag: 27.292,98 euro 10den grundabfindungsbetrag errechnete die beklagte auf der basis einer betriebszugehörigkeit von 16,7 jahren und dem bruttogehalt des klägers im februar 2015 in höhe von 1.636,27 euro. 11der kläger hält diese berechnung für fehlerhaft. er meint, ihm stehe eine sozialplanabfindung in höhe von insgesamt 113.535,00 euro zu, abzüglich gezahlter 39.792,98 euro, also noch 73.742,02 euro. 12mit einem am 30.11.2015 bei gericht eingegangenem schriftsatz hat der kläger klage erhoben. 13der kläger trägt u. a. folgendes vor: 14zu unrecht habe die beklagte der berechnung das bruttogehalt des monats februar 2015 in höhe von 1.636,27 euro zugrunde gelegt. bei diesem betrag handele es sich um das bruttogehalt aufgrund seiner teilzeitbeschäftigung während der elternzeit. bis zum beginn der elternzeit habe er aber 6.135,25 euro brutto als grundgehalt verdient. deckele man dieses – wie im rahmensozialplan vereinbart – auf 6.050,00 euro und multipliziere es mit 16,7 jahren betriebszugehörigkeit, so ergebe sich ein betrag von 101.035,00 euro. hinzu kämen dann noch 12.500,00 euro (sockelbetrag und unterhaltsbeträge). 15er könne also noch 73.742,02 euro brutto verlangen. der betrag sei mit ablauf des 31.10.2015 fällig geworden. 16hinzuweisen sei in diesem zusammenhang auf die entscheidung des bundesarbeitsgerichts vom 05.05.2015 (1 azr 826/13). 17der kläger beantragt, 18die beklagte zu verurteilen, an ihn 73.742,02 euro brutto zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz der ezb seit dem 01.11.2015 zu zahlen. 19die beklagte beantragt, 20 die klage abzuweisen. 21die beklagte trägt u. a. folgendes vor: 22der kläger habe keinen anspruch auf zahlung einer höheren sozialplanabfindung. sie habe den abfindungsanspruch des klägers zutreffend berechnet. die vom kläger zitierte entscheidung des bundesarbeitsgerichts sei erkennbar nicht einschlägig. die hier in ziff. 2.3 des rahmensozialplanes vorgesehene regelung sei zulässig. 23wegen der weiteren einzelheiten im vorbringen der parteien wird bezug genommen auf den inhalt der von ihnen gewechselten schriftsätze nebst der anlagen. 24
25die klage ist zulässig. 26sie ist jedoch nicht begründet. dem kläger steht ein 39.792,98 euro übersteigender abfindungsanspruch nicht zu. 27rechtsgrundlage für den abfindungsanspruch des klägers ist die ziff. 2.3 des rahmensozialplanes vom 11.02.2015 (bl. 8 d. a.). die ziff. 2.3 bestimmt folgendes: 28„berechnungsgrundlage für die abfindungen ist das bruttomonatsgehalt für den februar 2015 ohne zulagen, sonderzahlungen, prämien, variable anteile und boni, maximal bis zur beitragsbemessungsgrenze (6.050,00 euro). stichtag für die berechnung der betriebszugehörigkeit und die feststellung der unternehmenspflichten ist der 01.02.2015. die betriebszugehörigkeit wird monatsgenau berechnet.“ 29zu recht hat die beklagte der berechnung der abfindung das februargehalt des klägers in höhe von 1.636,27 euro brutto zugrunde gelegt. diese berechnung ergibt eine abfindung von 39.792,98 euro brutto. mit der zahlung dieser abfindung ist der anspruch des klägers aus dem rahmensozialplan erfüllt. 30die bestimmungen des rahmensozialplanes sind rechtmäßig. dieses gilt insbesondere für die in ziff. 2.3 satz 2 enthaltene stichtagsregelung. 31sozialpläne unterliegen, wie andere betriebsvereinbarungen auch, der gerichtlichen rechtmäßigkeitskontrolle. dabei ist es nicht aufgabe der gerichte, bessere lösungen als die betriebsparteien zu finden, sondern lediglich rechtswidrige sozialplangestaltungen zu verhindern. dementsprechend sind sozialpläne daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem recht wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind (so bag, urteil vom 22.09.2009 – 1 azr 316/08 nr. 11 juris). 32der auf den allgemeinen gleichheitssatz des art. 3 abs. 1 grundgesetz zurückzuführende gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine gleichstellung von personen in vergleichbarer lage sicherzustellen und eine gleichheitswidrige gruppenbildung auszuschließen. maßgeblicher sachgrund für eine gruppenbildung ist regelmäßig der mit der jeweiligen regelung verfolgte zweck. dementsprechend müssen sich gruppenbildungen in sozialplänen an deren funktion orientieren (bag, a.a.o. rand-nr. 12; bag nza 2009, 495). sozialpläne haben eine zukunftsbezogene ausgleichs- und überbrückungsfunktion. die darin vorgesehenen leistungen stellen kein zusätzliches entgelt für die in der vergangenheit erbrachten dienste dar, sondern sollen gem. § 112 abs. 1 satz 2 betrvg die künftigen nachteile ausgleichen oder abmildern, die den arbeitnehmern durch die betriebsänderung entstehen können. bei der ausgestaltung von sozialplänen haben die betriebsparteien beurteilungs- und gestaltungsspielräume. diese schließen typisierungen und pauschalierungen ein. gleiches gilt für stichtagsregelungen. die mit diesen häufig verbundenen härten müssen im interesse der rechtssicherheit hingenommen werden, wenn sich die wahl des zeitpunkts am gegebenen sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist und das auch auf die zwischen den gruppen gezogenen grenzen zutrifft (bag, a.a.o., rand-nr. 12). 33wie das bundesarbeitsgericht im obigen urteil ausgeführt hat, haben die betriebsparteien außerdem besondere diskriminierungsverbote und die in art. 3 grundgesetz enthaltenen wertungen zu beachten. 34die regelung der ziff. 2.3 des rahmensozialplanes verstößt nicht gegen den gleichbehandlungsgrundsatz. das anknüpfen an die zuletzt bezogene vergütung ist nach dem zweck eines sozialplans sachlich gerechtfertigt. der durch die sozialplanleistung auszugleichende oder abzumildernde wirtschaftliche nachteil wird maßgeblich bestimmt durch die in dem bisherigen arbeitsverhältnis bezogene vergütung. daher ist es gerechtfertigt, diese zur bezugsgröße für die im sozialplan vorgesehene überbrückungsleistungen zu machen. auch der gesetzgeber stellt in § 10 abs. 3 kschg für abfindungen sowie in § 113 abs. 1, 2. halbsatz betrvg beim nachteilsausgleich nicht auf absolute beträge, sondern auf den letzten monatsverdienst des einzelnen arbeitnehmers ab. dabei kommt es nicht darauf an, ob die zu unterschiedlichen abfindungsleistungen führenden unterschiede bei der zuletzt bezogenen vergütung ihre ursache in unterschiedlichen tätigkeiten, 35vergütgungsvereinbarungen oder arbeitszeiten oder einer kombination dieser faktoren haben (bag, a.a.o., rand-nr. 16). die regelung verstößt auch nicht gegen § 4 abs. 1 satz 1 tzbfg. auch wenn der sich auf die abfindungshöhe auswirkende geringere bruttomonatsverdienst auf einer teilzeitbeschäftigung des arbeitnehmers beruht, führt das anknüpfen an diesen verdienst nicht zu einer unzulässigen diskriminierung des teilzeitbeschäftigten arbeitnehmers. dieser wird nicht wegen der teilzeit schlechter behandelt als vergleichbare vollzeitbeschäftigte arbeitnehmer. vielmehr steht es mit § 4 abs. 1 satz 2 tzbfg im einklang, wenn ein arbeitnehmer eine abfindung in dem umgang erhält, der dem anteil seiner arbeitszeit an der arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten arbeitnehmers entspricht. 36somit ist die regelung der in ziff. 2.3 des rahmensozialplans als rechtswirksam anzusehen. die beklagte hat den abfindungsanspruch des klägers also zutreffend berechnet. ein weitergehender abfindungsanspruch ist nicht gegeben. 37die klage war somit als unbegründet abzuweisen. 38die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 zpo. als unterliegende partei hat der kläger die kosten dieses rechtsstreits zu tragen. 39den streitwert hat das gericht in höhe der geltend gemachten klageforderung und damit in höhe von 73.742,02 euro festgesetzt.
Verklagte*r
0
126,487
9 S 3/15
"2016-02-04T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Langenfeld vom 08.01.2015, Az. 34 C 41/13, wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin schloss bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Wirkung zum 01.12.2006 mehrere Lebensversicherungsverträge/Rentenversicherungsverträge ab, von denen noch die Verträge mit den Nummern 32.456.342-05 und 32.456.34206, die beide am 17.11.2006 abgeschlossen wurden, streitgegenständlich sind. 3Am 25.05.2011 kündigte die Klägerin beide Verträge gegenüber der Beklagten. An sie wurden jeweils Rückkaufwerte in Höhe von 837,63 € bzw. 823,21 € ausgezahlt. Unter dem 03.12.2012 erklärte die Klägerin sodann im Hinblick auf beide Verträge einen Widerspruch gem. §§ 5a VVG a.F., § 8 VVG a.F., einen Widerruf gem. § 355 BGB und eine Anfechtung gem. § 119 BGB. 4Im Hinblick auf den erstgenannten Vertrag verlangt die Klägerin in erster und zweiter Instanz von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von noch 1.391,19 €, der sich nach ihrem Vortrag – unter Berücksichtigung des ausgezahlten Rückkaufwertes – aus den bislang nicht ausgezahlten Prämien, die sie auf diesen Vertrag leistete, und Nutzungen in Höhe von 376,32 € zusammensetzt. 5Im Hinblick auf den zweitgenannten Vertrag verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Betrags in Höhe von noch 1.406,72 €, der sich nach ihrem Vortrag – unter Berücksichtigung des ausgezahlten Rückkaufwertes – aus den bislang nicht ausgezahlten Prämien, die sie auf diesen Vertrag leistete, und Nutzungen in Höhe von 377,33 € zusammensetzt. 6Die Klägerin hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, ihr stehe gegenüber der Beklagten ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 BGB zu, da § 5a VVG a.F. gegen EU-Recht verstoße. Die Klägerin hat insoweit behauptet, dass sie die notwendigen Vertragsunterlagen nicht vor dem Vertragsschluss erhalten habe. Es liege ein Vertragsabschluss nach dem sog. Policenmodell vor. 7Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.391,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen sowie außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 261,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 sowie die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 1.406,72 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen sowie außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 261,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2012. 8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. 9Sie hat gemeint, die Vertragsabschlüsse seien im Wege des Antragsmodells zustande gekommen, und behauptet, beim Vertragsabschluss habe eine ordnungsgemäße Belehrung über das Rücktrittsrecht gem. § 8 VVG a.F. vorgelegen. Außerdem hat die Beklagte auf den Fristablauf gem. § 8 Abs. 5 S .4 VVG a.F. verwiesen. 10Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es nach Durchführung einer Beweiserhebung zu den Abläufen bei Vertragsschluss ausgeführt, dass der Vertrag im Wege des Antragsmodells zustande gekommen sei, weshalb die Vorschrift des § 5a VVG a.F. keine Anwendung finde; auf deren Europarechtskonformität komme es nicht an. Daher scheide ein Anspruch nach § 812 BGB aus. Die seitens der Klägerin erklärte Vertragsanfechtung nach § 119 BGB greife nicht; zumindest sei die Frist des § 121 BGB verstrichen. Ein Anspruch bestehe auch nicht infolge Rücktritts. Denn der Rücktritt sei nicht fristgerecht erklärt worden. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. sei ordnungsgemäß gewesen. 11Mit der Berufung verfolgt die Klägerin das Klagebegehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Rechtsprechung zu § 5a VVG a.F. auch auf § 8 VVG übertragbar sei. Die Widerrufsbelehrung sei drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben und inhaltlich unzutreffend. Die Klägerin sei nicht darauf hingewiesen worden, wem gegenüber der Widerruf zu erklären und an wen er zu senden sei. 12Die Klägerin beantragt unter Aufrechterhaltung der weiteren Anträge auf Vorlage zum EuGH und Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, 131. unter Abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten Urteils des AG Langenfeld, Az.: 34 C 41/13 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 1.391,19 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 142. unter Abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten Urteils des AG Langenfeld, Az.: 34 C 41/13 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 261,21 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 153. unter Abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten Urteils des AG Langenfeld, Az.: 34 C 41/13 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 1.406,72 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 164. unter Abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten Urteils des AG Langenfeld, Az.: 34 C 41/13 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 261,21 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 17Die Beklagte beantragt, 18die Berufung zurückzuweisen. 19Die Beklagte meint, dass die Berufung bereits unzulässig sei, weil der Begründung nicht zu entnehmen sei, aufgrund welcher konkreten Umstände eine Rechtsverletzung vorliegen soll. Im Übrigen komme allenfalls ein Anspruch gemäß §§ 346 ff. BGB infrage, weil der Vertragsschluss im Wege des Antragsmodells erfolgt sei. Ein solcher scheide aber ebenfalls aus, weil die Rücktrittserklärung ordnungsgemäß gewesen sei. Hinsichtlich der Rechtsfolgen berücksichtige die Klägerin nicht, dass gemäß § 176 VVG a.F. allein eine Erstattung des Rückkaufswerts verlangt werden könne. Etwaige Ansprüche auf Zahlung von Nutzungen kämen bereits deshalb nicht in Betracht, weil der diesbezügliche Vortrag der Klägerin nicht hinreichend substantiiert sei. 20Entscheidungsgründe: 21Die Berufung ist zulässig aber unbegründet. 22I. 23Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Berufung zulässig. Der Begründung ist zu entnehmen, dass maßgeblich gerügt wird, die Widerrufs- bzw. Rücktrittsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß gewesen und der Klägerin daher ein zeitlich nicht begrenztes Widerrufs-bzw. Rücktrittsrecht zugestanden habe. 24II. 25Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin stehen – wie das Amtsgericht zutreffend ausführt – die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. 261. 27Ein Anspruch gemäß §§ 812 ff. BGB kommt nicht in Betracht, weil die Vertragsschlüsse – wie das Amtsgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme zutreffend festgestellt hat – im Wege des Antragsmodells erfolgten. Denn der Klägerin lagen bei Abschluss der Verträge sämtliche erforderlichen Unterlagen vor. § 5a VVG a.F. findet keine Anwendung, sondern ist allein auf Konstellationen anzuwenden, in denen Verträge im Wege des sog. Policenmodells zustande gekommen sind (vgl. nur BGH VersR 2015, 224). Nach dem Ergebnis der im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht Freiburg durchgeführten Beweisaufnahme hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Klägerin bei Abgabe der eigenen Vertragserklärungen sämtliche erforderlichen Unterlagen vorlagen und sie ordnungsgemäß über das ihr zustehende Rücktrittsrecht belehrt worden sei. Diese Feststellungen sind nicht zu beanstanden und werden als solche – abgesehen von der Frage, ob die Belehrung ordnungsgemäß war – mit der Berufung auch nicht angegriffen. 282. 29Der Klägerin steht, wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, auch kein Anspruch aus §§ 346 ff. BGB nach erfolgtem Rücktritt von den Verträgen zu. Zwar könnte die Erklärung eines Widerspruchs nach § 8 VVG a.F. in einen Rücktritt umgedeutet werden. Die Klägerin konnte am 03.12.2012 jedoch nicht mehr von den Verträgen zurücktreten. Nach § 8 Abs. 5 Nr. 1 VVG in der damals geltenden Fassung konnte ein Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Abschluss des Vertrags vom Vertrag zurücktreten. Diese Frist war am 03.12.2012 längst abgelaufen. 30Die Klägerin war auch ordnungsgemäß über ihr Rücktrittsrecht belehrt worden. In den jeweiligen Belehrungen ist das Wort „Rücktrittsrecht“ fettgedruckt, das Kästchen neben dem darunter befindlichen und eingerückten Text ist angekreuzt (daraus ergibt sich eine individuell vorgenommene Hervorhebung der relevanten Belehrung) und die Belehrung ist in räumlicher Nähe zum Unterschriftenfeld platziert. Damit lag eine ausreichende textliche Hervorhebung der Belehrung vor, die ihre Aufgabe erfüllte. Sie ging aufgrund der Gestaltung und Platzierung nicht im übrigen Text unter und konnte einem verständigen Versicherungsnehmer bei Durchsicht des Dokuments vor Leisten der Unterschrift nicht verborgen bleiben. Weitere Anforderungen hinsichtlich der textlichen Hervorhebung sah § 8 Abs. 5 VVG in der damals gültigen Fassung nicht vor. 31Auch inhaltlich ist die Rücktrittsbelehrung nicht zu beanstanden. Die streitgegenständliche Belehrung entspricht dem Wortlaut des § 8 Abs. 5 VVG a.F. in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung. Eine gesonderte Belehrung über die Form der Rücktrittserklärung war nicht erforderlich. Auch war es nicht erforderlich, den Adressaten der Rücktrittserklärung nochmals ausdrücklich unmittelbar in der Belehrung zu benennen. Ein solches Erfordernis war in § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht enthalten. Im Übrigen waren die Kontaktdaten der Beklagten unmittelbar auf denselben, von der Klägerin unterschriebenen Seiten abgedruckt und damit ohne weiteres zu erkennen. 32Aufgrund der ordnungsgemäßen Rücktrittsbelehrung scheidet ein Anspruch der Klägerin nach §§ 346 ff. BGB aus. Damit kommt es auf die Fragen der Europarechtswidrigkeit einzelner Regelungen in §§ 5a, 8 VVG a.F. nicht an. Insbesondere ist nicht entscheidungserheblich, ob die Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F., wonach das Rücktrittsrecht bei unterbliebener Belehrung einen Monat nach Zahlung der ersten Prämien erlischt, wirksam ist. Diese Frage stellt sich nur bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung (BGH VersR 2015, 224). 333. 34Zinsansprüche und Ansprüche auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten können daher gleichfalls nicht begehrt werden. 35III. 36Da es auf die in der Rechtsprechung bereits vielfach thematisierten Fragen hinsichtlich der Wirksamkeit bzw. Europarechtskonformität der §§ 5a, 8 VVG a.F. im Ergebnis nicht ankommt, kommt eine Vorlage an den EuGH nicht in Betracht. Aus denselben Gründen ist die Sache auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Die Revision ist nicht zuzulassen. 37IV. 38Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. 39V. 40Streitwert: 2.797,91 €.
die berufung der klägerin gegen das urteil des amtsgerichts langenfeld vom 08.01.2015, az. 34 c 41/13, wird zurückgewiesen. die klägerin hat auch die kosten des berufungsrechtszugs zu tragen. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. das angefochtene urteil ist ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin schloss bei der rechtsvorgängerin der beklagten mit wirkung zum 01.12.2006 mehrere lebensversicherungsverträge/rentenversicherungsverträge ab, von denen noch die verträge mit den nummern 32.456.342-05 und 32.456.34206, die beide am 17.11.2006 abgeschlossen wurden, streitgegenständlich sind. 3am 25.05.2011 kündigte die klägerin beide verträge gegenüber der beklagten. an sie wurden jeweils rückkaufwerte in höhe von 837,63 € bzw. 823,21 € ausgezahlt. unter dem 03.12.2012 erklärte die klägerin sodann im hinblick auf beide verträge einen widerspruch gem. §§ 5a vvg a.f., § 8 vvg a.f., einen widerruf gem. § 355 bgb und eine anfechtung gem. § 119 bgb. 4im hinblick auf den erstgenannten vertrag verlangt die klägerin in erster und zweiter instanz von der beklagten die zahlung eines betrages von noch 1.391,19 €, der sich nach ihrem vortrag – unter berücksichtigung des ausgezahlten rückkaufwertes – aus den bislang nicht ausgezahlten prämien, die sie auf diesen vertrag leistete, und nutzungen in höhe von 376,32 € zusammensetzt. 5im hinblick auf den zweitgenannten vertrag verlangt die klägerin von der beklagten die zahlung eines betrags in höhe von noch 1.406,72 €, der sich nach ihrem vortrag – unter berücksichtigung des ausgezahlten rückkaufwertes – aus den bislang nicht ausgezahlten prämien, die sie auf diesen vertrag leistete, und nutzungen in höhe von 377,33 € zusammensetzt. 6die klägerin hat in erster instanz die auffassung vertreten, ihr stehe gegenüber der beklagten ein bereicherungsanspruch gem. § 812 bgb zu, da § 5a vvg a.f. gegen eu-recht verstoße. die klägerin hat insoweit behauptet, dass sie die notwendigen vertragsunterlagen nicht vor dem vertragsschluss erhalten habe. es liege ein vertragsabschluss nach dem sog. policenmodell vor. 7die klägerin hat in erster instanz beantragt, die beklagte zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 1.391,19 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen sowie außergerichtlich angefallene rechtsanwaltskosten in höhe von 261,21 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.2012 sowie die beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie einen betrag in höhe von 1.406,72 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.2012 zu zahlen sowie außergerichtlich angefallene rechtsanwaltskosten in höhe von 261,21 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.2012. 8die beklagte hat beantragt, die klage abzuweisen. 9sie hat gemeint, die vertragsabschlüsse seien im wege des antragsmodells zustande gekommen, und behauptet, beim vertragsabschluss habe eine ordnungsgemäße belehrung über das rücktrittsrecht gem. § 8 vvg a.f. vorgelegen. außerdem hat die beklagte auf den fristablauf gem. § 8 abs. 5 s .4 vvg a.f. verwiesen. 10das amtsgericht hat die klage abgewiesen. zur begründung hat es nach durchführung einer beweiserhebung zu den abläufen bei vertragsschluss ausgeführt, dass der vertrag im wege des antragsmodells zustande gekommen sei, weshalb die vorschrift des § 5a vvg a.f. keine anwendung finde; auf deren europarechtskonformität komme es nicht an. daher scheide ein anspruch nach § 812 bgb aus. die seitens der klägerin erklärte vertragsanfechtung nach § 119 bgb greife nicht; zumindest sei die frist des § 121 bgb verstrichen. ein anspruch bestehe auch nicht infolge rücktritts. denn der rücktritt sei nicht fristgerecht erklärt worden. die belehrung über das rücktrittsrecht gemäß § 8 abs. 5 vvg a.f. sei ordnungsgemäß gewesen. 11mit der berufung verfolgt die klägerin das klagebegehren weiter. zur begründung trägt sie vor, dass die rechtsprechung zu § 5a vvg a.f. auch auf § 8 vvg übertragbar sei. die widerrufsbelehrung sei drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben und inhaltlich unzutreffend. die klägerin sei nicht darauf hingewiesen worden, wem gegenüber der widerruf zu erklären und an wen er zu senden sei. 12die klägerin beantragt unter aufrechterhaltung der weiteren anträge auf vorlage zum eugh und zulassung der revision wegen grundsätzlicher bedeutung, 131. unter abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten urteils des ag langenfeld, az.: 34 c 41/13 die beklagte zu verurteilen, an die klägerin einen betrag i.h.v. 1.391,19 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 142. unter abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten urteils des ag langenfeld, az.: 34 c 41/13 die beklagte zu verurteilen, an die klägerin außergerichtlich angefallene rechtsanwaltskosten i.h.v. 261,21 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 153. unter abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten urteils des ag langenfeld, az.: 34 c 41/13 die beklagte zu verurteilen, an die klägerin einen betrag i.h.v. 1.406,72 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 164. unter abänderung des am 08.01.2015 verkündeten und am 13.01.2015 zugestellten urteils des ag langenfeld, az.: 34 c 41/13 die beklagte zu verurteilen, an die klägerin außergerichtlich angefallene rechtsanwaltskosten i.h.v. 261,21 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 28.12.012 zu zahlen. 17die beklagte beantragt, 18die berufung zurückzuweisen. 19die beklagte meint, dass die berufung bereits unzulässig sei, weil der begründung nicht zu entnehmen sei, aufgrund welcher konkreten umstände eine rechtsverletzung vorliegen soll. im übrigen komme allenfalls ein anspruch gemäß §§ 346 ff. bgb infrage, weil der vertragsschluss im wege des antragsmodells erfolgt sei. ein solcher scheide aber ebenfalls aus, weil die rücktrittserklärung ordnungsgemäß gewesen sei. hinsichtlich der rechtsfolgen berücksichtige die klägerin nicht, dass gemäß § 176 vvg a.f. allein eine erstattung des rückkaufswerts verlangt werden könne. etwaige ansprüche auf zahlung von nutzungen kämen bereits deshalb nicht in betracht, weil der diesbezügliche vortrag der klägerin nicht hinreichend substantiiert sei. 20
21die berufung ist zulässig aber unbegründet. 22i. 23entgegen der auffassung der beklagten ist die berufung zulässig. der begründung ist zu entnehmen, dass maßgeblich gerügt wird, die widerrufs- bzw. rücktrittsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß gewesen und der klägerin daher ein zeitlich nicht begrenztes widerrufs-bzw. rücktrittsrecht zugestanden habe. 24ii. 25die berufung ist jedoch nicht begründet. der klägerin stehen – wie das amtsgericht zutreffend ausführt – die geltend gemachten ansprüche unter keinem rechtlichen gesichtspunkt zu. 261. 27ein anspruch gemäß §§ 812 ff. bgb kommt nicht in betracht, weil die vertragsschlüsse – wie das amtsgericht nach durchgeführter beweisaufnahme zutreffend festgestellt hat – im wege des antragsmodells erfolgten. denn der klägerin lagen bei abschluss der verträge sämtliche erforderlichen unterlagen vor. § 5a vvg a.f. findet keine anwendung, sondern ist allein auf konstellationen anzuwenden, in denen verträge im wege des sog. policenmodells zustande gekommen sind (vgl. nur bgh versr 2015, 224). nach dem ergebnis der im wege der rechtshilfe vor dem amtsgericht freiburg durchgeführten beweisaufnahme hat das amtsgericht festgestellt, dass der klägerin bei abgabe der eigenen vertragserklärungen sämtliche erforderlichen unterlagen vorlagen und sie ordnungsgemäß über das ihr zustehende rücktrittsrecht belehrt worden sei. diese feststellungen sind nicht zu beanstanden und werden als solche – abgesehen von der frage, ob die belehrung ordnungsgemäß war – mit der berufung auch nicht angegriffen. 282. 29der klägerin steht, wie das amtsgericht zutreffend ausführt, auch kein anspruch aus §§ 346 ff. bgb nach erfolgtem rücktritt von den verträgen zu. zwar könnte die erklärung eines widerspruchs nach § 8 vvg a.f. in einen rücktritt umgedeutet werden. die klägerin konnte am 03.12.2012 jedoch nicht mehr von den verträgen zurücktreten. nach § 8 abs. 5 nr. 1 vvg in der damals geltenden fassung konnte ein versicherungsnehmer innerhalb einer frist von 30 tagen nach abschluss des vertrags vom vertrag zurücktreten. diese frist war am 03.12.2012 längst abgelaufen. 30die klägerin war auch ordnungsgemäß über ihr rücktrittsrecht belehrt worden. in den jeweiligen belehrungen ist das wort „rücktrittsrecht“ fettgedruckt, das kästchen neben dem darunter befindlichen und eingerückten text ist angekreuzt (daraus ergibt sich eine individuell vorgenommene hervorhebung der relevanten belehrung) und die belehrung ist in räumlicher nähe zum unterschriftenfeld platziert. damit lag eine ausreichende textliche hervorhebung der belehrung vor, die ihre aufgabe erfüllte. sie ging aufgrund der gestaltung und platzierung nicht im übrigen text unter und konnte einem verständigen versicherungsnehmer bei durchsicht des dokuments vor leisten der unterschrift nicht verborgen bleiben. weitere anforderungen hinsichtlich der textlichen hervorhebung sah § 8 abs. 5 vvg in der damals gültigen fassung nicht vor. 31auch inhaltlich ist die rücktrittsbelehrung nicht zu beanstanden. die streitgegenständliche belehrung entspricht dem wortlaut des § 8 abs. 5 vvg a.f. in der bei vertragsschluss geltenden fassung. eine gesonderte belehrung über die form der rücktrittserklärung war nicht erforderlich. auch war es nicht erforderlich, den adressaten der rücktrittserklärung nochmals ausdrücklich unmittelbar in der belehrung zu benennen. ein solches erfordernis war in § 8 abs. 5 vvg a.f. nicht enthalten. im übrigen waren die kontaktdaten der beklagten unmittelbar auf denselben, von der klägerin unterschriebenen seiten abgedruckt und damit ohne weiteres zu erkennen. 32aufgrund der ordnungsgemäßen rücktrittsbelehrung scheidet ein anspruch der klägerin nach §§ 346 ff. bgb aus. damit kommt es auf die fragen der europarechtswidrigkeit einzelner regelungen in §§ 5a, 8 vvg a.f. nicht an. insbesondere ist nicht entscheidungserheblich, ob die regelung in § 8 abs. 5 satz 4 vvg a.f., wonach das rücktrittsrecht bei unterbliebener belehrung einen monat nach zahlung der ersten prämien erlischt, wirksam ist. diese frage stellt sich nur bei nicht ordnungsgemäßer belehrung (bgh versr 2015, 224). 333. 34zinsansprüche und ansprüche auf ersatz vorgerichtlicher anwaltskosten können daher gleichfalls nicht begehrt werden. 35iii. 36da es auf die in der rechtsprechung bereits vielfach thematisierten fragen hinsichtlich der wirksamkeit bzw. europarechtskonformität der §§ 5a, 8 vvg a.f. im ergebnis nicht ankommt, kommt eine vorlage an den eugh nicht in betracht. aus denselben gründen ist die sache auch nicht von grundsätzlicher bedeutung. die revision ist nicht zuzulassen. 37iv. 38die prozessualen nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 nr. 10, 713 zpo, § 26 nr. 8 egzpo. 39v. 40streitwert: 2.797,91 €.
Verklagte*r
0
322,559
391 C 81/18
"2019-08-07T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist bei der Beklagten privat krankenversichert. Am 26.10.2016 und am 02.11.2016 unterzog sie sich bei dem Augenchirurgen Herrn Dr. O einer Kataraktoperation mittels eines Femtosekundenlasers am linken und am rechten Auge. 3Herr Dr. O rechnete die von ihm erbrachten Leistungen mit Rechnung vom 08.12.2016 über insgesamt 8.521,41 Euro ab. Die Klägerin reichte die Rechnung bei der Beklagten zur Erstattung ein. Die Beklagte kürzte die Rechnung um die zweimal in Ansatz gebrachte Position 5855 GOÄ in Höhe von 925,02 Euro, mithin insgesamt in Höhe von 1.850,04 Euro. 4Die Klägerin meint, der Einsatz des Femtosekundenlasers sei nach Ziffer 5855 GOÄ analog zu liquidieren, weil er einen gesundheitlichen Mehrwert für den Patienten habe. Dies seien u.a. eine höhere Exaktheit der Kapselöffnung, eine höhere Genauigkeit der lasergeführten chirurgischen Schritte, eine bessere Fragmentierbarkeit der Linse und ein besseres Outcome der Operation. Die Anwendung des Femtosekundenlasers stelle zudem eine selbstständige Vorbehandlung dar, die bei der konventionellen Operation nicht erfolge. 5Die Klägerin beantragt, 6die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.850,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 7Die Beklagte beantragt, 8 die Klage abzuweisen. 9Sie meint, die Gebührenziffer 55855 GOÄ sei vorliegend nicht analog anwendbar, weil der Einsatz des Femtosekundenlasers im Rahmen der Kataraktoperation nicht als selbständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2, Abs. 2a) GOÄ zu qualifizieren sei. Der Einsatz des Femtosekundenlaser bei der Kataraktoperation sei lediglich ein unselbstständiger Teil der operativen Hauptleistung; ihm liege keine eigenständige medizinische Indikation zugrunde. 10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 11Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 06.08.2018 (Bl. 127 d. A.), durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 31.01.2019 (Bl. 225 d. A.) und durch mündliche Erläuterung der beiden Gutachten gemäß Beschluss vom 26.06.2019 (Bl. 338 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. T vom 02.01.2019 (Bl. 193 ff. d. A.) und vom 02.04.2019 (Bl. 268 ff. d. A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung von 26.06.2019 (Bl. 338 ff. d. A.) Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13I. 14Die zulässige Klage ist unbegründet. 151. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.850,04 Euro gemäß § 1 VVG in Verbindung mit dem zwischen den Parteien bestehenden Privaten Krankheitskostenversicherungsvertrag. 16Die Klägerin kann keine höhere Vergütung verlangen, als die Beklagte bereits gezahlt hat. Denn soweit in der streitgegenständlichen Rechnung zweimal die Ziffer 5855 GOÄ analog für den Einsatz des Femtosekundenlasers in Ansatz gebracht wurde, geschah dies ohne Grund, weil die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ nicht vorliegen. 17Gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ können nur selbstständige ärztliche Leistungen, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Eine ärztliche Leistung ist gemäß § 4 Abs. 2a S. 1 GOÄ nicht selbstständig, wenn sie lediglich ein Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist. Erforderlich ist, dass der Leistung eine eigenständige medizinische Indikation zugrunde liegt (BGH, Urteil vom 21.01.2010, Az. III ZR 147/09, zitiert nach juris). 18a) Der Einsatz des Femtosekundenlasers bei der Kataraktoperation stellt keine selbstständige ärztliche Leistung im Sinne von § 6 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2a S. 1 GOÄ dar. Denn dem Einsatz des Femtosekundenlasers liegt keine eigenständige medizinische Indikation zugrunde. Es handelt sich vielmehr lediglich um eine besondere Ausführung der Kataraktoperation, die keinen über die Optimierung der Operation hinausgehenden Mehrwert für den Patienten hat. 19Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. T in seinen Gutachten vom 02.01.2019 und vom 02.04.2019 sowie seiner Anhörung am 26.06.2019. 20Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers kein notwendiger Bestandteil der Kataraktoperation sei. Die Kataraktoperation könne sowohl mit als auch ohne Femtosekundenlaser durchgeführt werden. Bei der femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperation würden einzelne Operationsschritte, nämlich das Schneiden der Zugänge ins Auge, die Reduktion der Hornhautverkrümmung, das Öffnen der vorderen Linsenkapsel und die Vorfragmentierung des Linsenkerns, die bei der konventionellen Kataraktoperation manuell mittels eines Skalpells durchgeführt würden, mittels eines Femtosekundenlasers durchgeführt. Nach dieser Vorbehandlung komme der Femtosekundenlaser nicht mehr zum Einsatz. Die getrübte Augenlinse werde anschließend – ohne weitere Zuhilfenahme des Femtosekundenlasers – entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt. Durch den Einsatz des Femtosekundenlasers bei der Vorfragmentierung der Linse werde die Ultraschallenergie reduziert, was die innere Schicht der Hornhaut weniger belaste. Dieser Vorteil sei jedoch angesichts der ohnehin schon hohen Erfolgsrate und der geringen Komplikationsrate der Kataraktoperation gering. Weitere theoretische Vorteile seien wissenschaftlich nicht belegt. 21Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers nicht um eine selbstständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2a S. 1 GOÄ. 22Dem Einsatz des Femtosekundenlasers bei der Kataraktoperation liegt bis auf ganz wenige Ausnahmen, die der Sachverständige auf ca. 5 % der Patienten schätzt, keine eigenständige medizinische Indikation zugrunde. In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle kann der Operateur wählen, ob er manuell-chirurgisch oder femtosekundenlaser-assistiert operiert. Ob es im konkreten Fall der Klägerin eine medizinische Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers gab, konnte der Sachverständige nicht beantworten. Diese Unklarheiten gehen zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin. 23Die femtosekundenlaser-assistierte Kataraktoperation stellt lediglich eine besondere Art der Ausführung der Kataraktoperation dar. Denn der Femtosekundenlaser ersetzt nur gewisse Teilschritte der Kataraktoperation, die ebenso gut mittels eines Skalpells durchgeführt werden können. Dass bei der femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperation eine Vorbehandlung des Auges vor der eigentlichen Operation erfolgt, die bei der konventionellen Operation nicht stattfindet, und die Operation so zeitlich und räumlich in zwei Schritte aufgeteilt wird, macht den Einsatz des Femtosekundenlaser nicht zu einer selbstständigen Leistung im Sinne der GOÄ. Denn maßgeblich für die Selbstständigkeit einer ärztlichen Leistung im gebührenrechtlichen Sinne ist allein, ob der Leistung eine eigenständige medizinische Indikation zugrunde liegt, was bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers -wie dargelegt- nicht der Fall ist. Auch der Umstand, dass durch den Einsatz des Femtosekundenlasers eine Phakoemulsifikation, d.h. eine Verflüssigung des Linsenkerns durch Anwendung von Ultraschall, in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht mehr erforderlich ist, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts. Denn das Ziel der Operation, nämlich die Behandlung des Grauen Stars, und der Weg zur Erreichung dieses Ziels, nämlich die Entfernung der getrübten Augenlinse und der Einsatz einer implantierten Kunstlinse, sind in beiden Fällen identisch. Dass durch den Einsatz des Femtosekundenlasers eine Phakoemulsifikation häufig nicht mehr erforderlich ist, mag der femtosekundenlaser-assistierten aus medizinischer Sicht einen „völlig neuen Charakter“ geben, wie es der Sachverständige formuliert. An der rechtlichen Wertung ändert es jedoch nichts. Soweit der Sachverständige insofern eine andere Auffassung vertritt, ist das Gericht an diese rechtliche Wertung nicht gebunden. 24Die Vorteile der femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperation gegenüber der konventionellen Operation sind, wie der Sachverständige ausführt, eher gering. Selbst wenn jedoch durch den Einsatz des Femtosekundenlaser die Ultraschallenergie reduziert und dadurch die Hornhaut weniger belastet würde, würde das nicht dazu führen, dass der Einsatz des Femtosekundenlaser bei der Kataraktoperation als selbstständige Leistung zu qualifizieren wäre. Denn eine ärztliche Leistung ist nicht bereits deshalb als selbstständig im gebührenrechtlichen Sinne zu qualifizieren, weil sie zu besseren Ergebnissen führt oder vorgenommen wird, um beim Erreichen des Operationsziels benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen. Entscheidend ist allein, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers vollständig der Optimierung der Kataraktoperation dient und ihm keine darüberhinausgehende eigenständige medizinische Indikation zugrunde liegt. 25Die analoge Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ ist – entgegen der Auffassung des Sachverständigen – auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass der Einsatz des Femtosekundenlaser bei der Kataraktoperation mit der Ziffer 441 GOÄ nicht hinreichend abgebildet wäre. Der Umstand, dass der Verordnungsgeber bei Einführung der Ziffer 441 GOÄ nur Feststoff- und Gas-Laser, nicht aber den Femtosekundenlaser im Blick gehabt hat, ändert nichts daran, dass die Ziffer 441 GOÄ aufgrund des eindeutigen Wortlautes auch auf den Femtosekundenlaser anwendbar ist. Wenn diese Gebührenziffer den zeitlichen und räumlichen Aufwand, der mit dem Einsatz des Femtosekundenlasers verbunden ist, gebührenrechtlich nicht hinreichend abbildet, ist es Sache des Verordnungsgebers, dies durch eine Änderung der gebührenrechtlichen Vorschriften oder durch eine Erhöhung der Gebühren ändern. Die analoge Heranziehung einer anderen gebührenrechtlichen Vorschrift rechtfertigt das nicht. 26Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Bundesärztekammer bei der LASIK-Operation mittels eines Femtosekundenlasers die analoge Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ empfiehlt. Denn – anders als bei der Kataraktoperation, die nach der Ziffer 1375 GOÄ vergütet wird – gibt es für die LASIK-Operation keine Gebührenziffer, sodass eine Regelungslücke vorliegt, die eine Analogie rechtfertigt. Diese Erwägungen sind auf die Kataraktoperation mittels eines Femtosekundenlasers nicht übertragbar. 27b) Unabhängig davon, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers bei der Kataraktoperation schon keine selbstständige ärztliche Leistung darstellt, ist auch die weitere Voraussetzung gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ, nämlich eine nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertige Leistung, nicht erfüllt. Denn bei einer analogen Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ würde die (Vor-)Behandlung mit dem Femtosekundenlaser mit einer Punktzahl von 6900 bewertet, während die gesamte Kataraktoperation nach Ziffer 1375 lediglich mit 3500 Punkten bewertet würde. Es widerspräche sowohl dem Vergütungssystem der GOÄ als auch dem in § 4 Abs. 2a GOÄ verankerten Zielleistungsprinzip, wenn eine Vorbehandlung mit der fast doppelt so hohen Punktzahl bewertet würde wie die Zielleistung, also die Operation des Grauen Stars, selbst (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.05.2019 – Az. 2-14 S 3/18 –, vorgelegt als Anlage BLD 16). 282. Mangels Hauptanspruchs hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Zinsen gemäß §§ 286, 288 BGB. 29III. 30Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. 31Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 32Der Streitwert wird auf 1.850,04 EUR festgesetzt. 33Rechtsbehelfsbelehrung: 34A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 351. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 362. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 37Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 38Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen. 39Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 40Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 41B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Wuppertal statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Wuppertal, Eiland 2, 42103 Wuppertal, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 42Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 43Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 44Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die klägerin ist bei der beklagten privat krankenversichert. am 26.10.2016 und am 02.11.2016 unterzog sie sich bei dem augenchirurgen herrn dr. o einer kataraktoperation mittels eines femtosekundenlasers am linken und am rechten auge. 3herr dr. o rechnete die von ihm erbrachten leistungen mit rechnung vom 08.12.2016 über insgesamt 8.521,41 euro ab. die klägerin reichte die rechnung bei der beklagten zur erstattung ein. die beklagte kürzte die rechnung um die zweimal in ansatz gebrachte position 5855 goä in höhe von 925,02 euro, mithin insgesamt in höhe von 1.850,04 euro. 4die klägerin meint, der einsatz des femtosekundenlasers sei nach ziffer 5855 goä analog zu liquidieren, weil er einen gesundheitlichen mehrwert für den patienten habe. dies seien u.a. eine höhere exaktheit der kapselöffnung, eine höhere genauigkeit der lasergeführten chirurgischen schritte, eine bessere fragmentierbarkeit der linse und ein besseres outcome der operation. die anwendung des femtosekundenlasers stelle zudem eine selbstständige vorbehandlung dar, die bei der konventionellen operation nicht erfolge. 5die klägerin beantragt, 6die beklagte zu verurteilen, an sie 1.850,04 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 7die beklagte beantragt, 8 die klage abzuweisen. 9sie meint, die gebührenziffer 55855 goä sei vorliegend nicht analog anwendbar, weil der einsatz des femtosekundenlasers im rahmen der kataraktoperation nicht als selbständige leistung im sinne von § 4 abs. 2, abs. 2a) goä zu qualifizieren sei. der einsatz des femtosekundenlaser bei der kataraktoperation sei lediglich ein unselbstständiger teil der operativen hauptleistung; ihm liege keine eigenständige medizinische indikation zugrunde. 10wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 11das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines schriftlichen sachverständigengutachtens gemäß beweisbeschluss vom 06.08.2018 (bl. 127 d. a.), durch einholung eines ergänzungsgutachtens gemäß beweisbeschluss vom 31.01.2019 (bl. 225 d. a.) und durch mündliche erläuterung der beiden gutachten gemäß beschluss vom 26.06.2019 (bl. 338 d.a.). wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die gutachten des sachverständigen dr. t vom 02.01.2019 (bl. 193 ff. d. a.) und vom 02.04.2019 (bl. 268 ff. d. a.) sowie das protokoll der mündlichen verhandlung von 26.06.2019 (bl. 338 ff. d. a.) bezug genommen. 12
13i. 14die zulässige klage ist unbegründet. 151. die klägerin hat keinen anspruch gegen die beklagte auf zahlung von 1.850,04 euro gemäß § 1 vvg in verbindung mit dem zwischen den parteien bestehenden privaten krankheitskostenversicherungsvertrag. 16die klägerin kann keine höhere vergütung verlangen, als die beklagte bereits gezahlt hat. denn soweit in der streitgegenständlichen rechnung zweimal die ziffer 5855 goä analog für den einsatz des femtosekundenlasers in ansatz gebracht wurde, geschah dies ohne grund, weil die voraussetzungen für eine analoge anwendung der ziffer 5855 goä nicht vorliegen. 17gemäß § 6 abs. 2 goä können nur selbstständige ärztliche leistungen, die nicht in das gebührenverzeichnis aufgenommen sind, entsprechend einer nach art, kosten- und zeitaufwand gleichwertigen leistung des gebührenverzeichnisses berechnet werden. eine ärztliche leistung ist gemäß § 4 abs. 2a s. 1 goä nicht selbstständig, wenn sie lediglich ein bestandteil oder eine besondere ausführung einer anderen leistung nach dem gebührenverzeichnis ist. erforderlich ist, dass der leistung eine eigenständige medizinische indikation zugrunde liegt (bgh, urteil vom 21.01.2010, az. iii zr 147/09, zitiert nach juris). 18a) der einsatz des femtosekundenlasers bei der kataraktoperation stellt keine selbstständige ärztliche leistung im sinne von § 6 abs. 2 i.v.m. § 4 abs. 2a s. 1 goä dar. denn dem einsatz des femtosekundenlasers liegt keine eigenständige medizinische indikation zugrunde. es handelt sich vielmehr lediglich um eine besondere ausführung der kataraktoperation, die keinen über die optimierung der operation hinausgehenden mehrwert für den patienten hat. 19dies steht zur überzeugung des gerichts fest aufgrund der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren ausführungen des sachverständigen dr. t in seinen gutachten vom 02.01.2019 und vom 02.04.2019 sowie seiner anhörung am 26.06.2019. 20der sachverständige hat ausgeführt, dass der einsatz des femtosekundenlasers kein notwendiger bestandteil der kataraktoperation sei. die kataraktoperation könne sowohl mit als auch ohne femtosekundenlaser durchgeführt werden. bei der femtosekundenlaser-assistierten kataraktoperation würden einzelne operationsschritte, nämlich das schneiden der zugänge ins auge, die reduktion der hornhautverkrümmung, das öffnen der vorderen linsenkapsel und die vorfragmentierung des linsenkerns, die bei der konventionellen kataraktoperation manuell mittels eines skalpells durchgeführt würden, mittels eines femtosekundenlasers durchgeführt. nach dieser vorbehandlung komme der femtosekundenlaser nicht mehr zum einsatz. die getrübte augenlinse werde anschließend – ohne weitere zuhilfenahme des femtosekundenlasers – entfernt und durch eine kunstlinse ersetzt. durch den einsatz des femtosekundenlasers bei der vorfragmentierung der linse werde die ultraschallenergie reduziert, was die innere schicht der hornhaut weniger belaste. dieser vorteil sei jedoch angesichts der ohnehin schon hohen erfolgsrate und der geringen komplikationsrate der kataraktoperation gering. weitere theoretische vorteile seien wissenschaftlich nicht belegt. 21unter zugrundelegung dieser feststellungen des sachverständigen handelt es sich bei dem einsatz des femtosekundenlasers nicht um eine selbstständige leistung im sinne von § 4 abs. 2a s. 1 goä. 22dem einsatz des femtosekundenlasers bei der kataraktoperation liegt bis auf ganz wenige ausnahmen, die der sachverständige auf ca. 5 % der patienten schätzt, keine eigenständige medizinische indikation zugrunde. in der weit überwiegenden anzahl der fälle kann der operateur wählen, ob er manuell-chirurgisch oder femtosekundenlaser-assistiert operiert. ob es im konkreten fall der klägerin eine medizinische indikation für den einsatz des femtosekundenlasers gab, konnte der sachverständige nicht beantworten. diese unklarheiten gehen zu lasten der beweisbelasteten klägerin. 23die femtosekundenlaser-assistierte kataraktoperation stellt lediglich eine besondere art der ausführung der kataraktoperation dar. denn der femtosekundenlaser ersetzt nur gewisse teilschritte der kataraktoperation, die ebenso gut mittels eines skalpells durchgeführt werden können. dass bei der femtosekundenlaser-assistierten kataraktoperation eine vorbehandlung des auges vor der eigentlichen operation erfolgt, die bei der konventionellen operation nicht stattfindet, und die operation so zeitlich und räumlich in zwei schritte aufgeteilt wird, macht den einsatz des femtosekundenlaser nicht zu einer selbstständigen leistung im sinne der goä. denn maßgeblich für die selbstständigkeit einer ärztlichen leistung im gebührenrechtlichen sinne ist allein, ob der leistung eine eigenständige medizinische indikation zugrunde liegt, was bei dem einsatz des femtosekundenlasers -wie dargelegt- nicht der fall ist. auch der umstand, dass durch den einsatz des femtosekundenlasers eine phakoemulsifikation, d.h. eine verflüssigung des linsenkerns durch anwendung von ultraschall, in der überwiegenden anzahl der fälle nicht mehr erforderlich ist, ändert an der rechtlichen beurteilung nichts. denn das ziel der operation, nämlich die behandlung des grauen stars, und der weg zur erreichung dieses ziels, nämlich die entfernung der getrübten augenlinse und der einsatz einer implantierten kunstlinse, sind in beiden fällen identisch. dass durch den einsatz des femtosekundenlasers eine phakoemulsifikation häufig nicht mehr erforderlich ist, mag der femtosekundenlaser-assistierten aus medizinischer sicht einen „völlig neuen charakter“ geben, wie es der sachverständige formuliert. an der rechtlichen wertung ändert es jedoch nichts. soweit der sachverständige insofern eine andere auffassung vertritt, ist das gericht an diese rechtliche wertung nicht gebunden. 24die vorteile der femtosekundenlaser-assistierten kataraktoperation gegenüber der konventionellen operation sind, wie der sachverständige ausführt, eher gering. selbst wenn jedoch durch den einsatz des femtosekundenlaser die ultraschallenergie reduziert und dadurch die hornhaut weniger belastet würde, würde das nicht dazu führen, dass der einsatz des femtosekundenlaser bei der kataraktoperation als selbstständige leistung zu qualifizieren wäre. denn eine ärztliche leistung ist nicht bereits deshalb als selbstständig im gebührenrechtlichen sinne zu qualifizieren, weil sie zu besseren ergebnissen führt oder vorgenommen wird, um beim erreichen des operationsziels benachbarte strukturen zu schonen und nicht zu verletzen. entscheidend ist allein, dass der einsatz des femtosekundenlasers vollständig der optimierung der kataraktoperation dient und ihm keine darüberhinausgehende eigenständige medizinische indikation zugrunde liegt. 25die analoge anwendung der ziffer 5855 goä ist – entgegen der auffassung des sachverständigen – auch nicht unter dem gesichtspunkt gerechtfertigt, dass der einsatz des femtosekundenlaser bei der kataraktoperation mit der ziffer 441 goä nicht hinreichend abgebildet wäre. der umstand, dass der verordnungsgeber bei einführung der ziffer 441 goä nur feststoff- und gas-laser, nicht aber den femtosekundenlaser im blick gehabt hat, ändert nichts daran, dass die ziffer 441 goä aufgrund des eindeutigen wortlautes auch auf den femtosekundenlaser anwendbar ist. wenn diese gebührenziffer den zeitlichen und räumlichen aufwand, der mit dem einsatz des femtosekundenlasers verbunden ist, gebührenrechtlich nicht hinreichend abbildet, ist es sache des verordnungsgebers, dies durch eine änderung der gebührenrechtlichen vorschriften oder durch eine erhöhung der gebühren ändern. die analoge heranziehung einer anderen gebührenrechtlichen vorschrift rechtfertigt das nicht. 26etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die bundesärztekammer bei der lasik-operation mittels eines femtosekundenlasers die analoge anwendung der ziffer 5855 goä empfiehlt. denn – anders als bei der kataraktoperation, die nach der ziffer 1375 goä vergütet wird – gibt es für die lasik-operation keine gebührenziffer, sodass eine regelungslücke vorliegt, die eine analogie rechtfertigt. diese erwägungen sind auf die kataraktoperation mittels eines femtosekundenlasers nicht übertragbar. 27b) unabhängig davon, dass der einsatz des femtosekundenlasers bei der kataraktoperation schon keine selbstständige ärztliche leistung darstellt, ist auch die weitere voraussetzung gemäß § 6 abs. 2 goä, nämlich eine nach art, kosten und zeitaufwand gleichwertige leistung, nicht erfüllt. denn bei einer analogen anwendung der ziffer 5855 goä würde die (vor-)behandlung mit dem femtosekundenlaser mit einer punktzahl von 6900 bewertet, während die gesamte kataraktoperation nach ziffer 1375 lediglich mit 3500 punkten bewertet würde. es widerspräche sowohl dem vergütungssystem der goä als auch dem in § 4 abs. 2a goä verankerten zielleistungsprinzip, wenn eine vorbehandlung mit der fast doppelt so hohen punktzahl bewertet würde wie die zielleistung, also die operation des grauen stars, selbst (lg frankfurt a.m., urteil vom 31.05.2019 – az. 2-14 s 3/18 –, vorgelegt als anlage bld 16). 282. mangels hauptanspruchs hat die klägerin auch keinen anspruch gegen die beklagte auf zahlung von zinsen gemäß §§ 286, 288 bgb. 29iii. 30die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 s. 1 zpo. 31die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 32der streitwert wird auf 1.850,04 eur festgesetzt. 33rechtsbehelfsbelehrung: 34a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 351. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 362. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 37die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht wuppertal, eiland 1, 42103 wuppertal, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 38die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht wuppertal zu begründen. 39die parteien müssen sich vor dem landgericht wuppertal durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 40mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 41b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht wuppertal statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht wuppertal, eiland 2, 42103 wuppertal, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 42ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 43hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 44die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de.
Verklagte*r
0
168,433
S 11 KR 1238/11
"2015-01-27T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.741,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2011 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 6.741,73 EUR festgesetzt. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Vergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 6.741,73 EUR. 3Der bei der Klägerin Versicherte I1-Q L wurde in der Zeit vom 17.11.2007 bis 06.12.2007 stationär in dem von der Beklagten betriebenen, für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen (§ 108 SGB V) Krankenhaus in I2 behandelt. Die Behandlung erfolgte wegen Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems auf der Intensivstation. Die im Jahr 2007 von der Beklagten gestellte Rechnung wurde seitens der Beklagten zunächst erstattet. Die Beklagte codierte als Prozedur unter anderem den OPS-Kode 8-980*(intensivmedizinische Komplexbehandlung). 4Im Zusammenhang mit einem anderen Abrechnungsfall begutachtete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) das Haus der Beklagten in I2 am 11.12.2009. In seiner Stellungnahme vom 11.12.2009 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass die strukturellen Merkmale des OPS 8-980 Kode formal nicht erfüllt seien. Nicht in allen Fällen sei eine kontinuierliche ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet. Die Intensivstation sei bis zum Eintreffen des Hintergrunddienstes bzw. bis zur Rückkehr des auf der Intensivstation diensthabenden Anästhesisten, der seine Patienten kenne, dann nicht ärztlich besetzt, wenn eine Reanimation auf einer anderen Station durchgeführt werden müsse, wenn eine Notfall-Operation erfolge oder wenn ein Notfallpatient in der Notaufnahme dringend versorgt werden müsse. 5Mit Schreiben vom 18.01.2010 teilte die Klägerin der Beklagten das Ergebnis der MDK-Begutachtung mit und bat um Rechnungskorrektur bereits abgerechneter Fälle. Diese Rechnungskorrektur lehnte die Beklagte ab. 6Die Klägerin hat am 27.12.2011 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass aufgrund der Einschätzung des MDK hinsichtlich der strukturellen Voraussetzungen es nicht möglich sei, der Beklagten eine Vergütung für den OPS-Kode 8-980 zu gewähren. Die ständige Anwesenheit eines Arztes, die der Kode voraussetze, meine nicht, dass der auf der Intensivstation tätige Anästhesist neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses planmäßig weitere Aufgaben erfüllen müsse. So sei die Voraussetzung für die Kodierung nicht erfüllt, wenn der anwesende Arzt gleichzeitig Aufgaben an andere Stelle des Krankenhauses wahrnehmen müsse. 7Die Klägerin ist ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 27.11.2014 ordnungsgemäß vom Termin der mündlichen Verhandlung benachrichtigt worden. 8Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Klägerin beantragt schriftsätzlich, 9die Beklagte zu verurteilen, 6.741,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie weist darauf hin, dass seitens der Klägerin bereits kein schlüssiger Vortrag vorliege. So ziehe die Klägerin unzulässige Schlussfolgerungen aus der Begehung des Hauses der Beklagten im Jahre 2009. Sie könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass diese Umstände bereits auch im Jahr 2007 vorgelegen hätten. Zudem verstoße die Klägerin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, hier insbesondere das Beschleunigungsgebot. So liege der hier abgerechnete Fall im Jahre 2007 und eine Erstattung werde seitens der Klägerin erst im Jahr 2010 geltend gemacht. Die Klägerin habe somit gegen das Beschleunigungsgebot bei der Prüfung verstoßen. Zudem sei die Klägerin mit ihren Einwendungen bereits deshalb ausgeschlossen, da sie die Frist gemäß § 275 Abs. 1c SGB V hinsichtlich der medizinischen Prüfbarkeit von Rechnungen der Krankenhäuser nicht eingehalten habe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte selbstverständlich die Voraussetzungen für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung erfülle, hier insbesondere eine ständige Anwesenheit eines Arztes auf der Intensivstation gewährleistet sei. Dieses ergebe sich bereits aus den Auslegungsgrundsätzen des DIMDI zu dem streitigen OPS-Kode. Es werde im Übrigen bestritten, dass der diensthabende Anästhesist die Intensivstation im vorliegenden Fall verlassen habe. Darüber hinaus habe das DIMDI im Februar 2011 eine Klarstellung zum OPS-Kode 8-980 ergänzt. Danach heißt es u.a., dass der Arzt der Intensivstation kurzfristig zu einem Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden könne. 13Ferner hat die Beklagte noch zur Stützung ihres Vorbringens die Berufungsschrift zu dem Urteil der 9. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.11.2014 (Az.: S 9 KR 1240/11) vorgelegt. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Kammer konnte auch ohne Anwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden. Die Klägerin ist in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese verfahrensrechtlich zulässige Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs.1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG-). 17Die Klage ist zulässig und begründet. 18Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 6.741,73 EUR. 19Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch, den die Klägerin zulässig im Wege der Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R m.w.N.), ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. z.B. BSGE 109, 236). Es ist der Klägerin – ungeachtet der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit höherrangigem Recht – landesvertraglich nicht verwehrt, diesen geltend zu machen (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1 des für Nordrhein-Westfalen geltenden Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 06.12.1996 in der Gestalt des Änderungsvertrages vom 19.08.1998 - Sicherstellungsvertrag -). 20Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 264 Nr. 3 Rdn. 15). So liegt es hier. Die Klägerin zahlte der Beklagten 6.741,73 Euro ohne Rechtsgrund. Die im Rahmen der Schlussrechnung für den Behandlungsfall I1-Q L im Jahr 2007 abgerechnete Vergütung war um diesen Betrag zu kürzen. 21Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und - wie hier - iS von § 39 Abs. 1 S 2 SGB V erforderlich ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9). 22Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Beklagten nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz – FPG) vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412), der Anlage 1 Teil a) KFPV 2007 (vom 13.10.2003, BGBl I 1995) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (idF durch Art 3 Nr 3 FPG und Art 13 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190). 23Vorliegend hätte die Beklagte im Rahmen der Abrechnung nicht den OPS-Kode 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung) abrechnen dürfen. Hierunter fällt nach dem Wortlaut des Kodes die Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (( 24 Stunden) Intensivbehandlung sowie die kurzfristige (( 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach operativen Eingriffen. Unter den "Hinweisen" des DIMDI finden sich die Mindestmerkmale zur Kodierung dieser Prozedur. Danach müssen unter anderem folgende Mindestmerkmale kumulativ vorliegen: "(1) Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen. (2) Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein". 24Das Merkmal "ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein" ist zur Überzeugung der Kammer nicht erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus den Auslegungsgrundsätzen des DIMDI zu dem streitigen OPS-Kode. Hiernach bedeutet ständige Anwesenheit eines Arztes, dass der Arzt ständig auf der Intensivstation anwesend sein müsse, d.h. er muss innerhalb kürzester Zeit (etwa 5 Minuten) direkt handlungsfähig am Patienten sein. So sei es zwar durchaus denkbar, dass er sich während des Dienstes auf der Station in einem Nebenraum kurz ausruhe, genauso, wie er in einem anderen Bereich der Intensivstation beschäftigt sein könne. Damit gemeint sei allerdings nicht, dass er neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen müsse. Dies ist aber zur Überzeugung der Kammer gerade der Fall. Denn der Arzt auf der Intensivstation ist, wenn eine Reanimation auf einer anderen Station durchgeführt werden muss, wenn ein dringendes Prämedikationsgespräch im Kreissaal oder in der Ambulanz erforderlich ist, wenn eine Notsektio ansteht oder wenn ein Notfallpatient im Schockraum dringend versorgt werden muss, nicht mehr auf der Intensivstation anwesend. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass - anders als im vom Bundessozialgericht am 08.07.2013, B 3 KR 25/12 R, entschiedenen Fall, bei dem der auf der Intensivstation anwesende Arzt gleichzeitig auch noch eine andere Station zu betreuen hatte – der bei der Beklagten tätige diensthabende Arzt neben seiner eigentlichen Aufgabe auf der Intensivstation ausschließlich zu notfallartigen Behandlungen im Krankenhaus beigezogen wird. Es ist jedoch nicht gewährleistet, dass – bei Eintreten eines solchen Notfalls - innerhalb der vom DIMDI vorgegebenen fünf Minuten eine ärztliche Überwachung der auf der Intensivstation befindlichen Patienten stattfindet. Die Beklagte führt insoweit selbst aus, dass der Hintergrunddienst 15-20 Minuten benötigt, um den von dem auf der Intensivstation diensthabenden Anästhesisten übernommenen Notfall zu übernehmen. Diese Zeitspanne hält das Gericht nicht mehr für ausreichend, um das Merkmal "ständige Anwesenheit eines Arztes" zu gewährleisten. Dabei kann es auch nicht entscheidend sein, dass die von dem Anästhesisten wahrzunehmenden Aufgaben in anderen Bereichen des Krankenhauses im Monat wohl eher selten vorkommen. Vielmehr setzt die Beklagte den auf der Intensivstation tätigen Anästhesisten planmäßig in anderen Bereich – hier Notfallbereich - ein. 25Auch aus der Ergänzung, die das DIMDI im Februar 2011 zur Klarstellung dieses Kodes vorgenommen hat, ergibt sich nach Auffassung der Kammer entgegen dem Vorbringen der Beklagten kein anderes Ergebnis. Denn eine Ergänzung, die im Februar 2011 vorgenommen worden ist, kann nicht rückwirkend für Behandlungsfälle gelten, die im Jahr 2007 stattgefunden haben. Insoweit haben auch die von der Beklagten vorgelegten Zeugenaussagen in der Berufungsschrift zum Urteil der 9. Kammer des SG Düsseldorf keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles, wenn dort von den Zeugen ausgeführt wird, dass aus heutiger Sicht (2011) ein Wandel bei der Auslegung des OPS-8-980 festzustellen sei. 26Soweit die Beklagte ausführt, dass die Klägerin aus den Verhältnissen bei der Begehung im Jahre 2010 nicht auf die Verhältnisse im Jahr 2007 schließen können, trägt diese Begründung nicht. Zum einen hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst keine anderen Umstände vorgetragen, die andere Verhältnisse im Jahr 2007 rechtfertigen würden. Zum anderen wäre insoweit die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sich die Verhältnisse im Jahr 2007 zu denen im Jahr 2010 verändert haben. Das Gericht geht insoweit von einer Beweislastumkehr aus, da die Klägerin aufgrund der Begehung im Jahr 2010 substantiierte Tatsachen vorgetragen hat, die nicht durch einfaches Bestreiten seitens der Beklagte widerlegt werden. Allein die Beklagte ist in der Lage, die Verhältnisse in ihrem Krankenhaus im Jahr 2007 darzustellen. 27Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin eine Einzelfallprüfung der Abrechnung durch den MDK innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1c SGB V hätte einleiten müssen. Die Klägerin ist deshalb mit ihren Einwendungen gegen die erfolgte Abrechnung des Behandlungsfalls nicht ausgeschlossen. Denn wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R, Rdn. 21, festgestellt hat, ist die Frage, ob in einem Krankenhaus die ständige ärztliche Anwesenheit im oben dargestellten Sinne gewährleistet ist, als strukturelle Abrechnungsvoraussetzung des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststruktur des Krankenhaues zu beurteilen. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalls, zu deren Klärung der MDK einzuschalten ist. 28Der Anspruch der Klägerin ist schließlich nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG Urteil vom 12.11.2013 - B 1 KR 56/12 R - Juris RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 264 Nr 4 vorgesehen; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN), etwa wenn eine Nachforderung eines Krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter Schlussrechnung außerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Krankenkasse erfolgt (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. 29Die Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (stRspr; vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37; BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr 14, RdNr 36; BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 31; BSG SozR 4-2600 § 243 Nr 4 RdNr 36; BSG SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 17; BSG SozR 3-2400 § 4 Nr 5 S 13; BSG Urteil vom 30.7.1997 - 5 RJ 64/95 - Juris RdNr 27; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f; BSG Urteil vom 1.4.1993 - 1 RK 16/92 - FEVS 44, 478, 483 = Juris RdNr 23; BSG SozR 2200 § 520 Nr 3 S 7; BSG Urteil vom 29.7.1982 - 10 RAr 11/81 - Juris RdNr 15; BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15; BSG Urteil vom 25.1.1972 - 9 RV 238/71 - Juris RdNr 17; vgl auch Hauck, Vertrauensschutz in der Rechtsprechung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, in Brand/Lembke (Hrsg), Der CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, 2012, S 147 ff, 167 f). 30An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es vorliegend. Es gab keine Vereinbarung zwischen den Beteiligten, die die Geltendmachung des Erstattungsanpruchs ausschloss. Aus dem Umstand, dass die Klägerin die Rechnung ohne Erklärung eines Vorbehaltes zahlte, ergibt sich nichts anderes. § 15 Abs. 1 Satz 1 des Sicherstellungsvertrages schreibt ein Begleichen der Rechnung innerhalb von 15 Kalendertagen vor. Nach § 15 Abs. 4 des Sicherstellungsvertrages können Beanstandungen auch noch nach der Bezahlung geltend gemacht werden. Die Regelung fordert keine vorausgegangene Beanstandung oder die Erklärung eines Vorbehalts bei der Zahlung. 31Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R, entschieden, dass allein der bloße Zeitablauf kein die Verwirkung begründendes Verhalten darstelle. Der Umstand, dass die Klägerin bis kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. Hierdurch unterscheidet sich die Verwirkung von der Verjährung (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten Entscheidungen BSGE 51, 260, 262 = SozR 2200 § 730 Nr 2 S 4; BSG Urteil vom 30.10.1969 - 8 RV 53/68 - USK 6983 S 345 = Juris RdNr 23; BSGE 38, 187, 194 = SozR 2200 § 664 Nr 1 S 9; BSGE 34, 211, 214 = SozR Nr 14 zu § 242 BGB; BSGE 7, 199, 200 f; vgl auch BGH NJW 2011, 445, 446). Nichtstun, also Unterlassen, kann ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (vgl BSG Urteil vom 19.6.1980 - 7 RAr 14/79 - USK 80292 S 1312 = Juris RdNr 32; BSGE 47, 194, 197 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSGE 45, 38, 48 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 55). Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte. 32Die Klägerin hat Anspruch auf Prozesszinsen auf den Erstattungsbetrag ab dem Tag der Rechtshängigkeit, hier 27.12.2011. Für die Rechtsbeziehung der Krankenkassen zu den Krankenhäusern gelten die Zinsvorschriften des BGB entsprechend, soweit nicht in den Verträgen nach § 112 SGB V etwas anderes geregelt ist. Die sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 3 Sicherstellungsvertrag entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R). 33Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 GKG.
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 6.741,73 eur nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 27.12.2011 zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. der streitwert wird auf 6.741,73 eur festgesetzt. 1
2zwischen den beteiligten ist streitig ein anspruch der klägerin auf erstattung der vergütung einer krankenhausbehandlung in höhe von 6.741,73 eur. 3der bei der klägerin versicherte i1-q l wurde in der zeit vom 17.11.2007 bis 06.12.2007 stationär in dem von der beklagten betriebenen, für die versorgung von versicherten der gesetzlichen krankenversicherung zugelassen (§ 108 sgb v) krankenhaus in i2 behandelt. die behandlung erfolgte wegen krankheiten und störungen des kreislaufsystems auf der intensivstation. die im jahr 2007 von der beklagten gestellte rechnung wurde seitens der beklagten zunächst erstattet. die beklagte codierte als prozedur unter anderem den ops-kode 8-980*(intensivmedizinische komplexbehandlung). 4im zusammenhang mit einem anderen abrechnungsfall begutachtete der medizinische dienst der krankenversicherung (mdk) das haus der beklagten in i2 am 11.12.2009. in seiner stellungnahme vom 11.12.2009 kam der mdk zu dem ergebnis, dass die strukturellen merkmale des ops 8-980 kode formal nicht erfüllt seien. nicht in allen fällen sei eine kontinuierliche ärztliche anwesenheit auf der intensivstation gewährleistet. die intensivstation sei bis zum eintreffen des hintergrunddienstes bzw. bis zur rückkehr des auf der intensivstation diensthabenden anästhesisten, der seine patienten kenne, dann nicht ärztlich besetzt, wenn eine reanimation auf einer anderen station durchgeführt werden müsse, wenn eine notfall-operation erfolge oder wenn ein notfallpatient in der notaufnahme dringend versorgt werden müsse. 5mit schreiben vom 18.01.2010 teilte die klägerin der beklagten das ergebnis der mdk-begutachtung mit und bat um rechnungskorrektur bereits abgerechneter fälle. diese rechnungskorrektur lehnte die beklagte ab. 6die klägerin hat am 27.12.2011 klage erhoben. zur begründung hat sie geltend gemacht, dass aufgrund der einschätzung des mdk hinsichtlich der strukturellen voraussetzungen es nicht möglich sei, der beklagten eine vergütung für den ops-kode 8-980 zu gewähren. die ständige anwesenheit eines arztes, die der kode voraussetze, meine nicht, dass der auf der intensivstation tätige anästhesist neben dem dienst auf der intensivstation gleichzeitig an anderer stelle des krankenhauses planmäßig weitere aufgaben erfüllen müsse. so sei die voraussetzung für die kodierung nicht erfüllt, wenn der anwesende arzt gleichzeitig aufgaben an andere stelle des krankenhauses wahrnehmen müsse. 7die klägerin ist ausweislich des empfangsbekenntnisses vom 27.11.2014 ordnungsgemäß vom termin der mündlichen verhandlung benachrichtigt worden. 8die im termin zur mündlichen verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene klägerin beantragt schriftsätzlich, 9die beklagte zu verurteilen, 6.741,73 eur nebst zinsen in höhe von 2 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie weist darauf hin, dass seitens der klägerin bereits kein schlüssiger vortrag vorliege. so ziehe die klägerin unzulässige schlussfolgerungen aus der begehung des hauses der beklagten im jahre 2009. sie könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass diese umstände bereits auch im jahr 2007 vorgelegen hätten. zudem verstoße die klägerin gegen den grundsatz von treu und glauben, hier insbesondere das beschleunigungsgebot. so liege der hier abgerechnete fall im jahre 2007 und eine erstattung werde seitens der klägerin erst im jahr 2010 geltend gemacht. die klägerin habe somit gegen das beschleunigungsgebot bei der prüfung verstoßen. zudem sei die klägerin mit ihren einwendungen bereits deshalb ausgeschlossen, da sie die frist gemäß § 275 abs. 1c sgb v hinsichtlich der medizinischen prüfbarkeit von rechnungen der krankenhäuser nicht eingehalten habe. schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die beklagte selbstverständlich die voraussetzungen für eine intensivmedizinische komplexbehandlung erfülle, hier insbesondere eine ständige anwesenheit eines arztes auf der intensivstation gewährleistet sei. dieses ergebe sich bereits aus den auslegungsgrundsätzen des dimdi zu dem streitigen ops-kode. es werde im übrigen bestritten, dass der diensthabende anästhesist die intensivstation im vorliegenden fall verlassen habe. darüber hinaus habe das dimdi im februar 2011 eine klarstellung zum ops-kode 8-980 ergänzt. danach heißt es u.a., dass der arzt der intensivstation kurzfristig zu einem notfalleinsatz innerhalb des krankenhauses (z.b. reanimation) hinzugezogen werden könne. 13ferner hat die beklagte noch zur stützung ihres vorbringens die berufungsschrift zu dem urteil der 9. kammer des sozialgerichts düsseldorf vom 10.11.2014 (az.: s 9 kr 1240/11) vorgelegt. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird im übrigen auf den inhalt der gerichtsakten sowie der verwaltungsakten der beklagten bezug genommen. 15
16die kammer konnte auch ohne anwesenheit der klägerin verhandeln und entscheiden. die klägerin ist in der ordnungsgemäß zugestellten terminsmitteilung auf diese verfahrensrechtlich zulässige möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 abs.1 satz 2 des sozialgerichtsgesetzes – sgg-). 17die klage ist zulässig und begründet. 18die klägerin hat gegenüber der beklagten einen erstattungsanspruch in höhe von 6.741,73 eur. 19rechtsgrundlage für den zahlungsanspruch, den die klägerin zulässig im wege der leistungsklage i.s.d. § 54 abs. 5 sgg geltend macht (vgl. bsg, urteil vom 01.07.2014, b 1 kr 2/13 r m.w.n.), ist der öffentlich-rechtliche erstattungsanspruch (vgl. z.b. bsge 109, 236). es ist der klägerin – ungeachtet der vereinbarkeit einer solchen regelung mit höherrangigem recht – landesvertraglich nicht verwehrt, diesen geltend zu machen (vgl. § 15 abs. 4 satz 1 des für nordrhein-westfalen geltenden vertrages nach § 112 abs. 2 nr. 1 sgb v vom 06.12.1996 in der gestalt des änderungsvertrages vom 19.08.1998 - sicherstellungsvertrag -). 20der öffentlich-rechtliche erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der berechtigte im rahmen eines öffentlich-rechtlichen rechtsverhältnisses leistungen ohne rechtlichen grund erbracht hat (vgl. z.b. bsg sozr 4-2500 § 264 nr. 3 rdn. 15). so liegt es hier. die klägerin zahlte der beklagten 6.741,73 euro ohne rechtsgrund. die im rahmen der schlussrechnung für den behandlungsfall i1-q l im jahr 2007 abgerechnete vergütung war um diesen betrag zu kürzen. 21der vergütungsanspruch für die krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die zahlungsverpflichtung einer krankenkasse entsteht - unabhängig von einer kostenzusage - unmittelbar mit der inanspruchnahme der leistung durch den versicherten kraft gesetzes, wenn die versorgung in einem zugelassenen krankenhaus erfolgt und - wie hier - is von § 39 abs. 1 s 2 sgb v erforderlich ist (strspr, vgl zb bsge 102, 172 = sozr 4-2500 § 109 nr 13, rdnr 11; bsge 102, 181 = sozr 4-2500 § 109 nr 15, rdnr 15; bsge 109, 236 = sozr 4-5560 § 17b nr 2, rdnr 13; sozr 4-2500 § 109 nr 27 rdnr 9). 22die höhe der vergütung für die behandlung versicherter im jahr 2007 bemisst sich bei drg-krankenhäusern wie jenem der beklagten nach § 109 abs 4 s 3 sgb v (idf durch art 1 nr 3 gesetz zur einführung des diagnose-orientierten fallpauschalensystems für krankenhäuser (fallpauschalengesetz – fpg) vom 23.4.2002, bgbl i 1412) ivm § 7 s 1 nr 1 krankenhausentgeltgesetz (idf durch art 5 fpg vom 23.4.2002, bgbl i 1412), der anlage 1 teil a) kfpv 2007 (vom 13.10.2003, bgbl i 1995) und § 17b krankenhausfinanzierungsgesetz (idf durch art 3 nr 3 fpg und art 13 gesetz zur modernisierung der gesetzlichen krankenversicherung vom 14.11.2003, bgbl i 2190). 23vorliegend hätte die beklagte im rahmen der abrechnung nicht den ops-kode 8-980 (intensivmedizinische komplexbehandlung) abrechnen dürfen. hierunter fällt nach dem wortlaut des kodes die intensivüberwachung ohne akute behandlung lebenswichtiger organsysteme oder kurzfristige (( 24 stunden) intensivbehandlung sowie die kurzfristige (( 24 stunden) stabilisierung von patienten nach operativen eingriffen. unter den "hinweisen" des dimdi finden sich die mindestmerkmale zur kodierung dieser prozedur. danach müssen unter anderem folgende mindestmerkmale kumulativ vorliegen: "(1) kontinuierliche, 24-stündige überwachung und akute behandlungsbereitschaft durch ein team von pflegepersonal und ärzten, die in der intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen probleme ihrer patienten kennen. (2) eine ständige ärztliche anwesenheit auf der intensivstation muss gewährleistet sein". 24das merkmal "ständige ärztliche anwesenheit auf der intensivstation muss gewährleistet sein" ist zur überzeugung der kammer nicht erfüllt. dies ergibt sich bereits aus den auslegungsgrundsätzen des dimdi zu dem streitigen ops-kode. hiernach bedeutet ständige anwesenheit eines arztes, dass der arzt ständig auf der intensivstation anwesend sein müsse, d.h. er muss innerhalb kürzester zeit (etwa 5 minuten) direkt handlungsfähig am patienten sein. so sei es zwar durchaus denkbar, dass er sich während des dienstes auf der station in einem nebenraum kurz ausruhe, genauso, wie er in einem anderen bereich der intensivstation beschäftigt sein könne. damit gemeint sei allerdings nicht, dass er neben dem dienst auf der intensivstation gleichzeitig an anderer stelle des krankenhauses weitere aufgaben erfüllen müsse. dies ist aber zur überzeugung der kammer gerade der fall. denn der arzt auf der intensivstation ist, wenn eine reanimation auf einer anderen station durchgeführt werden muss, wenn ein dringendes prämedikationsgespräch im kreissaal oder in der ambulanz erforderlich ist, wenn eine notsektio ansteht oder wenn ein notfallpatient im schockraum dringend versorgt werden muss, nicht mehr auf der intensivstation anwesend. die kammer verkennt dabei nicht, dass - anders als im vom bundessozialgericht am 08.07.2013, b 3 kr 25/12 r, entschiedenen fall, bei dem der auf der intensivstation anwesende arzt gleichzeitig auch noch eine andere station zu betreuen hatte – der bei der beklagten tätige diensthabende arzt neben seiner eigentlichen aufgabe auf der intensivstation ausschließlich zu notfallartigen behandlungen im krankenhaus beigezogen wird. es ist jedoch nicht gewährleistet, dass – bei eintreten eines solchen notfalls - innerhalb der vom dimdi vorgegebenen fünf minuten eine ärztliche überwachung der auf der intensivstation befindlichen patienten stattfindet. die beklagte führt insoweit selbst aus, dass der hintergrunddienst 15-20 minuten benötigt, um den von dem auf der intensivstation diensthabenden anästhesisten übernommenen notfall zu übernehmen. diese zeitspanne hält das gericht nicht mehr für ausreichend, um das merkmal "ständige anwesenheit eines arztes" zu gewährleisten. dabei kann es auch nicht entscheidend sein, dass die von dem anästhesisten wahrzunehmenden aufgaben in anderen bereichen des krankenhauses im monat wohl eher selten vorkommen. vielmehr setzt die beklagte den auf der intensivstation tätigen anästhesisten planmäßig in anderen bereich – hier notfallbereich - ein. 25auch aus der ergänzung, die das dimdi im februar 2011 zur klarstellung dieses kodes vorgenommen hat, ergibt sich nach auffassung der kammer entgegen dem vorbringen der beklagten kein anderes ergebnis. denn eine ergänzung, die im februar 2011 vorgenommen worden ist, kann nicht rückwirkend für behandlungsfälle gelten, die im jahr 2007 stattgefunden haben. insoweit haben auch die von der beklagten vorgelegten zeugenaussagen in der berufungsschrift zum urteil der 9. kammer des sg düsseldorf keinen einfluss auf die rechtliche beurteilung des vorliegenden falles, wenn dort von den zeugen ausgeführt wird, dass aus heutiger sicht (2011) ein wandel bei der auslegung des ops-8-980 festzustellen sei. 26soweit die beklagte ausführt, dass die klägerin aus den verhältnissen bei der begehung im jahre 2010 nicht auf die verhältnisse im jahr 2007 schließen können, trägt diese begründung nicht. zum einen hat die beklagte im rahmen der mündlichen verhandlung selbst keine anderen umstände vorgetragen, die andere verhältnisse im jahr 2007 rechtfertigen würden. zum anderen wäre insoweit die beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sich die verhältnisse im jahr 2007 zu denen im jahr 2010 verändert haben. das gericht geht insoweit von einer beweislastumkehr aus, da die klägerin aufgrund der begehung im jahr 2010 substantiierte tatsachen vorgetragen hat, die nicht durch einfaches bestreiten seitens der beklagte widerlegt werden. allein die beklagte ist in der lage, die verhältnisse in ihrem krankenhaus im jahr 2007 darzustellen. 27die beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die klägerin eine einzelfallprüfung der abrechnung durch den mdk innerhalb der frist des § 275 abs. 1c sgb v hätte einleiten müssen. die klägerin ist deshalb mit ihren einwendungen gegen die erfolgte abrechnung des behandlungsfalls nicht ausgeschlossen. denn wie das bundessozialgericht in seiner entscheidung vom 18.07.2013, b 3 kr 25/12 r, rdn. 21, festgestellt hat, ist die frage, ob in einem krankenhaus die ständige ärztliche anwesenheit im oben dargestellten sinne gewährleistet ist, als strukturelle abrechnungsvoraussetzung des kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen behandlungsfall aufgrund der allgemeinen organisation und dienststruktur des krankenhaues zu beurteilen. es geht also nicht um eine medizinische sachfrage des konkreten einzelfalls, zu deren klärung der mdk einzuschalten ist. 28der anspruch der klägerin ist schließlich nicht verwirkt. das rechtsinstitut der verwirkung passt als ergänzende regelung innerhalb der kurzen vierjährigen verjährungsfrist grundsätzlich nicht. es findet nur in besonderen, engen ausnahmekonstellationen anwendung (vgl bsg urteil vom 12.11.2013 - b 1 kr 56/12 r - juris rdnr 15, zur veröffentlichung in sozr 4-2500 § 264 nr 4 vorgesehen; bsge 112, 141 = sozr 4-2500 § 275 nr 8, rdnr 37 mwn), etwa wenn eine nachforderung eines krankenhauses nach vorbehaltlos erteilter schlussrechnung außerhalb des laufenden haushaltsjahres der krankenkasse erfolgt (bsg sozr 4-2500 § 109 nr 19; bsg sozr 4-2500 § 109 nr 27). ein solcher fall liegt indes nicht vor. 29die verwirkung als ausprägung des grundsatzes von treu und glauben (§ 242 bgb) ist auch für das sozialversicherungsrecht und insbesondere für die nachforderung von beiträgen zur sozialversicherung anerkannt. sie setzt als unterfall der unzulässigen rechtsausübung voraus, dass der berechtigte die ausübung seines rechts während eines längeren zeitraums unterlassen hat und weitere besondere umstände hinzutreten, die nach den besonderheiten des einzelfalls und des in betracht kommenden rechtsgebietes das verspätete geltendmachen des rechts dem verpflichteten gegenüber nach treu und glauben als illoyal erscheinen lassen. solche, die verwirkung auslösenden "besonderen umstände" liegen vor, wenn der verpflichtete infolge eines bestimmten verhaltens des berechtigten (verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das recht nicht mehr geltend machen werde (vertrauensgrundlage) und der verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das recht nicht mehr ausgeübt wird (vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen vorkehrungen und maßnahmen so eingerichtet hat (vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete durchsetzung des rechts ein unzumutbarer nachteil entstehen würde (strspr; vgl bsge 112, 141 = sozr 4-2500 § 275 nr 8, rdnr 37; bsge 109, 22 = sozr 4-2400 § 7 nr 14, rdnr 36; bsg sozr 4-2400 § 24 nr 5 rdnr 31; bsg sozr 4-2600 § 243 nr 4 rdnr 36; bsg sozr 4-4200 § 37 nr 1 rdnr 17; bsg sozr 3-2400 § 4 nr 5 s 13; bsg urteil vom 30.7.1997 - 5 rj 64/95 - juris rdnr 27; bsge 80, 41, 43 = sozr 3-2200 § 1303 nr 6 s 17 f; bsg urteil vom 1.4.1993 - 1 rk 16/92 - fevs 44, 478, 483 = juris rdnr 23; bsg sozr 2200 § 520 nr 3 s 7; bsg urteil vom 29.7.1982 - 10 rar 11/81 - juris rdnr 15; bsge 47, 194, 196 = sozr 2200 § 1399 nr 11 s 15; bsg urteil vom 25.1.1972 - 9 rv 238/71 - juris rdnr 17; vgl auch hauck, vertrauensschutz in der rechtsprechung der gerichte der sozialgerichtsbarkeit, in brand/lembke (hrsg), der cgzp-beschluss des bundesarbeitsgerichts, 2012, s 147 ff, 167 f). 30an solchen die verwirkung auslösenden umständen fehlt es vorliegend. es gab keine vereinbarung zwischen den beteiligten, die die geltendmachung des erstattungsanpruchs ausschloss. aus dem umstand, dass die klägerin die rechnung ohne erklärung eines vorbehaltes zahlte, ergibt sich nichts anderes. § 15 abs. 1 satz 1 des sicherstellungsvertrages schreibt ein begleichen der rechnung innerhalb von 15 kalendertagen vor. nach § 15 abs. 4 des sicherstellungsvertrages können beanstandungen auch noch nach der bezahlung geltend gemacht werden. die regelung fordert keine vorausgegangene beanstandung oder die erklärung eines vorbehalts bei der zahlung. 31das bsg hat in seiner entscheidung vom 01.07.2014, b 1 kr 2/13 r, entschieden, dass allein der bloße zeitablauf kein die verwirkung begründendes verhalten darstelle. der umstand, dass die klägerin bis kurz vor ablauf der vierjährigen verjährungsfrist mit der geltendmachung ihrer forderung gewartet hat, genügt deshalb nicht. hierdurch unterscheidet sich die verwirkung von der verjährung (s ferner ergänzend zu den bereits oben genannten entscheidungen bsge 51, 260, 262 = sozr 2200 § 730 nr 2 s 4; bsg urteil vom 30.10.1969 - 8 rv 53/68 - usk 6983 s 345 = juris rdnr 23; bsge 38, 187, 194 = sozr 2200 § 664 nr 1 s 9; bsge 34, 211, 214 = sozr nr 14 zu § 242 bgb; bsge 7, 199, 200 f; vgl auch bgh njw 2011, 445, 446). nichtstun, also unterlassen, kann ein schutzwürdiges vertrauen in ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur verwirkung des rechts führen, wenn der schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten darf (vgl bsg urteil vom 19.6.1980 - 7 rar 14/79 - usk 80292 s 1312 = juris rdnr 32; bsge 47, 194, 197 f = sozr 2200 § 1399 nr 11 s 17; bsge 45, 38, 48 = sozr 4100 § 40 nr 17 s 55). dafür gibt der vorliegende sachverhalt jedoch keine anhaltspunkte. 32die klägerin hat anspruch auf prozesszinsen auf den erstattungsbetrag ab dem tag der rechtshängigkeit, hier 27.12.2011. für die rechtsbeziehung der krankenkassen zu den krankenhäusern gelten die zinsvorschriften des bgb entsprechend, soweit nicht in den verträgen nach § 112 sgb v etwas anderes geregelt ist. die sinngemäße anwendung des § 15 abs. 1 satz 3 sicherstellungsvertrag entspricht ständiger rechtsprechung (vgl. bsg, urteil vom 01.07.2014, b 1 kr 2/13 r). 33die kostenentscheidung folgt aus § 197 a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 1 vwgo. die festsetzung des streitwerts beruht auf § 197 a abs. 1 satz 1 sgg i.v.m. § 63 abs. 2, § 52 abs. 1 und 3 gkg.
Klaeger*in
1
188,905
9 O 434/12 U.
"2013-10-16T00:00:00"
Schlussurteil
Tenor Die Klage gegen den Beklagten zu 2) wird abgewiesen.Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 5/6 und die Beklagte zu 1) 1/6. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1) zu 26 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt die Klägerin. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten zu 2) jedoch nur gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 12Tatbestand:3Die Parteien streiten um die Zahlung von Pachtforderungen.4Die Klägerin und der Beklagte zu 2) verhandelten über einen Pachtvertrag für eine Gaststätte nebst Kiosk und weiterer Nutzfläche im Hause des Bahnhofsgebäudes A in B. Die Klägerin ist Verpächterin dieser Räumlichkeiten. Der Beklagte zu 2) ist gleichzeitig Geschäftsführer der mit Gesellschaftsvertrag vom 14. Mai 2009 gegründeten und am 13. Juli 2009 in das Handelsregister eingetragenen Beklagten zu 1).5Ein erster Entwurf des Pachtvertrages sah als Pächter den Beklagten zu 2), „C, wohnhaft D in B“, vor. Nach Erhalt des Entwurfs teilte der Beklagte zu 2) der Klägerin mit, dass der Vertrag auf „E UG" lauten sollte, sodass die Klägerin und der Beklagte zu 2) am 2. Juli 2009 einen Pachtvertrag, in dem die „E UG, F, B“ als Pächter genannt wurde, unterschrieben. Der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagte zu 2) unterschrieben den Vertrag ohne Vertretungszusatz, nur mit ihren Namenszügen. Die Klägerin nutzte weiterhin einen Stempel „G mbH“. Für Räume samt Inventar vereinbarten sie eine monatliche Pacht von 5.057,50 € (brutto) und Betriebskostenvorauszahlungen von monatlich 952 € (brutto).6Während der Pachtzeit hat die Beklagte zu 1) Inventar angeschafft, welches die Klägerin übernahm. Von Januar bis April 2010 gab es eine Baustelle, die den Geschäftsbetrieb störte.7Die „E UG“ kündigte wirksam zum 31. August 2011. Das Kündigungsschreiben vom 10. August 2011 enthielt im Briefkopf „E UG“, jedoch keine Angaben zu Sitz, Registergericht- und nummer oder Geschäftsführer. Die Klägerin ermittelte unter Berücksichtigung des übernommenen Inventars und der Mietrückstände in Höhe von 68.404,88 € eine Restforderung von 27.404,88 € zahlbar bis zum 31. Dezember 2011. Diese macht die Klägerin mit der Klage geltend. Die Klägerin rechnete dabei eine Minderungen für die Beeinträchtigung durch die Bauarbeiten in Höhe von 41.000 € ein.8Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 2) neben der Beklagten zu 1) persönlich für die Pachtrückstände hafte, da er ihr gegenüber nicht kenntlich gemacht habe, dass er nicht persönlich haften wolle, indem er die Beklagte zu 1) ohne den Zusatz „ (haftungsbeschränkt)“ fehlerhaft bezeichnet habe.9Ursprünglich hat die Klägerin beantragt,10die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.404,88 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2012 zu zahlen.11Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2013 hat die Beklagte zu 1) den Anspruch anerkannt, sodass am 17. Mai 2013 ein Anerkenntnisurteil gegen die Beklagte zu 1) ergangen ist.12Die Klägerin beantragt nunmehr,13den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.404,88 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2012 zu zahlen14Der Beklagte zu 2) beantragt,15die Klage abzuweisen.16Der Beklagte zu 2) bestreitet die Forderung weder der Höhe noch dem Grunde nach. Er ist der Ansicht, dass er nicht persönlich hafte, da der Klägerin bekannt gewesen sei, dass es sich bei der Beklagten zu 1) um eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gehandelt habe. Nach Erhalt des ersten Vertragsentwurfes habe er der Klägerin mitgeteilt, dass er den Vertrag nicht persönlich, sondern für die Beklagte zu 1) abschließen wolle. Dabei habe er den Zusatz „(haftungsbeschränkt)“ vergessen.17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.18Entscheidungsgründe:19Die zulässige Klage ist unbegründet.20Eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2) für die Pachtschulden besteht nicht.21Ein Anspruch ergibt sich nicht aus dem Pachtvertrag vom 2. Juli 2009. Danach ist nicht der Beklagte zu 2), sondern die „E UG“ Pächter. Dies ist unstreitig keine Firma, unter der der Beklagte zu 2) handelt. Allerdings ist es auch nicht die korrekte Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1) im Sinne von §§ 4, 5a GmbHG. Ein Unternehmen mit einer solchen Bezeichnung existiert vielmehr überhaupt nicht.22Unter Berücksichtigung aller Umstände im Sinne von § 164 BGB wollte der Beklagte zu 2) nicht für sich selbst handeln, sondern für die Beklagte zu 1). Die Firma der Beklagten zu 1) lautet „E UG (haftungsbeschränkt)“ und ist bis auf den Klammerzusatz identisch mit der angegebenen Bezeichnung. Sie ist an der angegebenen Geschäftsanschrift zu erreichen. Als Geschäftsführer ist der Beklagte zu 2) zudem zu ihrer Vertretung befugt. Das Offenkundigkeitsprinzip wurde dabei gewahrt, da es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft handelte und gerade die Beklagte zu 1) den Gaststättenbetrieb führen sollte. Gerade die Änderung der Bezeichnung des Pächters ist nur dadurch erklärbar, dass eine vom Beklagten zu 2) zu unterscheidende juristische Person Vertragspartner werden sollte.23Der Wirksamkeit des Vertragsschlusses steht es nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 2. Juli 2009 noch nicht im Handelsregister eingetragen war und damit noch nicht als juristische Person existierte (§ 13 GmbHG). Zwar entstand die UG (haftungsbeschränkt) „als solche“ erst mit ihrer Eintragung am 13. Juli 2009 (§ 11 Abs. 1 GmbHG). Jedoch entstand bereits mit dem notariellen Vertragsschluss am 14. Mai 2009, also ihrer „Gründung“ eine Vorgesellschaft. Diese konnte bereits als Rechtsform eigener Art am Rechtsverkehr teilnehmen und damit auch Partei des Pachtvertrages werden.24Die Beklagte zu 1) hat den Anspruch der Klägerin anerkannt.25Ein darüber hinaus gehender Anspruch auch gegen den Beklagten zu 2) als für die Beklagte zu 1) handelnder Geschäftsführer besteht nicht.26Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG. Diese erlosch mit Eintragung der UG (haftungsbeschränkt), mithin am 13. Juli 2009. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Haftung des Geschäftsführers allenfalls nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, d.h. nach § 826 BGB bzw. aus §§ 311 Abs. 3, 280 BGB denkbar. Beide Anspruchsgrundlagen scheiden hier jedoch aus. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung scheitert schon daran, dass hier kein Vortrag erfolgte, aus dem sich ein Vorsatz des Beklagten zu 2) herleiten ließe. Ein Anspruch aus Sachwalterhaftung scheidet hier schon deshalb aus, weil nicht das negative Interesse, sondern das positive Interesse begehrt wird.27Eine mögliche Haftung des Beklagten zu 2) als Gesellschafter der Vorgesellschaft auf Auffüllung des Stammkapitals im Falle der Unterbilanz bei Eintragung, ist ein reiner Innenanspruch der UG (haftungsbeschränkt) gegen den Beklagten zu 2). Im Übrigen ist eine Haftung aus seiner Stellung als Gesellschafter gegenüber Dritten ausgeschlossen (§ 13 Abs. 2 GmbHG). Soweit in der Rechtsprechung eine ausnahmsweise Durchgriffshaftung unter dem Gesichtspunkt der Vermögensvermischung als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) erörtert wird, fehlt es hier wiederum an entsprechendem Vortrag.28Eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2) ergibt sich auch nicht aufgrund einer Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB. Es fehlt an einem zurechenbaren objektiven Rechtsschein dahingehend, dass der Beklagte zu 2) selbst Pächter werden sollte und nicht die Beklagte zu 1), jedenfalls aber am subjektiven Vertrauenselement.29Das Vertrauen kann nicht bereits daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin ausschließlich mit dem Beklagten zu 2) verhandelt hat. Dies folgt vielmehr zwangsläufig daraus, dass juristische Personen, wie die Beklagte zu 1), nicht selbst handeln können, sondern sich ihrer Organe, hier dem Beklagten zu 2) als Geschäftsführer bedienen müssen (§ 35 GmbHG).30Auch die fehlerhafte Bezeichnung der Beklagten zu 1) im Pachtvertrag vom 2. Juli 2009 als solche genügt nicht. Nach § 5a GmbHG ist die Beklagte zu 1) zwar verpflichtet die vollständige korrekte Firmenbezeichnung zu führen, zu der auch der Klammerzusatz „haftungsbeschränkt“ gehört. Die Begründung zum Regierungsentwurf des MoMiG (BT-Drs.16/6140, S. 31) führte dazu aus: „Diese beiden Rechtsformzusatzvarianten sind zwingend, eine Abkürzung des Zusatzes „(haftungsbeschränkt)“ ist nicht zulässig. Das Publikum darf nicht darüber getäuscht werden, dass es sich hierbei um eine Gesellschaft handelt, die möglicherweise mit sehr geringem Gründungskapital ausgestattet ist.“ Der Zusatz fehlte sowohl in der Korrespondenz zwischen den Parteien als auch im von beiden Seiten unterschriebenen Pachtvertag. Der Verstoß gegen § 5a GmbHG führt jedoch nicht ohne Weiteres zu einer persönlichen Haftung desjenigen, der die Firma falsch angegeben hat. Ausdrücklich sanktioniert das Gesetz den Verstoß nur durch vom Registergericht zu verhängende Zwangsgelder nach § 79 Abs. 1 GmbHG. Neben der schlichten Fehlbezeichnung in einzelnen Dokumenten sind vielmehr weitere vertrauensbegründende Aspekte erforderlich.31Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BGH vom 12. Juni 2012 (II ZR 256/11) passt nicht auf den vorliegenden Fall. Dort hat der BGH eine Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB angenommen, da durch die Kombination diverser Abkürzungen („GmbH. u.G. (i.G.)“) in der Geschäftskorrespondenz Verwirrung gestiftet und im Verhältnis zu geschäftlich weniger erfahrenen Personen eine (vermeintlich) vermögende GmbH suggeriert wurde. Die Angabe „E UG“ bezeichnet hingegen auch nach Vortrag der Klägerin keine GmbH. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Rechtsschein einer GmbH an sich genügt, die Vorstellung einer vermögenden Gesellschaft als Vertragspartner hervorzurufen, da auch bei einer GmbH nur davon ausgegangen werden kann, dass sie anfänglich über ein Stammkapital von 25.000 € verfügt hat.32Zwar hat der BGH wiederholt angenommen, bei Handeln bzw. Zeichnung für eine GmbH ohne Rechtsformzusatz würde berechtigtes Vertrauen auf die persönliche und unbeschränkte Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorgerufen (BGH II ZR 1/81 vom 01.06.1981; II ZR 258/95 vom 08.07.1996). Hier fehlte jedoch der Rechtsformzusatz nicht vollständig, sondern war nur fehlerhaft bzw. unvollständig. Zudem trat der Beklagte zu 2) nicht originär unter dieser Bezeichnung auf, sondern es wurde auf seinen Wunsch ein ursprünglich auf ihn angetragener Vertrag auf die fehlerhafte Bezeichnung „E UG“ geändert.33Insoweit kann man schon an einem objektiven Rechtsscheintatbestand zweifeln. Ein Vertrauen darauf, dass bei Austausch des Namens einer natürlichen Person durch eine Bezeichnung mit unbekanntem Rechtsformzusatz die unbeschränkte Haftung dieser Person erhalten bleibt, ist grundsätzlich nicht schutzwürdig. Vielmehr hätte zumindest eine Erkundigungspflicht bestanden. Bis auf die Ergänzung des Geschäftsfeldes und das Anhängen der Buchstaben „UG“ blieb nämlich der Name des Beklagten zu 2) in der Bezeichnung als Pächter erhalten. Im deutschen Sprachkreis ist es aber üblich, dass die letzten Zeichen einer Firma die Rechtsform bezeichnen und insoweit nicht willkürlich gewählt werden. Soweit also eine Geschäftsbezeichnung auf einer abkürzenden Buchstabenfolge endet, weist dies darauf hin, dass eine bestimmte rechtliche Gestaltung gewählt wurde.34Eine „UG“ ist dem deutschen Recht zwar unbekannt. Die Abkürzung deutet jedoch keinesfalls auf eine unbeschränkte Haftung hin, wie schon der Vergleich zur ähnlich klingenden „AG“ nahelegt. In der Tat gibt es keine ersichtliche Rechtsform mit unbeschränkter persönlicher Haftung, die auf diese Weise abgekürzt werden könnte. Die Argumentation, dass es sich um eine bloße Bezeichnung für ein einzelkaufmännisches Unternehmen handele, findet im deutschen Recht keine Anhaltspunkte. Angesichts der beabsichtigten Geschäftstätigkeit hätte ein kaufmännisches Gewerbe vorgelegen (§ 1 Abs. 2 HGB). Hätte der Beklagte zu 2) aber eine einzelkaufmännische Firma statt seines bürgerlichen Namens verwenden wollen, wäre nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB der Zusatz „e.K.“ erforderlich gewesen. Als Pächter im Vertrag wäre eine Formulierung üblich wie „handelnd unter der Firma“ oder „handelnd als“. Stattdessen lautet der Vertrag nur auf die unvollständige Firma der Beklagten zu 1). Zudem ist im Gegensatz zum Entwurf, der noch den Beklagten zu 2) persönlich als Pächter nannte, das Wort „wohnhaft“ vor der Adresse weggefallen. Auch dies deutet darauf hin, dass nunmehr keine natürliche Person mehr Vertragspartner ist.35Zwar musste nach § 35 Abs. 3 GmbHG in der Fassung bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung die Unterschrift in der Weise geschehen, dass „die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Namensunterschrift beifügen“. Hier fehlte bei der Unterschrift des Beklagten zu 2) die Angabe der Firma. Durch das MoMiG wurde jedoch mit Wirkung zum 1. November 2008 diese Zeichnungsregel aufgehoben. Die amtliche Begründung (BT-Drs. 16/6140, S. 43) geht davon aus, dass die allgemeinen Regeln der §§ 164 ff. BGB genügen. Ein Handeln für einen anderen, nämlich die Beklagte zu 1), ergab sich hier aus dem Vertragstext selbst. Ergänzende Angaben, wie sie die Klägerin vorgenommen hat, bedurfte es nicht.36Hätte es sich bei der im Rahmen der Verhandlungen nachträglich benannten Pächterin um eine OHG oder KG gehandelt, wäre (neben dem dafür ebenfalls notwendigen Rechtsformzusatz) in der Regel eine andere Person benannt worden. Damit lag eine juristische Person nahe. Außer einer „UG (haftungsbeschränkt)“ nach deutschem Recht hätte es sich bei der unbekannten Rechtsform der „UG“ um eine ausländische Gesellschaftsform aus einem anderen EU-Mitgliedstaat handeln können. Ob und in welcher Höhe diese ein besonders geschütztes Vermögen zur Sicherung von Verbindlichkeiten bereitstellen würde, konnte die Klägerin weder erkennen noch vermuten.37Selbst wenn man aber einen hinreichenden objektiven Anknüpfungspunkt für ein potentielles Vertrauen bejahen würde, würde es hier am erforderlichen Vertrauen fehlen. Die Klägerin hätte zumindest erkennen müssen, dass es sich bei ihrem Vertragspartner um eine juristische Person handelt. Dieser Haftungsausschluss ergibt sich ausdrücklich aus § 179 Abs. 3 S. 1 BGB, der bei konsequenter analoger Anwendung des § 179 BGB ebenfalls Anwendung finden muss. Danach haftet der Vertreter (also der Beklagte zu 2) nicht, wenn der andere Teil (also die Klägerin) den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Für das Kennenmüssen genügt nach § 122 BGB bereits einfache Fahrlässigkeit (§ 122 Abs. 2 BGB).38Die Klägerin ist als Formkaufmann (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 HGB) gehalten, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden (§ 347 HGB). Sie ist geschäftlich keineswegs unerfahren, sondern hat unter anderem einen Aufsichtsrat der mit Steuerberatern und Juristen besetzt ist. Angesichts der Komplexität und wirtschaftlichen Bedeutung des Pachtvertrages ist zudem davon auszugehen, dass insoweit zumindest grundlegende Rechtskenntnisse angewandt wurden. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses existierte die „UG (haftungsbeschränkt)“ als besondere Form der GmbH bereits fast ein Jahr, das MoMiG war zum 1. November 2008 in Kraft getreten. Über die UG (haftungsbeschränkt) war nicht nur in der juristischen Fachliteratur, sondern auch in der Tagespresse in größerem Umfang berichtet worden. Die Industrie- und Handelskammern hatten umfangreich über das MoMiG und dabei auch über § 5a GmbHG informiert. Es ist kaum vorstellbar, dass der Klägerin die Existenz dieser Rechtsform verborgen geblieben ist. Unstreitig existierte ein Vertragsentwurf, der den Beklagten zu 2) persönlich als Pächter vorsah. Erst vor diesem Hintergrund verlangte der Beklagte zu 2), dass seine persönliche Benennung wie im letztlich unterzeichneten Vertrag geschehen, durch die Bezeichnung der „E UG“ als Pächter ersetzt wird. Aus Sicht eines ordentlichen Kaufmanns musste daraus gefolgert werden, dass gerade eine andere als die ursprünglich benannte Person Pächter werden sollte. Dies deutete klar auf eine juristische Person hin.39Die Abkürzung „UG“ in einem Firmennamen deutet in aller Regel auf eine „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ hin. Da diese besondere Form der GmbH vielfach von insbesondere rechtlich unerfahrenen Personen gewählt wird, ist eine ungenaue Verwendung der Firma vor allem angesichts der Sperrigkeit des Rechtsformzusatzes leider nicht selten. Eine derartige Fehlbezeichnung tritt vielmehr immer wieder, auch auf Geschäftsbriefen und sogar in Klageschriften in Anwaltsprozessen im Sinne von § 78 ZPO, auf. Auch wenn dadurch im Einzelfall bei unerfahrenen, etwa nicht unternehmerisch tätigen oder ausländischen, Geschäftspartnern ein falscher Eindruck entstehen mag, kann dies nicht für die Klägerin gelten. Der numerus clausus der Rechtsformen des deutschen Gesellschaftsrechts hätte sie vielmehr zu der Erkenntnis verleiten müssen, dass es sich um eine „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ handelt. Die Klägerin hat keinen Grund vorgetragen, warum sie aus der Abkürzung „UG“ nicht auf eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) schließen konnte. In der konkreten Zusammensetzung der Firma, liegen keine anderen Bedeutungen dieser Abkürzung nahe.40Jedenfalls im weiteren Verlauf des Pachtverhältnisses hätte sie erkennen müssen, dass Pächter eine juristische Person und nicht nur der unter einer exotischen Unternehmensbezeichnung handelnde Beklagte zu 2) war. Die UG (haftungsbeschränkt) als besondere Form einer GmbH ohne Mindeststammkapital steht seit nunmehr fünf Jahren dem Rechtsverkehr offen und hat einen erheblichen zahlenmäßigen Anteil an den Handelsregistereintragungen. Es ist kaum vorstellbar, dass die Klägerin oder ihre Organe in diesem gesamten Zeitraum keiner Gesellschaft dieser Rechtsform begegnet sind. Da die Zahlungen und Korrespondenz stets unter der Bezeichnung „UG“ erfolgten, hätte hier eine Erkundigungsobliegenheit bestanden. Denn die Bezeichnung „UG“ ohne den Zusatz „(haftungsbeschränkt)“ mag an vielen Stellen verwendet werden, um Zeichenbegrenzungen zu begegnen (etwa bei Formularen). Es wäre kaum erklärlich, warum ein persönlich haftender Einzelkaufmann diese Abkürzung wählen sollte und so den fehlerhaften Anschein beschränkter Haftung begründen wollte. Die Abkürzung hätte für ihn im geschäftlichen Verkehr vielmehr ausschließlich Nachteile zur Folge.41Zudem hat die Klägerin selbst im Mahnverfahren als Antragsgegner „E UG" ohne den Zusatz „(haftungsbeschränkt)“ angegeben. Dennoch ist sie dabei offensichtlich von der Beklagten zu 1) als juristischer Person ausgegangen. Ansonsten hätte die Angabe „gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Gesellschafter C“ keinen Sinn. Ein Einzelkaufmann bedarf weder einer (gesetzlichen) Vertretung durch sich selbst noch ist ein Organ für die Geschäftsführung notwendig.42Stünde „E UG" lediglich für eine geschäftliche Bezeichnung unter der der Beklagte zu 2) handelt, wäre auch eine Erweiterung der Klage nach Einleitung des Mahnverfahrens nicht notwendig gewesen. Die Beklagten wären dann identisch. Schon die Tatsache, dass die Klägerin gegen beide Beklagte vorgeht, zeigt, dass sie zumindest nunmehr von zwei verschiedenen Rechtssubjekten ausgeht, wobei sie mit der „E UG" offensichtlich die „E UG (haftungsbeschränkt)" meint.43Schließlich folgt aus § 5a Abs. 1 GmbHG auch keine zwingende, von tatsächlichem Vertrauen losgelöste Rechtsscheinhaftung. Eine solche Gestaltung ist dem deutschen Recht generell unbekannt; vielmehr entfällt eine Haftung nach allen gesetzlich normierten Haftungstatbeständen dann, wenn der Betroffene nicht auf den Rechtsschein vertraute bzw. in Fällen außerhalb amtlicher Register auch vertrauen durfte. Ein Bedürfnis nach einer unbeschränkten Haftung als Folge jedes Verstoßes gegen das zwingende Firmenrecht gibt es nicht. Dieses Petitum folgt weder aus dem Wortlaut der Norm, noch aus der System oder den Gesetzgebungsmaterialien. Die Haftung ist kein Selbstzweck, sondern dient ausschließlich dem Schutz der unerfahrenen, gutgläubigen Geschäftspartner. Die Rechtsordnung bietet vielmehr ein mehrfach abgestuftes Instrumentarium, das neben den zivilrechtlichen Rechtsfolgen etwa auch das Zwangsgeldverfahren nach § 79 Abs. 1 GmbHG, ein Vorgehen nach § 3 UWG und sogar für Extremfälle eine Strafbarkeit wegen Betruges umfasst. Grundsätzlich soll § 179 BGB nicht als Sanktionsnorm dienen. Die generalpräventive Wirkung der Verurteilung in Fällen wie dem vorliegenden ist zudem fraglich. Wenn der Gesetzgeber tatsächlich davon ausgegangen wäre, dass jeder Fehler im Rechtsformzusatz zwingend eine persönliche Haftung nach sich ziehen sollte, hätte er dies (wie etwa in § 11 Abs. 2 GmbHG) anordnen können. Das Ziel, eine Täuschung des Rechtsverkehrs über die Haftungsbeschränkung zu verhindern, wird in gleicher Weise erreicht, wenn eine solche Haftung nur eingreift, soweit die Irreführung tatsächlich erfolgt ist oder vorsätzliches Handeln nachgewiesen wurde. In allen übrigen Fällen ist vorrangig das Instrumentarium des UWG bzw. der Registergerichte anzuwenden. Im konkreten Fall ist eine vorsätzliche Irreführung durch den Beklagten zu 2) weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Anordnung einer unbeschränkten persönlichen Haftung des Beklagten zu 2) wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff vor dem Hintergrund, dass der Vertrag über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgreich mit der Beklagten zu 1) abgewickelt wurde.44Auch die fehlerhaften Angaben auf den Geschäftsbriefen entgegen § 35a GmbHG sind ausschließlich nach § 79 Abs. 1 GmbHG sanktioniert. Eine Schadensersatzhaftung kommt nur in Betracht, wenn tatsächlich ein Vertrauen nachgewiesen wurde.45Auf den weiteren Vortrag der Beklagten in der nachgelassenen Schriftsatzfrist zum Zustandekommen des Pachtvertrages kam es daher nicht mehr an.46Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Beklagte zu 1) hat mit ihrem Verhalten Anlass zur Klage gegeben, da sie sich mit der Zahlung in Verzug befand. § 93 ZPO findet daher trotz des Anerkenntnisses in der Klageerwiderung keine Anwendung. Da es aber vor der mündlichen Verhandlung abgegeben wurde, nahm die Beklagte zu 1) nur an einer nach Nr. 1211 der Anlage 1 GKG (zu § 3 Abs. 2) reduzierten Gerichtsgebühr teil.47Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.11, 709 S.1, 2, 711 ZPO.48Der Streitwert wird auf 27.404,88 EUR festgesetzt.49Roskothen als Einzelrichterin
die klage gegen den beklagten zu 2) wird abgewiesen.von den kosten des rechtsstreits tragen die klägerin 5/6 und die beklagte zu 1) 1/6. die außergerichtlichen kosten der klägerin trägt die beklagte zu 1) zu 26 %. die außergerichtlichen kosten des beklagten zu 2) trägt die klägerin. im übrigen tragen die parteien ihre außergerichtlichen kosten selbst.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar, für den beklagten zu 2) jedoch nur gegen sicherheitsleitung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. die beklagte zu 1) kann die vollstreckung durch sicherheitsleitung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 12
3die parteien streiten um die zahlung von pachtforderungen.4die klägerin und der beklagte zu 2) verhandelten über einen pachtvertrag für eine gaststätte nebst kiosk und weiterer nutzfläche im hause des bahnhofsgebäudes a in b. die klägerin ist verpächterin dieser räumlichkeiten. der beklagte zu 2) ist gleichzeitig geschäftsführer der mit gesellschaftsvertrag vom 14. mai 2009 gegründeten und am 13. juli 2009 in das handelsregister eingetragenen beklagten zu 1).5ein erster entwurf des pachtvertrages sah als pächter den beklagten zu 2), „c, wohnhaft d in b“, vor. nach erhalt des entwurfs teilte der beklagte zu 2) der klägerin mit, dass der vertrag auf „e ug" lauten sollte, sodass die klägerin und der beklagte zu 2) am 2. juli 2009 einen pachtvertrag, in dem die „e ug, f, b“ als pächter genannt wurde, unterschrieben. der geschäftsführer der klägerin und der beklagte zu 2) unterschrieben den vertrag ohne vertretungszusatz, nur mit ihren namenszügen. die klägerin nutzte weiterhin einen stempel „g mbh“. für räume samt inventar vereinbarten sie eine monatliche pacht von 5.057,50 € (brutto) und betriebskostenvorauszahlungen von monatlich 952 € (brutto).6während der pachtzeit hat die beklagte zu 1) inventar angeschafft, welches die klägerin übernahm. von januar bis april 2010 gab es eine baustelle, die den geschäftsbetrieb störte.7die „e ug“ kündigte wirksam zum 31. august 2011. das kündigungsschreiben vom 10. august 2011 enthielt im briefkopf „e ug“, jedoch keine angaben zu sitz, registergericht- und nummer oder geschäftsführer. die klägerin ermittelte unter berücksichtigung des übernommenen inventars und der mietrückstände in höhe von 68.404,88 € eine restforderung von 27.404,88 € zahlbar bis zum 31. dezember 2011. diese macht die klägerin mit der klage geltend. die klägerin rechnete dabei eine minderungen für die beeinträchtigung durch die bauarbeiten in höhe von 41.000 € ein.8die klägerin ist der ansicht, dass der beklagte zu 2) neben der beklagten zu 1) persönlich für die pachtrückstände hafte, da er ihr gegenüber nicht kenntlich gemacht habe, dass er nicht persönlich haften wolle, indem er die beklagte zu 1) ohne den zusatz „ (haftungsbeschränkt)“ fehlerhaft bezeichnet habe.9ursprünglich hat die klägerin beantragt,10die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.404,88 € nebst zinsen in höhe von 8 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.02.2012 zu zahlen.11mit schriftsatz vom 13. mai 2013 hat die beklagte zu 1) den anspruch anerkannt, sodass am 17. mai 2013 ein anerkenntnisurteil gegen die beklagte zu 1) ergangen ist.12die klägerin beantragt nunmehr,13den beklagten zu 2) als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.404,88 € nebst zinsen in höhe von 8 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.02.2012 zu zahlen14der beklagte zu 2) beantragt,15die klage abzuweisen.16der beklagte zu 2) bestreitet die forderung weder der höhe noch dem grunde nach. er ist der ansicht, dass er nicht persönlich hafte, da der klägerin bekannt gewesen sei, dass es sich bei der beklagten zu 1) um eine unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gehandelt habe. nach erhalt des ersten vertragsentwurfes habe er der klägerin mitgeteilt, dass er den vertrag nicht persönlich, sondern für die beklagte zu 1) abschließen wolle. dabei habe er den zusatz „(haftungsbeschränkt)“ vergessen.17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die von den parteien überreichten schriftsätze nebst anlagen sowie auf die tatsächlichen feststellungen in den nachfolgenden entscheidungsgründen verwiesen.18
19die zulässige klage ist unbegründet.20eine persönliche haftung des beklagten zu 2) für die pachtschulden besteht nicht.21ein anspruch ergibt sich nicht aus dem pachtvertrag vom 2. juli 2009. danach ist nicht der beklagte zu 2), sondern die „e ug“ pächter. dies ist unstreitig keine firma, unter der der beklagte zu 2) handelt. allerdings ist es auch nicht die korrekte firmenbezeichnung der beklagten zu 1) im sinne von §§ 4, 5a gmbhg. ein unternehmen mit einer solchen bezeichnung existiert vielmehr überhaupt nicht.22unter berücksichtigung aller umstände im sinne von § 164 bgb wollte der beklagte zu 2) nicht für sich selbst handeln, sondern für die beklagte zu 1). die firma der beklagten zu 1) lautet „e ug (haftungsbeschränkt)“ und ist bis auf den klammerzusatz identisch mit der angegebenen bezeichnung. sie ist an der angegebenen geschäftsanschrift zu erreichen. als geschäftsführer ist der beklagte zu 2) zudem zu ihrer vertretung befugt. das offenkundigkeitsprinzip wurde dabei gewahrt, da es sich um ein unternehmensbezogenes geschäft handelte und gerade die beklagte zu 1) den gaststättenbetrieb führen sollte. gerade die änderung der bezeichnung des pächters ist nur dadurch erklärbar, dass eine vom beklagten zu 2) zu unterscheidende juristische person vertragspartner werden sollte.23der wirksamkeit des vertragsschlusses steht es nicht entgegen, dass die beklagte zu 1) zum zeitpunkt des vertragsschlusses am 2. juli 2009 noch nicht im handelsregister eingetragen war und damit noch nicht als juristische person existierte (§ 13 gmbhg). zwar entstand die ug (haftungsbeschränkt) „als solche“ erst mit ihrer eintragung am 13. juli 2009 (§ 11 abs. 1 gmbhg). jedoch entstand bereits mit dem notariellen vertragsschluss am 14. mai 2009, also ihrer „gründung“ eine vorgesellschaft. diese konnte bereits als rechtsform eigener art am rechtsverkehr teilnehmen und damit auch partei des pachtvertrages werden.24die beklagte zu 1) hat den anspruch der klägerin anerkannt.25ein darüber hinaus gehender anspruch auch gegen den beklagten zu 2) als für die beklagte zu 1) handelnder geschäftsführer besteht nicht.26ein solcher anspruch ergibt sich nicht aus der handelndenhaftung nach § 11 abs. 2 gmbhg. diese erlosch mit eintragung der ug (haftungsbeschränkt), mithin am 13. juli 2009. ab diesem zeitpunkt ist eine haftung des geschäftsführers allenfalls nach allgemeinen zivilrechtlichen grundsätzen, d.h. nach § 826 bgb bzw. aus §§ 311 abs. 3, 280 bgb denkbar. beide anspruchsgrundlagen scheiden hier jedoch aus. eine vorsätzliche sittenwidrige schädigung scheitert schon daran, dass hier kein vortrag erfolgte, aus dem sich ein vorsatz des beklagten zu 2) herleiten ließe. ein anspruch aus sachwalterhaftung scheidet hier schon deshalb aus, weil nicht das negative interesse, sondern das positive interesse begehrt wird.27eine mögliche haftung des beklagten zu 2) als gesellschafter der vorgesellschaft auf auffüllung des stammkapitals im falle der unterbilanz bei eintragung, ist ein reiner innenanspruch der ug (haftungsbeschränkt) gegen den beklagten zu 2). im übrigen ist eine haftung aus seiner stellung als gesellschafter gegenüber dritten ausgeschlossen (§ 13 abs. 2 gmbhg). soweit in der rechtsprechung eine ausnahmsweise durchgriffshaftung unter dem gesichtspunkt der vermögensvermischung als vorsätzliche sittenwidrige schädigung (§ 826 bgb) erörtert wird, fehlt es hier wiederum an entsprechendem vortrag.28eine persönliche haftung des beklagten zu 2) ergibt sich auch nicht aufgrund einer rechtsscheinhaftung analog § 179 bgb. es fehlt an einem zurechenbaren objektiven rechtsschein dahingehend, dass der beklagte zu 2) selbst pächter werden sollte und nicht die beklagte zu 1), jedenfalls aber am subjektiven vertrauenselement.29das vertrauen kann nicht bereits daraus hergeleitet werden, dass die klägerin ausschließlich mit dem beklagten zu 2) verhandelt hat. dies folgt vielmehr zwangsläufig daraus, dass juristische personen, wie die beklagte zu 1), nicht selbst handeln können, sondern sich ihrer organe, hier dem beklagten zu 2) als geschäftsführer bedienen müssen (§ 35 gmbhg).30auch die fehlerhafte bezeichnung der beklagten zu 1) im pachtvertrag vom 2. juli 2009 als solche genügt nicht. nach § 5a gmbhg ist die beklagte zu 1) zwar verpflichtet die vollständige korrekte firmenbezeichnung zu führen, zu der auch der klammerzusatz „haftungsbeschränkt“ gehört. die begründung zum regierungsentwurf des momig (bt-drs.16/6140, s. 31) führte dazu aus: „diese beiden rechtsformzusatzvarianten sind zwingend, eine abkürzung des zusatzes „(haftungsbeschränkt)“ ist nicht zulässig. das publikum darf nicht darüber getäuscht werden, dass es sich hierbei um eine gesellschaft handelt, die möglicherweise mit sehr geringem gründungskapital ausgestattet ist.“ der zusatz fehlte sowohl in der korrespondenz zwischen den parteien als auch im von beiden seiten unterschriebenen pachtvertag. der verstoß gegen § 5a gmbhg führt jedoch nicht ohne weiteres zu einer persönlichen haftung desjenigen, der die firma falsch angegeben hat. ausdrücklich sanktioniert das gesetz den verstoß nur durch vom registergericht zu verhängende zwangsgelder nach § 79 abs. 1 gmbhg. neben der schlichten fehlbezeichnung in einzelnen dokumenten sind vielmehr weitere vertrauensbegründende aspekte erforderlich.31die von der klägerin zitierte entscheidung des bgh vom 12. juni 2012 (ii zr 256/11) passt nicht auf den vorliegenden fall. dort hat der bgh eine rechtsscheinhaftung analog § 179 bgb angenommen, da durch die kombination diverser abkürzungen („gmbh. u.g. (i.g.)“) in der geschäftskorrespondenz verwirrung gestiftet und im verhältnis zu geschäftlich weniger erfahrenen personen eine (vermeintlich) vermögende gmbh suggeriert wurde. die angabe „e ug“ bezeichnet hingegen auch nach vortrag der klägerin keine gmbh. es kann daher dahingestellt bleiben, ob der rechtsschein einer gmbh an sich genügt, die vorstellung einer vermögenden gesellschaft als vertragspartner hervorzurufen, da auch bei einer gmbh nur davon ausgegangen werden kann, dass sie anfänglich über ein stammkapital von 25.000 € verfügt hat.32zwar hat der bgh wiederholt angenommen, bei handeln bzw. zeichnung für eine gmbh ohne rechtsformzusatz würde berechtigtes vertrauen auf die persönliche und unbeschränkte haftung mindestens einer natürlichen person hervorgerufen (bgh ii zr 1/81 vom 01.06.1981; ii zr 258/95 vom 08.07.1996). hier fehlte jedoch der rechtsformzusatz nicht vollständig, sondern war nur fehlerhaft bzw. unvollständig. zudem trat der beklagte zu 2) nicht originär unter dieser bezeichnung auf, sondern es wurde auf seinen wunsch ein ursprünglich auf ihn angetragener vertrag auf die fehlerhafte bezeichnung „e ug“ geändert.33insoweit kann man schon an einem objektiven rechtsscheintatbestand zweifeln. ein vertrauen darauf, dass bei austausch des namens einer natürlichen person durch eine bezeichnung mit unbekanntem rechtsformzusatz die unbeschränkte haftung dieser person erhalten bleibt, ist grundsätzlich nicht schutzwürdig. vielmehr hätte zumindest eine erkundigungspflicht bestanden. bis auf die ergänzung des geschäftsfeldes und das anhängen der buchstaben „ug“ blieb nämlich der name des beklagten zu 2) in der bezeichnung als pächter erhalten. im deutschen sprachkreis ist es aber üblich, dass die letzten zeichen einer firma die rechtsform bezeichnen und insoweit nicht willkürlich gewählt werden. soweit also eine geschäftsbezeichnung auf einer abkürzenden buchstabenfolge endet, weist dies darauf hin, dass eine bestimmte rechtliche gestaltung gewählt wurde.34eine „ug“ ist dem deutschen recht zwar unbekannt. die abkürzung deutet jedoch keinesfalls auf eine unbeschränkte haftung hin, wie schon der vergleich zur ähnlich klingenden „ag“ nahelegt. in der tat gibt es keine ersichtliche rechtsform mit unbeschränkter persönlicher haftung, die auf diese weise abgekürzt werden könnte. die argumentation, dass es sich um eine bloße bezeichnung für ein einzelkaufmännisches unternehmen handele, findet im deutschen recht keine anhaltspunkte. angesichts der beabsichtigten geschäftstätigkeit hätte ein kaufmännisches gewerbe vorgelegen (§ 1 abs. 2 hgb). hätte der beklagte zu 2) aber eine einzelkaufmännische firma statt seines bürgerlichen namens verwenden wollen, wäre nach § 19 abs. 1 nr. 1 hgb der zusatz „e.k.“ erforderlich gewesen. als pächter im vertrag wäre eine formulierung üblich wie „handelnd unter der firma“ oder „handelnd als“. stattdessen lautet der vertrag nur auf die unvollständige firma der beklagten zu 1). zudem ist im gegensatz zum entwurf, der noch den beklagten zu 2) persönlich als pächter nannte, das wort „wohnhaft“ vor der adresse weggefallen. auch dies deutet darauf hin, dass nunmehr keine natürliche person mehr vertragspartner ist.35zwar musste nach § 35 abs. 3 gmbhg in der fassung bis zum 31. oktober 2008 geltenden fassung die unterschrift in der weise geschehen, dass „die zeichnenden zu der firma der gesellschaft ihre namensunterschrift beifügen“. hier fehlte bei der unterschrift des beklagten zu 2) die angabe der firma. durch das momig wurde jedoch mit wirkung zum 1. november 2008 diese zeichnungsregel aufgehoben. die amtliche begründung (bt-drs. 16/6140, s. 43) geht davon aus, dass die allgemeinen regeln der §§ 164 ff. bgb genügen. ein handeln für einen anderen, nämlich die beklagte zu 1), ergab sich hier aus dem vertragstext selbst. ergänzende angaben, wie sie die klägerin vorgenommen hat, bedurfte es nicht.36hätte es sich bei der im rahmen der verhandlungen nachträglich benannten pächterin um eine ohg oder kg gehandelt, wäre (neben dem dafür ebenfalls notwendigen rechtsformzusatz) in der regel eine andere person benannt worden. damit lag eine juristische person nahe. außer einer „ug (haftungsbeschränkt)“ nach deutschem recht hätte es sich bei der unbekannten rechtsform der „ug“ um eine ausländische gesellschaftsform aus einem anderen eu-mitgliedstaat handeln können. ob und in welcher höhe diese ein besonders geschütztes vermögen zur sicherung von verbindlichkeiten bereitstellen würde, konnte die klägerin weder erkennen noch vermuten.37selbst wenn man aber einen hinreichenden objektiven anknüpfungspunkt für ein potentielles vertrauen bejahen würde, würde es hier am erforderlichen vertrauen fehlen. die klägerin hätte zumindest erkennen müssen, dass es sich bei ihrem vertragspartner um eine juristische person handelt. dieser haftungsausschluss ergibt sich ausdrücklich aus § 179 abs. 3 s. 1 bgb, der bei konsequenter analoger anwendung des § 179 bgb ebenfalls anwendung finden muss. danach haftet der vertreter (also der beklagte zu 2) nicht, wenn der andere teil (also die klägerin) den mangel der vertretungsmacht kannte oder kennen musste. für das kennenmüssen genügt nach § 122 bgb bereits einfache fahrlässigkeit (§ 122 abs. 2 bgb).38die klägerin ist als formkaufmann (§ 13 abs. 3 gmbhg, § 6 hgb) gehalten, die sorgfalt eines ordentlichen kaufmanns anzuwenden (§ 347 hgb). sie ist geschäftlich keineswegs unerfahren, sondern hat unter anderem einen aufsichtsrat der mit steuerberatern und juristen besetzt ist. angesichts der komplexität und wirtschaftlichen bedeutung des pachtvertrages ist zudem davon auszugehen, dass insoweit zumindest grundlegende rechtskenntnisse angewandt wurden. zum zeitpunkt des vertragsschlusses existierte die „ug (haftungsbeschränkt)“ als besondere form der gmbh bereits fast ein jahr, das momig war zum 1. november 2008 in kraft getreten. über die ug (haftungsbeschränkt) war nicht nur in der juristischen fachliteratur, sondern auch in der tagespresse in größerem umfang berichtet worden. die industrie- und handelskammern hatten umfangreich über das momig und dabei auch über § 5a gmbhg informiert. es ist kaum vorstellbar, dass der klägerin die existenz dieser rechtsform verborgen geblieben ist. unstreitig existierte ein vertragsentwurf, der den beklagten zu 2) persönlich als pächter vorsah. erst vor diesem hintergrund verlangte der beklagte zu 2), dass seine persönliche benennung wie im letztlich unterzeichneten vertrag geschehen, durch die bezeichnung der „e ug“ als pächter ersetzt wird. aus sicht eines ordentlichen kaufmanns musste daraus gefolgert werden, dass gerade eine andere als die ursprünglich benannte person pächter werden sollte. dies deutete klar auf eine juristische person hin.39die abkürzung „ug“ in einem firmennamen deutet in aller regel auf eine „unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ hin. da diese besondere form der gmbh vielfach von insbesondere rechtlich unerfahrenen personen gewählt wird, ist eine ungenaue verwendung der firma vor allem angesichts der sperrigkeit des rechtsformzusatzes leider nicht selten. eine derartige fehlbezeichnung tritt vielmehr immer wieder, auch auf geschäftsbriefen und sogar in klageschriften in anwaltsprozessen im sinne von § 78 zpo, auf. auch wenn dadurch im einzelfall bei unerfahrenen, etwa nicht unternehmerisch tätigen oder ausländischen, geschäftspartnern ein falscher eindruck entstehen mag, kann dies nicht für die klägerin gelten. der numerus clausus der rechtsformen des deutschen gesellschaftsrechts hätte sie vielmehr zu der erkenntnis verleiten müssen, dass es sich um eine „unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ handelt. die klägerin hat keinen grund vorgetragen, warum sie aus der abkürzung „ug“ nicht auf eine unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) schließen konnte. in der konkreten zusammensetzung der firma, liegen keine anderen bedeutungen dieser abkürzung nahe.40jedenfalls im weiteren verlauf des pachtverhältnisses hätte sie erkennen müssen, dass pächter eine juristische person und nicht nur der unter einer exotischen unternehmensbezeichnung handelnde beklagte zu 2) war. die ug (haftungsbeschränkt) als besondere form einer gmbh ohne mindeststammkapital steht seit nunmehr fünf jahren dem rechtsverkehr offen und hat einen erheblichen zahlenmäßigen anteil an den handelsregistereintragungen. es ist kaum vorstellbar, dass die klägerin oder ihre organe in diesem gesamten zeitraum keiner gesellschaft dieser rechtsform begegnet sind. da die zahlungen und korrespondenz stets unter der bezeichnung „ug“ erfolgten, hätte hier eine erkundigungsobliegenheit bestanden. denn die bezeichnung „ug“ ohne den zusatz „(haftungsbeschränkt)“ mag an vielen stellen verwendet werden, um zeichenbegrenzungen zu begegnen (etwa bei formularen). es wäre kaum erklärlich, warum ein persönlich haftender einzelkaufmann diese abkürzung wählen sollte und so den fehlerhaften anschein beschränkter haftung begründen wollte. die abkürzung hätte für ihn im geschäftlichen verkehr vielmehr ausschließlich nachteile zur folge.41zudem hat die klägerin selbst im mahnverfahren als antragsgegner „e ug" ohne den zusatz „(haftungsbeschränkt)“ angegeben. dennoch ist sie dabei offensichtlich von der beklagten zu 1) als juristischer person ausgegangen. ansonsten hätte die angabe „gesetzlich vertreten durch den geschäftsführer gesellschafter c“ keinen sinn. ein einzelkaufmann bedarf weder einer (gesetzlichen) vertretung durch sich selbst noch ist ein organ für die geschäftsführung notwendig.42stünde „e ug" lediglich für eine geschäftliche bezeichnung unter der der beklagte zu 2) handelt, wäre auch eine erweiterung der klage nach einleitung des mahnverfahrens nicht notwendig gewesen. die beklagten wären dann identisch. schon die tatsache, dass die klägerin gegen beide beklagte vorgeht, zeigt, dass sie zumindest nunmehr von zwei verschiedenen rechtssubjekten ausgeht, wobei sie mit der „e ug" offensichtlich die „e ug (haftungsbeschränkt)" meint.43schließlich folgt aus § 5a abs. 1 gmbhg auch keine zwingende, von tatsächlichem vertrauen losgelöste rechtsscheinhaftung. eine solche gestaltung ist dem deutschen recht generell unbekannt; vielmehr entfällt eine haftung nach allen gesetzlich normierten haftungstatbeständen dann, wenn der betroffene nicht auf den rechtsschein vertraute bzw. in fällen außerhalb amtlicher register auch vertrauen durfte. ein bedürfnis nach einer unbeschränkten haftung als folge jedes verstoßes gegen das zwingende firmenrecht gibt es nicht. dieses petitum folgt weder aus dem wortlaut der norm, noch aus der system oder den gesetzgebungsmaterialien. die haftung ist kein selbstzweck, sondern dient ausschließlich dem schutz der unerfahrenen, gutgläubigen geschäftspartner. die rechtsordnung bietet vielmehr ein mehrfach abgestuftes instrumentarium, das neben den zivilrechtlichen rechtsfolgen etwa auch das zwangsgeldverfahren nach § 79 abs. 1 gmbhg, ein vorgehen nach § 3 uwg und sogar für extremfälle eine strafbarkeit wegen betruges umfasst. grundsätzlich soll § 179 bgb nicht als sanktionsnorm dienen. die generalpräventive wirkung der verurteilung in fällen wie dem vorliegenden ist zudem fraglich. wenn der gesetzgeber tatsächlich davon ausgegangen wäre, dass jeder fehler im rechtsformzusatz zwingend eine persönliche haftung nach sich ziehen sollte, hätte er dies (wie etwa in § 11 abs. 2 gmbhg) anordnen können. das ziel, eine täuschung des rechtsverkehrs über die haftungsbeschränkung zu verhindern, wird in gleicher weise erreicht, wenn eine solche haftung nur eingreift, soweit die irreführung tatsächlich erfolgt ist oder vorsätzliches handeln nachgewiesen wurde. in allen übrigen fällen ist vorrangig das instrumentarium des uwg bzw. der registergerichte anzuwenden. im konkreten fall ist eine vorsätzliche irreführung durch den beklagten zu 2) weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. die anordnung einer unbeschränkten persönlichen haftung des beklagten zu 2) wäre ein unverhältnismäßiger eingriff vor dem hintergrund, dass der vertrag über einen zeitraum von zwei jahren erfolgreich mit der beklagten zu 1) abgewickelt wurde.44auch die fehlerhaften angaben auf den geschäftsbriefen entgegen § 35a gmbhg sind ausschließlich nach § 79 abs. 1 gmbhg sanktioniert. eine schadensersatzhaftung kommt nur in betracht, wenn tatsächlich ein vertrauen nachgewiesen wurde.45auf den weiteren vortrag der beklagten in der nachgelassenen schriftsatzfrist zum zustandekommen des pachtvertrages kam es daher nicht mehr an.46die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo. die beklagte zu 1) hat mit ihrem verhalten anlass zur klage gegeben, da sie sich mit der zahlung in verzug befand. § 93 zpo findet daher trotz des anerkenntnisses in der klageerwiderung keine anwendung. da es aber vor der mündlichen verhandlung abgegeben wurde, nahm die beklagte zu 1) nur an einer nach nr. 1211 der anlage 1 gkg (zu § 3 abs. 2) reduzierten gerichtsgebühr teil.47die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 nr.11, 709 s.1, 2, 711 zpo.48der streitwert wird auf 27.404,88 eur festgesetzt.49roskothen als einzelrichterin
Verklagte*r
0
116,904
S 11 AS 584/16
"2018-11-15T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grund-sicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) in Gestalt des Arbeitslosengeldes II gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 19 a Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I). 3Die Klägerin, geboren am 00.00.1966, bezieht von der Beklagten seit mehreren Jahren unter Anrechnung einer von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Arbeitslosengeld II. Sie leidet u.a. an einer Fib-romyalgie mit zusätzlicher Depression. Darüber hinaus sind bei ihr eine degenerative Ver-änderung der Halswirbelsäule mit Belastungseinschränkungen sowie eine retropatellare Chondromalazie diagnostiziert. Sie bewohnte seit den frühen 2000er Jahren bis zum 31.07.2015 eine Wohnung in dem Gebäudekomplex "A.S.C.00" in N ... Dieser stellt einen landläufig sog. sozialen Brennpunkt in der Stadt N. dar. Seit mehreren Jahren kommt es dort jedenfalls zu vermehrten Polizeieinsätzen u.a. wegen Ruhestörungen und Sachbe-schädigungen. Es werden (illegale) Drogen sowohl konsumiert als auch an- und verkauft. Die Polizei N. wird darüber hinaus in regelmäßigen Abständen wegen angezeigter Körper-verletzungsdelikte vorstellig. Die Klägerin selbst ist jedoch in der Zeit bis Juli 2015 kein Opfer einer Körperverletzung geworden. 4Am 08.05.2015 beantragte sie bei der Beklagten die Erteilung der Zustimmung zum Woh-nungswechsel. Ihr Bruder habe in der "E. Straße 00" ein Haus gekauft und betreibe dort eine Fahrradwerkstatt. Sie beabsichtige, dort gemeinsam mit einem Mitbewohner eine Wohnung anzumieten und zu beziehen. Die übersteigenden Kosten im Verhältnis zur bis-her bewohnten Wohnung beliefen sich auf ca. 54,00 Euro pro Monat. Dieses Ansinnen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 15.06.2015 bestandskräftig ab. 5Zum 01.08.2015 zog die Klägerin gemeinsam mit einem Mitbewohner in die avisierte Wohnung ("E. Straße 00") ein, in der beide bis heute noch leben. 6Mit Bescheid vom 15.03.2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der damals geltenden Fassung in Verbindung mit § 328 Sozial-gesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.06.2016. Dabei legte sie im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die bisherigen Miet- und Nebenkosten der Wohnung "A.S.C.00" zugrunde und kürzte die zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung um 54,00 Euro monatlich. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.04.2016 Widerspruch. 7Unter dem 27.04.2016 beantragte sie darüber hinaus die Übernahme der Mietkaution für die Wohnung "E. Straße 00". Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 ab. Die dagegen erhobene Klage nahm die Klägerin nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Sozialge-richts (SG) Münster vom 03.01.2017 zurück (Az.: S 11 AS 585/16). 8Mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 wies die Beklagte den Widerspruch vom 11.04.2016 gegen den Bescheid vom 15.03.2016 zurück. 9Dagegen hat die Klägerin am 18.08.2016 Klage erhoben. Sie habe sowohl aus sozialen als auch aus gesundheitlichen Gründen die Wohnung "A.S.C.00" verlassen müssen. Ein wei-terer Verbleib in diesem Gebäudekomplex sei unzumutbar gewesen. 10Mit Bescheid vom 27.01.2017 hat die Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 endgültig festgesetzt. 11Die Klägerin beantragt, 12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der Fassung des Festset-zungsbescheides vom 27.01.2017 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 431,40 Euro zu gewähren, hilfsweise die Berufung zuzulassen. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen. 15Sie hält den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig. Hinsichtlich ihrer Rechts-auffassung verweist sie im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016. 16Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie durch Einbeziehung der ärztlichen Gutachten im Antragsver-fahren bei der DRV Bund. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des übrigen Vorbrin-gens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwal-tungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Ver-handlung gewesen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. 20Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 15.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der Fassung des Festsetzungsbescheides vom 27.01.2017 nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat gegen die Beklagte in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 keinen höheren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Gestalt des Arbeitslosengeldes II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). 21Insbesondere hat sie keinen höheren Anspruch auf Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dem steht die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen. 22Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen an-erkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). 23Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II schafft – ausweislich der Gesetzesbegrün-dung (siehe BT-Drs. 16/1410, S. 23) – eine individuelle Angemessenheitsgrenze für die Fälle, in denen der Hilfebedürftige von einer zuvor angemessenen in eine neuere, eben-falls (noch) angemessene Unterkunft umzieht. Hierdurch soll der Ausschöpfung der durch den jeweiligen kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenze entgegengewirkt werden. Die Frage, wann ein Umzug erforderlich ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/1410, S. 23) ist dies insbesondere der Fall, wenn ein Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich sei. Nach herrschender Meinung (vgl. dazu nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24.11.2011, Az.: B 14 AS 1007/10 R sowie Luik, in: Eicher/Luik, Kom-mentar zum SGB II, 4. Auflage, 2017, § 22, Rn. 122) kann von einem erforderlichen Um-zug gesprochen werden, wenn für diesen ein plausibler, nachvollziehbarer und verständli-cher Anlass vorliegt, von dem sich ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen und der nicht zumutbar auf andere Weise beseitigt werden kann. 24In diesem Sinne war der Umzug der Klägerin von der Wohnung "A.S.C.00" in die "E. Stra-ße 00" nicht erforderlich. 25Zunächst kann die Kammer hierfür keine gesundheitlichen Gründe erkennen. Dabei hat sie durchaus berücksichtigt, dass die Klägerin sowohl an körperlichen als auch an psychi-schen Erkrankungen leidet. Diese sind jedoch nach Auswertung der Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und Therapeuten nicht derart gravierend, dass sie den Bezug einer teureren Wohnung in einem anderen Stadtviertel rechtfertigten. Jedenfalls lassen die seitens des Gerichts eingeholten Befundberichte keine Notwendigkeit des Um-zugs aus medizinischen Gründen erkennen. Allein eine Verbesserung der Gemütslage durch einen Umzug in einen "besseren" Stadtteil ist kein medizinisch relevanter Gesichts-punkt. 26Auch soziale Gründe für die Notwendigkeit eines Umzugs liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Insbesondere kann der Wunsch der Klägerin, aus einem (etwaigen) sog. sozialen Brennpunkt der Stadt N. in einen anderen Stadtteil zu ziehen, nicht zu einer Notwendigkeit des Umzugs im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II führen. Zwar gibt es auch in der Stadt N. Stadtviertel und Straßenzüge, die durch eine erhöhte Kriminalität, ei-ne ungünstige bzw. problematische Bevölkerungsstruktur und bauliche Mängel der Woh-nungen gekennzeichnet sind. Des Weiteren ist gerichtsbekannt, dass das Wohnen in dem Objekt "A.S.C.00" durch vielfältige soziale Probleme der dort lebenden Menschen beein-trächtigt ist. Allerdings gibt es – möglicherweise anders als in anderen Metropolen und Großstädten Nordrhein-Westfalens – keine sog. No-go-Areas in N ... Ein angemessenes und menschenwürdiges Wohnen ist in N. – zumindest dem Grunde nach – in jedem Stadt-teil und Straßenzug gewährleistet. Die Klägerin muss sich – nach der gesetzgeberischen Konzeption des SGB II – als Angehörige der unteren 20 Prozent der Einkommensschich-ten mit Personen vergleichen lassen, deren Einkommen nur geringfügig über dem Regel-bedarf des SGB II liegt und die deshalb kein Arbeitslosengeld II oder sonstige staatliche Existenzsicherungsleistungen beziehen. Angesichts eines Unterschiedsbetrages von 54,00 Euro monatlich hält es die Kammer für nicht wahrscheinlich, dass diese Personen eine teurere Wohnung angemietet hätten, wenn sie dies (allein) mit ihrem geringen Einkommen hätten finanzieren müssen. Die Kammer anerkennt durchaus den Wunsch der Klägerin, ihr bisher schwieriges Wohnumfeld zu verlassen. Allerdings hält sie es nicht für sachge-recht, dieses Ansinnen mit Steuermitteln zu finanzieren. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn ein Umzug die Wahrscheinlichkeit einer Integration in den Arbeitsmarkt erhöhte. Dies ist bei der Klägerin jedoch nicht der Fall. 27Wegen der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II der Klägerin in der hier streitge-genständlichen Zeit im Übrigen verweist die Kammer auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 sowie im Festsetzungsbescheid vom 27.01.2017. Zweifel gegen die Berechnung der Beklagten hat die Kammer nicht, werden jedoch von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. 28Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. 29Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Sache kommt im Besonderen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. die berufung wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die höhe der der klägerin in der zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 zustehenden leistungen nach dem sozialgesetzbuch zweites buch – grund-sicherung für arbeitsuchende – (sgb ii) in gestalt des arbeitslosengeldes ii gemäß § 19 abs. 1 satz 1 sgb ii in verbindung mit § 19 a abs. 1 nr. 2 sozialgesetzbuch erstes buch – allgemeiner teil – (sgb i). 3die klägerin, geboren am 00.00.1966, bezieht von der beklagten seit mehreren jahren unter anrechnung einer von der deutschen rentenversicherung (drv) bund gewährten rente wegen teilweiser erwerbsminderung arbeitslosengeld ii. sie leidet u.a. an einer fib-romyalgie mit zusätzlicher depression. darüber hinaus sind bei ihr eine degenerative ver-änderung der halswirbelsäule mit belastungseinschränkungen sowie eine retropatellare chondromalazie diagnostiziert. sie bewohnte seit den frühen 2000er jahren bis zum 31.07.2015 eine wohnung in dem gebäudekomplex "a.s.c.00" in n ... dieser stellt einen landläufig sog. sozialen brennpunkt in der stadt n. dar. seit mehreren jahren kommt es dort jedenfalls zu vermehrten polizeieinsätzen u.a. wegen ruhestörungen und sachbe-schädigungen. es werden (illegale) drogen sowohl konsumiert als auch an- und verkauft. die polizei n. wird darüber hinaus in regelmäßigen abständen wegen angezeigter körper-verletzungsdelikte vorstellig. die klägerin selbst ist jedoch in der zeit bis juli 2015 kein opfer einer körperverletzung geworden. 4am 08.05.2015 beantragte sie bei der beklagten die erteilung der zustimmung zum woh-nungswechsel. ihr bruder habe in der "e. straße 00" ein haus gekauft und betreibe dort eine fahrradwerkstatt. sie beabsichtige, dort gemeinsam mit einem mitbewohner eine wohnung anzumieten und zu beziehen. die übersteigenden kosten im verhältnis zur bis-her bewohnten wohnung beliefen sich auf ca. 54,00 euro pro monat. dieses ansinnen lehnte die beklagte mit bescheid vom 11.05.2015 in der gestalt des widerspruchsbe-scheides vom 15.06.2015 bestandskräftig ab. 5zum 01.08.2015 zog die klägerin gemeinsam mit einem mitbewohner in die avisierte wohnung ("e. straße 00") ein, in der beide bis heute noch leben. 6mit bescheid vom 15.03.2016 bewilligte die beklagte der klägerin auf der grundlage von § 40 abs. 2 nr. 1 sgb ii in der damals geltenden fassung in verbindung mit § 328 sozial-gesetzbuch drittes buch – arbeitsförderung – (sgb iii) vorläufig leistungen nach dem sgb ii für die zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.06.2016. dabei legte sie im rahmen des § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii die bisherigen miet- und nebenkosten der wohnung "a.s.c.00" zugrunde und kürzte die zu übernehmenden kosten der unterkunft und heizung um 54,00 euro monatlich. dagegen erhob die klägerin mit schreiben vom 11.04.2016 widerspruch. 7unter dem 27.04.2016 beantragte sie darüber hinaus die übernahme der mietkaution für die wohnung "e. straße 00". dies lehnte die beklagte mit bescheid vom 10.05.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 ab. die dagegen erhobene klage nahm die klägerin nach ablehnung von prozesskostenhilfe durch beschluss des sozialge-richts (sg) münster vom 03.01.2017 zurück (az.: s 11 as 585/16). 8mit widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 wies die beklagte den widerspruch vom 11.04.2016 gegen den bescheid vom 15.03.2016 zurück. 9dagegen hat die klägerin am 18.08.2016 klage erhoben. sie habe sowohl aus sozialen als auch aus gesundheitlichen gründen die wohnung "a.s.c.00" verlassen müssen. ein wei-terer verbleib in diesem gebäudekomplex sei unzumutbar gewesen. 10mit bescheid vom 27.01.2017 hat die beklagte das arbeitslosengeld ii der klägerin für die zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 endgültig festgesetzt. 11die klägerin beantragt, 12die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 15.03.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der fassung des festset-zungsbescheides vom 27.01.2017 zu verurteilen, ihr leistungen nach dem sgb ii unter berücksichtigung von kosten der unterkunft in höhe von 431,40 euro zu gewähren, hilfsweise die berufung zuzulassen. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen, hilfsweise die berufung zuzulassen. 15sie hält den angefochtenen bescheid weiterhin für rechtmäßig. hinsichtlich ihrer rechts-auffassung verweist sie im wesentlichen auf die ausführungen im widerspruchsbescheid vom 15.07.2016. 16das gericht hat beweis erhoben durch einholung von befundberichten der die klägerin behandelnden ärzte sowie durch einbeziehung der ärztlichen gutachten im antragsver-fahren bei der drv bund. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes sowie des übrigen vorbrin-gens der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwal-tungsakte der beklagten bezug genommen. diese sind gegenstand der mündlichen ver-handlung gewesen. 18
19die zulässige klage ist unbegründet. 20die klägerin ist durch den angefochtenen bescheid vom 15.03.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.07.2016 in der fassung des festsetzungsbescheides vom 27.01.2017 nicht gemäß § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert. die bescheide sind nicht rechtswidrig. die klägerin hat gegen die beklagte in der zeit vom 01.04.2016 bis zum 30.09.2016 keinen höheren anspruch auf leistungen nach dem sgb ii in gestalt des arbeitslosengeldes ii (§ 19 abs. 1 satz 1 sgb ii). 21insbesondere hat sie keinen höheren anspruch auf gewährung von kosten der unterkunft und heizung im sinne des § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii. dem steht die regelung des § 22 abs. 1 satz 2 sgb ii entgegen. 22bedarfe für unterkunft und heizung werden in höhe der tatsächlichen aufwendungen an-erkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 abs. 1 satz 1 sgb ii). erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen umzug die aufwendungen für unterkunft und heizung, wird nur der bisherige bedarf anerkannt (§ 22 abs. 1 satz 2 sgb ii). 23die regelung des § 22 abs. 1 satz 2 sgb ii schafft – ausweislich der gesetzesbegrün-dung (siehe bt-drs. 16/1410, s. 23) – eine individuelle angemessenheitsgrenze für die fälle, in denen der hilfebedürftige von einer zuvor angemessenen in eine neuere, eben-falls (noch) angemessene unterkunft umzieht. hierdurch soll der ausschöpfung der durch den jeweiligen kommunalen träger festgelegten angemessenheitsgrenze entgegengewirkt werden. die frage, wann ein umzug erforderlich ist, ist im gesetz nicht geregelt. nach der gesetzesbegründung (bt-drs. 16/1410, s. 23) ist dies insbesondere der fall, wenn ein wohnungswechsel zur eingliederung in arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen gründen erforderlich sei. nach herrschender meinung (vgl. dazu nur bundessozialgericht [bsg], urteil vom 24.11.2011, az.: b 14 as 1007/10 r sowie luik, in: eicher/luik, kom-mentar zum sgb ii, 4. auflage, 2017, § 22, rn. 122) kann von einem erforderlichen um-zug gesprochen werden, wenn für diesen ein plausibler, nachvollziehbarer und verständli-cher anlass vorliegt, von dem sich ein nichthilfeempfänger hätte leiten lassen und der nicht zumutbar auf andere weise beseitigt werden kann. 24in diesem sinne war der umzug der klägerin von der wohnung "a.s.c.00" in die "e. stra-ße 00" nicht erforderlich. 25zunächst kann die kammer hierfür keine gesundheitlichen gründe erkennen. dabei hat sie durchaus berücksichtigt, dass die klägerin sowohl an körperlichen als auch an psychi-schen erkrankungen leidet. diese sind jedoch nach auswertung der befundberichte der die klägerin behandelnden ärzte und therapeuten nicht derart gravierend, dass sie den bezug einer teureren wohnung in einem anderen stadtviertel rechtfertigten. jedenfalls lassen die seitens des gerichts eingeholten befundberichte keine notwendigkeit des um-zugs aus medizinischen gründen erkennen. allein eine verbesserung der gemütslage durch einen umzug in einen "besseren" stadtteil ist kein medizinisch relevanter gesichts-punkt. 26auch soziale gründe für die notwendigkeit eines umzugs liegen nach auffassung der kammer nicht vor. insbesondere kann der wunsch der klägerin, aus einem (etwaigen) sog. sozialen brennpunkt der stadt n. in einen anderen stadtteil zu ziehen, nicht zu einer notwendigkeit des umzugs im sinne des § 22 abs. 1 satz 2 sgb ii führen. zwar gibt es auch in der stadt n. stadtviertel und straßenzüge, die durch eine erhöhte kriminalität, ei-ne ungünstige bzw. problematische bevölkerungsstruktur und bauliche mängel der woh-nungen gekennzeichnet sind. des weiteren ist gerichtsbekannt, dass das wohnen in dem objekt "a.s.c.00" durch vielfältige soziale probleme der dort lebenden menschen beein-trächtigt ist. allerdings gibt es – möglicherweise anders als in anderen metropolen und großstädten nordrhein-westfalens – keine sog. no-go-areas in n ... ein angemessenes und menschenwürdiges wohnen ist in n. – zumindest dem grunde nach – in jedem stadt-teil und straßenzug gewährleistet. die klägerin muss sich – nach der gesetzgeberischen konzeption des sgb ii – als angehörige der unteren 20 prozent der einkommensschich-ten mit personen vergleichen lassen, deren einkommen nur geringfügig über dem regel-bedarf des sgb ii liegt und die deshalb kein arbeitslosengeld ii oder sonstige staatliche existenzsicherungsleistungen beziehen. angesichts eines unterschiedsbetrages von 54,00 euro monatlich hält es die kammer für nicht wahrscheinlich, dass diese personen eine teurere wohnung angemietet hätten, wenn sie dies (allein) mit ihrem geringen einkommen hätten finanzieren müssen. die kammer anerkennt durchaus den wunsch der klägerin, ihr bisher schwieriges wohnumfeld zu verlassen. allerdings hält sie es nicht für sachge-recht, dieses ansinnen mit steuermitteln zu finanzieren. dies käme allenfalls in betracht, wenn ein umzug die wahrscheinlichkeit einer integration in den arbeitsmarkt erhöhte. dies ist bei der klägerin jedoch nicht der fall. 27wegen der berechnung der leistungen nach dem sgb ii der klägerin in der hier streitge-genständlichen zeit im übrigen verweist die kammer auf die ausführungen der beklagten im widerspruchsbescheid vom 15.07.2016 sowie im festsetzungsbescheid vom 27.01.2017. zweifel gegen die berechnung der beklagten hat die kammer nicht, werden jedoch von der klägerin auch nicht geltend gemacht. 28die kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 sgg. 29gründe für die zulassung der berufung gemäß § 144 abs. 2 sgg liegen nicht vor. der sache kommt im besonderen keine grundsätzliche bedeutung im sinne des § 144 abs. 2 nr. 1 sgg zu.
Verklagte*r
0
165,679
L 9 AL 226/13
"2015-05-07T00:00:00"
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2013 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld für die Monate Dezember 2009 bis Februar 2010 für ihre Arbeitnehmer. 3Die Klägerin ist eine Gesellschaft (Limited) nach türkischem Recht mit Hauptniederlassung in J/Türkei, die seit 17.09.2007 eine Zweigniederlassung in E unterhält. Geschäftszweck ist das Maurer- und Betonbauerhandwerk. Sie ist umlagepflichtig in der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (Soka-Bau). Die Klägerin ist eingetragen in die Handwerksrolle der Handwerkskammer E und das Handelsregister des Amtsgerichts E. Auf die Arbeitsverhältnisse findet der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV Bau) Anwendung. Der Gesamtbetrieb der Klägerin ist in das Verfahren zur Förderung der Winterbeschäftigung einbezogen (vgl. insoweit auch den Prüfbericht der Beklagten vom 03.05.2010). Für ihre Arbeitnehmer zahlt sie fortlaufend die Winterbeschäftigungs-Umlage. 4Die Klägerin führte ab Oktober 2009 bis Mai 2012 Bauarbeiten, zunächst Betonarbeiten, auf einer Baustelle in F/Niederlande durch. Sie beschäftigte dafür Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Für den Monat Dezember 2009 zahlte sie 40 Arbeitnehmern, für Januar 2010 61 Arbeitnehmern für Februar 2010 84 Arbeitnehmern Mehraufwands-Wintergeld in monatlichen Beträgen zwischen 4,- und 139,- Euro aus. 5Am 22.03.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die "Erstattung" von Mehraufwands-Wintergeld für die Monate Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010. Sie bezifferte das Mehraufwands-Wintergeld für den Monat Dezember 2009 für 40 Arbeitnehmer auf 849,50 Euro, für Januar 2010 für 61 Arbeitnehmer auf 2710,00 Euro sowie für Februar 2010 für 84 Arbeitnehmer auf 5811,50 Euro. Dabei legte sie Abrechnungslisten für die beschäftigten Arbeitnehmer sowie teilweise Lohnabrechnungen vor, aus denen sich das gewährte Mehraufwands-Wintergeld für die einzelnen Arbeitnehmer ergab. Zudem überreichte sie Unterlagen über die Wetterbedingungen in der Region. 6Mit Bescheid vom 04.05.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld ab. Zur Begründung führte sie aus, witterungsbedingte Arbeitsausfälle auf Baustellen im Ausland könnten keine Ansprüche auf Saison-Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen gemäß §§ 175 ff. SGB III begründen, da der Gesetzgeber von der Inlandsbezogenheit der Förderungen der ganzjährigen Beschäftigung ausgegangen sei. Die Tatsache, dass die Arbeitnehmer auch für Zeit der Entsendung ins Ausland beitragsverpflichtet zur Gesamtsozialversicherung blieben, begründe nicht einen tatsächlichen Anspruch auf Leistungen, vielmehr handele es sich hierbei um ein sogenanntes Solidarprinzip. Die Gewährung der Leistung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu begrenzen, sei dabei unstrittig. Diesen Grundsatz folge auch § 5 Abs. 4 S. 1 der Winterbeschäftigungsverordnung (WinterbeschV), da Umlagebeiträge den zur Zahlung verpflichteten Arbeitgebern für Zeiten einer Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereichs des SGB III erstattet würden. Da für diese Zeiten keine Mittel durch die Umlage aufgebracht würden, entfalle der entsprechende Anspruch kraft Gesetzes, § 175a Abs.1 SGB III. 7Den hiergegen am 19.05.2010 eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit rügte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2010 als unbegründet zurück. 8Die Klägerin hat am 30.06.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die Auffassung der Beklagten sei europarechtswidrig. Es sei insbesondere auf die Rechte der Arbeitnehmer abzustellen. Die fragliche Norm sei europarechtlich nicht so auszulegen, dass die im Geltungsbereich des Grundgesetzes ansässigen Arbeitnehmer von den sozialen Sicherungsrechten ausgeschlossen seien, wenn sie vorübergehend in ein anderes europäisches Land zur Arbeitserbringung abgeordnet seien. 9Die Klägerin hat beantragt, 10den Bescheid vom 04.05.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Mehraufwands-Wintergeld für Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. 11Die Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie hat die Auffassung vertreten, witterungsbedingte Arbeitsausfälle und wirtschaftlich bedingte Arbeitsausfälle auf Baustellen im Ausland könnten aufgrund des Territorialitätsprinzips keine Ansprüche auf die beantragte Leistung begründen. 14Das SG hat in der mündlichen Verhandlung einen bevollmächtigten Mitarbeiter der Klägerin angehört. Dieser hat unter anderem erklärt, die hier betroffene Zeit sei die einzige gewesen mit einer Schlechtwetterperiode. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20.06.2013 Bezug genommen. 15Mit Urteil vom 20.06.2013 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.05.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2010 verurteilt, der Klägerin Mehraufwands-Wintergeld für Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 175a SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung lägen vor. Die Klägerin habe Mehraufwands-Wintergeld für Arbeitnehmer beantragt, die in der gesetzlich vorgesehenen Zeit auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt gewesen seien. Die Arbeitnehmer seien auf der Baustelle in F beschäftigt gewesen, die sowohl abstrakt als auch konkret witterungsabhängig gewesen sei. Nach den im Verwaltungsverfahren vorgelegten und auch von den Beteiligten nicht bezweifelten Klimadaten habe im streitigen Zeitraum eine anhaltende Schlechtwetterperiode, das heißt mit Temperaturen von unter 0 bis maximal 4 bzw. 6 Grad Celsius vorgelegen. Es sei auch tatsächlich Arbeit im Förderzeitraum auf diesen Arbeitsplätzen geleistet worden. 16Die Mittel für die Förderung durch Mehraufwandswintergeld würden zudem durch eine Umlage aufgebracht. Die Klägerin sei umlagepflichtig und habe die auf sie gemäß § 183 SGB III aF i.V. mit der WinterbeschV entfallenden Umlagebeiträge tatsächlich geleistet. § 5 Abs. 4 der WinterbeschV stehe dem nicht entgegen. Durch diese Vorschrift entfalle weder die abstrakt bestehende Umlagepflicht der Klägerin als Betrieb des Baugewerbes noch der Umstand, dass die Klägerin tatsächlich Beiträge entrichtet habe. Die Vorschrift regele vielmehr lediglich die Möglichkeit für Arbeitgeber, sich Beiträge erstatten zu lassen. Sie könne aber schon wegen § 2 Abs. 2 SGB I nicht zur Einschränkung des Anspruchs auf die Leistung gemäß § 175 a SGB III a.F. herangezogen werden. Ein etwaiger anderer Wille des Gesetzgebers habe keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Ein Ausschluss von den Leistungen sei nicht ausdrücklich geregelt und würde den Wortlaut des Gesetzes überspannen. Im Übrigen sei das Ziel der ganzjährigen Beschäftigung auch bei Tätigkeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erreichbar. Ebenso sei der unterstellte Mehraufwand der Arbeitnehmer, der durch das Mehraufwands-Wintergeld pauschaliert abgegolten werden solle, von dem Einsatzort unabhängig. 17Eine einschränkende Auslegung, die die Arbeitnehmer von der Förderung durch Mehraufwands-Wintergeld ausschlösse, widerspräche nach Auffassung der Kammer auch Europarecht, namentlich Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Frühere Entscheidungen des BSG, die die Auffassung der Beklagten stützten, hätten sich wegen der umfassenden gesetzlichen Neuordnung und der Vorgaben aus Europarecht, die insbesondere den Abbau und Wegfall diskriminierender Rechtsvorgaben und -umsetzungen zum Ziel habe, überholt. Sinn und Zweck der Förderleistungen des § 175a SGB III a.F. (jetzt: § 102 SGB III) sei die Förderung ganzjähriger Beschäftigung und - für die konkret begehrte Leistung - der Ausgleich witterungsbedingter Nachteile der Arbeitnehmer. Eine Inlandsbezogenheit im Hinblick auf den Tätigkeitsort lasse sich dem nicht entnehmen. 18Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Mehraufwandswintergeld lägen vor. Die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer, für die die Klägerin Mehraufwands-Wintergeld beantragt habe, hätten nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden können. Dies ergebe sich aus dem allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe, konkret aus § 11 BRTV. Die Klägerin habe auch den Antrag rechtzeitig im Sinne des § 325 Abs. 3 SGB III gestellt. 19Gegen dieses ihr am 25.07.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.08.2013 Berufung eingelegt. Sie meint, das Mehraufwands-Wintergeld sei für Arbeiten, die auf Baustellen im Ausland verrichtet würden, nicht vorgesehen. Die Entscheidungen des BSG aus den Jahren 1977 und 1985 seine weiterhin einschlägig. Wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV seien die Voraussetzungen des § 175a SGB III a.F. nicht erfüllt. Zwar normiere diese Vorschrift keine Ausnahme von der Umlagepflicht, sondern stelle klar, dass die Beklagte die Umlagebeträge bei Auslandsbeschäftigungen nicht behalten dürfe. Dies entspreche im Ergebnis der Aufhebung der Umlagepflicht und führe deshalb dazu, dass die Mittel für das Mehraufwands-Wintergeld gerade nicht durch eine Umlage aufgebracht würden. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Die VO (EG) Nr. 883/2004 stehe diesem Ergebnis nicht entgegen, weil sie sachlich nicht anwendbar sei. 20Die Beklagte beantragt, 21das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen. 22Die Klägerin wird beantragen, 23die Berufung zurückzuweisen. 24Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 26Entscheidungsgründe: 27Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat der zulässigen, von der Klägerin insbesondere zulässigerweise als Prozessstandschafterin der für sie tätig gewesenen Arbeitnehmer erhobenen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet. Die Klägerin bzw. die betroffenen Arbeitnehmer sind nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der Bescheid vom 04.05.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 31.05.2010 sind rechtmäßig. Es besteht kein Anspruch auf Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld im Zeitraum von Dezember 2009 bis Februar 2010 für die im Antrag der Klägerin vom 22.03.2010 benannten Arbeitnehmer. 28Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 175a Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der hier anwendbaren, bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung (SGB III a.F., heute § 102 Abs. 1 und 3 SGB III) in Betracht. Nach § 175a Abs. 1 SGB III a.F. haben Arbeitnehmer Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden. Mehraufwands-Wintergeld wird nach § 175a Abs. 3 SGB III a.F. in Höhe von 1,00 Euro für jede in der Zeit vom 15. Dezember bis zum letzten Kalendertag des Monats Februar geleistete berücksichtigungsfähige Arbeitsstunde an Arbeitnehmer gewährt, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Berücksichtigungsfähig sind im Dezember bis zu 90, im Januar und Februar jeweils bis zu 180 Arbeitsstunden. Das Mehraufwands-Wintergeld soll im Sinne eines pauschalierten Aufwendungsersatzes die witterungsbedingten Mehraufwendungen während der Förderzeit ausgleichen (Mutschler, in: GK-SGB III, 5. Aufl. 2013, § 102 Rn. 16). 29Die Vorschrift des § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. ist zwar anwendbar (dazu 1.). Jedoch liegen ihre Voraussetzungen nicht vor (dazu 2.). Dies ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu 3.). 301. § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. ist anwendbar, weil sich der geltend gemachte Anspruch nach deutschem Sozialrecht richtet. Dies folgt zunächst aus der allgemeinen Kollisionsnorm (vgl. BSG, Urt. v. 09.08.1995 - 13 RJ 59/93 -, juris Rn. 32; Urt. v. 27.08.2008 - B 11 AL 22/07 R -, juris Rn. 24) des § 30 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach gelten die Vorschriften dieses Gesetzbuchs für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Dies war bei allen Arbeitnehmern, für die die Klägerin am 22.03.2010 Mehraufwands-Wintergeld beantragt hat, im betroffenen und damit auch streitgegenständlichen Zeitraum vom 15.12.2009 bis zum 28.02.2010 der Fall. 31Es kann dahinstehen, ob die allgemeine Kollisionsnorm des § 30 Abs. 1 SGB I durch spezielle Kollisionsregeln verdrängt wird, denn alle in Betracht kommenden speziellen Kollisionsregeln führen ebenfalls zur Anwendung deutschen Sozialrechts und damit auch zur Anwendung von § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. 32Dies gilt zunächst für Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (Abl. L 28 vom 30.01.1997, S. 1; VO (EWG) Nr. 1408/71). Danach unterliegt eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist. Diese Vorschrift, deren Voraussetzungen für alle betroffenen Arbeitnehmer im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt waren, führt ebenfalls zur Anwendung deutschen Rechts, nämlich des Rechts des Entsendestaates. Es kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen, ob der sachliche Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 eröffnet ist (dazu unten). 33Zu dem gleichen Ergebnis führt Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Abl. L 166 vom 30.04.2004, S. 1; VO (EG) Nr. 883/2004). Danach unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere entsandte Person ablöst. Auch danach ist deutsches Recht anwendbar. Es kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen, ob die VO (EG) Nr. 883/2004 überhaupt in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist (dazu unten). 34Schließlich führt auch § 4 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zur Anwendbarkeit deutschen Rechts. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Ob diese Vorschrift überhaupt etwas über die Anwendbarkeit des Leistungsrechts des SGB III aussagt und auf die hier streitige Leistung, die nicht zu den Versicherungsleistungen gehört, anwendbar sein kann, braucht nicht entschieden zu werden (siehe auch dazu unten). 352. Entgegen der Auffassung des SG liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nicht vor. Zwar erfüllen die betroffenen Arbeitnehmer im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen des § 175a Abs. 3 SGB III a.F. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ein Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld besteht jedoch nach § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nur, soweit hierfür Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden. Dies ist für die betroffenen Arbeitnehmer, die im streitgegenständlichen Zeitraum auf einer Baustelle in den Niederlanden und damit im Ausland beschäftigt waren, nicht der Fall. 36Zwar ordnet § 354 SGB III a.F. an, dass die Mittel für die ergänzenden Leistungen nach § 175a einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung dieser Leistungen zusammenhängen, in den durch Verordnung nach § 182 Abs. 3 bestimmten Wirtschaftszweigen durch Umlage aufgebracht werden und die Umlage unter Berücksichtigung von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien der Wirtschaftszweige von Arbeitgebern oder gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebracht und getrennt nach Zweigen des Baugewerbes und weiteren Wirtschaftszweigen abgerechnet wird. Eine entsprechende Regelung enthält § 2 der auf der Grundlage von § 357 Abs. 1 SGB III erlassenen Winterbeschäftigungs-Verordnung (WinterbeschV), wonach die Mittel für die ergänzenden Leistungen sowie die Verwaltungskosten und sonstigen Kosten, die mit der Gewährung der ergänzenden Leistungen zusammenhängen, durch Umlage u.a. von Betrieben des Baugewerbes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 WinterbeschV), wie dem Betrieb der Klägerin, aufgebracht werden. § 3 WinterbeschV enthält sodann nähere Bestimmungen über die Höhe und die Aufbringung der Umlagebeträge, die nach Maßgabe von § 5 Abs. 1 Satz 1 WinterbeschV am 15. des Monats fällig sind, der dem Monat folgt, für den das Arbeitsentgelt zu zahlen ist. 37Zu beachten ist jedoch die Regelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV. Danach werden Arbeitgebern des Baugewerbes entrichtete Umlagebeträge, die auf Zeiten einer Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereiches des Dritten Buches Sozialgesetzbuch entfallen, auf Antrag für jeweils ein Kalenderjahr erstattet. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu stellen; die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zeiten nach Satz 1 liegen. Ein zu erstattender Arbeitnehmeranteil steht dem Arbeitnehmer zu. Diese Regelung führt dazu, dass die Mittel für das Mehraufwands-Wintergeld für Arbeitnehmer, die, wie die betroffenen Arbeitnehmer der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum, auf einer Baustelle im Ausland beschäftigt sind, nicht im Sinne von § 175a Abs. 1 SGB III a.F. aufgebracht werden und für diese Arbeitnehmer deshalb kein Mehraufwands-Wintergeld zu zahlen ist (so im Ergebnis auch Fütterer, SGb 2014, 547 (548)). 38a) Entgegen der Auffassung des SG sind die Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nicht bereits dadurch erfüllt, dass der Gesamtbetrieb der Klägerin als solcher der Umlagepflicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 WinterbeschV unterliegt und für den streitgegenständlichen Zeitraum und die betroffenen Arbeitnehmer auch tatsächlich zunächst Umlagebeträge gezahlt hat. Mittel werden vielmehr im Sinne von § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nur insoweit für den Zweck der Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld durch eine Umlage aufgebracht, als die Umlage die Leistung für die konkret betroffenen Arbeitnehmer decken soll und hierfür Mittel aus der Umlage auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Dies ist wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV bezüglich der auf Baustellen im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer nicht der Fall. 39Für diese Auslegung spricht entgegen der Auffassung des SG bereits der Wortlaut des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. Das "Aufbringen" von finanziellen Mitteln bedeutet schon im allgemeinen Sprachgebrauch, dass finanzielle Mittel in vollem Umfang zur Deckung des Finanzierungszwecks tatsächlich zur Verfügung stehen und auch eingesetzt werden können bzw. dürfen. Anderenfalls werden Mittel nur "teilweise aufgebracht". Hätte dem Gesetzgeber die - im Hinblick auf § 5 Abs. 4 WinterbeschV nur vorläufige - Zahlung einer Umlage ungeachtet des Erstattungsanspruchs für die Begründung des Anspruchs genügt, hätte es nahegelegen, den Anspruch ausdrücklich an die Zahlung der Umlage oder abstrakt an die Erhebung der Umlage zu knüpfen. Dies hat der Gesetzgeber jedoch nicht getan, sondern stattdessen die Formulierung, dass Mittel "aufgebracht" werden müssen, gewählt. Dass darüber hinaus ein Anspruch auf die ergänzenden Leistungen, wie das Mehraufwands-Wintergeld, nur besteht, "soweit für diese Zwecke" Mittel aus einer Umlage aufgebracht werden, legt zudem eine individuelle, auf die betroffenen Arbeitnehmer und die konkrete Beschäftigung abstellende Betrachtung nahe. Die Betonung der "Zwecke" macht schließlich deutlich, dass die Umlage auch dazu dienen muss, die konkrete Leistung für die betroffenen Arbeitnehmer zu decken. Dies ist, soweit die Umlage nach § 5 Abs. 4 WinterbeschV zu erstatten ist, nicht der Fall. 40Vor allem folgt die vorliegend vertretene Auslegung aus der Entstehungsgeschichte von § 175a SGB III und § 5 Abs. 4 WinterbeschV. 41Seit dem Inkrafttreten des SGB III am 01.01.1998 unterlagen die Leistungen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft insgesamt und damit auch das Mehraufwands-Wintergeld als Unterfall des Wintergelds (vgl. § 209 Nr. 1 Buchstabe a SGB III in der ab dem 01.01.1998 geltenden ursprünglichen Fassung (SGB III u.F.)) gemäß § 209 SGB III u.F. den allgemeinen Förderungsvoraussetzungen des § 210 SGB III u.F. (Beschäftigung eines Arbeitnehmers in einem Betrieb des Baugewerbes auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz und fehlende Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers aus witterungsbedingten Gründen in der Schlechtwetterzeit) sowie den besonderen Anspruchsvoraussetzungen der einzelnen Leistungen (für das Mehraufwandswintergeld in ähnlicher Form wie in § 175a Abs. 3 SGB III a.F. geregelt in § 212 SGB III u.F.). Ergänzend hierzu enthielt § 216 Abs. 1 SGB III u.F. eine Ermächtigung zugunsten des zuständigen Bundesministeriums, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Wintergeld auch für Arbeitsstunden gezahlt wird, die entsandte Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs. 1 des Vierten Buches außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes in Gebieten leisten, in denen die Bauarbeiten während der Förderungszeit in gleicher Weise witterungsbedingten Erschwernissen ausgesetzt sind, wie im Geltungsbereich dieses Gesetzes. 42Der Gesetzgeber ging entsprechend dieser Systematik also davon aus, dass die in §§ 209 Nr. 1, 210, 212 und 213 SGB III u.F. geregelten gesetzlichen Voraussetzungen für das Wintergeld bei einer Beschäftigung auf Baustellen im Ausland nicht erfüllt sind. Andernfalls hätte es einer Ermächtigung zur Schaffung einer besonderen, von den gesetzlichen Voraussetzungen abweichenden Regelung durch Rechtsverordnung in § 216 Abs. 1 SGB III u.F. nicht bedurft. Diese Sichtweise entsprach zum damaligen Zeitpunkt auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das BSG hatte zunächst zum Wintergeld nach § 80 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und später auch zum Schlechtwettergeld nach §§ 83 ff. AFG, das dem im SGB III eingeführten Winterausfallgeld im Sinne von § 209 Nr. 2 SGB III u.F. entsprach, entschieden, dass hierfür nur Zeiten für innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin verrichtete Arbeiten berücksichtigt werden können bzw. Schlechtwettergeld nur für witterungsbedingte Ausfälle von solchen Arbeiten in Betracht kommt, die innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin zu erbringen sind (BSG, Urt. v. 20.04.1977 - 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 37 ff. und Leitsatz 2; Urt. v. 30.11.1977 - 12 RAr 16/77 -, juris Rn. 8 f. und Leitsatz; Urt. v. 25.07.1985 - 7 RAr 114/83 -, juris Rn. 11 ff. und Leitsatz). 43Durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23.07.2004 (BGBl I 1842) wurde § 216 Abs. 1 SGB III u.F. mit Wirkung zum 01.08.2004 aufgehoben. Der Gesetzgeber ging dabei entsprechend den vorstehenden Ausführungen und der damals vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass durch die Streichung der Verordnungsermächtigung Arbeitnehmer für die Dauer ihrer Auslandsbeschäftigung ab der Förderzeit 2004/2005 vom Bezug des Wintergeldes ausgeschlossen werden (vgl. BR-Drucks 155/04, S. 78 zu Nummer 2 (§ 216)). Mit dieser Regelung bezweckte der Gesetzgeber, deutsche Bauarbeitgeber, die im Ausland tätig sind, zu entlasten und vor Wettbewerbsnachteilen zu schützen. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurf (BR-Drucks 155/04, a.a.O.): 44"Die Leistungen der Winterbauförderung, zu denen auch die Gewährung von Wintergeld gehört, werden durch die von den Bauarbeitgebern zu erbringende Winterbau-Umlage finanziert. Die Winterbau-Umlage wird auch für Arbeitsentgelte erhoben, die auf Zeiten einer Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer auf Auslandsbaustellen entfallen. Bauarbeitgeber mit Niederlassung in Deutschland müssen nach den geltenden Bestimmungen im Ausland in ggf. dort bestehende Systeme der Winterbauförderung einzahlen, obwohl sie nur Leistungen aus einem System erhalten können. Demnach werden im Ausland tätige inländische Bauarbeitgeber doppelt belastet. Dies führt zu nicht unerheblichen Wettbewerbsnachteilen. Um diese zu beseitigen, soll zukünftig keine Winterbau-Umlage für Zeiten der Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer auf Auslandsbaustellen mehr erhoben werden. Im Gegenzug werden Arbeitnehmer für die Dauer ihrer Auslandsbeschäftigung ab der Förderungszeit 2004/2005 vom Bezug des Wintergeldes ausgeschlossen. Sie können dann ggf. Leistungen aus einem ausländischen System der Winterbauförderung erhalten." 45Konsequenterweise wurde zugleich die Winterbau-Umlageverordnung, die bis zum 31.03.2006 die Erhebung der Umlage zur Finanzierung des Wintergeldes regelte, geändert und in § 3 Abs. 1a eine dem späteren § 5 Abs. 4 WinterbeschV entsprechende Regelung eingeführt: 46"Dem Arbeitgeber werden entrichtete Umlagebeträge, die auf Zeiten einer Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereiches des Dritten Buches Sozialgesetzbuch entfallen, auf Antrag für jeweils ein Kalenderjahr erstattet. Die Erstattung der Umlagebeträge ist vom Arbeitgeber innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu beantragen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zeiten nach Satz 1 liegen." 47Diese Regelung sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs sicher stellen, "dass die Bauarbeitgeber zukünftig keine Winterbau-Umlage mehr für gewerbliche Arbeitnehmer, die auf Auslandsbaustellen beschäftigt sind, an die Umlageeinzugsstellen (Agenturen für Arbeit) abführen müssen." (BR-Drucks 155/04, S. 100). 48Durch das Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.04.2006 (BGBl I 926) wurden die Leistungen der Winterbauförderung mit Wirkung ab dem 01.04.2006 neu strukturiert. Während das Winterausfallgeld durch das Saison-Kurzarbeitergeld ersetzt wurde, wurde das Wintergeld als ergänzende Leistung in § 175a SGB III a.F. neu geregelt und davon abhängig gemacht, dass die finanziellen Mittel hierfür durch eine Umlage aufgebracht werden. Zugleich wurde die Winterbau-Umlageverordnung durch die am 26.04.2006 erlassene WinterbeschV, die bereits in ihrer ursprünglichen Fassung die Regelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV enthielt, ersetzt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollten die ergänzenden Leistungen davon abhängen, dass eine Umlage "zur Finanzierung einzelner oder aller" in § 175a Abs. 2 bis 4 SGB III a.F. näher beschriebenen Leistungen vorliegt (vgl. BT-Drucks 16/429, S. 15 zu Absatz 1). Zugleich wollte der Gesetzgeber den Kreis der Förderberechtigten im Vergleich zur bisherigen Winterbauförderung nicht erweitern (vgl. BT-Drucks 16/429, S. 15 zu Absatz 5). 49Vor diesem Hintergrund lässt sich das Zusammenwirken von § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 Satz 1 WinterbeschV nach den in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nur so deuten, dass Arbeitnehmer, die auf Baustellen im Ausland beschäftigt sind, keinen Anspruch auf Wintergeld und damit auch nicht auf Mehraufwands-Wintergeld haben sollen. Wirtschaftlich betrachtet werden Bauarbeitgeber, die gewerbliche Arbeitnehmer auf Auslandsbaustellen beschäftigen, durch § 5 Abs. 4 WinterbeschV ebenso wie nach § 3 Abs. 1a Winterbau-Umlageverordnung in der ab dem 01.08.2004 geltenden Fassung weiterhin von der Winterbauumlage befreit. Die Winterbau-Umlage steht deshalb zur Finanzierung von Mehraufwands-Wintergeld für auf Auslandsbaustellen beschäftigte Arbeitnehmer nicht zur Verfügung, so dass die Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nicht vorliegen. 50Würde man, wie das SG, allein darauf abstellen, dass die Umlage von der Klägerin zunächst auch für die im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer erhoben wurde, würde man ignorieren, dass der Gesetzgeber nach den vorstehenden Ausführungen hinsichtlich des Abführens der Umlage eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gewählt hat und Bauarbeitgeber durch § 3 Abs. 1a Winterbau-Umlageverordnung in der ab dem 01.08.2004 bis zum 31.03.2006 geltenden Fassung und damit auch durch die identische Nachfolgeregelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV so stellen wollte, als müssten sie für gewerbliche Arbeitnehmer, die auf Auslandsbaustellen beschäftigt sind, gar keine Umlage abführen. Die gewählte Lösung über die Erstattung der zunächst entrichteten Umlage auf Antrag ist allein der verfahrensrechtlichen Praktikabilität geschuldet: Der Einzug der Umlage muss als Massengeschäft unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls erfolgen, um den ausreichenden Mittelzufluss zu sichern. Der einzelne Arbeitgeber kann die einzelnen Auslandseinsätze seiner Arbeitnehmer über das Kalenderjahr hinweg erfassen und dann die Erstattung einer größeren Summe beantragen. Im Ergebnis muss die Umlage deshalb bei Auslandseinsätzen nicht gezahlt werden; dies gilt wegen der Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV auch zugunsten der Arbeitnehmer. 51Darüber hinaus würde ausgehend von der vom SG vertretenen Auffassung der Kreis der Förderberechtigten durch die Einführung des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. zum 01.04.2006 gegenüber der früheren Winterbauförderung erweitert. Dies widerspricht der in den Gesetzgebungsmaterialien ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers. 52Schließlich ist die Auffassung des SG auch nicht mit dem Charakter des Mehraufwands- Wintergelds als umlagefinanzierter Leistung vereinbar. Die Umlagefinanzierung ist Ausdruck des Solidaritätsprinzips (vgl. BSG, Urt. v. 22.02.2012 - B 11 AL 4/11 R -, juris Rn. 31). Könnten Arbeitnehmer ungeachtet der Regelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV Mehraufwands-Wintergeld bei einer Beschäftigung auf Auslandsbaustellen erhalten, würde das Solidaritätsprinzip durchbrochen. Die betroffenen Arbeitnehmer erhielten auf Kosten der anderen Umlagepflichtigen Leistungen, obwohl sie wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV mit deren Finanzierung wirtschaftlich nicht belastet sind und deshalb auch insoweit kein Risiko nutzloser Umlageaufwendungen tragen. 53b) Eine anderen Bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für die Kalenderjahre 2009 und 2010 keinen Antrag auf Erstattung der Umlagebeträge, die auf Zeiten einer Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereiches des Dritten Buches Sozialgesetzbuch entfallen, gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 WinterbeschV gestellt hat. Die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. steht nicht zur Disposition der betroffenen Arbeitnehmer oder ihres Arbeitgebers. § 5 Abs. 4 Satz 1 WinterbeschV eröffnet den Arbeitgebern des Baugewerbes keine Entscheidungsoption dahingehend, dass sie durch Unterlassen des Erstattungsantrags Ansprüche ihrer Arbeitnehmer nach § 175a SGB III entstehen lassen können. Vielmehr bewirkt § 5 Abs. 4 WinterschV nach den vorstehenden Ausführungen, dass bei Auslandsbeschäftigungen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III generell nicht erfüllt sind, weil insoweit Mittel aus der Umlage nicht vorgesehen sind. Die verfahrensrechtliche Lösung über die Erstattung der zunächst vereinnahmten Umlagebeträge auf Antrag dient, wie bereits ausgeführt, allein der Praktikabilität. Sie eröffnet aber in Bezug auf die ergänzenden Leistungen nach § 175a SGB III kein (materielles) Wahlrecht. Wenn der Arbeitgeber auf den ihm zustehenden Erstattungsanspruch nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WintertbeschV durch Unterlassen rechtzeitiger Antragstellung verzichtet, liegt dies allein in seinem Verantwortungsbereich und kann im Hinblick auf § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV u.U. auch zu Schadensersatzansprüchen seiner Arbeitnehmer führen. 543. § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 WinterbeschV sind ebenso wie das Ergebnis ihrer Anwendung im konkreten Fall mit höherrangigem Recht vereinbar. 55a) § 5 Abs. 4 WinterbeschV wird zunächst nicht durch § 4 SGB IV verdrängt. Es wird zwar vertreten, dass die in § 4 SGB IV geregelte Ausstrahlung auch bedeute, dass der entsandte Arbeitnehmer, sofern das Gesetz keine Ausnahme vorsehe, auch Leistungsansprüche habe (vgl. Padé, in: jurisPK-SGB IV, § 4 Rn. 48). Abgesehen davon, dass diese Vorschrift als Kollisionsregeln in erster Linie die Bestimmung des anwendbaren Rechts regelt und die in den besonderen Teilen des SGB normierten Voraussetzungen für einzelne Leistungen nicht aushebeln kann, gibt sie für den vorliegenden Fall aber schon deshalb nichts her, weil es sich bei dem Mehraufwands-Wintergeld nicht um eine Versicherungsleistung, sondern um eine umlagefinanzierte Leistung handelt. Umlagefinanzierte Leistungen gehören, was sich deutlich auch aus § 340 SGB III ergibt, nach der Systematik des SGB nicht zu den durch Beiträge finanzierten Versicherungsleistungen. 56b) Verfassungsrecht ist offensichtlich nicht verletzt. § 5 Abs. 4 WinterbeschV verhindert eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG. Die Nichtgewährung einer Leistung stellt auch keinen abwehrrechtlich relevanten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG dar. Art. 12 Abs. 1 GG enthält kein verfassungsrechtliches Leistungsrecht auf Gewährung bestimmter Sozialleistungen. Die Ungleichbehandlung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern mit im Inland beschäftigten Arbeitnehmern bei der Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die Auslandsbeschäftigung durch § 5 Abs. 4 WinterbeschV nicht umlagepflichtig ist. 57c) Schließlich kann auch keine Verletzung von Unionsrecht festgestellt werden. 58aa) Entgegen der vom SG vertretenen Auffassung sind die betreffenden Regelungen nicht an der VO (EG) Nr. 883/2004 zu messen, so dass auch dahinstehen kann, ob sich aus einzelnen Regelungen dieser Verordnung (eventuell Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. dem Erwägungsgrund 13, vgl. insoweit Fütterer, SGb 2014, 548 (549)) Anforderungen für die Auslegung und Anwendung des hier betroffenen deutschen Rechts ergeben können. Die VO (EG) Nr. 883/2004 ist in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar. 59Die VO (EG) Nr. 883/2004 ist nach ihrem Art. 91 Satz 2 am 01.05.2010 mit Inkrafttreten der sog. Durchführungsverordnung (VO (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) in Kraft getreten. Sie begründet nach ihrem Art. 87 Abs. 1 keinen Anspruch für den Zeitraum vor dem Beginn ihrer Anwendung. Bei einem Anspruch auf eine Dauerleistung bedeutet dies zum einen, dass eine Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 ausscheidet, wenn der Leistungsbezug, um den gestritten wird, vor dem 01.05.2010 beendet ist oder wäre (vgl. insoweit BayLSG, Urt. v. 14.09.2011 - L 13 R 955/09 -, juris Rn. 36). Zum anderen ist die VO (EG) Nr. 883/2004 auch dann nicht anwendbar, wenn der Zeitpunkt der Begründung des streitgegenständlichen Anspruchs vor dem 01.05.2010 liegt. Ein Wechsel der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen während der Dauer der begehrten Leistungsgewährung soll nach Art. 87 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht erfolgen (vgl. Hessisches LSG, Beschl. v. 18.05.2010 - L 6 AL 58/10 B ER -, juris Rn. 11). 60Nach diesen Grundsätzen kann die VO (EG) Nr. 883/2004 den streitgegenständlichen Sachverhalt schon in zeitlicher Hinsicht nicht berühren. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Mehraufwands-Wintergeld für die Zeit von Dezember 2009 bis Februar 2010. Der streitgegenständlichen Zeitraum liegt dementsprechend insgesamt vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 883/2004. 61bb) § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 WinterbeschV sind auch nicht an der VO (EWG) Nr. 1408/71 zu messen, so dass dahinstehen kann, ob und in welchem Umfang diese Verordnung über die Bestimmung des anwendbaren Rechts hinaus materiell-rechtliche Vorgaben, die im konkreten Fall relevant werden könnten, enthält. Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung, der in ihrem Art. 4 geregelt wird, ist nicht eröffnet. Bei dem streitgegenständlichen Mehraufwands-Wintergeld handelt es sich nicht um eine Leistung bei Arbeitslosigkeit im Sinne der allein in Betracht kommenden Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe g) VO (EWG) Nr. 1408/71. 62"Leistung bei Arbeitslosigkeit" im Sinne von Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe g) der Verordnung Nr. 1408/71 liegen nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich nur vor, wenn sie den aufgrund der Arbeitslosigkeit verlorenen Arbeitslohn ersetzen sollen und also für den Unterhalt des arbeitslosen Arbeitnehmers bestimmt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 08.071992 - C-102/91 -, juris Rn. 44; Urt. v. 27.11.1997 - C-57/96 -, juris Rn. 27). Zusätzlich kommt eine Erstreckung des Anwendungsbereichs auf solche Leistungen in Betracht, die Personen gewährt werden, die zwar noch in Arbeit stehen, für die aber eine konkrete Gefahr besteht, arbeitslos zu werden (vgl. EuGH, Urt. v. 04.06.1987 - 375/85 -, juris Rn. 12). 63Das Mehraufwands-Wintergeld lässt sich damit, anders als u.U. das Saison-Kurzarbeitergeld (vgl. insoweit Fütterer, SGb 2014, 547 (549)), nicht unter den unionsrechtlichen Begriff "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" subsumieren. Das Mehraufwands-Wintergeld wird für Arbeitnehmer gezahlt, die in den Monaten Dezember bis Februar auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer sind dementsprechend gerade nicht arbeitslos. Ebenso wenig setzt die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld voraus, dass die Arbeitnehmer konkret von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Es handelt sich vielmehr um eine pauschalierte Mehraufwandsentschädigung, die (etwaigen) erhöhten Aufwendungen des Arbeitnehmers, der auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt ist, Rechnung tragen soll. Anders als das Saison-Kurzarbeitergeld wird Mehraufwands-Wintergeld auch nicht bei Arbeitsausfall gezahlt. Es setzt vielmehr voraus, dass die vertraglich vorgesehenen Arbeitsstunden auch tatsächlich geleistet werden (vgl. insoweit bereits BSG, Urt. v. 20.04.1977 - 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 58). 64Liegen damit die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe g) VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht vor, kann der Anwendungsbereich der Verordnung auch, anders als das SG offensichtlich gemeint hat, nicht über Art. 4 Abs. 2 der Verordnung eröffnet werden. Leistungen der sozialen Sicherheit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 müssen sich auf eines der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung ausdrücklich aufgezählten Risiken beziehen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.02.2006 - C-286/03 -, juris Rn. 37 m.w.N.). Liegt, wie hier, keine der in Art. 4 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 genannten Leistungen vor, ist die Verordnung auch nach Art. 4 Abs. 2 nicht sachlich anwendbar. 65Schließlich handelt es sich beim Mehraufwands-Wintergeld auch offensichtlich nicht um eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne von Art. 4 Abs. 2a VO (EWG) Nr. 1408/71. Es fehlt bereits an der nach Art. 4 Abs. 2a Satz 2 Buchstabe c) VO (EWG) Nr. 1408/71 obligatorischen Aufzählung in Anhang IIa der Verordnung. 66cc) § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 WinterbeschV sind ebenso wie das Ergebnis ihrer Anwendung im konkreten Fall mit Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar. 67Art. 45 AEUV (vormals Art. 39 EG), der die Arbeitnehmerfreizügigkeit regelt, hat folgenden Wortlaut: 68(1) Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet. 69(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. 70(3) Sie gibt - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht, 71a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben; 72b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen; 73c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben; 74d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission durch Verordnungen festlegt. 75(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung. 76Art. 45 AEUV wird nicht verletzt. 77(1) Allerdings liegt durchaus eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor. 78Über den Wortlaut des in Art. 45 Abs. 2 AEUV geregelten Diskriminierungsverbots hinaus enthält Art. 45 AEUV auch ein Beschränkungsverbot. Die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit sollen den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Gemeinschaft erleichtern und stehen deshalb Maßnahmen entgegen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausüben wollen. In diesem Zusammenhang haben die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus dem Vertrag abgeleitete Recht, ihr Herkunftsland zu verlassen, um sich zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben und sich dort aufzuhalten. Nationale Bestimmungen, die einen Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen daher Beeinträchtigungen dieser Freiheit dar, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Arbeitnehmer angewandt werden. Es wäre nämlich mit dem Recht auf Freizügigkeit unvereinbar, wenn ein Arbeitnehmer oder Arbeitsuchender in dem Mitgliedstaat, dem er angehört, weniger günstig behandelt werden dürfte, als wenn er nicht von den Erleichterungen Gebrauch gemacht hätte, die ihm der Vertrag in Bezug auf die Freizügigkeit gewährt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urt. v. 11.01.2007 - C-208/05 -, juris Rn. 31 ff. m.w.N., stRspr). 79Nach diesen Grundsätzen stellt die Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld an Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz in einem anderen Mitgliedstaat der EU beschäftigt sind, eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit dar. Die betreffenden Arbeitnehmer befinden sich in einer ungünstigeren Position, als wenn sie auf einem witterungsbedingten Arbeitsplatz in Deutschland eingesetzt worden wären. Sie könnten durch die Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld bei Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Ausland davon abgehalten werden, von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen und eine Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Ausland aufzunehmen. Zwar stellt das Mehraufwandswintergeld in Höhe von 1,- Euro pro geleisteter Arbeitsstunde, begrenzt auf die in § 175a Abs. 3 Satz 2 SGB III a.F. normierten Obergrenzen, im Verhältnis zum Arbeitsentgelt eine verhältnismäßig geringfügige Leistung dar. Außerdem werden Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt werden, unabhängig davon, ob sie auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt werden, dadurch begünstigt, dass ihnen die Umlage, soweit sie von ihnen zu tragen ist, gemäß § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV erstattet wird. Je länger der Auslandseinsatz dauert, desto eher überwiegt der Vorteil der Erstattung der Umlage den Nachteil der Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld. Da das Mehraufwands-Wintergeld aber gerade bei kurzfristigen Auslandseinsätzen in den Wintermonaten deutlich höher ausfällt als die Erstattung der Umlage, kann ein Hemmnis für die Freizügigkeit durch die Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld jedoch nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen impliziert Art. 45 AEUV u. a., dass Wanderarbeitnehmer nicht deshalb Ansprüche auf Leistungen der sozialen Sicherheit verlieren oder geringere Leistungen erhalten dürfen, weil sie das ihnen vom AEUV verliehene Recht auf Freizügigkeit ausgeübt haben (vgl. EuGH, Urt. v. 09.11.2006 - C-205/05 -, juris Rn. 38 m.w.N; Urt. v. 20.05.2008 - C-352/06 -, juris Rn. 29). 80bb) Die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist jedoch gerechtfertigt. 81Eine Maßnahme, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt, ist nur dann zulässig, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarer Zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem derartigen Fall muss aber die Anwendung einer solchen Maßnahme auch geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zweckes zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist (EuGH, Urt. v. 11.01.2007 - C-208/05 -, juris Rn. 37 m.N., stRspr). 82Diese Voraussetzungen liegen vor. 83Es trifft zwar, wie das SG zutreffend erkannt hat, zu, dass das Mehraufwands-Wintergeld wie die übrigen Maßnahmen zur Sicherung der ganzjährigen Beschäftigung dazu dient, in Wirtschaftszweigen mit hohen saisonbedingten Arbeitsausfällen zu einer Verstetigung der Beschäftigungsverhältnisse beizutragen und damit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten entgegen zu wirken (vgl. BT-Drucks 16/429, S. 1). Dieser Zweck wird auch bei einer Beschäftigung im Ausland erreicht. Zudem können den betroffenen Arbeitnehmern die Mehraufwendungen, die durch das Mehraufwands-Wintergeld pauschaliert gedeckt werden sollen, auch bei der Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Ausland entstehen. Schließlich erscheint es auch zweifelhaft, ob die Beschränkung des Mehraufwands-Wintergeld auf im Inland Beschäftigte noch damit gerechtfertigt werden kann, dass die ganzjährige Bautätigkeit im Inland durch Verlagerung der Sommernachfrage auf den Winter gefördert werden soll, gerechtfertigt werden kann (so aber noch BSG, Urt. v. 20.04.1977 - 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 38 f.; Urt. v. 30.11.1977 - 12 RAr 16/77 -, juris Rn. 8; Urt. v. 25.07.1985 - 7 RAr 114/83 -, juris Rn. 14 unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien zu den entsprechenden Vorschriften des AFG). In neueren Gesetzgebungsmaterialien wird im Wesentlichen auf die Beschäftigungsförderung und die Entlastung der Arbeitslosenversicherung und nicht mehr auf die Förderung gleichmäßiger Bautätigkeit im Inland abgestellt. 84Die Rechtfertigung der Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld an Beschäftigte im Ausland folgt jedoch aus dem Charakter des Mehraufwands-Wintergeld als umlagefinanzierter Leistung. Könnten auch solche Arbeitnehmer, die auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen im Ausland beschäftigt sind, Mehraufwands-Wintergeld erhalten, würde das der Umlagefinanzierung zugrunde liegende Solidaritätsprinzip konterkariert. Die betroffenen Arbeitnehmer würden die Leistung erhalten, obwohl sie wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV nicht zu ihrer Finanzierung beitragen müssen. Damit würde die Finanzierung des Mehraufwands-Wintergeld grundlegend beeinträchtigt, denn es würde ein Anreiz für in Deutschland ansässige Unternehmen und Arbeitnehmer geschaffen, durch Entsendung in Deutschland wohnhafter Arbeitnehmer ins grenznahe Ausland bzw. dortige Beschäftigungsaufnahme Umlagebeträge einzusparen und gleichzeitig die gleichen sozialen Vergünstigungen versprechen zu können, wie sie bei einer Beschäftigung in Deutschland bestünden. Dadurch würde das Umlagesystem selbst grundlegend in Frage gestellt und die Finanzierung des Mehraufwands-Wintergeld gefährdet. Die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld an Beschäftigte im Ausland, für die zugleich die Erstattungsregelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV eingreift, würde damit zu einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des hier vorliegenden Systems der sozialen Sicherheit führen. Dies stellt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit grundsätzlich rechtfertigt (vgl. insoweit EuGH, Urt. v. 10.03.2009 - C-169/07 -, juris Rn. 47 m.N.). 85Darüber hinaus hätten in Deutschland ansässige Unternehmen, wenn Mehraufwands-Wintergeld auch für im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer zu zahlen wäre, erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber den im Ausland ansässigen Unternehmen. Anders als diese könnten sie ihren Arbeitnehmern eine umlagefinanzierte Leistung gewähren, ohne insoweit selbst zur Umlage beitragen zu müssen (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 20.04.1977 - 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 43). Die Vermeidung solcher Wettbewerbsvorteile entspricht dem Zweck des AEUV, der an verschiedenen Stellen Vorschriften enthält, die einer Verzerrung des Wettbewerbs durch Bevorzugung inländischer Unternehmen entgegenstehen. 86Der Ausschluss von Arbeitnehmern, die im Ausland beschäftigt sind, vom Mehraufwands-Wintergeld ist zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des hier vorliegenden Systems der sozialen Sicherheit und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen geeignet und auch erforderlich. 87Die Erstreckung der Umlagepflicht auf Beschäftigungen im Ausland und damit die Abschaffung von § 5 Abs. 4 WinterbeschV stellt kein milderes Mittel dar. Dadurch würden zum einen Unternehmen und solche Arbeitnehmer belastet, die zwar im Ausland, aber dort nicht auf einem witterungsbedingten Arbeitsplatz beschäftigt sind und deshalb keinen Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld haben. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Leistungen zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung in witterungsabhängigen Branchen nicht in allen Mitgliedstaaten der EU vorgesehen und auch dort, wo sie vorgesehen sind, unterschiedlich geregelt sind. Eine Rechtsvereinheitlichung solcher speziellen Leistungen ist im AEUV nicht vorgesehen. Soweit der Staat, in dem die Tätigkeit verrichtet wird, seinerseits Leistungen zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vorsieht und hierfür Abgaben von allen, d.h. auch von im Ausland ansässigen, Unternehmen, die in seinem Gebiet tätig sind und Arbeitnehmer beschäftigen, verlangt (was beispielsweise in Deutschland nach verbreitet vertretener Auffassung der Fall ist, vgl. Schaumberg, in: jurisPK-SGB III, § 354 Rn. 32 m.w.N.), würden in Deutschland ansässige Unternehmen bei Streichung des § 5 Abs. 4 WinterschV doppelt belastet. Dies würde zu Wettbewerbsnachteilen in Deutschland ansässiger Unternehmen und damit wiederum zu Wettbewerbsverzerrungen führen (vgl. insoweit vgl. BR-Drucks 155/04, S. 78 zu Nummer 2 (§ 216)). 88Darüber hinaus müsste bei Streichung von § 5 Abs. 4 WinterbeschV aufgrund der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. auch an solche Arbeitnehmer Mehraufwands-Wintergeld gezahlt werden, die zwar auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind, aber in solchen Ländern bzw. Regionen im Ausland tätig werden, in denen der Winter in der Regel milder ausfällt als in Deutschland. Ein Arbeitsplatz ist dann witterungsabhängig, wenn die Möglichkeit der Arbeitsleistung maßgeblich vom Witterungsverlauf direkt beeinflusst wird, so dass am konkreten Arbeitsort die Gefahr witterungsbedingten Arbeitsausfalls besteht (vgl. Mutschler, in: GK-SGB III, 5. Aufl. 2012, § 102 Rn. 44; Kühl, in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 102 Rn. 33). Diese Voraussetzungen könnten auch bei milderen klimatischen Bedingungen, als sie in Deutschland im Regelfall im Winter herrschen, erfüllt werden. § 175a SGB III enthält, anders als das SG offensichtlich angenommen hat, keine Vorgaben für die klimatischen Verhältnisse, die in dem Monaten Dezember bis Februar herrschen sollen, sondern knüpft allein an die Witterungsabhängigkeit des Arbeitsplatzes an und sagt nichts darüber aus, welche Art von Witterungsabhängigkeit gegeben sein muss (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 20.04.1977 - 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 48). Damit würde der Sinn und Zweck des Mehraufwands-Wintergeld, die witterungsbedingten Mehraufwendungen während der Förderzeit auszugleichen, in Frage gestellt, da bei wärmeren, wenngleich für die Erbringung von Arbeitsleistungen immer noch schwierigen klimatischen Bedingungen in der Förderzeit keine oder nur geringere Mehraufwendungen denkbar sind. Ein Ausschluss des Erstattungsanspruchs nach § 5 Abs. 4 WinterbeschV bei Beschäftigungen lediglich in solchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die vergleichbaren klimatischen Verhältnissen wie das Bundesgebiet unterliegen, wäre mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden (vgl. insoweit auch BSG a.a.O.). Letztlich kann nur jeder Staat selbst beurteilen, ob bei Beschäftigung im Baugewerbe in den Wintermonaten Mehraufwendungen durch Witterungsverhältnisse entstehen, die durch eine Sozialleistung, wie das Mehraufwands-Wintergeld, pauschal ausgeglichen werden können. 89Schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV auch bei denjenigen Arbeitnehmern, die auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen im Ausland beschäftigt sind, für eine gewisse finanzielle Entlastung sorgt. Je länger der Auslandseinsatz dauert, desto höher fällt die Erstattung der Umlage aus, zumal der Erstattungsanspruch nach § 5 Abs. 4 WinterbeschV nicht auf die Wintermonate begrenzt ist. Von daher gibt § 5 Abs. 4 WinterbeschV auch einen Anreiz für die Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland außerhalb der Förderzeit des § 175a Abs. 3 SGB III a.F. Vor diesem Hintergrund ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit gewahrt. 903. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Klägerin gehört als Leistungsempfängerin zum privilegierten Personenkreis des § 183 SGG (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 21.07.2009 - B 7 AL 3/08 R -, juris Rn. 22; Beschluss des Senats vom 02.02.2006 - L 9 AL 76/05 -, juris Rn. 3). 914. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts dortmund vom 20.06.2013 abgeändert und die klage abgewiesen. außergerichtliche kosten sind in beiden rechtszügen nicht zu erstatten. die revision wird zugelassen. 1
2die klägerin begehrt die gewährung von mehraufwands-wintergeld für die monate dezember 2009 bis februar 2010 für ihre arbeitnehmer. 3die klägerin ist eine gesellschaft (limited) nach türkischem recht mit hauptniederlassung in j/türkei, die seit 17.09.2007 eine zweigniederlassung in e unterhält. geschäftszweck ist das maurer- und betonbauerhandwerk. sie ist umlagepflichtig in der zusatzversorgungskasse des baugewerbes (soka-bau). die klägerin ist eingetragen in die handwerksrolle der handwerkskammer e und das handelsregister des amtsgerichts e. auf die arbeitsverhältnisse findet der allgemeinverbindliche bundesrahmentarifvertrag für das baugewerbe (brtv bau) anwendung. der gesamtbetrieb der klägerin ist in das verfahren zur förderung der winterbeschäftigung einbezogen (vgl. insoweit auch den prüfbericht der beklagten vom 03.05.2010). für ihre arbeitnehmer zahlt sie fortlaufend die winterbeschäftigungs-umlage. 4die klägerin führte ab oktober 2009 bis mai 2012 bauarbeiten, zunächst betonarbeiten, auf einer baustelle in f/niederlande durch. sie beschäftigte dafür arbeitnehmer mit wohnsitz in der bundesrepublik deutschland. für den monat dezember 2009 zahlte sie 40 arbeitnehmern, für januar 2010 61 arbeitnehmern für februar 2010 84 arbeitnehmern mehraufwands-wintergeld in monatlichen beträgen zwischen 4,- und 139,- euro aus. 5am 22.03.2010 beantragte die klägerin bei der beklagten die "erstattung" von mehraufwands-wintergeld für die monate dezember 2009, januar 2010 und februar 2010. sie bezifferte das mehraufwands-wintergeld für den monat dezember 2009 für 40 arbeitnehmer auf 849,50 euro, für januar 2010 für 61 arbeitnehmer auf 2710,00 euro sowie für februar 2010 für 84 arbeitnehmer auf 5811,50 euro. dabei legte sie abrechnungslisten für die beschäftigten arbeitnehmer sowie teilweise lohnabrechnungen vor, aus denen sich das gewährte mehraufwands-wintergeld für die einzelnen arbeitnehmer ergab. zudem überreichte sie unterlagen über die wetterbedingungen in der region. 6mit bescheid vom 04.05.2010 lehnte die beklagte die gewährung von mehraufwands-wintergeld ab. zur begründung führte sie aus, witterungsbedingte arbeitsausfälle auf baustellen im ausland könnten keine ansprüche auf saison-kurzarbeitergeld und ergänzende leistungen gemäß §§ 175 ff. sgb iii begründen, da der gesetzgeber von der inlandsbezogenheit der förderungen der ganzjährigen beschäftigung ausgegangen sei. die tatsache, dass die arbeitnehmer auch für zeit der entsendung ins ausland beitragsverpflichtet zur gesamtsozialversicherung blieben, begründe nicht einen tatsächlichen anspruch auf leistungen, vielmehr handele es sich hierbei um ein sogenanntes solidarprinzip. die gewährung der leistung auf das gebiet der bundesrepublik deutschland zu begrenzen, sei dabei unstrittig. diesen grundsatz folge auch § 5 abs. 4 s. 1 der winterbeschäftigungsverordnung (winterbeschv), da umlagebeiträge den zur zahlung verpflichteten arbeitgebern für zeiten einer beschäftigung gewerblicher arbeitnehmer auf baustellen außerhalb des geltungsbereichs des sgb iii erstattet würden. da für diese zeiten keine mittel durch die umlage aufgebracht würden, entfalle der entsprechende anspruch kraft gesetzes, § 175a abs.1 sgb iii. 7den hiergegen am 19.05.2010 eingelegten widerspruch, mit dem die klägerin einen verstoß gegen die arbeitnehmerfreizügigkeit rügte, wies die beklagte mit widerspruchsbescheid vom 31.05.2010 als unbegründet zurück. 8die klägerin hat am 30.06.2010 klage beim sozialgericht (sg) dortmund erhoben. sie hat im wesentlichen vorgetragen, die auffassung der beklagten sei europarechtswidrig. es sei insbesondere auf die rechte der arbeitnehmer abzustellen. die fragliche norm sei europarechtlich nicht so auszulegen, dass die im geltungsbereich des grundgesetzes ansässigen arbeitnehmer von den sozialen sicherungsrechten ausgeschlossen seien, wenn sie vorübergehend in ein anderes europäisches land zur arbeitserbringung abgeordnet seien. 9die klägerin hat beantragt, 10den bescheid vom 04.05.2010 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 31.05.2010 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, der klägerin mehraufwands-wintergeld für dezember 2009, januar 2010 und februar 2010 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. 11die beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie hat die auffassung vertreten, witterungsbedingte arbeitsausfälle und wirtschaftlich bedingte arbeitsausfälle auf baustellen im ausland könnten aufgrund des territorialitätsprinzips keine ansprüche auf die beantragte leistung begründen. 14das sg hat in der mündlichen verhandlung einen bevollmächtigten mitarbeiter der klägerin angehört. dieser hat unter anderem erklärt, die hier betroffene zeit sei die einzige gewesen mit einer schlechtwetterperiode. wegen der weiteren einzelheiten wird auf das sitzungsprotokoll vom 20.06.2013 bezug genommen. 15mit urteil vom 20.06.2013 hat das sg der klage stattgegeben und die beklagte unter aufhebung des bescheids vom 04.05.2010 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 31.05.2010 verurteilt, der klägerin mehraufwands-wintergeld für dezember 2009, januar 2010 und februar 2010 nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. zur begründung hat es ausgeführt, die voraussetzungen des § 175a sgb iii in der bis zum 31.03.2012 geltenden fassung lägen vor. die klägerin habe mehraufwands-wintergeld für arbeitnehmer beantragt, die in der gesetzlich vorgesehenen zeit auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz beschäftigt gewesen seien. die arbeitnehmer seien auf der baustelle in f beschäftigt gewesen, die sowohl abstrakt als auch konkret witterungsabhängig gewesen sei. nach den im verwaltungsverfahren vorgelegten und auch von den beteiligten nicht bezweifelten klimadaten habe im streitigen zeitraum eine anhaltende schlechtwetterperiode, das heißt mit temperaturen von unter 0 bis maximal 4 bzw. 6 grad celsius vorgelegen. es sei auch tatsächlich arbeit im förderzeitraum auf diesen arbeitsplätzen geleistet worden. 16die mittel für die förderung durch mehraufwandswintergeld würden zudem durch eine umlage aufgebracht. die klägerin sei umlagepflichtig und habe die auf sie gemäß § 183 sgb iii af i.v. mit der winterbeschv entfallenden umlagebeiträge tatsächlich geleistet. § 5 abs. 4 der winterbeschv stehe dem nicht entgegen. durch diese vorschrift entfalle weder die abstrakt bestehende umlagepflicht der klägerin als betrieb des baugewerbes noch der umstand, dass die klägerin tatsächlich beiträge entrichtet habe. die vorschrift regele vielmehr lediglich die möglichkeit für arbeitgeber, sich beiträge erstatten zu lassen. sie könne aber schon wegen § 2 abs. 2 sgb i nicht zur einschränkung des anspruchs auf die leistung gemäß § 175 a sgb iii a.f. herangezogen werden. ein etwaiger anderer wille des gesetzgebers habe keinen eingang in das gesetz gefunden. ein ausschluss von den leistungen sei nicht ausdrücklich geregelt und würde den wortlaut des gesetzes überspannen. im übrigen sei das ziel der ganzjährigen beschäftigung auch bei tätigkeiten außerhalb der bundesrepublik deutschland erreichbar. ebenso sei der unterstellte mehraufwand der arbeitnehmer, der durch das mehraufwands-wintergeld pauschaliert abgegolten werden solle, von dem einsatzort unabhängig. 17eine einschränkende auslegung, die die arbeitnehmer von der förderung durch mehraufwands-wintergeld ausschlösse, widerspräche nach auffassung der kammer auch europarecht, namentlich artikel 12 der verordnung (eg) nr. 883/2004. frühere entscheidungen des bsg, die die auffassung der beklagten stützten, hätten sich wegen der umfassenden gesetzlichen neuordnung und der vorgaben aus europarecht, die insbesondere den abbau und wegfall diskriminierender rechtsvorgaben und -umsetzungen zum ziel habe, überholt. sinn und zweck der förderleistungen des § 175a sgb iii a.f. (jetzt: § 102 sgb iii) sei die förderung ganzjähriger beschäftigung und - für die konkret begehrte leistung - der ausgleich witterungsbedingter nachteile der arbeitnehmer. eine inlandsbezogenheit im hinblick auf den tätigkeitsort lasse sich dem nicht entnehmen. 18auch die weiteren voraussetzungen für einen anspruch auf mehraufwandswintergeld lägen vor. die arbeitsverhältnisse derjenigen arbeitnehmer, für die die klägerin mehraufwands-wintergeld beantragt habe, hätten nicht aus witterungsbedingten gründen gekündigt werden können. dies ergebe sich aus dem allgemeinverbindlich erklärten bundesrahmentarifvertrag für das baugewerbe, konkret aus § 11 brtv. die klägerin habe auch den antrag rechtzeitig im sinne des § 325 abs. 3 sgb iii gestellt. 19gegen dieses ihr am 25.07.2013 zugestellte urteil hat die beklagte am 22.08.2013 berufung eingelegt. sie meint, das mehraufwands-wintergeld sei für arbeiten, die auf baustellen im ausland verrichtet würden, nicht vorgesehen. die entscheidungen des bsg aus den jahren 1977 und 1985 seine weiterhin einschlägig. wegen § 5 abs. 4 winterbeschv seien die voraussetzungen des § 175a sgb iii a.f. nicht erfüllt. zwar normiere diese vorschrift keine ausnahme von der umlagepflicht, sondern stelle klar, dass die beklagte die umlagebeträge bei auslandsbeschäftigungen nicht behalten dürfe. dies entspreche im ergebnis der aufhebung der umlagepflicht und führe deshalb dazu, dass die mittel für das mehraufwands-wintergeld gerade nicht durch eine umlage aufgebracht würden. dies entspreche auch dem willen des gesetzgebers. die vo (eg) nr. 883/2004 stehe diesem ergebnis nicht entgegen, weil sie sachlich nicht anwendbar sei. 20die beklagte beantragt, 21das urteil des sozialgerichts dortmund vom 20.06.2013 abzuändern und die klage abzuweisen. 22die klägerin wird beantragen, 23die berufung zurückzuweisen. 24sie hält das erstinstanzliche urteil für zutreffend. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die streit- und die beigezogene verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. diese unterlagen haben vorgelegen und sind gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 26
27die zulässige berufung ist begründet. das sg hat der zulässigen, von der klägerin insbesondere zulässigerweise als prozessstandschafterin der für sie tätig gewesenen arbeitnehmer erhobenen klage zu unrecht stattgegeben, denn die klage ist unbegründet. die klägerin bzw. die betroffenen arbeitnehmer sind nicht im sinne von § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, denn der bescheid vom 04.05.2010 und der widerspruchsbescheid vom 31.05.2010 sind rechtmäßig. es besteht kein anspruch auf gewährung von mehraufwands-wintergeld im zeitraum von dezember 2009 bis februar 2010 für die im antrag der klägerin vom 22.03.2010 benannten arbeitnehmer. 28als anspruchsgrundlage kommt allein § 175a abs. 1 und 3 sozialgesetzbuch drittes buch in der hier anwendbaren, bis zum 31.03.2012 geltenden fassung (sgb iii a.f., heute § 102 abs. 1 und 3 sgb iii) in betracht. nach § 175a abs. 1 sgb iii a.f. haben arbeitnehmer anspruch auf wintergeld als zuschuss-wintergeld und mehraufwands-wintergeld und arbeitgeber haben anspruch auf erstattung der von ihnen zu tragenden beiträge zur sozialversicherung, soweit für diese zwecke mittel durch eine umlage aufgebracht werden. mehraufwands-wintergeld wird nach § 175a abs. 3 sgb iii a.f. in höhe von 1,00 euro für jede in der zeit vom 15. dezember bis zum letzten kalendertag des monats februar geleistete berücksichtigungsfähige arbeitsstunde an arbeitnehmer gewährt, die auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz beschäftigt sind. berücksichtigungsfähig sind im dezember bis zu 90, im januar und februar jeweils bis zu 180 arbeitsstunden. das mehraufwands-wintergeld soll im sinne eines pauschalierten aufwendungsersatzes die witterungsbedingten mehraufwendungen während der förderzeit ausgleichen (mutschler, in: gk-sgb iii, 5. aufl. 2013, § 102 rn. 16). 29die vorschrift des § 175a abs. 1 und 3 sgb iii a.f. ist zwar anwendbar (dazu 1.). jedoch liegen ihre voraussetzungen nicht vor (dazu 2.). dies ist auch mit höherrangigem recht vereinbar (dazu 3.). 301. § 175a abs. 1 und 3 sgb iii a.f. ist anwendbar, weil sich der geltend gemachte anspruch nach deutschem sozialrecht richtet. dies folgt zunächst aus der allgemeinen kollisionsnorm (vgl. bsg, urt. v. 09.08.1995 - 13 rj 59/93 -, juris rn. 32; urt. v. 27.08.2008 - b 11 al 22/07 r -, juris rn. 24) des § 30 abs. 1 sozialgesetzbuch erstes buch (sgb i). danach gelten die vorschriften dieses gesetzbuchs für alle personen, die ihren wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt in seinem geltungsbereich haben. dies war bei allen arbeitnehmern, für die die klägerin am 22.03.2010 mehraufwands-wintergeld beantragt hat, im betroffenen und damit auch streitgegenständlichen zeitraum vom 15.12.2009 bis zum 28.02.2010 der fall. 31es kann dahinstehen, ob die allgemeine kollisionsnorm des § 30 abs. 1 sgb i durch spezielle kollisionsregeln verdrängt wird, denn alle in betracht kommenden speziellen kollisionsregeln führen ebenfalls zur anwendung deutschen sozialrechts und damit auch zur anwendung von § 175a abs. 1 und 3 sgb iii a.f. 32dies gilt zunächst für art. 14 nr. 1 buchstabe a der verordnung (ewg) nr. 1408/71 des rates vom 14.06.1971 zur anwendung der systeme der sozialen sicherheit auf arbeitnehmer und selbständige sowie deren familienangehörige, die innerhalb der gemeinschaft zu- und abwandern (abl. l 28 vom 30.01.1997, s. 1; vo (ewg) nr. 1408/71). danach unterliegt eine person, die im gebiet eines mitgliedstaats von einem unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem unternehmen zur ausführung einer arbeit für dessen rechnung in das gebiet eines anderen mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den rechtsvorschriften des ersten mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche dauer dieser arbeit zwölf monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere person ablöst, für welche die entsendungszeit abgelaufen ist. diese vorschrift, deren voraussetzungen für alle betroffenen arbeitnehmer im streitgegenständlichen zeitraum erfüllt waren, führt ebenfalls zur anwendung deutschen rechts, nämlich des rechts des entsendestaates. es kann deshalb an dieser stelle dahinstehen, ob der sachliche anwendungsbereich der vo (ewg) nr. 1408/71 eröffnet ist (dazu unten). 33zu dem gleichen ergebnis führt art. 12 der verordnung (eg) nr. 883/2004 des europäischen parlaments und des rates vom 29.04.2004 zur koordinierung der systeme der sozialen sicherheit (abl. l 166 vom 30.04.2004, s. 1; vo (eg) nr. 883/2004). danach unterliegt eine person, die in einem mitgliedstaat für rechnung eines arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine beschäftigung ausübt und die von diesem arbeitgeber in einen anderen mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine arbeit für dessen rechnung auszuführen, weiterhin den rechtsvorschriften des ersten mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche dauer dieser arbeit 24 monate nicht überschreitet und diese person nicht eine andere entsandte person ablöst. auch danach ist deutsches recht anwendbar. es kann deshalb an dieser stelle dahinstehen, ob die vo (eg) nr. 883/2004 überhaupt in zeitlicher hinsicht anwendbar ist (dazu unten). 34schließlich führt auch § 4 abs. 1 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv) zur anwendbarkeit deutschen rechts. nach dieser vorschrift gelten die vorschriften über die versicherungspflicht und die versicherungsberechtigung, soweit sie eine beschäftigung voraussetzen, auch für personen, die im rahmen eines im geltungsbereich dieses gesetzbuchs bestehenden beschäftigungsverhältnisses in ein gebiet außerhalb dieses geltungsbereichs entsandt werden, wenn die entsendung infolge der eigenart der beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist. ob diese vorschrift überhaupt etwas über die anwendbarkeit des leistungsrechts des sgb iii aussagt und auf die hier streitige leistung, die nicht zu den versicherungsleistungen gehört, anwendbar sein kann, braucht nicht entschieden zu werden (siehe auch dazu unten). 352. entgegen der auffassung des sg liegen die tatbestandlichen voraussetzungen des § 175a abs. 1 sgb iii a.f. nicht vor. zwar erfüllen die betroffenen arbeitnehmer im streitgegenständlichen zeitraum die voraussetzungen des § 175a abs. 3 sgb iii a.f. insoweit nimmt der senat auf die zutreffenden ausführungen des sg in dem angefochtenen urteil bezug (§ 153 abs. 2 sgg). ein anspruch auf mehraufwands-wintergeld besteht jedoch nach § 175a abs. 1 sgb iii a.f. nur, soweit hierfür mittel durch eine umlage aufgebracht werden. dies ist für die betroffenen arbeitnehmer, die im streitgegenständlichen zeitraum auf einer baustelle in den niederlanden und damit im ausland beschäftigt waren, nicht der fall. 36zwar ordnet § 354 sgb iii a.f. an, dass die mittel für die ergänzenden leistungen nach § 175a einschließlich der verwaltungskosten und der sonstigen kosten, die mit der gewährung dieser leistungen zusammenhängen, in den durch verordnung nach § 182 abs. 3 bestimmten wirtschaftszweigen durch umlage aufgebracht werden und die umlage unter berücksichtigung von vereinbarungen der tarifvertragsparteien der wirtschaftszweige von arbeitgebern oder gemeinsam von arbeitgebern und arbeitnehmern aufgebracht und getrennt nach zweigen des baugewerbes und weiteren wirtschaftszweigen abgerechnet wird. eine entsprechende regelung enthält § 2 der auf der grundlage von § 357 abs. 1 sgb iii erlassenen winterbeschäftigungs-verordnung (winterbeschv), wonach die mittel für die ergänzenden leistungen sowie die verwaltungskosten und sonstigen kosten, die mit der gewährung der ergänzenden leistungen zusammenhängen, durch umlage u.a. von betrieben des baugewerbes (§ 1 abs. 1 nr. 1 winterbeschv), wie dem betrieb der klägerin, aufgebracht werden. § 3 winterbeschv enthält sodann nähere bestimmungen über die höhe und die aufbringung der umlagebeträge, die nach maßgabe von § 5 abs. 1 satz 1 winterbeschv am 15. des monats fällig sind, der dem monat folgt, für den das arbeitsentgelt zu zahlen ist. 37zu beachten ist jedoch die regelung des § 5 abs. 4 winterbeschv. danach werden arbeitgebern des baugewerbes entrichtete umlagebeträge, die auf zeiten einer beschäftigung von gewerblichen arbeitnehmern auf baustellen außerhalb des geltungsbereiches des dritten buches sozialgesetzbuch entfallen, auf antrag für jeweils ein kalenderjahr erstattet. der antrag ist innerhalb einer ausschlussfrist von drei kalendermonaten zu stellen; die frist beginnt mit ablauf des kalenderjahres, in dem die zeiten nach satz 1 liegen. ein zu erstattender arbeitnehmeranteil steht dem arbeitnehmer zu. diese regelung führt dazu, dass die mittel für das mehraufwands-wintergeld für arbeitnehmer, die, wie die betroffenen arbeitnehmer der klägerin im streitgegenständlichen zeitraum, auf einer baustelle im ausland beschäftigt sind, nicht im sinne von § 175a abs. 1 sgb iii a.f. aufgebracht werden und für diese arbeitnehmer deshalb kein mehraufwands-wintergeld zu zahlen ist (so im ergebnis auch fütterer, sgb 2014, 547 (548)). 38a) entgegen der auffassung des sg sind die voraussetzungen des § 175a abs. 1 sgb iii a.f. nicht bereits dadurch erfüllt, dass der gesamtbetrieb der klägerin als solcher der umlagepflicht aus § 1 abs. 1 nr. 1 i.v.m. § 2 winterbeschv unterliegt und für den streitgegenständlichen zeitraum und die betroffenen arbeitnehmer auch tatsächlich zunächst umlagebeträge gezahlt hat. mittel werden vielmehr im sinne von § 175a abs. 1 sgb iii a.f. nur insoweit für den zweck der gewährung von mehraufwands-wintergeld durch eine umlage aufgebracht, als die umlage die leistung für die konkret betroffenen arbeitnehmer decken soll und hierfür mittel aus der umlage auch tatsächlich zur verfügung stehen. dies ist wegen § 5 abs. 4 winterbeschv bezüglich der auf baustellen im ausland beschäftigten arbeitnehmer nicht der fall. 39für diese auslegung spricht entgegen der auffassung des sg bereits der wortlaut des § 175a abs. 1 sgb iii a.f. das "aufbringen" von finanziellen mitteln bedeutet schon im allgemeinen sprachgebrauch, dass finanzielle mittel in vollem umfang zur deckung des finanzierungszwecks tatsächlich zur verfügung stehen und auch eingesetzt werden können bzw. dürfen. anderenfalls werden mittel nur "teilweise aufgebracht". hätte dem gesetzgeber die - im hinblick auf § 5 abs. 4 winterbeschv nur vorläufige - zahlung einer umlage ungeachtet des erstattungsanspruchs für die begründung des anspruchs genügt, hätte es nahegelegen, den anspruch ausdrücklich an die zahlung der umlage oder abstrakt an die erhebung der umlage zu knüpfen. dies hat der gesetzgeber jedoch nicht getan, sondern stattdessen die formulierung, dass mittel "aufgebracht" werden müssen, gewählt. dass darüber hinaus ein anspruch auf die ergänzenden leistungen, wie das mehraufwands-wintergeld, nur besteht, "soweit für diese zwecke" mittel aus einer umlage aufgebracht werden, legt zudem eine individuelle, auf die betroffenen arbeitnehmer und die konkrete beschäftigung abstellende betrachtung nahe. die betonung der "zwecke" macht schließlich deutlich, dass die umlage auch dazu dienen muss, die konkrete leistung für die betroffenen arbeitnehmer zu decken. dies ist, soweit die umlage nach § 5 abs. 4 winterbeschv zu erstatten ist, nicht der fall. 40vor allem folgt die vorliegend vertretene auslegung aus der entstehungsgeschichte von § 175a sgb iii und § 5 abs. 4 winterbeschv. 41seit dem inkrafttreten des sgb iii am 01.01.1998 unterlagen die leistungen zur förderung der ganzjährigen beschäftigung in der bauwirtschaft insgesamt und damit auch das mehraufwands-wintergeld als unterfall des wintergelds (vgl. § 209 nr. 1 buchstabe a sgb iii in der ab dem 01.01.1998 geltenden ursprünglichen fassung (sgb iii u.f.)) gemäß § 209 sgb iii u.f. den allgemeinen förderungsvoraussetzungen des § 210 sgb iii u.f. (beschäftigung eines arbeitnehmers in einem betrieb des baugewerbes auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz und fehlende kündbarkeit des arbeitsverhältnisses des arbeitnehmers aus witterungsbedingten gründen in der schlechtwetterzeit) sowie den besonderen anspruchsvoraussetzungen der einzelnen leistungen (für das mehraufwandswintergeld in ähnlicher form wie in § 175a abs. 3 sgb iii a.f. geregelt in § 212 sgb iii u.f.). ergänzend hierzu enthielt § 216 abs. 1 sgb iii u.f. eine ermächtigung zugunsten des zuständigen bundesministeriums, durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates zu bestimmen, dass wintergeld auch für arbeitsstunden gezahlt wird, die entsandte arbeitnehmer im sinne des § 4 abs. 1 des vierten buches außerhalb des geltungsbereiches dieses gesetzes in gebieten leisten, in denen die bauarbeiten während der förderungszeit in gleicher weise witterungsbedingten erschwernissen ausgesetzt sind, wie im geltungsbereich dieses gesetzes. 42der gesetzgeber ging entsprechend dieser systematik also davon aus, dass die in §§ 209 nr. 1, 210, 212 und 213 sgb iii u.f. geregelten gesetzlichen voraussetzungen für das wintergeld bei einer beschäftigung auf baustellen im ausland nicht erfüllt sind. andernfalls hätte es einer ermächtigung zur schaffung einer besonderen, von den gesetzlichen voraussetzungen abweichenden regelung durch rechtsverordnung in § 216 abs. 1 sgb iii u.f. nicht bedurft. diese sichtweise entsprach zum damaligen zeitpunkt auch der höchstrichterlichen rechtsprechung. das bsg hatte zunächst zum wintergeld nach § 80 arbeitsförderungsgesetz (afg) und später auch zum schlechtwettergeld nach §§ 83 ff. afg, das dem im sgb iii eingeführten winterausfallgeld im sinne von § 209 nr. 2 sgb iii u.f. entsprach, entschieden, dass hierfür nur zeiten für innerhalb der grenzen der bundesrepublik deutschland und des landes berlin verrichtete arbeiten berücksichtigt werden können bzw. schlechtwettergeld nur für witterungsbedingte ausfälle von solchen arbeiten in betracht kommt, die innerhalb der grenzen der bundesrepublik deutschland oder des landes berlin zu erbringen sind (bsg, urt. v. 20.04.1977 - 7 rar 55/75 -, juris rn. 37 ff. und leitsatz 2; urt. v. 30.11.1977 - 12 rar 16/77 -, juris rn. 8 f. und leitsatz; urt. v. 25.07.1985 - 7 rar 114/83 -, juris rn. 11 ff. und leitsatz). 43durch das gesetz zur intensivierung der bekämpfung der schwarzarbeit und damit zusammenhängender steuerhinterziehung vom 23.07.2004 (bgbl i 1842) wurde § 216 abs. 1 sgb iii u.f. mit wirkung zum 01.08.2004 aufgehoben. der gesetzgeber ging dabei entsprechend den vorstehenden ausführungen und der damals vorliegenden höchstrichterlichen rechtsprechung davon aus, dass durch die streichung der verordnungsermächtigung arbeitnehmer für die dauer ihrer auslandsbeschäftigung ab der förderzeit 2004/2005 vom bezug des wintergeldes ausgeschlossen werden (vgl. br-drucks 155/04, s. 78 zu nummer 2 (§ 216)). mit dieser regelung bezweckte der gesetzgeber, deutsche bauarbeitgeber, die im ausland tätig sind, zu entlasten und vor wettbewerbsnachteilen zu schützen. so heißt es in der begründung des gesetzentwurf (br-drucks 155/04, a.a.o.): 44"die leistungen der winterbauförderung, zu denen auch die gewährung von wintergeld gehört, werden durch die von den bauarbeitgebern zu erbringende winterbau-umlage finanziert. die winterbau-umlage wird auch für arbeitsentgelte erhoben, die auf zeiten einer beschäftigung gewerblicher arbeitnehmer auf auslandsbaustellen entfallen. bauarbeitgeber mit niederlassung in deutschland müssen nach den geltenden bestimmungen im ausland in ggf. dort bestehende systeme der winterbauförderung einzahlen, obwohl sie nur leistungen aus einem system erhalten können. demnach werden im ausland tätige inländische bauarbeitgeber doppelt belastet. dies führt zu nicht unerheblichen wettbewerbsnachteilen. um diese zu beseitigen, soll zukünftig keine winterbau-umlage für zeiten der beschäftigung gewerblicher arbeitnehmer auf auslandsbaustellen mehr erhoben werden. im gegenzug werden arbeitnehmer für die dauer ihrer auslandsbeschäftigung ab der förderungszeit 2004/2005 vom bezug des wintergeldes ausgeschlossen. sie können dann ggf. leistungen aus einem ausländischen system der winterbauförderung erhalten." 45konsequenterweise wurde zugleich die winterbau-umlageverordnung, die bis zum 31.03.2006 die erhebung der umlage zur finanzierung des wintergeldes regelte, geändert und in § 3 abs. 1a eine dem späteren § 5 abs. 4 winterbeschv entsprechende regelung eingeführt: 46"dem arbeitgeber werden entrichtete umlagebeträge, die auf zeiten einer beschäftigung von gewerblichen arbeitnehmern auf baustellen außerhalb des geltungsbereiches des dritten buches sozialgesetzbuch entfallen, auf antrag für jeweils ein kalenderjahr erstattet. die erstattung der umlagebeträge ist vom arbeitgeber innerhalb einer ausschlussfrist von drei kalendermonaten zu beantragen. die frist beginnt mit ablauf des kalenderjahres, in dem die zeiten nach satz 1 liegen." 47diese regelung sollte nach der begründung des gesetzentwurfs sicher stellen, "dass die bauarbeitgeber zukünftig keine winterbau-umlage mehr für gewerbliche arbeitnehmer, die auf auslandsbaustellen beschäftigt sind, an die umlageeinzugsstellen (agenturen für arbeit) abführen müssen." (br-drucks 155/04, s. 100). 48durch das gesetz zur förderung ganzjähriger beschäftigung vom 24.04.2006 (bgbl i 926) wurden die leistungen der winterbauförderung mit wirkung ab dem 01.04.2006 neu strukturiert. während das winterausfallgeld durch das saison-kurzarbeitergeld ersetzt wurde, wurde das wintergeld als ergänzende leistung in § 175a sgb iii a.f. neu geregelt und davon abhängig gemacht, dass die finanziellen mittel hierfür durch eine umlage aufgebracht werden. zugleich wurde die winterbau-umlageverordnung durch die am 26.04.2006 erlassene winterbeschv, die bereits in ihrer ursprünglichen fassung die regelung des § 5 abs. 4 winterbeschv enthielt, ersetzt. nach der begründung des gesetzentwurfs sollten die ergänzenden leistungen davon abhängen, dass eine umlage "zur finanzierung einzelner oder aller" in § 175a abs. 2 bis 4 sgb iii a.f. näher beschriebenen leistungen vorliegt (vgl. bt-drucks 16/429, s. 15 zu absatz 1). zugleich wollte der gesetzgeber den kreis der förderberechtigten im vergleich zur bisherigen winterbauförderung nicht erweitern (vgl. bt-drucks 16/429, s. 15 zu absatz 5). 49vor diesem hintergrund lässt sich das zusammenwirken von § 175a abs. 1 sgb iii a.f. und § 5 abs. 4 satz 1 winterbeschv nach den in den gesetzgebungsmaterialien zum ausdruck kommenden willen des gesetzgebers nur so deuten, dass arbeitnehmer, die auf baustellen im ausland beschäftigt sind, keinen anspruch auf wintergeld und damit auch nicht auf mehraufwands-wintergeld haben sollen. wirtschaftlich betrachtet werden bauarbeitgeber, die gewerbliche arbeitnehmer auf auslandsbaustellen beschäftigen, durch § 5 abs. 4 winterbeschv ebenso wie nach § 3 abs. 1a winterbau-umlageverordnung in der ab dem 01.08.2004 geltenden fassung weiterhin von der winterbauumlage befreit. die winterbau-umlage steht deshalb zur finanzierung von mehraufwands-wintergeld für auf auslandsbaustellen beschäftigte arbeitnehmer nicht zur verfügung, so dass die voraussetzungen des § 175a abs. 1 sgb iii a.f. nicht vorliegen. 50würde man, wie das sg, allein darauf abstellen, dass die umlage von der klägerin zunächst auch für die im ausland beschäftigten arbeitnehmer erhoben wurde, würde man ignorieren, dass der gesetzgeber nach den vorstehenden ausführungen hinsichtlich des abführens der umlage eine wirtschaftliche betrachtungsweise gewählt hat und bauarbeitgeber durch § 3 abs. 1a winterbau-umlageverordnung in der ab dem 01.08.2004 bis zum 31.03.2006 geltenden fassung und damit auch durch die identische nachfolgeregelung des § 5 abs. 4 winterbeschv so stellen wollte, als müssten sie für gewerbliche arbeitnehmer, die auf auslandsbaustellen beschäftigt sind, gar keine umlage abführen. die gewählte lösung über die erstattung der zunächst entrichteten umlage auf antrag ist allein der verfahrensrechtlichen praktikabilität geschuldet: der einzug der umlage muss als massengeschäft unabhängig von den besonderheiten des einzelfalls erfolgen, um den ausreichenden mittelzufluss zu sichern. der einzelne arbeitgeber kann die einzelnen auslandseinsätze seiner arbeitnehmer über das kalenderjahr hinweg erfassen und dann die erstattung einer größeren summe beantragen. im ergebnis muss die umlage deshalb bei auslandseinsätzen nicht gezahlt werden; dies gilt wegen der regelung des § 5 abs. 4 satz 3 winterbeschv auch zugunsten der arbeitnehmer. 51darüber hinaus würde ausgehend von der vom sg vertretenen auffassung der kreis der förderberechtigten durch die einführung des § 175a abs. 1 sgb iii a.f. zum 01.04.2006 gegenüber der früheren winterbauförderung erweitert. dies widerspricht der in den gesetzgebungsmaterialien ausdrücklich erklärten absicht des gesetzgebers. 52schließlich ist die auffassung des sg auch nicht mit dem charakter des mehraufwands- wintergelds als umlagefinanzierter leistung vereinbar. die umlagefinanzierung ist ausdruck des solidaritätsprinzips (vgl. bsg, urt. v. 22.02.2012 - b 11 al 4/11 r -, juris rn. 31). könnten arbeitnehmer ungeachtet der regelung des § 5 abs. 4 winterbeschv mehraufwands-wintergeld bei einer beschäftigung auf auslandsbaustellen erhalten, würde das solidaritätsprinzip durchbrochen. die betroffenen arbeitnehmer erhielten auf kosten der anderen umlagepflichtigen leistungen, obwohl sie wegen § 5 abs. 4 winterbeschv mit deren finanzierung wirtschaftlich nicht belastet sind und deshalb auch insoweit kein risiko nutzloser umlageaufwendungen tragen. 53b) eine anderen bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil die klägerin nach ihren angaben in der mündlichen verhandlung vor dem senat für die kalenderjahre 2009 und 2010 keinen antrag auf erstattung der umlagebeträge, die auf zeiten einer beschäftigung von gewerblichen arbeitnehmern auf baustellen außerhalb des geltungsbereiches des dritten buches sozialgesetzbuch entfallen, gemäß § 5 abs. 4 satz 1 winterbeschv gestellt hat. die erfüllung der tatbestandlichen voraussetzungen des § 175a abs. 1 sgb iii a.f. steht nicht zur disposition der betroffenen arbeitnehmer oder ihres arbeitgebers. § 5 abs. 4 satz 1 winterbeschv eröffnet den arbeitgebern des baugewerbes keine entscheidungsoption dahingehend, dass sie durch unterlassen des erstattungsantrags ansprüche ihrer arbeitnehmer nach § 175a sgb iii entstehen lassen können. vielmehr bewirkt § 5 abs. 4 winterschv nach den vorstehenden ausführungen, dass bei auslandsbeschäftigungen die tatbestandlichen voraussetzungen des § 175a abs. 1 sgb iii generell nicht erfüllt sind, weil insoweit mittel aus der umlage nicht vorgesehen sind. die verfahrensrechtliche lösung über die erstattung der zunächst vereinnahmten umlagebeträge auf antrag dient, wie bereits ausgeführt, allein der praktikabilität. sie eröffnet aber in bezug auf die ergänzenden leistungen nach § 175a sgb iii kein (materielles) wahlrecht. wenn der arbeitgeber auf den ihm zustehenden erstattungsanspruch nach § 5 abs. 4 satz 1 wintertbeschv durch unterlassen rechtzeitiger antragstellung verzichtet, liegt dies allein in seinem verantwortungsbereich und kann im hinblick auf § 5 abs. 4 satz 3 winterbeschv u.u. auch zu schadensersatzansprüchen seiner arbeitnehmer führen. 543. § 175a abs. 1 sgb iii a.f. und § 5 abs. 4 winterbeschv sind ebenso wie das ergebnis ihrer anwendung im konkreten fall mit höherrangigem recht vereinbar. 55a) § 5 abs. 4 winterbeschv wird zunächst nicht durch § 4 sgb iv verdrängt. es wird zwar vertreten, dass die in § 4 sgb iv geregelte ausstrahlung auch bedeute, dass der entsandte arbeitnehmer, sofern das gesetz keine ausnahme vorsehe, auch leistungsansprüche habe (vgl. padé, in: jurispk-sgb iv, § 4 rn. 48). abgesehen davon, dass diese vorschrift als kollisionsregeln in erster linie die bestimmung des anwendbaren rechts regelt und die in den besonderen teilen des sgb normierten voraussetzungen für einzelne leistungen nicht aushebeln kann, gibt sie für den vorliegenden fall aber schon deshalb nichts her, weil es sich bei dem mehraufwands-wintergeld nicht um eine versicherungsleistung, sondern um eine umlagefinanzierte leistung handelt. umlagefinanzierte leistungen gehören, was sich deutlich auch aus § 340 sgb iii ergibt, nach der systematik des sgb nicht zu den durch beiträge finanzierten versicherungsleistungen. 56b) verfassungsrecht ist offensichtlich nicht verletzt. § 5 abs. 4 winterbeschv verhindert eine verletzung von art. 14 abs. 1 gg. die nichtgewährung einer leistung stellt auch keinen abwehrrechtlich relevanten eingriff in die berufsausübungsfreiheit gemäß art. 12 abs. 1 gg dar. art. 12 abs. 1 gg enthält kein verfassungsrechtliches leistungsrecht auf gewährung bestimmter sozialleistungen. die ungleichbehandlung von im ausland beschäftigten arbeitnehmern mit im inland beschäftigten arbeitnehmern bei der gewährung von mehraufwands-wintergeld ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die auslandsbeschäftigung durch § 5 abs. 4 winterbeschv nicht umlagepflichtig ist. 57c) schließlich kann auch keine verletzung von unionsrecht festgestellt werden. 58aa) entgegen der vom sg vertretenen auffassung sind die betreffenden regelungen nicht an der vo (eg) nr. 883/2004 zu messen, so dass auch dahinstehen kann, ob sich aus einzelnen regelungen dieser verordnung (eventuell art. 12 vo (eg) nr. 883/2004 i.v.m. dem erwägungsgrund 13, vgl. insoweit fütterer, sgb 2014, 548 (549)) anforderungen für die auslegung und anwendung des hier betroffenen deutschen rechts ergeben können. die vo (eg) nr. 883/2004 ist in zeitlicher hinsicht nicht anwendbar. 59die vo (eg) nr. 883/2004 ist nach ihrem art. 91 satz 2 am 01.05.2010 mit inkrafttreten der sog. durchführungsverordnung (vo (eg) nr. 987/2009 des europäischen parlaments und des rates v. 16.09.2009 zur festlegung der modalitäten für die durchführung der vo (eg) 883/2004 zur koordinierung der systeme der sozialen sicherheit) in kraft getreten. sie begründet nach ihrem art. 87 abs. 1 keinen anspruch für den zeitraum vor dem beginn ihrer anwendung. bei einem anspruch auf eine dauerleistung bedeutet dies zum einen, dass eine anwendung der vo (eg) nr. 883/2004 ausscheidet, wenn der leistungsbezug, um den gestritten wird, vor dem 01.05.2010 beendet ist oder wäre (vgl. insoweit baylsg, urt. v. 14.09.2011 - l 13 r 955/09 -, juris rn. 36). zum anderen ist die vo (eg) nr. 883/2004 auch dann nicht anwendbar, wenn der zeitpunkt der begründung des streitgegenständlichen anspruchs vor dem 01.05.2010 liegt. ein wechsel der gemeinschaftsrechtlichen grundlagen während der dauer der begehrten leistungsgewährung soll nach art. 87 vo (eg) nr. 883/2004 nicht erfolgen (vgl. hessisches lsg, beschl. v. 18.05.2010 - l 6 al 58/10 b er -, juris rn. 11). 60nach diesen grundsätzen kann die vo (eg) nr. 883/2004 den streitgegenständlichen sachverhalt schon in zeitlicher hinsicht nicht berühren. die klägerin begehrt die zahlung von mehraufwands-wintergeld für die zeit von dezember 2009 bis februar 2010. der streitgegenständlichen zeitraum liegt dementsprechend insgesamt vor dem inkrafttreten der vo (eg) nr. 883/2004. 61bb) § 175a abs. 1 sgb iii a.f. und § 5 abs. 4 winterbeschv sind auch nicht an der vo (ewg) nr. 1408/71 zu messen, so dass dahinstehen kann, ob und in welchem umfang diese verordnung über die bestimmung des anwendbaren rechts hinaus materiell-rechtliche vorgaben, die im konkreten fall relevant werden könnten, enthält. der sachliche anwendungsbereich der verordnung, der in ihrem art. 4 geregelt wird, ist nicht eröffnet. bei dem streitgegenständlichen mehraufwands-wintergeld handelt es sich nicht um eine leistung bei arbeitslosigkeit im sinne der allein in betracht kommenden vorschrift des art. 4 abs. 1 buchstabe g) vo (ewg) nr. 1408/71. 62"leistung bei arbeitslosigkeit" im sinne von artikel 4 abs. 1 buchstabe g) der verordnung nr. 1408/71 liegen nach der rechtsprechung des eugh grundsätzlich nur vor, wenn sie den aufgrund der arbeitslosigkeit verlorenen arbeitslohn ersetzen sollen und also für den unterhalt des arbeitslosen arbeitnehmers bestimmt sind (vgl. eugh, urt. v. 08.071992 - c-102/91 -, juris rn. 44; urt. v. 27.11.1997 - c-57/96 -, juris rn. 27). zusätzlich kommt eine erstreckung des anwendungsbereichs auf solche leistungen in betracht, die personen gewährt werden, die zwar noch in arbeit stehen, für die aber eine konkrete gefahr besteht, arbeitslos zu werden (vgl. eugh, urt. v. 04.06.1987 - 375/85 -, juris rn. 12). 63das mehraufwands-wintergeld lässt sich damit, anders als u.u. das saison-kurzarbeitergeld (vgl. insoweit fütterer, sgb 2014, 547 (549)), nicht unter den unionsrechtlichen begriff "leistungen bei arbeitslosigkeit" subsumieren. das mehraufwands-wintergeld wird für arbeitnehmer gezahlt, die in den monaten dezember bis februar auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz beschäftigt sind. die anspruchsberechtigten arbeitnehmer sind dementsprechend gerade nicht arbeitslos. ebenso wenig setzt die gewährung von mehraufwands-wintergeld voraus, dass die arbeitnehmer konkret von arbeitslosigkeit bedroht sind. es handelt sich vielmehr um eine pauschalierte mehraufwandsentschädigung, die (etwaigen) erhöhten aufwendungen des arbeitnehmers, der auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz beschäftigt ist, rechnung tragen soll. anders als das saison-kurzarbeitergeld wird mehraufwands-wintergeld auch nicht bei arbeitsausfall gezahlt. es setzt vielmehr voraus, dass die vertraglich vorgesehenen arbeitsstunden auch tatsächlich geleistet werden (vgl. insoweit bereits bsg, urt. v. 20.04.1977 - 7 rar 55/75 -, juris rn. 58). 64liegen damit die voraussetzungen des art. 4 abs. 1 buchstabe g) vo (ewg) nr. 1408/71 nicht vor, kann der anwendungsbereich der verordnung auch, anders als das sg offensichtlich gemeint hat, nicht über art. 4 abs. 2 der verordnung eröffnet werden. leistungen der sozialen sicherheit im sinne von art. 4 abs. 2 vo (ewg) nr. 1408/71 müssen sich auf eines der in artikel 4 absatz 1 der verordnung ausdrücklich aufgezählten risiken beziehen (vgl. eugh, urt. v. 21.02.2006 - c-286/03 -, juris rn. 37 m.w.n.). liegt, wie hier, keine der in art. 4 abs. 1 vo (ewg) nr. 1408/71 genannten leistungen vor, ist die verordnung auch nach art. 4 abs. 2 nicht sachlich anwendbar. 65schließlich handelt es sich beim mehraufwands-wintergeld auch offensichtlich nicht um eine besondere beitragsunabhängige geldleistung im sinne von art. 4 abs. 2a vo (ewg) nr. 1408/71. es fehlt bereits an der nach art. 4 abs. 2a satz 2 buchstabe c) vo (ewg) nr. 1408/71 obligatorischen aufzählung in anhang iia der verordnung. 66cc) § 175a abs. 1 sgb iii a.f. und § 5 abs. 4 winterbeschv sind ebenso wie das ergebnis ihrer anwendung im konkreten fall mit art. 45 des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv) vereinbar. 67art. 45 aeuv (vormals art. 39 eg), der die arbeitnehmerfreizügigkeit regelt, hat folgenden wortlaut: 68(1) innerhalb der union ist die freizügigkeit der arbeitnehmer gewährleistet. 69(2) sie umfasst die abschaffung jeder auf der staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen behandlung der arbeitnehmer der mitgliedstaaten in bezug auf beschäftigung, entlohnung und sonstige arbeitsbedingungen. 70(3) sie gibt - vorbehaltlich der aus gründen der öffentlichen ordnung, sicherheit und gesundheit gerechtfertigten beschränkungen - den arbeitnehmern das recht, 71a) sich um tatsächlich angebotene stellen zu bewerben; 72b) sich zu diesem zweck im hoheitsgebiet der mitgliedstaaten frei zu bewegen; 73c) sich in einem mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die arbeitnehmer dieses staates geltenden rechts- und verwaltungsvorschriften eine beschäftigung auszuüben; 74d) nach beendigung einer beschäftigung im hoheitsgebiet eines mitgliedstaats unter bedingungen zu verbleiben, welche die kommission durch verordnungen festlegt. 75(4) dieser artikel findet keine anwendung auf die beschäftigung in der öffentlichen verwaltung. 76art. 45 aeuv wird nicht verletzt. 77(1) allerdings liegt durchaus eine beeinträchtigung der arbeitnehmerfreizügigkeit vor. 78über den wortlaut des in art. 45 abs. 2 aeuv geregelten diskriminierungsverbots hinaus enthält art. 45 aeuv auch ein beschränkungsverbot. die vertragsbestimmungen über die freizügigkeit sollen den gemeinschaftsangehörigen die ausübung von beruflichen tätigkeiten aller art im gebiet der gemeinschaft erleichtern und stehen deshalb maßnahmen entgegen, die die gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine wirtschaftliche tätigkeit im gebiet eines anderen mitgliedstaats ausüben wollen. in diesem zusammenhang haben die staatsangehörigen der mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus dem vertrag abgeleitete recht, ihr herkunftsland zu verlassen, um sich zur ausübung einer wirtschaftlichen tätigkeit in das gebiet eines anderen mitgliedstaats zu begeben und sich dort aufzuhalten. nationale bestimmungen, die einen arbeitnehmer, der staatsangehöriger eines mitgliedstaats ist, daran hindern oder davon abhalten, sein herkunftsland zu verlassen, um von seinem recht auf freizügigkeit gebrauch zu machen, stellen daher beeinträchtigungen dieser freiheit dar, auch wenn sie unabhängig von der staatsangehörigkeit der betreffenden arbeitnehmer angewandt werden. es wäre nämlich mit dem recht auf freizügigkeit unvereinbar, wenn ein arbeitnehmer oder arbeitsuchender in dem mitgliedstaat, dem er angehört, weniger günstig behandelt werden dürfte, als wenn er nicht von den erleichterungen gebrauch gemacht hätte, die ihm der vertrag in bezug auf die freizügigkeit gewährt (vgl. zum ganzen eugh, urt. v. 11.01.2007 - c-208/05 -, juris rn. 31 ff. m.w.n., strspr). 79nach diesen grundsätzen stellt die nichtgewährung von mehraufwands-wintergeld an arbeitnehmer mit wohnsitz in deutschland, die auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz in einem anderen mitgliedstaat der eu beschäftigt sind, eine beschränkung der arbeitnehmerfreizügigkeit dar. die betreffenden arbeitnehmer befinden sich in einer ungünstigeren position, als wenn sie auf einem witterungsbedingten arbeitsplatz in deutschland eingesetzt worden wären. sie könnten durch die nichtgewährung von mehraufwands-wintergeld bei beschäftigung auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz im ausland davon abgehalten werden, von ihrem freizügigkeitsrecht gebrauch zu machen und eine beschäftigung auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz im ausland aufzunehmen. zwar stellt das mehraufwandswintergeld in höhe von 1,- euro pro geleisteter arbeitsstunde, begrenzt auf die in § 175a abs. 3 satz 2 sgb iii a.f. normierten obergrenzen, im verhältnis zum arbeitsentgelt eine verhältnismäßig geringfügige leistung dar. außerdem werden arbeitnehmer, die im ausland beschäftigt werden, unabhängig davon, ob sie auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz beschäftigt werden, dadurch begünstigt, dass ihnen die umlage, soweit sie von ihnen zu tragen ist, gemäß § 5 abs. 4 satz 3 winterbeschv erstattet wird. je länger der auslandseinsatz dauert, desto eher überwiegt der vorteil der erstattung der umlage den nachteil der nichtgewährung von mehraufwands-wintergeld. da das mehraufwands-wintergeld aber gerade bei kurzfristigen auslandseinsätzen in den wintermonaten deutlich höher ausfällt als die erstattung der umlage, kann ein hemmnis für die freizügigkeit durch die nichtgewährung von mehraufwands-wintergeld jedoch nicht ausgeschlossen werden. im übrigen impliziert art. 45 aeuv u. a., dass wanderarbeitnehmer nicht deshalb ansprüche auf leistungen der sozialen sicherheit verlieren oder geringere leistungen erhalten dürfen, weil sie das ihnen vom aeuv verliehene recht auf freizügigkeit ausgeübt haben (vgl. eugh, urt. v. 09.11.2006 - c-205/05 -, juris rn. 38 m.w.n; urt. v. 20.05.2008 - c-352/06 -, juris rn. 29). 80bb) die beschränkung der arbeitnehmerfreizügigkeit ist jedoch gerechtfertigt. 81eine maßnahme, die die freizügigkeit der arbeitnehmer beeinträchtigt, ist nur dann zulässig, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem vertrag vereinbarer zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden gründen des allgemeininteresses gerechtfertigt ist. in einem derartigen fall muss aber die anwendung einer solchen maßnahme auch geeignet sein, die verwirklichung des in rede stehenden zweckes zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur erreichung dieses zweckes erforderlich ist (eugh, urt. v. 11.01.2007 - c-208/05 -, juris rn. 37 m.n., strspr). 82diese voraussetzungen liegen vor. 83es trifft zwar, wie das sg zutreffend erkannt hat, zu, dass das mehraufwands-wintergeld wie die übrigen maßnahmen zur sicherung der ganzjährigen beschäftigung dazu dient, in wirtschaftszweigen mit hohen saisonbedingten arbeitsausfällen zu einer verstetigung der beschäftigungsverhältnisse beizutragen und damit dem anstieg der arbeitslosigkeit in den wintermonaten entgegen zu wirken (vgl. bt-drucks 16/429, s. 1). dieser zweck wird auch bei einer beschäftigung im ausland erreicht. zudem können den betroffenen arbeitnehmern die mehraufwendungen, die durch das mehraufwands-wintergeld pauschaliert gedeckt werden sollen, auch bei der beschäftigung auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz im ausland entstehen. schließlich erscheint es auch zweifelhaft, ob die beschränkung des mehraufwands-wintergeld auf im inland beschäftigte noch damit gerechtfertigt werden kann, dass die ganzjährige bautätigkeit im inland durch verlagerung der sommernachfrage auf den winter gefördert werden soll, gerechtfertigt werden kann (so aber noch bsg, urt. v. 20.04.1977 - 7 rar 55/75 -, juris rn. 38 f.; urt. v. 30.11.1977 - 12 rar 16/77 -, juris rn. 8; urt. v. 25.07.1985 - 7 rar 114/83 -, juris rn. 14 unter bezugnahme auf die gesetzgebungsmaterialien zu den entsprechenden vorschriften des afg). in neueren gesetzgebungsmaterialien wird im wesentlichen auf die beschäftigungsförderung und die entlastung der arbeitslosenversicherung und nicht mehr auf die förderung gleichmäßiger bautätigkeit im inland abgestellt. 84die rechtfertigung der nichtgewährung von mehraufwands-wintergeld an beschäftigte im ausland folgt jedoch aus dem charakter des mehraufwands-wintergeld als umlagefinanzierter leistung. könnten auch solche arbeitnehmer, die auf witterungsabhängigen arbeitsplätzen im ausland beschäftigt sind, mehraufwands-wintergeld erhalten, würde das der umlagefinanzierung zugrunde liegende solidaritätsprinzip konterkariert. die betroffenen arbeitnehmer würden die leistung erhalten, obwohl sie wegen § 5 abs. 4 winterbeschv nicht zu ihrer finanzierung beitragen müssen. damit würde die finanzierung des mehraufwands-wintergeld grundlegend beeinträchtigt, denn es würde ein anreiz für in deutschland ansässige unternehmen und arbeitnehmer geschaffen, durch entsendung in deutschland wohnhafter arbeitnehmer ins grenznahe ausland bzw. dortige beschäftigungsaufnahme umlagebeträge einzusparen und gleichzeitig die gleichen sozialen vergünstigungen versprechen zu können, wie sie bei einer beschäftigung in deutschland bestünden. dadurch würde das umlagesystem selbst grundlegend in frage gestellt und die finanzierung des mehraufwands-wintergeld gefährdet. die gewährung von mehraufwands-wintergeld an beschäftigte im ausland, für die zugleich die erstattungsregelung des § 5 abs. 4 winterbeschv eingreift, würde damit zu einer erheblichen gefährdung des finanziellen gleichgewichts des hier vorliegenden systems der sozialen sicherheit führen. dies stellt einen zwingenden grund des allgemeininteresses dar, der beschränkungen der arbeitnehmerfreizügigkeit grundsätzlich rechtfertigt (vgl. insoweit eugh, urt. v. 10.03.2009 - c-169/07 -, juris rn. 47 m.n.). 85darüber hinaus hätten in deutschland ansässige unternehmen, wenn mehraufwands-wintergeld auch für im ausland beschäftigte arbeitnehmer zu zahlen wäre, erhebliche wettbewerbsvorteile gegenüber den im ausland ansässigen unternehmen. anders als diese könnten sie ihren arbeitnehmern eine umlagefinanzierte leistung gewähren, ohne insoweit selbst zur umlage beitragen zu müssen (vgl. insoweit auch bsg, urt. v. 20.04.1977 - 7 rar 55/75 -, juris rn. 43). die vermeidung solcher wettbewerbsvorteile entspricht dem zweck des aeuv, der an verschiedenen stellen vorschriften enthält, die einer verzerrung des wettbewerbs durch bevorzugung inländischer unternehmen entgegenstehen. 86der ausschluss von arbeitnehmern, die im ausland beschäftigt sind, vom mehraufwands-wintergeld ist zur vermeidung einer erheblichen gefährdung des finanziellen gleichgewichts des hier vorliegenden systems der sozialen sicherheit und zur vermeidung von wettbewerbsverzerrungen geeignet und auch erforderlich. 87die erstreckung der umlagepflicht auf beschäftigungen im ausland und damit die abschaffung von § 5 abs. 4 winterbeschv stellt kein milderes mittel dar. dadurch würden zum einen unternehmen und solche arbeitnehmer belastet, die zwar im ausland, aber dort nicht auf einem witterungsbedingten arbeitsplatz beschäftigt sind und deshalb keinen anspruch auf mehraufwands-wintergeld haben. zum anderen ist zu berücksichtigen, dass leistungen zur förderung ganzjähriger beschäftigung in witterungsabhängigen branchen nicht in allen mitgliedstaaten der eu vorgesehen und auch dort, wo sie vorgesehen sind, unterschiedlich geregelt sind. eine rechtsvereinheitlichung solcher speziellen leistungen ist im aeuv nicht vorgesehen. soweit der staat, in dem die tätigkeit verrichtet wird, seinerseits leistungen zur förderung ganzjähriger beschäftigung vorsieht und hierfür abgaben von allen, d.h. auch von im ausland ansässigen, unternehmen, die in seinem gebiet tätig sind und arbeitnehmer beschäftigen, verlangt (was beispielsweise in deutschland nach verbreitet vertretener auffassung der fall ist, vgl. schaumberg, in: jurispk-sgb iii, § 354 rn. 32 m.w.n.), würden in deutschland ansässige unternehmen bei streichung des § 5 abs. 4 winterschv doppelt belastet. dies würde zu wettbewerbsnachteilen in deutschland ansässiger unternehmen und damit wiederum zu wettbewerbsverzerrungen führen (vgl. insoweit vgl. br-drucks 155/04, s. 78 zu nummer 2 (§ 216)). 88darüber hinaus müsste bei streichung von § 5 abs. 4 winterbeschv aufgrund der tatbestandlichen voraussetzungen des § 175a abs. 1 und 3 sgb iii a.f. auch an solche arbeitnehmer mehraufwands-wintergeld gezahlt werden, die zwar auf einem witterungsabhängigen arbeitsplatz beschäftigt sind, aber in solchen ländern bzw. regionen im ausland tätig werden, in denen der winter in der regel milder ausfällt als in deutschland. ein arbeitsplatz ist dann witterungsabhängig, wenn die möglichkeit der arbeitsleistung maßgeblich vom witterungsverlauf direkt beeinflusst wird, so dass am konkreten arbeitsort die gefahr witterungsbedingten arbeitsausfalls besteht (vgl. mutschler, in: gk-sgb iii, 5. aufl. 2012, § 102 rn. 44; kühl, in: brand, sgb iii, 6. aufl. 2012, § 102 rn. 33). diese voraussetzungen könnten auch bei milderen klimatischen bedingungen, als sie in deutschland im regelfall im winter herrschen, erfüllt werden. § 175a sgb iii enthält, anders als das sg offensichtlich angenommen hat, keine vorgaben für die klimatischen verhältnisse, die in dem monaten dezember bis februar herrschen sollen, sondern knüpft allein an die witterungsabhängigkeit des arbeitsplatzes an und sagt nichts darüber aus, welche art von witterungsabhängigkeit gegeben sein muss (vgl. insoweit auch bsg, urt. v. 20.04.1977 - 7 rar 55/75 -, juris rn. 48). damit würde der sinn und zweck des mehraufwands-wintergeld, die witterungsbedingten mehraufwendungen während der förderzeit auszugleichen, in frage gestellt, da bei wärmeren, wenngleich für die erbringung von arbeitsleistungen immer noch schwierigen klimatischen bedingungen in der förderzeit keine oder nur geringere mehraufwendungen denkbar sind. ein ausschluss des erstattungsanspruchs nach § 5 abs. 4 winterbeschv bei beschäftigungen lediglich in solchen mitgliedstaaten der europäischen union, die vergleichbaren klimatischen verhältnissen wie das bundesgebiet unterliegen, wäre mit erheblichen rechtsunsicherheiten verbunden (vgl. insoweit auch bsg a.a.o.). letztlich kann nur jeder staat selbst beurteilen, ob bei beschäftigung im baugewerbe in den wintermonaten mehraufwendungen durch witterungsverhältnisse entstehen, die durch eine sozialleistung, wie das mehraufwands-wintergeld, pauschal ausgeglichen werden können. 89schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 5 abs. 4 satz 3 winterbeschv auch bei denjenigen arbeitnehmern, die auf witterungsabhängigen arbeitsplätzen im ausland beschäftigt sind, für eine gewisse finanzielle entlastung sorgt. je länger der auslandseinsatz dauert, desto höher fällt die erstattung der umlage aus, zumal der erstattungsanspruch nach § 5 abs. 4 winterbeschv nicht auf die wintermonate begrenzt ist. von daher gibt § 5 abs. 4 winterbeschv auch einen anreiz für die aufnahme einer beschäftigung im ausland außerhalb der förderzeit des § 175a abs. 3 sgb iii a.f. vor diesem hintergrund ist der verhältnismäßigkeitsgrundsatz in bezug auf die arbeitnehmerfreizügigkeit gewahrt. 903. die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. die klägerin gehört als leistungsempfängerin zum privilegierten personenkreis des § 183 sgg (vgl. insoweit bsg, urt. v. 21.07.2009 - b 7 al 3/08 r -, juris rn. 22; beschluss des senats vom 02.02.2006 - l 9 al 76/05 -, juris rn. 3). 914. der senat hat die revision wegen grundsätzlicher bedeutung (§ 160 abs. 2 nr. 1 sgg) zugelassen.
Verklagte*r
0
127,112
13 K 1973/13 K
"2016-01-13T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – im Streitjahr 2006. 3Die Klägerin ist […]. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. 4Für das Streitjahr ermittelte sie einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss in Höhe von 376.885,52 EUR. In ihrer am 5.10.2007 abgegebenen Körperschaftsteuererklärung erklärte sie weiterhin einen Korrekturbetrag zur Anpassung der Handelsbilanz an die steuerlich maßgebenden Wertansätze in Höhe von 420.144,71 EUR, zusammen 797.030,28 EUR. Gewinnmindernd erklärte sie hierzu u.a. inländische Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG in Höhe von 305.562,71 EUR, von denen sie 5 % (15.278,14 EUR) als gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht abziehbare Ausgaben abzog. In der Anlage AE erklärte sie zudem gewinnmindernd zu berücksichtigende ausländische Gewinne in Höhe von 27.555,71 EUR, von denen sie ebenfalls 5 % (1.377,86 EUR) als gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht abziehbare Ausgaben abzog. Diesen inländischen und ausländischen Gewinnen von insgesamt 333.118,38 EUR lagen Kursgewinne, Veräußerungsgewinne und Teilwertzuschreibungen von „Wertpapieren“, nämlich von im Umlaufvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 8b Abs. 2 Sätze 1 bis 3 KStG zugrunde. In früheren Jahren war es allerdings zu Wertminderungen dieser Anteile gekommen, wobei die Wertminderungen teilweise steuerfrei, teilweise (nach altem Recht) steuerwirksam i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG waren. Im Einzelnen ermittelte die Klägerin den Betrag der nicht abziehbaren Ausgaben wie folgt (in EUR): 5Kursgewinne 312.718,35 Veräußerungsgewinne 2.844,30 Kürzung nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG -16.822,84 Summe 298.739,81 Zuschreibungen 46.264,29 Kürzung nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG -11.885,71 Summe 34.378,58 Gesamtsumme 333.118,38 davon 5 % 16.655,92 davon Inland 15.278,13 davon Ausland 1.377,79 6Weiterhin erklärte die Klägerin in der Körperschaftsteuererklärung gemäß § 8b Abs. 1 KStG steuerfreie inländische Bezüge (Dividenden) i.H.v. 82.792 EUR, wovon 4.139,57 EUR nicht abzugsfähig gemäß § 8b Abs. 5 KStG waren. 7Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 10.1.2008 überwiegend erklärungsgemäß, wobei er Änderungen nur hinsichtlich der – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Rückstellungen für Altersteilzeit vornahm und die Körperschaftsteuer auf 198.578 EUR festsetzte. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung, deren wesentliche Ergebnisse zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig sind, setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer 2006 mit Änderungsbescheid vom 18.6.2009 gemäß § 164 Abs. 2 AO auf 203.986 EUR fest und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die hierbei berücksichtigten Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG, die Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG sowie die nicht abziehbaren Aufwendungen blieben gegenüber den vorherigen Veranlagungen unverändert. 8Hiergegen legte die Klägerin am 9.7.2009 Einspruch ein. Als Begründung nannte sie u.a. die Verfassungswidrigkeit des § 8b Abs. 3 und 5 KStG aufgrund des Vorlagebeschlusses des FG Hamburg vom 7.11.2007 (5 K 153/06). Der Beklagte stellte den Einspruch antragsgemäß zunächst ruhend. 9Im Laufe des Einspruchsverfahrens vertrat die Klägerin weiterhin die Auffassung, die Kürzung nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG sei anders als bisher zu berechnen. Wertaufholungen, denen in früheren Jahren sowohl steuerwirksame als auch steuerunwirksame Abschreibungen von Anteilen auf den niedrigeren Teilwert vorangegangen seien, seien nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG zunächst mit den nicht steuerwirksamen und erst danach mit den steuerwirksamen Teilwertabschreibungen zu verrechnen. Ihre Berechnung sei wie folgt zu ändern: 10Kursgewinne 312.718,35 Veräußerungsgewinne 2.844,30 Kürzung nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG -299,66 Summe 315.263,00 Zuschreibungen 46.264,29 Kürzung nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG 0,00 Summe 46.264,29 Gesamtsumme 361.527,28 davon 5 % 18.076,37 davon Inland 16.698,58 davon Ausland 1.377,79 11Nachdem der Bundesfinanzhof – BFH – mit Urteil vom 19.8.2009 I R 2/09 (Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 226, 235, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2010, 760) die Rechtsauffassung der Klägerin insoweit bestätigt hatte, setzte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 17.1.2012 gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 AO die Körperschaftsteuer antragsgemäß auf 197.239 EUR herab, wobei er als Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG nunmehr 333.971,57 EUR (inländisch) und 27.555,71 EUR (ausländisch) sowie hierauf bezogene nicht abziehbare Aufwendungen i.H.v. 16.698,57 EUR (inländisch) und 1.377,71 EUR (ausländisch) berücksichtigte. 12Die Klägerin schränkte mit Schreiben vom 17.8.2012 daraufhin ihren Einspruch für das Streitjahr 2006 auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 KStG ein. Sie bezifferte den von ihr begehrten Minderungsbetrag für 2006 mit 5.363,99 EUR. Dies begründete sie damit, die Regelung über die Nichtabziehbarkeit von Aufwendungen i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG sei insoweit verfassungswidrig, als den Kursgewinnen bzw. Zuschreibungen zuvor Abschreibungen vorausgegangen seien, welche gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 EStG in voller Höhe bei der Gewinnermittlung außer Ansatz geblieben seien. Hierbei handle es sich um folgende Beträge: 13Kursgewinne X1. 571,43 X2. (1. Teil) 9.435,72 X2. (2. Teil) 41.184,70 X3. 9.823,70 61.015,55 14Zuschreibungen X4. 15.371,43 X5. 11.885,71 X6. 19.007,14 46.264,28 Gesamt 107.279,83 davon 5 % 5.363,99 15Den Zuschreibungen seien allesamt Abschreibungen vorausgegangen. Bei den Kursgewinnen sei hingegen zu differenzieren. Bei den Aktien der X2. AG (1. Teil) und der X3. AG seien zwar höhere Gewinne angefallen (49.514,74 EUR und 2.651,60 EUR), vorherige Abschreibungen lägen aber nur in der vorbenannten Höhe vor. Bei den Aktien der X1. AG und der X2. AG (2. Teil) sei es demgegenüber sogar zu höheren vorherigen Abschreibungen gekommen, so dass in Bezug auf den gesamten Gewinn ein Ansatz von 5 % nicht abziehbarer Aufwendungen verfassungswidrig sei. 16Die Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG sei auch noch nicht durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BVerfG – BVerfGE – 127, 224, Bundesgesetzblatt – BGBl – I 2010, 1766) geklärt. Dem Vorlagebeschlusses des FG Hamburg vom 7.11.2007 5 K 153/06 (EFG 2008, 236) habe nämlich ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Dort sei es nicht zu Wertaufholungen von zuvor vorgenommenen Teilwertabschreibungen gekommen. Auch das Prinzip der Abschnittsbesteuerung habe keine Rolle gespielt. Das BVerfG habe also über tatsächliche bzw. echte Vermögenszuwächse entschieden. Im vorliegenden Streitfall handle es sich – zumindest hinsichtlich der bezifferten Vermögensmehrungen – demgegenüber um „Scheingewinne“, weil Wertminderungen von Vorjahren lediglich wieder ausgeglichen worden seien. Es hänge von Zufällen ab, in welchem Jahr die jeweilige Wertminderung eingetreten sei. Trete die Wertminderung in demselben Jahr ein wie der Kursgewinn bzw. die Zuschreibung, unterliege nur der saldierte Betrag dem 5 %-igen Abzugsverbot. In beiden Szenarien gebe es aber keine Unterschiede hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, so dass nach derzeitiger Rechtslage eine Ungleichbehandlung bestehe. 17Mit Einspruchsentscheidung vom 27.5.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. 18Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.6.2013, der bei Gericht am 24.6.2013 eingegangen ist, Klage erhoben. 19Sie hat den von ihr begehrten Minderungsbetrag im Klageverfahren zunächst mit 3.578,86 EUR beziffert entsprechend der folgenden Berechnung: 20Kursgewinne X2. (1. Teil) 9.435,72 X2. (2. Teil) 14.826,43 X3. 9.823,70 34.085,85 Zuschreibungen X4. 15.371,43 X5. 3.114,29 X6. 19.007,14 37.492,86 Gesamt 71.578,70 davon 5 % 3.578,94 21Es hätten sich gegenüber dem Einspruchsverfahren Änderungen bei den Anteilen an der X1. AG (weggefallen), der X2. AG (2. Teil) sowie der X5. AG ergeben, weil die Abschreibungen der vorangegangenen Jahre nochmals genau nachverfolgt worden seien. Hierbei habe sich ergeben, dass in den Vorjahren ab 2001 auch Zuschreibungen vorgenommen worden seien, so dass jeweils nur ein Saldo aus Zu- und Abschreibungen zu berücksichtigen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnungen der Klägerin im Schreiben vom 19.6.2013 verwiesen. 22Wegen der beschriebenen Belastung verstoße § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht nur gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, sondern auch gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit, weil es zu einer Mehrfachbelastung komme. Da Abschreibungen in den Vorjahren bei der Gewinnermittlung dieser Jahre nicht angesetzt worden seien, komme bei der Wertaufholung im Streitjahr bezüglich desselben Sachverhalts ein Abzugsverbot zur Anwendung, welches zu einer Mehrfachbelastung führe. Dies widerspreche der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers und sei nicht gerechtfertigt. Der Besteuerung in Form des Abzugsverbots liege keine Leistungssteigerung im Streitjahr zugrunde, da es sich lediglich um eine Rückgängigmachung einer in Vorjahren eingetretenen Vermögensminderung gehandelt habe. 23Auch der Gesetzgeber habe im Jahressteuergesetz – JStG – 2008 in der Gesetzesbegründung zu § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG (BT-Drucks. 16/6290, Seite 74) ausgeführt: „Aus Billigkeitsgründen bleiben mit den nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG hinzugerechneten Gewinnminderungen korrespondierende Gewinnerhöhungen aus späteren Wertaufholungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in voller Höhe steuerfrei. Sollte durch den Darlehensverzicht des Gesellschafters bei der Gesellschaft ein steuerwirksamer Ertrag entstehen, besteht die Möglichkeit eines Steuererlasses aus sachlichen Billigkeitsgründen (BMF-Schreiben vom 27. März 2003, BStBl. I S. 240).“ Der Hinweis auf die Billigkeit zeige, so die Klägerin, dass es der Gesetzgeber für ungerechtfertigt gehalten habe, pauschal 5 % als nicht abzugsfähig anzusehen. Zu einer abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen sei es auch im Urteil des FG Düsseldorf vom 2.9.2014 6 K 3370/09 (EFG 2015, 446, Rev. des BFH: I R 65/14) gekommen, die damit begründet wurde, dass in einer Teilwertzuschreibung im Nachgang zu einer früheren Teilwertabschreibung kein besteuerungswürdiger Zuwachs der Leistungsfähigkeit zu sehen sei. 24Der Auffassung der Klägerin, die beschriebene Mehrfachbelastung verstoße gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, stehe auch nicht der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung bzw. das „Stichtagsprinzip“ entgegen. Das BVerfG habe nämlich bereits in diversen Beschlüssen mehrjährige Betrachtungszeiträume als Maßstab für die Betrachtung der Leistungsfähigkeit zugelassen. So zeige der BVerfG-Beschluss vom 4.12.2002 2 BvR 400/98 2 BvR 1735/00 (BVerfGE 107, 27, BGBl I 2003, 636), dass eine Verfassungsmäßigkeitsprüfung nicht stets auf jährliche Besteuerungsabschnitte beschränkt werden dürfe. Auch im Beschluss vom 22.7.1991 1 BvR 313/88 (Deutsches Steuerrecht – DStR – 1991, 1278) habe sich das BVerfG bereits mit dem Wertungswiderspruch zwischen den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung und der Besteuerung nach dem Nettoprinzip befasst. Weiterhin würden verschiedene gerichtliche Vorlagebeschlüsse (BFH-Beschluss vom 26.2.2014 I R 59/12, BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016 zur Mindestbesteuerung, Az. des BVerfG: 2 BvL 19/14; FG Hamburg, Beschluss vom 4.4.2011 2 K 33/10, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2011, 1460, DStR 2011, 1172 zu § 8c KStG, Az. des BVerfG: 2 BvL 6/11; FG Münster, Beschluss vom 16.9.2014 9 K 1600/12, jetzt 13 K 1600/12, EFG 2015, 500, zu § 34 Abs. 13f KStG n.F., Az. des BVerfG: 2 BvL 29/14) zeigen, dass eine Verfassungsmäßigkeitsprüfung des Aspekts der Leistungsfähigkeit auch über einen mehrjährigen Zeitraum möglich sein müsse. Dasselbe ergebe sich aus dem BFH-Beschluss vom 18.12.2013 I B 85/13 (BFHE 244, 320, BStBl II 2014, 947), in dem der BFH ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG geäußert habe. Die veranlagungszeitraumübergreifende Betrachtungsweise sei darüber hinaus auch in den Vorlagebeschlüssen des BFH vom 17.7.2014 VI R 2/12 (BFHE 247, 25), VI R 61/11, VI R 8/12 (BFHE 247/64), VI R 38/12 und VI R 2/13 (zu Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung gem. § 9 Abs. 6 EStG, Az. des BVerfG: 2 BvL 22-26/14) ein tragender Gedanke gewesen. 25Den vorstehenden Überlegungen stehe nicht der BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224) entgegen. Denn insoweit habe der Tenor der Entscheidung des BVerfG, welche im BGBl veröffentlicht worden sei, keine Gesetzeskraft erlangt. Das BVerfG habe nämlich über die Frage der Mehrfachbelastung nicht entschieden. Dem vom BVerfG entschiedenen Fall hätten Erlöse aus Aktienverkäufen und Dividendenerträge zugrunde gelegen. Im Streitfall werde demgegenüber nach einer Nichtabzugsfähigkeit früherer Teilwertabschreibungen nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG die spätere Zuschreibung noch einmal besteuert durch die Nichtabzugsfähigkeit von 5 % Betriebsausgaben. Darüber hinaus komme es bei bestimmten Aktien, insbesondere den Aktien der X2. AG (1. Teil), zu weiteren Verdopplungseffekten, weil bereits in Vorjahren Zuschreibungen stattgefunden hätten, auf die ebenfalls § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG angewandt worden sei. Durch „hüpfende Kurse“ sei es dann zu einer mehrfachen Anwendung des 5 %-igen Ausgabenabzugsverbots gekommen. Hierbei handle es sich, so die Klägerin, um einen sog. „horizontaler Kaskadeneffekt“. Über diese Konstellation habe das BVerfG nicht entschieden. Da die objektive Reichweite der Rechtskraft der Entscheidung des BVerfG nämlich durch den maßgeblichen Sachverhalt sowie durch den Prüfungsmaßstab determiniert werde (so Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/ Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 68), entfalte die Entscheidung aufgrund des abweichenden Sachverhalts für den Streitfall keine Rechtskraft. 26Darüber hinaus habe das BVerfG in seinem Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224) ausdrücklich die Möglichkeit sog. „Kaskadeneffekte“ erkannt. Es habe ausdrücklich offen gelassen, ob der in der Literatur der Pauschalierung des Ausgabenabzugsverbots „in mehrfach gestaffelten Beteiligungsstrukturen entgegengehaltene mögliche ‚Kaskadeneffekt‘ […] im Extremfall eine abweichende verfassungsrechtliche Bewertung verlangen kann“ (unter D.III.3.b, ee der Gründe). Bei einer solchen Beteiligungskaskade handle es sich, so die Klägerin, um einen sog. „vertikalen Kaskadeneffekt“. Hieraus sei zu erkennen, dass das BVerfG in einer Beteiligungskaskade die mehrfache Nichtabzugsfähigkeit von 5 % auf ein- und dieselbe Dividende möglicherweise als einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – werte. Auch insoweit habe der Tenor der Entscheidung des BVerfG, welche im BGBl veröffentlicht worden sei, keine Gesetzeskraft erlangen können. Daher werde in diesen Fällen im Schrifttum die Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG – auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 – weiterhin als zweifelhaft angesehen (Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Juni 2014, § 8b KStG Rz. 7; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, § 11 Rz. 42 ff; Müller, FR 2011, 309; Ribbrock, BB 2011, 98). 27Die Klägerin hat sodann mit Schriftsatz vom 26.5.2015 ihre Klage hinsichtlich dieses „vertikalen Kaskadeneffekts“ erweitert. Die Klage beziehe sich nun auch auf das 5 %-ige Abzugsverbot gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG bezüglich der folgenden im Streitjahr vereinnahmten Dividenden: 28Dividenden davon 5% X7. 8.292,86 414,64 X5. 4.285,71 214,29 X5. 7.500,00 375,00 X2. 1.642,86 82,14 X2. 3.860,71 193,04 X4. 20.571,43 1.028,57 X8. 8.800,00 440,00 X9. 2.914,29 145,71 X6. 1.714,29 85,71 X10. 4.488,00 224,40 X6. 109,37 5,47 Zwischensumme 64.179,51 3.208,973 Vom […] weitergeleitet 24.924,18 1.246,21 Gesamtsumme 89.103,69 4.455,18 29Denn die vorgenannten Dividenden stammten aus mehrstufigen Konzernstrukturen. Jede der Aktiengesellschaften bzw. Anstalten des öffentlichen Rechts beziehe ebenfalls Ausschüttungen aus Kapitalgesellschaften. 30Allerdings sei es nicht möglich, so die Klägerin sodann im Schriftsatz vom 29.10.2015, den „vertikalen Kaskadeneffekt“ im Detail zu beziffern. Hierzu verweist sie jedoch auf die Dissertation „Die Kapitalverflechtungen hinter dem DAX30“ von Dimitre Stankov, Berlin 2008. Diese Dissertation enthalte auch Darstellungen der Anzahl der definitiven Beteiligungen der X7. AG, X5. AG, X2. AG, X4. AG, X9. AG sowie der X8. AG. Die Verflechtungen würden auch für das Streitjahr 2006 gelten. Der Betrag der Klageerweiterung werde daher auf 2.893,39 EUR begrenzt entsprechend der folgenden Berechnung: 31Dividenden davon 5% X7. 8.292,86 414,64 X5. 4.285,71 214,29 X5. 7.500,00 375,00 X2. 1.642,86 82,14 X2. 3.860,71 193,04 X4. 20.571,43 1.028,57 X8. 8.800,00 440,00 X9. 2.914,29 145,71 Gesamtsumme 57.867,86 2.893,39 32In einem weiteren Schriftsatz vom 8.1.2016 hat die Klägerin erklärt, von diesem Betrag werde nun nur noch ein geschätzter Anteil von 10 % – mithin 289,34 EUR – streitig gestellt. Dies entspreche dem in den Dividenden enthaltenen, aus mehrfach gestaffelten Beteiligungsstrukturen stammenden Anteil. Denn nur diesbezüglich sei die Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG nach dem BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 zweifelhaft. Hinsichtlich einiger dieser Dividenden sei weiterhin zu berücksichtigen, dass dieselben Aktien, aus denen die Dividenden stammten, auch die für § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG relevanten Ab- und Zuschreibungen erfahren hätten. Dadurch wirkten die Betriebsausgabenabzugsverbote des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG sogar in doppelter Weise. Konkret handle es sich hierbei um die Aktien der X5. AG, der X2. AG und der X4. AG. 33Schließlich hat die Klägerin im Schriftsatz vom 26.5.2015 erklärt, die Zuschreibungen bei den Aktien der X5. AG im Streitjahr hätten – wie ursprünglich im Einspruchsverfahren beziffert – doch 11.885,71 EUR betragen. Bei der Berechnung im Klageschriftsatz vom 19.6.2013 sei demgegenüber ein Fehler unterlaufen. Der wegen der Kursschwankungen begehrte Minderungsbetrag sei daher wie folgt zu berechnen: 34Kursgewinne X2. (1. Teil) 9.435,72 X2. (2. Teil) 14.826,43 X3. 9.823,70 34.085,85 Zuschreibungen X4. 15.371,43 X5. 11.885,71 X6. 19.007,14 46.264,28 Gesamt 80.350,13 davon 5 % 4.017,51 35Insgesamt begehrt die Klägerin damit, im angefochtenen Bescheid ein um 4.306,85 EUR (289,34 EUR + 4.017,51 EUR) vermindertes Einkommen zugrunde zu legen. 36Mit den streitigen Betriebsvermögensmehrungen würden auch nur geringe Betriebsausgaben zusammenhängen, so dass die gesetzliche Pauschalierung der Betriebsausgaben mit 5 % zu hoch sei. Der Erwerb der Beteiligungen der Klägerin sei nämlich nicht unmittelbar refinanziert worden. Vielmehr liege eine mittelbare Poolfinanzierung vor, für die der Satz der sog. durchschnittlichen Refinanzierung der Passivseite der Bilanz im Streitjahr 2,4 % betragen habe. 37Die Klägerin beantragt, 38 den Körperschaftsteuerbescheid vom 18.06.2009 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17.01.2012 und der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2013 zu ändern und ein um 4.306,85 EUR vermindertes Einkommen zu Grunde zu legen, 39hilfsweise, 40 die Revision zuzulassen. 41Der Beklagte beantragt, 42 die Klage abzuweisen. 43Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Nach seiner Auffassung besteht kein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, weil die Klägerin im Streitjahr tatsächlich die zugrunde gelegten Gewinne bzw. Werterhöhungen und Dividenden realisiert habe. Die Pauschalierung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG sei nach dem BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224) verfassungsgemäß. 44Außerdem habe die Bundesregierung aufgrund einer Prüfbitte des Bundesrates (BT-Drs. 15/1518), ob nicht die Teilwertzuschreibungen aus der Regelung des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG ausgenommen werden könnten, diesen Vorschlag abgelehnt, weil dies zu ungewollten Steuerumgehungsgestaltungen führen könnte (BT-Drs. 15/1665). Hier sei ein Gleichlauf mit der Dividendenbesteuerung systematisch erforderlich. 45Der Senat hat am 13.1.2016 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Sitzung verwiesen. 46Entscheidungsgründe: 47Die Klage ist unbegründet. 48I. 49Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). 50Die Klägerin ist […] unbeschränkt steuerpflichtig […]. 51Der Beklagte hat von den von der Klägerin erklärten inländischen und ausländischen Gewinnen im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG i.H.v. 361.527,28 EUR zu Recht einen Betrag i.H.v. 5 % (18.076,36 EUR) als nicht abziehbare Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG und weiterhin von den von der Klägerin erklärten Bezügen (Dividenden) i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG i.H.v. 82.792,00 EUR zu Recht einen Betrag i.H.v. 5 % (4.139,57 EUR) als nicht abziehbare Betriebsausgaben i.S.d. § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG behandelt. Er hat zu Recht die vorgenannten nicht abziehbaren Betriebsausgaben nicht um die von der Klägerin insgesamt begehrten 4.306,85 EUR vermindert. 521) Der Beklagte hat das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG auf die inländischen und ausländischen Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG i.H.v. 361.527,28 EUR rechtmäßig angewandt. 53Gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003, BGBl I S. 2840 – Korb II-Gesetz) gelten von dem jeweiligen Gewinn im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 1, 3 und 5 KStG 5 vom Hundert als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. 54Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, außer Ansatz. Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG gilt Satz 1 entsprechend für Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Werts. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind andere als die Nr. 1 bezeichneten Wirtschaftsgüter des Betriebs (Grund und Boden, Beteiligungen, Umlaufvermögen) mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge, anzusetzen. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG angesetzt werden. Gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 4 EStG sind Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, in den folgenden Wirtschaftsjahren gemäß Satz 1 anzusetzen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert nach Satz 2 angesetzt werden kann. 55Im Streitfall hat die Klägerin – zwischen den Beteiligten unstreitig – einen Gewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG erwirtschaftet, da sie Veräußerungsgewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG i.H.v. 2.844,30 EUR und Teilwertzuschreibungen i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 3 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG in Höhe von 312.718,35 EUR („Kursgewinne“ entsprechend ihrer Steuererklärung) und 46.264,28 EUR („Zuschreibungen“ entsprechend ihrer Steuererklärung) erzielt hat. Hierauf hat der Beklagte rechtmäßigerweise das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG angewandt, auch soweit diesen Gewinnen frühere – gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht ansatzfähige – Gewinnminderungen vorausgegangen sind. 56a) § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG ist mit dem Grundgesetz vereinbar und verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. 57Das BVerfG hat mit Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224, BGBl I 2010, 1766) § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG als verfassungsgemäß erklärt. Der Tenor dieser Entscheidung lautet: „§ 8b Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 2840) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.“ 58Gem. § 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht – BVerfGG – binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG Gesetzeskraft. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel gem. § 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. 59Aufgrund des BVerfG-Beschlusses vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 ist § 8b Absatz 3 Satz 1 KStG mit dem Grundgesetz vereinbar. 60Der Senat ist deshalb an einer erneuten verfassungsrechtlichen Überprüfung des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG gehindert. Bei der Vorlage des FG Hamburg vom 7.11.2007 5 K 153/06 (EFG 2008, 236) handelte es sich nämlich um einen Antrag im Sinne des § 13 Nr. 11 BVerfGG i.V.m. Art. 100 Absatz 1 Satz 1 GG, so dass sich aus § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG die Gesetzeskraft des BVerfG-Beschlusses vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 ergibt. Die Gesetzeskraft schließt eine erneute sachliche Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm aus, solange nicht später rechtserhebliche Änderungen der Sach- und Rechtslage eintreten (BVerfG-Urteil vom 4.5.2011 2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326, 365, unter B.II der Gründe; BVerfG-Beschluss vom 18.11.2003 1 BvR 302/96, BVerfGE 109, 64, 84, unter B. der Gründe; Bethge in Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 288). Einer erneuten Kontrolle steht insoweit das Prozesshindernis der Gesetzeskraft entgegen (BVerfG-Beschluss vom 18,.10.1983 2 BvL 14/83, BVerfGE 65, 179, 181; Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 288). Auch eine bloß inzidente erneute Normkontrolle in einem Folgeprozess ist wegen der Gesetzeskraft der vorangegangenen Normenbestätigung unzulässig (BVerfG-Urteil vom 4.5.2011 2 BvR 2365/09 u.a., BVerfGE 128, 326, 364 f, unter B.II der Gründe; Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 288). Das Fachgericht ist an die im Tenor der Entscheidung des BVerfG aufgenommene Feststellung gebunden (Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 295). 61b) Dagegen kann die Klägerin nicht einwenden, die von ihr vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwendungen seien vom BVerfG nicht geprüft worden, weil dem Vorlagebeschluss des FG Hamburg vom 7.11.2007 5 K 153/06 (EFG 2008, 236) ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. 62Allerdings trifft es zu, wie die Klägerin beschreibt, dass dem Vorlagebeschluss die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG auf einen Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung einer Tochtergesellschaft durch Verkauf von Aktien sowie auf Dividendenerträge aus Beteiligungen zugrunde lag, bei denen das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot den tatsächlich nachgewiesenen Aufwand um ein Vielfaches überstieg (vgl. BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, BGBl I 2010, 1766, unter B.I.1 der Gründe). Demgegenüber geht es im Streitfall u.a. um einen Gewinn aus einer Wertaufholung durch den Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Werts (Teilwertaufholung). 63Jedoch bezieht sich eine gesetzeskräftige Normbestätigung des BVerfG auf den Prüfungsmaßstab, mit welchem das BVerfG die Norm überprüft hat (Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 279). Der Prüfungsmaßstab ergibt sich hierbei aus dem Tenor und aus den Gründen der Entscheidung des BVerfG (Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 295, 300; Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Auflage, § 31 Rz. 85). Im Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 hat das BVerfG in seinem Tenor § 8b Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 KStG ohne Einschränkung als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Unter D. der Gründe hat das BVerfG § 8b Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 KStG als mit Art. 3 Abs. 1 GG, dem „allein hier in Frage kommenden verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab“, vereinbar erklärt. Der Prüfungsmaßstab des Art. 3 Abs. 1 GG enthielt keine Einschränkungen. Das BVerfG hat erklärt, die Pauschalierungsregelung des § 8b Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 KStG verstoße weder gegen den Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit noch erweise sie sich als verfassungswidrige Durchbrechung des Grundsatzes der Folgerichtigkeit; sie sei durch hinreichende, die Pauschalierung tragende Rechtfertigungsgründe gedeckt (BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, BGBl I 2010, 1766, unter D.III. der Gründe). 64Die von der Klägerin vorgebrachten, am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG angelegten verfassungsrechtlichen Einwendungen können daher nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn, wie die Klägerin vorträgt, ihrem Gewinn aus der Veräußerung und der Teilwertaufholung von Aktien in Vorjahren Gewinnminderungen in Form von „hüpfenden Kursen“ vorausgegangen sind, welche steuerlich gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG außer Ansatz geblieben sind, führt die Anwendung des 5 %-igen Abzugsverbots gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG dennoch nicht zu einer Verfassungswidrigkeit, da der vom BVerfG zugrunde gelegte Prüfungsmaßstab diesen Fall umfasste. Der Entscheidung des BVerfG lässt sich kein Vorbehalt in dem Sinne entnehmen, dass der – von der Klägerin so bezeichnete – „horizontale Kaskadeneffekt“ eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung notwendig erscheinen lassen könnte. Eine rechtserhebliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die eine erneute verfassungsrechtliche Überprüfung erlauben könnte, ist insoweit nicht erkennbar. 65Daher kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, die objektive Reichweite der Rechtskraft der Entscheidung des BVerfG werde durch den maßgeblichen Sachverhalt sowie durch den Prüfungsmaßstab determiniert (vgl. Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 68), so dass die BVerfG-Entscheidung aufgrund des abweichenden Sachverhalts für den Streitfall keine Rechtskraft entfalte. Zwar nennt Bethge in der von der Klägerin zitierten Fundstelle auch den „maßgeblichen Sachverhalt“ als einen die Reichweite der Rechtskraft determinierenden Faktor. Die Klägerin übersieht hierbei jedoch, dass die zitierte Fundstelle von Bethge nur allgemeine Ausführungen zur materiellen Rechtskraft von Entscheidungen des BVerfG enthält. Für die Reichweite der Gesetzeskraft von Entscheidungen in Verfahren der Normüberprüfung nach § 13 Nr. 11 i.V.m. § 31 Abs. 2 BVerfGG, hier der normbestätigenden Entscheidung, gilt demgegenüber allein der vom BVerfG entwickelte und oben zitierte Maßstab. Danach schließt die Gesetzeskraft einer BVerfG-Entscheidung eine erneute sachliche Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm aus, solange nicht später rechtserhebliche Änderungen der Sach- und Rechtslage eintreten. Eine solche Änderung der Sachlage ist hier insoweit nicht eingetreten. 66Die Klägerin kann weiterhin nicht mit Erfolg einwenden, der von ihr vertretenen Rechtsauffassung stehe auch nicht der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung bzw. das „Stichtagsprinzip“ entgegen, da eine Verfassungsmäßigkeitsprüfung des Aspekts der Leistungsfähigkeit über einen mehrjährigen Zeitraum möglich sein müsse, was sich aus verschiedenen gerichtlichen Vorlagebeschlüssen ergebe (BFH-Beschluss vom 26.2.2014 I R 59/12, BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016 zur Mindestbesteuerung, Az. des BVerfG: 2 BvL 19/14; FG Hamburg, Beschluss vom 4.4.2011 2 K 33/10, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2011, 1460, DStR 2011, 1172 zu § 8c KStG, Az. des BVerfG: 2 BvL 6/11; FG Münster, Beschluss vom 16.9.2014 9 K 1600/12, jetzt 13 K 1600/12, EFG 2015, 500, zu § 34 Abs. 13f KStG n.F., Az. des BVerfG: 2 BvL 29/14). Zwar mag es zutreffen, dass der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit in den vorgenannten Beschlüssen anhand eines mehrjährigen Zeitraums geprüft worden ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 im Rahmen seines Prüfungsmaßstabs eine umfassende normbestätigende Wirkung entfaltet, welche einer erneuten Überprüfung entgegensteht. 67c) Auch der BFH geht in seiner neueren Rechtsprechung ohne Einschränkung von einer Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG aus (BFH-Urteile vom 12.3.2014 I R 45/13, BFHE 245, 25, BStBl II 2014, 719; vom 9.4.2014 I R 52/12, BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861). 68Diese Entscheidungen des BFH befassten sich mit der Frage, ob ein Veräußerungsgewinn, dessen Berechnung gemäß § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG bereits den vollständigen Abzug der Veräußerungskosten erfasst, zusätzlich das pauschale 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG auslösen kann. Der BFH hat diese Frage bejaht. Obwohl die gesetzliche Regelung in systematischer Hinsicht „nicht vollkommen“ überzeuge, so der BFH, ändere dies jedoch nichts daran, dass der Regelungswortlaut eindeutig sei. Auch für eine teleologisch einschränkende Auslegung der Norm bestehe keine Veranlassung. Beides – sowohl der Abzug der Veräußerungskosten als auch der Nichtabzug der fiktiven Kosten – verhalte sich im Rahmen der hinnehmbaren gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (BFH-Urteile vom 12.3.2014 I R 45/13, BFHE 245, 25, BStBl II 2014, 719 unter II.2.b der Gründe; vom 9.4.2014 I R 52/12, BFHE 245, 59, BStBl II 2014, 861 unter II.2.a der Gründe). Die Frage des Betriebsausgabenabzugsverbots im Falle des Veräußerungsgewinns war auch bereits im BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224, BGBl I 2010, 1766, unter D.III.1.b, dd der Gründe) aufgeworfen und in der gleichen Weise beantwortet worden. 69Daher bestehen auch für den erkennenden Senat keine Gründe, die Verfassungsmäßigkeit des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG erneut zu überprüfen. Nach Maßgabe der vorstehenden Entscheidungen des BFH bezieht sich dies auch auf die – im Streitfall ebenfalls vorhandenen – Veräußerungsgewinne im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG. 702) Der Beklagte hat auch das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG auf die Bezüge (Dividenden) i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG i.H.v. 579.544,01 EUR rechtmäßig angewandt. 71Gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung gelten von den Bezügen im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, 5 vom Hundert als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. 72Gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung bleiben Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. 73Die Klägerin hat – zwischen den Beteiligten unstreitig – gemäß § 8b Abs. 1 KStG steuerfreie inländische Bezüge (Dividenden) i.H.v. 82.792 EUR entsprechend ihrer Steuererklärung erzielt. Hierauf hat der Beklagte rechtmäßigerweise das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG angewandt, auch soweit auf diese Bezüge bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Beteiligungskette ein Betriebsausgabenabzugsverbot angewandt worden sein sollte. 74a) § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG ist mit dem Grundgesetz vereinbar und verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Die zitierte Entscheidung des BVerfG vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224, BGBl I 2010, 1766) bezieht sich explizit auch auf § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG. Der Senat ist deshalb wie ausgeführt an einer erneuten verfassungsrechtlichen Überprüfung gehindert. 75b) Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG sei durch einen „vertikalen Kaskadeneffekt“ verfassungswidrig, weil die vereinnahmten Dividenden aus mehrstufigen Konzernstrukturen stammten. 76Allerdings hat die Klägerin zutreffend darauf hingewiesen, dass es das BVerfG in seinem Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 (BVerfGE 127, 224, BGBl I 2010, 1766, unter D.III.3.b, ee der Gründe) ausdrücklich offen gelassen hat, ob ein „in mehrfach gestaffelten Beteiligungsstrukturen“ möglicher „Kaskadeneffekt“ „im Extremfall eine abweichende verfassungsrechtliche Bewertung verlangen kann“. Da der Prüfungsmaßstab des BVerfG sowohl nach Maßgabe des Tenors der Entscheidung unter weiterer Berücksichtigung der Gründe zu bestimmen ist (Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 31 Rz. 295, 300; Heusch in Umbach/Clemens/ Dollinger, BVerfGG, 2. Auflage, § 31 Rz. 85), könnte diese Einschränkung in der zitierten Entscheidung des BVerfG so zu verstehen sein, dass in einer entsprechenden Sachverhaltskonstellation des – von der Klägerin so bezeichneten – „vertikalen Kaskadeneffekts“ eine erneute verfassungsrechtliche Bewertung geboten ist. Sofern ein vom BVerfG so bezeichneter „Extremfall“ nachweisbar ist, könnte es sich um eine rechtserhebliche Änderung der Sachlage handeln, welche eine erneute verfassungsrechtliche Überprüfung erlaubt (BVerfG-Beschluss vom 18.11.2003 1 BvR 302/96, BVerfGE 109, 64, 84, unter B. der Gründe). Durch die Entscheidung des BVerfG hat § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG hinsichtlich seiner Verfassungsmäßigkeit folglich keine allseitige Normbestätigung erlangt. 77Die Klägerin hat auch zutreffend auf Stellungnahmen aus dem Schrifttum verwiesen. Auch in diesen wird teilweise auf die Möglichkeit einer erneuten verfassungsrechtlichen Prüfung hingewiesen (Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Juni 2014, § 8b KStG Rz. 7; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, § 11 Rz. 42 ff; Müller, FR 2011, 309, 317; Ribbrock, BB 2011, 98, 99; ähnlich Lammers, DStZ 2011, 483, 486; Roser, GmbHR 2011, 214). 78Die aufgeworfene Frage kann jedoch dahinstehen. Denn jedenfalls kann der Senat im Streitfall keine Sachverhaltskonstellation feststellen, welche unter Berücksichtigung der zitierten Ausführungen des BVerfG eine erneute verfassungsrechtliche Bewertung verlangen würde. 79Die Klägerin hat nämlich weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die Unternehmen, von welchen sie Aktien hält, bereits selbst Bezüge im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG oder Gewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG erzielten und hierauf das 5 %-ige Betriebsausgabenabzugsverbot Anwendung fand und ob weiterhin solche Tatsachen auch in weiteren, niedrigeren Stufen der Beteiligungskette vorlagen. Die Klägerin hat vielmehr lediglich – unter Verweis auf die Dissertation „Die Kapitalverflechtungen hinter dem DAX30“ von Dimitre Stankov, Berlin 2008 – ausgeführt, dass die Unternehmen, von welchen sie Aktien hält, verschiedene Beteiligungsketten und -strukturen aufweisen. Bezifferte Bezüge oder Gewinne für das Streitjahr sind jedoch weder der zitierten Dissertation noch dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen. Es ist auch nicht erkennbar und von der Klägerin nicht vorgebracht, ob mit eventuellen Bezügen oder Dividenden in niedrigeren Stufen der Beteiligungskette auch Betriebsausgaben zusammenhingen, für welche die Pauschalierung mit 5 % zu hoch wäre. Dementsprechend ist es nicht erkennbar und bedarf keiner Entscheidung, ob es in der mehrstufigen Beteiligungsstruktur zu einem „Extremfall“ im Sinne des zitierten BVerfG-Beschlusses gekommen sein könnte. 803) Die Klägerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, der Gesetzgeber habe im JStG 2008 in der Gesetzesbegründung zu § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG (heute Satz 8; BT-Drucks. 16/6290, Seite 74) ausgeführt, aus Billigkeitsgründen blieben mit den nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG hinzugerechneten Gewinnminderungen korrespondierende Gewinnerhöhungen aus späteren Wertaufholungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in voller Höhe steuerfrei. 81Zwar trifft es zu, dass der heutige § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG nach seiner Zielsetzung eine gesetzliche Billigkeitsregelung enthält. Nach dieser Vorschrift bleiben Gewinne aus dem Ansatz einer Darlehensforderung mit dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG maßgeblichen Wert bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, soweit auf die vorangegangene Teilwertabschreibung Satz 3 angewendet worden ist. 82§ 8b Abs. 3 Satz 8 KStG bezieht sich jedoch nur auf Darlehensforderungen und nicht auf die im Streitfall fraglichen Gewinne und Bezüge. Er ist daher im Streitfall tatbestandlich nicht anwendbar. Dass der Gesetzgeber für andere Gewinne als diejenigen, welche aus der Werterhöhung einer Darlehensforderung resultieren, keine dem § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG vergleichbare Regelung geschaffen hat, lässt den Schluss zu, dass er für solche Gewinne eine Anwendung des 5 %-igen Betriebsausgabenabzugsverbots nicht ausschließen wollte. 83Zudem könnte aus der von der Klägerin zitierten Gesetzesbegründung lediglich gefolgert werden, dass die hier streitigen Effekte durch eine Billigkeitsmaßnahme etwa gemäß § 163 AO gelöst werden könnten. Für den Fall eines „vertikalen Kaskadeneffekts“, dessen Beurteilung das BVerfG im Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07 ausdrücklich offen gelassen hat, setzt dies aber zum einen voraus, dass eine mehrfache Belastung mit dem 5 %-igen Betriebsausgabenabzugsverbot in einer Beteiligungskette tatbestandlich nachgewiesen ist, was der Klägerin im Streitfall wie beschrieben nicht gelungen ist. Zum anderen setzt dies einen entsprechenden Antrag voraus, welcher nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist. Für den Fall eines „horizontalen Kaskadeneffekts“, der gedanklich auch dem von der Klägerin zitierten Urteil des FG Düsseldorf vom 2.9.2014 6 K 3370/09 (EFG 2015, 446, Rev. des BFH: I R 65/14, zum Verlustausgleich bei der sog. Mindestbesteuerung) zugrunde lag, kann der Senat offen lassen, ob er dem Gedanken einer Billigkeitsmaßnahme näher treten könnte. Gegen eine solche Maßnahme spricht allerdings, dass der Gesetzgeber diesen Fall bewusst in der von § 8b Abs. 3 und 5 KStG vorgesehenen Weise geregelt hat. 84II. 85Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 86Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1
2streitig ist die verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 3 des körperschaftsteuergesetzes – kstg – im streitjahr 2006. 3die klägerin ist […]. sie ermittelt ihren gewinn durch bestandsvergleich gemäß § 4 abs. 1 des einkommensteuergesetzes – estg –. 4für das streitjahr ermittelte sie einen handelsrechtlichen jahresüberschuss in höhe von 376.885,52 eur. in ihrer am 5.10.2007 abgegebenen körperschaftsteuererklärung erklärte sie weiterhin einen korrekturbetrag zur anpassung der handelsbilanz an die steuerlich maßgebenden wertansätze in höhe von 420.144,71 eur, zusammen 797.030,28 eur. gewinnmindernd erklärte sie hierzu u.a. inländische gewinne i.s.d. § 8b abs. 2 kstg in höhe von 305.562,71 eur, von denen sie 5 % (15.278,14 eur) als gem. § 8b abs. 3 satz 1 kstg nicht abziehbare ausgaben abzog. in der anlage ae erklärte sie zudem gewinnmindernd zu berücksichtigende ausländische gewinne in höhe von 27.555,71 eur, von denen sie ebenfalls 5 % (1.377,86 eur) als gem. § 8b abs. 3 satz 1 kstg nicht abziehbare ausgaben abzog. diesen inländischen und ausländischen gewinnen von insgesamt 333.118,38 eur lagen kursgewinne, veräußerungsgewinne und teilwertzuschreibungen von „wertpapieren“, nämlich von im umlaufvermögen gehaltenen anteilen an kapitalgesellschaften i.s.d. § 8b abs. 2 sätze 1 bis 3 kstg zugrunde. in früheren jahren war es allerdings zu wertminderungen dieser anteile gekommen, wobei die wertminderungen teilweise steuerfrei, teilweise (nach altem recht) steuerwirksam i.s.d. § 8b abs. 2 satz 4 kstg waren. im einzelnen ermittelte die klägerin den betrag der nicht abziehbaren ausgaben wie folgt (in eur): 5kursgewinne 312.718,35 veräußerungsgewinne 2.844,30 kürzung nach § 8b abs. 2 satz 4 kstg -16.822,84 summe 298.739,81 zuschreibungen 46.264,29 kürzung nach § 8b abs. 2 satz 4 kstg -11.885,71 summe 34.378,58 gesamtsumme 333.118,38 davon 5 % 16.655,92 davon inland 15.278,13 davon ausland 1.377,79 6weiterhin erklärte die klägerin in der körperschaftsteuererklärung gemäß § 8b abs. 1 kstg steuerfreie inländische bezüge (dividenden) i.h.v. 82.792 eur, wovon 4.139,57 eur nicht abzugsfähig gemäß § 8b abs. 5 kstg waren. 7der beklagte veranlagte die klägerin mit bescheid vom 10.1.2008 überwiegend erklärungsgemäß, wobei er änderungen nur hinsichtlich der – zwischen den beteiligten unstreitigen – rückstellungen für altersteilzeit vornahm und die körperschaftsteuer auf 198.578 eur festsetzte. der bescheid stand unter dem vorbehalt der nachprüfung gemäß § 164 abs. 1 der abgabenordnung – ao –. nach durchführung einer betriebsprüfung, deren wesentliche ergebnisse zwischen den beteiligten ebenfalls unstreitig sind, setzte der beklagte die körperschaftsteuer 2006 mit änderungsbescheid vom 18.6.2009 gemäß § 164 abs. 2 ao auf 203.986 eur fest und hob zugleich den vorbehalt der nachprüfung auf. die hierbei berücksichtigten gewinne i.s.d. § 8b abs. 2 kstg, die bezüge i.s.d. § 8b abs. 1 kstg sowie die nicht abziehbaren aufwendungen blieben gegenüber den vorherigen veranlagungen unverändert. 8hiergegen legte die klägerin am 9.7.2009 einspruch ein. als begründung nannte sie u.a. die verfassungswidrigkeit des § 8b abs. 3 und 5 kstg aufgrund des vorlagebeschlusses des fg hamburg vom 7.11.2007 (5 k 153/06). der beklagte stellte den einspruch antragsgemäß zunächst ruhend. 9im laufe des einspruchsverfahrens vertrat die klägerin weiterhin die auffassung, die kürzung nach § 8b abs. 2 satz 4 kstg sei anders als bisher zu berechnen. wertaufholungen, denen in früheren jahren sowohl steuerwirksame als auch steuerunwirksame abschreibungen von anteilen auf den niedrigeren teilwert vorangegangen seien, seien nach maßgabe von § 8b abs. 2 satz 4 kstg zunächst mit den nicht steuerwirksamen und erst danach mit den steuerwirksamen teilwertabschreibungen zu verrechnen. ihre berechnung sei wie folgt zu ändern: 10kursgewinne 312.718,35 veräußerungsgewinne 2.844,30 kürzung nach § 8b abs. 2 satz 4 kstg -299,66 summe 315.263,00 zuschreibungen 46.264,29 kürzung nach § 8b abs. 2 satz 4 kstg 0,00 summe 46.264,29 gesamtsumme 361.527,28 davon 5 % 18.076,37 davon inland 16.698,58 davon ausland 1.377,79 11nachdem der bundesfinanzhof – bfh – mit urteil vom 19.8.2009 i r 2/09 (amtliche sammlung der entscheidungen des bfh – bfhe – 226, 235, bundessteuerblatt – bstbl – ii 2010, 760) die rechtsauffassung der klägerin insoweit bestätigt hatte, setzte der beklagte mit änderungsbescheid vom 17.1.2012 gemäß § 172 absatz 1 satz 1 nr. 2 ao die körperschaftsteuer antragsgemäß auf 197.239 eur herab, wobei er als gewinne i.s.d. § 8b abs. 2 kstg nunmehr 333.971,57 eur (inländisch) und 27.555,71 eur (ausländisch) sowie hierauf bezogene nicht abziehbare aufwendungen i.h.v. 16.698,57 eur (inländisch) und 1.377,71 eur (ausländisch) berücksichtigte. 12die klägerin schränkte mit schreiben vom 17.8.2012 daraufhin ihren einspruch für das streitjahr 2006 auf die frage der verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 3 kstg ein. sie bezifferte den von ihr begehrten minderungsbetrag für 2006 mit 5.363,99 eur. dies begründete sie damit, die regelung über die nichtabziehbarkeit von aufwendungen i.s.d. § 8b abs. 3 satz 1 kstg sei insoweit verfassungswidrig, als den kursgewinnen bzw. zuschreibungen zuvor abschreibungen vorausgegangen seien, welche gemäß § 8b abs. 3 satz 3 estg in voller höhe bei der gewinnermittlung außer ansatz geblieben seien. hierbei handle es sich um folgende beträge: 13kursgewinne x1. 571,43 x2. (1. teil) 9.435,72 x2. (2. teil) 41.184,70 x3. 9.823,70 61.015,55 14zuschreibungen x4. 15.371,43 x5. 11.885,71 x6. 19.007,14 46.264,28 gesamt 107.279,83 davon 5 % 5.363,99 15den zuschreibungen seien allesamt abschreibungen vorausgegangen. bei den kursgewinnen sei hingegen zu differenzieren. bei den aktien der x2. ag (1. teil) und der x3. ag seien zwar höhere gewinne angefallen (49.514,74 eur und 2.651,60 eur), vorherige abschreibungen lägen aber nur in der vorbenannten höhe vor. bei den aktien der x1. ag und der x2. ag (2. teil) sei es demgegenüber sogar zu höheren vorherigen abschreibungen gekommen, so dass in bezug auf den gesamten gewinn ein ansatz von 5 % nicht abziehbarer aufwendungen verfassungswidrig sei. 16die verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 3 satz 1 kstg sei auch noch nicht durch den beschluss des bundesverfassungsgerichts – bverfg – vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (amtliche sammlung der entscheidungen des bverfg – bverfge – 127, 224, bundesgesetzblatt – bgbl – i 2010, 1766) geklärt. dem vorlagebeschlusses des fg hamburg vom 7.11.2007 5 k 153/06 (efg 2008, 236) habe nämlich ein anderer sachverhalt zugrunde gelegen. dort sei es nicht zu wertaufholungen von zuvor vorgenommenen teilwertabschreibungen gekommen. auch das prinzip der abschnittsbesteuerung habe keine rolle gespielt. das bverfg habe also über tatsächliche bzw. echte vermögenszuwächse entschieden. im vorliegenden streitfall handle es sich – zumindest hinsichtlich der bezifferten vermögensmehrungen – demgegenüber um „scheingewinne“, weil wertminderungen von vorjahren lediglich wieder ausgeglichen worden seien. es hänge von zufällen ab, in welchem jahr die jeweilige wertminderung eingetreten sei. trete die wertminderung in demselben jahr ein wie der kursgewinn bzw. die zuschreibung, unterliege nur der saldierte betrag dem 5 %-igen abzugsverbot. in beiden szenarien gebe es aber keine unterschiede hinsichtlich der leistungsfähigkeit, so dass nach derzeitiger rechtslage eine ungleichbehandlung bestehe. 17mit einspruchsentscheidung vom 27.5.2013 wies der beklagte den einspruch als unbegründet zurück. 18die klägerin hat mit schriftsatz vom 19.6.2013, der bei gericht am 24.6.2013 eingegangen ist, klage erhoben. 19sie hat den von ihr begehrten minderungsbetrag im klageverfahren zunächst mit 3.578,86 eur beziffert entsprechend der folgenden berechnung: 20kursgewinne x2. (1. teil) 9.435,72 x2. (2. teil) 14.826,43 x3. 9.823,70 34.085,85 zuschreibungen x4. 15.371,43 x5. 3.114,29 x6. 19.007,14 37.492,86 gesamt 71.578,70 davon 5 % 3.578,94 21es hätten sich gegenüber dem einspruchsverfahren änderungen bei den anteilen an der x1. ag (weggefallen), der x2. ag (2. teil) sowie der x5. ag ergeben, weil die abschreibungen der vorangegangenen jahre nochmals genau nachverfolgt worden seien. hierbei habe sich ergeben, dass in den vorjahren ab 2001 auch zuschreibungen vorgenommen worden seien, so dass jeweils nur ein saldo aus zu- und abschreibungen zu berücksichtigen sei. wegen der einzelheiten wird auf die berechnungen der klägerin im schreiben vom 19.6.2013 verwiesen. 22wegen der beschriebenen belastung verstoße § 8b abs. 3 satz 1 kstg nicht nur gegen den grundsatz der besteuerung nach der leistungsfähigkeit, sondern auch gegen den grundsatz der folgerichtigkeit, weil es zu einer mehrfachbelastung komme. da abschreibungen in den vorjahren bei der gewinnermittlung dieser jahre nicht angesetzt worden seien, komme bei der wertaufholung im streitjahr bezüglich desselben sachverhalts ein abzugsverbot zur anwendung, welches zu einer mehrfachbelastung führe. dies widerspreche der typisierungs- und pauschalierungsbefugnis des gesetzgebers und sei nicht gerechtfertigt. der besteuerung in form des abzugsverbots liege keine leistungssteigerung im streitjahr zugrunde, da es sich lediglich um eine rückgängigmachung einer in vorjahren eingetretenen vermögensminderung gehandelt habe. 23auch der gesetzgeber habe im jahressteuergesetz – jstg – 2008 in der gesetzesbegründung zu § 8b abs. 3 satz 7 kstg (bt-drucks. 16/6290, seite 74) ausgeführt: „aus billigkeitsgründen bleiben mit den nach § 8b abs. 3 satz 3 kstg hinzugerechneten gewinnminderungen korrespondierende gewinnerhöhungen aus späteren wertaufholungen nach § 6 abs. 1 nr. 2 estg in voller höhe steuerfrei. sollte durch den darlehensverzicht des gesellschafters bei der gesellschaft ein steuerwirksamer ertrag entstehen, besteht die möglichkeit eines steuererlasses aus sachlichen billigkeitsgründen (bmf-schreiben vom 27. märz 2003, bstbl. i s. 240).“ der hinweis auf die billigkeit zeige, so die klägerin, dass es der gesetzgeber für ungerechtfertigt gehalten habe, pauschal 5 % als nicht abzugsfähig anzusehen. zu einer abweichenden steuerfestsetzung aus billigkeitsgründen sei es auch im urteil des fg düsseldorf vom 2.9.2014 6 k 3370/09 (efg 2015, 446, rev. des bfh: i r 65/14) gekommen, die damit begründet wurde, dass in einer teilwertzuschreibung im nachgang zu einer früheren teilwertabschreibung kein besteuerungswürdiger zuwachs der leistungsfähigkeit zu sehen sei. 24der auffassung der klägerin, die beschriebene mehrfachbelastung verstoße gegen den grundsatz der besteuerung nach der leistungsfähigkeit, stehe auch nicht der grundsatz der abschnittsbesteuerung bzw. das „stichtagsprinzip“ entgegen. das bverfg habe nämlich bereits in diversen beschlüssen mehrjährige betrachtungszeiträume als maßstab für die betrachtung der leistungsfähigkeit zugelassen. so zeige der bverfg-beschluss vom 4.12.2002 2 bvr 400/98 2 bvr 1735/00 (bverfge 107, 27, bgbl i 2003, 636), dass eine verfassungsmäßigkeitsprüfung nicht stets auf jährliche besteuerungsabschnitte beschränkt werden dürfe. auch im beschluss vom 22.7.1991 1 bvr 313/88 (deutsches steuerrecht – dstr – 1991, 1278) habe sich das bverfg bereits mit dem wertungswiderspruch zwischen den grundsätzen der abschnittsbesteuerung und der besteuerung nach dem nettoprinzip befasst. weiterhin würden verschiedene gerichtliche vorlagebeschlüsse (bfh-beschluss vom 26.2.2014 i r 59/12, bfhe 246, 27, bstbl ii 2014, 1016 zur mindestbesteuerung, az. des bverfg: 2 bvl 19/14; fg hamburg, beschluss vom 4.4.2011 2 k 33/10, entscheidungen der finanzgerichte – efg – 2011, 1460, dstr 2011, 1172 zu § 8c kstg, az. des bverfg: 2 bvl 6/11; fg münster, beschluss vom 16.9.2014 9 k 1600/12, jetzt 13 k 1600/12, efg 2015, 500, zu § 34 abs. 13f kstg n.f., az. des bverfg: 2 bvl 29/14) zeigen, dass eine verfassungsmäßigkeitsprüfung des aspekts der leistungsfähigkeit auch über einen mehrjährigen zeitraum möglich sein müsse. dasselbe ergebe sich aus dem bfh-beschluss vom 18.12.2013 i b 85/13 (bfhe 244, 320, bstbl ii 2014, 947), in dem der bfh ernstliche zweifel an der verfassungsmäßigkeit des § 4h estg geäußert habe. die veranlagungszeitraumübergreifende betrachtungsweise sei darüber hinaus auch in den vorlagebeschlüssen des bfh vom 17.7.2014 vi r 2/12 (bfhe 247, 25), vi r 61/11, vi r 8/12 (bfhe 247/64), vi r 38/12 und vi r 2/13 (zu aufwendungen für eine erstmalige berufsausbildung gem. § 9 abs. 6 estg, az. des bverfg: 2 bvl 22-26/14) ein tragender gedanke gewesen. 25den vorstehenden überlegungen stehe nicht der bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224) entgegen. denn insoweit habe der tenor der entscheidung des bverfg, welche im bgbl veröffentlicht worden sei, keine gesetzeskraft erlangt. das bverfg habe nämlich über die frage der mehrfachbelastung nicht entschieden. dem vom bverfg entschiedenen fall hätten erlöse aus aktienverkäufen und dividendenerträge zugrunde gelegen. im streitfall werde demgegenüber nach einer nichtabzugsfähigkeit früherer teilwertabschreibungen nach § 8b abs. 3 satz 3 kstg die spätere zuschreibung noch einmal besteuert durch die nichtabzugsfähigkeit von 5 % betriebsausgaben. darüber hinaus komme es bei bestimmten aktien, insbesondere den aktien der x2. ag (1. teil), zu weiteren verdopplungseffekten, weil bereits in vorjahren zuschreibungen stattgefunden hätten, auf die ebenfalls § 8b abs. 3 satz 1 kstg angewandt worden sei. durch „hüpfende kurse“ sei es dann zu einer mehrfachen anwendung des 5 %-igen ausgabenabzugsverbots gekommen. hierbei handle es sich, so die klägerin, um einen sog. „horizontaler kaskadeneffekt“. über diese konstellation habe das bverfg nicht entschieden. da die objektive reichweite der rechtskraft der entscheidung des bverfg nämlich durch den maßgeblichen sachverhalt sowie durch den prüfungsmaßstab determiniert werde (so bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/ bethge, bverfgg, § 31 rz. 68), entfalte die entscheidung aufgrund des abweichenden sachverhalts für den streitfall keine rechtskraft. 26darüber hinaus habe das bverfg in seinem beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224) ausdrücklich die möglichkeit sog. „kaskadeneffekte“ erkannt. es habe ausdrücklich offen gelassen, ob der in der literatur der pauschalierung des ausgabenabzugsverbots „in mehrfach gestaffelten beteiligungsstrukturen entgegengehaltene mögliche ‚kaskadeneffekt‘ […] im extremfall eine abweichende verfassungsrechtliche bewertung verlangen kann“ (unter d.iii.3.b, ee der gründe). bei einer solchen beteiligungskaskade handle es sich, so die klägerin, um einen sog. „vertikalen kaskadeneffekt“. hieraus sei zu erkennen, dass das bverfg in einer beteiligungskaskade die mehrfache nichtabzugsfähigkeit von 5 % auf ein- und dieselbe dividende möglicherweise als einen verstoß gegen art. 3 abs. 1 des grundgesetzes – gg – werte. auch insoweit habe der tenor der entscheidung des bverfg, welche im bgbl veröffentlicht worden sei, keine gesetzeskraft erlangen können. daher werde in diesen fällen im schrifttum die verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 3 satz 1 kstg – auch nach der entscheidung des bverfg vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 – weiterhin als zweifelhaft angesehen (watermeyer in herrmann/heuer/raupach, estg/kstg, stand juni 2014, § 8b kstg rz. 7; hey in tipke/lang, steuerrecht, 21. auflage, § 11 rz. 42 ff; müller, fr 2011, 309; ribbrock, bb 2011, 98). 27die klägerin hat sodann mit schriftsatz vom 26.5.2015 ihre klage hinsichtlich dieses „vertikalen kaskadeneffekts“ erweitert. die klage beziehe sich nun auch auf das 5 %-ige abzugsverbot gemäß § 8b abs. 5 satz 1 kstg bezüglich der folgenden im streitjahr vereinnahmten dividenden: 28dividenden davon 5% x7. 8.292,86 414,64 x5. 4.285,71 214,29 x5. 7.500,00 375,00 x2. 1.642,86 82,14 x2. 3.860,71 193,04 x4. 20.571,43 1.028,57 x8. 8.800,00 440,00 x9. 2.914,29 145,71 x6. 1.714,29 85,71 x10. 4.488,00 224,40 x6. 109,37 5,47 zwischensumme 64.179,51 3.208,973 vom […] weitergeleitet 24.924,18 1.246,21 gesamtsumme 89.103,69 4.455,18 29denn die vorgenannten dividenden stammten aus mehrstufigen konzernstrukturen. jede der aktiengesellschaften bzw. anstalten des öffentlichen rechts beziehe ebenfalls ausschüttungen aus kapitalgesellschaften. 30allerdings sei es nicht möglich, so die klägerin sodann im schriftsatz vom 29.10.2015, den „vertikalen kaskadeneffekt“ im detail zu beziffern. hierzu verweist sie jedoch auf die dissertation „die kapitalverflechtungen hinter dem dax30“ von dimitre stankov, berlin 2008. diese dissertation enthalte auch darstellungen der anzahl der definitiven beteiligungen der x7. ag, x5. ag, x2. ag, x4. ag, x9. ag sowie der x8. ag. die verflechtungen würden auch für das streitjahr 2006 gelten. der betrag der klageerweiterung werde daher auf 2.893,39 eur begrenzt entsprechend der folgenden berechnung: 31dividenden davon 5% x7. 8.292,86 414,64 x5. 4.285,71 214,29 x5. 7.500,00 375,00 x2. 1.642,86 82,14 x2. 3.860,71 193,04 x4. 20.571,43 1.028,57 x8. 8.800,00 440,00 x9. 2.914,29 145,71 gesamtsumme 57.867,86 2.893,39 32in einem weiteren schriftsatz vom 8.1.2016 hat die klägerin erklärt, von diesem betrag werde nun nur noch ein geschätzter anteil von 10 % – mithin 289,34 eur – streitig gestellt. dies entspreche dem in den dividenden enthaltenen, aus mehrfach gestaffelten beteiligungsstrukturen stammenden anteil. denn nur diesbezüglich sei die verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 5 satz 1 kstg nach dem bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 zweifelhaft. hinsichtlich einiger dieser dividenden sei weiterhin zu berücksichtigen, dass dieselben aktien, aus denen die dividenden stammten, auch die für § 8b abs. 3 satz 1 kstg relevanten ab- und zuschreibungen erfahren hätten. dadurch wirkten die betriebsausgabenabzugsverbote des § 8b abs. 3 satz 1 und abs. 5 satz 1 kstg sogar in doppelter weise. konkret handle es sich hierbei um die aktien der x5. ag, der x2. ag und der x4. ag. 33schließlich hat die klägerin im schriftsatz vom 26.5.2015 erklärt, die zuschreibungen bei den aktien der x5. ag im streitjahr hätten – wie ursprünglich im einspruchsverfahren beziffert – doch 11.885,71 eur betragen. bei der berechnung im klageschriftsatz vom 19.6.2013 sei demgegenüber ein fehler unterlaufen. der wegen der kursschwankungen begehrte minderungsbetrag sei daher wie folgt zu berechnen: 34kursgewinne x2. (1. teil) 9.435,72 x2. (2. teil) 14.826,43 x3. 9.823,70 34.085,85 zuschreibungen x4. 15.371,43 x5. 11.885,71 x6. 19.007,14 46.264,28 gesamt 80.350,13 davon 5 % 4.017,51 35insgesamt begehrt die klägerin damit, im angefochtenen bescheid ein um 4.306,85 eur (289,34 eur + 4.017,51 eur) vermindertes einkommen zugrunde zu legen. 36mit den streitigen betriebsvermögensmehrungen würden auch nur geringe betriebsausgaben zusammenhängen, so dass die gesetzliche pauschalierung der betriebsausgaben mit 5 % zu hoch sei. der erwerb der beteiligungen der klägerin sei nämlich nicht unmittelbar refinanziert worden. vielmehr liege eine mittelbare poolfinanzierung vor, für die der satz der sog. durchschnittlichen refinanzierung der passivseite der bilanz im streitjahr 2,4 % betragen habe. 37die klägerin beantragt, 38 den körperschaftsteuerbescheid vom 18.06.2009 in gestalt des änderungsbescheids vom 17.01.2012 und der einspruchsentscheidung vom 24.06.2013 zu ändern und ein um 4.306,85 eur vermindertes einkommen zu grunde zu legen, 39hilfsweise, 40 die revision zuzulassen. 41der beklagte beantragt, 42 die klage abzuweisen. 43er verweist auf seine einspruchsentscheidung. nach seiner auffassung besteht kein verstoß gegen den grundsatz der besteuerung nach der leistungsfähigkeit, weil die klägerin im streitjahr tatsächlich die zugrunde gelegten gewinne bzw. werterhöhungen und dividenden realisiert habe. die pauschalierung der nichtabziehbaren betriebsausgaben gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg sei nach dem bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224) verfassungsgemäß. 44außerdem habe die bundesregierung aufgrund einer prüfbitte des bundesrates (bt-drs. 15/1518), ob nicht die teilwertzuschreibungen aus der regelung des § 8b abs. 3 satz 1 kstg ausgenommen werden könnten, diesen vorschlag abgelehnt, weil dies zu ungewollten steuerumgehungsgestaltungen führen könnte (bt-drs. 15/1665). hier sei ein gleichlauf mit der dividendenbesteuerung systematisch erforderlich. 45der senat hat am 13.1.2016 eine mündliche verhandlung durchgeführt. wegen der einzelheiten wird auf das protokoll der sitzung verwiesen. 46
47die klage ist unbegründet. 48i. 49der angefochtene körperschaftsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung – fgo –). 50die klägerin ist […] unbeschränkt steuerpflichtig […]. 51der beklagte hat von den von der klägerin erklärten inländischen und ausländischen gewinnen im sinne des § 8b abs. 2 kstg i.h.v. 361.527,28 eur zu recht einen betrag i.h.v. 5 % (18.076,36 eur) als nicht abziehbare betriebsausgaben gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg und weiterhin von den von der klägerin erklärten bezügen (dividenden) i.s.d. § 8b abs. 1 kstg i.h.v. 82.792,00 eur zu recht einen betrag i.h.v. 5 % (4.139,57 eur) als nicht abziehbare betriebsausgaben i.s.d. § 8b abs. 5 satz 1 kstg behandelt. er hat zu recht die vorgenannten nicht abziehbaren betriebsausgaben nicht um die von der klägerin insgesamt begehrten 4.306,85 eur vermindert. 521) der beklagte hat das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg auf die inländischen und ausländischen gewinne i.s.d. § 8b abs. 2 kstg i.h.v. 361.527,28 eur rechtmäßig angewandt. 53gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg in der im streitjahr geltenden fassung (des gesetzes zur umsetzung der protokollerklärung der bundesregierung zur vermittlungsempfehlung zum steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003, bgbl i s. 2840 – korb ii-gesetz) gelten von dem jeweiligen gewinn im sinne des § 8b abs. 2 satz 1, 3 und 5 kstg 5 vom hundert als ausgaben, die nicht als betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. 54gemäß § 8b abs. 2 satz 1 kstg in der im streitjahr geltenden fassung bleiben bei der ermittlung des einkommens gewinne aus der veräußerung eines anteils an einer körperschaft oder personenvereinigung, deren leistungen beim empfänger zu einnahmen i.s.d. § 20 abs. 1 nr. 1, 2, 9 und 10 buchst. a estg gehören, außer ansatz. gemäß § 8b abs. 2 satz 3 kstg gilt satz 1 entsprechend für gewinne aus der auflösung oder der herabsetzung des nennkapitals oder aus dem ansatz des in § 6 abs. 1 satz 1 nr. 2 satz 3 estg bezeichneten werts. gemäß § 6 abs. 1 satz 1 nr. 2 satz 1 estg in der im streitjahr geltenden fassung sind andere als die nr. 1 bezeichneten wirtschaftsgüter des betriebs (grund und boden, beteiligungen, umlaufvermögen) mit den anschaffungs- oder herstellungskosten oder dem an deren stelle tretenden wert, vermindert um abzüge nach § 6b estg und ähnliche abzüge, anzusetzen. ist der teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden wertminderung niedriger, so kann dieser gem. § 6 abs. 1 satz 1 nr. 2 satz 2 estg angesetzt werden. gem. § 6 abs. 1 satz 1 nr. 2 satz 3 i.v.m. § 6 abs. 1 satz 1 nr. 1 satz 4 estg sind wirtschaftsgüter, die bereits am schluss des vorangegangenen wirtschaftsjahres zum betriebsvermögen des steuerpflichtigen gehört haben, in den folgenden wirtschaftsjahren gemäß satz 1 anzusetzen, es sei denn, der steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer teilwert nach satz 2 angesetzt werden kann. 55im streitfall hat die klägerin – zwischen den beteiligten unstreitig – einen gewinn i.s.d. § 8b abs. 2 kstg erwirtschaftet, da sie veräußerungsgewinne i.s.d. § 8b abs. 2 satz 1 kstg i.h.v. 2.844,30 eur und teilwertzuschreibungen i.s.d. § 8b abs. 2 satz 3 kstg i.v.m. § 6 abs. 1 satz 1 nr. 2 satz 3 estg in höhe von 312.718,35 eur („kursgewinne“ entsprechend ihrer steuererklärung) und 46.264,28 eur („zuschreibungen“ entsprechend ihrer steuererklärung) erzielt hat. hierauf hat der beklagte rechtmäßigerweise das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg angewandt, auch soweit diesen gewinnen frühere – gemäß § 8b abs. 3 satz 3 kstg nicht ansatzfähige – gewinnminderungen vorausgegangen sind. 56a) § 8b abs. 3 satz 1 kstg ist mit dem grundgesetz vereinbar und verstößt nicht gegen den gleichbehandlungsgrundsatz gem. art. 3 abs. 1 gg. 57das bverfg hat mit beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224, bgbl i 2010, 1766) § 8b abs. 3 satz 1 und abs. 5 satz 1 kstg als verfassungsgemäß erklärt. der tenor dieser entscheidung lautet: „§ 8b absatz 3 satz 1 und absatz 5 satz 1 des körperschaftsteuergesetzes in der fassung des gesetzes zur umsetzung der protokollerklärung der bundesregierung zur vermittlungsempfehlung zum steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. dezember 2003 (bundesgesetzblatt i seite 2840) ist mit dem grundgesetz vereinbar.“ 58gem. § 31 abs. 1 des gesetzes über das bundesverfassungsgericht – bverfgg – binden die entscheidungen des bundesverfassungsgerichts die verfassungsorgane des bundes und der länder sowie alle gerichte und behörden. in den fällen des § 13 nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die entscheidung des bundesverfassungsgerichts gem. § 31 abs. 2 satz 1 bverfgg gesetzeskraft. soweit ein gesetz als mit dem grundgesetz oder sonstigem bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die entscheidungsformel gem. § 31 abs. 2 satz 3 bverfgg durch das bundesministerium der justiz und für verbraucherschutz im bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. 59aufgrund des bverfg-beschlusses vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 ist § 8b absatz 3 satz 1 kstg mit dem grundgesetz vereinbar. 60der senat ist deshalb an einer erneuten verfassungsrechtlichen überprüfung des § 8b abs. 3 satz 1 kstg gehindert. bei der vorlage des fg hamburg vom 7.11.2007 5 k 153/06 (efg 2008, 236) handelte es sich nämlich um einen antrag im sinne des § 13 nr. 11 bverfgg i.v.m. art. 100 absatz 1 satz 1 gg, so dass sich aus § 31 abs. 2 satz 1 bverfgg die gesetzeskraft des bverfg-beschlusses vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 ergibt. die gesetzeskraft schließt eine erneute sachliche überprüfung der verfassungsmäßigkeit einer norm aus, solange nicht später rechtserhebliche änderungen der sach- und rechtslage eintreten (bverfg-urteil vom 4.5.2011 2 bvr 2365/09 u.a., bverfge 128, 326, 365, unter b.ii der gründe; bverfg-beschluss vom 18.11.2003 1 bvr 302/96, bverfge 109, 64, 84, unter b. der gründe; bethge in maunz/ schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 288). einer erneuten kontrolle steht insoweit das prozesshindernis der gesetzeskraft entgegen (bverfg-beschluss vom 18,.10.1983 2 bvl 14/83, bverfge 65, 179, 181; bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 288). auch eine bloß inzidente erneute normkontrolle in einem folgeprozess ist wegen der gesetzeskraft der vorangegangenen normenbestätigung unzulässig (bverfg-urteil vom 4.5.2011 2 bvr 2365/09 u.a., bverfge 128, 326, 364 f, unter b.ii der gründe; bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 288). das fachgericht ist an die im tenor der entscheidung des bverfg aufgenommene feststellung gebunden (bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 295). 61b) dagegen kann die klägerin nicht einwenden, die von ihr vorgebrachten verfassungsrechtlichen einwendungen seien vom bverfg nicht geprüft worden, weil dem vorlagebeschluss des fg hamburg vom 7.11.2007 5 k 153/06 (efg 2008, 236) ein anderer sachverhalt zugrunde gelegen habe. 62allerdings trifft es zu, wie die klägerin beschreibt, dass dem vorlagebeschluss die anwendung des § 8b abs. 3 satz 1 und abs. 5 satz 1 kstg auf einen veräußerungsgewinn aus der veräußerung einer tochtergesellschaft durch verkauf von aktien sowie auf dividendenerträge aus beteiligungen zugrunde lag, bei denen das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot den tatsächlich nachgewiesenen aufwand um ein vielfaches überstieg (vgl. bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07, bverfge 127, 224, bgbl i 2010, 1766, unter b.i.1 der gründe). demgegenüber geht es im streitfall u.a. um einen gewinn aus einer wertaufholung durch den ansatz des in § 6 abs. 1 satz 1 nr. 2 satz 3 estg bezeichneten werts (teilwertaufholung). 63jedoch bezieht sich eine gesetzeskräftige normbestätigung des bverfg auf den prüfungsmaßstab, mit welchem das bverfg die norm überprüft hat (bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 279). der prüfungsmaßstab ergibt sich hierbei aus dem tenor und aus den gründen der entscheidung des bverfg (bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 295, 300; heusch in umbach/clemens/dollinger, bverfgg, 2. auflage, § 31 rz. 85). im beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 hat das bverfg in seinem tenor § 8b absatz 3 satz 1 und absatz 5 satz 1 kstg ohne einschränkung als mit dem grundgesetz vereinbar erklärt. unter d. der gründe hat das bverfg § 8b absatz 3 satz 1 und absatz 5 satz 1 kstg als mit art. 3 abs. 1 gg, dem „allein hier in frage kommenden verfassungsrechtlichen prüfungsmaßstab“, vereinbar erklärt. der prüfungsmaßstab des art. 3 abs. 1 gg enthielt keine einschränkungen. das bverfg hat erklärt, die pauschalierungsregelung des § 8b absatz 3 satz 1 und absatz 5 satz 1 kstg verstoße weder gegen den grundsatz einer besteuerung nach der leistungsfähigkeit noch erweise sie sich als verfassungswidrige durchbrechung des grundsatzes der folgerichtigkeit; sie sei durch hinreichende, die pauschalierung tragende rechtfertigungsgründe gedeckt (bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07, bverfge 127, 224, bgbl i 2010, 1766, unter d.iii. der gründe). 64die von der klägerin vorgebrachten, am maßstab des gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß art. 3 abs. 1 gg angelegten verfassungsrechtlichen einwendungen können daher nicht berücksichtigt werden. selbst wenn, wie die klägerin vorträgt, ihrem gewinn aus der veräußerung und der teilwertaufholung von aktien in vorjahren gewinnminderungen in form von „hüpfenden kursen“ vorausgegangen sind, welche steuerlich gemäß § 8b abs. 3 satz 3 kstg außer ansatz geblieben sind, führt die anwendung des 5 %-igen abzugsverbots gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg dennoch nicht zu einer verfassungswidrigkeit, da der vom bverfg zugrunde gelegte prüfungsmaßstab diesen fall umfasste. der entscheidung des bverfg lässt sich kein vorbehalt in dem sinne entnehmen, dass der – von der klägerin so bezeichnete – „horizontale kaskadeneffekt“ eine andere verfassungsrechtliche beurteilung notwendig erscheinen lassen könnte. eine rechtserhebliche änderung der sach- und rechtslage, die eine erneute verfassungsrechtliche überprüfung erlauben könnte, ist insoweit nicht erkennbar. 65daher kann sich die klägerin auch nicht darauf berufen, die objektive reichweite der rechtskraft der entscheidung des bverfg werde durch den maßgeblichen sachverhalt sowie durch den prüfungsmaßstab determiniert (vgl. bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 68), so dass die bverfg-entscheidung aufgrund des abweichenden sachverhalts für den streitfall keine rechtskraft entfalte. zwar nennt bethge in der von der klägerin zitierten fundstelle auch den „maßgeblichen sachverhalt“ als einen die reichweite der rechtskraft determinierenden faktor. die klägerin übersieht hierbei jedoch, dass die zitierte fundstelle von bethge nur allgemeine ausführungen zur materiellen rechtskraft von entscheidungen des bverfg enthält. für die reichweite der gesetzeskraft von entscheidungen in verfahren der normüberprüfung nach § 13 nr. 11 i.v.m. § 31 abs. 2 bverfgg, hier der normbestätigenden entscheidung, gilt demgegenüber allein der vom bverfg entwickelte und oben zitierte maßstab. danach schließt die gesetzeskraft einer bverfg-entscheidung eine erneute sachliche überprüfung der verfassungsmäßigkeit einer norm aus, solange nicht später rechtserhebliche änderungen der sach- und rechtslage eintreten. eine solche änderung der sachlage ist hier insoweit nicht eingetreten. 66die klägerin kann weiterhin nicht mit erfolg einwenden, der von ihr vertretenen rechtsauffassung stehe auch nicht der grundsatz der abschnittsbesteuerung bzw. das „stichtagsprinzip“ entgegen, da eine verfassungsmäßigkeitsprüfung des aspekts der leistungsfähigkeit über einen mehrjährigen zeitraum möglich sein müsse, was sich aus verschiedenen gerichtlichen vorlagebeschlüssen ergebe (bfh-beschluss vom 26.2.2014 i r 59/12, bfhe 246, 27, bstbl ii 2014, 1016 zur mindestbesteuerung, az. des bverfg: 2 bvl 19/14; fg hamburg, beschluss vom 4.4.2011 2 k 33/10, entscheidungen der finanzgerichte – efg – 2011, 1460, dstr 2011, 1172 zu § 8c kstg, az. des bverfg: 2 bvl 6/11; fg münster, beschluss vom 16.9.2014 9 k 1600/12, jetzt 13 k 1600/12, efg 2015, 500, zu § 34 abs. 13f kstg n.f., az. des bverfg: 2 bvl 29/14). zwar mag es zutreffen, dass der grundsatz der besteuerung nach der leistungsfähigkeit in den vorgenannten beschlüssen anhand eines mehrjährigen zeitraums geprüft worden ist. dies ändert jedoch nichts daran, dass der bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 im rahmen seines prüfungsmaßstabs eine umfassende normbestätigende wirkung entfaltet, welche einer erneuten überprüfung entgegensteht. 67c) auch der bfh geht in seiner neueren rechtsprechung ohne einschränkung von einer verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 3 satz 1 kstg aus (bfh-urteile vom 12.3.2014 i r 45/13, bfhe 245, 25, bstbl ii 2014, 719; vom 9.4.2014 i r 52/12, bfhe 245, 59, bstbl ii 2014, 861). 68diese entscheidungen des bfh befassten sich mit der frage, ob ein veräußerungsgewinn, dessen berechnung gemäß § 8b abs. 2 satz 2 kstg bereits den vollständigen abzug der veräußerungskosten erfasst, zusätzlich das pauschale 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b abs. 3 satz 1 kstg auslösen kann. der bfh hat diese frage bejaht. obwohl die gesetzliche regelung in systematischer hinsicht „nicht vollkommen“ überzeuge, so der bfh, ändere dies jedoch nichts daran, dass der regelungswortlaut eindeutig sei. auch für eine teleologisch einschränkende auslegung der norm bestehe keine veranlassung. beides – sowohl der abzug der veräußerungskosten als auch der nichtabzug der fiktiven kosten – verhalte sich im rahmen der hinnehmbaren gesetzgeberischen gestaltungsfreiheit (bfh-urteile vom 12.3.2014 i r 45/13, bfhe 245, 25, bstbl ii 2014, 719 unter ii.2.b der gründe; vom 9.4.2014 i r 52/12, bfhe 245, 59, bstbl ii 2014, 861 unter ii.2.a der gründe). die frage des betriebsausgabenabzugsverbots im falle des veräußerungsgewinns war auch bereits im bverfg-beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224, bgbl i 2010, 1766, unter d.iii.1.b, dd der gründe) aufgeworfen und in der gleichen weise beantwortet worden. 69daher bestehen auch für den erkennenden senat keine gründe, die verfassungsmäßigkeit des § 8b abs. 3 satz 1 kstg erneut zu überprüfen. nach maßgabe der vorstehenden entscheidungen des bfh bezieht sich dies auch auf die – im streitfall ebenfalls vorhandenen – veräußerungsgewinne im sinne des § 8b abs. 2 satz 1 kstg. 702) der beklagte hat auch das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b abs. 5 satz 1 kstg auf die bezüge (dividenden) i.s.d. § 8b abs. 1 kstg i.h.v. 579.544,01 eur rechtmäßig angewandt. 71gemäß § 8b abs. 5 satz 1 kstg in der im streitjahr geltenden fassung gelten von den bezügen im sinne des § 8b abs. 1 kstg, die bei der ermittlung des einkommens außer ansatz bleiben, 5 vom hundert als ausgaben, die nicht als betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. 72gemäß § 8b abs. 1 satz 1 kstg in der im streitjahr geltenden fassung bleiben bezüge im sinne des § 20 abs. 1 nr. 1, 2, 9 und 10 buchst. a estg bei der ermittlung des einkommens außer ansatz. 73die klägerin hat – zwischen den beteiligten unstreitig – gemäß § 8b abs. 1 kstg steuerfreie inländische bezüge (dividenden) i.h.v. 82.792 eur entsprechend ihrer steuererklärung erzielt. hierauf hat der beklagte rechtmäßigerweise das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot gemäß § 8b abs. 5 satz 1 kstg angewandt, auch soweit auf diese bezüge bereits zu einem früheren zeitpunkt in der beteiligungskette ein betriebsausgabenabzugsverbot angewandt worden sein sollte. 74a) § 8b abs. 5 satz 1 kstg ist mit dem grundgesetz vereinbar und verstößt nicht gegen den gleichbehandlungsgrundsatz gem. art. 3 abs. 1 gg. die zitierte entscheidung des bverfg vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224, bgbl i 2010, 1766) bezieht sich explizit auch auf § 8b abs. 5 satz 1 kstg. der senat ist deshalb wie ausgeführt an einer erneuten verfassungsrechtlichen überprüfung gehindert. 75b) die klägerin kann auch nicht mit erfolg einwenden, § 8b abs. 5 satz 1 kstg sei durch einen „vertikalen kaskadeneffekt“ verfassungswidrig, weil die vereinnahmten dividenden aus mehrstufigen konzernstrukturen stammten. 76allerdings hat die klägerin zutreffend darauf hingewiesen, dass es das bverfg in seinem beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 (bverfge 127, 224, bgbl i 2010, 1766, unter d.iii.3.b, ee der gründe) ausdrücklich offen gelassen hat, ob ein „in mehrfach gestaffelten beteiligungsstrukturen“ möglicher „kaskadeneffekt“ „im extremfall eine abweichende verfassungsrechtliche bewertung verlangen kann“. da der prüfungsmaßstab des bverfg sowohl nach maßgabe des tenors der entscheidung unter weiterer berücksichtigung der gründe zu bestimmen ist (bethge in maunz/schmidt-bleibtreu/klein/bethge, bverfgg, § 31 rz. 295, 300; heusch in umbach/clemens/ dollinger, bverfgg, 2. auflage, § 31 rz. 85), könnte diese einschränkung in der zitierten entscheidung des bverfg so zu verstehen sein, dass in einer entsprechenden sachverhaltskonstellation des – von der klägerin so bezeichneten – „vertikalen kaskadeneffekts“ eine erneute verfassungsrechtliche bewertung geboten ist. sofern ein vom bverfg so bezeichneter „extremfall“ nachweisbar ist, könnte es sich um eine rechtserhebliche änderung der sachlage handeln, welche eine erneute verfassungsrechtliche überprüfung erlaubt (bverfg-beschluss vom 18.11.2003 1 bvr 302/96, bverfge 109, 64, 84, unter b. der gründe). durch die entscheidung des bverfg hat § 8b abs. 3 satz 1 und abs. 5 satz 1 kstg hinsichtlich seiner verfassungsmäßigkeit folglich keine allseitige normbestätigung erlangt. 77die klägerin hat auch zutreffend auf stellungnahmen aus dem schrifttum verwiesen. auch in diesen wird teilweise auf die möglichkeit einer erneuten verfassungsrechtlichen prüfung hingewiesen (watermeyer in herrmann/heuer/raupach, estg/kstg, stand juni 2014, § 8b kstg rz. 7; hey in tipke/lang, steuerrecht, 21. auflage, § 11 rz. 42 ff; müller, fr 2011, 309, 317; ribbrock, bb 2011, 98, 99; ähnlich lammers, dstz 2011, 483, 486; roser, gmbhr 2011, 214). 78die aufgeworfene frage kann jedoch dahinstehen. denn jedenfalls kann der senat im streitfall keine sachverhaltskonstellation feststellen, welche unter berücksichtigung der zitierten ausführungen des bverfg eine erneute verfassungsrechtliche bewertung verlangen würde. 79die klägerin hat nämlich weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die unternehmen, von welchen sie aktien hält, bereits selbst bezüge im sinne des § 8b abs. 1 kstg oder gewinne i.s.d. § 8b abs. 2 kstg erzielten und hierauf das 5 %-ige betriebsausgabenabzugsverbot anwendung fand und ob weiterhin solche tatsachen auch in weiteren, niedrigeren stufen der beteiligungskette vorlagen. die klägerin hat vielmehr lediglich – unter verweis auf die dissertation „die kapitalverflechtungen hinter dem dax30“ von dimitre stankov, berlin 2008 – ausgeführt, dass die unternehmen, von welchen sie aktien hält, verschiedene beteiligungsketten und -strukturen aufweisen. bezifferte bezüge oder gewinne für das streitjahr sind jedoch weder der zitierten dissertation noch dem vortrag der klägerin zu entnehmen. es ist auch nicht erkennbar und von der klägerin nicht vorgebracht, ob mit eventuellen bezügen oder dividenden in niedrigeren stufen der beteiligungskette auch betriebsausgaben zusammenhingen, für welche die pauschalierung mit 5 % zu hoch wäre. dementsprechend ist es nicht erkennbar und bedarf keiner entscheidung, ob es in der mehrstufigen beteiligungsstruktur zu einem „extremfall“ im sinne des zitierten bverfg-beschlusses gekommen sein könnte. 803) die klägerin kann sich schließlich nicht darauf berufen, der gesetzgeber habe im jstg 2008 in der gesetzesbegründung zu § 8b abs. 3 satz 7 kstg (heute satz 8; bt-drucks. 16/6290, seite 74) ausgeführt, aus billigkeitsgründen blieben mit den nach § 8b abs. 3 satz 3 kstg hinzugerechneten gewinnminderungen korrespondierende gewinnerhöhungen aus späteren wertaufholungen nach § 6 abs. 1 nr. 2 estg in voller höhe steuerfrei. 81zwar trifft es zu, dass der heutige § 8b abs. 3 satz 8 kstg nach seiner zielsetzung eine gesetzliche billigkeitsregelung enthält. nach dieser vorschrift bleiben gewinne aus dem ansatz einer darlehensforderung mit dem nach § 6 abs. 1 nr. 2 satz 3 estg maßgeblichen wert bei der ermittlung des einkommens außer ansatz, soweit auf die vorangegangene teilwertabschreibung satz 3 angewendet worden ist. 82§ 8b abs. 3 satz 8 kstg bezieht sich jedoch nur auf darlehensforderungen und nicht auf die im streitfall fraglichen gewinne und bezüge. er ist daher im streitfall tatbestandlich nicht anwendbar. dass der gesetzgeber für andere gewinne als diejenigen, welche aus der werterhöhung einer darlehensforderung resultieren, keine dem § 8b abs. 3 satz 8 kstg vergleichbare regelung geschaffen hat, lässt den schluss zu, dass er für solche gewinne eine anwendung des 5 %-igen betriebsausgabenabzugsverbots nicht ausschließen wollte. 83zudem könnte aus der von der klägerin zitierten gesetzesbegründung lediglich gefolgert werden, dass die hier streitigen effekte durch eine billigkeitsmaßnahme etwa gemäß § 163 ao gelöst werden könnten. für den fall eines „vertikalen kaskadeneffekts“, dessen beurteilung das bverfg im beschluss vom 12.10.2010 1 bvl 12/07 ausdrücklich offen gelassen hat, setzt dies aber zum einen voraus, dass eine mehrfache belastung mit dem 5 %-igen betriebsausgabenabzugsverbot in einer beteiligungskette tatbestandlich nachgewiesen ist, was der klägerin im streitfall wie beschrieben nicht gelungen ist. zum anderen setzt dies einen entsprechenden antrag voraus, welcher nicht gegenstand des vorliegenden klageverfahrens ist. für den fall eines „horizontalen kaskadeneffekts“, der gedanklich auch dem von der klägerin zitierten urteil des fg düsseldorf vom 2.9.2014 6 k 3370/09 (efg 2015, 446, rev. des bfh: i r 65/14, zum verlustausgleich bei der sog. mindestbesteuerung) zugrunde lag, kann der senat offen lassen, ob er dem gedanken einer billigkeitsmaßnahme näher treten könnte. gegen eine solche maßnahme spricht allerdings, dass der gesetzgeber diesen fall bewusst in der von § 8b abs. 3 und 5 kstg vorgesehenen weise geregelt hat. 84ii. 85die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. 86die entscheidung über die zulassung der revision beruht auf § 115 abs. 2 nr. 1 fgo. die rechtssache hat grundsätzliche bedeutung.
Verklagte*r
0
167,889
17 K 8660/13
"2015-02-06T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten, im Stadtgebiet der Beklagten gelegenen Grundstücks mit der postalischen Bezeichnung X.-----straße 4a, 00000 T. . Das Grundstück ist als Flurstück 166, Flur 3, auf Blatt 213A des Grundbuchs des Amtsgerichts T. unter der laufenden Nummer 1 eingetragen. 3Die süd-östliche Seite des Flurstücks 166 grenzt unmittelbar mit dem Hauseingang des Wohnhauses und zwei Garagentoren der Doppelgarage an die X.-----straße . Die nord-westliche Seite des Flurstücks 166 ist 12,05 m lang und verläuft in einem Winkel von ca. 10 Grad in etwa 20 bis 25 m Entfernung als Hinterliegergrundstück zur L.----------straße . Mit seiner nord-östlichen Seite grenzt es unmittelbar an das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende Flurstück 165. 4Die süd-östliche Seite des Flurstücks 165 grenzt ebenfalls unmittelbar an die X.-----straße . Die nord-westliche Seite des Flurstücks 165 grenzt an die süd-westliche Seite des ebenfalls im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücks 137, welches mit seiner nord-westlichen Grundstücksseite unmittelbar an die L.----------straße angrenzt und mit einem Wohnhaus bebaut ist. Neben dem Wohnhaus befindet sich auf der süd-westlichen Seite des Flurstücks 137 ein ca. 5 m breiter unbebauter Streifen, der von der L.----------straße aus an dem Wohnhaus vorbei über das Flurstück 165 einen Durchgang zu dem Flurstück 166 gewährleistet. An der Grenze zwischen den Flurstücken 137 und 165 befinden sich ein Gartentor und im Anschluss daran vier Treppenstufen. Von der L.----------straße bis zum Flurstück 166 muss etwa eine Strecke von 28 m zurückgelegt werden. 5Bislang war der Kläger für das Flurstück 166 lediglich zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren für die X.-----straße herangezogen worden. Mit Grundabgabenbescheid vom 11. Oktober 2013 zog die Beklagte ihn für das Flurstück 166 zusätzlich für die Veranlagungsjahre 2009 bis 2013 zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren in Höhe von 297,53 Euro für die L.----------straße heran. Zugrunde gelegt wurden abgerundet 12 Frontmeter des Flurstücks 166 als Hinterliegergrundstück zur L.----------straße . 6Der Kläger hat dagegen am 12. November 2013 Klage erhoben. 7Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, für eine nachträgliche Veranlagung als sog. Hinterliegerflurstück zur L.----------straße fehle es an einer Erschließung des Flurstücks 166 durch die L.----------straße im straßenreinigungsrechtlichen Sinne. Das Wohnhaus auf dem Flurstück werde allein von der X.-----straße genutzt. Zwar sei es tatsächlich von der L.----------straße aus über die ebenfalls in seinem Eigentum stehenden Flurstücke 165 und 137 zugänglich. Hierdurch werde jedoch keine weitere sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung des Flurstücks 166 vermittelt, die über die durch die X.-----straße schon vermittelte Nutzungsmöglichkeit hinausgehe. Dies zeige sich beispielsweise an der hier übertragbaren Wertung der Straßenreinigungssatzung der Stadt Göttingen. Gem. § 1 Abs. 2 lit. a) dieser Satzung seien allein solche Grundstücke Hinterlieger, die nur über erschließungsrechtlich unselbstständige Privatwege oder mittels Geh- und Fahrrechte über vorderliegende Privatgrundstücke zugänglich seien. Hierdurch werde der Gebührengerechtigkeit Rechnung getragen und sichergestellt, nur „echte“ Hinterlieger würden zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren herangezogen und es finde keine Doppelveranlagung statt. Daher seien die Flurstücke 137, 165 und 166 aus Gründen der Gebührengerechtigkeit gemeinsam als wirtschaftliche Einheit zu veranlagen. Denn bei einer gedanklichen Zusammenlegung der drei Flurstücke, würden sich Straßenreinigungsgebühren ergeben, wie sie vor der Doppelveranlagung durch den angefochtenen Bescheid bestanden hätten. 8Der Kläger beantragt, 9den Grundabgabenbescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2013 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie trägt vor, das Flurstück 166 sei nicht nur von der X.-----straße erschlossen. Es liege eine weitere Erschließung durch die L.----------straße vor. Das Flurstück 166 sei von der L.----------straße aus über das Flurstück 137 und 165 zugänglich. Da der Kläger Eigentümer der Flurstücke 137, 165 und 166 sei, sei diese tatsächliche Zugangsmöglichkeit auch rechtlich gesichert. Aufgrund der vorhandenen baulichen Nutzung des Flurstücks 166 werde eine innerhalb geschlossener Ortslagen sinnvolle Grundstücksnutzung in Form einer Wohnbebauung vermittelt. Bei einer solchen Mehrfacherschließung löse jede Erschließung eine Gebührenpflicht aus, da Eigentümer auch einen mehrfachen wirtschaftlichen Vorteil erlangten. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage hat keinen Erfolg. 16A. Sie ist zulässig. Insbesondere wurde die Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingehalten. Hiernach ist die Klage bei Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Gem. § 3 Abs. 1 Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen (StrReinG NRW) i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) Kommunalabgabengesetz für das Land NRW (KAG NRW) i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der vom 11. Oktober 2013 datierende Grundabgabenbescheid gilt damit frühestens am 14. Oktober 2013 als gegenüber dem Kläger bekanntgegeben. Gem. § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch endete die Klagefrist daher frühestens mit Ablauf des 14. November 2013 und wurde durch die Klageerhebung am 12. November 2013 somit gewahrt. 17B. Die Klage ist unbegründet. Der Grundabgabenbescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Heranziehung des Klägers zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren in Höhe von 297,53 Euro für 12 Frontmeter des Flurstücks 166 zur L.----------straße für die Veranlagungsjahre 2009 bis 2013 ist gerechtfertigt. 18I. Der angefochtene Bescheid findet seine Grundlage in § 6 Satz 1 der Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt T. (Straßenreinigungssatzung – StrRS) in der Fassung vom 19. Dezember 2008 für das Veranlagungsjahr 2009, in der Fassung vom 21. Dezember 2009 für das Veranlagungsjahr 2010, in der Fassung vom 21. Dezember 2010 für das Veranlagungsjahr 2011, in der Fassung vom 19. Dezember 2011 für das Veranlagungsjahr 2012 und in der Fassung vom 7. Dezember 2012 für das Veranlagungsjahr 2013. 19II. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Satz 1 StrRS liegen vor. 20Danach erhebt die Beklagte für die von ihr durchgeführte Reinigung der öffentlichen Straßen Benutzungsgebühren nach § 6 Abs. 2 KAG NRW in Verbindung mit § 3 StrReinG NRW. Nach § 3 StrReinG NRW darf die Stadt von Grundstückseigentümern Gebühren für die Reinigung einer Straße erheben, wenn das Grundstück durch die Straße im straßenreinigungsrechtlichen Sinne erschlossen wird. 211. Das Flurstück 166 ist tauglicher Veranlagungsgegenstand für die Erhebung von Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren. 22a. § 5 Abs. 1 StrRS stellt in zulässiger Weise für die Bestimmung des Veranlagungsgegenstandes auf das einzelne Buchgrundstück ab, 23vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 - 9 A 79/87 -, juris Rn. 7. 24Unter einem Grundstück in diesem Sinne ist ein solcher Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke geführt wird, 25std. Rspr. vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23. Juli 2013 – 17 K 3920/13 – juris Rn. 16; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. November 2011 – 17 K 4552/11 –, juris Rn. 20; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Aufl. 2013, Rn. 329 alle m.w.N. 26Diese Voraussetzungen erfüllt das Flurstück 166, da es im Grundbuch des Amtsgerichts T. auf Blatt 213A unter einer eigenständigen laufenden Nummer im Verzeichnis der Grundstücke geführt wird. 27b. Auch ist nicht ausnahmsweise eine gemeinsame Veranlagung des Flurstücks 166 mit den ebenfalls unter einer eigenständigen laufenden Nummer im Grundbuch eingetragenen Flurstücken 137 oder 165 angezeigt („wirtschaftliche Einheit“, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 StrRS). 28Aus Gründen der Gebührengerechtigkeit kann es im Einzelfall zwar geboten sein, mehrere Buchgrundstücke desselben Eigentümers als „wirtschaftliche Einheit“ zu einem Grundstück im Sinne des Straßenreinigungsgesetzes zusammenzufassen. Ausreichend für die Bildung einer „wirtschaftliche Einheit“ von Buchgrundstücken ist dabei nicht, wenn diese in tatsächlicher Hinsicht einheitlich genutzt werden. Erforderlich ist vielmehr, dass sie jeweils für sich gesehen nicht, wohl aber in ihrer Gesamtheit selbständig wirtschaftlich nutzbar sind oder wenn das eine Buchgrundstück wegen seiner Größe, seines Zuschnitts, seiner Lage oder sonstigen Beschaffenheit nicht selbständig nutzbar ist, indessen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvollerweise dem anderen angrenzenden, (selbständig) wirtschaftlich nutzbaren Grundstück desselben Eigentümers zuzuordnen ist, 29vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2014 – 9 A 209/12 –, juris Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 – 9 A 79/87 –, juris Rn. 7; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. Juli 2013 – 17 K 3920 –juris Rn. 16; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Juli 2010 – 17 K 5972/08 –, juris Rn. 23. 30Insoweit kommt es entscheidend auf die Frage der selbstständigen wirtschaftlichen Nutzbarkeit und nicht auf die tatsächliche bestehende Nutzung der veranlagten Flurstücke an, 31vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 1997 – 9 B 3017/96 –, n.v. U.A. Seite 6. 32Ausgangspunkt ist hierbei, ob auch ein objektiver Dritter, der nicht unmittelbar angrenzend über Grundeigentum verfügt, einen nennenswerten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Flurstück ziehen kann, 33vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2011 – 17 K 5488/11 –, juris Rn. 32. 34Dabei gehören zu den Möglichkeiten einer innerhalb geschlossener Ortslagen üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung eines Buchgrundstücks neben baulichen und gewerblichen auch solche, die im Rahmen einer Grundstücksnutzung als Gartenland zulässig sind, 35vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2014 – 9 A 209/12 –, juris Rn. 25; vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2003 – 9 A 2355/00 – juris Rn. 42. 36An den Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung der Flurstücke als „wirtschaftliche Einheit“ – ungeachtet der Frage, ob der Kläger dadurch für die streitige Veranlagung überhaupt einen Nutzen ziehen könnte (vgl. dazu B. III. 4.) – fehlt es. Die drei Flurstücke sind nach Lage, Zuschnitt und Größe unabhängig voneinander sinnvoll wirtschaftlich nutzbar. Diese Nutzungsmöglichkeit hat sich bei den Flurstücken 137 und 166 schon durch die Wohnbebauung realisiert. Das Flurstück 165 ist – wenn nicht sogar baulich – mit einer Größe von laut Grundbuchauszug etwa 222 m² wirtschaftlich jedenfalls sinnvoll als Gartenland nutzbar, 37vgl. zur wirtschaftlich sinnvollen Nutzung eines Flurstücks als Gartenland OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2014 – 9 A 209/12 –, juris Rn. 31. 38Ob die sinnvolle wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit des Flurstücks 166 gerade auch durch die L.----------straße vermittelt wird, ist keine Frage des Veranlagungsgegenstandes, sondern der Erschließung des Flurstücks durch diese Straße im straßenreinigungsrechtlichen Sinne (vgl. dazu B. III. 3.). 392. Die L.----------straße gehört ausweislich des Straßenverzeichnisses nach § 7 Abs. 6 i.V.m. § 2 Abs. 1 und 2 StrRS im hier maßgeblichen Abschnitt zu den von der Beklagten gereinigten öffentlichen Straßen. 403. Das Flurstück 166 wird neben der X.-----straße auch durch die L.----------straße im straßenreinigungsrechtlichen Sinne erschlossen. Erschlossen ist ein Grundstück, wenn der Grundstückseigentümer von der Straße eine tatsächliche Zugangsmöglichkeit auf das Grundstück hat, die rechtlich abgesichert ist und wenn dadurch eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks vermittelt wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 StrRS), 41vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 27; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Aufl. 2013, Rn. 166. 42Dieser Erschließungsbegriff des § 3 Abs. 1 StrReinG NRW ist weiter als derjenige der §§ 131 und 133 Baugesetzbuch; insbesondere bedarf es nicht einer Zufahrtmöglichkeit für Fahrzeuge. Ein fußläufiger Zugang reicht grundsätzlich aus, 43zu den Anforderungen an einen die Erschließung im straßenrechtlichen Sinne sichernden Fußweg vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2012 – 9 A 193/10 –, juris Rn. 25 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2011 – 9 A 2929/08 -, juris Rn. 23 ff. 44Bei seiner Auslegung ist zu berücksichtigen, dass die Straßenreinigung im System der öffentlichen Lasten eine Natural- und/oder Geldlast als Ausgleich für besondere, dem Grundstückseigentümer erwachsende Vorteile darstellt, 45vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 29 ff. 46Die Rechtfertigung, die Grundeigentümer im Verhältnis zur Allgemeinheit für die Straßenreinigung mit Gebühren zu belasten, besteht darin, dass die Straßenreinigung objektiv im besonderen Interesse der Grundstückseigentümer liegt und sich für sie in Bezug auf die Möglichkeit der wirtschaftlichen und verkehrlichen Nutzung der Grundstücke vorteilhaft auswirkt. Der Kreis der Eigentümer, die unter dem Gesichtspunkt von Sondervorteilen ein objektives Interesse an der Straßenreinigung haben, ist also nicht nur auf jene Eigentümer beschränkt, denen die Straße speziell eine bauliche und gewerbliche Nutzung im Sinne der baurechtlichen Bestimmungen vermittelt. Gemeint ist vielmehr die durch die Straße in der Regel gegebene Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung schlechthin. Wo diese Möglichkeit aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausnahmsweise nicht gegeben ist und ohne wesentliche Änderung der Verhältnisse auch künftig nicht eintreten kann, fehlt es an einer erschließenden Beziehung zwischen Straße und Grundstück und eine Heranziehung des Grundstückseigentümers zu Straßenreinigungsgebühren kommt nicht in Betracht, 47vgl. Gesetzesbegründung der Landesregierung, LT-Drs. 8/33, S. 8; BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1974 – VII C 46/72 –, juris Rn. 18; BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1969 – VII C 16/69 –, KStZ 1970, 92, 93; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 33 f. 48Die dem Grundstückseigentümer erwachsenden Vorteile müssen in Beziehung zum Zweck der Straßenreinigung stehen. Dieser erschließt sich aus Sinn und Regelungsgehalt der Bestimmungen des Straßenreinigungsgesetzes unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung. Danach sollte die Novellierung des Straßenreinigungsgesetzes dem Gesichtspunkt Rechnung tragen, dass die Straßenreinigung sich von einer ursprünglich rein ordnungsrechtlichen Pflicht zur Gefahrenabwehr zu einem Teil der allgemeinen Daseinsvorsorge weiterentwickelt hatte, 49vgl. auch Gesetzesbegründung der Landesregierung, LT-Drs. 8/33, S. 1; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 35 f. 50Diese Vorsorge bezieht sich nach dem Straßenreinigungsgesetz NRW nicht auf das gesamte Gemeindegebiet. Vielmehr beschränkt das nordrhein-westfälische Straßenreinigungsgesetz die Reinigung ausdrücklich auf die innerhalb der geschlossenen Ortslagen gelegenen öffentlichen Straßen. Straßenreinigungsrechtlich erschlossen sind deshalb nur solche Grundstücke, deren Eigentümer von der Straßenreinigung innerhalb der geschlossenen Ortslage einen speziellen, sich auf das geordnete Zusammenleben der örtlichen Gemeinschaft auswirkenden Vorteil haben, wie es beispielsweise bei regelmäßiger Sauberhaltung der innerörtlichen Straßen sowohl unter dem Aspekt eines erleichterten Ortsverkehrs für die Einwohner der Gemeinde als auch demjenigen der Hygiene der Fall ist, 51vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2013 – 9 A 1809/11 –, juris Rn. 37 f.; OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2003 – 9 A 2355/00 –, juris Rn. 41. 52Nach diesen Maßstäben ist das Flurstück 166 auch durch die L.----------straße erschlossen. 53a. Das Flurstück 166 ist von der L.----------straße aus tatsächlich zugänglich. 54Es grenzt zwar nicht unmittelbar an die L.----------straße , sondern die X.-----straße an. Es ist aber über die ebenfalls im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücke 165 und 137 von der L.----------straße aus ohne Weiteres zu erreichen. Von dem Flurstück 137 gelangt man über das Flurstück 165 auf das süd-westlich daran angrenzende Flurstück 166. Trotz der Bebauung des Flurstücks 137 mit einem Wohnhaus befindet sich zumindest auf der süd-westlichen Seite dieses Flurstücks ein ca. 5 m breiter Streifen, der ausreichend Platz für eine fußläufige Zuwegung zur L.----------straße lässt. Dies belegen nicht nur die im Verwaltungsvorgang vorfindlichen Fotografien, die anlässlich des Ortstermins am 4. Dezember 2013 gefertigt wurden. Auch der Kläger selbst räumt dies in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 2014 ein. Hieraus ergibt sich für das Flurstück 166 neben dem unmittelbaren Zugang von der X.-----straße aus eine weitere mittelbare Zugangsmöglichkeit von der L.----------straße . Auch wenn diese von dem Kläger nicht genutzt werden mag, kommt es allein auf die hierdurch vermittelte objektive Zugangsmöglichkeit an. 55Aufgrund der Unbeachtlichkeit selbst geschaffener Zugangshindernisse, 56vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 2014 – 9 A 2119/12 –, juris Rn. 36, 57ist es unerheblich, dass sich an der Grenze zwischen den Flurstücken 137 und 165 ein Gartentor sowie ein lediglich über 4 Treppenstufen reichender geringfügiger Höhenunterschied zwischen den Flurstücken befinden. 58b. Die tatsächliche Zugangsmöglichkeit ist auch in rechtlicher Hinsicht abgesichert, da der Kläger Eigentümer der Flurstücke 137, 165 und 166 ist. 59c. Durch die Zugangsmöglichkeit von der L.----------straße wird schließlich entgegen der Ansicht des Klägers offenkundig eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche Nutzung des Flurstücks 166 vermittelt. Denn jedenfalls die auf dem Flurstück schon vorhandene Bebauung kann auch über die L.----------straße genutzt werden. 60aa. Auf die vom Kläger getroffene Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Hinterliegern kommt es bei der Beurteilung, ob ein Grundstück im straßenreinigungsrechtlichen Sinn erschlossen ist, nicht an. 61Bei den Begriffen des Vorder- und des Hinterliegers handelt es sich nicht um Rechtsbegriffe, die im Straßenreinigungsgesetz NRW oder in der Straßenreinigungssatzung der Beklagten verwendet worden sind. Sowohl das Gesetz als auch die Satzung stellen ausschließlich auf den Begriff der Erschließung im straßenreinigungsrechtlichen Sinne ab, der in ständiger Rechtsprechung im dargelegten Sinn konkretisiert wird und auf diese Weise auch im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu für die Rechtsanwender bzw. betroffenen Grundstückseigentümer kalkulierbaren Ergebnissen führt. Die zusätzliche Gebührenpflicht resultiert aus dem für das Buchgrundstück aufgrund der Eigentümeridentität gegebenen zusätzlichen Erschließungsvorteil und trägt damit einem Lagevorteil Rechnung, der unabhängig von den jeweiligen Nutzungswünschen des Eigentümers objektiv mit der Erschließungsmöglichkeit einhergeht, 62vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 2014 – 9 A 2119/12 –, juris Rn. 69 f. 63Ein solcher Lagevorteil ergibt sich für den Kläger aus dem zusätzlichen Durchgang von der L.----------straße . Das Flurstück 166 und das hierauf befindliche Wohnhaus sind aufgrund des Durchgangs auf zwei Wegen vom öffentlichen Straßennetz aus tatsächlich zugänglich. Würde die Zugänglichkeit über die X.-----straße hinweggedacht, verbliebe der Vorteil einer Zugangsmöglichkeit von der L.----------straße aus. Dieser Vorteil mag dem Kläger zwar im hiesigen Fall gering erscheinen. Dies ändert indes nichts daran, dass ein zusätzlicher, objektiver und grundstücksbezogener Vorteil, der die mehrfache Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren rechtfertigt, gegeben ist. 64bb. Unbeachtlich ist auch, dass das klägerische Flurstück 166 erst über mehrere ebenfalls in seinem Eigentum stehende Flurstücke durch die Kornprinzenstraße erschlossen wird. 65Dies unterbricht den Erschließungszusammenhang nicht. Denn die Anzahl der die Erschließung vermittelnden Flurstücke ist jedenfalls angesichts der ausweislich des Luftbildes im Verwaltungsvorgang für den Durchgang von der L.----------straße zum Flurstück 166 zurückzulegenden Strecke von nur ca. 28 m irrelevant, 66vgl. VG Köln, Urteil vom 26. November 2012 – 18 K 1411/11 –, juris Rn. 14; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Aufl. 2013, Rn. 331. 67Anders als der Kläger vorträgt, ist dabei nicht zu beanstanden, eine Erschließung über ein oder mehrere andere Grundstücke desselben Eigentümers zum Anknüpfungspunkt für eine Mehrfacherschließung zu machen, obwohl das veranlagte Flurstück bereits durch eine unmittelbar angrenzende Straße erschlossen ist. Aus dieser Form der Mehrfacherschließung ergibt sich keine unzulässige Doppelbelastung des Eigentümers, da ihm auch ein entsprechend mehrfacher Erschließungsvorteil zukommt, 68vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 2014 – 9 A 2119/12 –, juris Rn. 63. 69cc. Gründe für eine abweichende Beurteilung im Übrigen bestehen nicht. 70Nach wie vor ist der Verweis des Klägers auf die Satzungsregelung der Stadt H. unbeachtlich. Den Ausführungen der gerichtlichen Verfügung vom 18. Dezember 2014 ist diesbezüglich nichts hinzuzufügen. Auf sie wird insoweit Bezug genommen. Die Satzungsregelungen der Stadt H. und der Beklagten beruhen auf verschiedenen landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen und wurden zudem von unterschiedlichen Kommunen im Rahmen ihrer jeweiligen Satzungshoheit erlassen. Es wurde auch bereits zuvor hier ausgeführt, dass die Straßenreinigungssatzung der Beklagten ausschließlich auf den Begriff der „Erschließung“ und nicht auf den des „Hinterliegers“ abstellt. Im Übrigen besteht bei der genaueren Ausgestaltung des Frontmetermaßstabes ein weites Ermessen des Satzungsgebers, 71OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 – 9 A 469/87 –, juris Rn. 20 f., 72welches hier rechtmäßig dahingehend ausgeübt wurde, diejenigen Grundstücke heranzuziehen, die durch die gereinigte Straße erschlossen werden (vgl. § 5 Abs. 2 StrRS). Der Kläger versucht vielmehr – wie sich der Kammer nachdrücklich auch noch einmal in der mündlichen Verhandlung zeigte – sein eigenes, vermeintlich gerechtes und für ihn jedenfalls günstigeres Gebührensystem in unzulässiger Weise an die Stelle des geltenden (Orts-)Rechts zu setzen. 73III. Bedenken gegen die festgesetzte Gebührenhöhe bestehen nicht. 741. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 StrRS sind unter anderem die Längen der das Grundstück erschließenden Straße zugewandten Grundstücksseiten Maßstab für die Gebührenhöhe. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 sind zugewandte Grundstücksseiten diejenigen Abschnitte der Grundstücksbegrenzungslinie, die mit der Straßenbegrenzungslinie gleich, parallel oder in einem Winkel von weniger als 45 Grad verlaufen. Wird ein Grundstück – wie hier – von mehreren zu reinigenden Straßen erschlossen, so werden gem. § 7 Abs. 2 StrRS die Längen aller Grundstücksseiten zugrunde gelegt, die diesen Erschließungsstraßen zugewandt sind. Bei der Festlegung der Grundstücksseiten werden Bruchteile eines Meters von 0 m bis 0,30 m gem. § 7 Abs. 3 StrRS auf 0 m gerundet. 75Dem entspricht es – wie im gegebenen Fall geschehen – die 12,05 m lange und in einem Winkel von ca. 10 Grad zur L.----------straße verlaufende nord-westliche Seite des Flurstücks 166 mit 12 Frontmetern zu veranlagen. 762. In ständiger und jahrzehntelanger Rechtsprechung führt die Heranziehung sowohl der Eigentümer anliegender Grundstücke als auch der Eigentümer hinterliegender, im Sinne des Straßenreinigungsrechts erschlossener und damit gebührenpflichtiger Grundstücke zu Straßenreinigungsgebühren nach demselben Maßstab weder zu einer Mehrfacherhebung von Gebühren für dieselbe Reinigungsleistung (Gebührenüberdeckung), 77vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. August 1989 – 9 A 469/87 –, juris Rn. 16 ff., 78noch verstößt die dem Grunde nach erfolgende Gleichbehandlung mit anliegenden Grundstücken nach Maßgabe des jeweiligen Gebührenmaßstabs und hinsichtlich der Gebührenhöhe gegen Art. 3 Abs. 1 GG, 79vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 1981 – 8 B 10/81 –, juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 1986 – 8 B 74/86 –, juris Rn. 4; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 1982 ‑ 1 BvR 863/81, u.a. ‑, ZKF 1982, 213, 214. 80Denn zum einen steigt durch die Einbeziehung der Hinterliegergrundstücke bei der Ermittlung der Gebührensätze die Gesamtzahl der zu berücksichtigenden Veranlagungsmeter, durch die die gesamten ansetzbaren Kosten der Straßenreinigung in der Stadt zu teilen sind, mit der Folge, dass sich der Gebührensatz pro Veranlagungsmeter vermindert. Zum anderen wird mit der Straßenreinigungsgebühr nicht der Vorteil für die Reinigung einer bestimmten Teilkehrlänge vor einem konkreten Grundstück abgegolten, sondern derjenige Vorteil, der den Eigentümern aller von der Straße erschlossenen Grundstücke für die Reinigung der gesamten Straße – und zwar jeweils und in Gänze – zukommt. Die gebührenpflichtige Reinigungsleistung der Gemeinde befriedigt das objektive Interesse sowohl der Eigentümer anliegender Grundstücke als auch der Eigentümer hinterliegender, im Sinne des Straßenreinigungsrechts erschlossener Grundstücke an der Reinigung der ganzen Straße. Da sich Umfang und Maß dieses Interesses mit Blick auf die Anliegergrundstücke einerseits und auf die erschlossenen Hinterliegergrundstücke andererseits allenfalls geringfügig oder nur in atypischen Ausnahmefällen unterscheiden, ist es nicht sachfremd, wenn der Ortsgesetzgeber Umfang und Maß des jeweiligen objektiven Interesses insoweit gebührenrechtlich gleich bewertet, 81so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 1986 – 8 B 74/86 –, juris Rn. 4. 823. Fehler bei der konkreten Gebührenberechnung sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. 834. Im Hinblick auf den klägerischen Vortrag zu einer gemeinsamen Veranlagung der Flurstücke 137, 165 und 166 wegen einer wirtschaftlicher Einheit oder einer grundbuchrechtlicher Zusammenfassung merkt die Kammer an, dass sich – diese unterstellt – hierdurch im gegebenen Fall nichts ändern würde. Denn auch bei einem einheitlichen Flurstück würde jedenfalls die nord-westliche Seite des Flurstücks 166 als teilhinterligende, der L.----------straße zugewandte Seite mit 12 m zu veranlagen sein. 84IV. Es bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken, den Kläger nachträglich zu Gebühren für die Jahre 2009 bis 2013 heranzuziehen, insbesondere sind die Gebührenforderungen nicht verjährt, vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG NRW i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO. 85C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 86Die Berufung war nicht von Amts wegen gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO nicht vorliegen. 87Beschluss: 88Der Streitwert wird auf 297,53 Euro festgesetzt. 89Gründe: 90Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz erfolgt.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der kläger ist eigentümer des mit einem wohnhaus bebauten, im stadtgebiet der beklagten gelegenen grundstücks mit der postalischen bezeichnung x.-----straße 4a, 00000 t. . das grundstück ist als flurstück 166, flur 3, auf blatt 213a des grundbuchs des amtsgerichts t. unter der laufenden nummer 1 eingetragen. 3die süd-östliche seite des flurstücks 166 grenzt unmittelbar mit dem hauseingang des wohnhauses und zwei garagentoren der doppelgarage an die x.-----straße . die nord-westliche seite des flurstücks 166 ist 12,05 m lang und verläuft in einem winkel von ca. 10 grad in etwa 20 bis 25 m entfernung als hinterliegergrundstück zur l.----------straße . mit seiner nord-östlichen seite grenzt es unmittelbar an das ebenfalls im eigentum des klägers stehende flurstück 165. 4die süd-östliche seite des flurstücks 165 grenzt ebenfalls unmittelbar an die x.-----straße . die nord-westliche seite des flurstücks 165 grenzt an die süd-westliche seite des ebenfalls im eigentum des klägers stehenden flurstücks 137, welches mit seiner nord-westlichen grundstücksseite unmittelbar an die l.----------straße angrenzt und mit einem wohnhaus bebaut ist. neben dem wohnhaus befindet sich auf der süd-westlichen seite des flurstücks 137 ein ca. 5 m breiter unbebauter streifen, der von der l.----------straße aus an dem wohnhaus vorbei über das flurstück 165 einen durchgang zu dem flurstück 166 gewährleistet. an der grenze zwischen den flurstücken 137 und 165 befinden sich ein gartentor und im anschluss daran vier treppenstufen. von der l.----------straße bis zum flurstück 166 muss etwa eine strecke von 28 m zurückgelegt werden. 5bislang war der kläger für das flurstück 166 lediglich zu straßenreinigungs- und winterdienstgebühren für die x.-----straße herangezogen worden. mit grundabgabenbescheid vom 11. oktober 2013 zog die beklagte ihn für das flurstück 166 zusätzlich für die veranlagungsjahre 2009 bis 2013 zu straßenreinigungs- und winterdienstgebühren in höhe von 297,53 euro für die l.----------straße heran. zugrunde gelegt wurden abgerundet 12 frontmeter des flurstücks 166 als hinterliegergrundstück zur l.----------straße . 6der kläger hat dagegen am 12. november 2013 klage erhoben. 7zur begründung trägt er im wesentlichen vor, für eine nachträgliche veranlagung als sog. hinterliegerflurstück zur l.----------straße fehle es an einer erschließung des flurstücks 166 durch die l.----------straße im straßenreinigungsrechtlichen sinne. das wohnhaus auf dem flurstück werde allein von der x.-----straße genutzt. zwar sei es tatsächlich von der l.----------straße aus über die ebenfalls in seinem eigentum stehenden flurstücke 165 und 137 zugänglich. hierdurch werde jedoch keine weitere sinnvolle wirtschaftliche grundstücksnutzung des flurstücks 166 vermittelt, die über die durch die x.-----straße schon vermittelte nutzungsmöglichkeit hinausgehe. dies zeige sich beispielsweise an der hier übertragbaren wertung der straßenreinigungssatzung der stadt göttingen. gem. § 1 abs. 2 lit. a) dieser satzung seien allein solche grundstücke hinterlieger, die nur über erschließungsrechtlich unselbstständige privatwege oder mittels geh- und fahrrechte über vorderliegende privatgrundstücke zugänglich seien. hierdurch werde der gebührengerechtigkeit rechnung getragen und sichergestellt, nur „echte“ hinterlieger würden zu straßenreinigungs- und winterdienstgebühren herangezogen und es finde keine doppelveranlagung statt. daher seien die flurstücke 137, 165 und 166 aus gründen der gebührengerechtigkeit gemeinsam als wirtschaftliche einheit zu veranlagen. denn bei einer gedanklichen zusammenlegung der drei flurstücke, würden sich straßenreinigungsgebühren ergeben, wie sie vor der doppelveranlagung durch den angefochtenen bescheid bestanden hätten. 8der kläger beantragt, 9den grundabgabenbescheid der beklagten vom 11. oktober 2013 aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie trägt vor, das flurstück 166 sei nicht nur von der x.-----straße erschlossen. es liege eine weitere erschließung durch die l.----------straße vor. das flurstück 166 sei von der l.----------straße aus über das flurstück 137 und 165 zugänglich. da der kläger eigentümer der flurstücke 137, 165 und 166 sei, sei diese tatsächliche zugangsmöglichkeit auch rechtlich gesichert. aufgrund der vorhandenen baulichen nutzung des flurstücks 166 werde eine innerhalb geschlossener ortslagen sinnvolle grundstücksnutzung in form einer wohnbebauung vermittelt. bei einer solchen mehrfacherschließung löse jede erschließung eine gebührenpflicht aus, da eigentümer auch einen mehrfachen wirtschaftlichen vorteil erlangten. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie den des beigezogenen verwaltungsvorgangs verwiesen. 14
15die klage hat keinen erfolg. 16a. sie ist zulässig. insbesondere wurde die klagefrist gem. § 74 abs. 1 satz 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) eingehalten. hiernach ist die klage bei entbehrlichkeit eines widerspruchsverfahrens innerhalb eines monats nach bekanntgabe des verwaltungsakts zu erheben. gem. § 3 abs. 1 gesetz über die reinigung öffentlicher straßen (strreing nrw) i.v.m. § 12 abs. 1 nr. 3 lit. b) kommunalabgabengesetz für das land nrw (kag nrw) i.v.m. § 122 abs. 2 nr. 1 abgabenordnung (ao) gilt ein schriftlicher verwaltungsakt, der im inland durch die post übermittelt wird, am dritten tag nach der aufgabe zur post als bekannt gegeben. der vom 11. oktober 2013 datierende grundabgabenbescheid gilt damit frühestens am 14. oktober 2013 als gegenüber dem kläger bekanntgegeben. gem. § 57 abs. 2 vwgo i.v.m. § 222 abs. 1 zivilprozessordnung (zpo) i.v.m. §§ 187 abs. 1, 188 abs. 2 bürgerliches gesetzbuch endete die klagefrist daher frühestens mit ablauf des 14. november 2013 und wurde durch die klageerhebung am 12. november 2013 somit gewahrt. 17b. die klage ist unbegründet. der grundabgabenbescheid der beklagten vom 11. oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. die heranziehung des klägers zu straßenreinigungs- und winterdienstgebühren in höhe von 297,53 euro für 12 frontmeter des flurstücks 166 zur l.----------straße für die veranlagungsjahre 2009 bis 2013 ist gerechtfertigt. 18i. der angefochtene bescheid findet seine grundlage in § 6 satz 1 der satzung über die straßenreinigung und die erhebung von straßenreinigungsgebühren in der stadt t. (straßenreinigungssatzung – strrs) in der fassung vom 19. dezember 2008 für das veranlagungsjahr 2009, in der fassung vom 21. dezember 2009 für das veranlagungsjahr 2010, in der fassung vom 21. dezember 2010 für das veranlagungsjahr 2011, in der fassung vom 19. dezember 2011 für das veranlagungsjahr 2012 und in der fassung vom 7. dezember 2012 für das veranlagungsjahr 2013. 19ii. die tatbestandsvoraussetzungen des § 6 satz 1 strrs liegen vor. 20danach erhebt die beklagte für die von ihr durchgeführte reinigung der öffentlichen straßen benutzungsgebühren nach § 6 abs. 2 kag nrw in verbindung mit § 3 strreing nrw. nach § 3 strreing nrw darf die stadt von grundstückseigentümern gebühren für die reinigung einer straße erheben, wenn das grundstück durch die straße im straßenreinigungsrechtlichen sinne erschlossen wird. 211. das flurstück 166 ist tauglicher veranlagungsgegenstand für die erhebung von straßenreinigungs- und winterdienstgebühren. 22a. § 5 abs. 1 strrs stellt in zulässiger weise für die bestimmung des veranlagungsgegenstandes auf das einzelne buchgrundstück ab, 23vgl. etwa ovg nrw, urteil vom 31. august 1989 - 9 a 79/87 -, juris rn. 7. 24unter einem grundstück in diesem sinne ist ein solcher teil der erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen grundbuchblatt oder auf einem gemeinschaftlichen grundbuchblatt unter einer besonderen nummer im verzeichnis der grundstücke geführt wird, 25std. rspr. vgl. vg düsseldorf, urteil vom 23. juli 2013 – 17 k 3920/13 – juris rn. 16; vg düsseldorf, urteil vom 29. november 2011 – 17 k 4552/11 –, juris rn. 20; wichmann, straßenreinigung und winterdienst in der kommunalen praxis, 7. aufl. 2013, rn. 329 alle m.w.n. 26diese voraussetzungen erfüllt das flurstück 166, da es im grundbuch des amtsgerichts t. auf blatt 213a unter einer eigenständigen laufenden nummer im verzeichnis der grundstücke geführt wird. 27b. auch ist nicht ausnahmsweise eine gemeinsame veranlagung des flurstücks 166 mit den ebenfalls unter einer eigenständigen laufenden nummer im grundbuch eingetragenen flurstücken 137 oder 165 angezeigt („wirtschaftliche einheit“, vgl. § 5 abs. 1 satz 2 strrs). 28aus gründen der gebührengerechtigkeit kann es im einzelfall zwar geboten sein, mehrere buchgrundstücke desselben eigentümers als „wirtschaftliche einheit“ zu einem grundstück im sinne des straßenreinigungsgesetzes zusammenzufassen. ausreichend für die bildung einer „wirtschaftliche einheit“ von buchgrundstücken ist dabei nicht, wenn diese in tatsächlicher hinsicht einheitlich genutzt werden. erforderlich ist vielmehr, dass sie jeweils für sich gesehen nicht, wohl aber in ihrer gesamtheit selbständig wirtschaftlich nutzbar sind oder wenn das eine buchgrundstück wegen seiner größe, seines zuschnitts, seiner lage oder sonstigen beschaffenheit nicht selbständig nutzbar ist, indessen nach wirtschaftlichen gesichtspunkten sinnvollerweise dem anderen angrenzenden, (selbständig) wirtschaftlich nutzbaren grundstück desselben eigentümers zuzuordnen ist, 29vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. november 2014 – 9 a 209/12 –, juris rn. 25; ovg nrw, urteil vom 31. august 1989 – 9 a 79/87 –, juris rn. 7; vg düsseldorf, urteil vom 23. juli 2013 – 17 k 3920 –juris rn. 16; vg düsseldorf, urteil vom 30. juli 2010 – 17 k 5972/08 –, juris rn. 23. 30insoweit kommt es entscheidend auf die frage der selbstständigen wirtschaftlichen nutzbarkeit und nicht auf die tatsächliche bestehende nutzung der veranlagten flurstücke an, 31vgl. ovg nrw, beschluss vom 7. februar 1997 – 9 b 3017/96 –, n.v. u.a. seite 6. 32ausgangspunkt ist hierbei, ob auch ein objektiver dritter, der nicht unmittelbar angrenzend über grundeigentum verfügt, einen nennenswerten wirtschaftlichen nutzen aus dem flurstück ziehen kann, 33vgl. vg düsseldorf, urteil vom 16. dezember 2011 – 17 k 5488/11 –, juris rn. 32. 34dabei gehören zu den möglichkeiten einer innerhalb geschlossener ortslagen üblichen und sinnvollen wirtschaftlichen nutzung eines buchgrundstücks neben baulichen und gewerblichen auch solche, die im rahmen einer grundstücksnutzung als gartenland zulässig sind, 35vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. november 2014 – 9 a 209/12 –, juris rn. 25; vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. februar 2003 – 9 a 2355/00 – juris rn. 42. 36an den voraussetzungen für eine gemeinsame veranlagung der flurstücke als „wirtschaftliche einheit“ – ungeachtet der frage, ob der kläger dadurch für die streitige veranlagung überhaupt einen nutzen ziehen könnte (vgl. dazu b. iii. 4.) – fehlt es. die drei flurstücke sind nach lage, zuschnitt und größe unabhängig voneinander sinnvoll wirtschaftlich nutzbar. diese nutzungsmöglichkeit hat sich bei den flurstücken 137 und 166 schon durch die wohnbebauung realisiert. das flurstück 165 ist – wenn nicht sogar baulich – mit einer größe von laut grundbuchauszug etwa 222 m² wirtschaftlich jedenfalls sinnvoll als gartenland nutzbar, 37vgl. zur wirtschaftlich sinnvollen nutzung eines flurstücks als gartenland ovg nrw, beschluss vom 17. november 2014 – 9 a 209/12 –, juris rn. 31. 38ob die sinnvolle wirtschaftliche nutzungsmöglichkeit des flurstücks 166 gerade auch durch die l.----------straße vermittelt wird, ist keine frage des veranlagungsgegenstandes, sondern der erschließung des flurstücks durch diese straße im straßenreinigungsrechtlichen sinne (vgl. dazu b. iii. 3.). 392. die l.----------straße gehört ausweislich des straßenverzeichnisses nach § 7 abs. 6 i.v.m. § 2 abs. 1 und 2 strrs im hier maßgeblichen abschnitt zu den von der beklagten gereinigten öffentlichen straßen. 403. das flurstück 166 wird neben der x.-----straße auch durch die l.----------straße im straßenreinigungsrechtlichen sinne erschlossen. erschlossen ist ein grundstück, wenn der grundstückseigentümer von der straße eine tatsächliche zugangsmöglichkeit auf das grundstück hat, die rechtlich abgesichert ist und wenn dadurch eine innerhalb geschlossener ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche nutzung des grundstücks vermittelt wird (vgl. § 5 abs. 2 satz 1 strrs), 41vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 27; wichmann, straßenreinigung und winterdienst in der kommunalen praxis, 7. aufl. 2013, rn. 166. 42dieser erschließungsbegriff des § 3 abs. 1 strreing nrw ist weiter als derjenige der §§ 131 und 133 baugesetzbuch; insbesondere bedarf es nicht einer zufahrtmöglichkeit für fahrzeuge. ein fußläufiger zugang reicht grundsätzlich aus, 43zu den anforderungen an einen die erschließung im straßenrechtlichen sinne sichernden fußweg vgl. ovg nrw, urteil vom 3. dezember 2012 – 9 a 193/10 –, juris rn. 25 m.w.n.; ovg nrw, beschluss vom 6. mai 2011 – 9 a 2929/08 -, juris rn. 23 ff. 44bei seiner auslegung ist zu berücksichtigen, dass die straßenreinigung im system der öffentlichen lasten eine natural- und/oder geldlast als ausgleich für besondere, dem grundstückseigentümer erwachsende vorteile darstellt, 45vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 29 ff. 46die rechtfertigung, die grundeigentümer im verhältnis zur allgemeinheit für die straßenreinigung mit gebühren zu belasten, besteht darin, dass die straßenreinigung objektiv im besonderen interesse der grundstückseigentümer liegt und sich für sie in bezug auf die möglichkeit der wirtschaftlichen und verkehrlichen nutzung der grundstücke vorteilhaft auswirkt. der kreis der eigentümer, die unter dem gesichtspunkt von sondervorteilen ein objektives interesse an der straßenreinigung haben, ist also nicht nur auf jene eigentümer beschränkt, denen die straße speziell eine bauliche und gewerbliche nutzung im sinne der baurechtlichen bestimmungen vermittelt. gemeint ist vielmehr die durch die straße in der regel gegebene möglichkeit einer wirtschaftlichen nutzung schlechthin. wo diese möglichkeit aus rechtlichen oder tatsächlichen gründen ausnahmsweise nicht gegeben ist und ohne wesentliche änderung der verhältnisse auch künftig nicht eintreten kann, fehlt es an einer erschließenden beziehung zwischen straße und grundstück und eine heranziehung des grundstückseigentümers zu straßenreinigungsgebühren kommt nicht in betracht, 47vgl. gesetzesbegründung der landesregierung, lt-drs. 8/33, s. 8; bverwg, urteil vom 10. mai 1974 – vii c 46/72 –, juris rn. 18; bverwg, urteil vom 24. oktober 1969 – vii c 16/69 –, kstz 1970, 92, 93; ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 33 f. 48die dem grundstückseigentümer erwachsenden vorteile müssen in beziehung zum zweck der straßenreinigung stehen. dieser erschließt sich aus sinn und regelungsgehalt der bestimmungen des straßenreinigungsgesetzes unter berücksichtigung der gesetzesbegründung. danach sollte die novellierung des straßenreinigungsgesetzes dem gesichtspunkt rechnung tragen, dass die straßenreinigung sich von einer ursprünglich rein ordnungsrechtlichen pflicht zur gefahrenabwehr zu einem teil der allgemeinen daseinsvorsorge weiterentwickelt hatte, 49vgl. auch gesetzesbegründung der landesregierung, lt-drs. 8/33, s. 1; ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 35 f. 50diese vorsorge bezieht sich nach dem straßenreinigungsgesetz nrw nicht auf das gesamte gemeindegebiet. vielmehr beschränkt das nordrhein-westfälische straßenreinigungsgesetz die reinigung ausdrücklich auf die innerhalb der geschlossenen ortslagen gelegenen öffentlichen straßen. straßenreinigungsrechtlich erschlossen sind deshalb nur solche grundstücke, deren eigentümer von der straßenreinigung innerhalb der geschlossenen ortslage einen speziellen, sich auf das geordnete zusammenleben der örtlichen gemeinschaft auswirkenden vorteil haben, wie es beispielsweise bei regelmäßiger sauberhaltung der innerörtlichen straßen sowohl unter dem aspekt eines erleichterten ortsverkehrs für die einwohner der gemeinde als auch demjenigen der hygiene der fall ist, 51vgl. ovg nrw, beschluss vom 26. september 2013 – 9 a 1809/11 –, juris rn. 37 f.; ovg nrw, urteil vom 26. februar 2003 – 9 a 2355/00 –, juris rn. 41. 52nach diesen maßstäben ist das flurstück 166 auch durch die l.----------straße erschlossen. 53a. das flurstück 166 ist von der l.----------straße aus tatsächlich zugänglich. 54es grenzt zwar nicht unmittelbar an die l.----------straße , sondern die x.-----straße an. es ist aber über die ebenfalls im eigentum des klägers stehenden flurstücke 165 und 137 von der l.----------straße aus ohne weiteres zu erreichen. von dem flurstück 137 gelangt man über das flurstück 165 auf das süd-westlich daran angrenzende flurstück 166. trotz der bebauung des flurstücks 137 mit einem wohnhaus befindet sich zumindest auf der süd-westlichen seite dieses flurstücks ein ca. 5 m breiter streifen, der ausreichend platz für eine fußläufige zuwegung zur l.----------straße lässt. dies belegen nicht nur die im verwaltungsvorgang vorfindlichen fotografien, die anlässlich des ortstermins am 4. dezember 2013 gefertigt wurden. auch der kläger selbst räumt dies in seinem schriftsatz vom 9. januar 2014 ein. hieraus ergibt sich für das flurstück 166 neben dem unmittelbaren zugang von der x.-----straße aus eine weitere mittelbare zugangsmöglichkeit von der l.----------straße . auch wenn diese von dem kläger nicht genutzt werden mag, kommt es allein auf die hierdurch vermittelte objektive zugangsmöglichkeit an. 55aufgrund der unbeachtlichkeit selbst geschaffener zugangshindernisse, 56vgl. ovg nrw, urteil vom 23. juli 2014 – 9 a 2119/12 –, juris rn. 36, 57ist es unerheblich, dass sich an der grenze zwischen den flurstücken 137 und 165 ein gartentor sowie ein lediglich über 4 treppenstufen reichender geringfügiger höhenunterschied zwischen den flurstücken befinden. 58b. die tatsächliche zugangsmöglichkeit ist auch in rechtlicher hinsicht abgesichert, da der kläger eigentümer der flurstücke 137, 165 und 166 ist. 59c. durch die zugangsmöglichkeit von der l.----------straße wird schließlich entgegen der ansicht des klägers offenkundig eine innerhalb geschlossener ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche nutzung des flurstücks 166 vermittelt. denn jedenfalls die auf dem flurstück schon vorhandene bebauung kann auch über die l.----------straße genutzt werden. 60aa. auf die vom kläger getroffene unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ hinterliegern kommt es bei der beurteilung, ob ein grundstück im straßenreinigungsrechtlichen sinn erschlossen ist, nicht an. 61bei den begriffen des vorder- und des hinterliegers handelt es sich nicht um rechtsbegriffe, die im straßenreinigungsgesetz nrw oder in der straßenreinigungssatzung der beklagten verwendet worden sind. sowohl das gesetz als auch die satzung stellen ausschließlich auf den begriff der erschließung im straßenreinigungsrechtlichen sinne ab, der in ständiger rechtsprechung im dargelegten sinn konkretisiert wird und auf diese weise auch im interesse der rechtsklarheit und rechtssicherheit zu für die rechtsanwender bzw. betroffenen grundstückseigentümer kalkulierbaren ergebnissen führt. die zusätzliche gebührenpflicht resultiert aus dem für das buchgrundstück aufgrund der eigentümeridentität gegebenen zusätzlichen erschließungsvorteil und trägt damit einem lagevorteil rechnung, der unabhängig von den jeweiligen nutzungswünschen des eigentümers objektiv mit der erschließungsmöglichkeit einhergeht, 62vgl. ovg nrw, urteil vom 23. juli 2014 – 9 a 2119/12 –, juris rn. 69 f. 63ein solcher lagevorteil ergibt sich für den kläger aus dem zusätzlichen durchgang von der l.----------straße . das flurstück 166 und das hierauf befindliche wohnhaus sind aufgrund des durchgangs auf zwei wegen vom öffentlichen straßennetz aus tatsächlich zugänglich. würde die zugänglichkeit über die x.-----straße hinweggedacht, verbliebe der vorteil einer zugangsmöglichkeit von der l.----------straße aus. dieser vorteil mag dem kläger zwar im hiesigen fall gering erscheinen. dies ändert indes nichts daran, dass ein zusätzlicher, objektiver und grundstücksbezogener vorteil, der die mehrfache heranziehung zu straßenreinigungsgebühren rechtfertigt, gegeben ist. 64bb. unbeachtlich ist auch, dass das klägerische flurstück 166 erst über mehrere ebenfalls in seinem eigentum stehende flurstücke durch die kornprinzenstraße erschlossen wird. 65dies unterbricht den erschließungszusammenhang nicht. denn die anzahl der die erschließung vermittelnden flurstücke ist jedenfalls angesichts der ausweislich des luftbildes im verwaltungsvorgang für den durchgang von der l.----------straße zum flurstück 166 zurückzulegenden strecke von nur ca. 28 m irrelevant, 66vgl. vg köln, urteil vom 26. november 2012 – 18 k 1411/11 –, juris rn. 14; wichmann, straßenreinigung und winterdienst in der kommunalen praxis, 7. aufl. 2013, rn. 331. 67anders als der kläger vorträgt, ist dabei nicht zu beanstanden, eine erschließung über ein oder mehrere andere grundstücke desselben eigentümers zum anknüpfungspunkt für eine mehrfacherschließung zu machen, obwohl das veranlagte flurstück bereits durch eine unmittelbar angrenzende straße erschlossen ist. aus dieser form der mehrfacherschließung ergibt sich keine unzulässige doppelbelastung des eigentümers, da ihm auch ein entsprechend mehrfacher erschließungsvorteil zukommt, 68vgl. ovg nrw, urteil vom 23. juli 2014 – 9 a 2119/12 –, juris rn. 63. 69cc. gründe für eine abweichende beurteilung im übrigen bestehen nicht. 70nach wie vor ist der verweis des klägers auf die satzungsregelung der stadt h. unbeachtlich. den ausführungen der gerichtlichen verfügung vom 18. dezember 2014 ist diesbezüglich nichts hinzuzufügen. auf sie wird insoweit bezug genommen. die satzungsregelungen der stadt h. und der beklagten beruhen auf verschiedenen landesrechtlichen ermächtigungsgrundlagen und wurden zudem von unterschiedlichen kommunen im rahmen ihrer jeweiligen satzungshoheit erlassen. es wurde auch bereits zuvor hier ausgeführt, dass die straßenreinigungssatzung der beklagten ausschließlich auf den begriff der „erschließung“ und nicht auf den des „hinterliegers“ abstellt. im übrigen besteht bei der genaueren ausgestaltung des frontmetermaßstabes ein weites ermessen des satzungsgebers, 71ovg nrw, urteil vom 31. august 1989 – 9 a 469/87 –, juris rn. 20 f., 72welches hier rechtmäßig dahingehend ausgeübt wurde, diejenigen grundstücke heranzuziehen, die durch die gereinigte straße erschlossen werden (vgl. § 5 abs. 2 strrs). der kläger versucht vielmehr – wie sich der kammer nachdrücklich auch noch einmal in der mündlichen verhandlung zeigte – sein eigenes, vermeintlich gerechtes und für ihn jedenfalls günstigeres gebührensystem in unzulässiger weise an die stelle des geltenden (orts-)rechts zu setzen. 73iii. bedenken gegen die festgesetzte gebührenhöhe bestehen nicht. 741. gem. § 7 abs. 1 satz 1 strrs sind unter anderem die längen der das grundstück erschließenden straße zugewandten grundstücksseiten maßstab für die gebührenhöhe. gem. § 7 abs. 1 satz 2 sind zugewandte grundstücksseiten diejenigen abschnitte der grundstücksbegrenzungslinie, die mit der straßenbegrenzungslinie gleich, parallel oder in einem winkel von weniger als 45 grad verlaufen. wird ein grundstück – wie hier – von mehreren zu reinigenden straßen erschlossen, so werden gem. § 7 abs. 2 strrs die längen aller grundstücksseiten zugrunde gelegt, die diesen erschließungsstraßen zugewandt sind. bei der festlegung der grundstücksseiten werden bruchteile eines meters von 0 m bis 0,30 m gem. § 7 abs. 3 strrs auf 0 m gerundet. 75dem entspricht es – wie im gegebenen fall geschehen – die 12,05 m lange und in einem winkel von ca. 10 grad zur l.----------straße verlaufende nord-westliche seite des flurstücks 166 mit 12 frontmetern zu veranlagen. 762. in ständiger und jahrzehntelanger rechtsprechung führt die heranziehung sowohl der eigentümer anliegender grundstücke als auch der eigentümer hinterliegender, im sinne des straßenreinigungsrechts erschlossener und damit gebührenpflichtiger grundstücke zu straßenreinigungsgebühren nach demselben maßstab weder zu einer mehrfacherhebung von gebühren für dieselbe reinigungsleistung (gebührenüberdeckung), 77vgl. ovg nrw, urteil vom 31. august 1989 – 9 a 469/87 –, juris rn. 16 ff., 78noch verstößt die dem grunde nach erfolgende gleichbehandlung mit anliegenden grundstücken nach maßgabe des jeweiligen gebührenmaßstabs und hinsichtlich der gebührenhöhe gegen art. 3 abs. 1 gg, 79vgl. bverwg, beschluss vom 19. märz 1981 – 8 b 10/81 –, juris rn. 5; bverwg, beschluss vom 8. dezember 1986 – 8 b 74/86 –, juris rn. 4; vgl. auch bverfg, beschluss vom 17. februar 1982 ‑ 1 bvr 863/81, u.a. ‑, zkf 1982, 213, 214. 80denn zum einen steigt durch die einbeziehung der hinterliegergrundstücke bei der ermittlung der gebührensätze die gesamtzahl der zu berücksichtigenden veranlagungsmeter, durch die die gesamten ansetzbaren kosten der straßenreinigung in der stadt zu teilen sind, mit der folge, dass sich der gebührensatz pro veranlagungsmeter vermindert. zum anderen wird mit der straßenreinigungsgebühr nicht der vorteil für die reinigung einer bestimmten teilkehrlänge vor einem konkreten grundstück abgegolten, sondern derjenige vorteil, der den eigentümern aller von der straße erschlossenen grundstücke für die reinigung der gesamten straße – und zwar jeweils und in gänze – zukommt. die gebührenpflichtige reinigungsleistung der gemeinde befriedigt das objektive interesse sowohl der eigentümer anliegender grundstücke als auch der eigentümer hinterliegender, im sinne des straßenreinigungsrechts erschlossener grundstücke an der reinigung der ganzen straße. da sich umfang und maß dieses interesses mit blick auf die anliegergrundstücke einerseits und auf die erschlossenen hinterliegergrundstücke andererseits allenfalls geringfügig oder nur in atypischen ausnahmefällen unterscheiden, ist es nicht sachfremd, wenn der ortsgesetzgeber umfang und maß des jeweiligen objektiven interesses insoweit gebührenrechtlich gleich bewertet, 81so ausdrücklich bverwg, beschluss vom 8. dezember 1986 – 8 b 74/86 –, juris rn. 4. 823. fehler bei der konkreten gebührenberechnung sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. 834. im hinblick auf den klägerischen vortrag zu einer gemeinsamen veranlagung der flurstücke 137, 165 und 166 wegen einer wirtschaftlicher einheit oder einer grundbuchrechtlicher zusammenfassung merkt die kammer an, dass sich – diese unterstellt – hierdurch im gegebenen fall nichts ändern würde. denn auch bei einem einheitlichen flurstück würde jedenfalls die nord-westliche seite des flurstücks 166 als teilhinterligende, der l.----------straße zugewandte seite mit 12 m zu veranlagen sein. 84iv. es bestehen ebenfalls keine rechtlichen bedenken, den kläger nachträglich zu gebühren für die jahre 2009 bis 2013 heranzuziehen, insbesondere sind die gebührenforderungen nicht verjährt, vgl. § 12 abs. 1 nr. 4 b) kag nrw i.v.m. § 169 abs. 1 satz 1, abs. 2 nr. 2, 170 abs. 1 ao. 85c. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 86die berufung war nicht von amts wegen gem. § 124a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen, da die voraussetzungen des § 124 abs. 2 nr. 3, 4 vwgo nicht vorliegen. 87beschluss: 88der streitwert wird auf 297,53 euro festgesetzt. 89gründe: 90die festsetzung des streitwertes ist nach §§ 52 abs. 3 satz 1 gerichtskostengesetz erfolgt.
Verklagte*r
0
164,842
13a K 5918/12.A
"2015-06-12T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet. 1 Tatbestand: 2Die am 20. August 1996 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und gehört der Volksgruppe der Roma an. Sie hat erstmals im Jahr 2010 gemeinsam mit ihrer Familie erfolglos Asyl in der Bundesrepublik Deutschland beantragt (Gz. 5450503-170). Den damaligen Antrag begründeten sie damit, dass sie als Roma in Serbien diskriminiert würden. Sie hätten keine Rechte. Wenn sie Sozialhilfe beantragten, werde ihnen gesagt, dass sie darauf kein Recht hätten. Auch gebe es für sie als „Zigeuner“ keine Arbeit. Der Vater der Klägerin sei vor dem Haus der Familie von vier Serben zusammengeschlagen worden. Auch die Mutter der Klägerin sei bei dem Vorfall verletzt worden. Der Bruder der Klägerin habe seitdem ständig Angst. Die Polizei habe nichts weiter unternommen. Ihre Eltern trugen vor, dass die damals 14-jährige Klägerin sexuell belästigt worden sei. Sie sei in der Schule, auf dem Weg zur Toilette, häufiger von Jungs „begrapscht“ und beschimpft worden. Sie habe in der Schule in der letzten Reihe sitzen müssen, andere Schüler hätten ihr die Hefte weggenommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte den Asylantrag der Klägerin und ihrer Familie mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor. Das Klageverfahren gegen den ablehnenden Bescheid vom 15. Dezember 2010 - 1a K 5902/10.A - wurde am 6. Mai 2011 gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingestellt, nachdem die Familie das Bundesgebiet im März 2011 freiwillig verlassen hatte.Einen weiteren, im August 2011 gestellten Asylantrag der Klägerin und ihrer Familie (5498163-170), den sie mit der Krankheit des Bruders der Klägerin begründeten, lehnte das Bundesamt mit (unanfechtbar gewordenem) Bescheid vom 18. Januar 2012 ab.Die Klägerin reiste gemeinsam mit ihrer Familie, den Klägern in dem Verfahren 13a K 3844/13.A, nach eigenen Angaben im September 2012 über Ungarn erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. September 2012 einen weiteren Asylantrag. Zur Begründung gab die Klägerin an, dass sie mit ihren Eltern gekommen sei, um in Deutschland die Schule zu beenden. Sie wolle eine Ausbildung machen. Diese Möglichkeit habe sie als Roma in Serbien nicht. In Deutschland seien die Lebensbedingungen besser als in Serbien. Ihre Eltern gaben in deren Asylverfahren (Gz. 5570621-170) an, dass der Bruder der Klägerin erkrankt sei. Sie legten vier Dokumente serbischer Behörden vor, aus denen sich ergebe, dass sie in ihrer Heimat nicht angemeldet werden könnten und dass ihnen keine Sozialleistungen gewährt würden.Das Bundesamt lehnte den Antrag der Klägerin auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 15. Dezember 2010 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG mit Bescheid vom 26. November 2012 ab.Die Klägerin hat am 14. Dezember 2012 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie vor, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorlägen. Die Beklagte habe es versäumt, die von ihren Eltern in deren Asylverfahren (Gz. 5570621-170; 13a K 3488/13.A) vorgelegten Bescheinigungen im Hinblick auf das Vorliegen von kumulativen Verfolgungshandlungen nach § 3a Nr. 2 AsylVfG zu würdigen.Daneben sei jedenfalls mit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2013 mit den neu eingefügten §§ 3a - 3e AsylVfG eine relevante Änderung der Rechtslage eingetreten. Es sei offen, ob sich durch § 3a Nr. 2 AsylVfG im Umsetzung der Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1a der Richtlinie 2004/83/EG die Rechtslage mit Blick auf die Verfolgung aufgrund Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe zu ihren Gunsten geändert habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reiche jedoch der Zweifel über die Auslegung der unionsrechtlichen Vorgaben aus, um ein Asylverfahren wieder aufzugreifen, um diese Frage zu prüfen.Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen vor. Sie erfahre aufgrund ihrer Ethnie Diskriminierung in allen möglichen Lebensbereichen - im Einzelnen beim Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu Bildung, Zugang zur Gesundheitsvorsorge, Zugang zu Sozialleistungen sowie beim Entwickeln einer Lebensperspektive. Dass Roma in Serbien aufgrund ihrer Ethnie diverse Diskriminierungen erführen, sei unstreitig. Die Beklagte habe diese in ihren Bescheiden vom 15. Dezember 2010 und vom 2. August 2013 (im Verfahren der Eltern) zum Teil dargelegt, jedoch ohne diesen Diskriminierungen die erforderliche Intensität zuzuerkennen. Die einzelnen Diskriminierungen ließen sich der von Pro Asyl herausgegebenen Schrift „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation (2013)“ entnehmen. Ähnliche Informationen seien im World Report 2013 von Human Rights Watch zu finden.Die Klägerin trägt hierzu im Einzelnen vor, wie sie und ihre Familie in den genannten Lebensbereichen - Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheitsvorsorge, Sozialleistungen - diskriminiert würden. Sie selbst sei in ihrem Heimatland in der Schule ständigen Beschimpfungen und Demütigungen der anderen Schüler ausgesetzt gewesen. Die Lehrer hätten dies nicht unterbunden. Sie habe deshalb keine guten Leistungen erzielt. Sie besuche nun in C. eine Schule, spreche sehr gut Deutsch und könne bei Verständigungsproblemen mit den Heimbewohnern als Dolmetscherin fungieren. In Serbien werde ihr jede Bildungschance genommen. Sie hätte dort zwar theoretisch das Recht, eine Schule zu besuchen, die alltägliche Praxis sehe jedoch anders aus. Sie sei rassistischen Äußerungen ausgesetzt gewesen.Die Roma würden in jüngster Zeit durch den serbischen Staat in ihrem elementaren Recht auf Freizügigkeit beschnitten und kriminalisiert, weil sie von dem Menschenrecht der freien Ausreise Gebrauch machten. Nach den §§ 350, 350a des Serbischen Strafgesetzbuches seien der unerlaubte Grenzübertritt und der Menschenschmuggel sowie die Ermöglichung des Asylmissbrauchs im Ausland strafbar; davon seien nicht lediglich Dritte (Fluchthelfer) betroffen, sondern ausdrücklich auch der Asylbewerber selbst. Ziel der Vorschriften sei es, Roma an der Ausreise aus Serbien und der Einreise in die Europäische Union zu hindern, um die 2009 erlangte Visumsfreiheit nicht zu verlieren. Diese Absicht werde in der Verwaltungspraxis belegt. In den Jahren 2012 und 2013 sei „einer großen Zahl von Roma“ die Ausreise „wegen der neuen Bestimmungen“ verweigert worden. Ferner seien „zumindest sieben Strafverfahren nach § 350a des serbischen Strafgesetzbuches gegen acht Personen betrieben worden“. Hinsichtlich der beschriebenen Diskriminierungen, die die Roma in allen Bereichen ihres Alltags in Serbien erlebten, liege in dem Verstoß gegen die Ausreisefreiheit eine Menschenrechtsverletzung. Das Verwaltungsgericht Stuttgart habe den Klägern in dem dortigen Verfahren A 11 K 5036/13 mit Urteil vom 25. März 2014 die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuerkannt, nachdem es zur Lage der Roma in Serbien Frau Dr. L. X.- als sachverständige Zeugin gehört habe.Die Diskriminierungen und Einschränkungen, die die Klägerin in Serbien erfahren habe, seien so gravierend, dass sie dadurch in ähnlicher Weise wie der unter § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG beschriebenen Weise betroffen sei. Eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG liege vor. Die kumulierte Verfolgungshandlung beruhe auch auf Verfolgungsgründen nach § 3b Nr. 1 und 3 AsylVfG.Die Klägerin beantragt, 3die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. November 2012 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfGsowie - hilfsweise - subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,sowie - weiter hilfsweise - festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 4Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 5die Klage abzuweisen. 6Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid. 7Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu ihren Asylgründen informatorisch angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Hefte 1 und 2) sowie auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (Beiakte Hefte 1 und 2) in dem Klageverfahren 13a K 3844/13.A, das von den Eltern und dem Bruder der Klägerin betrieben wird, Bezug genommen. 8Entscheidungsgründe: 9Die Entscheidung ergeht nach § 76 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 26. März 2013 zur Entscheidung übertragen worden ist. 10Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. November 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. 11Offen bleiben kann, ob die für die Verfahrensrelevanz eines Folgeantrags nach § 71 Abs. 1 AsylVfG erforderlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Denn jedenfalls hat die Klägerin zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne von Art. 16a Grundgesetz (GG), noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG, Gewährung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte scheidet bereits gemäß Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a AsylVfG aus. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Sichere Drittstaaten sind gemäß § 26a Abs. 2 AsylVfG unter anderem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und damit auch Ungarn, über das die Klägerin nach eigenen Angaben mit ihrer Familie eingereist ist.Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AsylVfG) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylVfG).Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung.Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylVfG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 3b AsylVfG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.Gemäß § 3c AsylVfG kann eine Verfolgung im vorstehenden Sinne ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.Gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (interner Schutz).Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. 12Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rdnr. 19, juris; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2014 - 9 A 2561/10.A -, Rdnr. 37, juris. 13Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle der Klägerin nicht vor. Die Klägerin wurde vor ihrer Ausreise in Serbien nicht politisch verfolgt und hat auch künftig keine Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten.Soweit die Eltern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - wie bereits in dem Asylverfahren im Jahr 2010 - vorgetragen haben, dass die Klägerin in Serbien sexuell belästigt worden sei, hat die Klägerin auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es einmal vorgekommen sei, dass man in der Schule versucht habe, sie ausziehen und dabei ihre Kleider zerrissen worden seien. Dieser einmalige Vorfall überschreitet die Schwelle einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylVfG nicht.Die Klägerin hat im Fall ihrer Rückkehr nach Serbien auch wegen ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Roma keine Verfolgung zu erwarten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage der Roma in Serbien ist weder auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage, noch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und anderer Gerichte von einer drohenden schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte auszugehen. 14Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013. Ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, vgl. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, abrufbar unter www.nrwe.de, vom 31. Oktober 2012 - 7a K 1507/12.A, juris, und vom 18. August 2010 - 7a K 2060/10.A -. Vgl. auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 - 5 A 1695/12.A -, vom 19. August 2011 - 5 A 416/11.A -, und vom 14. Dezember 2009 - 5 A 2716/09.A -, jeweils juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 13. Mai 2013 - A 3 K 734/11 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 28. Dezember 2012 - W 1 K 11.30177 - juris. 15Zur Lage der Roma in Serbien hat das VG Sigmaringen jüngst in seinem Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, ausgeführt: 16„Die Roma gehören zwar auch heute noch überwiegend den untersten sozialen Schichten der Bevölkerung an, ihre Lage ist durch Armut und schlechte Wohnverhältnisse gekennzeichnet (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)). Bereits in der Rechtsprechung zum früheren Jugoslawien bildete es aber eine gefestigte Erkenntnis, dass Angehörige des Volkes der Roma zwar mit Diskriminierungen, insbesondere mit erheblichen Benachteiligungen im beruflichen Bereich, zu rechnen hatten, dass diese aber nicht die Schwelle der politischen Verfolgung erreichten. (…) Eine wesentliche Änderung dieser Sachlage ist seither nicht zu verzeichnen. Bei den in vergangener Zeit dokumentierten Übergriffen aus der Bevölkerung gegen Minderheiten handelte es sich zwar um drastische Einzelfälle. Pogromartige Ausschreitungen werden in den einschlägigen Erkenntnismitteln aber nicht erwähnt. Im Übrigen fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der serbische Staat das rechtswidrige Vorgehen von Teilen der Bevölkerung gegen die Roma und andere Minoritäten duldet oder gar unterstützt. Erst recht fehlen Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm, das auf die gewaltsame Vertreibung oder gar Vernichtung der Roma in Serbien gerichtet war bzw. ist. 17Serbiens Politik ist seit Jahren auf eine konsequente Annäherung an die EU ausgerichtet. (…) Serbien ist auch die weitere Annäherung an die EU gelungen, so dass am 22.12.2009 ein Antrag auf Aufnahme gestellt worden ist und im Übrigen seit 19.12.2009 auch der Visumszwang für Reisen serbischer Bürger in den Schengen-Raum aufgehoben worden ist. Allerdings sind die internationalen und bilateralen Beziehungen Serbiens immer noch wegen des Verhältnisses zu Kosovo belastet. Serbien befindet sich nach wie vor im Transformationsprozess, macht nun aber deutliche Fortschritte. Auch die Stabilität der Regierung hat zugenommen. Die bürgerlichen und politischen Rechte der Bevölkerung werden weitgehend geachtet. Eine gezielte und systematische Unterdrückung bestimmter Gruppen wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung findet nicht statt. Allerdings kommt es gelegentlich zu Verstößen gegen Menschenrechte (u.a. gegen das Recht auf Unversehrtheit der Person in Polizeigewahrsam und Strafvollzug). Allgemein werden Serbien aber deutliche Fortschritte hinsichtlich der Erfüllung der politischen Kriterien und der Verwirklichung der wichtigsten Prioritäten der Europäischen Partnerschaft attestiert. 18Im Übrigen sind seit einigen Jahren auch Bestrebungen der serbischen Regierung zu erkennen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)), auch wenn es an der praktischen Implementierung der neuen Regelungen zum Minderheitenschutz nach wie vor noch mangelt. Schon die damalige Bundesrepublik Jugoslawien hat im Frühjahr 2001 das Rahmenabkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten ratifiziert, und das jugoslawische Parlament hat am 26.02.2002 ein Gesetz zum Schutz der nationalen Minderheiten verabschiedet, das erstmals auch den Roma den Status einer nationalen Minderheit zuerkennt. Seit 2003 bestehen sog. Minderheitenräte. Nach langen und heftigen internen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Roma-Gruppen konnte im Frühjahr 2003 der Nationalrat der Roma gewählt werden. Zu den Aufgaben des Mitte 2007 erstmals gewählten Ombudsmannes gehört ausdrücklich auch das Eintreten für Minderheitenrechte. Im Juli 2008 wurde ein Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte geschaffen. Im März 2009 wurde ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. Im August 2009 wurde das Gesetz über die sog. Nationalen Minderheitenräte angenommen, das die Zuständigkeiten und die Wahlmodalitäten dieser Räte entsprechend internationaler Standards regelt. Darüber hinaus hatte Serbien vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 den Vorsitz der sog. Romadekade inne, identifizierte die Wohn- und Bildungssituation als prioritäre Bereiche bei der Verbesserung der Lage der Roma-Minderheit und stellte hierfür deutlich mehr Mittel als in der Vergangenheit zur Verfügung. (…) 19Nach dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 (Stand: August 2013) hat sich die Lage der Minderheiten (Sandžak-Bosniaken/Moslems, Kosovo-Albaner, Roma, Minderheiten in der Wojwodina) in Serbien deutlich verbessert. Gesetzliche Regelungen zum Minderheitenschutz entsprächen europäischen Standards. Allerdings sei die Umsetzung der Regelungen zum Minderheitenschutz bisweilen unbefriedigend. Insbesondere die wirtschaftliche und soziale Lage der Roma-Minderheit sei weiterhin schwierig und habe seit Aufhebung der Visapflicht zu einem massiven Anstieg der Asylanträge in der EU (auch in der Bundesrepublik Deutschland) durch Roma geführt. In der serbischen Öffentlichkeit seien Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Roma, Albaner, Bosniaken, LGBT) unverändert weit verbreitet. Allerdings seien in bestimmten Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen (z.B. höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern, Einsatz pädagogischer Assistenten und Roma-Mediatorinnen oder Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen). Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma gebe es nicht. Die Regierung bemühe sich, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Roma sollen zwar weiterhin von Übergriffen auf Personen im Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein. Die serbische Regierung habe jedoch am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Diesen Ausführungen entnimmt das Gericht, dass vom serbischen Staat weiterhin keine Gruppenverfolgung ausgeht. 20Gleiches gilt hinsichtlich einer mittelbaren Verfolgung (vgl. § 3c AsylVfG). Zwar ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen, die die Polizei nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz verfolgt (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)). Für die Annahme einer - mittelbaren - Gruppenverfolgung fehlt es aber bereits an dem zentralen Merkmal der erforderlichen „Verfolgungsdichte“. Im Übrigen ließe sich aus etwaigen Übergriffen durch Angehörige der serbischen Mehrheitsbevölkerung oder einzelne Amtswalter auch weder ein Asylanspruch noch ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft herleiten. Nach § 3c Nr. 3 AsylVfG kann eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die unter § 3c Nr. 1 und 2 AsylVfG bzw. in § 3d AsylVfG genannten Akteure - Staat oder Parteien bzw. Organisationen, die den Staat beherrschen - einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Hierzu bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 20.10.2005 - 7 UE 1365/05.A -). Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus (vgl. insoweit auch die Rechtsprechung zur früheren Rechtslage: BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, 391 und BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 - InfAusIR 1991, 363). Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse oder bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, 391). Dies ist in Serbien der Fall, auch wenn die Polizei nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 (Stand: August 2013) nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen. Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln ist daher davon auszugehen, dass der serbische Staat willens und in der Lage ist, wirksamen Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3d AsylVfG).“ 21Dieser rechtlichen Bewertung der aktuellen Erkenntnislage schließt sich die Kammer an. 22Dem Beweisantrag, Frau Dr. X.- als sachverständige Zeugin zum Beweis der Tatsache zu hören, dass die Klägerin als Volkszugehörige der Roma in den Bereichen Zugang zum Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheitsversorgung sowie Zugang zu Sozialleistungen bei einer Rückkehr in ihr Heimatland in erheblichem Maße diskriminierenden Handlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein wird, war nicht nachzugehen. Das Gericht geht davon aus, dass die vorhandenen Erkenntnisse zu der Situation der Roma in Serbien eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bilden; insbesondere liegt dem Gericht der von der Klägerin in Bezug genommene, von Frau Dr. X.- verfasste Bericht: „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ vor. Dass Frau Dr. X.- auf Grundlage der von ihr recherchierten und in diesem Bericht wiedergegebenen Erkenntnisse und der Bewertung derselben zu der Prognose gelangt, dass in ihr Heimatland zurückkehrende Serben vom Volk der Roma - und damit auch die Klägerin - erheblichen Diskriminierungshandlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein werden, wird vom Gericht als bekannt vorausgesetzt. Diese Erkenntnisse wurden und werden von der Kammer in Entscheidungen zu Asylanträgen serbischer Roma - und damit auch im vorliegenden Verfahren - berücksichtigt. Es ist nicht dargetan, dass Frau Dr. X.- dem Gericht bei einer Einvernahme als sachverständige Zeugin weitere, bislang nicht vorliegende Erkenntnisse vermitteln würde.Unabhängig davon handelt es sich bei der beantragten Vernehmung der Frau Dr. X.- als sachverständiger Zeugin um ein ungeeignetes Beweismittel. Denn die von der Klägerin als sachverständige Zeugin benannte Frau Dr. X.- hätte das Gericht im Rahmen eines Zeugenbeweises (§ 98 VwGO i.V.m. § 414 ZPO) nur zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände vernehmen können. Der Beweisantrag betrifft mit der Frage, ob die Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland in den genannten Bereichen erheblichen Diskriminierungshandlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein wird, jedoch eine Zukunftsprognose - die die benannte Zeugin nicht aus eigener Wahrnehmung bekunden kann. 23Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15/84 -, juris, Rdnr. 17; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2007 - 8 A 1075/06.A, juris, Rdnr. 20; Beschluss vom 23. April 2014 - 13 A 602/13.A -, juris, Rdnr. 38. 24Soweit das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 25. März 2014 - A 11 K 5036/13 - für aus Serbien stammende Roma im Wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher Beschränkungen und Diskriminierungen von Angehörigen dieser Volksgruppe bei der Wahrnehmung deren elementaren Rechts auf Freizügigkeit/Ausreisefreiheit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG bejaht, vermag dem die Kammer nicht zu folgen.Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes weder de iure noch de facto. 25Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23. 26Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass nach der Vorschrift des § 350a des serbischen Strafgesetzbuches bereits die bloße Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland unter Strafe gestellt werden soll. Die Regelung zielt nach ihrem Wortlaut (in der deutschen Übersetzung) vielmehr auf Schleuser, Schlepper oder sonstige Dritte ab, die einem Asylbewerber die Stellung eines Asylantrages beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland wollen, der zudem durch eine „falsche Darstellung der Gefährdung“ gekennzeichnet sein muss. Ein anderes, weitergehendes Verständnis des § 350a Abs. 1 serbisches StGB ist auch nicht aufgrund der Strafschärfungsregelungen in Absätzen 2 und 3 gerechtfertigt. 27Vgl. hierzu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A - abrufbar unter www.nrwe.de, Rdnr. 41 ff., und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 13a L 766/14.A -; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, juris, Rdnr. 39; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris, Rdnr. 20. 28Im vorgenannten Sinne wird die Bestimmung, die nach den vorliegenden Erkenntnissen vor dem Hintergrund der Sorge Serbiens, dass die Ende Dezember 2009 eingeführte Visumfreiheit im Schengen-Raum „wegen des Fehlverhaltens einer Minorität („Wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % Roma)“ für alle serbischen Staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, auch durch das Auswärtige Amt bewertet. 29Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, a.a.O., Rdnr. 45, unter Verweis auf den Lagebericht des Auswärtiges Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 23 f., wonach es strafbar sei, durch Unterstützungsleistungen einem serbischen Staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen. 30Darüber, dass § 350 a Abs. 1 des serbischen StGB entgegen seines Wortlauts in der Praxis auf Asylbewerber allein wegen der bloßen Stellung eines Asylantrages tatsächlich Anwendung findet, liegen keine verifizierbaren Erkenntnisse vor. Es sind insbesondere keine Präzedenzfälle bekannt, in denen Asylantragsteller nach ihrer Rückkehr nach Serbien aufgrund dieser Vorschrift bestraft worden wären. Bei den von Frau Dr. X.- gegenüber dem Verwaltungsgericht Stuttgart angeführten sieben Fällen, in denen Strafverfahren betrieben worden seien, wird nicht differenziert, ob diese gerade Asylantragsteller betroffen haben. Auch ist unklar, ob diese Verfahren zu Verurteilungen geführt haben. 31Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, a.a.O., Rdnr. 48; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, juris, Rdnr. 39. 32Auch steht für die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts nach einer Rückkehr in ihr Heimatland keine Bestrafung nach § 350 des serbischen Strafgesetzbuches zu befürchten. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Vorschrift, die die unerlaubte Grenzüberquerung als solche unter Strafe stellt - nach dem Text dann, wenn dies bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt erfolgt - eine im Rahmen des § 3 AsylVfG relevante Maßnahme sein soll. 33Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A - a.a.O., Rdnr. 53, und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 13a L 766/14.A -. 34Soweit das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 25. März 2014 davon ausgeht, dass „Bestrafungen nach dem neuen serbischen Meldegesetz selektiv gegen Roma erfolgten“, werden die insoweit in Bezug genommene „aktuelle Auskunftslage“ sowie „Informationen des Regional Center for Minorities“ weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert. Soweit Frau Dr. X.- diesbezüglich in ihrem Bericht : „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ auf Seite 41 ausführt, dass sich Personen, die länger als 90 Tage im Ausland bleiben, vor ihrer Abreise und bei ihrer Rückkehr bei den zuständigen Behörden melden müssen und Verstöße mit Geldstrafen geahndet werden können, stellt dies keinen Beleg für eine Beschränkung der Ausreisefreiheit dar. Vielmehr sind auch in den deutschen Meldegesetzen ähnliche Meldepflichten enthalten, vgl. beispielsweise §§ 13 Abs. 2, 37 Abs. 1 Nr. 2 des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen. 35Vgl. hierzu VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris, Rdnr. 20, das auf Art. 13 Abs. 2 und Art. 35 Nr. 3 des Bayerischen Meldegesetzes verweist. 36Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr Serbien die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG) drohen.Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach diesen Normen zu Gunsten von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus Serbien besteht regelmäßig nicht. 37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 A 195/14.A -. 38Schließlich liegt auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine derartige Abschiebestopp-Anordnung besteht für die serbische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Roma angehören, nicht. Die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte. 39Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2010 - 10 C 10/09 -, juris, Rdnr. 12, und vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, m.w.N. 40Individuelle Umstände, die eine solche extreme Gefahr begründen und damit eine Wiederaufnahme des Verfahrens insoweit rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Eine extreme Gefahr besteht auch nicht wegen der allgemeinen Versorgungslage in Serbien. Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Es ist auch zu erwarten, dass die Klägerin in Serbien gemeinsam mit ihrer Familie - wie auch vor ihrer Ausreise - jedenfalls das Existenzminimum sicherstellen kann. Die Familie der Klägerin hat vor der Ausreise im Haus der Großeltern der Klägerin gewohnt. Gelingt es der Klägerin nicht, ihren Lebensunterhalt (mit Unterstützung ihrer Familie) zu sichern, kann sie auf staatliche Hilfe zurückgreifen. Rückkehrer erhalten nach Abschluss der Registrierung bei den Wohnortbehörden und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. Anmeldung als Arbeitssuchende kostenfreien Zugang zur Gesundheits- und Sozialversorgung. Die Registrierung erfolgt nicht automatisch, sondern muss von den Betreffenden selbst unter Vorlage der erforderlichen Dokumente, u.a. - wie von der Klägerin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgelegt - einer Geburtsurkunde und eines Staatsangehörigkeitsnachweises, beantragt werden. Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. 41Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 18. Oktober 2013, S. 19 f. 42Soweit Frau Dr. X.- in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart in dem Verfahren A 11 K 5036/13 ausgesagt hat, dass Roma „überwiegend vom Bezug von Sozialleistungen ausgeschlossen würden“, hat sie diese Einschätzung nicht näher verifiziert. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem Bericht „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ (S. 31) beruhen auf Erkenntnissen aus dem Jahr 2011. Insbesondere die danach kritisierte Verfahrensweise der serbischen Behörden, den Zugang zu Sozialleistungen von dem Besitz von Personaldokumenten abhängig zu machen, dürfte im Fall der Klägerin keine Schwierigkeiten bereiten, weil die Klägerin entsprechende Dokumente auch bei der Asylantragstellung in Deutschland vorgelegt hat. Dass der Klägerin bei einer Rückkehr nach Serbien staatliche Unterstützungsleistungen verwehrt werden würden, ist auch durch die Vorlage der beglaubigten Übersetzung des Schreibens der „Anstalt zur Sozialarbeit“ M. vom 14. September 2012, das bestätigen soll, dass ihr Vater, W. C1. , zum damaligen Zeitpunkt „kein Benutzer des Anspruchs auf Geldsozialhilfe“ war, nicht belegt. Diese „Bestätigung“ sagt weder etwas darüber aus, aus welchen Gründen der Vater der Klägerin keine Sozialleistungen erhalten hat, noch, ob die Klägerin oder andere Familienmitglieder einen Anspruch darauf hatten bzw. zukünftig haben werden.Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung in entsprechender höhe sicherheit leistet. 1
2die am 20. august 1996 geborene klägerin ist serbische staatsangehörige und gehört der volksgruppe der roma an. sie hat erstmals im jahr 2010 gemeinsam mit ihrer familie erfolglos asyl in der bundesrepublik deutschland beantragt (gz. 5450503-170). den damaligen antrag begründeten sie damit, dass sie als roma in serbien diskriminiert würden. sie hätten keine rechte. wenn sie sozialhilfe beantragten, werde ihnen gesagt, dass sie darauf kein recht hätten. auch gebe es für sie als „zigeuner“ keine arbeit. der vater der klägerin sei vor dem haus der familie von vier serben zusammengeschlagen worden. auch die mutter der klägerin sei bei dem vorfall verletzt worden. der bruder der klägerin habe seitdem ständig angst. die polizei habe nichts weiter unternommen. ihre eltern trugen vor, dass die damals 14-jährige klägerin sexuell belästigt worden sei. sie sei in der schule, auf dem weg zur toilette, häufiger von jungs „begrapscht“ und beschimpft worden. sie habe in der schule in der letzten reihe sitzen müssen, andere schüler hätten ihr die hefte weggenommen. das bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) lehnte den asylantrag der klägerin und ihrer familie mit bescheid vom 15. dezember 2010 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorlägen. abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 des aufenthaltsgesetzes (aufenthg) lägen ebenfalls nicht vor. das klageverfahren gegen den ablehnenden bescheid vom 15. dezember 2010 - 1a k 5902/10.a - wurde am 6. mai 2011 gemäß § 92 abs. 3 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) eingestellt, nachdem die familie das bundesgebiet im märz 2011 freiwillig verlassen hatte.einen weiteren, im august 2011 gestellten asylantrag der klägerin und ihrer familie (5498163-170), den sie mit der krankheit des bruders der klägerin begründeten, lehnte das bundesamt mit (unanfechtbar gewordenem) bescheid vom 18. januar 2012 ab.die klägerin reiste gemeinsam mit ihrer familie, den klägern in dem verfahren 13a k 3844/13.a, nach eigenen angaben im september 2012 über ungarn erneut in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 6. september 2012 einen weiteren asylantrag. zur begründung gab die klägerin an, dass sie mit ihren eltern gekommen sei, um in deutschland die schule zu beenden. sie wolle eine ausbildung machen. diese möglichkeit habe sie als roma in serbien nicht. in deutschland seien die lebensbedingungen besser als in serbien. ihre eltern gaben in deren asylverfahren (gz. 5570621-170) an, dass der bruder der klägerin erkrankt sei. sie legten vier dokumente serbischer behörden vor, aus denen sich ergebe, dass sie in ihrer heimat nicht angemeldet werden könnten und dass ihnen keine sozialleistungen gewährt würden.das bundesamt lehnte den antrag der klägerin auf durchführung eines weiteren asylverfahrens und den antrag auf abänderung des bescheides vom 15. dezember 2010 bezüglich der feststellung zu § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg mit bescheid vom 26. november 2012 ab.die klägerin hat am 14. dezember 2012 klage erhoben. zu deren begründung trägt sie vor, dass die voraussetzungen des § 51 abs. 1 bis 3 des verwaltungsverfahrensgesetzes (vwvfg) vorlägen. die beklagte habe es versäumt, die von ihren eltern in deren asylverfahren (gz. 5570621-170; 13a k 3488/13.a) vorgelegten bescheinigungen im hinblick auf das vorliegen von kumulativen verfolgungshandlungen nach § 3a nr. 2 asylvfg zu würdigen.daneben sei jedenfalls mit inkrafttreten des richtlinienumsetzungsgesetzes 2013 mit den neu eingefügten §§ 3a - 3e asylvfg eine relevante änderung der rechtslage eingetreten. es sei offen, ob sich durch § 3a nr. 2 asylvfg im umsetzung der art. 9 abs. 1 und art. 10 abs. 1a der richtlinie 2004/83/eg die rechtslage mit blick auf die verfolgung aufgrund zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen gruppe zu ihren gunsten geändert habe. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts reiche jedoch der zweifel über die auslegung der unionsrechtlichen vorgaben aus, um ein asylverfahren wieder aufzugreifen, um diese frage zu prüfen.die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft lägen vor. sie erfahre aufgrund ihrer ethnie diskriminierung in allen möglichen lebensbereichen - im einzelnen beim zugang zum arbeitsmarkt, zugang zu bildung, zugang zur gesundheitsvorsorge, zugang zu sozialleistungen sowie beim entwickeln einer lebensperspektive. dass roma in serbien aufgrund ihrer ethnie diverse diskriminierungen erführen, sei unstreitig. die beklagte habe diese in ihren bescheiden vom 15. dezember 2010 und vom 2. august 2013 (im verfahren der eltern) zum teil dargelegt, jedoch ohne diesen diskriminierungen die erforderliche intensität zuzuerkennen. die einzelnen diskriminierungen ließen sich der von pro asyl herausgegebenen schrift „serbien - ein sicherer herkunftsstaat von asylsuchenden in deutschland? eine auswertung von quellen zur menschenrechtssituation (2013)“ entnehmen. ähnliche informationen seien im world report 2013 von human rights watch zu finden.die klägerin trägt hierzu im einzelnen vor, wie sie und ihre familie in den genannten lebensbereichen - arbeitsmarkt, bildung, gesundheitsvorsorge, sozialleistungen - diskriminiert würden. sie selbst sei in ihrem heimatland in der schule ständigen beschimpfungen und demütigungen der anderen schüler ausgesetzt gewesen. die lehrer hätten dies nicht unterbunden. sie habe deshalb keine guten leistungen erzielt. sie besuche nun in c. eine schule, spreche sehr gut deutsch und könne bei verständigungsproblemen mit den heimbewohnern als dolmetscherin fungieren. in serbien werde ihr jede bildungschance genommen. sie hätte dort zwar theoretisch das recht, eine schule zu besuchen, die alltägliche praxis sehe jedoch anders aus. sie sei rassistischen äußerungen ausgesetzt gewesen.die roma würden in jüngster zeit durch den serbischen staat in ihrem elementaren recht auf freizügigkeit beschnitten und kriminalisiert, weil sie von dem menschenrecht der freien ausreise gebrauch machten. nach den §§ 350, 350a des serbischen strafgesetzbuches seien der unerlaubte grenzübertritt und der menschenschmuggel sowie die ermöglichung des asylmissbrauchs im ausland strafbar; davon seien nicht lediglich dritte (fluchthelfer) betroffen, sondern ausdrücklich auch der asylbewerber selbst. ziel der vorschriften sei es, roma an der ausreise aus serbien und der einreise in die europäische union zu hindern, um die 2009 erlangte visumsfreiheit nicht zu verlieren. diese absicht werde in der verwaltungspraxis belegt. in den jahren 2012 und 2013 sei „einer großen zahl von roma“ die ausreise „wegen der neuen bestimmungen“ verweigert worden. ferner seien „zumindest sieben strafverfahren nach § 350a des serbischen strafgesetzbuches gegen acht personen betrieben worden“. hinsichtlich der beschriebenen diskriminierungen, die die roma in allen bereichen ihres alltags in serbien erlebten, liege in dem verstoß gegen die ausreisefreiheit eine menschenrechtsverletzung. das verwaltungsgericht stuttgart habe den klägern in dem dortigen verfahren a 11 k 5036/13 mit urteil vom 25. märz 2014 die flüchtlingseigenschaft nach § 60 abs. 1 aufenthg zuerkannt, nachdem es zur lage der roma in serbien frau dr. l. x.- als sachverständige zeugin gehört habe.die diskriminierungen und einschränkungen, die die klägerin in serbien erfahren habe, seien so gravierend, dass sie dadurch in ähnlicher weise wie der unter § 3a abs. 1 nr. 1 asylvfg beschriebenen weise betroffen sei. eine verfolgungshandlung nach § 3a abs. 1 nr. 2 asylvfg liege vor. die kumulierte verfolgungshandlung beruhe auch auf verfolgungsgründen nach § 3b nr. 1 und 3 asylvfg.die klägerin beantragt, 3die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 26. november 2012 zu verpflichten, die klägerin als asylberechtigte anzuerkennen und die flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylvfgsowie - hilfsweise - subsidiären schutz nach § 4 asylvfg zuzuerkennen,sowie - weiter hilfsweise - festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 4die beklagte beantragt schriftsätzlich, 5die klage abzuweisen. 6sie bezieht sich zur begründung auf den angefochtenen bescheid. 7das gericht hat die klägerin in der mündlichen verhandlung zu ihren asylgründen informatorisch angehört. wegen der einzelheiten wird auf das terminsprotokoll bezug genommen.wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der verwaltungsvorgänge der beklagten (beiakte hefte 1 und 2) sowie auf die gerichtsakte und die verwaltungsvorgänge (beiakte hefte 1 und 2) in dem klageverfahren 13a k 3844/13.a, das von den eltern und dem bruder der klägerin betrieben wird, bezug genommen. 8
9die entscheidung ergeht nach § 76 abs. 1 des asylverfahrensgesetzes (asylvfg) durch die berichterstatterin als einzelrichterin, da dieser der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 26. märz 2013 zur entscheidung übertragen worden ist. 10das gericht kann trotz ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der ladung darauf hingewiesen worden ist, dass beim ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo).die zulässige klage ist sowohl mit dem haupt- als auch mit den hilfsanträgen unbegründet. der angefochtene bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 26. november 2012 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1, abs. 5 vwgo. der klägerin stehen die geltend gemachten ansprüche nicht zu. 11offen bleiben kann, ob die für die verfahrensrelevanz eines folgeantrags nach § 71 abs. 1 asylvfg erforderlichen voraussetzungen des § 51 abs. 1 bis abs. 3 vwvfg für die durchführung eines weiteren asylverfahrens vorliegen. denn jedenfalls hat die klägerin zum zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung weder einen anspruch auf anerkennung als asylberechtigte im sinne von art. 16a grundgesetz (gg), noch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 und 4 asylvfg, gewährung von subsidiärem schutz im sinne von § 4 asylvfg oder feststellung eines (nationalen) abschiebungsverbots gemäß § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg.ein anspruch auf anerkennung als asylberechtigte scheidet bereits gemäß art. 16a abs. 2 gg i.v.m. § 26a asylvfg aus. danach kann sich ein ausländer, der aus einem sicheren drittstaat in das bundesgebiet eingereist ist, nicht auf art. 16a abs. 1 gg berufen. sichere drittstaaten sind gemäß § 26a abs. 2 asylvfg unter anderem die mitgliedstaaten der europäischen union, und damit auch ungarn, über das die klägerin nach eigenen angaben mit ihrer familie eingereist ist.die klägerin hat auch keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylvfg. danach ist einem ausländer die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (§ 3 abs. 1 nr. 1 asylvfg) außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will (§ 3 abs. 1 nr. 2 lit. a asylvfg) oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will (§ 3 abs. 1 nr. 2 lit. b asylvfg).als verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylvfg gelten handlungen, die auf grund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist (§ 3a abs. 1 nr. 1 asylvfg), ferner handlungen, die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist (§ 3a abs. 1 nr. 2 asylvfg). § 3a abs. 2 asylvfg nennt als mögliche verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die anwendung physischer oder psychischer gewalt, einschließlich sexueller gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung.dabei muss gemäß § 3a abs. 3 asylvfg zwischen den verfolgungsgründen im sinne von § 3 abs. 1 und § 3b asylvfg und der verfolgungshandlung bzw. den verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen eine verknüpfung bestehen.gemäß § 3c asylvfg kann eine verfolgung im vorstehenden sinne ausgehen von (1.) dem staat, (2.) parteien oder organisationen, die den staat oder wesentliche teile des staatsgebiets beherrschen, oder (3.) nichtstaatlichen akteuren, sofern die vorgenannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor der verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.gemäß § 3e abs. 1 asylvfg wird einem ausländer die flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem teil seines herkunftslandes keine begründete furcht vor verfolgung oder zugang zu schutz vor verfolgung nach § 3d asylvfg hat und (2.) sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (interner schutz).die furcht vor verfolgung ist begründet, wenn dem ausländer die genannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. 12vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23.12 -, rdnr. 19, juris; ovg nrw, urteil vom 22. januar 2014 - 9 a 2561/10.a -, rdnr. 37, juris. 13ausgehend von diesen grundsätzen liegen die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft im falle der klägerin nicht vor. die klägerin wurde vor ihrer ausreise in serbien nicht politisch verfolgt und hat auch künftig keine verfolgungsmaßnahmen zu erwarten.soweit die eltern der klägerin in der mündlichen verhandlung - wie bereits in dem asylverfahren im jahr 2010 - vorgetragen haben, dass die klägerin in serbien sexuell belästigt worden sei, hat die klägerin auf entsprechende nachfrage in der mündlichen verhandlung klargestellt, dass es einmal vorgekommen sei, dass man in der schule versucht habe, sie ausziehen und dabei ihre kleider zerrissen worden seien. dieser einmalige vorfall überschreitet die schwelle einer schwerwiegenden verletzung grundlegender menschenrechte im sinne des § 3a abs. 1 asylvfg nicht.die klägerin hat im fall ihrer rückkehr nach serbien auch wegen ihrer zugehörigkeit zum volk der roma keine verfolgung zu erwarten. im hinblick auf die allgemeine lage der roma in serbien ist weder auf der grundlage der aktuellen erkenntnislage, noch der ständigen rechtsprechung des erkennenden gerichts und anderer gerichte von einer drohenden schwerwiegenden verletzung der menschenrechte auszugehen. 14vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der republik serbien vom 18. oktober 2013. ständige rechtsprechung des erkennenden gerichts, vgl. vg gelsenkirchen, urteile vom 8. mai 2014 - 17a k 2848/13.a -, abrufbar unter www.nrwe.de, vom 31. oktober 2012 - 7a k 1507/12.a, juris, und vom 18. august 2010 - 7a k 2060/10.a -. vgl. auch: ovg nrw, beschlüsse vom 7. november 2012 - 5 a 1695/12.a -, vom 19. august 2011 - 5 a 416/11.a -, und vom 14. dezember 2009 - 5 a 2716/09.a -, jeweils juris; vg regensburg, urteil vom 7. mai 2014 - ro 6 k 14.30326 -, juris; vg freiburg, urteil vom 13. mai 2013 - a 3 k 734/11 -, juris; vg würzburg, urteil vom 28. dezember 2012 - w 1 k 11.30177 - juris. 15zur lage der roma in serbien hat das vg sigmaringen jüngst in seinem urteil vom 28. mai 2014 - 1 k 234/14 -, ausgeführt: 16„die roma gehören zwar auch heute noch überwiegend den untersten sozialen schichten der bevölkerung an, ihre lage ist durch armut und schlechte wohnverhältnisse gekennzeichnet (vgl. auswärtiges amt, lageberichte serbien vom 22.09.2008 (stand: august 2008), vom 04.06.2010 (stand: mai 2010), vom 12.03.2012 (stand: märz 2012), vom 29.01.2013 (stand: januar 2013) und vom 18.10.2013 (stand: august 2013)). bereits in der rechtsprechung zum früheren jugoslawien bildete es aber eine gefestigte erkenntnis, dass angehörige des volkes der roma zwar mit diskriminierungen, insbesondere mit erheblichen benachteiligungen im beruflichen bereich, zu rechnen hatten, dass diese aber nicht die schwelle der politischen verfolgung erreichten. (…) eine wesentliche änderung dieser sachlage ist seither nicht zu verzeichnen. bei den in vergangener zeit dokumentierten übergriffen aus der bevölkerung gegen minderheiten handelte es sich zwar um drastische einzelfälle. pogromartige ausschreitungen werden in den einschlägigen erkenntnismitteln aber nicht erwähnt. im übrigen fehlen hinreichende anhaltspunkte dafür, dass der serbische staat das rechtswidrige vorgehen von teilen der bevölkerung gegen die roma und andere minoritäten duldet oder gar unterstützt. erst recht fehlen anhaltspunkte für ein staatliches verfolgungsprogramm, das auf die gewaltsame vertreibung oder gar vernichtung der roma in serbien gerichtet war bzw. ist. 17serbiens politik ist seit jahren auf eine konsequente annäherung an die eu ausgerichtet. (…) serbien ist auch die weitere annäherung an die eu gelungen, so dass am 22.12.2009 ein antrag auf aufnahme gestellt worden ist und im übrigen seit 19.12.2009 auch der visumszwang für reisen serbischer bürger in den schengen-raum aufgehoben worden ist. allerdings sind die internationalen und bilateralen beziehungen serbiens immer noch wegen des verhältnisses zu kosovo belastet. serbien befindet sich nach wie vor im transformationsprozess, macht nun aber deutliche fortschritte. auch die stabilität der regierung hat zugenommen. die bürgerlichen und politischen rechte der bevölkerung werden weitgehend geachtet. eine gezielte und systematische unterdrückung bestimmter gruppen wegen ihrer ethnischen zugehörigkeit, religion, nationalität oder politischen überzeugung findet nicht statt. allerdings kommt es gelegentlich zu verstößen gegen menschenrechte (u.a. gegen das recht auf unversehrtheit der person in polizeigewahrsam und strafvollzug). allgemein werden serbien aber deutliche fortschritte hinsichtlich der erfüllung der politischen kriterien und der verwirklichung der wichtigsten prioritäten der europäischen partnerschaft attestiert. 18im übrigen sind seit einigen jahren auch bestrebungen der serbischen regierung zu erkennen, die lage der roma durch eine aktive minderheitenpolitik zu verbessern (vgl. auswärtiges amt, lageberichte serbien vom 22.09.2008 (stand: august 2008), vom 04.06.2010 (stand: mai 2010), vom 12.03.2012 (stand: märz 2012), vom 29.01.2013 (stand: januar 2013) und vom 18.10.2013 (stand: august 2013)), auch wenn es an der praktischen implementierung der neuen regelungen zum minderheitenschutz nach wie vor noch mangelt. schon die damalige bundesrepublik jugoslawien hat im frühjahr 2001 das rahmenabkommen des europarates zum schutz nationaler minderheiten ratifiziert, und das jugoslawische parlament hat am 26.02.2002 ein gesetz zum schutz der nationalen minderheiten verabschiedet, das erstmals auch den roma den status einer nationalen minderheit zuerkennt. seit 2003 bestehen sog. minderheitenräte. nach langen und heftigen internen auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden roma-gruppen konnte im frühjahr 2003 der nationalrat der roma gewählt werden. zu den aufgaben des mitte 2007 erstmals gewählten ombudsmannes gehört ausdrücklich auch das eintreten für minderheitenrechte. im juli 2008 wurde ein ministerium für menschen- und minderheitenrechte geschaffen. im märz 2009 wurde ein antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. im august 2009 wurde das gesetz über die sog. nationalen minderheitenräte angenommen, das die zuständigkeiten und die wahlmodalitäten dieser räte entsprechend internationaler standards regelt. darüber hinaus hatte serbien vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 den vorsitz der sog. romadekade inne, identifizierte die wohn- und bildungssituation als prioritäre bereiche bei der verbesserung der lage der roma-minderheit und stellte hierfür deutlich mehr mittel als in der vergangenheit zur verfügung. (…) 19nach dem jüngsten lagebericht des auswärtigen amtes vom 18.10.2013 (stand: august 2013) hat sich die lage der minderheiten (sandžak-bosniaken/moslems, kosovo-albaner, roma, minderheiten in der wojwodina) in serbien deutlich verbessert. gesetzliche regelungen zum minderheitenschutz entsprächen europäischen standards. allerdings sei die umsetzung der regelungen zum minderheitenschutz bisweilen unbefriedigend. insbesondere die wirtschaftliche und soziale lage der roma-minderheit sei weiterhin schwierig und habe seit aufhebung der visapflicht zu einem massiven anstieg der asylanträge in der eu (auch in der bundesrepublik deutschland) durch roma geführt. in der serbischen öffentlichkeit seien vorbehalte und vorurteile gegen angehörige bestimmter minderheiten (roma, albaner, bosniaken, lgbt) unverändert weit verbreitet. allerdings seien in bestimmten bereichen auch fortschritte zu verzeichnen (z.b. höhere einschulungsquote von roma-kindern, einsatz pädagogischer assistenten und roma-mediatorinnen oder anerkennung von schulbüchern in minderheitensprachen). anzeichen für systematische staatliche verfolgungsmaßnahmen gegenüber roma gebe es nicht. die regierung bemühe sich, die lage der roma durch eine aktive minderheitenpolitik zu verbessern. roma sollen zwar weiterhin von übergriffen auf personen im polizeigewahrsam überproportional betroffen sein. die serbische regierung habe jedoch am 10.06.2013 einen aktionsplan zur verbesserung der lage der roma u.a. in den bereichen bildung, krankenschutz, arbeitsaufnahme, wohnbedingungen, amtliche registrierung und sozialen schutz verabschiedet. diesen ausführungen entnimmt das gericht, dass vom serbischen staat weiterhin keine gruppenverfolgung ausgeht. 20gleiches gilt hinsichtlich einer mittelbaren verfolgung (vgl. § 3c asylvfg). zwar ist es in der vergangenheit zu einer reihe zum teil gewalttätiger übergriffe auf roma durch privatpersonen gekommen, die die polizei nicht in allen fällen mit der gebotenen konsequenz verfolgt (vgl. auswärtiges amt, lageberichte serbien vom 22.09.2008 (stand: august 2008), vom 04.06.2010 (stand: mai 2010), vom 12.03.2012 (stand: märz 2012), vom 29.01.2013 (stand: januar 2013) und vom 18.10.2013 (stand: august 2013)). für die annahme einer - mittelbaren - gruppenverfolgung fehlt es aber bereits an dem zentralen merkmal der erforderlichen „verfolgungsdichte“. im übrigen ließe sich aus etwaigen übergriffen durch angehörige der serbischen mehrheitsbevölkerung oder einzelne amtswalter auch weder ein asylanspruch noch ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft herleiten. nach § 3c nr. 3 asylvfg kann eine verfolgung im sinne des § 3 abs. 1 asylvfg auch von nichtstaatlichen akteuren ausgehen, sofern die unter § 3c nr. 1 und 2 asylvfg bzw. in § 3d asylvfg genannten akteure - staat oder parteien bzw. organisationen, die den staat beherrschen - einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor der verfolgung zu bieten. hierzu bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die ethnie anknüpfende schutzverweigerung des staates behauptet wird, konkreter und gesicherter anhaltspunkte dafür, dass der staat keine zureichenden vorkehrungen zur eindämmung privater gewalt gegenüber bestimmten bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine machtmittel zur ahndung gewaltsamer übergriffe nicht ausreichen (vgl. hessischer vgh, urteil vom 20.10.2005 - 7 ue 1365/05.a -). der umstand allein, dass die staatlichen organe trotz prinzipieller schutzbereitschaft nicht immer in der lage sind, die betroffenen vor derartigen übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus (vgl. insoweit auch die rechtsprechung zur früheren rechtslage: bverwg, urteil vom 05.07.1994 - 9 c 1.94 - nvwz 1995, 391 und bverwg, urteil vom 23.07.1991 - 9 c 154.90 - infausir 1991, 363). kein staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass fehlverhalten, fehlentscheidungen einschließlich sog. amtswalterexzesse oder bei der erfüllung der ihm zukommenden aufgabe der wahrung des inneren friedens nicht vorkommen. deshalb lässt weder eine lückenhaftigkeit des systems staatlicher schutzgewährung überhaupt noch eine im einzelfall von den betroffenen erfahrene schutzversagung als solche schon staatliche schutzbereitschaft oder schutzfähigkeit entfallen. umgekehrt ist eine grundsätzliche schutzbereitschaft des staates zu bejahen, wenn die zum schutz der bevölkerung bestellten (polizei-)behörden bei übergriffen privater zur schutzgewährung ohne ansehen der person verpflichtet und dazu von der regierung auch landesweit angehalten sind (vgl. bverwg, urteil vom 05.07.1994 - 9 c 1.94 - nvwz 1995, 391). dies ist in serbien der fall, auch wenn die polizei nach dem aktuellen lagebericht des auswärtigen amtes vom 18.10.2013 (stand: august 2013) nach wie vor nicht in allen fällen mit der gebotenen konsequenz gegen übergriffe auf minderheiten (vor allem roma und homosexuelle) vorgeht. jedoch führen anzeigen von roma wegen körperverletzung auch in der praxis zu gerichtsprozessen. nach den vorliegenden erkenntnismitteln ist daher davon auszugehen, dass der serbische staat willens und in der lage ist, wirksamen schutz vor verfolgung zu bieten (§ 3d asylvfg).“ 21dieser rechtlichen bewertung der aktuellen erkenntnislage schließt sich die kammer an. 22dem beweisantrag, frau dr. x.- als sachverständige zeugin zum beweis der tatsache zu hören, dass die klägerin als volkszugehörige der roma in den bereichen zugang zum arbeitsmarkt, bildung, gesundheitsversorgung sowie zugang zu sozialleistungen bei einer rückkehr in ihr heimatland in erheblichem maße diskriminierenden handlungen seitens des serbischen staates ausgesetzt sein wird, war nicht nachzugehen. das gericht geht davon aus, dass die vorhandenen erkenntnisse zu der situation der roma in serbien eine ausreichende entscheidungsgrundlage bilden; insbesondere liegt dem gericht der von der klägerin in bezug genommene, von frau dr. x.- verfasste bericht: „serbien - ein sicherer herkunftsstaat von asylsuchenden in deutschland? eine auswertung von quellen zur menschenrechtssituation“ vor. dass frau dr. x.- auf grundlage der von ihr recherchierten und in diesem bericht wiedergegebenen erkenntnisse und der bewertung derselben zu der prognose gelangt, dass in ihr heimatland zurückkehrende serben vom volk der roma - und damit auch die klägerin - erheblichen diskriminierungshandlungen seitens des serbischen staates ausgesetzt sein werden, wird vom gericht als bekannt vorausgesetzt. diese erkenntnisse wurden und werden von der kammer in entscheidungen zu asylanträgen serbischer roma - und damit auch im vorliegenden verfahren - berücksichtigt. es ist nicht dargetan, dass frau dr. x.- dem gericht bei einer einvernahme als sachverständige zeugin weitere, bislang nicht vorliegende erkenntnisse vermitteln würde.unabhängig davon handelt es sich bei der beantragten vernehmung der frau dr. x.- als sachverständiger zeugin um ein ungeeignetes beweismittel. denn die von der klägerin als sachverständige zeugin benannte frau dr. x.- hätte das gericht im rahmen eines zeugenbeweises (§ 98 vwgo i.v.m. § 414 zpo) nur zum beweis vergangener tatsachen oder zustände vernehmen können. der beweisantrag betrifft mit der frage, ob die klägerin bei einer rückkehr in ihr heimatland in den genannten bereichen erheblichen diskriminierungshandlungen seitens des serbischen staates ausgesetzt sein wird, jedoch eine zukunftsprognose - die die benannte zeugin nicht aus eigener wahrnehmung bekunden kann. 23vgl. bverwg, urteil vom 6. februar 1985 - 8 c 15/84 -, juris, rdnr. 17; ovg nrw, beschluss vom 18. juli 2007 - 8 a 1075/06.a, juris, rdnr. 20; beschluss vom 23. april 2014 - 13 a 602/13.a -, juris, rdnr. 38. 24soweit das verwaltungsgericht stuttgart in seinem urteil vom 25. märz 2014 - a 11 k 5036/13 - für aus serbien stammende roma im wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher beschränkungen und diskriminierungen von angehörigen dieser volksgruppe bei der wahrnehmung deren elementaren rechts auf freizügigkeit/ausreisefreiheit die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 i.v.m. § 3a abs. 1 nr. 1 und abs. 2 nr. 2 asylvfg bejaht, vermag dem die kammer nicht zu folgen.sanktionen wegen der stellung eines asylantrags im ausland gibt es nach dem aktuellen lagebericht des auswärtigen amtes weder de iure noch de facto. 25vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der republik serbien vom 18. oktober 2013, s. 23. 26das gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass nach der vorschrift des § 350a des serbischen strafgesetzbuches bereits die bloße stellung eines asylantrages in der bundesrepublik deutschland unter strafe gestellt werden soll. die regelung zielt nach ihrem wortlaut (in der deutschen übersetzung) vielmehr auf schleuser, schlepper oder sonstige dritte ab, die einem asylbewerber die stellung eines asylantrages beispielsweise in der bundesrepublik deutschland wollen, der zudem durch eine „falsche darstellung der gefährdung“ gekennzeichnet sein muss. ein anderes, weitergehendes verständnis des § 350a abs. 1 serbisches stgb ist auch nicht aufgrund der strafschärfungsregelungen in absätzen 2 und 3 gerechtfertigt. 27vgl. hierzu vg gelsenkirchen, urteil vom 8. mai 2014 - 17a k 2848/13.a - abrufbar unter www.nrwe.de, rdnr. 41 ff., und beschluss vom 22. mai 2014 - 13a l 766/14.a -; vg sigmaringen, urteil vom 28. mai 2014 - 1 k 234/14 -, juris, rdnr. 39; vg regensburg, urteil vom 7. mai 2014 - ro 6 k 14.30326 -, juris, rdnr. 20. 28im vorgenannten sinne wird die bestimmung, die nach den vorliegenden erkenntnissen vor dem hintergrund der sorge serbiens, dass die ende dezember 2009 eingeführte visumfreiheit im schengen-raum „wegen des fehlverhaltens einer minorität („wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % roma)“ für alle serbischen staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. januar 2013 in kraft getreten ist, auch durch das auswärtige amt bewertet. 29vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 8. mai 2014 - 17a k 2848/13.a -, a.a.o., rdnr. 45, unter verweis auf den lagebericht des auswärtiges amtes vom 18. oktober 2013, s. 23 f., wonach es strafbar sei, durch unterstützungsleistungen einem serbischen staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen asylantrag im ausland zu stellen. 30darüber, dass § 350 a abs. 1 des serbischen stgb entgegen seines wortlauts in der praxis auf asylbewerber allein wegen der bloßen stellung eines asylantrages tatsächlich anwendung findet, liegen keine verifizierbaren erkenntnisse vor. es sind insbesondere keine präzedenzfälle bekannt, in denen asylantragsteller nach ihrer rückkehr nach serbien aufgrund dieser vorschrift bestraft worden wären. bei den von frau dr. x.- gegenüber dem verwaltungsgericht stuttgart angeführten sieben fällen, in denen strafverfahren betrieben worden seien, wird nicht differenziert, ob diese gerade asylantragsteller betroffen haben. auch ist unklar, ob diese verfahren zu verurteilungen geführt haben. 31vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 8. mai 2014 - 17a k 2848/13.a -, a.a.o., rdnr. 48; vg sigmaringen, urteil vom 28. mai 2014 - 1 k 234/14 -, juris, rdnr. 39. 32auch steht für die klägerin zur überzeugung des gerichts nach einer rückkehr in ihr heimatland keine bestrafung nach § 350 des serbischen strafgesetzbuches zu befürchten. es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese vorschrift, die die unerlaubte grenzüberquerung als solche unter strafe stellt - nach dem text dann, wenn dies bewaffnet oder unter anwendung von gewalt erfolgt - eine im rahmen des § 3 asylvfg relevante maßnahme sein soll. 33vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 8. mai 2014 - 17a k 2848/13.a - a.a.o., rdnr. 53, und beschluss vom 22. mai 2014 - 13a l 766/14.a -. 34soweit das verwaltungsgericht stuttgart in seinem urteil vom 25. märz 2014 davon ausgeht, dass „bestrafungen nach dem neuen serbischen meldegesetz selektiv gegen roma erfolgten“, werden die insoweit in bezug genommene „aktuelle auskunftslage“ sowie „informationen des regional center for minorities“ weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert. soweit frau dr. x.- diesbezüglich in ihrem bericht : „serbien - ein sicherer herkunftsstaat von asylsuchenden in deutschland? eine auswertung von quellen zur menschenrechtssituation“ auf seite 41 ausführt, dass sich personen, die länger als 90 tage im ausland bleiben, vor ihrer abreise und bei ihrer rückkehr bei den zuständigen behörden melden müssen und verstöße mit geldstrafen geahndet werden können, stellt dies keinen beleg für eine beschränkung der ausreisefreiheit dar. vielmehr sind auch in den deutschen meldegesetzen ähnliche meldepflichten enthalten, vgl. beispielsweise §§ 13 abs. 2, 37 abs. 1 nr. 2 des meldegesetzes für das land nordrhein-westfalen. 35vgl. hierzu vg regensburg, urteil vom 7. mai 2014 - ro 6 k 14.30326 -, juris, rdnr. 20, das auf art. 13 abs. 2 und art. 35 nr. 3 des bayerischen meldegesetzes verweist. 36die klägerin hat des weiteren auch keinen anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 asylvfg. es gibt keine anhaltspunkte dafür, dass ihr serbien die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylvfg) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylvfg) drohen.auch die voraussetzungen des § 60 abs. 5 aufenthg liegen nicht vor. danach darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der anwendung der konvention vom 4. november 1950 zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) ergibt, dass die abschiebung unzulässig ist. ein abschiebungsverbot nach diesen normen zu gunsten von angehörigen der volksgruppe der roma aus serbien besteht regelmäßig nicht. 37vgl. ovg nrw, beschluss vom 18. februar 2014 - 5 a 195/14.a -. 38schließlich liegt auch kein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg vor. nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. gemäß § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg sind gefahren nach satz 1, denen die bevölkerung oder die bevölkerungsgruppe, der der ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei anordnungen nach § 60a abs. 1 satz 1 aufenthg zu berücksichtigen. nach § 60a abs. 1 satz 1 aufenthg kann die oberste landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären gründen oder zur wahrung politischer interessen der bundesrepublik deutschland anordnen, dass die abschiebung von ausländern aus bestimmten staaten oder von in sonstiger weise bestimmten ausländergruppen allgemein oder in bestimmte staaten für längstens sechs monate ausgesetzt wird. eine derartige abschiebestopp-anordnung besteht für die serbische staatsangehörige, die der volksgruppe der roma angehören, nicht. die sperrwirkung des § 60 abs. 7 satz 3 aufenthg kann nur dann im wege einer verfassungskonformen auslegung eingeschränkt werden, wenn für den schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige schutzlücke besteht, d.h. nur zur vermeidung einer extremen konkreten gefahrenlage in dem sinne, dass dem ausländer sehenden auges der sichere tod droht oder er schwerste gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte. 39vgl. bverwg, urteil vom 29. juni 2010 - 10 c 10/09 -, juris, rdnr. 12, und vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -, m.w.n. 40individuelle umstände, die eine solche extreme gefahr begründen und damit eine wiederaufnahme des verfahrens insoweit rechtfertigen könnten, hat die klägerin nicht vorgetragen. eine extreme gefahr besteht auch nicht wegen der allgemeinen versorgungslage in serbien. trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen lage serbiens ist die versorgung mit lebensmitteln gesichert. es ist auch zu erwarten, dass die klägerin in serbien gemeinsam mit ihrer familie - wie auch vor ihrer ausreise - jedenfalls das existenzminimum sicherstellen kann. die familie der klägerin hat vor der ausreise im haus der großeltern der klägerin gewohnt. gelingt es der klägerin nicht, ihren lebensunterhalt (mit unterstützung ihrer familie) zu sichern, kann sie auf staatliche hilfe zurückgreifen. rückkehrer erhalten nach abschluss der registrierung bei den wohnortbehörden und aufnahme einer erwerbstätigkeit bzw. anmeldung als arbeitssuchende kostenfreien zugang zur gesundheits- und sozialversorgung. die registrierung erfolgt nicht automatisch, sondern muss von den betreffenden selbst unter vorlage der erforderlichen dokumente, u.a. - wie von der klägerin beim bundesamt für migration und flüchtlinge vorgelegt - einer geburtsurkunde und eines staatsangehörigkeitsnachweises, beantragt werden. anspruch auf sozialhilfe haben in serbien bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine mittel zum unterhalt haben. außerdem sind bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren unterhalt durch ihre arbeit allein, durch unterhaltspflichten von verwandten oder auf andere art und weise nicht sichern können. 41vgl. auswärtiges amt, lagebericht vom 18. oktober 2013, s. 19 f. 42soweit frau dr. x.- in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht stuttgart in dem verfahren a 11 k 5036/13 ausgesagt hat, dass roma „überwiegend vom bezug von sozialleistungen ausgeschlossen würden“, hat sie diese einschätzung nicht näher verifiziert. die diesbezüglichen ausführungen in dem bericht „serbien - ein sicherer herkunftsstaat von asylsuchenden in deutschland? eine auswertung von quellen zur menschenrechtssituation“ (s. 31) beruhen auf erkenntnissen aus dem jahr 2011. insbesondere die danach kritisierte verfahrensweise der serbischen behörden, den zugang zu sozialleistungen von dem besitz von personaldokumenten abhängig zu machen, dürfte im fall der klägerin keine schwierigkeiten bereiten, weil die klägerin entsprechende dokumente auch bei der asylantragstellung in deutschland vorgelegt hat. dass der klägerin bei einer rückkehr nach serbien staatliche unterstützungsleistungen verwehrt werden würden, ist auch durch die vorlage der beglaubigten übersetzung des schreibens der „anstalt zur sozialarbeit“ m. vom 14. september 2012, das bestätigen soll, dass ihr vater, w. c1. , zum damaligen zeitpunkt „kein benutzer des anspruchs auf geldsozialhilfe“ war, nicht belegt. diese „bestätigung“ sagt weder etwas darüber aus, aus welchen gründen der vater der klägerin keine sozialleistungen erhalten hat, noch, ob die klägerin oder andere familienmitglieder einen anspruch darauf hatten bzw. zukünftig haben werden.die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. das verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b asylvfg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
122,688
6 O 324/15
"2016-07-13T00:00:00"
Urteil
Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer xxx durch den Widerruf der Klägerin vom 30.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 2. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer yyy durch den Widerruf der Klägerin vom 30.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 3. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer zzz durch den Widerruf der Klägerin vom 30.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.472,03 € freizustellen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt nach Widerrufserklärung Feststellung der Beendigung von drei mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen. 3Die Klägerin schloss mit der Beklagten am 16.02.2006 einen Darlehensvertrag zu Kontonummer xxx über 100.000 € mit anfänglichem Jahreszins von 4,12 % effektiv und einer monatlichen Rate (Zins und Tilgung) i.H.v. 504,17 €. 4Ebenfalls am 16.02.2006 schloss die Klägerin mit der Beklagten einen weiteren Darlehensvertrag zu Kontonummer yyy über 35.000 € mit anfänglichem Jahreszins von 4,12 % effektiv und einer monatlichen Rate (Zins und Tilgung) i.H.v. 176,46 €. Einen dritten Darlehensvertrag schloss die Klägerin mit der Beklagten am 10.03.2006 zu Kontonummer zzz über 39.000 € mit anfänglichem Jahreszins von 3,95 % effektiv und einer vierteljährlichen Rate (Zins und Tilgung) i.H.v. 566,24 €. 5Die Klägerin erhielt zu den Darlehensverträgen jeweils Widerrufsbelehrungen. 6Darin heißt es: 7„Widerrufsrecht 8Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen² 9ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: 10(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung enthält, auch eine Internetadresse).“ 11Es folgen die Anschrift der [Beklagten], eine E-Mail-Adresse und eine Telefaxnummer 12Die Widerrufsbelehrung lautet weiter: 13„Widerrufsfolgen 14Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung erfüllen. 15Finanzierte Geschäfte 16Widerrufen sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrages sind oder wenn wir über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördern, indem wir uns dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der Planung Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernehmen oder den Veräußerer einseitig begünstigen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen so müssen sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären. 17Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes: Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. Paketversandfähige Sachen sind auf Kosten und Gefahr Ihres Vertragspartners zurückzusenden nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Wenn Ihrem Vertragspartner das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist, können Sie sich wegen der Rückabwicklung nicht nur an diesen, sondern auch an uns halten.“ 18Über den jeweiligen Widerrufsbelehrungen steht: „Widerrufsbelehrung zu1“. In den Widerrufsbelehrungen zu den im Klageantrag zu 1) und 2) genannten Darlehensverträgen folgen darauf die Worte: o.g. Darlehensvertrag. Die Kontonummer des Darlehensvertrags ist jeweils oben auf der Seite angegeben. In der Widerrufsbelehrung zu dem im Klageantrag zu 3) genannten Darlehensvertrag ist dort eingefügt „Darlehensvertrag vom 10.03.2006“. Auch die Kontonummer dieses Darlehensvertrages findet sich oben auf der Seite. 19Alle drei Widerrufserklärungen enden mit der Angabe von Ort und Datum des Vertragsschlusses sowie einer Unterschrift der Klägerin und den Worten „Ihre [Beklagte]“ zum Teil unter Anfügung der Anschrift. 20Wegen weiterer Einzelheiten der Widerrufsbelehrungen insbesondere ihrer Gestaltung, wird auf die Anlage KE1 verwiesen. 21Mit Schreiben vom 30.01.2015 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Widerruf aller drei oben genannten Darlehensverträge. 22Mit Schreiben vom 18.02.2015 wies die Beklagte den Widerruf zurück. Sodann forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 21.04.2015 auf, den Widerruf anzuerkennen und die gezahlten Beträge nebst gezogener Nutzungen herauszugeben. Sie forderten die Beklagte zur Abrechnung bis zum 12.05.2015 auf. 23Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Widerrufsrecht sei nicht verfristet. Die Widerrufsfrist habe wegen nicht ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen. 24Die Widerrufsbelehrung sei insbesondere wegen der Formulierung zum Fristbeginn fehlerhaft. 25Die Klägerin beantragt, 261. festzustellen, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskonto Nr. xxx durch ihren Widerruf vom 30.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 272. festzustellen, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer yyy durch ihren Widerruf vom 30.01.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 283. festzustellen, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskonto Nr. zzz durch ihren Widerruf vom 30.01.2015 in der Rückgewährschuldner eines umgewandelt worden ist. 294. sie von außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.472,03 € freizustellen. 30Die Beklagte beantragt, 31die Klage abzuweisen. 32Die Beklagte ist der Ansicht, die Feststellungsanträge zu Ziff. 1) bis 3) seien bereits unzulässig, weil vorrangig Leistungsklage zu erheben wäre. 33Die Klage sei unbegründet, da die Widerrufsfrist abgelaufen sei. Ihre Widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. Jedenfalls aber könne sie sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB- InfoV berufen. Sie haben lediglich textliche Änderungen an der Muster Belehrung vorgenommen, die nicht zu einem Entfallen des Vertrauensschutzes führen würden. Inhaltlich habe sie nicht in die Musterbelehrung eingegriffen. Schließlich erhebt die Beklagte den Einwand der Verwirkung und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). 34Die Verwirkung ergebe sich hier insbesondere daraus, dass die Klägerin spätestens nach Ausfüllung der Vollmacht zu Gunsten ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten unter dem 30.10.2014 Kenntnis von den Umständen gehabt habe, aus denen das Fortbestehen des Widerrufsrechtes abgeleitet wird. Gleichwohl habe sie mit der Erklärung des Widerrufs noch mehr als drei Monate zugewartet. Eine Verwirkung ergebe sich jedenfalls aus einer Analogie zu § 492 Abs. 6 S. 4 BGB bzw. aus dem Rechtsgedanken dieser Vorschrift. 35Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 36Entscheidungsgründe: 37Die Klage ist zulässig und begründet. 38I. Die Klage ist zulässig. Die Klageanträge zu 1) bis 3) haben die Frage der Beendigung der Darlehensverträge durch Widerruf und die Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis zum Gegenstand. Die Klärung der Beendigung eines Vertrages kann typischerweise im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden. Insbesondere steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage hier nicht die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage entgegen, weil im Wege einer Leistungsklage nicht abschließend mit Rechtskraft geklärt werden kann, ob ein Rückgewährschuldverhältnis vorliegt (OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2015, I-31 U 56/15). 39II. Die Klage ist begründet. 401. Die Klageanträge zu 1) bis 3) sind begründet. 41Die in den Klageanträgen bezeichneten Darlehensverträge sind durch den Widerruf der Klägerin nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung beendet und in Rückabwicklungsverhältnisse umgewandelt worden. 42a) Der Widerruf der jeweiligen Darlehensvertragserklärung war nicht verfristet, sondern wirksam, weil das Widerrufsrecht der Kläger aus § 495 Abs. 1 BGB a.F. mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung gemäß § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. durch Ablauf der Zweiwochenfrist nicht erloschen war. Die den Klägern erteilten Widerrufsbelehrungen genügen nicht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Eine Belehrung, die sich hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist „frühestens“ mit Erhalt dieser Belehrung beginnt, ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Der Verbraucher vermag dieser Belehrung lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist „jetzt oder später" beginnen, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche etwaigen weiteren Umstände dies sind (BGH, Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11, juris-Rn. 15). 43Dies gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch dann, wenn der Verbraucher die Widerrufsbelehrung wie hier zeitgleich mit den Darlehensverträgen erhält. Auch in diesem Fall weiß der Verbraucher lediglich, dass die Frist „jetzt oder später beginnen soll“, kann aber den Zeitpunkt nicht zuverlässig bestimmen, weil er nicht weiß von welchen weiteren Voraussetzungen der Fristbeginn abhängt. 44Ob die Widerrufsbelehrung noch wegen anderer Fehler nicht ordnungsgemäß ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die Belehrung über den Fristbeginn fehlerhaft. 45b) Die Beklagte kann sich nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV (in der Fassung vom 05.08.2002, gültig bis zum 10.06.2010) berufen. Nach dieser Vorschrift genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F., wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in Textform in der damals gültigen Fassung verwandt worden ist. Entspricht die Belehrung inhaltlich oder in der äußeren Gestaltung nicht vollständig dem Muster, weil der Unternehmer den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat, greift die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV a.F. nicht (vgl. BGH, ZIP 2014, 913 ff; BGH, WM 2011, 86; BGH, WM 2011, 474). Dies gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen Änderungen, da sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (vgl. BGH, ZIP 2014, 913 ff.). 46Die einschlägige Musterbelehrung ist der Anl. 2 zu § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV in der Fassung vom 02.12.2004 gültig bis zum 31.03.2008 zu entnehmen. Das von der Beklagten verwendete Formular weicht von der danach maßgeblichen Musterbelehrung in mehreren Punkten ab. 47aa) Es wurde eine Fußnote² „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ nach dem Passus "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen" aufgenommen. Die Aufnahme dieser Fußnote stellt eine inhaltliche Änderung der Musterwiderrufsbelehrung dar (OLG Hamm, Urteil vom 10.02.2016, 31 U 41/15, juris Rn. 30). 48bb) Der Gestaltungshinweis 3 der Musterbelehrung „(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse)“ wurde in den laufenden Widerrufstext eingefügt. Nach Gestaltungshinweis 3 der Musterbelehrung waren an dieser Stelle die konkreten Angaben einzusetzen. Stattdessen hat die Beklagte die Angaben dahinter angefügt. Auch dies stellt eine inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrung dar (OLG Hamm a.a.O., juris Rn. 31). 49cc) Der Passus unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ entspricht nicht vollumfänglich dem Gestaltungshinweis Nr. 9 der Musterwiderrufsbelehrung. Eine inhaltliche Änderung der Musterbelehrung liegt insofern darin, dass die Beklagte entgegen dem Gestaltungshinweis 9 der Musterbelehrung Satz 2 des Hinweises für verbundene Geschäfte nicht ersetzt, sondern die Belehrung zunächst um den eigenen Zusatz „Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstückes oder grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen“ ergänzt und sodann den in der Musterbelehrung vorgegebenen Hinweis für Darlehen, die den Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts finanzieren, zusätzlich aufnimmt (vgl. OLG Hamm a.a.O., juris Rn. 32). 50Vor dem Hintergrund dieser inhaltlichen Bearbeitung durch die beschriebenen Änderungen kann die Beklagte sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 Abs. 1, 3 BGB InfoV berufen. 51c) Die Ausübung des Widerrufsrechts verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. 52aa) Die Ausübung des Widerrufs stellt sich nicht als unzulässige Rechtsausübung dar. Auf das Motiv der Ausübung des Widerrufsrechts kommt es dabei nicht an. §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 2 BGB a.F. erfordern keine Begründung des Widerrufs. Bereits hieraus ergibt sich, dass das Motiv für den Widerruf grundsätzlich unerheblich ist. Auch § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. bestimmt allgemein und ohne Einschränkung, dass das Widerrufsrecht nicht erlischt, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung nicht erfolgt ist. Etwaige Gründe des Darlehensnehmers für einen Widerruf, der erst nach Ablauf der Frist von 6 Monaten erklärt wird, sind mithin auch nach dieser Vorschrift rechtlich unerheblich (OLG Hamm, a.a.O. juris Rn. 34). 53Der Sinn des Widerrufsrechts besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben. Auch nach der Rechtsprechung des BGH zum Fernabsatzvertrag, die insoweit auf den Verbraucher Darlehensvertrag übertragbar ist, kommt deswegen ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Rechtsmissbrauchs nur ausnahmsweise, unter dem Gesichtspunkt besondere Schutzbedürftigkeit des Unternehmers, in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers (BGH, Urteil vom 16.03.2016 - VIII ZR 146/15, BeckRS 2016, 07523). Dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht nutzt, um wirtschaftliche Vorteile für sich aus der Vertragsrückabwicklung zu erreichen, begründet nicht die Annahme eines solchen arglistigen oder schikanösen Verhaltens. 54bb) Die Klägerin hat ihr Widerrufsrecht auch nicht verwirkt. Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment), BGH NJW 2006, 219. Es fehlt hier am Umstandsmoment. 55Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 7.5.2014 – IV ZR 76/11). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen die Beklagte sich berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass die Klägerin ihre Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss widerruft. Der pauschale Vortrag der Beklagten, sie habe sich im Rahmen ihrer Refinanzierung auf die vereinbarten Zinssätze und Laufzeiten eingerichtet, reicht hierfür nicht aus. Im Übrigen war es eine gesetzgeberische Entscheidung, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Unternehmern das Recht zubilligt, sich der Haftung unter Hinweis auf § 242 BGB zu entziehen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.03.2015 - 31 U 155/14 BeckRS 2015, 08430, Rn. 13). 56cc) Ein Erlöschen des Widerrufsrechts ergibt sich auch nicht aus §§ 355 Abs. 2 S. 2, 492 Abs. 6 S. 4 a.F. analog oder dem Rechtsgedanken dieser Vorschriften. Nach diesen Vorschriften war eine ordnungsgemäße nach Belehrung bzw. die Nachholung von Angaben möglich. Diese „Nachbesserung“ der Widerrufsbelehrung setzte eine einmonatige Widerrufsfrist in Lauf. 57Der Umstand, dass die Klägerin nach Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung den Widerruf nicht binnen Monatsfrist erklärt hat, führt nicht zu einem Erlöschen des Widerrufsrechts analog den oben genannten Vorschriften. Die Analogievoraussetzungen liegen nicht vor. Jedenfalls fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Kenntnis des Verbrauchers von der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung kann nicht gleichgesetzt werden mit einer Nachbelehrung oder einer Nachholung von Angaben durch den Unternehmer. Wenn der Verbraucher ohne Zutun des Unternehmers, gewissermaßen durch Zufall, von der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung Kenntnis erlangt, ist dies nicht dem gesetzlich geregelten Fall vergleichbar, dass der Unternehmer die Initiative ergreift und eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nachholt. Im Letzteren Fall ist es sachgerecht, dass hierdurch eine Widerrufsfrist in Gang gesetzt werden soll, weil der Unternehmer letztlich selbst seinen Fehler behebt. Dies ist im hier vorliegenden Fall gerade nicht gegeben. 582. Der Klageantrag zu 4) ist begründet. 59Die Klägerin kann die Freistellung von den von ihr zu zahlenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren verlangen. Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm stellt die Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung eine Pflichtverletzung aus dem Schuldverhältnis im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB dar (OLG Hamm, Urteil vom 4.11.2015 – 31 U 64/15 NJW-RR 2016, 494, 495). Die Rechtsanwaltsgebühren stellen einen nach § 249 BGB ersatzfähigen Schaden dar. Es fehlt nicht am Zurechnungszusammenhang. Die Ersatzpflicht nach § 249 BGB umfasst auch Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Die Klägerin durfte die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts für notwendig und zweckmäßig halten. Dass die Beklagte den Widerruf bereits zurückgewiesen hatte, steht dem nicht entgegen. Es kann dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen, wenn er vorgerichtlich mithilfe eines Anwalts einen zweiten Versuch unternimmt, seine Ansprüche durchzusetzen. Gerade ein wirtschaftlich denkender Geschädigter wird einen solchen zweiten Versuch unternehmen. Der Freistellungsanspruch ist angesichts des Gegenstandswerts von bis zu 125.000 € auch der Höhe nach begründet. 60III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO. 61Der Streitwert wird auf bis zu 125000,00 EUR festgesetzt.
1. es wird festgestellt, dass der darlehensvertrag mit der darlehenskontonummer xxx durch den widerruf der klägerin vom 30.01.2015 in ein rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 2. es wird festgestellt, dass der darlehensvertrag mit der darlehenskontonummer yyy durch den widerruf der klägerin vom 30.01.2015 in ein rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 3. es wird festgestellt, dass der darlehensvertrag mit der darlehenskontonummer zzz durch den widerruf der klägerin vom 30.01.2015 in ein rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 4. die beklagte wird verurteilt, die klägerin von außergerichtlichen anwaltskosten i.h.v. 1.472,03 € freizustellen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin begehrt nach widerrufserklärung feststellung der beendigung von drei mit der beklagten geschlossenen darlehensverträgen. 3die klägerin schloss mit der beklagten am 16.02.2006 einen darlehensvertrag zu kontonummer xxx über 100.000 € mit anfänglichem jahreszins von 4,12 % effektiv und einer monatlichen rate (zins und tilgung) i.h.v. 504,17 €. 4ebenfalls am 16.02.2006 schloss die klägerin mit der beklagten einen weiteren darlehensvertrag zu kontonummer yyy über 35.000 € mit anfänglichem jahreszins von 4,12 % effektiv und einer monatlichen rate (zins und tilgung) i.h.v. 176,46 €. einen dritten darlehensvertrag schloss die klägerin mit der beklagten am 10.03.2006 zu kontonummer zzz über 39.000 € mit anfänglichem jahreszins von 3,95 % effektiv und einer vierteljährlichen rate (zins und tilgung) i.h.v. 566,24 €. 5die klägerin erhielt zu den darlehensverträgen jeweils widerrufsbelehrungen. 6darin heißt es: 7„widerrufsrecht 8sie können ihre vertragserklärung innerhalb von zwei wochen² 9ohne angabe von gründen in textform (z.b. brief, fax, e-mail) widerrufen. die frist beginnt frühestens mit erhalt dieser belehrung. zur wahrung der frist genügt die rechtzeitige absendung des widerrufs. der widerruf ist zu richten an: 10(name, firma und ladungsfähige anschrift des kreditinstituts, ggf. fax-nr., e-mail-adresse und/oder, wenn der verbraucher eine bestätigung seiner widerrufserklärung enthält, auch eine internetadresse).“ 11es folgen die anschrift der [beklagten], eine e-mail-adresse und eine telefaxnummer 12die widerrufsbelehrung lautet weiter: 13„widerrufsfolgen 14im falle eines wirksamen widerrufs sind die beiderseits empfangenen leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene nutzungen (z. b. zinsen) herauszugeben. können sie uns die empfangene leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem zustand zurückgewähren, müssen sie uns insoweit ggf. wertersatz leisten. dies kann dazu führen, dass sie die vertraglichen zahlungsverpflichtungen für den zeitraum bis zum widerruf gleichwohl erfüllen müssen. verpflichtungen zur erstattung von zahlungen müssen sie innerhalb von 30 tagen nach absendung ihrer widerrufserklärung erfüllen. 15finanzierte geschäfte 16widerrufen sie diesen darlehensvertrag, mit dem sie ihre verpflichtungen aus einem anderen vertrag finanzieren, so sind sie auch an den anderen vertrag nicht gebunden, wenn beide verträge eine wirtschaftliche einheit bilden. dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr vertragspartner im rahmen des anderen vertrages sind, oder wenn wir uns bei vorbereitung und abschluss des darlehensvertrages der mitwirkung ihres vertragspartners bedienen. bei einem finanzierten erwerb eines grundstücks oder grundstücksgleichen rechts ist eine wirtschaftliche einheit nur anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr vertragspartner im rahmen des anderen vertrages sind oder wenn wir über die zurverfügungstellung von darlehen hinaus ihr grundstücksgeschäft durch zusammenwirken mit dem veräußerer fördern, indem wir uns dessen veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen machen, bei der planung werbung oder durchführung des projektes funktionen des veräußerers übernehmen oder den veräußerer einseitig begünstigen. können sie auch den anderen vertrag widerrufen so müssen sie den widerruf gegenüber ihrem diesbezüglichen vertragspartner erklären. 17wird mit diesem darlehensvertrag die überlassung einer sache finanziert, gilt folgendes: wenn sie diese sache im falle des widerrufs ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem zustand zurückgeben können, haben sie dafür ggf. wertersatz zu leisten. dies gilt nicht, wenn die verschlechterung der sache ausschließlich auf deren prüfung - wie sie ihnen etwa im ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. im übrigen können sie die wertersatzpflicht vermeiden, indem sie die sache nicht wie ihr eigentum in gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren wert beeinträchtigt. paketversandfähige sachen sind auf kosten und gefahr ihres vertragspartners zurückzusenden nicht paketversandfähige sachen werden bei ihnen abgeholt. wenn ihrem vertragspartner das darlehen bei wirksamwerden des widerrufs oder der rückgabe bereits zugeflossen ist, können sie sich wegen der rückabwicklung nicht nur an diesen, sondern auch an uns halten.“ 18über den jeweiligen widerrufsbelehrungen steht: „widerrufsbelehrung zu1“. in den widerrufsbelehrungen zu den im klageantrag zu 1) und 2) genannten darlehensverträgen folgen darauf die worte: o.g. darlehensvertrag. die kontonummer des darlehensvertrags ist jeweils oben auf der seite angegeben. in der widerrufsbelehrung zu dem im klageantrag zu 3) genannten darlehensvertrag ist dort eingefügt „darlehensvertrag vom 10.03.2006“. auch die kontonummer dieses darlehensvertrages findet sich oben auf der seite. 19alle drei widerrufserklärungen enden mit der angabe von ort und datum des vertragsschlusses sowie einer unterschrift der klägerin und den worten „ihre [beklagte]“ zum teil unter anfügung der anschrift. 20wegen weiterer einzelheiten der widerrufsbelehrungen insbesondere ihrer gestaltung, wird auf die anlage ke1 verwiesen. 21mit schreiben vom 30.01.2015 erklärte die klägerin gegenüber der beklagten den widerruf aller drei oben genannten darlehensverträge. 22mit schreiben vom 18.02.2015 wies die beklagte den widerruf zurück. sodann forderten die prozessbevollmächtigten der klägerin die beklagte mit schreiben vom 21.04.2015 auf, den widerruf anzuerkennen und die gezahlten beträge nebst gezogener nutzungen herauszugeben. sie forderten die beklagte zur abrechnung bis zum 12.05.2015 auf. 23die klägerin ist der ansicht, ihr widerrufsrecht sei nicht verfristet. die widerrufsfrist habe wegen nicht ordnungsgemäßer belehrung nicht zu laufen begonnen. 24die widerrufsbelehrung sei insbesondere wegen der formulierung zum fristbeginn fehlerhaft. 25die klägerin beantragt, 261. festzustellen, dass der darlehensvertrag mit der darlehenskonto nr. xxx durch ihren widerruf vom 30.01.2015 in ein rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 272. festzustellen, dass der darlehensvertrag mit der darlehenskontonummer yyy durch ihren widerruf vom 30.01.2015 in ein rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist. 283. festzustellen, dass der darlehensvertrag mit der darlehenskonto nr. zzz durch ihren widerruf vom 30.01.2015 in der rückgewährschuldner eines umgewandelt worden ist. 294. sie von außergerichtlichen anwaltskosten i.h.v. 1.472,03 € freizustellen. 30die beklagte beantragt, 31die klage abzuweisen. 32die beklagte ist der ansicht, die feststellungsanträge zu ziff. 1) bis 3) seien bereits unzulässig, weil vorrangig leistungsklage zu erheben wäre. 33die klage sei unbegründet, da die widerrufsfrist abgelaufen sei. ihre widerrufsbelehrung entspreche den gesetzlichen anforderungen des § 355 abs. 2 bgb a.f. jedenfalls aber könne sie sich auf die schutzwirkung des § 14 abs. 1 bgb- infov berufen. sie haben lediglich textliche änderungen an der muster belehrung vorgenommen, die nicht zu einem entfallen des vertrauensschutzes führen würden. inhaltlich habe sie nicht in die musterbelehrung eingegriffen. schließlich erhebt die beklagte den einwand der verwirkung und den einwand der unzulässigen rechtsausübung (§ 242 bgb). 34die verwirkung ergebe sich hier insbesondere daraus, dass die klägerin spätestens nach ausfüllung der vollmacht zu gunsten ihrer jetzigen prozessbevollmächtigten unter dem 30.10.2014 kenntnis von den umständen gehabt habe, aus denen das fortbestehen des widerrufsrechtes abgeleitet wird. gleichwohl habe sie mit der erklärung des widerrufs noch mehr als drei monate zugewartet. eine verwirkung ergebe sich jedenfalls aus einer analogie zu § 492 abs. 6 s. 4 bgb bzw. aus dem rechtsgedanken dieser vorschrift. 35wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 36
37die klage ist zulässig und begründet. 38i. die klage ist zulässig. die klageanträge zu 1) bis 3) haben die frage der beendigung der darlehensverträge durch widerruf und die umwandlung in ein rückgewährschuldverhältnis zum gegenstand. die klärung der beendigung eines vertrages kann typischerweise im wege der feststellungsklage geltend gemacht werden. insbesondere steht der zulässigkeit der feststellungsklage hier nicht die möglichkeit der erhebung einer leistungsklage entgegen, weil im wege einer leistungsklage nicht abschließend mit rechtskraft geklärt werden kann, ob ein rückgewährschuldverhältnis vorliegt (olg hamm, urteil vom 21.10.2015, i-31 u 56/15). 39ii. die klage ist begründet. 401. die klageanträge zu 1) bis 3) sind begründet. 41die in den klageanträgen bezeichneten darlehensverträge sind durch den widerruf der klägerin nach §§ 495 abs. 1, 355 bgb in der bis zum 10.06.2010 geltenden fassung beendet und in rückabwicklungsverhältnisse umgewandelt worden. 42a) der widerruf der jeweiligen darlehensvertragserklärung war nicht verfristet, sondern wirksam, weil das widerrufsrecht der kläger aus § 495 abs. 1 bgb a.f. mangels ordnungsgemäßer widerrufsbelehrung gemäß § 355 abs. 3 s. 3 bgb a.f. durch ablauf der zweiwochenfrist nicht erloschen war. die den klägern erteilten widerrufsbelehrungen genügen nicht den anforderungen des § 355 abs. 2 s. 1 bgb a.f. eine belehrung, die sich hinsichtlich des beginns der widerrufsfrist auf die aussage beschränkt, dass die frist „frühestens“ mit erhalt dieser belehrung beginnt, ermöglicht es dem verbraucher nicht, den fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. der verbraucher vermag dieser belehrung lediglich zu entnehmen, dass die widerrufsfrist „jetzt oder später" beginnen, der beginn des fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren voraussetzungen abhängen soll. der verbraucher wird jedoch im unklaren gelassen, welche etwaigen weiteren umstände dies sind (bgh, urteil vom 01.03.2012 - iii zr 83/11, juris-rn. 15). 43dies gilt entgegen der ansicht der beklagten auch dann, wenn der verbraucher die widerrufsbelehrung wie hier zeitgleich mit den darlehensverträgen erhält. auch in diesem fall weiß der verbraucher lediglich, dass die frist „jetzt oder später beginnen soll“, kann aber den zeitpunkt nicht zuverlässig bestimmen, weil er nicht weiß von welchen weiteren voraussetzungen der fristbeginn abhängt. 44ob die widerrufsbelehrung noch wegen anderer fehler nicht ordnungsgemäß ist, kann dahinstehen. jedenfalls ist die belehrung über den fristbeginn fehlerhaft. 45b) die beklagte kann sich nicht auf die schutzwirkung des § 14 abs. 1, 3 bgb-infov (in der fassung vom 05.08.2002, gültig bis zum 10.06.2010) berufen. nach dieser vorschrift genügt die belehrung über das widerrufsrecht den anforderungen des § 355 abs. 2 bgb a.f., wenn das muster der anlage 2 zu § 14 abs. 1 bgb-infov in textform in der damals gültigen fassung verwandt worden ist. entspricht die belehrung inhaltlich oder in der äußeren gestaltung nicht vollständig dem muster, weil der unternehmer den text der musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen bearbeitung unterzogen hat, greift die schutzwirkung des § 14 abs. 1, 3 bgb-infov a.f. nicht (vgl. bgh, zip 2014, 913 ff; bgh, wm 2011, 86; bgh, wm 2011, 474). dies gilt unabhängig vom konkreten umfang der von ihm vorgenommenen inhaltlichen änderungen, da sich schon mit rücksicht auf die vielgestaltigkeit möglicher veränderungen des musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte grenze ziehen lässt, bei deren einhaltung eine schutzwirkung noch gelten und ab deren überschreitung sie bereits entfallen soll (vgl. bgh, zip 2014, 913 ff.). 46die einschlägige musterbelehrung ist der anl. 2 zu § 14 abs. 1, 3 bgb-infov in der fassung vom 02.12.2004 gültig bis zum 31.03.2008 zu entnehmen. das von der beklagten verwendete formular weicht von der danach maßgeblichen musterbelehrung in mehreren punkten ab. 47aa) es wurde eine fußnote² „bitte frist im einzelfall prüfen.“ nach dem passus "sie können ihre vertragserklärung innerhalb von zwei wochen" aufgenommen. die aufnahme dieser fußnote stellt eine inhaltliche änderung der musterwiderrufsbelehrung dar (olg hamm, urteil vom 10.02.2016, 31 u 41/15, juris rn. 30). 48bb) der gestaltungshinweis 3 der musterbelehrung „(name, firma und ladungsfähige anschrift des kreditinstituts, ggf. fax-nr., e-mail-adresse und/oder, wenn der verbraucher eine bestätigung seiner widerrufserklärung erhält, auch eine internet-adresse)“ wurde in den laufenden widerrufstext eingefügt. nach gestaltungshinweis 3 der musterbelehrung waren an dieser stelle die konkreten angaben einzusetzen. stattdessen hat die beklagte die angaben dahinter angefügt. auch dies stellt eine inhaltliche bearbeitung der musterbelehrung dar (olg hamm a.a.o., juris rn. 31). 49cc) der passus unter der überschrift „finanzierte geschäfte“ entspricht nicht vollumfänglich dem gestaltungshinweis nr. 9 der musterwiderrufsbelehrung. eine inhaltliche änderung der musterbelehrung liegt insofern darin, dass die beklagte entgegen dem gestaltungshinweis 9 der musterbelehrung satz 2 des hinweises für verbundene geschäfte nicht ersetzt, sondern die belehrung zunächst um den eigenen zusatz „bei einem finanzierten erwerb eines grundstückes oder grundstücksgleichen rechts ist eine wirtschaftliche einheit nur anzunehmen“ ergänzt und sodann den in der musterbelehrung vorgegebenen hinweis für darlehen, die den erwerb eines grundstücks oder grundstücksgleichen rechts finanzieren, zusätzlich aufnimmt (vgl. olg hamm a.a.o., juris rn. 32). 50vor dem hintergrund dieser inhaltlichen bearbeitung durch die beschriebenen änderungen kann die beklagte sich nicht auf die gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 abs. 1, 3 bgb infov berufen. 51c) die ausübung des widerrufsrechts verstößt auch nicht gegen treu und glauben. 52aa) die ausübung des widerrufs stellt sich nicht als unzulässige rechtsausübung dar. auf das motiv der ausübung des widerrufsrechts kommt es dabei nicht an. §§ 495 abs. 1, 355 abs. 1 s. 1, 2 bgb a.f. erfordern keine begründung des widerrufs. bereits hieraus ergibt sich, dass das motiv für den widerruf grundsätzlich unerheblich ist. auch § 355 abs. 3 s. 3 bgb a.f. bestimmt allgemein und ohne einschränkung, dass das widerrufsrecht nicht erlischt, wenn eine ordnungsgemäße belehrung nicht erfolgt ist. etwaige gründe des darlehensnehmers für einen widerruf, der erst nach ablauf der frist von 6 monaten erklärt wird, sind mithin auch nach dieser vorschrift rechtlich unerheblich (olg hamm, a.a.o. juris rn. 34). 53der sinn des widerrufsrechts besteht darin, dem verbraucher ein an keine materiellen voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes recht zur einseitigen loslösung vom vertrag in die hand zu geben. auch nach der rechtsprechung des bgh zum fernabsatzvertrag, die insoweit auf den verbraucher darlehensvertrag übertragbar ist, kommt deswegen ein ausschluss des widerrufsrechts wegen rechtsmissbrauchs nur ausnahmsweise, unter dem gesichtspunkt besondere schutzbedürftigkeit des unternehmers, in betracht, etwa bei arglistigem verhalten des verbrauchers (bgh, urteil vom 16.03.2016 - viii zr 146/15, beckrs 2016, 07523). dass der verbraucher sein widerrufsrecht nutzt, um wirtschaftliche vorteile für sich aus der vertragsrückabwicklung zu erreichen, begründet nicht die annahme eines solchen arglistigen oder schikanösen verhaltens. 54bb) die klägerin hat ihr widerrufsrecht auch nicht verwirkt. verwirkung setzt voraus, dass der berechtigte ein recht längere zeit nicht geltend gemacht hat (zeitmoment) und der verpflichtete sich mit rücksicht auf das gesamte verhalten des berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser das recht auch in zukunft nicht mehr geltend machen werde (umstandsmoment), bgh njw 2006, 219. es fehlt hier am umstandsmoment. 55ein schutzwürdiges vertrauen kann die beklagte schon deshalb nicht in anspruch nehmen, weil sie die situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem kläger keine ordnungsgemäße widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. bgh, urteil vom 7.5.2014 – iv zr 76/11). außerdem fehlt es an konkretem vortrag, dass und aus welchen gründen die beklagte sich berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass die klägerin ihre verträge nicht auch noch jahre nach deren abschluss widerruft. der pauschale vortrag der beklagten, sie habe sich im rahmen ihrer refinanzierung auf die vereinbarten zinssätze und laufzeiten eingerichtet, reicht hierfür nicht aus. im übrigen war es eine gesetzgeberische entscheidung, das widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen widerrufsbelehrung fehlt. diese gesetzgeberische wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man unternehmern das recht zubilligt, sich der haftung unter hinweis auf § 242 bgb zu entziehen (vgl. olg hamm, urteil vom 25.03.2015 - 31 u 155/14 beckrs 2015, 08430, rn. 13). 56cc) ein erlöschen des widerrufsrechts ergibt sich auch nicht aus §§ 355 abs. 2 s. 2, 492 abs. 6 s. 4 a.f. analog oder dem rechtsgedanken dieser vorschriften. nach diesen vorschriften war eine ordnungsgemäße nach belehrung bzw. die nachholung von angaben möglich. diese „nachbesserung“ der widerrufsbelehrung setzte eine einmonatige widerrufsfrist in lauf. 57der umstand, dass die klägerin nach kenntnis von der fehlerhaftigkeit der widerrufsbelehrung den widerruf nicht binnen monatsfrist erklärt hat, führt nicht zu einem erlöschen des widerrufsrechts analog den oben genannten vorschriften. die analogievoraussetzungen liegen nicht vor. jedenfalls fehlt es an einer vergleichbaren interessenlage. die kenntnis des verbrauchers von der fehlerhaftigkeit der widerrufsbelehrung kann nicht gleichgesetzt werden mit einer nachbelehrung oder einer nachholung von angaben durch den unternehmer. wenn der verbraucher ohne zutun des unternehmers, gewissermaßen durch zufall, von der fehlerhaftigkeit der widerrufsbelehrung kenntnis erlangt, ist dies nicht dem gesetzlich geregelten fall vergleichbar, dass der unternehmer die initiative ergreift und eine ordnungsgemäße widerrufsbelehrung nachholt. im letzteren fall ist es sachgerecht, dass hierdurch eine widerrufsfrist in gang gesetzt werden soll, weil der unternehmer letztlich selbst seinen fehler behebt. dies ist im hier vorliegenden fall gerade nicht gegeben. 582. der klageantrag zu 4) ist begründet. 59die klägerin kann die freistellung von den von ihr zu zahlenden vorgerichtlichen rechtsanwaltsgebühren verlangen. nach der rechtsprechung des olg hamm stellt die erteilung einer fehlerhaften widerrufsbelehrung eine pflichtverletzung aus dem schuldverhältnis im sinne von § 280 abs. 1 bgb dar (olg hamm, urteil vom 4.11.2015 – 31 u 64/15 njw-rr 2016, 494, 495). die rechtsanwaltsgebühren stellen einen nach § 249 bgb ersatzfähigen schaden dar. es fehlt nicht am zurechnungszusammenhang. die ersatzpflicht nach § 249 bgb umfasst auch aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender mensch in der lage des geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. die klägerin durfte die vorgerichtliche beauftragung eines rechtsanwalts für notwendig und zweckmäßig halten. dass die beklagte den widerruf bereits zurückgewiesen hatte, steht dem nicht entgegen. es kann dem geschädigten nicht zum nachteil gereichen, wenn er vorgerichtlich mithilfe eines anwalts einen zweiten versuch unternimmt, seine ansprüche durchzusetzen. gerade ein wirtschaftlich denkender geschädigter wird einen solchen zweiten versuch unternehmen. der freistellungsanspruch ist angesichts des gegenstandswerts von bis zu 125.000 € auch der höhe nach begründet. 60iii. die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 709 zpo. 61der streitwert wird auf bis zu 125000,00 eur festgesetzt.
Klaeger*in
1
341,080
4 K 3119/20
"2021-10-08T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 7. Mai 2020 (63/22-1989/19) verpflichtet, dem Kläger die Baugenehmigung gemäß dem Bauantrag vom 2. Oktober 2019 zu erteilen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zum Aus- und Umbau einer Maisonette-Wohnung im Dachgeschoss und Spitzboden des Hauses B.-------straße 0 in E. (Gemarkung I. , Flur 0, Flurstück 0). 3Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks. Das Grundstück ist aufgrund eines Bauscheins vom 4. September 1980 (Nr. 0-0000/79) seit 1981 mit einem viergeschossigen Mehrfamilienwohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut. Das Gebäude ist Teil eines nahezu vollständig in geschlossener Bauweise errichteten Straßengevierts und weist entlang der südlichen Grundstücksgrenze zum Flurstück 01 (B.-------straße 02) eine Bautiefe von 13,99 m auf. Die Bautiefe an der nördlichen Grenze zum Flurstück 03(B.-------straße 04), welches im Eigentum der Beigeladenen steht, beträgt etwa 12,30 m. Im rückwärtigen Grundstücksbereich knickt die Grundstücksgrenze um ca. 10 Grad ab, so dass sich das klägerische Grundstück nach hinten verjüngt. Die rückwärtige Abschlusswand des Hauses Nr. 0 weist einen Versprung von etwa 1,67 m Tiefe auf. 4Das Grundstück der Beigeladenen ist seit 1934 mit einem genehmigten dreigeschossigen Wohnhaus mit Dachgeschoss und Spitzboden bebaut, die mit Bauschein vom 10. September 2008 (BA-00-0000/08) weiter ausgebaut wurden. 5Die B.-------straße liegt im Bereich des Fluchtlinienplans Nr. 0000/028 vom 11. April 1910. Die Gebäude des Straßengevierts und der Blockinnenbereich sind unbeplant. 6 7Der Kläger beantragte unter dem 2. Oktober 2019 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Aus- und Umbau der Maisonette-Wohnung im Dachgeschoss und Spitzboden des Gebäudes B.-------straße 0. Nach den Bauzeichnungen sind dort eine durchgehende Rückwand (ohne Versprung) sowie ein an den Dachfirst rückwärtig anschließendes Flachdach vorgesehen. Die durch das Vorhaben ausgelösten Abstandsflächen fallen nach den Planzeichnungen teilweise mit bis zu 7,98 m auf das Nachbargrundstück B.-------straße 04. Hierzu trug der Kläger im Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf ein vorheriges Schreiben an die Bauaufsicht vom 7. März 2019 vor, dass eine atypische Grundstückssituation vorliege, die eine Abweichung rechtfertige. Eine schräg abknickende Grundstücksgrenze in geschlossener Bauweise bilde nach Rechtsprechung und Kommentarliteratur einen geradezu klassischen Abweichungsfall. Ohne die Erteilung einer Abweichung sei keinerlei bauliche Veränderung der rückwärtigen Fassade mehr möglich, weil stets die Abstandsflächenfrage neu aufgeworfen würde. Dies sei aber nicht von den Abstandsflächenvorschriften in § 6 BauO NRW bezweckt. Vielmehr solle jeder Eigentümer sein Grundstück unabhängig vom Grundstückszuschnitt in der bauplanungsrechtlich zulässigen Bautiefe baulich nutzen können. Dies sei vorliegend ohne Abweichung nicht möglich. Nachbarliche und öffentliche Belange würden hierdurch nicht beeinträchtigt. Es entstünden faktisch keine für den Nachbarn nachteiligen Auswirkungen. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Nachbargebäude B.-------straße 04 seinerseits Abstandsflächenvorschriften verletze. So trete beispielsweise der Dachaufbau lediglich 70 cm von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zurück. Im Übrigen rage die vorhabenbezogene Abstandsfläche lediglich in den nachbarlichen Garten hinein. Brandschutz sei nicht tangiert. Die Abweichung sei daher zu erteilen, zumal nach § 69 BauO NRW 2018 bei Schaffung und Erneuerung von Wohnraum – wie hier – ein gebundener Anspruch bestehe. 8Eine Nachbarzustimmung der Beigeladenen wurde nicht vorgelegt. 9Mit Bescheid vom 7. Mai 2020 (Az. 00/00-BA-0000/19) lehnte die Beklagte den Bauantrag ab. Die Abstandsflächen lägen entgegen § 6 Abs. 2 BauO NRW nicht auf dem Vorhabengrundstück selbst. Eine Abweichung sei nach § 69 BauO NRW 2018 möglich, wenn eine atypische Grundstückssituation vorliege, die vom Regelfall derart abweiche, dass bei strikter Anwendung von § 6 BauO NRW dessen Ziele verfehlt würden. Eine derartige Atypik liege trotz der Abweichung vom Regelfall eines rechteckigen Grundstückszuschnitts nicht vor. So sei zu beachten, dass ein baulicher Bestand derart umgebaut werden solle, dass der Umbau Abstandsflächen auslöse. Rückseitig solle die bestehende Dachform durch den Bau eines Flachdachs durchbrochen werden. Eine relevante Atypik bestehe erst dann, wenn aufgrund der besonderen Grundstücksform eine Bebaubarkeit sehr stark eingeschränkt wäre. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Ein Ausbau des Dachgeschosses sei etwa mittels einer Dachgaube – unter Umständen sogar ohne Auslösung von Abstandsflächen – möglich. Wenn aber wie hier auf andere Weise entgegen § 6 BauO NRW Raumgewinn geschaffen werden solle, sei dies nicht durch eine Atypik des Grundstücks, sondern nur durch den beantragten Ausbau verursacht. 10Der Kläger hat am 9. Juni 2020 Klage erhoben. Er trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens ergänzend vor, dass der Einwand, der Kläger habe eine andere Bauausführung wählen können, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht durchgreife. Es müsse möglich sein, das Grundstück im Rahmen des bauplanungsrechtlich Möglichen zu nutzen. Im Übrigen wäre bei jedwedem Umbauvorhaben die Abstandsflächenfrage für die Ursprungsfassade neu aufgeworfen, so dass jede Änderung dazu führe, dass die Abstandsfläche auf dem Nachbargrundstück liege. Genau auf eine solche Situation ziele § 69 BauO NRW 2018 ab, zumal nachbarliche und öffentliche Belange kaum betroffen seien. Die durch das Vorhaben entstehenden Abstandsflächen hätten faktisch keine nachteiligen Auswirkungen. Sie ragten lediglich in den Gartenbereich hinein. 11Der Kläger beantragt, 12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2020 (Az. 00/00-BA-0000/19) zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Sie macht geltend, ein förmlicher Abweichungsantrag sei nicht gestellt worden. Darüber hinaus liege eine atypische Grundstückssituation, die eine Abweichung rechtfertige, nicht vor. Die Grundstücksgrenze verlaufe bis zu einer Tiefe von etwa 12,37 m rechtwinklig zur Straße; erst danach knicke der Grenzverlauf um etwa 10 Grad ab. Nicht jedes Grundstück, dessen Grundstücksgrenzen nicht völlig rechtwinklig verliefen, weise eine relevante Atypik auf. Im Stadtgebiet von E. hätten sogar zahlreiche Grundstücke einen zur Straße nicht absolut rechtwinkligen Grundstücksverlauf. Würde man der Argumentation des Klägers folgen, hätte das zur Konsequenz, dass die „Besonderheit“ der Grundstückssituation nicht Ausnahme- sondern Regelfall würde. Dementsprechend genüge auch nach obergerichtlicher Rechtsprechung nicht irgendeine Besonderheit im Grundstückszuschnitt, sondern nur eine solche, die zur Folge habe, dass die Bebaubarkeit unter Berücksichtigung der Abstandsflächenvorschriften in besonderem Maße erschwert wäre. Der bloße Wunsch des Eigentümers, sein Grundstück stärker als zulässig auszunutzen, begründe keine Atypik. Die vorliegende Grundstückssituation sei nicht derart außergewöhnlich, dass ein Festhalten an den Regelungen des § 6 BauO NRW unverhältnismäßig erschiene. 16Der Kläger repliziert, das Gesetz fordere lediglich einen schriftlichen Abweichungsantrag. Dieser sei jedenfalls in dem Anschreiben vom 7. März 2019 zu sehen. Inhaltlich sei entscheidend, ob das Grundstück im Bereich der bauplanungsrechtlich zulässigen Bautiefe abknicke, und dadurch die Bebaubarkeit in einer vom Regelfall abweichenden Weise atypisch eingeschränkt werde. Ohnehin sei bei Vorliegen eines atypischen Grenzverlaufs ein Anspruch auf Erteilung einer Abweichung ohne weitere Prüfung möglicher Nachbarbeeinträchtigungen gegeben. Denn der Interessenausgleich bezüglich widerstreitender Nachbarinteressen sei bereits im Rahmen des Regelungsgefüges von § 6 BauO NRW abgearbeitet worden. Im Übrigen sei nach der am 2. Juli 2021 in Kraft getretenen und vorliegend anwendbaren Neufassung der §§ 6 und 69 BauO NRW ein Anspruch auf Erteilung einer Abweichung auch ohne atypischen Grenzverlauf gegeben. 17Das Gericht hat am 24. August 2021 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Auf das Protokoll zum Ortstermin und die gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen. 18Die Beklagte trägt im Nachgang ergänzend vor, dass sich das klägerische Vorhaben hinsichtlich der Bebauungstiefe nicht gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Zwar wiesen auch die baugleichen Häuser B.-------straße 05 und 06 bis zum 2. Obergeschoss eine Bautiefe von 14,47 m auf. Ab dem 3. Obergeschoss betrage die Bautiefe jedoch nur 13,17 m und bleibe daher hinter der Bebauungstiefe des klägerischen Vorhabens von 13,99 m zurück. Zudem sei das Vorhaben nach der Übergangsvorschrift des § 90 Abs. 4 BauO NRW n.F. weiterhin nach der BauO NRW in der vor dem 2. Juli 2021 geltenden Fassung zu beurteilen. Ungeachtet dessen käme auch nach der Neufassung ein Abweichungsanspruch nicht in Betracht. Zum einen sei nach der Gesetzesbegründung ein gebundener Anspruch – nach wie vor – nur dann gegeben, wenn die Abweichung unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange vertretbar sei. Zum anderen habe der Gesetzgeber nicht die regelhafte Zulässigkeit von Wohnraumbeschaffung ermöglichen wollen, sondern lediglich – atypisch – bei älteren Bestandsgebäuden, bei denen die Einhaltung der Bauvorschriften technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Ein Fall technischer Unmöglichkeit oder wirtschaftlicher Unvertretbarkeit, wie er dem Gesetzgeber vorgeschwebt habe, liege aber gerade nicht vor. Vielmehr sei es dem Kläger zumutbar, das Vorhaben umzuplanen. Auch führe die Änderung der Bauordnung mit Ausnahme des Wegfalls der atypischen Grundstückssituation zu keiner veränderten Bewertung des § 69 Abs. 1 BauO NRW. Die Vorschrift sei nach wie vor restriktiv zu handhaben. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts E. (Urteil vom 2. Augst 2021 – 28 K 2004/21 -, juris). Das Vorhaben sei auch mit den Schutzbelangen des § 6 BauO NRW n.F. und unter Würdigung nachbarlicher Belange nicht vereinbar. Das Vorhaben führe zu einer nicht unerheblichen Verschattung. Die rückwärtigen Räume und Balkone der B.-------straße 04 lägen in nordwestlicher Richtung. Insbesondere der Spitzboden erhalte gerade vormittags noch direkte Sonneneinstrahlung. Diese würde durch den beabsichtigten Ausbau der B.-------straße 0 und die geplante Brandwand gänzlich entfallen. Zudem würde die mit der Beseitigung des Versprungs verbundene Verlängerung der seitlichen Abschlusswand um etwa 1,7 m zu einer gefühlten Einmauerung führen. Sowohl das klägerische Gebäude als auch das Nachbargrundstück wiesen spiegelbildlich zum Kurvenverlauf der B.-------straße rückwärtig einen Versprung auf. Die rückwärtige Hauswand der Beigeladenen knicke dem Straßenverlauf geschuldet ab. Vor diesem Hintergrund würde die geplante Verlängerung der Gebäudeabschlusswand für die nach hinten verspringenden Balkone und rückwärtig gelegenen oberen Räume zu einer „Enge“ führen, die das sozialverträgliche Wohnen beeinträchtigen und im Übrigen gegenüber den Nachbarn rücksichtslos sein dürfte. 19Dem ist der Kläger entgegen getreten. Es spiele für die Frage der zulässigen Bebauungstiefe keine Rolle, ob Gebäude im 3. Obergeschoss zurückspringen. Das Einfügen hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche sei gegeben. Dies gelte auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung. Das Bauvolumen B.-------straße 0 bleibe deutlich hinter der Kubatur der Häuser B.-------straße 07 bis 06 zurück. Bauordnungsrechtlich sei entgegen der Auffassung der Beklagten die Neufassung der BauO NRW maßgeblich. Die Übergangsvorschrift von § 90 Abs. 4 BauO NRW n.F. sei lediglich im Verwaltungsverfahren bindend. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seien nachträgliche Rechtsänderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen. Außerdem liege eine atypische Grundstückssituation vor. Eine Umplanung sei dem Kläger nicht zumutbar, zumal jede wesentliche Änderung der rückwärtigen Fassade im abknickenden Grundstücksbereich zu einem Abstandsflächenverstoß führen würde. Schließlich komme es zwar zu einer Verschlechterung der Belichtungssituation. Diese bewege sich jedoch im Rahmen des bauplanungsrechtlich Zulässigen und sei daher hinzunehmen. Insbesondere füge sich das Vorhaben nach Kubatur und Bautiefe ein. In der geschlossenen Bauweise sei in der straßennahen Bebauung mit Vor- und Rücksprüngen zu rechnen. Die Annahme einer unzumutbaren Verschattung innerhalb der zulässigen Bautiefe scheide aus. 20Die Beigeladene stellt keinen Sachantrag. 21Der Kläger und die Beklagte haben am 24. August 2021, die Beigeladene am 3. September 2021 auf mündliche Verhandlung verzichtet. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Der gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zuständige Einzelrichter konnte über die Klage mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO. 25Die zulässige Klage ist begründet. 26Der Ablehnungsbescheid vom 7. Mai 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zu, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 27Gemäß § 74 Abs. 1 BauO NRW 2018 ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Dies ist hier der Fall. Das Vorhaben ist insbesondere bauplanungsrechtlich (I.) und bauordnungsrechtlich zulässig (II.). 28I. Das Vorhaben (§ 29 BauGB) ist gemäß § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Der Fluchtlinienplan Nr. 5277/28, welcher als einfacher Bebauungsplan fortgilt, steht dem Vorhaben nicht entgegen (1.). Die Voraussetzungen von § 34 Abs. 1 BauGB sind erfüllt. (2.). 291. Der Fluchtlinienplan 5277/28 vom 11. April 1910, der für den westlichen Teil der B.-------straße eine Baufluchtlinie nach dem preußischen Baufluchtliniengesetz vom 2. Juli 1875 festsetzt (Nr. 1 g) und heute gemäß § 233 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 173 Abs. 3 BBauG fortgilt, steht dem Vorhaben nicht entgegen. Baufluchtlinien waren im Verständnis des Baufluchtliniengesetzes „die Grenzen, über welche hinaus die Bebauung ausgeschlossen ist" (§ 1 Abs. 4 Satz 1 BauFlLG 1875). Normativer Bezugspunkt war jedoch die straßenseitige Bebauung. Festsetzungen zur rückwärtigen Bebauungstiefe enthält der Fluchtlinienplan dagegen nicht. Dieser bestimmt für die Bebauung keine Tiefenbegrenzung. 30Dies gilt auch unter Berücksichtigung von § 7 Abs. 4 Satz 1 der Baupolizeiverordnung für den Regierungsbezirk E. (Sonderblatt zum Amtsblatt der Regierung zu E1 vom 2. September 1939) i.V.m. § 4 der Verordnung über die Ausweisung von Baugebieten und die Abstufung der Bebauung für das Gebiet der Stadt E. vom 23. Mai 1961 (ABl. Regierungsbezirk E. Sonderausgabe Nr. 25a), die für Wohngebiete wie das vorliegend einschlägige „südlich der M.---allee “ eine Bebauungstiefe von 12 m, ausnahmsweise 14 m vorgeben (Anhang b Nr. 16, Teilgebiet VI der Verordnung vom 23. Mai 1961). Ob diese Bestimmungen dem Vorhaben des Klägers entgegenstehen würden, wenn sie noch gültig wären, mag offen bleiben. Denn die genannten Vorschriften der BauPolVO sind außer Kraft getreten. Dies ergibt sich aus § 53 Abs. 2 OBG NRW in der am 6. November 1956 bekannt gemachten Fassung (GV. NRW. S. 289). Zu den von dieser Vorschrift erfassten Anordnungen, die spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 1964 außer Kraft traten, gehörten auch die planungsrechtlichen Vorschriften in den Bezirksbauordnungen. 31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 1965 - VII A 809/63 -, BRS 16 Nr. 9. 32Die durch § 7 BauPolVO bewirkte Begrenzung der Bebauungstiefe galt auch nicht mit dem Fluchtlinienplan 5277/28 als eine ihn ergänzende Bestimmung fort. Es handelt sich nicht um eine Begriffsbestimmung von Baufluchtlinien, sondern um eine weitere selbstständige Regelung, die lediglich tatbestandlich an die festgesetzten Baufluchtlinien anknüpft. 33Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Februar 2007 – 4 K 1631/06 –, juris m.w.N. 342. Das demnach bauplanungsrechtlich im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Vorhaben ist zulässig. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile – wie hier – zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. 35In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 17 m.w.N. 37Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Das klägerische Vorhaben hält sich nach den in der Vorschrift bezeichneten Merkmalen innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens (a) und ist nicht rücksichtslos (b). 38a) Der beantragte Aus- und Umbau des Dachgeschosses und des Spitzbodens hält den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll (aa), des Maßes der Bebauung (bb) und der Bauweise (cc) ein. Bezüglich der zulässigen Art der Bebauung (Wohnen) besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. 39Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur bauaufsichtlichen Prüfung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. 40Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – 4 C 9.77 – juris Rn. 33; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 10; Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 9. 41Für diese Beurteilung ist alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt. Außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Ob eine vorhandene, nicht genehmigte Bebauung bei der Bestimmung der näheren Umgebung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, ob diese in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass die zuständigen Behörden sich mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2019 – 4 C 10/18 –, juris Rn. 15; Beschluss vom 27. März 2018 – 4 B 60.17 – juris Rn. 7. 43Auch die auf dem jeweiligen Baugrundstück vorhandene Bebauung, soweit es sich nicht um das Vorhaben selbst handelt, ist zu berücksichtigen. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 – 4 C 17.91 -, juris; Urteil vom 6. Juni 2019 – 4 C 10/18 –, juris Rn. 15; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Oktober 2020, § 34 Rn. 35a m.w.N. 45Die maßgebliche nähere Umgebung ist grundsätzlich für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. 46Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 1997 – 4 B 172.97 – juris Rn. 5; Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7. 47Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart. Entscheidend bleiben aber die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall. 48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 4 B 38.13 – juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 1. März 2017 – 2 A 46/16 – juris Rn. 35 m.w.N. 49Gemessen hieran wird die für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale maßgebliche Umgebung durch die Blockrandbebauung, deren Teil das klägerische Wohnhaus selbst ist, bestimmt, also die Bestandsbebauung entlang des Straßengevierts P. Straße, T.-----straße , B.-------straße , M.---allee . 50aa) Der An- und Umbau des klägerischen Wohngebäudes wahrt hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, den durch die Eigenart der näheren Umgebung und damit deren Prägung bestimmten Rahmen. 51Für das Einfügen nach der überbaubaren Grundstücksfläche gelten die Merkmale des § 23 BauNVO entsprechend. Daher ist von den in der maßgeblichen näheren Umgebung tatsächlich vorhandenen Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen auszugehen. 52Vgl. BVerwG, Beschlus vom 17. September 1985 – 4 B 167.85 – juris Rn. 3; Beschluss vom 16. Juni 2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 4; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2020; § 34 Rn. 47. 53Die von dem Kläger zur Genehmigung gestellte Erweiterung seines Wohnhauses findet hinsichtlich der Bebauungstiefe ein Vorbild zum einen in dem genehmigten Bestandsgebäude des Klägers selbst, dessen rückwärtige Gebäudeabschlusswand jenseits des Versprungs eine Bebauungstiefe von 13,99 m aufweist. Zum anderen weisen die offenbar baugleichen Gebäude B.-------straße 05 und 06 nach Darstellung der Beklagten mit 14,47 m eine Bebauungstiefe auf, die über diejenige des klägerischen Gebäudes noch hinausgeht. Die Gebäude Nr. 05 und 06 sind im rückwärtigen Bereich auch nicht derart untergeordnet, dass sie die maßgebliche nähere Umgebung nicht zu prägen vermögen. Insbesondere das Gebäude B.-------straße 06 tritt – im Gegenteil – rückwärtig erheblich gegenüber den südlichen Nachbargebäuden hervor und wird vom klägerischen Grundstück aus deutlich wahrgenommen. Da es beim Merkmal der Bebauungstiefe im Sinne von § 23 Abs. 4 Satz 1 BauNVO allein auf die konkrete Größe der Grundfläche, die räumliche Lage und den Standort der Baukörper innerhalb der vorhandenen Bebauung ankommt, 54vgl. BVerwG Beschluss vom 16. Juni 2009 – 4 B 50.08 – juris Rn. 4, 55ist es für die Frage des Einfügens hinsichtlich der Bebauungstiefe unerheblich, dass sich diese nicht über die gesamte Höhe des Referenzobjektes erstreckt, sondern wie vorliegend bei den Häusern Nr. 05 und 06 ab dem 3. Obergeschoss auf 13,17 m bzw. im Dachgeschoss des Klägers auf ca. 12,30 m zurückspringt. Die Größe der Baukörper kann bei der Frage des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche allenfalls bei Vorhandensein von vorderen und hinteren (faktischen) Baulinien relevant werden; eine faktische hintere Baulinie ist jedoch in Anbetracht der zahlreichen – sowohl horizontalen als auch vertikalen - Vor- und Rücksprünge im Blockinnenbereich nicht erkennbar. 56bb) Das Vorhaben fügt sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Dies setzt voraus, dass es dort Referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe vergleichbar sind. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 4 C 7.15 – juris m.w.N. 58Diesbezüglich gibt das unmittelbar benachbarte Eckgebäude B.-------straße 02 einen Rahmen vor, den das klägerische Vorhaben nicht überschreitet. Das geplante rückwärtig ausgerichtete Flachdach greift gemäß den Bauvorlagen die vorhandene Dachfirsthöhe auf, die ausweislich der im Ortstermin gefertigten Lichtbilder ihrerseits nicht über das Flachdach des Eckgebäudes hinausragt. Auch ist nicht ersichtlich, dass das Vorhaben hinsichtlich seiner Kubatur den durch das Haus B.-------straße 02 prägend vorgegebenen Rahmen verlässt. In Grundfläche und Geschosszahl steht das Haus Nr. 0 nicht hinter dem parallel genehmigten Haus Nr. 02 zurück. Ob es sich, wie der Kläger vorträgt, zusätzlich im Rahmen der Kubatur der Häuser Nr. 05 und 06 hält, mag hier dahinstehen. 59cc) Die geplante Erweiterung des Bestandsgebäudes wahrt schließlich auch hinsichtlich der Bauweise den insoweit durch die geschlossene Blockrandbebauung entlang des Straßengevierts gebildeten Rahmen. Die Bebauung ist mit Ausnahme einer Traufgasse zwischen den Häusern T.-----straße 08 und 09 durchgehend durch eine geschlossene Bauweise im Sinne von § 22 Abs. 3 BauNVO gekennzeichnet. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 – juris Rn. 12 zum Rückgriff auf § 22 Abs. 3 BauNVO bei der Frage des Einfügens nach der Bauweise im Sinne von § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB. 61§ 22 Abs. 3 BauNVO erfordert in der geschlossenen Bauweise grundsätzlich – so auch hier – die Errichtung von Gebäuden ohne seitlichen Grenzabstand. Diese Bauweise wird durch den ohne seitliche Grenzabstände mit durchgehender Brandwand geplanten Anbau ohne Einschränkungen aufgegriffen. 62b) Der streitgegenständliche Anbau ist gegenüber der Bebauung und deren Nutzung auf dem Nachbargrundstück der Beigeladenen auch nicht rücksichtslos. 63Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird 64Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – 4 C 22.75 – juris Rn. 22; Urteil vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17; Urteil vom 29. November 2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16. 65Das Rücksichtnahmegebot erlegt indes dem Bauherrn keine Pflicht auf, generell die für den Nachbarn am wenigsten beeinträchtigende Alternative für seine Bauabsicht zu wählen. 66BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1997 – 4 B 97.97 – juris Rn. 6. 67Das Gebot der Rücksichtnahme verpflichtet ebenso wenig dazu, die Nachbarn von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von ihren Grundstücken aus zu verschonen. Denn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. 68Vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17; Beschluss vom 3. Juni 2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 7. 69Dabei müssen die Interessen im Einzelfall abgewogen werden. Der Umfang der einem Nachbarn des Bauvorhabens aufgrund der Eigenart der näheren Umgebung zuzumutenden Beeinträchtigungen und Störungen bestimmt sich unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Umgebung und ihrer bebauungsrechtlichen Prägung sowie den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen. Bloße Lästigkeiten genügen nicht. 70Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19/90 – juris. 71Nach diesen Grundsätzen stellt sich das streitgegenständliche Bauvorhaben vorliegend nicht als rücksichtslos dar. Von dem Vorhaben geht zu dem Nachbargebäude B.-------straße 04 weder im Hinblick auf eine mit dem Ausbau verbundene Verschattung (aa) noch eine „erdrückende Wirkung“ (bb) eine unzumutbare Beeinträchtigung aus. 72aa) Das Gebot der Rücksichtnahme wird durch das Vorhaben nicht unter dem Gesichtspunkt der Verschattung verletzt. 73Für die Zumutbarkeit einer Verschattung bzw. der Beschränkung von Belichtung und Besonnung durch einen Baukörper gibt es keinen normativ verbindlichen Maßstab. Vielmehr beantwortet sich diese Frage nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung. Aus dem Blickwinkel des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sind Verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen Abstandflächenvorschriften - hier des § 6 Bauordnung NRW (BauO NRW) - eingehalten sind. Die landesrechtlichen Abstandflächenbestimmungen zielen im Interesse der Wahrung sozial verträglicher Verhältnisse unter anderem darauf, eine ausreichende Belichtung und Besonnung von Gebäuden und von sonstigen Teilen des jeweiligen Nachbargrundstücks sicherzustellen. Die Vorschriften des Abstandflächenrechts in Form des § 6 BauO NRW sind in Bezug auf die seitlichen Grundstücksgrenzen eingehalten, da nach dem gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BauO NRW maßgeblichen Bauplanungsrecht in der geschlossenen Bauweise an die seitliche Grundstücksgrenze gebaut werden muss. 74Im Übrigen fordert das Gebot der Rücksichtnahme nicht, dass alle Fenster eines Hauses bzw. das gesamte Grundstück das ganze Jahr über optimal durch Sonneneinstrahlung belichtet werden. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet muss immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt. 75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, juris Rn 30; Urteil vom 6. Juli 2012 - 2 D 27/11.NE -, juris Rn 63 m.w.N. 76Im vorliegenden Fall ist ausweislich der Bauvorlagen und des Eindrucks im Ortstermin eine unzumutbare Verschattung des Grundstücks der Beigeladenen nicht zu erwarten. Zwar werden dort durch das Vorhaben gerade in den Vormittagsstunden der Sonneneinfall und damit die Belichtung insbesondere auf dem im Spitzboden grenznah errichteten Balkon und in dem dahinter liegenden Zimmer spürbar reduziert. Allerdings ist einzustellen, dass der dortige Lichteinfall aufgrund der Ausrichtung von Balkon und Zimmer nach Westen und des nach Westen und Norden nach wie vor unverbauten Ausblicks nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Auch die darunter liegenden Geschosse werden trotz der durch den „Gebäudeknick“ in der rückwärtigen Abschlusswand bedingten zusätzlichen Verengung nicht unzumutbar betroffen. Zum einen bleibt der Versprung in der rückwärtigen Gebäudeabschlusswand des Hauses Nr. 0 höhenmäßig bis zum 2. Obergeschoss erhalten, so dass der Verschattungseffekt des Vorhabens auf die unteren Geschosse des Nachbargebäudes marginal bleibt. Zum anderen sind die rückwärtigen Räumlichkeiten ausweislich der beigezogenen Hausakte (Beiakte 6) seit 1934 als Küche und Schlafzimmer genehmigt. Ihre Aufenthaltsqualität tagsüber ist daher nur begrenzt. 77bb) Eine das Gebot der Rücksichtnahme verletzende „erdrückende“ Wirkung geht von dem Bauvorhaben ebenfalls nicht aus. Eine bauliche Anlage hat erdrückende Wirkung, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird. 78Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 - 4 C 1/78 -, juris Rn 38; OVG NRW, Urteil vom 29. August 2005 - 10 A 3138/02 -, juris Rn 50. 79Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Erweiterung des klägerischen Hauses um einen Anbau mit einer Tiefe von ca. 1,7 m auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze sowie einer Höhe von gemittelt etwa 6 m ist angesichts der verhältnismäßig großen Tiefe des Blockinnenbereichs, der von sämtlichen Räumen und Balkonen des Hauses Nr. 04 aus weitestgehend ungehindert einsehbar bleibt, nicht geeignet, ein Gefühl des „Eingemauertseins“ zu vermitteln. 80II. Das Vorhaben ist auch bauordnungsrechtlich zulässig. 81Zwar stehen dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften in Gestalt der hier allein in den Blick zu nehmenden Abstandsflächenvorschriften des § 6 BauO NRW entgegen, da die durch das Vorhaben gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW ausgelösten rückwärtigen Abstandsflächen entgegen § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW nicht auf dem klägerischen Grundstück selbst liegen, sondern aufgrund des abknickenden Grundstückszuschnitts teilweise auf das Nachbargrundstück der Beigeladenen fallen. 82Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Erteilung einer Abweichung nach § 69 Abs. 1 BauO NRW in der am 2. Juli 2021 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Landesbauordnung 2018 vom 30. Juni 2021 (GV. NRW. S. 421). 83Zweifel an der Anwendbarkeit der Vorschrift im vorliegenden Verfahren bestehen nicht. Zwar sind nach der Übergangsvorschrift § 90 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW in der Fassung vom 30. Juni 2021, welche zu dem in der vorliegenden Verpflichtungsklage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zu beachten ist, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verfahrensvorschriften fortzuführen und abzuschließen. Gemäß § 90 Abs. 4 Satz 2 BauO NRW kann die Bauherrschaft jedoch abweichend von Satz 1 die Anwendung dieses Gesetzes anstelle des zur Zeit der Antragstellung geltenden Rechts beantragen. Letzteres ist der Sache nach mit den jüngsten klägerischen Schriftsätzen vom 9. August und 21. September 2021 erfolgt. Eine andere Sichtweise liefe auf eine bloße Förmelei hinaus, zumal ein Antrag auf Erteilung einer Abweichung lediglich zu begründen ist (§ 69 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW), aber keine weiteren Bauvorlagen erfordert. 84Der gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW erforderliche schriftliche Abweichungsantrag wurde ebenfalls gestellt. Der Kläger hat das Schreiben an die Bauaufsicht vom 7. März 2019, aus dem ein Abweichungsersuchen hervorgeht, mit Schreiben seiner Architektin vom 9. Dezember 2019 in das Verwaltungsverfahren eingebracht (Bl. 47 ff. d. Beiakte 1). Weitergehende Formvorschriften enthält das Gesetz diesbezüglich nicht. 85Die materiellen Abweichungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. 86Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 2018 kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen der BauO NRW und aufgrund der BauO NRW erlassener Vorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des § 3 BauO NRW vereinbar ist. 87Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW in der Fassung vom 30. Juni 2021 ist eine Abweichung unter anderem von den Abstandsflächen zuzulassen 1. zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, der Teilung von Wohnungen oder der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung oder Aufstockung, deren Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt, 2. zur Verwirklichung von Vorhaben zur Einsparung von Wasser oder Energie oder 3. zur Erhaltung und weiteren Nutzung von Denkmälern. 88Ferner folgt gemäß § 69 Abs. 1 Satz 6 BauO NRW 2018 n.F. unter anderem bei den Vorhaben nach Satz 2 die Atypik bereits aus dem festgestellten Sonderinteresse. 89Die Änderung von § 69 BauO NRW (LT-Drs. 17/14088, S. 11) wird wie folgt begründet: 90„§ 69 Absatz 1 wird zur Umsetzung des „Innovationsraumes Innenstadt“ gegenüber dem Gesetzentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen geändert gefasst: Satz 1 entspricht – bis auf eine Verweisänderung zu § 3 – dem bisher geltenden Gesetz. Bereits mit der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, die am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, sah der bisherige Satz 2 Abweichungstatbestände zur Verwirklichung von Vorhaben zur Einsparung von Wasser oder Energie oder zur Schaffung oder Erneuerung von Wohnraum vor. Satz 2 wird angesichts der erforderlichen Transformationsprozesse innerhalb der Städte und Gemeinden neu gefasst. 91Einleitend wird klargestellt, dass Abweichungen von den § 4 bis § 16 und § 26 bis § 47 sowie § 49 dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften zur Verwirklichung von Vorhaben, die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführt sind, bei bestehenden Anlagen zuzulassen sind. 92Nummer 1 betrifft das Schaffen von Wohnraum durch die tatbestandlich genannten Vorhaben: Insbesondere bei der Modernisierung von Wohnraum von Bestandsgebäuden aus den 1950ger Jahren oder später, ist es technisch oftmals nicht möglich bzw. wirtschaftlich nicht vertretbar das Bestandsgebäude an heutige Bauvorschriften anzugleichen. Dies hat zur Folge, dass insbesondere in den großen Städten das Schaffen von zusätzlichem Wohnraum in bestehenden Gebäuden unterbleibt. Voraussetzung für die Abweichung ist, dass diese unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des § 3, vereinbar ist (Absatz 1 Satz 1). 93[…] 94Satz 6 stellt klar heraus, dass die Atypik bereits aus dem festgestellten Sonderinteresse folgt. Damit wird einem Bedürfnis der Praxis zur Klarstellung entsprochen“. 95Darüber hinaus können gemäß § 6 Abs. 14 Satz 1 BauO NRW 2018 n.F. Abweichungen nach § 69 BauO NRW zugelassen werden, wenn deren Schutzziele gewahrt bleiben. Eine atypische Grundstückssituation ist nicht erforderlich (Satz 2). 96Die Regelung ist auf Grund eines Änderungsantrages der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP vom 8. Juni 2021 (Drucksache 17/14088) in die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen vom 28. Juni 2021 (Drucksache 17/14320) in das Gesetz aufgenommen worden. Zur Begründung der Änderung von § 6 heißt es, § 6 Abs. 14 BauO NRW schaffe Flexibilität für Bauherrschaften unter der Berücksichtigung, dass die mit den Abstandsflächen verbundenen Schutzziele eingehalten werden. 97Vgl. LT-Drs. 17/14088, S. 5. 98Aus diesem Regelungsgefüge wird ersichtlich, dass sich zum einen der Gesetzgeber von der hergebrachten Auslegung der Rechtsprechung und des Schrifttums abgewandt hat, derzufolge nach § 69 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW eine Abweichung von § 6 BauO NRW regelmäßig nur bei einer grundstücksbezogenen Atypik zuzulassen ist. 99Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 2. August 2021 – 28 K 2004/21 -, juris, unter Hinweis auf OVG NRW, Beschlüsse vom 5. März 2007 - 10 B 274/07 -, und vom 2. März 2007 - 10 B 275/07 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 11. März 2021 - 28 K 6456/19 -, juris; Johlen, in: Gädtke / Johlen / Wenzel / Hanne / Kaiser / Koch / Plum, BauO NRW, 13. Auflage (2019), § 69 Rn. 20 und 51, m. w. N; Boeddinghaus/ Hahn/ Schulte, BauO NRW, 60. Update April 2021, § 69 Rn. 16, m. w. N. 100In dem Zusammenhang kann man auch die in der älteren Rechtsprechung für die Annahme einer atypischen Grundstückssituation - neben einem atypischen Grundstückszuschnitt - zusätzlich aufgestellte Voraussetzung, dass eine bautechnisch und/oder wirtschaftlich sinnvolle Bebauung des Grundstücks bei strikter Anwendung der Abstandflächenvorschriften nicht möglich ist, 101OVG NRW, Urteil vom 6. Februar 2003 – 10 A 3666/99 –, juris Rn. 116 ff.; Beschluss vom 28. Oktober 2002 – 10 A 3963/02 –, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. Mai 2019 – 3 M 229/19 –, juris, 102nicht mehr fordern. 103Zum anderen ist § 69 Abs. 1 Satz 6 BauO NRW zu entnehmen, dass die Erteilung einer Abweichung nach wie vor eine „Atypik“ in Form eines Sonderinteresses des Bauherrn erfordert, welches jedoch in den von Satz 2 und 3 erfassten Fällen bereits in dem der jeweiligen Vorschrift zugrunde liegenden Sonderinteresse liegt, im Falle von Satz 2 Nr. 1 also in dem entsprechenden Modernisierungs- bzw. Ausbauinteresse etc. zu sehen ist. 104Nicht gefolgt werden kann der insoweit von der Beklagten favorisierten Auslegung, wonach das Sonderinteresse im Falle von § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW n.F. nur dann gegeben sei, wenn die Angleichung der Bestandsgebäude an heutige Bauvorschriften ohne die begehrte Abweichung technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar wäre. Diese Sichtweise liefe auf eine teleologische Reduktion der Vorschrift bzw. eine zusätzliche (ungeschriebene) Tatbestandsvoraussetzung hinaus, deren Bestimmtheit aufgrund ihrer Unschärfe erheblichen Zweifeln begegnet. 105Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2007 - 10 B 274/07 -, juris Rn. 18 ff. zu Zweifeln an der Vereinbarkeit der Einbeziehung denkbarer alternativer Bebauungsmöglichkeiten in die Abweichungsentscheidung mit dem Bestimmtheitsgrundsatz. 106Zudem wäre die notwendige Prüfung der technischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit hypothetischer Alternativplanungen praktisch kaum handhabbar und liefe dem in der Gesetzesbegründung ebenfalls deutlich zum Ausdruck gebrachten Klarstellungsinteresse diametral zuwider. 107Die weitere Ergänzung in § 6 Abs. 14 Satz 1 BauO NRW, wonach die Schutzziele der Abstandsflächen gewahrt bleiben müssen, geht über eine Klarstellung nicht hinaus. Dies wurde und wird in gleicher Weise von § 69 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW vorausgesetzt, wonach die Abweichung unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muss. Satz 1 beansprucht - unverändert - Geltung auch für die „gebundenen“ Tatbestände von Satz 2. Bei der Würdigung der nachbarlichen Interessen sind im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung dieselben Maßstäbe anzuwenden wie im bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme. 108Johlen, in: Gädkte u.a., BauO NRW, 13. Aufl. 2019, § 69 Rn. 30 unter Hinweis auf VG Düsseldorf, Urteil vom 27. März 2014 – 9 K 1095/11 -, juris Rn. 25 f. m.w.N. 109Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind zurückhaltend zu handhaben. Dies folgt zum einen aus dem Umstand, dass durch die baurechtlichen Vorschriften die öffentlichen Belange und die nachbarlichen Interessen regelmäßig schon in einen gerechten Ausgleich gebracht worden sind und die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs ein mehr oder minder beliebiges Abweichen von den Vorschriften der Landesbauordnung nicht gestattet, und zum anderen aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift. 110Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 2. August 2021 – 28 K 2004/21 –, juris unter Hinweis auf Boeddinghaus/ Hahn/Schulte, BauO NRW, 60. Update April 2021, § 69 Rn. 24-25, m. w. N. 111Bei Vorhaben nach § 69 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW ist indessen aufgrund der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, die dort explizit genannten Bauvorhaben zu erleichtern, die Interessenlage des Bauherrn besonders zu gewichten. 112Damit haben sich die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung durch das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018 vom 30. Juni 2021 – insoweit verändert, als – erstens – die (ungeschriebene) Regelvoraussetzung der atypischen Grundstückssituation entfallen ist, – zweitens – eine Atypik in Form eines Sonderinteresses nach wie vor erforderlich, dieses in den Fällen des § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 BauO NRW indes als gegeben anzusehen ist und – drittens – die Abweichung unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muss, wobei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zumindest in den Fallgruppen des Satzes 2 die Interessen des Bauherrn besonders zu gewichten sind. 113Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist vorliegend eine Abweichung von § 6 BauO NRW zuzulassen. Das Vorhaben betrifft den Aus- und Umbau eines älteren Bestandgebäudes i.S.d. § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW. Die Einhaltung der rückwärtigen Abstandsflächen ist aufgrund der Geringfügigkeit der durch das Bauvorhaben bedingten nachbarlichen Beeinträchtigung auch nicht rücksichtslos. Insofern ist einzustellen, dass der rückwärtige Gartenbereich bereits durch einen von dem Bestandsgebäude ausgelösten Abstandsflächenverstoß vorbelastet ist. Denn der für das Bestandsgebäude erforderliche Bauwich, der gemäß § 7 Abs. 3 BauO NRW in der Fassung von 1976, wonach für die ersten beiden Vollgeschosse 3 m und jedes weitere Vollgeschoss 1,50 m anzusetzen sind, ausgehend von vier Vollgeschossen mindestens 6 Meter betrug, fiel bezüglich der Grenzmauer bereits damals in voller Länge auf das Nachbargrundstück. Dieser Verstoß, der seinerzeit planungsrechtlich möglicherweise hinzunehmen war, weil die städtebaulich beabsichtigte – sinnvolle – Schließung des Eckriegels wohl nicht anders als durch Angleichung der Bebauungstiefe von 12,30 m umzusetzen war, wird durch das Vorhaben, welches gemäß den im Lageplan (Bl. 22 d. Beiakte 1) dargestellten Berechnungen im Bereich der nunmehr 14 m tiefen und 19,96 m hohen Brandwand rückwärtige Abstandsflächen von 7,98 m auslöst (19,96 x 0,4), im Garten allenfalls über eine Breite von bis zu 70 cm um knapp 2 m vertieft. Die damit verbundenen zusätzlichen Beeinträchtigungen der Belichtung sind als zu würdigende Belange der Beigeladenen jedoch im Verhältnis zum Sonderinteresse des Klägers als Bauherr eines Vorhabens nach § 69 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW marginal und daher mit den öffentlichen Belangen auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen vereinbar. 114Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Beklagte nicht mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten, da diese keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). 115Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 116Rechtsmittelbelehrung: 117Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 118Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 119Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 120Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 121Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 122Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 123Beschluss 124Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt. 125Gründe: 126Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Ziffer 1. d) des Streitwertkataloges der Bausenate des OVG NRW vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610) erfolgt. Dabei war einzustellen, dass es sich vorliegend nicht um eine regelmäßig mit 10.000,00 Euro anzusetzende Neuerrichtung der Einheit eines Mehrfamilienhaus handelt, sondern lediglich deren Aus- und Umbau. 127Rechtsmittelbelehrung: 128Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 129Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 130Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 131Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 132Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 133War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die beklagte wird unter aufhebung des ablehnungsbescheides vom 7. mai 2020 (63/22-1989/19) verpflichtet, dem kläger die baugenehmigung gemäß dem bauantrag vom 2. oktober 2019 zu erteilen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese kosten selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger begehrt von der beklagten die erteilung einer baugenehmigung zum aus- und umbau einer maisonette-wohnung im dachgeschoss und spitzboden des hauses b.-------straße 0 in e. (gemarkung i. , flur 0, flurstück 0). 3der kläger ist miteigentümer des grundstücks. das grundstück ist aufgrund eines bauscheins vom 4. september 1980 (nr. 0-0000/79) seit 1981 mit einem viergeschossigen mehrfamilienwohnhaus mit ausgebautem dachgeschoss bebaut. das gebäude ist teil eines nahezu vollständig in geschlossener bauweise errichteten straßengevierts und weist entlang der südlichen grundstücksgrenze zum flurstück 01 (b.-------straße 02) eine bautiefe von 13,99 m auf. die bautiefe an der nördlichen grenze zum flurstück 03(b.-------straße 04), welches im eigentum der beigeladenen steht, beträgt etwa 12,30 m. im rückwärtigen grundstücksbereich knickt die grundstücksgrenze um ca. 10 grad ab, so dass sich das klägerische grundstück nach hinten verjüngt. die rückwärtige abschlusswand des hauses nr. 0 weist einen versprung von etwa 1,67 m tiefe auf. 4das grundstück der beigeladenen ist seit 1934 mit einem genehmigten dreigeschossigen wohnhaus mit dachgeschoss und spitzboden bebaut, die mit bauschein vom 10. september 2008 (ba-00-0000/08) weiter ausgebaut wurden. 5die b.-------straße liegt im bereich des fluchtlinienplans nr. 0000/028 vom 11. april 1910. die gebäude des straßengevierts und der blockinnenbereich sind unbeplant. 6 7der kläger beantragte unter dem 2. oktober 2019 die erteilung einer baugenehmigung für den aus- und umbau der maisonette-wohnung im dachgeschoss und spitzboden des gebäudes b.-------straße 0. nach den bauzeichnungen sind dort eine durchgehende rückwand (ohne versprung) sowie ein an den dachfirst rückwärtig anschließendes flachdach vorgesehen. die durch das vorhaben ausgelösten abstandsflächen fallen nach den planzeichnungen teilweise mit bis zu 7,98 m auf das nachbargrundstück b.-------straße 04. hierzu trug der kläger im verwaltungsverfahren unter bezugnahme auf ein vorheriges schreiben an die bauaufsicht vom 7. märz 2019 vor, dass eine atypische grundstückssituation vorliege, die eine abweichung rechtfertige. eine schräg abknickende grundstücksgrenze in geschlossener bauweise bilde nach rechtsprechung und kommentarliteratur einen geradezu klassischen abweichungsfall. ohne die erteilung einer abweichung sei keinerlei bauliche veränderung der rückwärtigen fassade mehr möglich, weil stets die abstandsflächenfrage neu aufgeworfen würde. dies sei aber nicht von den abstandsflächenvorschriften in § 6 bauo nrw bezweckt. vielmehr solle jeder eigentümer sein grundstück unabhängig vom grundstückszuschnitt in der bauplanungsrechtlich zulässigen bautiefe baulich nutzen können. dies sei vorliegend ohne abweichung nicht möglich. nachbarliche und öffentliche belange würden hierdurch nicht beeinträchtigt. es entstünden faktisch keine für den nachbarn nachteiligen auswirkungen. auch sei zu berücksichtigen, dass das nachbargebäude b.-------straße 04 seinerseits abstandsflächenvorschriften verletze. so trete beispielsweise der dachaufbau lediglich 70 cm von der gemeinsamen grundstücksgrenze zurück. im übrigen rage die vorhabenbezogene abstandsfläche lediglich in den nachbarlichen garten hinein. brandschutz sei nicht tangiert. die abweichung sei daher zu erteilen, zumal nach § 69 bauo nrw 2018 bei schaffung und erneuerung von wohnraum – wie hier – ein gebundener anspruch bestehe. 8eine nachbarzustimmung der beigeladenen wurde nicht vorgelegt. 9mit bescheid vom 7. mai 2020 (az. 00/00-ba-0000/19) lehnte die beklagte den bauantrag ab. die abstandsflächen lägen entgegen § 6 abs. 2 bauo nrw nicht auf dem vorhabengrundstück selbst. eine abweichung sei nach § 69 bauo nrw 2018 möglich, wenn eine atypische grundstückssituation vorliege, die vom regelfall derart abweiche, dass bei strikter anwendung von § 6 bauo nrw dessen ziele verfehlt würden. eine derartige atypik liege trotz der abweichung vom regelfall eines rechteckigen grundstückszuschnitts nicht vor. so sei zu beachten, dass ein baulicher bestand derart umgebaut werden solle, dass der umbau abstandsflächen auslöse. rückseitig solle die bestehende dachform durch den bau eines flachdachs durchbrochen werden. eine relevante atypik bestehe erst dann, wenn aufgrund der besonderen grundstücksform eine bebaubarkeit sehr stark eingeschränkt wäre. dies sei vorliegend nicht der fall. ein ausbau des dachgeschosses sei etwa mittels einer dachgaube – unter umständen sogar ohne auslösung von abstandsflächen – möglich. wenn aber wie hier auf andere weise entgegen § 6 bauo nrw raumgewinn geschaffen werden solle, sei dies nicht durch eine atypik des grundstücks, sondern nur durch den beantragten ausbau verursacht. 10der kläger hat am 9. juni 2020 klage erhoben. er trägt unter wiederholung und vertiefung seines bisherigen vorbringens ergänzend vor, dass der einwand, der kläger habe eine andere bauausführung wählen können, nach der obergerichtlichen rechtsprechung nicht durchgreife. es müsse möglich sein, das grundstück im rahmen des bauplanungsrechtlich möglichen zu nutzen. im übrigen wäre bei jedwedem umbauvorhaben die abstandsflächenfrage für die ursprungsfassade neu aufgeworfen, so dass jede änderung dazu führe, dass die abstandsfläche auf dem nachbargrundstück liege. genau auf eine solche situation ziele § 69 bauo nrw 2018 ab, zumal nachbarliche und öffentliche belange kaum betroffen seien. die durch das vorhaben entstehenden abstandsflächen hätten faktisch keine nachteiligen auswirkungen. sie ragten lediglich in den gartenbereich hinein. 11der kläger beantragt, 12die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 7. mai 2020 (az. 00/00-ba-0000/19) zu verpflichten, dem kläger die beantragte baugenehmigung zu erteilen. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15sie macht geltend, ein förmlicher abweichungsantrag sei nicht gestellt worden. darüber hinaus liege eine atypische grundstückssituation, die eine abweichung rechtfertige, nicht vor. die grundstücksgrenze verlaufe bis zu einer tiefe von etwa 12,37 m rechtwinklig zur straße; erst danach knicke der grenzverlauf um etwa 10 grad ab. nicht jedes grundstück, dessen grundstücksgrenzen nicht völlig rechtwinklig verliefen, weise eine relevante atypik auf. im stadtgebiet von e. hätten sogar zahlreiche grundstücke einen zur straße nicht absolut rechtwinkligen grundstücksverlauf. würde man der argumentation des klägers folgen, hätte das zur konsequenz, dass die „besonderheit“ der grundstückssituation nicht ausnahme- sondern regelfall würde. dementsprechend genüge auch nach obergerichtlicher rechtsprechung nicht irgendeine besonderheit im grundstückszuschnitt, sondern nur eine solche, die zur folge habe, dass die bebaubarkeit unter berücksichtigung der abstandsflächenvorschriften in besonderem maße erschwert wäre. der bloße wunsch des eigentümers, sein grundstück stärker als zulässig auszunutzen, begründe keine atypik. die vorliegende grundstückssituation sei nicht derart außergewöhnlich, dass ein festhalten an den regelungen des § 6 bauo nrw unverhältnismäßig erschiene. 16der kläger repliziert, das gesetz fordere lediglich einen schriftlichen abweichungsantrag. dieser sei jedenfalls in dem anschreiben vom 7. märz 2019 zu sehen. inhaltlich sei entscheidend, ob das grundstück im bereich der bauplanungsrechtlich zulässigen bautiefe abknicke, und dadurch die bebaubarkeit in einer vom regelfall abweichenden weise atypisch eingeschränkt werde. ohnehin sei bei vorliegen eines atypischen grenzverlaufs ein anspruch auf erteilung einer abweichung ohne weitere prüfung möglicher nachbarbeeinträchtigungen gegeben. denn der interessenausgleich bezüglich widerstreitender nachbarinteressen sei bereits im rahmen des regelungsgefüges von § 6 bauo nrw abgearbeitet worden. im übrigen sei nach der am 2. juli 2021 in kraft getretenen und vorliegend anwendbaren neufassung der §§ 6 und 69 bauo nrw ein anspruch auf erteilung einer abweichung auch ohne atypischen grenzverlauf gegeben. 17das gericht hat am 24. august 2021 die örtlichkeit in augenschein genommen. auf das protokoll zum ortstermin und die gefertigten lichtbilder wird bezug genommen. 18die beklagte trägt im nachgang ergänzend vor, dass sich das klägerische vorhaben hinsichtlich der bebauungstiefe nicht gemäß § 34 abs. 1 baugb in die nähere umgebung einfüge. zwar wiesen auch die baugleichen häuser b.-------straße 05 und 06 bis zum 2. obergeschoss eine bautiefe von 14,47 m auf. ab dem 3. obergeschoss betrage die bautiefe jedoch nur 13,17 m und bleibe daher hinter der bebauungstiefe des klägerischen vorhabens von 13,99 m zurück. zudem sei das vorhaben nach der übergangsvorschrift des § 90 abs. 4 bauo nrw n.f. weiterhin nach der bauo nrw in der vor dem 2. juli 2021 geltenden fassung zu beurteilen. ungeachtet dessen käme auch nach der neufassung ein abweichungsanspruch nicht in betracht. zum einen sei nach der gesetzesbegründung ein gebundener anspruch – nach wie vor – nur dann gegeben, wenn die abweichung unter berücksichtigung des zwecks der jeweiligen anforderungen und unter würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen belange vertretbar sei. zum anderen habe der gesetzgeber nicht die regelhafte zulässigkeit von wohnraumbeschaffung ermöglichen wollen, sondern lediglich – atypisch – bei älteren bestandsgebäuden, bei denen die einhaltung der bauvorschriften technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist. ein fall technischer unmöglichkeit oder wirtschaftlicher unvertretbarkeit, wie er dem gesetzgeber vorgeschwebt habe, liege aber gerade nicht vor. vielmehr sei es dem kläger zumutbar, das vorhaben umzuplanen. auch führe die änderung der bauordnung mit ausnahme des wegfalls der atypischen grundstückssituation zu keiner veränderten bewertung des § 69 abs. 1 bauo nrw. die vorschrift sei nach wie vor restriktiv zu handhaben. dies entspreche auch der rechtsprechung des verwaltungsgerichts e. (urteil vom 2. augst 2021 – 28 k 2004/21 -, juris). das vorhaben sei auch mit den schutzbelangen des § 6 bauo nrw n.f. und unter würdigung nachbarlicher belange nicht vereinbar. das vorhaben führe zu einer nicht unerheblichen verschattung. die rückwärtigen räume und balkone der b.-------straße 04 lägen in nordwestlicher richtung. insbesondere der spitzboden erhalte gerade vormittags noch direkte sonneneinstrahlung. diese würde durch den beabsichtigten ausbau der b.-------straße 0 und die geplante brandwand gänzlich entfallen. zudem würde die mit der beseitigung des versprungs verbundene verlängerung der seitlichen abschlusswand um etwa 1,7 m zu einer gefühlten einmauerung führen. sowohl das klägerische gebäude als auch das nachbargrundstück wiesen spiegelbildlich zum kurvenverlauf der b.-------straße rückwärtig einen versprung auf. die rückwärtige hauswand der beigeladenen knicke dem straßenverlauf geschuldet ab. vor diesem hintergrund würde die geplante verlängerung der gebäudeabschlusswand für die nach hinten verspringenden balkone und rückwärtig gelegenen oberen räume zu einer „enge“ führen, die das sozialverträgliche wohnen beeinträchtigen und im übrigen gegenüber den nachbarn rücksichtslos sein dürfte. 19dem ist der kläger entgegen getreten. es spiele für die frage der zulässigen bebauungstiefe keine rolle, ob gebäude im 3. obergeschoss zurückspringen. das einfügen hinsichtlich der überbaubaren grundstücksfläche sei gegeben. dies gelte auch hinsichtlich des maßes der baulichen nutzung. das bauvolumen b.-------straße 0 bleibe deutlich hinter der kubatur der häuser b.-------straße 07 bis 06 zurück. bauordnungsrechtlich sei entgegen der auffassung der beklagten die neufassung der bauo nrw maßgeblich. die übergangsvorschrift von § 90 abs. 4 bauo nrw n.f. sei lediglich im verwaltungsverfahren bindend. im verwaltungsgerichtlichen verfahren seien nachträgliche rechtsänderungen zugunsten des bauherrn zu berücksichtigen. außerdem liege eine atypische grundstückssituation vor. eine umplanung sei dem kläger nicht zumutbar, zumal jede wesentliche änderung der rückwärtigen fassade im abknickenden grundstücksbereich zu einem abstandsflächenverstoß führen würde. schließlich komme es zwar zu einer verschlechterung der belichtungssituation. diese bewege sich jedoch im rahmen des bauplanungsrechtlich zulässigen und sei daher hinzunehmen. insbesondere füge sich das vorhaben nach kubatur und bautiefe ein. in der geschlossenen bauweise sei in der straßennahen bebauung mit vor- und rücksprüngen zu rechnen. die annahme einer unzumutbaren verschattung innerhalb der zulässigen bautiefe scheide aus. 20die beigeladene stellt keinen sachantrag. 21der kläger und die beklagte haben am 24. august 2021, die beigeladene am 3. september 2021 auf mündliche verhandlung verzichtet. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 23
24der gemäß § 6 abs. 1 vwgo zuständige einzelrichter konnte über die klage mit einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden, § 101 abs. 2 vwgo. 25die zulässige klage ist begründet. 26der ablehnungsbescheid vom 7. mai 2020 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten; dem kläger steht ein anspruch auf erteilung der begehrten baugenehmigung zu, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 27gemäß § 74 abs. 1 bauo nrw 2018 ist die baugenehmigung zu erteilen, wenn dem vorhaben keine öffentlich-rechtlichen vorschriften entgegenstehen. dies ist hier der fall. das vorhaben ist insbesondere bauplanungsrechtlich (i.) und bauordnungsrechtlich zulässig (ii.). 28i. das vorhaben (§ 29 baugb) ist gemäß § 30 abs. 3 i.v.m. § 34 abs. 1 baugb zulässig. der fluchtlinienplan nr. 5277/28, welcher als einfacher bebauungsplan fortgilt, steht dem vorhaben nicht entgegen (1.). die voraussetzungen von § 34 abs. 1 baugb sind erfüllt. (2.). 291. der fluchtlinienplan 5277/28 vom 11. april 1910, der für den westlichen teil der b.-------straße eine baufluchtlinie nach dem preußischen baufluchtliniengesetz vom 2. juli 1875 festsetzt (nr. 1 g) und heute gemäß § 233 abs. 3 baugb i.v.m. § 173 abs. 3 bbaug fortgilt, steht dem vorhaben nicht entgegen. baufluchtlinien waren im verständnis des baufluchtliniengesetzes „die grenzen, über welche hinaus die bebauung ausgeschlossen ist" (§ 1 abs. 4 satz 1 baufllg 1875). normativer bezugspunkt war jedoch die straßenseitige bebauung. festsetzungen zur rückwärtigen bebauungstiefe enthält der fluchtlinienplan dagegen nicht. dieser bestimmt für die bebauung keine tiefenbegrenzung. 30dies gilt auch unter berücksichtigung von § 7 abs. 4 satz 1 der baupolizeiverordnung für den regierungsbezirk e. (sonderblatt zum amtsblatt der regierung zu e1 vom 2. september 1939) i.v.m. § 4 der verordnung über die ausweisung von baugebieten und die abstufung der bebauung für das gebiet der stadt e. vom 23. mai 1961 (abl. regierungsbezirk e. sonderausgabe nr. 25a), die für wohngebiete wie das vorliegend einschlägige „südlich der m.---allee “ eine bebauungstiefe von 12 m, ausnahmsweise 14 m vorgeben (anhang b nr. 16, teilgebiet vi der verordnung vom 23. mai 1961). ob diese bestimmungen dem vorhaben des klägers entgegenstehen würden, wenn sie noch gültig wären, mag offen bleiben. denn die genannten vorschriften der baupolvo sind außer kraft getreten. dies ergibt sich aus § 53 abs. 2 obg nrw in der am 6. november 1956 bekannt gemachten fassung (gv. nrw. s. 289). zu den von dieser vorschrift erfassten anordnungen, die spätestens mit ablauf des 31. dezember 1964 außer kraft traten, gehörten auch die planungsrechtlichen vorschriften in den bezirksbauordnungen. 31vgl. ovg nrw, urteil vom 14. januar 1965 - vii a 809/63 -, brs 16 nr. 9. 32die durch § 7 baupolvo bewirkte begrenzung der bebauungstiefe galt auch nicht mit dem fluchtlinienplan 5277/28 als eine ihn ergänzende bestimmung fort. es handelt sich nicht um eine begriffsbestimmung von baufluchtlinien, sondern um eine weitere selbstständige regelung, die lediglich tatbestandlich an die festgesetzten baufluchtlinien anknüpft. 33vgl. vg düsseldorf, urteil vom 8. februar 2007 – 4 k 1631/06 –, juris m.w.n. 342. das demnach bauplanungsrechtlich im übrigen nach § 34 abs. 1 baugb zu beurteilende vorhaben ist zulässig. gemäß § 34 abs. 1 satz 1 baugb ist ein vorhaben innerhalb der im zusammenhang bebauten ortsteile – wie hier – zulässig, wenn es sich nach art und maß der baulichen nutzung, der bauweise und der grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die eigenart der näheren umgebung einfügt und die erschließung gesichert ist. 35in die eigenart der näheren umgebung fügt sich ein vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren umgebung hervorgehenden rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren umgebung vorhandene bebauung fehlen. 36vgl. bverwg, urteil vom 8. dezember 2016 – 4 c 7.15 – juris rn. 17 m.w.n. 37diese voraussetzungen sind erfüllt. das klägerische vorhaben hält sich nach den in der vorschrift bezeichneten merkmalen innerhalb des aus seiner näheren umgebung hervorgehenden rahmens (a) und ist nicht rücksichtslos (b). 38a) der beantragte aus- und umbau des dachgeschosses und des spitzbodens hält den durch die umgebungsbebauung vorgegebenen rahmen hinsichtlich der grundstücksfläche, die überbaut werden soll (aa), des maßes der bebauung (bb) und der bauweise (cc) ein. bezüglich der zulässigen art der bebauung (wohnen) besteht zwischen den beteiligten kein streit. 39der die nähere umgebung bildende bereich reicht so weit, wie sich die ausführung des zur bauaufsichtlichen prüfung gestellten vorhabens auswirken kann und wie die umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen charakter des baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. 40vgl. bverwg, urteil vom 26. mai 1978 – 4 c 9.77 – juris rn. 33; urteil vom 5. dezember 2013 – 4 c 5.12 – juris rn. 10; urteil vom 8. dezember 2016 – 4 c 7.15 – juris rn. 9. 41für diese beurteilung ist alles an bebauung in den blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in erscheinung tritt. außer acht gelassen werden darf lediglich, was die bebauung nicht prägt, weil es nicht die kraft hat, die eigenart der näheren umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als fremdkörper erscheint. ob eine vorhandene, nicht genehmigte bebauung bei der bestimmung der näheren umgebung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, ob diese in einer weise geduldet wird, die keinen zweifel daran lässt, dass die zuständigen behörden sich mit ihrem vorhandensein abgefunden haben. 42vgl. bverwg, urteil vom 6. juni 2019 – 4 c 10/18 –, juris rn. 15; beschluss vom 27. märz 2018 – 4 b 60.17 – juris rn. 7. 43auch die auf dem jeweiligen baugrundstück vorhandene bebauung, soweit es sich nicht um das vorhaben selbst handelt, ist zu berücksichtigen. 44vgl. bverwg, urteil vom 17. juni 1993 – 4 c 17.91 -, juris; urteil vom 6. juni 2019 – 4 c 10/18 –, juris rn. 15; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg, baugb, stand: oktober 2020, § 34 rn. 35a m.w.n. 45die maßgebliche nähere umgebung ist grundsätzlich für jedes der in § 34 abs. 1 satz 1 baugb aufgeführten zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende wirkung der jeweils maßgeblichen umstände unterschiedlich weit reichen kann. 46vgl. bverwg, beschluss vom 6. november 1997 – 4 b 172.97 – juris rn. 5; beschluss vom 13. mai 2014 – 4 b 38.13 – juris rn. 7. 47bei den kriterien nutzungsmaß und überbaubare grundstücksfläche ist der maßgebliche bereich in der regel enger zu begrenzen als bei der nutzungsart. entscheidend bleiben aber die tatsächlichen verhältnisse im einzelfall. 48vgl. bverwg, beschluss vom 13. mai 2014 – 4 b 38.13 – juris rn. 7; ovg nrw, urteil vom 1. märz 2017 – 2 a 46/16 – juris rn. 35 m.w.n. 49gemessen hieran wird die für jedes der in § 34 abs. 1 satz 1 baugb aufgeführten zulässigkeitsmerkmale maßgebliche umgebung durch die blockrandbebauung, deren teil das klägerische wohnhaus selbst ist, bestimmt, also die bestandsbebauung entlang des straßengevierts p. straße, t.-----straße , b.-------straße , m.---allee . 50aa) der an- und umbau des klägerischen wohngebäudes wahrt hinsichtlich der grundstücksfläche, die überbaut werden soll, den durch die eigenart der näheren umgebung und damit deren prägung bestimmten rahmen. 51für das einfügen nach der überbaubaren grundstücksfläche gelten die merkmale des § 23 baunvo entsprechend. daher ist von den in der maßgeblichen näheren umgebung tatsächlich vorhandenen baulinien, baugrenzen oder bebauungstiefen auszugehen. 52vgl. bverwg, beschlus vom 17. september 1985 – 4 b 167.85 – juris rn. 3; beschluss vom 16. juni 2009 – 4 b 50.08 – juris rn. 4; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, stand: oktober 2020; § 34 rn. 47. 53die von dem kläger zur genehmigung gestellte erweiterung seines wohnhauses findet hinsichtlich der bebauungstiefe ein vorbild zum einen in dem genehmigten bestandsgebäude des klägers selbst, dessen rückwärtige gebäudeabschlusswand jenseits des versprungs eine bebauungstiefe von 13,99 m aufweist. zum anderen weisen die offenbar baugleichen gebäude b.-------straße 05 und 06 nach darstellung der beklagten mit 14,47 m eine bebauungstiefe auf, die über diejenige des klägerischen gebäudes noch hinausgeht. die gebäude nr. 05 und 06 sind im rückwärtigen bereich auch nicht derart untergeordnet, dass sie die maßgebliche nähere umgebung nicht zu prägen vermögen. insbesondere das gebäude b.-------straße 06 tritt – im gegenteil – rückwärtig erheblich gegenüber den südlichen nachbargebäuden hervor und wird vom klägerischen grundstück aus deutlich wahrgenommen. da es beim merkmal der bebauungstiefe im sinne von § 23 abs. 4 satz 1 baunvo allein auf die konkrete größe der grundfläche, die räumliche lage und den standort der baukörper innerhalb der vorhandenen bebauung ankommt, 54vgl. bverwg beschluss vom 16. juni 2009 – 4 b 50.08 – juris rn. 4, 55ist es für die frage des einfügens hinsichtlich der bebauungstiefe unerheblich, dass sich diese nicht über die gesamte höhe des referenzobjektes erstreckt, sondern wie vorliegend bei den häusern nr. 05 und 06 ab dem 3. obergeschoss auf 13,17 m bzw. im dachgeschoss des klägers auf ca. 12,30 m zurückspringt. die größe der baukörper kann bei der frage des einfügens nach der überbaubaren grundstücksfläche allenfalls bei vorhandensein von vorderen und hinteren (faktischen) baulinien relevant werden; eine faktische hintere baulinie ist jedoch in anbetracht der zahlreichen – sowohl horizontalen als auch vertikalen - vor- und rücksprünge im blockinnenbereich nicht erkennbar. 56bb) das vorhaben fügt sich auch nach dem maß der baulichen nutzung in die eigenart der näheren umgebung ein. dies setzt voraus, dass es dort referenzobjekte gibt, die bei einer wertenden gesamtbetrachtung von grundfläche, geschosszahl und höhe vergleichbar sind. 57vgl. bverwg, urteil vom 8. dezember 2016 – 4 c 7.15 – juris m.w.n. 58diesbezüglich gibt das unmittelbar benachbarte eckgebäude b.-------straße 02 einen rahmen vor, den das klägerische vorhaben nicht überschreitet. das geplante rückwärtig ausgerichtete flachdach greift gemäß den bauvorlagen die vorhandene dachfirsthöhe auf, die ausweislich der im ortstermin gefertigten lichtbilder ihrerseits nicht über das flachdach des eckgebäudes hinausragt. auch ist nicht ersichtlich, dass das vorhaben hinsichtlich seiner kubatur den durch das haus b.-------straße 02 prägend vorgegebenen rahmen verlässt. in grundfläche und geschosszahl steht das haus nr. 0 nicht hinter dem parallel genehmigten haus nr. 02 zurück. ob es sich, wie der kläger vorträgt, zusätzlich im rahmen der kubatur der häuser nr. 05 und 06 hält, mag hier dahinstehen. 59cc) die geplante erweiterung des bestandsgebäudes wahrt schließlich auch hinsichtlich der bauweise den insoweit durch die geschlossene blockrandbebauung entlang des straßengevierts gebildeten rahmen. die bebauung ist mit ausnahme einer traufgasse zwischen den häusern t.-----straße 08 und 09 durchgehend durch eine geschlossene bauweise im sinne von § 22 abs. 3 baunvo gekennzeichnet. 60vgl. bverwg, urteil vom 5. dezember 2013 – 4 c 5.12 – juris rn. 12 zum rückgriff auf § 22 abs. 3 baunvo bei der frage des einfügens nach der bauweise im sinne von § 34 abs.1 satz 1 baugb. 61§ 22 abs. 3 baunvo erfordert in der geschlossenen bauweise grundsätzlich – so auch hier – die errichtung von gebäuden ohne seitlichen grenzabstand. diese bauweise wird durch den ohne seitliche grenzabstände mit durchgehender brandwand geplanten anbau ohne einschränkungen aufgegriffen. 62b) der streitgegenständliche anbau ist gegenüber der bebauung und deren nutzung auf dem nachbargrundstück der beigeladenen auch nicht rücksichtslos. 63inhaltlich zielt das gebot der rücksichtnahme darauf ab, spannungen und störungen, die durch unverträgliche grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. welche anforderungen das gebot der rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen umständen des einzelfalls ab. je empfindlicher und schutzwürdiger die stellung desjenigen ist, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine rücksichtnahme verlangen. je verständlicher und unabweisbarer die mit dem vorhaben verfolgten interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, rücksicht zu nehmen. für eine sachgerechte bewertung des einzelfalls kommt es wesentlich auf eine abwägung zwischen dem, was einerseits dem rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem rücksichtnahmeverpflichteten nach lage der dinge zumutbar ist, an das rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter berücksichtigung der schutzwürdigkeit des betroffenen, der intensität der beeinträchtigung und der wechselseitigen interessen das maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird 64vgl. bverwg, urteil vom 25. februar 1977 – 4 c 22.75 – juris rn. 22; urteil vom 28. oktober 1993 – 4 c 5.93 – juris rn. 17; urteil vom 29. november 2012 – 4 c 8.11 – juris rn. 16. 65das rücksichtnahmegebot erlegt indes dem bauherrn keine pflicht auf, generell die für den nachbarn am wenigsten beeinträchtigende alternative für seine bauabsicht zu wählen. 66bverwg, beschluss vom 26. juni 1997 – 4 b 97.97 – juris rn. 6. 67das gebot der rücksichtnahme verpflichtet ebenso wenig dazu, die nachbarn von jeglicher beeinträchtigung der licht- und luftverhältnisse oder der verschlechterung der sichtachsen von ihren grundstücken aus zu verschonen. denn eine verletzung des rücksichtnahmegebots ist erst dann zu bejahen, wenn von dem vorhaben eine unzumutbare beeinträchtigung ausgeht. 68vgl. bay.vgh, beschluss vom 22. juni 2011 – 15 cs 11.1101 – juris rn. 17; beschluss vom 3. juni 2016 – 1 cs 16.747 – juris rn. 7. 69dabei müssen die interessen im einzelfall abgewogen werden. der umfang der einem nachbarn des bauvorhabens aufgrund der eigenart der näheren umgebung zuzumutenden beeinträchtigungen und störungen bestimmt sich unter berücksichtigung der schutzwürdigkeit der umgebung und ihrer bebauungsrechtlichen prägung sowie den tatsächlichen oder planerischen vorbelastungen. bloße lästigkeiten genügen nicht. 70vgl. bverwg, urteil vom 14. januar 1993 - 4 c 19/90 – juris. 71nach diesen grundsätzen stellt sich das streitgegenständliche bauvorhaben vorliegend nicht als rücksichtslos dar. von dem vorhaben geht zu dem nachbargebäude b.-------straße 04 weder im hinblick auf eine mit dem ausbau verbundene verschattung (aa) noch eine „erdrückende wirkung“ (bb) eine unzumutbare beeinträchtigung aus. 72aa) das gebot der rücksichtnahme wird durch das vorhaben nicht unter dem gesichtspunkt der verschattung verletzt. 73für die zumutbarkeit einer verschattung bzw. der beschränkung von belichtung und besonnung durch einen baukörper gibt es keinen normativ verbindlichen maßstab. vielmehr beantwortet sich diese frage nach den umständen des jeweiligen einzelfalls im rahmen einer wertenden gesamtbetrachtung. aus dem blickwinkel des bauplanungsrechtlichen rücksichtnahmegebots sind verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen abstandflächenvorschriften - hier des § 6 bauordnung nrw (bauo nrw) - eingehalten sind. die landesrechtlichen abstandflächenbestimmungen zielen im interesse der wahrung sozial verträglicher verhältnisse unter anderem darauf, eine ausreichende belichtung und besonnung von gebäuden und von sonstigen teilen des jeweiligen nachbargrundstücks sicherzustellen. die vorschriften des abstandflächenrechts in form des § 6 bauo nrw sind in bezug auf die seitlichen grundstücksgrenzen eingehalten, da nach dem gemäß § 6 abs. 1 satz 3 nr. 1 bauo nrw maßgeblichen bauplanungsrecht in der geschlossenen bauweise an die seitliche grundstücksgrenze gebaut werden muss. 74im übrigen fordert das gebot der rücksichtnahme nicht, dass alle fenster eines hauses bzw. das gesamte grundstück das ganze jahr über optimal durch sonneneinstrahlung belichtet werden. in einem bebauten innerstädtischen wohngebiet muss immer damit gerechnet werden, dass nachbargrundstücke innerhalb des durch das bauplanungs- und das bauordnungsrecht (insbesondere § 6 bauo nrw) vorgegebenen rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine bebauung zu einer verschattung des eigenen grundstücks bzw. von wohnräumen kommt. 75vgl. ovg nrw, beschluss vom 9. februar 2009 - 10 b 1713/08 -, juris rn 30; urteil vom 6. juli 2012 - 2 d 27/11.ne -, juris rn 63 m.w.n. 76im vorliegenden fall ist ausweislich der bauvorlagen und des eindrucks im ortstermin eine unzumutbare verschattung des grundstücks der beigeladenen nicht zu erwarten. zwar werden dort durch das vorhaben gerade in den vormittagsstunden der sonneneinfall und damit die belichtung insbesondere auf dem im spitzboden grenznah errichteten balkon und in dem dahinter liegenden zimmer spürbar reduziert. allerdings ist einzustellen, dass der dortige lichteinfall aufgrund der ausrichtung von balkon und zimmer nach westen und des nach westen und norden nach wie vor unverbauten ausblicks nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. auch die darunter liegenden geschosse werden trotz der durch den „gebäudeknick“ in der rückwärtigen abschlusswand bedingten zusätzlichen verengung nicht unzumutbar betroffen. zum einen bleibt der versprung in der rückwärtigen gebäudeabschlusswand des hauses nr. 0 höhenmäßig bis zum 2. obergeschoss erhalten, so dass der verschattungseffekt des vorhabens auf die unteren geschosse des nachbargebäudes marginal bleibt. zum anderen sind die rückwärtigen räumlichkeiten ausweislich der beigezogenen hausakte (beiakte 6) seit 1934 als küche und schlafzimmer genehmigt. ihre aufenthaltsqualität tagsüber ist daher nur begrenzt. 77bb) eine das gebot der rücksichtnahme verletzende „erdrückende“ wirkung geht von dem bauvorhaben ebenfalls nicht aus. eine bauliche anlage hat erdrückende wirkung, wenn sie wegen ihrer ausmaße, ihrer baumasse oder ihrer massiven gestaltung ein benachbartes grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich "die luft nimmt", wenn für den nachbarn das gefühl des "eingemauertseins" entsteht oder wenn die größe des "erdrückenden" gebäudes auf grund der besonderheiten des einzelfalls derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" gebäude oder grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" gebäude dominierte fläche ohne eigene baurechtliche charakteristik wahrgenommen wird. 78vgl. nur bverwg, urteil vom 13. märz 1981 - 4 c 1/78 -, juris rn 38; ovg nrw, urteil vom 29. august 2005 - 10 a 3138/02 -, juris rn 50. 79dies ist vorliegend nicht der fall. die erweiterung des klägerischen hauses um einen anbau mit einer tiefe von ca. 1,7 m auf der gemeinsamen grundstücksgrenze sowie einer höhe von gemittelt etwa 6 m ist angesichts der verhältnismäßig großen tiefe des blockinnenbereichs, der von sämtlichen räumen und balkonen des hauses nr. 04 aus weitestgehend ungehindert einsehbar bleibt, nicht geeignet, ein gefühl des „eingemauertseins“ zu vermitteln. 80ii. das vorhaben ist auch bauordnungsrechtlich zulässig. 81zwar stehen dem vorhaben öffentlich-rechtliche vorschriften in gestalt der hier allein in den blick zu nehmenden abstandsflächenvorschriften des § 6 bauo nrw entgegen, da die durch das vorhaben gemäß § 6 abs. 1 satz 1 bauo nrw ausgelösten rückwärtigen abstandsflächen entgegen § 6 abs. 2 satz 1 bauo nrw nicht auf dem klägerischen grundstück selbst liegen, sondern aufgrund des abknickenden grundstückszuschnitts teilweise auf das nachbargrundstück der beigeladenen fallen. 82der kläger hat jedoch einen anspruch auf erteilung einer abweichung nach § 69 abs. 1 bauo nrw in der am 2. juli 2021 in kraft getretenen fassung des gesetzes zur änderung der landesbauordnung 2018 vom 30. juni 2021 (gv. nrw. s. 421). 83zweifel an der anwendbarkeit der vorschrift im vorliegenden verfahren bestehen nicht. zwar sind nach der übergangsvorschrift § 90 abs. 4 satz 1 bauo nrw in der fassung vom 30. juni 2021, welche zu dem in der vorliegenden verpflichtungsklage für die beurteilung der sach- und rechtslage maßgeblichen zeitpunkt der entscheidung des gerichts zu beachten ist, die vor inkrafttreten dieses gesetzes eingeleiteten verfahren nach den zum zeitpunkt der antragstellung geltenden verfahrensvorschriften fortzuführen und abzuschließen. gemäß § 90 abs. 4 satz 2 bauo nrw kann die bauherrschaft jedoch abweichend von satz 1 die anwendung dieses gesetzes anstelle des zur zeit der antragstellung geltenden rechts beantragen. letzteres ist der sache nach mit den jüngsten klägerischen schriftsätzen vom 9. august und 21. september 2021 erfolgt. eine andere sichtweise liefe auf eine bloße förmelei hinaus, zumal ein antrag auf erteilung einer abweichung lediglich zu begründen ist (§ 69 abs. 2 satz 2 bauo nrw), aber keine weiteren bauvorlagen erfordert. 84der gemäß § 69 abs. 2 satz 1 bauo nrw erforderliche schriftliche abweichungsantrag wurde ebenfalls gestellt. der kläger hat das schreiben an die bauaufsicht vom 7. märz 2019, aus dem ein abweichungsersuchen hervorgeht, mit schreiben seiner architektin vom 9. dezember 2019 in das verwaltungsverfahren eingebracht (bl. 47 ff. d. beiakte 1). weitergehende formvorschriften enthält das gesetz diesbezüglich nicht. 85die materiellen abweichungsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. 86gemäß § 69 abs. 1 satz 1 bauo nrw 2018 kann die bauaufsichtsbehörde abweichungen von anforderungen der bauo nrw und aufgrund der bauo nrw erlassener vorschriften zulassen, wenn sie unter berücksichtigung des zwecks der jeweiligen anforderung und unter würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen belange mit den öffentlichen belangen, insbesondere den anforderungen des § 3 bauo nrw vereinbar ist. 87nach der neufassung des § 69 abs. 1 satz 2 bauo nrw in der fassung vom 30. juni 2021 ist eine abweichung unter anderem von den abstandsflächen zuzulassen 1. zur modernisierung von wohnungen und wohngebäuden, der teilung von wohnungen oder der schaffung von zusätzlichem wohnraum durch ausbau, anbau, nutzungsänderung oder aufstockung, deren baugenehmigung oder die kenntnisgabe für die errichtung des gebäudes mindestens fünf jahre zurückliegt, 2. zur verwirklichung von vorhaben zur einsparung von wasser oder energie oder 3. zur erhaltung und weiteren nutzung von denkmälern. 88ferner folgt gemäß § 69 abs. 1 satz 6 bauo nrw 2018 n.f. unter anderem bei den vorhaben nach satz 2 die atypik bereits aus dem festgestellten sonderinteresse. 89die änderung von § 69 bauo nrw (lt-drs. 17/14088, s. 11) wird wie folgt begründet: 90„§ 69 absatz 1 wird zur umsetzung des „innovationsraumes innenstadt“ gegenüber dem gesetzentwurf der landesregierung nordrhein-westfalen geändert gefasst: satz 1 entspricht – bis auf eine verweisänderung zu § 3 – dem bisher geltenden gesetz. bereits mit der bauordnung für das land nordrhein-westfalen, die am 1. januar 2019 in kraft getreten ist, sah der bisherige satz 2 abweichungstatbestände zur verwirklichung von vorhaben zur einsparung von wasser oder energie oder zur schaffung oder erneuerung von wohnraum vor. satz 2 wird angesichts der erforderlichen transformationsprozesse innerhalb der städte und gemeinden neu gefasst. 91einleitend wird klargestellt, dass abweichungen von den § 4 bis § 16 und § 26 bis § 47 sowie § 49 dieses gesetzes oder aufgrund dieses gesetzes erlassenen vorschriften zur verwirklichung von vorhaben, die in den nummern 1 bis 3 aufgeführt sind, bei bestehenden anlagen zuzulassen sind. 92nummer 1 betrifft das schaffen von wohnraum durch die tatbestandlich genannten vorhaben: insbesondere bei der modernisierung von wohnraum von bestandsgebäuden aus den 1950ger jahren oder später, ist es technisch oftmals nicht möglich bzw. wirtschaftlich nicht vertretbar das bestandsgebäude an heutige bauvorschriften anzugleichen. dies hat zur folge, dass insbesondere in den großen städten das schaffen von zusätzlichem wohnraum in bestehenden gebäuden unterbleibt. voraussetzung für die abweichung ist, dass diese unter berücksichtigung des zwecks der jeweiligen anforderung und unter würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen belange mit den öffentlichen belangen, insbesondere den anforderungen des § 3, vereinbar ist (absatz 1 satz 1). 93[…] 94satz 6 stellt klar heraus, dass die atypik bereits aus dem festgestellten sonderinteresse folgt. damit wird einem bedürfnis der praxis zur klarstellung entsprochen“. 95darüber hinaus können gemäß § 6 abs. 14 satz 1 bauo nrw 2018 n.f. abweichungen nach § 69 bauo nrw zugelassen werden, wenn deren schutzziele gewahrt bleiben. eine atypische grundstückssituation ist nicht erforderlich (satz 2). 96die regelung ist auf grund eines änderungsantrages der fraktion der cdu und der fraktion der fdp vom 8. juni 2021 (drucksache 17/14088) in die beschlussempfehlung des ausschusses für heimat, kommunales, bauen und wohnen vom 28. juni 2021 (drucksache 17/14320) in das gesetz aufgenommen worden. zur begründung der änderung von § 6 heißt es, § 6 abs. 14 bauo nrw schaffe flexibilität für bauherrschaften unter der berücksichtigung, dass die mit den abstandsflächen verbundenen schutzziele eingehalten werden. 97vgl. lt-drs. 17/14088, s. 5. 98aus diesem regelungsgefüge wird ersichtlich, dass sich zum einen der gesetzgeber von der hergebrachten auslegung der rechtsprechung und des schrifttums abgewandt hat, derzufolge nach § 69 abs. 1 satz 1 bauo nrw eine abweichung von § 6 bauo nrw regelmäßig nur bei einer grundstücksbezogenen atypik zuzulassen ist. 99vgl. vg düsseldorf, urteil vom 2. august 2021 – 28 k 2004/21 -, juris, unter hinweis auf ovg nrw, beschlüsse vom 5. märz 2007 - 10 b 274/07 -, und vom 2. märz 2007 - 10 b 275/07 -; vg düsseldorf, urteil vom 11. märz 2021 - 28 k 6456/19 -, juris; johlen, in: gädtke / johlen / wenzel / hanne / kaiser / koch / plum, bauo nrw, 13. auflage (2019), § 69 rn. 20 und 51, m. w. n; boeddinghaus/ hahn/ schulte, bauo nrw, 60. update april 2021, § 69 rn. 16, m. w. n. 100in dem zusammenhang kann man auch die in der älteren rechtsprechung für die annahme einer atypischen grundstückssituation - neben einem atypischen grundstückszuschnitt - zusätzlich aufgestellte voraussetzung, dass eine bautechnisch und/oder wirtschaftlich sinnvolle bebauung des grundstücks bei strikter anwendung der abstandflächenvorschriften nicht möglich ist, 101ovg nrw, urteil vom 6. februar 2003 – 10 a 3666/99 –, juris rn. 116 ff.; beschluss vom 28. oktober 2002 – 10 a 3963/02 –, juris; ovg mecklenburg-vorpommern, beschluss vom 29. mai 2019 – 3 m 229/19 –, juris, 102nicht mehr fordern. 103zum anderen ist § 69 abs. 1 satz 6 bauo nrw zu entnehmen, dass die erteilung einer abweichung nach wie vor eine „atypik“ in form eines sonderinteresses des bauherrn erfordert, welches jedoch in den von satz 2 und 3 erfassten fällen bereits in dem der jeweiligen vorschrift zugrunde liegenden sonderinteresse liegt, im falle von satz 2 nr. 1 also in dem entsprechenden modernisierungs- bzw. ausbauinteresse etc. zu sehen ist. 104nicht gefolgt werden kann der insoweit von der beklagten favorisierten auslegung, wonach das sonderinteresse im falle von § 69 abs. 1 satz 2 nr. 1 bauo nrw n.f. nur dann gegeben sei, wenn die angleichung der bestandsgebäude an heutige bauvorschriften ohne die begehrte abweichung technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar wäre. diese sichtweise liefe auf eine teleologische reduktion der vorschrift bzw. eine zusätzliche (ungeschriebene) tatbestandsvoraussetzung hinaus, deren bestimmtheit aufgrund ihrer unschärfe erheblichen zweifeln begegnet. 105vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 5. märz 2007 - 10 b 274/07 -, juris rn. 18 ff. zu zweifeln an der vereinbarkeit der einbeziehung denkbarer alternativer bebauungsmöglichkeiten in die abweichungsentscheidung mit dem bestimmtheitsgrundsatz. 106zudem wäre die notwendige prüfung der technischen und wirtschaftlichen umsetzbarkeit hypothetischer alternativplanungen praktisch kaum handhabbar und liefe dem in der gesetzesbegründung ebenfalls deutlich zum ausdruck gebrachten klarstellungsinteresse diametral zuwider. 107die weitere ergänzung in § 6 abs. 14 satz 1 bauo nrw, wonach die schutzziele der abstandsflächen gewahrt bleiben müssen, geht über eine klarstellung nicht hinaus. dies wurde und wird in gleicher weise von § 69 abs. 1 satz 1 bauo nrw vorausgesetzt, wonach die abweichung unter berücksichtigung des zwecks der jeweiligen anforderungen und unter würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen belange mit den öffentlichen belangen vereinbar sein muss. satz 1 beansprucht - unverändert - geltung auch für die „gebundenen“ tatbestände von satz 2. bei der würdigung der nachbarlichen interessen sind im rahmen der vorzunehmenden einzelfallprüfung dieselben maßstäbe anzuwenden wie im bauplanungsrechtlichen gebot der rücksichtnahme. 108johlen, in: gädkte u.a., bauo nrw, 13. aufl. 2019, § 69 rn. 30 unter hinweis auf vg düsseldorf, urteil vom 27. märz 2014 – 9 k 1095/11 -, juris rn. 25 f. m.w.n. 109diese tatbestandsvoraussetzungen sind zurückhaltend zu handhaben. dies folgt zum einen aus dem umstand, dass durch die baurechtlichen vorschriften die öffentlichen belange und die nachbarlichen interessen regelmäßig schon in einen gerechten ausgleich gebracht worden sind und die gleichmäßigkeit des gesetzesvollzugs ein mehr oder minder beliebiges abweichen von den vorschriften der landesbauordnung nicht gestattet, und zum anderen aus dem ausnahmecharakter der vorschrift. 110vgl. vg düsseldorf, urteil vom 2. august 2021 – 28 k 2004/21 –, juris unter hinweis auf boeddinghaus/ hahn/schulte, bauo nrw, 60. update april 2021, § 69 rn. 24-25, m. w. n. 111bei vorhaben nach § 69 abs. 1 satz 2 bauo nrw ist indessen aufgrund der erkennbaren absicht des gesetzgebers, die dort explizit genannten bauvorhaben zu erleichtern, die interessenlage des bauherrn besonders zu gewichten. 112damit haben sich die tatbestandsvoraussetzungen für die erteilung einer abweichung durch das gesetz zur änderung der landesbauordnung 2018 vom 30. juni 2021 – insoweit verändert, als – erstens – die (ungeschriebene) regelvoraussetzung der atypischen grundstückssituation entfallen ist, – zweitens – eine atypik in form eines sonderinteresses nach wie vor erforderlich, dieses in den fällen des § 69 abs. 1 satz 2 und 3 bauo nrw indes als gegeben anzusehen ist und – drittens – die abweichung unter berücksichtigung des zwecks der jeweiligen anforderungen und unter würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen belange mit den öffentlichen belangen vereinbar sein muss, wobei im rahmen der vorzunehmenden interessenabwägung zumindest in den fallgruppen des satzes 2 die interessen des bauherrn besonders zu gewichten sind. 113unter berücksichtigung der vorstehenden grundsätze ist vorliegend eine abweichung von § 6 bauo nrw zuzulassen. das vorhaben betrifft den aus- und umbau eines älteren bestandgebäudes i.s.d. § 69 abs. 1 satz 2 nr. 1 bauo nrw. die einhaltung der rückwärtigen abstandsflächen ist aufgrund der geringfügigkeit der durch das bauvorhaben bedingten nachbarlichen beeinträchtigung auch nicht rücksichtslos. insofern ist einzustellen, dass der rückwärtige gartenbereich bereits durch einen von dem bestandsgebäude ausgelösten abstandsflächenverstoß vorbelastet ist. denn der für das bestandsgebäude erforderliche bauwich, der gemäß § 7 abs. 3 bauo nrw in der fassung von 1976, wonach für die ersten beiden vollgeschosse 3 m und jedes weitere vollgeschoss 1,50 m anzusetzen sind, ausgehend von vier vollgeschossen mindestens 6 meter betrug, fiel bezüglich der grenzmauer bereits damals in voller länge auf das nachbargrundstück. dieser verstoß, der seinerzeit planungsrechtlich möglicherweise hinzunehmen war, weil die städtebaulich beabsichtigte – sinnvolle – schließung des eckriegels wohl nicht anders als durch angleichung der bebauungstiefe von 12,30 m umzusetzen war, wird durch das vorhaben, welches gemäß den im lageplan (bl. 22 d. beiakte 1) dargestellten berechnungen im bereich der nunmehr 14 m tiefen und 19,96 m hohen brandwand rückwärtige abstandsflächen von 7,98 m auslöst (19,96 x 0,4), im garten allenfalls über eine breite von bis zu 70 cm um knapp 2 m vertieft. die damit verbundenen zusätzlichen beeinträchtigungen der belichtung sind als zu würdigende belange der beigeladenen jedoch im verhältnis zum sonderinteresse des klägers als bauherr eines vorhabens nach § 69 abs. 1 satz 2 bauo nrw marginal und daher mit den öffentlichen belangen auch unter würdigung der nachbarlichen interessen vereinbar. 114die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. es entspricht der billigkeit, die beklagte nicht mit den außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu belasten, da diese keinen sachantrag gestellt und sich damit keinem kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). 115die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 116rechtsmittelbelehrung: 117gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 118die berufung kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingelegt werden. 119die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 120die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 121im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 122die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 123beschluss 124der streitwert wird auf 7.500,00 euro festgesetzt. 125gründe: 126die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg und in anlehnung an ziffer 1. d) des streitwertkataloges der bausenate des ovg nrw vom 22. januar 2019 (baur 2019, 610) erfolgt. dabei war einzustellen, dass es sich vorliegend nicht um eine regelmäßig mit 10.000,00 euro anzusetzende neuerrichtung der einheit eines mehrfamilienhaus handelt, sondern lediglich deren aus- und umbau. 127rechtsmittelbelehrung: 128gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 129die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 130die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 131die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 132die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 133war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Klaeger*in
1
190,316
113 C 246/12
"2013-08-14T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.391,55 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin, die nach der Urkunde des OLG Köln vom 09.10.2009 inkassoberechtigt ist, Bl. 14 d. A., und eine Mietwagenfirma betreibt, klagt auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten aus insgesamt fünf Unfällen, die sich im Bezirk des AG Bonn ereigneten und bei denen die Fahrzeuge der Unfallgegner jeweils bei der Beklagten haftpflichtversichert waren. Die volle Haftung der Beklagten ist dem Grund nach unstreitig. In allen Fällen traten die Geschädigten ihre Schadensersatzansprüche auf Zahlung der Mietwagenkosten sicherungshalber an die Klägerin ab. 3Am 09.06.2012 erlitt das Kfz des Zeugen V T in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Zeuge mietete bei der Beklagten vom 06.06.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 22.06.2012 einen Pkw, Bl. 22 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Vermietung außerhalb der Geschäftszeiten, Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 21 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Bonn. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 1.795,80 € netto. Die Beklagte zahlte 539,84 €. Eine Mahnung vom 13.07.2012 unter Fristsetzung bis zum 20.07.2012 blieb erfolglos. 4Am 05.07.2012 erlitt das Kfz des Herrn L H1 in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Geschädigte mietete bei der Beklagten vom 05.07.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen Pkw, Bl. 26 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung ab, Bl. 25 d. A. Der Mietvertrag enthielt Zustellen und Abholen des Pkw in Bonn. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 1.446,06 € netto. Die Beklagte zahlte 700,00 €. Eine Mahnung vom 01.08.2012 unter Fristsetzung bis zum 08.08.2012 blieb erfolglos. 5Am 09.07.2012 erlitt das Kfz des Zeugen I H G in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Zeuge mietete bei der Beklagten vom 09.07.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen Pkw, Bl. 30 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 29 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Remagen. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 1.890,23 € brutto. Die Beklagte zahlte 1.162,50 €. Eine Mahnung vom 10.08.2012 unter Fristsetzung bis zum 17.08.2012 blieb erfolglos. 6Am 19.08.2012 erlitt das Kfz des Zeugen S C in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Zeuge mietete bei der Beklagten vom 28.08.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 31.08.2012 einen Pkw, Bl. 34 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 33 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Troisdorf. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 580,68 € brutto. Die Beklagte zahlte 230,92 €. Eine Mahnung vom 18.09.2012 unter Fristsetzung bis zum 25.09.2012 blieb erfolglos. 7Am 23.08.2012 erlitt das Kfz der Frau F1 N in Bonn einen Verkehrsunfall. Die Geschädigte mietete bei der Beklagten vom 23.08.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 10.09.2012 einen Pkw, Bl. 38 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 37 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Bornheim. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 2.569,82 € brutto. Die Beklagte zahlte 1.000,00 €. Eine Mahnung vom 01.10.2012 unter Fristsetzung bis zum 08.10.2012 blieb erfolglos. 8Die Beklagte rechnete in den Schadensfällen Kosten für Voll- bzw. Teilkaskoversicherungen gesondert ab. 9In allen Fällen mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte. Für die anwaltliche Tätigkeit entstanden der Klägerin insgesamt Anwaltskosten von 622,40 € netto. 10Mit der Klage macht die Klägerin die noch offen stehenden Restbeträge aus den obigen fünf Rechnungen und die Anwaltsvergütung geltend. 11Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Abrechnung entspreche der Rechtsprechung im Bezirk des OLG Köln. Die Schwacke-Liste stelle eine geeignete Abrechnungsgrundlage dar. 12Die Angebote, die die Beklagte vorgelegt habe, seien weder konkret noch annahmefähig und auch nicht vergleichbar, da Daten fehlten. 13Der Aufschlag von 20 % sei angemessen und die Nebenkosten nach der Nebenkostentabelle zur Schwacke-Liste erstattungsfähig. In allen Fällen seien unfallbedingte Sonderleistungen angefallen. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, worauf das Gericht Bezug nimmt, Bl. 102 ff. d. A. Das Erbringen der Leistungen hat die Beklagte nicht bestritten. 14Kosten für eine Haftungsreduzierung seien in jedem Fall gesondert erstattungsfähig. 15Sie habe sämtliche Pkw´s zugestellt und wieder abgeholt. In den Schadensfällen T, G, C und N seien die beschädigten Kfz, übrigens auch die Mietwagen, von mehreren Personen gefahren worden, zu denen die Klägerin im Einzelnen vorgetragen hat, Bl. 106 ff .d A. 16Ersparte Aufwendungen seien nicht abzuziehen, da die Geschädigten in allen Fällen Fahrzeuge einer niedrigeren Klasse angemietet hätten – was unstreitig ist. 17Die Klägerin beantragt, 18die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.391,55 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 19Die Klage ist der Beklagten am 22.02.2013 zugestellt worden. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Sie ist der Auffassung, angemessen und erforderlich seien allenfalls Mietwagenkosten in Höhe der schon gezahlten Beträge. 23Die Schwacke-Liste stelle keine geeignete Berechnungsgrundlage dar. Vielmehr sei der Fraunhofer Marktpreisspiegel heranzuziehen. 24Die Geschädigten seien verpflichtet gewesen, sich über Mietwagentarife zu informieren, bevor sie ein Fahrzeug mieteten. Hierzu behauptet die Beklagte, die Geschädigten hätten für die jeweils ersetzten Beträge problemlos bei F1, B2 oder T2 in deren Bonner Niederlassungen ein vergleichbares Fahrzeug mieten können. Als Beleg hat sie Screenshots vorgelegt, Bl. 75 ff. d. A. 25Ein unfallbedingter Zuschlag von 20 % sei nur ersatzfähig, falls die Geschädigten aufgrund der konkreten unfallbedingten Situation auf Sonderleistungen angewiesen gewesen seien, was die Beklagte bestreitet. 26Kosten für eine Voll- bzw. Teilkaskoversicherung könne die Klägerin nach Schwacke nicht gesondert abrechnen, sondern sie seien im Preis enthalten. Soweit das eigene Kfz der Geschädigten nicht vollkaskoversichert gewesen sei, seien zumindest 50 % der Kosten für die Vollkaskoversicherung abzuziehen. 27Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Mietfahrzeuge den Geschädigten zugestellt und wieder abgeholt worden seien, dass die Geschädigten hierauf angewiesen gewesen und dass die beschädigten Kfz von mehreren Personen genutzt worden seien und die Mietwagen von mehreren Personen hätten genutzt werden sollen. 28Weil die Geschädigten Aufwendungen erspart hätten, da sie ihre eigenen Fahrzeuge nicht genutzt hätten, seien 15 % der Mietwagenkosten abzuziehen. 29Das Gericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen C, C2, Dr. G, T und N erhoben, Bl. 183 ff d. A. 30Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen. 31Entscheidungsgründe: 32Die Klage ist zulässig und begründet. 33Sie ist zulässig. 34Das Amtsgericht Bonn ist örtlich zuständig, weil sich die Unfälle in seinem Bezirk ereigneten. Die Klägerin ist klagebefugt, wie sich aus der Zulassung durch das OLG Köln ergibt und aktivlegitimiert, denn die Geschädigten haben ihr die Ansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten wirksam abgetreten, weil nur die Höhe der Mietwagenkosten, nicht aber die Haftungsquote streitig ist (siehe hierzu BGH, Urteil vom 05.03.2013, VI ZR 245/11). 35Die Klage ist begründet, denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung weiterer 4.391,55 € gegen die Beklagte zu. 36Die Abrechnung nach der Schwacke-Liste ist nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt wie schon andere Abteilungen des Amtsgerichts Bonn damit der Rechtsprechung des BGH (statt aller: Urteil vom 18.12.2012, VI ZR 316/11), der bisherigen Rechtsprechung des 15. Senats des OLG Köln, der für Verkehrsunfallsachen zuständig ist (Urteile vom 22.12.2009, 15 U 98/09 und vom 08.11.2011, 15 U 54/11) und des LG Bonn (Urteile vom 14.08.2009, 1 O 299/09; vom 10.07.2009, 5 S 266/08; vom 18.12.2012, 8 S 158/12; vom 26.02.2013, 8 S 280/12; vom 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 27.06.2013, 8 S 13/13; Hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 S 20/13 und vom 23.04.2013, 5 S 20/13). Diese Entscheidung entspricht auch dem Hinweis, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 gegeben hat und an den es gebunden ist. 37Das erkennende Gericht behält sich allerdings ausdrücklich vor, künftig nach der neuen Rechtsprechung des OLG Köln zu entscheiden. Der 15. Senat hat nunmehr den Mittelwert zwischen der Schwacke-Liste und dem Marktpreisspiegel Fraunhofer zugrunde gelegt, sowohl was den Grundpreis als auch was die Leistungen betrifft, die in dem Grundpreis nicht enthalten sind (Urteil vom 30.07.2013, 15 U 212/12). 38Die Angebote von drei örtlichen Vermietern, die die Beklagte vorgelegt hat, begründen keine Einwendungen gegen die Abrechnung nach der Schwacke-Liste. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die verklagte Versicherung dadurch dargetan hätte, dass andere Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung Mietwagen deutlich günstiger angeboten hätten (BGH, Urteil vom 18.12.2012, VI ZR 316/11; LG Bonn, Hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 S 59/13; Urteil vom 27.06.2013, 8 S 13/13). 39Die Angebote geben jedoch keinen Anlass, Zweifel an der Eignung der Schwacke-Liste zu begründen. 40Das erkennende Gericht folgt der Rechtsprechung des LG Bonn, das zu dieser Frage in einem vergleichbaren Fall ausgeführt hat (Urteil vom 28.06.2013, 5 S 166/12; siehe auch LG Bonn, Urteile vom 18.12.2012, 8 S 158/12; 26.02.2013, 8 S 280/12 und vom 15.05.2013, 5 S 161/12; Hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 S 20/13 und vom 28.05.2013, 8 S 59/13): „Die von der Beklagten benannten Alternativangebote der Firmen F1, B2 und T2 stammen sämtlich aus einer Recherche in Internetportalen der jeweiligen Anbieter. Der Internetmarkt ist jedoch nicht zwingend und ohne Weiteres mit dem „allgemeinen“ regionalen Mietwagenmarkt vergleichbar (vgl. nur BGH, Urteil vom 02.02.2010, VI ZR 7/09; LG Bonn, Urteile vom 26.02.2012, 8 S 280/12; vom 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12). Preislich liegen die Alternativangebote zwar deutlich unter den von der Klägerin für die Mietwagenkosten geltend gemachten Beträgen. Jedoch betreffen alle Angebote bereits nicht den in Rede stehenden Anmietzeitraum. Ein pauschaler Hinweis darauf, den Geschädigten sei es möglich gewesen, „zu den Tarifen“ eine Anmietung im streitgegenständlichen Zeitraum vorzunehmen, genügt nicht den an einen hinreichend substantiierten Vortrag zu stellenden Anforderungen. Es liegt kein konkreter Vortrag dazu vor, dass die … ermittelten „Tarife“ auch im Zeitpunkt des aufgetretenen Bedarfs der Geschädigten … tatsächlich verfügbar gewesen wären.“ 41Entsprechend verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Beklagte holte die Angebote 2013 ein; die Geschädigten mieteten die Fahrzeuge jedoch schon 2012. 42Die Beklagte behauptet lediglich pauschal, die Geschädigten hätten im Unfallzeitpunkt in Bonn bei allen drei genannten Firmen Fahrzeuge zu den ermittelten Preisen mieten können. 43Keines der vorgelegten Angebote ist mit dem der Klägerin vergleichbar. 44Schon die aufgeführten Bedingungen zeigen Unterschiede zu dem Angebot der Klägerin. 45Die Angebote bei F1 setzten voraus, dass alle Personen, die das Kfz fuhren, mindestens 19 Jahre alt waren. Fahrzeuge mit Automatikgetriebe waren ausgenommen. Bis auf die Schadensfälle G und C war die enthaltene Kilometerleistung begrenzt. Entsprechende Einschränkungen enthielten die Verträge mit der Klägerin nicht. Ob weitere Leistungen wie z. B. Zustellen, Abholen und Zusatzfahrer enthalten waren, erschließt sich nicht (siehe zur fehlenden Vergleichbarkeit wegen nicht ausgewiesener, oftmals versteckter Mehrkosten OLG Köln, Urteil vom 08.11.2011, 15 U 54/11; LG Bonn, Urteil vom 27.06.2013, 8 S 13/13). Wie hoch die Selbstbeteiligung war, ist nicht angegeben. 46Die Angebote der Firma B2 enthalten keinerlei Details. Es ist damit zu rechnen, dass Leistungen wie Haftungsbeschränkungen, unbegrenzte Kilometerleistung, Zusatzfahrer usw. gesondert zu bezahlen waren. Zur Frage der Selbstbeteiligung fehlen auch hier Angaben. 47Auch hinsichtlich der Firma T2 sind nicht alle Leistungen enthalten, die die Klägerin anbot. Es fehlen Angaben zu Zustellen, Abholen und Zusatzfahrer; nur in dem Schadensfall C sind alle Kilometer inklusive. Die Selbstbeteiligung lag mit 850,00 € deutlich höher als in den Verträgen der Klägerin. 48Weiterhin bleibt in allen Angeboten offen, wie die Anbieterinnen den Gesichtspunkt der variablen Mietdauer preislich verarbeiten. 49Prüft das Gericht die Alternativangebote im Einzelnen, besteht kein Widerspruch zu dem Urteil des BGH vom 18.12.2012 (VI ZR 316/11). Dort warf der BGH der Vorinstanz eine Ermessensüberschreitung nur deshalb vor, weil sie sich überhaupt nicht detailliert mit den vorgelegten Alternativangeboten auseinandergesetzt hatte. Dies sieht das erkennende Gericht ebenso wie das Landgericht Bonn (Urteile vom 25.02.2013, 8 S 280/12; 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12). 50Der Aufschlag von 20 % auf die Mietwagenkosten ist angemessen. Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. 51Der Zuschlag ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Anmietung des Ersatzfahrzeugs in einer Not- oder Eilsituation erfolgt. Dann nämlich entstehen der vermietenden Firma typischerweise Mehrkosten (erhöhtes Betrugs- und Forderungsausfallrisiko, Auslastungsrisiko, unbestimmte Dauer des Mietvertrages, Vorfinanzierung, höhere Kosten für Beratung und Service, Zinsverluste wegen längerer Zahlungsfristen u. a.). Für die Annahme einer Not- und Eilsituation in diesem Sinne spricht der Beweis des ersten Anscheins, wenn die Anmietung unmittelbar auf das Unfallereignis folgt, d. h. in zeitlich engem Zusammenhang zu dem Unfallereignis steht (LG Bonn, Urteile vom 30.07.2012, 5 S 94/12; vom 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12; Hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 S 20/13). Weil in einer Unfallsituation regelmäßig ein höherer Mietpreis erforderlich ist, bedarf es nicht der Darlegung, dass Sonderleistungen im konkreten Fall nötig waren (LG Bonn, Urteil vom 26.02.2013, 8 S 280/12). 52Im vorliegenden Fall mieteten die Geschädigten bis auf Herrn C die Ersatzfahrzeuge am Unfalltag. Auch in dem Schadensfall C kann die Klägerin den Zuschlag jedoch verlangen, wobei es nicht darauf ankommt, ob im konkreten Fall Sonderleistungen tatsächlich angefallen sind und ob sie erforderlich waren. Geboten ist vielmehr eine generelle Betrachtungsweise (LG Bonn, Urteil vom 26.02.2013, 8 S 280/12). Die wesentlichen Zusatzleistungen, etwa die Vorfinanzierung sowie das Risiko, wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen mit der Ersatzforderung auszufallen, sind unabhängig davon, ob zwischen Unfall und Anmietung wenige Stunden oder Tage liegen (LG Bonn, Urteil vom 27.06.2013, 8 S 13/13). 53Die Klägerin durfte die Teil- bzw. Vollkaskoversicherung gesondert berechnen. Nach der Rechtsprechung gilt dies unabhängig davon, ob das verunfallte Fahrzeug kaskoversichert und wie alt es war, weil die Geschädigten während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt sind (OLG Köln, Urteil vom 30.07.2013, 15 U 212/12; LG Bonn, Urteile vom 29.02.2012, 5 S 29/11; 28.06.2011, 8 S 86/11 und vom 26.02.2013, 8 S 280/12). 54Die Kosten für das Zustellen und Abholen des Mietfahrzeugs sind als ersatzfähig anerkannt (OLG Köln, Urteil vom 08.11.2011, 15 U 54/11; LG Bonn, Urteile vom 26.02.2013, 8 S 280/12; 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12; Hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 S 20/13). Dasselbe gilt wegen des höheren Risikos für die gesonderte Berechnung von weiteren Personen, die den Pkw fahren (OLG Köln, Urteil vom 20.07.2010, 25 U 11/10; LG Bonn, Urteile vom 29.02.2012, 5 S 29/11 und vom 26.02.2013, 8 S 280/12). 55Weil die Beklagte bestritten hat, dass diese Leistungen erbracht wurden, hat das Gericht die dazu benannten Zeugen vernommen, die den Vortrag der Klägerin bestätigt haben. 56Das Gericht beabsichtigt, wie das LG Bonn künftig keine Beweisaufnahme mehr durchzuführen, wenn die Beklagte bestreitet, dass erstattungsfähige Sonderleistungen erbracht wurden, die in allen vorgelegten Urkunden (Mietverträgen und Rechnungen) enthalten sind. Das Bestreiten der Beklagten ist in diesen Fällen nämlich unerheblich, da es „ins Blaue“ erfolgt. Ein solches ist nach der Rechtsprechung des LG Bonn anzunehmen, wenn die Vermieterin auf Vertragsunterlagen verweist und die Beklagte hierauf nicht weiter reagiert. In diesem Fall darf das Gericht davon ausgehen, dass die Tatsache nunmehr unstreitig, zumindest aber nicht hinreichend substantiiert bestritten ist (LG Bonn, Beschluss vom 23.04.2013, 5 S 20/13 und Hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 S 59/13). 57Dass die Berechnung nach Schwacke zu der Vergütung führt, die die Klägerin ermittelt hat, ist unstreitig. 58Für ersparte Eigenaufwendungen der Geschädigten ist kein Abzug zu machen. Der Vortrag der Beklagten reicht nicht aus, um die Voraussetzungen dafür anzunehmen. 59Ein solcher Abzug kommt allenfalls dann in Betracht, wenn Geschädigte ein klassengleiches Fahrzeug anmieten und auch bezahlen (BGH, Urteil vom 05.03.2013, VI ZR 245/11; LG Bonn, Urteile vom 18.12.2012, 8 S 158/12 und vom 27.06.2013, 8 S 13/13). Die Beklagte beruft sich jedoch darauf, ersparte Kosten seien generell abzuziehen. 60Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten beruhen auf Verzug, §§ 286 ff. BGB. 61Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 S. 1 und 2 ZPO. 62Streitwert: 4.391,55 €
die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 4.391,55 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins seit rechtshängigkeit zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 105 % des vollstreckbaren betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin, die nach der urkunde des olg köln vom 09.10.2009 inkassoberechtigt ist, bl. 14 d. a., und eine mietwagenfirma betreibt, klagt auf ersatz restlicher mietwagenkosten aus insgesamt fünf unfällen, die sich im bezirk des ag bonn ereigneten und bei denen die fahrzeuge der unfallgegner jeweils bei der beklagten haftpflichtversichert waren. die volle haftung der beklagten ist dem grund nach unstreitig. in allen fällen traten die geschädigten ihre schadensersatzansprüche auf zahlung der mietwagenkosten sicherungshalber an die klägerin ab. 3am 09.06.2012 erlitt das kfz des zeugen v t in bonn einen verkehrsunfall. der zeuge mietete bei der beklagten vom 06.06.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 22.06.2012 einen pkw, bl. 22 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem vermietung außerhalb der geschäftszeiten, zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 21 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in bonn. die rechnung der klägerin belief sich auf 1.795,80 € netto. die beklagte zahlte 539,84 €. eine mahnung vom 13.07.2012 unter fristsetzung bis zum 20.07.2012 blieb erfolglos. 4am 05.07.2012 erlitt das kfz des herrn l h1 in bonn einen verkehrsunfall. der geschädigte mietete bei der beklagten vom 05.07.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen pkw, bl. 26 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung ab, bl. 25 d. a. der mietvertrag enthielt zustellen und abholen des pkw in bonn. die rechnung der klägerin belief sich auf 1.446,06 € netto. die beklagte zahlte 700,00 €. eine mahnung vom 01.08.2012 unter fristsetzung bis zum 08.08.2012 blieb erfolglos. 5am 09.07.2012 erlitt das kfz des zeugen i h g in bonn einen verkehrsunfall. der zeuge mietete bei der beklagten vom 09.07.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen pkw, bl. 30 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 29 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in remagen. die rechnung der klägerin belief sich auf 1.890,23 € brutto. die beklagte zahlte 1.162,50 €. eine mahnung vom 10.08.2012 unter fristsetzung bis zum 17.08.2012 blieb erfolglos. 6am 19.08.2012 erlitt das kfz des zeugen s c in bonn einen verkehrsunfall. der zeuge mietete bei der beklagten vom 28.08.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 31.08.2012 einen pkw, bl. 34 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 33 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in troisdorf. die rechnung der klägerin belief sich auf 580,68 € brutto. die beklagte zahlte 230,92 €. eine mahnung vom 18.09.2012 unter fristsetzung bis zum 25.09.2012 blieb erfolglos. 7am 23.08.2012 erlitt das kfz der frau f1 n in bonn einen verkehrsunfall. die geschädigte mietete bei der beklagten vom 23.08.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 10.09.2012 einen pkw, bl. 38 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 37 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in bornheim. die rechnung der klägerin belief sich auf 2.569,82 € brutto. die beklagte zahlte 1.000,00 €. eine mahnung vom 01.10.2012 unter fristsetzung bis zum 08.10.2012 blieb erfolglos. 8die beklagte rechnete in den schadensfällen kosten für voll- bzw. teilkaskoversicherungen gesondert ab. 9in allen fällen mahnten die prozessbevollmächtigten der klägerin die beklagte. für die anwaltliche tätigkeit entstanden der klägerin insgesamt anwaltskosten von 622,40 € netto. 10mit der klage macht die klägerin die noch offen stehenden restbeträge aus den obigen fünf rechnungen und die anwaltsvergütung geltend. 11die klägerin ist der auffassung, ihre abrechnung entspreche der rechtsprechung im bezirk des olg köln. die schwacke-liste stelle eine geeignete abrechnungsgrundlage dar. 12die angebote, die die beklagte vorgelegt habe, seien weder konkret noch annahmefähig und auch nicht vergleichbar, da daten fehlten. 13der aufschlag von 20 % sei angemessen und die nebenkosten nach der nebenkostentabelle zur schwacke-liste erstattungsfähig. in allen fällen seien unfallbedingte sonderleistungen angefallen. hierzu hat die klägerin vorgetragen, worauf das gericht bezug nimmt, bl. 102 ff. d. a. das erbringen der leistungen hat die beklagte nicht bestritten. 14kosten für eine haftungsreduzierung seien in jedem fall gesondert erstattungsfähig. 15sie habe sämtliche pkw´s zugestellt und wieder abgeholt. in den schadensfällen t, g, c und n seien die beschädigten kfz, übrigens auch die mietwagen, von mehreren personen gefahren worden, zu denen die klägerin im einzelnen vorgetragen hat, bl. 106 ff .d a. 16ersparte aufwendungen seien nicht abzuziehen, da die geschädigten in allen fällen fahrzeuge einer niedrigeren klasse angemietet hätten – was unstreitig ist. 17die klägerin beantragt, 18die beklagte zu verurteilen, an sie 4.391,55 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins seit rechtshängigkeit zu zahlen. 19die klage ist der beklagten am 22.02.2013 zugestellt worden. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22sie ist der auffassung, angemessen und erforderlich seien allenfalls mietwagenkosten in höhe der schon gezahlten beträge. 23die schwacke-liste stelle keine geeignete berechnungsgrundlage dar. vielmehr sei der fraunhofer marktpreisspiegel heranzuziehen. 24die geschädigten seien verpflichtet gewesen, sich über mietwagentarife zu informieren, bevor sie ein fahrzeug mieteten. hierzu behauptet die beklagte, die geschädigten hätten für die jeweils ersetzten beträge problemlos bei f1, b2 oder t2 in deren bonner niederlassungen ein vergleichbares fahrzeug mieten können. als beleg hat sie screenshots vorgelegt, bl. 75 ff. d. a. 25ein unfallbedingter zuschlag von 20 % sei nur ersatzfähig, falls die geschädigten aufgrund der konkreten unfallbedingten situation auf sonderleistungen angewiesen gewesen seien, was die beklagte bestreitet. 26kosten für eine voll- bzw. teilkaskoversicherung könne die klägerin nach schwacke nicht gesondert abrechnen, sondern sie seien im preis enthalten. soweit das eigene kfz der geschädigten nicht vollkaskoversichert gewesen sei, seien zumindest 50 % der kosten für die vollkaskoversicherung abzuziehen. 27die beklagte bestreitet mit nichtwissen, dass die mietfahrzeuge den geschädigten zugestellt und wieder abgeholt worden seien, dass die geschädigten hierauf angewiesen gewesen und dass die beschädigten kfz von mehreren personen genutzt worden seien und die mietwagen von mehreren personen hätten genutzt werden sollen. 28weil die geschädigten aufwendungen erspart hätten, da sie ihre eigenen fahrzeuge nicht genutzt hätten, seien 15 % der mietwagenkosten abzuziehen. 29das gericht hat beweis durch vernehmung der zeugen c, c2, dr. g, t und n erhoben, bl. 183 ff d. a. 30hinsichtlich der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt verwiesen. 31
32die klage ist zulässig und begründet. 33sie ist zulässig. 34das amtsgericht bonn ist örtlich zuständig, weil sich die unfälle in seinem bezirk ereigneten. die klägerin ist klagebefugt, wie sich aus der zulassung durch das olg köln ergibt und aktivlegitimiert, denn die geschädigten haben ihr die ansprüche auf erstattung der mietwagenkosten wirksam abgetreten, weil nur die höhe der mietwagenkosten, nicht aber die haftungsquote streitig ist (siehe hierzu bgh, urteil vom 05.03.2013, vi zr 245/11). 35die klage ist begründet, denn der klägerin steht ein anspruch auf zahlung weiterer 4.391,55 € gegen die beklagte zu. 36die abrechnung nach der schwacke-liste ist nicht zu beanstanden. das gericht folgt wie schon andere abteilungen des amtsgerichts bonn damit der rechtsprechung des bgh (statt aller: urteil vom 18.12.2012, vi zr 316/11), der bisherigen rechtsprechung des 15. senats des olg köln, der für verkehrsunfallsachen zuständig ist (urteile vom 22.12.2009, 15 u 98/09 und vom 08.11.2011, 15 u 54/11) und des lg bonn (urteile vom 14.08.2009, 1 o 299/09; vom 10.07.2009, 5 s 266/08; vom 18.12.2012, 8 s 158/12; vom 26.02.2013, 8 s 280/12; vom 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 27.06.2013, 8 s 13/13; hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 s 20/13 und vom 23.04.2013, 5 s 20/13). diese entscheidung entspricht auch dem hinweis, den das gericht in der mündlichen verhandlung vom 24.07.2013 gegeben hat und an den es gebunden ist. 37das erkennende gericht behält sich allerdings ausdrücklich vor, künftig nach der neuen rechtsprechung des olg köln zu entscheiden. der 15. senat hat nunmehr den mittelwert zwischen der schwacke-liste und dem marktpreisspiegel fraunhofer zugrunde gelegt, sowohl was den grundpreis als auch was die leistungen betrifft, die in dem grundpreis nicht enthalten sind (urteil vom 30.07.2013, 15 u 212/12). 38die angebote von drei örtlichen vermietern, die die beklagte vorgelegt hat, begründen keine einwendungen gegen die abrechnung nach der schwacke-liste. dies wäre nur dann der fall, wenn die verklagte versicherung dadurch dargetan hätte, dass andere anbieter für den konkreten zeitraum am ort der anmietung mietwagen deutlich günstiger angeboten hätten (bgh, urteil vom 18.12.2012, vi zr 316/11; lg bonn, hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 s 59/13; urteil vom 27.06.2013, 8 s 13/13). 39die angebote geben jedoch keinen anlass, zweifel an der eignung der schwacke-liste zu begründen. 40das erkennende gericht folgt der rechtsprechung des lg bonn, das zu dieser frage in einem vergleichbaren fall ausgeführt hat (urteil vom 28.06.2013, 5 s 166/12; siehe auch lg bonn, urteile vom 18.12.2012, 8 s 158/12; 26.02.2013, 8 s 280/12 und vom 15.05.2013, 5 s 161/12; hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 s 20/13 und vom 28.05.2013, 8 s 59/13): „die von der beklagten benannten alternativangebote der firmen f1, b2 und t2 stammen sämtlich aus einer recherche in internetportalen der jeweiligen anbieter. der internetmarkt ist jedoch nicht zwingend und ohne weiteres mit dem „allgemeinen“ regionalen mietwagenmarkt vergleichbar (vgl. nur bgh, urteil vom 02.02.2010, vi zr 7/09; lg bonn, urteile vom 26.02.2012, 8 s 280/12; vom 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12). preislich liegen die alternativangebote zwar deutlich unter den von der klägerin für die mietwagenkosten geltend gemachten beträgen. jedoch betreffen alle angebote bereits nicht den in rede stehenden anmietzeitraum. ein pauschaler hinweis darauf, den geschädigten sei es möglich gewesen, „zu den tarifen“ eine anmietung im streitgegenständlichen zeitraum vorzunehmen, genügt nicht den an einen hinreichend substantiierten vortrag zu stellenden anforderungen. es liegt kein konkreter vortrag dazu vor, dass die … ermittelten „tarife“ auch im zeitpunkt des aufgetretenen bedarfs der geschädigten … tatsächlich verfügbar gewesen wären.“ 41entsprechend verhält es sich im vorliegenden fall. die beklagte holte die angebote 2013 ein; die geschädigten mieteten die fahrzeuge jedoch schon 2012. 42die beklagte behauptet lediglich pauschal, die geschädigten hätten im unfallzeitpunkt in bonn bei allen drei genannten firmen fahrzeuge zu den ermittelten preisen mieten können. 43keines der vorgelegten angebote ist mit dem der klägerin vergleichbar. 44schon die aufgeführten bedingungen zeigen unterschiede zu dem angebot der klägerin. 45die angebote bei f1 setzten voraus, dass alle personen, die das kfz fuhren, mindestens 19 jahre alt waren. fahrzeuge mit automatikgetriebe waren ausgenommen. bis auf die schadensfälle g und c war die enthaltene kilometerleistung begrenzt. entsprechende einschränkungen enthielten die verträge mit der klägerin nicht. ob weitere leistungen wie z. b. zustellen, abholen und zusatzfahrer enthalten waren, erschließt sich nicht (siehe zur fehlenden vergleichbarkeit wegen nicht ausgewiesener, oftmals versteckter mehrkosten olg köln, urteil vom 08.11.2011, 15 u 54/11; lg bonn, urteil vom 27.06.2013, 8 s 13/13). wie hoch die selbstbeteiligung war, ist nicht angegeben. 46die angebote der firma b2 enthalten keinerlei details. es ist damit zu rechnen, dass leistungen wie haftungsbeschränkungen, unbegrenzte kilometerleistung, zusatzfahrer usw. gesondert zu bezahlen waren. zur frage der selbstbeteiligung fehlen auch hier angaben. 47auch hinsichtlich der firma t2 sind nicht alle leistungen enthalten, die die klägerin anbot. es fehlen angaben zu zustellen, abholen und zusatzfahrer; nur in dem schadensfall c sind alle kilometer inklusive. die selbstbeteiligung lag mit 850,00 € deutlich höher als in den verträgen der klägerin. 48weiterhin bleibt in allen angeboten offen, wie die anbieterinnen den gesichtspunkt der variablen mietdauer preislich verarbeiten. 49prüft das gericht die alternativangebote im einzelnen, besteht kein widerspruch zu dem urteil des bgh vom 18.12.2012 (vi zr 316/11). dort warf der bgh der vorinstanz eine ermessensüberschreitung nur deshalb vor, weil sie sich überhaupt nicht detailliert mit den vorgelegten alternativangeboten auseinandergesetzt hatte. dies sieht das erkennende gericht ebenso wie das landgericht bonn (urteile vom 25.02.2013, 8 s 280/12; 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12). 50der aufschlag von 20 % auf die mietwagenkosten ist angemessen. die einwendungen der beklagten greifen nicht durch. 51der zuschlag ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die anmietung des ersatzfahrzeugs in einer not- oder eilsituation erfolgt. dann nämlich entstehen der vermietenden firma typischerweise mehrkosten (erhöhtes betrugs- und forderungsausfallrisiko, auslastungsrisiko, unbestimmte dauer des mietvertrages, vorfinanzierung, höhere kosten für beratung und service, zinsverluste wegen längerer zahlungsfristen u. a.). für die annahme einer not- und eilsituation in diesem sinne spricht der beweis des ersten anscheins, wenn die anmietung unmittelbar auf das unfallereignis folgt, d. h. in zeitlich engem zusammenhang zu dem unfallereignis steht (lg bonn, urteile vom 30.07.2012, 5 s 94/12; vom 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12; hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 s 20/13). weil in einer unfallsituation regelmäßig ein höherer mietpreis erforderlich ist, bedarf es nicht der darlegung, dass sonderleistungen im konkreten fall nötig waren (lg bonn, urteil vom 26.02.2013, 8 s 280/12). 52im vorliegenden fall mieteten die geschädigten bis auf herrn c die ersatzfahrzeuge am unfalltag. auch in dem schadensfall c kann die klägerin den zuschlag jedoch verlangen, wobei es nicht darauf ankommt, ob im konkreten fall sonderleistungen tatsächlich angefallen sind und ob sie erforderlich waren. geboten ist vielmehr eine generelle betrachtungsweise (lg bonn, urteil vom 26.02.2013, 8 s 280/12). die wesentlichen zusatzleistungen, etwa die vorfinanzierung sowie das risiko, wegen falscher bewertung der anteile am unfallgeschehen mit der ersatzforderung auszufallen, sind unabhängig davon, ob zwischen unfall und anmietung wenige stunden oder tage liegen (lg bonn, urteil vom 27.06.2013, 8 s 13/13). 53die klägerin durfte die teil- bzw. vollkaskoversicherung gesondert berechnen. nach der rechtsprechung gilt dies unabhängig davon, ob das verunfallte fahrzeug kaskoversichert und wie alt es war, weil die geschädigten während der mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen risiko ausgesetzt sind (olg köln, urteil vom 30.07.2013, 15 u 212/12; lg bonn, urteile vom 29.02.2012, 5 s 29/11; 28.06.2011, 8 s 86/11 und vom 26.02.2013, 8 s 280/12). 54die kosten für das zustellen und abholen des mietfahrzeugs sind als ersatzfähig anerkannt (olg köln, urteil vom 08.11.2011, 15 u 54/11; lg bonn, urteile vom 26.02.2013, 8 s 280/12; 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12; hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 s 20/13). dasselbe gilt wegen des höheren risikos für die gesonderte berechnung von weiteren personen, die den pkw fahren (olg köln, urteil vom 20.07.2010, 25 u 11/10; lg bonn, urteile vom 29.02.2012, 5 s 29/11 und vom 26.02.2013, 8 s 280/12). 55weil die beklagte bestritten hat, dass diese leistungen erbracht wurden, hat das gericht die dazu benannten zeugen vernommen, die den vortrag der klägerin bestätigt haben. 56das gericht beabsichtigt, wie das lg bonn künftig keine beweisaufnahme mehr durchzuführen, wenn die beklagte bestreitet, dass erstattungsfähige sonderleistungen erbracht wurden, die in allen vorgelegten urkunden (mietverträgen und rechnungen) enthalten sind. das bestreiten der beklagten ist in diesen fällen nämlich unerheblich, da es „ins blaue“ erfolgt. ein solches ist nach der rechtsprechung des lg bonn anzunehmen, wenn die vermieterin auf vertragsunterlagen verweist und die beklagte hierauf nicht weiter reagiert. in diesem fall darf das gericht davon ausgehen, dass die tatsache nunmehr unstreitig, zumindest aber nicht hinreichend substantiiert bestritten ist (lg bonn, beschluss vom 23.04.2013, 5 s 20/13 und hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 s 59/13). 57dass die berechnung nach schwacke zu der vergütung führt, die die klägerin ermittelt hat, ist unstreitig. 58für ersparte eigenaufwendungen der geschädigten ist kein abzug zu machen. der vortrag der beklagten reicht nicht aus, um die voraussetzungen dafür anzunehmen. 59ein solcher abzug kommt allenfalls dann in betracht, wenn geschädigte ein klassengleiches fahrzeug anmieten und auch bezahlen (bgh, urteil vom 05.03.2013, vi zr 245/11; lg bonn, urteile vom 18.12.2012, 8 s 158/12 und vom 27.06.2013, 8 s 13/13). die beklagte beruft sich jedoch darauf, ersparte kosten seien generell abzuziehen. 60der zinsanspruch und der anspruch auf erstattung von anwaltskosten beruhen auf verzug, §§ 286 ff. bgb. 61die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 s. 1 und 2 zpo. 62streitwert: 4.391,55 €
Klaeger*in
1
164,334
13 K 591/14
"2015-07-03T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.0.1974 geborene Klägerin steht als Polizeimeisterin (Besoldungsgruppe A 7 BBesO) im Dienst der Beklagten. Mit Bescheid vom 12. August 1997 war ihr Besoldungsdienstalter auf den 1. März 1995 festgesetzt worden. 3Mit Verfügung vom 4. Mai 2007 versetzte die Beklagte die Klägerin wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Mai 2007 in den Ruhestand. In der Folgezeit verlangte die Klägerin ihre Reaktivierung. In dem diesbezüglich vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf anhängig gewesenen Klageverfahren (Az. 10 K 6469/08) erklärte der Vertreter der Beklagten ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2009: 4„Ich erkläre mich bereit, die Verfügbarkeit von Dienstposten, die nach Maßgabe des sozialmedizinischen Gutachtens vom 18. Januar 2008 bzw. nach Maßgabe des Ergebnisses eines den aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin berücksichtigenden weiteren Gutachtens für deren Einsatz als Beamtin des mittleren Polizeivollzugsdienstes in Frage kommen könnten, zu prüfen und sodann über den von der Klägerin gestellten Reaktivierungsantrag formell zu entscheiden.“ 5Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. 6Das in Aussicht genommene weitere medizinische Gutachten zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin wurde unter dem 8. Februar 2010 erstellt. 7Am 2. August 2010 ernannte die Beklagte die Klägerin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erneut zur Polizeimeisterin. 8Zwischenzeitlich, durch das Gesetz zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz) vom 5. Februar 2009, war unter anderem das Besoldungsrecht des Bundes mit Wirkung zum 1. Juli 2009 geändert worden. Nach dem neuen Recht ist in den aufsteigenden Gehältern der Gehaltszuwachs nicht mehr an das steigende Lebensalter gebunden; vielmehr orientiert sich das neue Grundgehaltssystem an beruflichen Erfahrungszeiten. Um ein langjähriges Nebeneinander von Alt- und Neurecht zu vermeiden, mussten alle Beschäftigten des Bundes, die am 30. Juni 2009 der Bundesbesoldungsordnung A oder den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 angehörten, zum 1. Juli 2009 in das neue Grundgehaltssystem übergeleitet werden. 9Nachdem die Klägerin erneut zur Polizeimeisterin ernannt worden war, prüfte die Beklagte auch deren Besoldungsüberleitung in das neue Grundgehaltssystem. Dabei kam sie zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zum 2. August 2010 unter Berücksichtigung der Zeiten ihres Ruhestandes in die Überleitungsstufe zur Stufe 6 einzuordnen sei. Der Beginn der Erfahrungszeit sei auf den 1. August 1999 festzusetzen. 10Mit Bescheid vom 9. April 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach deren Reaktivierung die Überleitung der Besoldung in die neue Erfahrungsstufe erfolgen musste und dass der Beginn der Erfahrungszeit auf den 1. August 1999 festgesetzt werde; beigefügt war eine Berechnung des zum 30. Juni 2009 maßgeblichen Besoldungsdienstalters, mit dem die Besoldung übergeleitet worden war. 11Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen geltend machte: Bei der Neuberechnung des Besoldungsdienstalters sei die Beklagte von unzutreffenden Zeiten ausgegangen. Bereits das sozialmedizinische Gutachten vom 18. Januar 2008 habe klargestellt, dass sie ab diesem Zeitpunkt wieder für den uneingeschränkten Einsatz im Polizeivollzugsdienst tauglich gewesen sei. Dass sie erst zum 2. August 2010, mithin mehr als zweieinhalb Jahre später, reaktiviert worden sei, sei nicht ihr Verschulden. Diesbezügliche Zeiten des Ruhestandes seien nicht geeignet, das Besoldungsdienstalter hinauszuschieben. Ferner weist die Klägerin darauf hin, dass die Zuordnung zu Dienstaltersstufen auf der Grundlage des Einstellungslebensalters gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot verstoße. 12Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2013, zugestellt am 28. Oktober 2013, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Weil bei einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis nach einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit die Fortsetzung des früheren Beamtenverhältnisses fingiert werde, sei hier das Besoldungsüberleitungsgesetz anzuwenden gewesen, obwohl die Klägerin am 30. Juni/1. Juli 2009 tatsächlich nicht im Beamtenverhältnis gestanden habe. Der Zeitraum bis zum 30. Juni 2009, in dem die Klägerin ruhestandsbedingt ohne Anspruch auf Besoldung gewesen sei, habe ein Hinausschieben des Besoldungsdienstalters bewirkt. Deshalb sei zunächst das am Stichtag 30. Juni 2009 maßgebliche Besoldungsdienstalter neu festzusetzen und die Klägerin in die entsprechende Dienstaltersstufe einzuordnen gewesen. Auf dieser Grundlage sei dann mit Wirkung ab dem 1. Juli 2009 die Überleitung der Besoldung in das neue Grundgehaltssystem nach Erfahrungszeiten erfolgt. Dabei habe sich der Zeitraum ab 1. Juli 2009, in dem die Klägerin ruhestandsbedingt ohne Anspruch auf Besoldung gewesen sei, in der Weise ausgewirkt, dass sich der Beginn der Erfahrungszeit um ein Jahr und einen Monat verzögert habe. Eine übermäßige zeitliche Verzögerung der Reaktivierung sei nicht zu erkennen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 30. März 2009 habe Einigkeit bestanden, dass zunächst ein weiteres, den aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin dokumentierendes medizinisches Gutachten einzuholen gewesen sei. Dieses habe am 8. Februar 2010 vorgelegen. Nach Prüfung der Verfügbarkeit eines Dienstpostens und der Beteiligung der Gremien sei die Klägerin mit Urkunde vom 2. August 2010 wieder zur Polizeimeisterin ernannt worden. Eine Reaktivierung ab dem Zeitpunkt des ersten ärztlichen Gutachtens vom 18. Januar 2008 sei nicht Gegenstand der Einigung vor Gericht gewesen. Der weitere Einwand, die Zuordnung zu Dienstaltersstufen auf der Grundlage des Einstellungslebensalters verstoße gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot, sei nicht nachvollziehbar. Eine solche Zuordnung sei durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz gerade abgeschafft worden. 13Die Klägerin hat am 28. November 2013 beim Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben. Mit Beschluss vom 28. Januar 2014 hat dieses sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen. 14Zur Begründung der Klage nimmt die Klägerin Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren. Vertiefend trägt sie vor: Nach dem sozialmedizinischen Gutachten vom 18. Januar 2008 sei für die Beklagte ersichtlich gewesen, dass sie spätestens ab diesem Zeitpunkt uneingeschränkt dienstfähig gewesen sei. Die erst zum 2. August 2010 verspätet erfolgte Reaktivierung habe die Beklagte zu vertreten. Die verzögerte Reaktivierung und die daraus resultierenden Ruhestandszeiten seien nicht geeignet, ihr Besoldungsdienstalter hinauszuschieben. 15Die Klägerin beantragt sinngemäß, 16den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2013 aufzuheben. 17Die Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Soweit die Klägerin sich auf einen fiktiven früheren Einstellungstermin berufe, sei dies für die Berechnung des Beginns der Erfahrungszeit nicht maßgeblich. Ausschlaggebend hierfür sei allein die erneute Ernennung am 2. August 2010. Abgesehen davon sei die Klägerin mit der Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens einverstanden gewesen. 20Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 24Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, weil davon auszugehen ist, dass die Beklagte im Fall einer Aufhebung des Bescheides vom 9. April 2013 auch ohne Vollstreckungsdruck den Beginn der Erfahrungszeit der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festsetzen wird. 25Vgl. zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage in derartigen Fällen grundlegend: BVerwG, Urteil vom 30. April 1971 - VI C 35.68 ‑, juris. 26Jedoch ist die Klage nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Beklagte hat den Beginn der Erfahrungszeit der Klägerin zutreffend auf den 1. August 1999 festgesetzt. Diese Festsetzung resultiert aus der Überleitung der Besoldung der Klägerin in das ab dem 1. Juli 2009 geltende Grundgehaltssystem nach Erfahrungszeiten, die ihre rechtliche Grundlage wiederum in § 2 des Besoldungsüberleitungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BesÜG) findet, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem die Klägerin ruhestandsbedingt ohne Anspruch auf Besoldung war. 27Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BesÜG werden Empfängerinnen und Empfänger von Dienstbezügen nach einer Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A im Sinne des § 1 Nr. 1 und 3 - d.h. Beamtinnen und Beamte des Bundes sowie Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit - auf der Grundlage des am 30. Juni 2009 maßgeblichen Amtes mit den für Juni 2009 zustehenden Dienstbezügen nach Maßgabe der folgenden Absätze den Stufen oder Überleitungsstufen des Grundgehaltes der Anlage 1 in der ab Juli 2009 gültigen Fassung zugeordnet. 28Dass diese Vorschrift hier zur Anwendung kommt, die Besoldung der Klägerin also überzuleiten war, obwohl zum Stichtag 30. Juni 2009 faktisch nichts vorhanden war, das hätte übergeleitet werden können, weil das Beamtenverhältnis gemäß § 30 Nr. 4 BBG nicht mehr bestand, folgt aus § 46 Abs. 8 BBG. Danach gilt das frühere Beamtenverhältnis bei einer erneuten Berufung als fortgesetzt. Dies bedeutet für den Fall der Klägerin, dass sie nach ihrer Reaktivierung besoldungsrechtlich nicht als Berufsanfängerin in die Erfahrungsstufe 1 einzuordnen war, sondern dass sie von ihrem bis zum Eintritt in den Ruhestand zurückgelegten Dienstalter profitieren konnte. 29Die Überleitung als solche ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die diesbezüglichen Regelungen des Besoldungsrechts zutreffend auf die Klägerin angewandt. Insbesondere hat sie den Zeitraum des Ruhestands - 1. Juni 2007 bis 1. August 2010 - in Übereinstimmung mit den insoweit einschlägigen rechtlichen Vorschriften bei der Überleitung berücksichtigt. 30Soweit es um den Zeitraum bis zum 30. Juni 2009 geht, kam § 28 Abs. 2 Satz 1 BBesG in der bis dahin geltenden Fassung zur Anwendung. Diese Vorschrift sieht vor, dass der Beginn des Besoldungsdienstalters um Zeiten nach Vollendung des 31. Lebensjahres, in denen kein Anspruch auf Besoldung bestand, hinausgeschoben wird, um zwar um ein Viertel der Zeit bis zum vollendeten 35. Lebensjahr und um die Hälfte der weiteren Zeit. Die diesbezügliche Berechnung der Beklagten ist der dem Bescheid vom 9. April 2013 beigefügten Anlage zu entnehmen; sie kommt zutreffend zu dem Ergebnis, dass das Besoldungsdienstalter um sieben Monate - von März 1995 auf Oktober 1995 - hinauszuschieben war mit der Folge, dass die Klägerin sich am 30. Juni 2009 (fiktiv) in der Dienstaltersstufe 6 befand (siehe hierzu den Aktenvermerk auf Seite 337/337Rü der Beiakte Heft 2). 31Für den Zeitraum ab 1. Juli 2009 folgt aus § 27 Abs. 3 Satz 3 BBesG n.F., dass Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge den Aufstieg in den Erfahrungsstufen um diese Zeiten verzögern, soweit in § 28 Abs. 2 BBesG nicht etwas anderes bestimmt ist. Da einer der in letztgenannter Vorschrift geregelten Sachverhalte hier nicht einschlägig ist, hat die Beklagte den Beginn der Erfahrungszeit nach Überleitung zutreffend um ein Jahr und einen Monat (1. Juli 2009 bis 1. August 2009) nach vorne - auf den 1. August 1999 - verschoben (siehe auch hierzu den Aktenvermerk auf Seite 337/337Rü der Beiakte Heft 2). 32Der in dieser Weise erfolgten Berücksichtigung der Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge steht nicht der bereits erwähnte § 46 Abs. 8 BBG entgegen, wonach bei einer erneuten Berufung das frühere Beamtenverhältnis als fortbestehend gilt. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass der Beamte bei einer erneuten Berufung besoldungsrechtlich nicht als Neueinsteiger behandelt wird, sondern an den bis zum Eintritt in den Ruhestand erreichten Besitzstand anknüpfen kann. Nach der Reaktivierung sollen die bis zum Beginn des Ruhestands erreichten Vorteile unter Einbeziehung der aktiven Dienstzeit weitergegeben werden. Dagegen ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, dass der Beamte fiktiv so zu behandeln wäre, als wenn er nie in den Ruhestand versetzt worden wäre und durchgehend Anspruch auf Besoldung gehabt hätte. Ein ununterbrochen bestehendes Beamtenverhältnis wird durch § 46 Abs. 8 BBG nicht fingiert. 33Vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2014 - 3 ZB 12.529 -, juris, Rz. 6 ff. und vom 10. Juli 2013 - 6 ZB 13.185 -, juris, Rz. 5 f.; OVG Niedersachsen, Urteil vom 25. Januar 2011 ‑ 5 LB 247/09 -, juris, Rz. 33 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 12. Dezember 2012 - RN 1 K 11.360 -, juris, Rz. 26; BAG, Beschluss vom 15. August 2012 ‑ 7 ABR 6/11 -, juris, Rz. 20 ff.; Summer, in Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Stand Juni 2015, § 46 BBG Rz. 14; Reich, Beamtenstatusgesetz, 2. Aufl. 2012, § 29 Rz. 18. 34Der Einwand der Klägerin, die Zeiten des Ruhestands seien unzutreffend berücksichtigt worden, weil sie früher hätte reaktiviert werden müssen, führt auf kein abweichendes Ergebnis. Die Frage, ob die Beklagte die erneute Berufung der Klägerin in das Beamtenverhältnis unnötig verzögert hat, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht von Relevanz. In besoldungsrechtlicher Hinsicht ist allein die Tatsache maßgeblich, dass sich die Klägerin im Zeitraum 1. Juni 2007 bis 2. August 2010 im Ruhestand befand, also keinen Anspruch auf Dienstbezüge hatte. Auf die Gründe hierfür kommt es nicht an. Lediglich angemerkt sei daher mit Blick auf das Vorbringen der Klägerin, dass sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 30. März 2009 einig waren, dass vor einer etwaigen Reaktivierung zunächst ein aktuelles medizinisches Gutachten zum Gesundheitszustand der Klägerin eingeholt werden sollte. Dieses Gutachten lag erst im Februar 2010 vor. Da auch für die anschließende Überprüfung der Verfügbarkeit eines Dienstpostens noch ein gewisser Zeitraum benötigt wurde, spricht nichts für eine Verzögerung der Reaktivierung. 35Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Zuordnung zu Dienstaltersstufen auf der Grundlage des Einstellungslebensalters gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot verstoße, erschließt sich der Zusammenhang zum vorliegenden Fall nicht. Zutreffend führt die Beklagte aus, dass die gerügte Zuordnung zu Dienstaltersstufen durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz gerade abgeschafft worden ist. Eben dies war der Grund für die Überleitung der Besoldung der Klägerin in das neue Grundgehaltssystem nach Erfahrungsstufen. 36Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar.die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die am 00.0.1974 geborene klägerin steht als polizeimeisterin (besoldungsgruppe a 7 bbeso) im dienst der beklagten. mit bescheid vom 12. august 1997 war ihr besoldungsdienstalter auf den 1. märz 1995 festgesetzt worden. 3mit verfügung vom 4. mai 2007 versetzte die beklagte die klägerin wegen dienstunfähigkeit mit ablauf des 31. mai 2007 in den ruhestand. in der folgezeit verlangte die klägerin ihre reaktivierung. in dem diesbezüglich vor dem verwaltungsgericht düsseldorf anhängig gewesenen klageverfahren (az. 10 k 6469/08) erklärte der vertreter der beklagten ausweislich des protokolls der mündlichen verhandlung vom 30. märz 2009: 4„ich erkläre mich bereit, die verfügbarkeit von dienstposten, die nach maßgabe des sozialmedizinischen gutachtens vom 18. januar 2008 bzw. nach maßgabe des ergebnisses eines den aktuellen gesundheitszustand der klägerin berücksichtigenden weiteren gutachtens für deren einsatz als beamtin des mittleren polizeivollzugsdienstes in frage kommen könnten, zu prüfen und sodann über den von der klägerin gestellten reaktivierungsantrag formell zu entscheiden.“ 5daraufhin erklärten die beteiligten den rechtsstreit übereinstimmend für in der hauptsache erledigt. 6das in aussicht genommene weitere medizinische gutachten zum aktuellen gesundheitszustand der klägerin wurde unter dem 8. februar 2010 erstellt. 7am 2. august 2010 ernannte die beklagte die klägerin unter berufung in das beamtenverhältnis auf lebenszeit erneut zur polizeimeisterin. 8zwischenzeitlich, durch das gesetz zur neuordnung und modernisierung des bundesdienstrechts (dienstrechtsneuordnungsgesetz) vom 5. februar 2009, war unter anderem das besoldungsrecht des bundes mit wirkung zum 1. juli 2009 geändert worden. nach dem neuen recht ist in den aufsteigenden gehältern der gehaltszuwachs nicht mehr an das steigende lebensalter gebunden; vielmehr orientiert sich das neue grundgehaltssystem an beruflichen erfahrungszeiten. um ein langjähriges nebeneinander von alt- und neurecht zu vermeiden, mussten alle beschäftigten des bundes, die am 30. juni 2009 der bundesbesoldungsordnung a oder den besoldungsgruppen r 1 und r 2 angehörten, zum 1. juli 2009 in das neue grundgehaltssystem übergeleitet werden. 9nachdem die klägerin erneut zur polizeimeisterin ernannt worden war, prüfte die beklagte auch deren besoldungsüberleitung in das neue grundgehaltssystem. dabei kam sie zu dem ergebnis, dass die klägerin zum 2. august 2010 unter berücksichtigung der zeiten ihres ruhestandes in die überleitungsstufe zur stufe 6 einzuordnen sei. der beginn der erfahrungszeit sei auf den 1. august 1999 festzusetzen. 10mit bescheid vom 9. april 2013 teilte die beklagte der klägerin mit, dass nach deren reaktivierung die überleitung der besoldung in die neue erfahrungsstufe erfolgen musste und dass der beginn der erfahrungszeit auf den 1. august 1999 festgesetzt werde; beigefügt war eine berechnung des zum 30. juni 2009 maßgeblichen besoldungsdienstalters, mit dem die besoldung übergeleitet worden war. 11gegen diesen bescheid erhob die klägerin widerspruch, zu dessen begründung sie im wesentlichen geltend machte: bei der neuberechnung des besoldungsdienstalters sei die beklagte von unzutreffenden zeiten ausgegangen. bereits das sozialmedizinische gutachten vom 18. januar 2008 habe klargestellt, dass sie ab diesem zeitpunkt wieder für den uneingeschränkten einsatz im polizeivollzugsdienst tauglich gewesen sei. dass sie erst zum 2. august 2010, mithin mehr als zweieinhalb jahre später, reaktiviert worden sei, sei nicht ihr verschulden. diesbezügliche zeiten des ruhestandes seien nicht geeignet, das besoldungsdienstalter hinauszuschieben. ferner weist die klägerin darauf hin, dass die zuordnung zu dienstaltersstufen auf der grundlage des einstellungslebensalters gegen das unionsrechtliche diskriminierungsverbot verstoße. 12mit widerspruchsbescheid vom 24. oktober 2013, zugestellt am 28. oktober 2013, wies die beklagte den widerspruch zurück. zur begründung führte sie im wesentlichen aus: weil bei einer erneuten berufung in das beamtenverhältnis nach einer versetzung in den ruhestand wegen dienstunfähigkeit die fortsetzung des früheren beamtenverhältnisses fingiert werde, sei hier das besoldungsüberleitungsgesetz anzuwenden gewesen, obwohl die klägerin am 30. juni/1. juli 2009 tatsächlich nicht im beamtenverhältnis gestanden habe. der zeitraum bis zum 30. juni 2009, in dem die klägerin ruhestandsbedingt ohne anspruch auf besoldung gewesen sei, habe ein hinausschieben des besoldungsdienstalters bewirkt. deshalb sei zunächst das am stichtag 30. juni 2009 maßgebliche besoldungsdienstalter neu festzusetzen und die klägerin in die entsprechende dienstaltersstufe einzuordnen gewesen. auf dieser grundlage sei dann mit wirkung ab dem 1. juli 2009 die überleitung der besoldung in das neue grundgehaltssystem nach erfahrungszeiten erfolgt. dabei habe sich der zeitraum ab 1. juli 2009, in dem die klägerin ruhestandsbedingt ohne anspruch auf besoldung gewesen sei, in der weise ausgewirkt, dass sich der beginn der erfahrungszeit um ein jahr und einen monat verzögert habe. eine übermäßige zeitliche verzögerung der reaktivierung sei nicht zu erkennen. in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht am 30. märz 2009 habe einigkeit bestanden, dass zunächst ein weiteres, den aktuellen gesundheitszustand der klägerin dokumentierendes medizinisches gutachten einzuholen gewesen sei. dieses habe am 8. februar 2010 vorgelegen. nach prüfung der verfügbarkeit eines dienstpostens und der beteiligung der gremien sei die klägerin mit urkunde vom 2. august 2010 wieder zur polizeimeisterin ernannt worden. eine reaktivierung ab dem zeitpunkt des ersten ärztlichen gutachtens vom 18. januar 2008 sei nicht gegenstand der einigung vor gericht gewesen. der weitere einwand, die zuordnung zu dienstaltersstufen auf der grundlage des einstellungslebensalters verstoße gegen das unionsrechtliche diskriminierungsverbot, sei nicht nachvollziehbar. eine solche zuordnung sei durch das dienstrechtsneuordnungsgesetz gerade abgeschafft worden. 13die klägerin hat am 28. november 2013 beim verwaltungsgericht berlin klage erhoben. mit beschluss vom 28. januar 2014 hat dieses sich für örtlich unzuständig erklärt und den rechtsstreit an das verwaltungsgericht düsseldorf verwiesen. 14zur begründung der klage nimmt die klägerin bezug auf ihre ausführungen im widerspruchsverfahren. vertiefend trägt sie vor: nach dem sozialmedizinischen gutachten vom 18. januar 2008 sei für die beklagte ersichtlich gewesen, dass sie spätestens ab diesem zeitpunkt uneingeschränkt dienstfähig gewesen sei. die erst zum 2. august 2010 verspätet erfolgte reaktivierung habe die beklagte zu vertreten. die verzögerte reaktivierung und die daraus resultierenden ruhestandszeiten seien nicht geeignet, ihr besoldungsdienstalter hinauszuschieben. 15die klägerin beantragt sinngemäß, 16den bescheid der beklagten vom 9. april 2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24. oktober 2013 aufzuheben. 17die beklagte beantragt, 18die klage abzuweisen. 19zur begründung trägt sie im wesentlichen vor: soweit die klägerin sich auf einen fiktiven früheren einstellungstermin berufe, sei dies für die berechnung des beginns der erfahrungszeit nicht maßgeblich. ausschlaggebend hierfür sei allein die erneute ernennung am 2. august 2010. abgesehen davon sei die klägerin mit der einholung eines weiteren medizinischen gutachtens einverstanden gewesen. 20die beteiligten haben sich mit einer entscheidung des gerichts ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den sonstigen inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 22
23im einverständnis der beteiligten kann das gericht gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden. 24die klage ist als anfechtungsklage zulässig, weil davon auszugehen ist, dass die beklagte im fall einer aufhebung des bescheides vom 9. april 2013 auch ohne vollstreckungsdruck den beginn der erfahrungszeit der klägerin unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu festsetzen wird. 25vgl. zur zulässigkeit der anfechtungsklage in derartigen fällen grundlegend: bverwg, urteil vom 30. april 1971 - vi c 35.68 ‑, juris. 26jedoch ist die klage nicht begründet. der bescheid der beklagten vom 9. april 2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24. oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. die beklagte hat den beginn der erfahrungszeit der klägerin zutreffend auf den 1. august 1999 festgesetzt. diese festsetzung resultiert aus der überleitung der besoldung der klägerin in das ab dem 1. juli 2009 geltende grundgehaltssystem nach erfahrungszeiten, die ihre rechtliche grundlage wiederum in § 2 des besoldungsüberleitungsgesetzes vom 5. februar 2009 (besüg) findet, unter berücksichtigung des zeitraums, in dem die klägerin ruhestandsbedingt ohne anspruch auf besoldung war. 27nach § 2 abs. 1 satz 1 besüg werden empfängerinnen und empfänger von dienstbezügen nach einer besoldungsgruppe der bundesbesoldungsordnung a im sinne des § 1 nr. 1 und 3 - d.h. beamtinnen und beamte des bundes sowie berufssoldatinnen und berufssoldaten, soldatinnen auf zeit und soldaten auf zeit - auf der grundlage des am 30. juni 2009 maßgeblichen amtes mit den für juni 2009 zustehenden dienstbezügen nach maßgabe der folgenden absätze den stufen oder überleitungsstufen des grundgehaltes der anlage 1 in der ab juli 2009 gültigen fassung zugeordnet. 28dass diese vorschrift hier zur anwendung kommt, die besoldung der klägerin also überzuleiten war, obwohl zum stichtag 30. juni 2009 faktisch nichts vorhanden war, das hätte übergeleitet werden können, weil das beamtenverhältnis gemäß § 30 nr. 4 bbg nicht mehr bestand, folgt aus § 46 abs. 8 bbg. danach gilt das frühere beamtenverhältnis bei einer erneuten berufung als fortgesetzt. dies bedeutet für den fall der klägerin, dass sie nach ihrer reaktivierung besoldungsrechtlich nicht als berufsanfängerin in die erfahrungsstufe 1 einzuordnen war, sondern dass sie von ihrem bis zum eintritt in den ruhestand zurückgelegten dienstalter profitieren konnte. 29die überleitung als solche ist rechtlich nicht zu beanstanden. die beklagte hat die diesbezüglichen regelungen des besoldungsrechts zutreffend auf die klägerin angewandt. insbesondere hat sie den zeitraum des ruhestands - 1. juni 2007 bis 1. august 2010 - in übereinstimmung mit den insoweit einschlägigen rechtlichen vorschriften bei der überleitung berücksichtigt. 30soweit es um den zeitraum bis zum 30. juni 2009 geht, kam § 28 abs. 2 satz 1 bbesg in der bis dahin geltenden fassung zur anwendung. diese vorschrift sieht vor, dass der beginn des besoldungsdienstalters um zeiten nach vollendung des 31. lebensjahres, in denen kein anspruch auf besoldung bestand, hinausgeschoben wird, um zwar um ein viertel der zeit bis zum vollendeten 35. lebensjahr und um die hälfte der weiteren zeit. die diesbezügliche berechnung der beklagten ist der dem bescheid vom 9. april 2013 beigefügten anlage zu entnehmen; sie kommt zutreffend zu dem ergebnis, dass das besoldungsdienstalter um sieben monate - von märz 1995 auf oktober 1995 - hinauszuschieben war mit der folge, dass die klägerin sich am 30. juni 2009 (fiktiv) in der dienstaltersstufe 6 befand (siehe hierzu den aktenvermerk auf seite 337/337rü der beiakte heft 2). 31für den zeitraum ab 1. juli 2009 folgt aus § 27 abs. 3 satz 3 bbesg n.f., dass zeiten ohne anspruch auf dienstbezüge den aufstieg in den erfahrungsstufen um diese zeiten verzögern, soweit in § 28 abs. 2 bbesg nicht etwas anderes bestimmt ist. da einer der in letztgenannter vorschrift geregelten sachverhalte hier nicht einschlägig ist, hat die beklagte den beginn der erfahrungszeit nach überleitung zutreffend um ein jahr und einen monat (1. juli 2009 bis 1. august 2009) nach vorne - auf den 1. august 1999 - verschoben (siehe auch hierzu den aktenvermerk auf seite 337/337rü der beiakte heft 2). 32der in dieser weise erfolgten berücksichtigung der zeiten ohne anspruch auf dienstbezüge steht nicht der bereits erwähnte § 46 abs. 8 bbg entgegen, wonach bei einer erneuten berufung das frühere beamtenverhältnis als fortbestehend gilt. aus dieser vorschrift ergibt sich, dass der beamte bei einer erneuten berufung besoldungsrechtlich nicht als neueinsteiger behandelt wird, sondern an den bis zum eintritt in den ruhestand erreichten besitzstand anknüpfen kann. nach der reaktivierung sollen die bis zum beginn des ruhestands erreichten vorteile unter einbeziehung der aktiven dienstzeit weitergegeben werden. dagegen ist der vorschrift nicht zu entnehmen, dass der beamte fiktiv so zu behandeln wäre, als wenn er nie in den ruhestand versetzt worden wäre und durchgehend anspruch auf besoldung gehabt hätte. ein ununterbrochen bestehendes beamtenverhältnis wird durch § 46 abs. 8 bbg nicht fingiert. 33vgl. bayvgh, beschlüsse vom 20. oktober 2014 - 3 zb 12.529 -, juris, rz. 6 ff. und vom 10. juli 2013 - 6 zb 13.185 -, juris, rz. 5 f.; ovg niedersachsen, urteil vom 25. januar 2011 ‑ 5 lb 247/09 -, juris, rz. 33 ff.; vg regensburg, urteil vom 12. dezember 2012 - rn 1 k 11.360 -, juris, rz. 26; bag, beschluss vom 15. august 2012 ‑ 7 abr 6/11 -, juris, rz. 20 ff.; summer, in gesamtkommentar öffentliches dienstrecht (gköd), stand juni 2015, § 46 bbg rz. 14; reich, beamtenstatusgesetz, 2. aufl. 2012, § 29 rz. 18. 34der einwand der klägerin, die zeiten des ruhestands seien unzutreffend berücksichtigt worden, weil sie früher hätte reaktiviert werden müssen, führt auf kein abweichendes ergebnis. die frage, ob die beklagte die erneute berufung der klägerin in das beamtenverhältnis unnötig verzögert hat, ist im vorliegenden zusammenhang nicht von relevanz. in besoldungsrechtlicher hinsicht ist allein die tatsache maßgeblich, dass sich die klägerin im zeitraum 1. juni 2007 bis 2. august 2010 im ruhestand befand, also keinen anspruch auf dienstbezüge hatte. auf die gründe hierfür kommt es nicht an. lediglich angemerkt sei daher mit blick auf das vorbringen der klägerin, dass sich die beteiligten in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht vom 30. märz 2009 einig waren, dass vor einer etwaigen reaktivierung zunächst ein aktuelles medizinisches gutachten zum gesundheitszustand der klägerin eingeholt werden sollte. dieses gutachten lag erst im februar 2010 vor. da auch für die anschließende überprüfung der verfügbarkeit eines dienstpostens noch ein gewisser zeitraum benötigt wurde, spricht nichts für eine verzögerung der reaktivierung. 35soweit die klägerin darauf verweist, dass die zuordnung zu dienstaltersstufen auf der grundlage des einstellungslebensalters gegen das unionsrechtliche diskriminierungsverbot verstoße, erschließt sich der zusammenhang zum vorliegenden fall nicht. zutreffend führt die beklagte aus, dass die gerügte zuordnung zu dienstaltersstufen durch das dienstrechtsneuordnungsgesetz gerade abgeschafft worden ist. eben dies war der grund für die überleitung der besoldung der klägerin in das neue grundgehaltssystem nach erfahrungsstufen. 36die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo.
Verklagte*r
0
332,281
8 A 1161/18
"2020-09-23T00:00:00"
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 1. Februar 2018 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen - unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der erstinstanzlichen Kostenentscheidung - die Kläger als Gesamtschuldner und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind in beiden Instanzen nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Kläger wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die Benutzung eines Lautsprechers zur Durchführung des Gebetsrufs des Muezzins anlässlich des Freitagsgebets. 3Die Kläger sind Eigentümer des mit einem selbstgenutzten Wohngebäude bebauten Grundstücks Gemarkung P. -F. , Flur , Flurstück mit der Anschrift M. Straße in P. -F. . Das Grundstück liegt nicht innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans. Es grenzt im Osten und Süden an weitere mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke an. Im Westen bzw. Nordwesten schließt sich jenseits eines Baumbestandes eine Sportanlage mit zwei Fußballplätzen an. Nördlich des Grundstücks befindet sich ein landwirtschaftlich genutztes Feld. Östlich des klägerischen Grundstücks beginnt jenseits der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Lohhäuser Straße das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 52 „Lohhäuser Berg“, der in diesem Bereich ein reines Wohngebiet festsetzt. 4Südöstlich des Grundstücks der Kläger liegt in circa 890 m Entfernung jenseits von Wohnbebauung und eines Wäldchens das Grundstück Gemarkung P. -F. , Flur , Flurstück mit der Anschrift Klein-F1. -Straße . Die dort aufstehenden Gebäude nutzt der Beigeladene für die Zwecke seiner türkisch-islamischen Gemeinde. Insbesondere befindet sich hier auch eine Moschee. Das von dem Beigeladenen genutzte Grundstück liegt nicht innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans. Allein in östlicher Richtung grenzen entlang der Klein-F1. -Straße mehrere Wohngebäude ‑ unmittelbar östlich das Wohngebäude mit der Anschrift Klein-F1. -Str. - daran an. Im Übrigen befinden sich im näheren Umfeld des Grundstücks überwiegend freie Flächen. 5Auf dessen Antrag vom 15. Juli 2014 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 15. September 2014 eine Ausnahme nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz zur Benutzung von Geräten, die der Schallerzeugung oder der Schallwiedergabe dienen, zur Durchführung des Gebetsrufes für das Freitagsgebet ausgehend von dem durch den Beigeladenen genutzten Gelände mit der Anschrift Klein-F1. -Straße jeweils freitags in der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr für maximal 15 Minuten. Unter „2. Nebenbestimmungen“ sah die Ausnahmegenehmigung Folgendes vor: 6a) Die Unterschreitung folgender Lärmpegel als Mittelungspegel ist an dem von mir festgelegten Messpunkt, das ist das Wohngebäude Klein-F1. -Str. sicherzustellen. 7Folgende Messwerte dürfen nicht überschritten werden: jeweils freitags im Zeitraum von 12:00 - 14.00 Uhr für max. 15 Minuten, 55 dB(A), kurzfristige Geräuschspitzen 85 dB(A). 8b) Die Lautsprecheranlage ist mit Schallrichtung Nordwest auszurichten. 9Die Genehmigung war bis zum 31. Dezember 2015 befristet und erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Zur Begründung des Bescheides führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Gemäß § 10 Abs. 1 LImSchG NRW dürften Geräte, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, nur in einer solchen Lautstärke betrieben werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt würden. Sowohl die Erteilung einer Ausnahme als auch der Erlass von Nebenbestimmungen stünden im Ermessen der Behörde. Bei der Durchführung des Gebetsrufs handele es sich um eine Immission im Sinne der TA Lärm in einem allgemeinen Wohngebiet. Dafür seien die oben genannten Richtwerte festgelegt worden. Der Aufruf zum Freitagsgebet sei durch das Grundgesetz geschützt. Da dieser Aufruf zum Gebet ähnlich dem christlichen Glockengeläut der Religionsausübung diene und vor allem die muslimischen Bewohner der Ortsteile S. und Klein-F. erreichen solle, könne eine Ausnahme zugelassen werden. Die Ausnahme sei unter Berücksichtigung der nachbarschaftlichen Interessen erteilt worden. Im Rahmen der Erlaubniserteilung seien unter anderem die Lage des Platzes, die Schallrichtung, die Entfernung zu den Wohnungen der Nachbarn, die Zahl der Betroffenen und die Dauer der Veranstaltung (einmal in der Woche für 15 Minuten) berücksichtigt worden. 10Ihre gegen den Bescheid vom 15. September 2014 vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erhobene Klage - 8 K 5351/14 - nahmen die Kläger nach einem rechtlichen Hinweis darauf, dass es vor Klageerhebung eines Widerspruchsverfahrens bedurft hätte, zurück. 11Sie erhoben daraufhin mit Schriftsatz vom 6. März 2015 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten. 12Die Kläger haben am 3. Juli 2015 Klage erhoben. 13Mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2015 hat die Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 15. September 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Die Ausnahmegenehmigung erweise sich auch nach nochmaliger Prüfung als rechtmäßig. Aufgrund der Nebenbestimmungen sei davon auszugehen, dass die umliegenden Wohnbereiche nicht in unzumutbarer Weise gestört würden. Diese Nebenbestimmungen dürften nicht nur dem gegenseitigen Rücksichtnahmegedanken des nachbarlichen Immissionsschutzes, sondern auch der von den Klägern geltend gemachten negativen Religionsfreiheit Rechnung tragen. Der lautsprecherverstärkte Gebetsruf sei von der Religionsfreiheit geschützt. Die negative genieße keinen Vorrang gegenüber der positiven Religionsfreiheit. Sie schütze nicht vor der Konfrontation mit anderen religiösen Überzeugungen und gebe kein Recht, anderen ihre positive Religionsausübung zu untersagen. 14Auf dessen Antrag vom 12. Januar 2017 hat die Beklagte dem Beigeladenen nach Ablauf der Geltungsdauer der mit Bescheid vom 15. September 2014 erteilten Ausnahmegenehmigung mit Bescheid vom 25. Januar 2017 eine weitere Ausnahme nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz zur Durchführung des Gebetsrufes für das Freitagsgebet ausgehend von dem Gelände mit der Anschrift Klein-F1. -Straße jeweils freitags in der Zeit von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr für maximal 15 Minuten erteilt. Die Nebenbestimmungen unter Ziffer 2 sind dabei mit denjenigen des Bescheides vom 15. September 2014 identisch gewesen. Nach Ziffer 3 ist die Genehmigung rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 erteilt worden, bis zum 31. Dezember 2018 befristet gewesen und unter dem Vorbehalt des Widerrufs ergangen. Auch die Begründung des Bescheides hat im Wesentlichen derjenigen des Bescheides vom 15. September 2014 entsprochen. 15Die Kläger haben den Bescheid vom 25. Januar 2017 entsprechend einem richterlichen Hinweis in das laufende Klageverfahren einbezogen. 16Hinsichtlich des Bescheides vom 15. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2015 sowie - nach entsprechender Aufhebung durch die Beklagte - hinsichtlich des von dem Bescheid vom 25. Januar 2017 erfassten Zeitraums vom 1. Januar 2016 bis zum 15. Januar 2017 haben die Kläger und die Beklagte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2018 für erledigt erklärt. 17Zur Begründung ihrer im Übrigen aufrechterhaltenen Klage haben die Kläger im Wesentlichen vorgetragen, dass die dem Beigeladenen erteilte Ausnahmegenehmigung sie in ihrer grundrechtlich geschützten negativen Religionsfreiheit verletze. Der Ruf des Muezzins bestehe nicht nur in einem Aufruf zum Gebet und zum Besuch eines Gotteshauses wie zum Beispiel beim liturgischen Läuten christlicher Kirchen. Er sei vielmehr Bestandteil des Gebetes selbst. Die sogenannten Ungläubigen würden per Lautsprecheranlage zur Teilhabe daran gezwungen. Mit dem Gebetsruf sei ein gegen alle Anhänger anderer Religionen sowie Atheisten und Agnostiker gerichteter Alleinvertretungsanspruch der islamischen Weltreligion verbunden. Ausreichend für eine Grundrechtsbetroffenheit sei im Übrigen das bloße Hören bzw. Hörenkönnen und das Wissen um den Inhalt dieses Rufs. Demgegenüber habe die positive Religionsfreiheit der Mitglieder des Beigeladenen sowie der Angehörigen des Islams zurückzutreten. 18Die Kläger haben beantragt, 191. die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der heutigen Form aufzuheben, 20hilfsweise, 212. festzustellen, dass der mit der Ausnahmegenehmigung der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der heutigen Form genehmigte Gebetsruf für das Freitagsgebet („Ruf des Muezzin“) das aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 140 Grundgesetz i. V. m. Art. 136 Abs. 4 der Weimarer Reichsverfassung geschützte Grundrecht der Kläger auf negative Religionsfreiheit verletzt. 22Die Beklagte hat beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Sie hat ausgeführt, dass die Ausnahme zu erteilen gewesen sei, nachdem auch mit Hilfe der Festsetzung von Nebenbestimmungen ein Ausgleich zwischen den Interessen des Beigeladenen und der betroffenen Nachbarn habe erreicht werden können. Die weiteren Gründe ergäben sich auch aus der verwaltungseigenen gutachtlichen Stellungnahme. Ferner habe sie sich die Begründung zum Ausgangsbescheid vom 15. September 2014 und zu dem dazugehörigen Widerspruchsbescheid vom 27. November 2015 bei der Verlängerung der Ausnahme zu eigen gemacht. 25Der Beigeladene hat im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt. 26Durch das angefochtene, u. a. bei juris veröffentlichte Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Hauptbeteiligten es in der Hauptsache für erledigt erklärt haben; im Übrigen hat es dem Hauptantrag stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2017 im noch streitbefangenen Umfang aufgehoben. 27Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Das Verwaltungsgericht habe die rechtliche Struktur des Ausnahmetatbestands und den Umfang des gerichtlichen Prüfprogramms bei einer Nachbarklage, in deren Rahmen keine objektive Rechtsprüfung stattfinde, verkannt. Die Kläger seien durch die angefochtene Genehmigung nicht in ihren Rechten verletzt. Wäre eine Ausnahme nach § 10 Abs. 4 LImSchG NRW, was das Verwaltungsgericht offen gelassen habe, schon nicht erforderlich, weil die Benutzung der Lautsprecheranlage durch den Beigeladenen keine erhebliche Belästigung unbeteiligter Personen im Sinne des § 10 Abs. 1 LImSchG NRW erwarten ließe, läge schon deshalb keine Rechtsverletzung der Kläger vor. Im Übrigen sei § 10 Abs. 4 LImSchG NRW eine spezifisch immissionsschutzrechtliche Vorschrift und vermittle Drittschutz nur im Rahmen der Lärmbekämpfung. Bereits die Entfernung des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks der Kläger von circa 900 m zum Emissionsort lasse die Möglichkeit der Beeinträchtigung unwahrscheinlich erscheinen. Eine von ihr, der Beklagten, zwischenzeitlich in Auftrag gegebene Schallmessung habe ergeben, dass der Gebetsruf trotz nachgewiesener Benutzung der Lautsprecheranlage am Grundstück der Kläger nicht wahrnehmbar gewesen sei und gegenüber den Umgebungsgeräuschen keine Pegelerhöhung bewirkt habe. Nach der Ausbreitungsrechnung des Schallgutachters betrage der Wirkpegel für den Gebetsruf am Grundstück der Kläger ohne Berücksichtigung von Abschirmungen rechnerisch 33 dB(A). Unter Berücksichtigung der Einwirkzeit und eines etwaigen Zuschlags für Ton- und Informationshaltigkeit liege der Beurteilungspegel deutlich unterhalb des Immissionsrichtwerts für ein allgemeines Wohngebiet. Das Grundstück der Kläger befinde sich schon nicht im Einwirkungsbereich des Vorhabens. 28Auch sei der Beklagten kein Ermessensfehler zu Lasten der Kläger unterlaufen. Bei dem Einsatz der Lautsprecher zum Gebetsruf am Freitag handele es sich um ein von der Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschütztes Verhalten des Beigeladenen. Der Einzelne habe demgegenüber in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gebe, kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen generell verschont zu bleiben. Gefordert gewesen sei allein die Berücksichtigung der Schallschutzbelange sowie der negativen Religionsfreiheit der Nachbarschaft. Hierfür liefere die TA Lärm eine geeignete und unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstandende Methode. 29Die Beklagte beantragt, 30das Urteil des Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom 1. Februar 2018 zu ändern und die Klage mit dem im Berufungsverfahren geänderten Antrag abzuweisen. 31Nach Ablauf der Geltungsdauer der mit Bescheid vom 25. Januar 2017 erteilten Ausnahmegenehmigung beantragen die Kläger nunmehr, 321. unter Zurückweisung der Berufung festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der Fassung vom 1. Februar 2018 rechtswidrig war, 33sowie 342. festzustellen, dass der mit der Ausnahmegenehmigung der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der Fassung vom 1. Februar 2018 genehmigte Gebetsruf für das Freitagsgebet („Ruf des Muezzin“) das aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 4 WRV geschützte Grundrecht der Kläger auf negative Religionsfreiheit verletzt. 35Sie tragen vor: Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei wegen bestehender Wiederholungsgefahr zulässig. Die Beklagte habe nach eigenen Angaben die Bescheidung eines neuen Antrags des Beigeladenen vom 14. Mai 2019 im Hinblick auf das hiesige Verfahren lediglich zurückgestellt und von dessen Ausgang abhängig gemacht. In jedem Fall sei die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung erforderlich gewesen, weil die Verbreitung des Muezzinrufes mittels einer Lautsprecheranlage grundsätzlich geeignet sei, erhebliche Belästigungen mit sich zu bringen. Das von der Beklagten eingeholte Schallgutachten vom 29. März 2018 sei unter mehreren Gesichtspunkten nicht verwertbar. So seien die Kläger nicht einbezogen worden. Die Mischung zwischen Mess- und Prognosegutachten sei nicht systemgerecht. Zudem sei die zugehörige Messung nicht bei einer Mitwindlage erfolgt und es sei diesig gewesen, was zu verfälschten Messergebnissen geführt habe. Auch die möglichen Zuschläge für Ton- und Informationshaltigkeit bzw. Impulshaltigkeit seien nicht nachvollziehbar vorgenommen worden. Fälschlicherweise sei im Übrigen der Immissionsrichtwert eines allgemeinen Wohngebiets und nicht der eines reinen Wohngebiets angesetzt worden. Weiterhin spreche die negative Religionsfreiheit für die Kläger, weil der Gebetsruf auf ihrem Grundstück wahrnehmbar sei. Bei diesem handele es sich nicht um ein rein tonales Geräusch, sondern er zwinge sie zur Teilnahme an einer religiösen Übung. Eine gewisse Kontrolle des Verbreitungsinhalts müsse schon im Genehmigungsverfahren stattfinden. Auch nach dem islamischen Glauben sei ein lautsprecherverstärkter Gebetsruf nicht erforderlich. Der Ruf des Muezzins sei ferner weder herkömmlich noch sozial adäquat oder allgemein akzeptiert. Der bereits erstinstanzlich gestellte Hilfsantrag werde mit Blick darauf, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auf die negative Religionsfreiheit nicht mehr eingegangen sei, vorsorglich als weiterer Hauptantrag gestellt. 36Der Beigeladene stellt auch im Berufungsverfahren keinen Antrag. 37Auf Anregung des Senats hat das Büro V. und Partner, Sachverständige für Immissionsschutz GmbH (im Folgenden: V. und Partner GmbH) eine Ausbreitungsrechnung vom 17. September 2020 erstellt, die nicht den im März 2018 gemessenen, sondern den durch die streitbefangene Genehmigung maximal zugelassenen Schallpegel des Lautsprechers zugrunde legt. 38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und die Gerichtsakte 8 K 5351/14 (VG Gelsenkirchen) sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. 39Entscheidungsgründe: 40Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die von den Klägern in der nunmehrigen Form fortgeführte Klage hat weder mit dem Antrag zu 1. (dazu I.) noch mit dem Antrag zu 2. (dazu II.) Erfolg. 41I. Der Klageantrag zu 1. ist zwar zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 421. Die mit dem Klageantrag zu 1. nunmehr verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist zulässig. Die Kläger konnten ihre Klage auf diese Klageart umstellen (dazu a)). Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft (dazu b)). Die Kläger sind klagebefugt (dazu c)) und sie haben auch ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung (dazu d)). Zudem war die ursprünglich erhobene Drittanfechtungsklage der Kläger nicht bereits unzulässig - insbesondere nicht wegen der ausgebliebenen Durchführung eines Vorverfahrens (dazu e)). 43a) Die Kläger durften ihre ursprünglich erhobene Anfechtungsklage noch im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umstellen. Hierin liegt keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO, sondern eine bloße Einschränkung des Klagebegehrens im Sinne von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO. Denn der Streitgegenstand bleibt unverändert, wenn ein Kläger - wie hier - von der Anfechtung eines Verwaltungsakts zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag übergeht, ohne dass ein geänderter Prozessstoff in das Verfahren eingeführt wird. 44Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29. November 2017 - 6 C 57.16 -, juris Rn. 13. 45Der Umstellung auf die Fortsetzungsfeststellungsklage steht hier nicht entgegen, dass das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils unter anderem auf § 113 Abs. 3 Satz 1 VwGO abgestellt hat (juris Rn. 88). Aus der Erwähnung dieser Vorschrift, die im Übrigen auf den hier vorliegenden Fall einer behördlichen Ermessensentscheidung nicht anwendbar sein dürfte, 46vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 369, m. w. N.; Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Jan. 2020, § 113 Rn. 173, 47folgt insbesondere nicht, dass das Verwaltungsgericht bislang noch gar keine abschließende Entscheidung in der Hauptsache getroffen hätte. Zwar heißt es in § 113 Abs. 3 Satz 1 VwGO, dass das Gericht, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, „ohne in der Sache selbst zu entscheiden“, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben kann, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Bei der in Anwendung dieser Vorschrift ergehenden Entscheidung handelt es sich aber trotz dieses Wortlauts weder um eine bloße Prozess- oder Teilentscheidung noch um eine echte Zurückverweisung, sondern um eine Sachentscheidung, durch die der angefochtene Verwaltungsakt, ebenso wie bei der hier von den Klägern ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage, vollständig aufgehoben wird. 48Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 - 9 C 45.97 -, BVerwGE 107, 128, juris Rn. 11; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 377. 49b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft. Die Ausnahmegenehmigung der Beklagten vom 25. Januar 2017, gegen die die Kläger eine Drittanfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Fall VwGO erhoben hatten, hat sich im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nach Klageerhebung erledigt. Die genannte Genehmigung ist nach deren Ziffer 3 am 31. Dezember 2018 durch Zeitablauf unwirksam geworden (vgl. § 43 Abs. 2 i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW). 50c) Die Kläger sind auch klagebefugt entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO. 51Nach dieser Vorschrift ist eine Anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. 52Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich erscheinen. Diese Möglichkeit ist dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können. Da die Kläger nicht Adressaten des von ihnen angefochtenen immissionsrechtlichen Genehmigungsbescheides sind, kommt es darauf an, ob sie sich für ihr Begehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm stützen können, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte schützt. 53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Dezember 2017 ‑ 8 A 926/16 -, juris Rn. 40 ff., m. w. N. 54Derartige subjektive Abwehrrechte können sich hier aus § 10 Abs. 1 LImSchG NRW ergeben, wonach Tongeräte im Sinne dieser Vorschrift nur in solcher Lautstärke benutzt werden dürfen, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden. Diese Regelung dient dem Schutz von Nachbarbelangen, die bei Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 4 LImSchG NRW zu berücksichtigen sind. 55Die Vorschrift vermittelt Drittschutz allerdings nur im Bereich der Lärmbekämpfung. Dies verdeutlicht auch die Überschrift des Zweiten Abschnitts im Zweiten Teil dieses Gesetzes. Es geht damit insoweit allein um die aus Lärmeinwirkungen herrührenden Fragen und die Würdigung der Lärmsituation. 56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Juni 1987 - 21 A 1136/87 -, NVwZ 1988, 178 (179); Boisserée/ Oels/Hansmann/Denkhaus, Immissionsschutzrecht, Stand: Mai 2020, § 9 LImSchG NRW Rn. 1 und § 10 LImSchG NRW Rn. 2. 57Der Umstand, dass die allein durch den Lautsprecher verursachte Geräuschbelastung am Wohnhaus der Kläger bei dem durch die angefochtene Genehmigung erlaubten Schallpegel (Mittelungspegel von 55 dB(A) am nächstgelegenen Nachbarhaus) recht gering ist, steht der Annahme einer Klagebefugnis der Kläger im vorliegenden Einzelfall nicht entgegen. Der lautsprecherverstärkte Gebetsruf ist am Wohnhaus der Kläger grundsätzlich wahrnehmbar, abhängig von der Lautstärke der Hintergrundgeräusche. Der in der schalltechnischen Stellungnahme der V. und Partner GmbH vom 17. September 2020 berechnete Schallpegel von 28 dB(A) liegt als solcher nach einer Kategorisierung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, 58vgl. https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/laerm/geraeusche/grundlagen-der-wahrnehmung-wirkung-und-beurteilung, 59im oberen Bereich eines gerade hörbaren Geräuschs (Uhrenticken, Blätterrauschen), noch unterhalb eines schwachen Geräuschs (Unterhaltungssprache, ruhige Wohnstraße). Nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat kann eine deutlich höhere (10 oder mehr dB(A)) Hintergrundbelastung die Wahrnehmung eines Geräusches ausschließen (Protokollabdruck Seite 4). Ausgehend von dem nach dem Schallgutachten der V. und Partner GmbH vom 29. März 2018 an dem Wohnhaus der Kläger am 23. März 2018 gemessenen Hintergrundgeräuschpegel LAF95 (IP1, temporär mäßiger Straßenverkehr sowie Naturgeräusche durch Vögel) von 33,7 dB(A) ist demnach die Wahrnehmbarkeit des genehmigten Gebetsrufs am Wohngrundstück der Kläger nicht in jedem Fall auszuschließen. 60Zwar legt ein Schallpegel von 28 dB(A) grundsätzlich nahe, dass sich das Wohnhaus der Kläger schon nicht im Einwirkungsbereich der Schallquelle im Sinne von Nr. 2.2 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) befinden dürfte. Denn der dort verursachte Beurteilungspegel liegt mehr als 10 dB(A) unter den tagsüber geltenden Immissionsrichtwerten für ein allgemeines Wohngebiet nach Nr. 6.1 lit. d) TA Lärm in der bei Erlass des Bescheids geltenden Fassung (a. F.) (jetzt lit. e)) von 55 dB(A) bzw. für ein reines Wohngebiet nach Nr. 6.1 lit. e) TA Lärm a. F. (jetzt lit. f)) von 50 dB(A). 61Da das Klagebegehren der Kläger aber gerade nicht auf eine allein an den Immissionsrichtwerten der TA Lärm orientierte Prüfung, sondern auf eine Berücksichtigung ihrer grundrechtlich geschützten negativen Religionsfreiheit im Rahmen der einzelfallbezogenen Beurteilung der Zumutbarkeit zielt, kann eine Verletzung in ihren eigenen Rechten durch die streitgegenständliche Genehmigung nicht von vornherein ausgeschlossen werden, ohne die Prüfung der Begründetheit der Klage bereits an dieser Stelle in unzulässiger Weise vorwegzunehmen. 62d) Die Kläger haben auch ein berechtigtes Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der beantragten Feststellung. Ein solches Interesse ergibt sich hier aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr. Die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 ist neben derjenigen vom 15. September 2014 die zweite - im Wesentlichen gleichlautende - Genehmigung zugunsten des Beigeladenen, die sich durch Zeitablauf erledigt hat. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 29. Mai 2019 zudem verdeutlicht, dass ihr bereits ein erneuter Antrag des Beigeladenen vom 14. Mai 2019 vorliege, dessen Bescheidung sie allein im Hinblick auf das hiesige Verfahren zurückstelle. Demnach kann sich für die Kläger zukünftig eine tatsächlich wie rechtlich vergleichbare Situation ergeben, deren Klärung sie bereits durch dieses Verfahren anstreben. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, sie werde den Hinweis des Gerichts zu einem Zuschlag für Informationshaltigkeit über den reinen Mittelungspegel hinaus bei etwaigen zukünftig zu erteilenden Genehmigungen berücksichtigen (Protokollabdruck Seite 4), den am Nachbargebäude einzuhaltenden Immissionswert mithin erneut überprüfen. Denn abgesehen davon, dass diese Erklärung der Beklagten noch keinen Aufschluss über die konkrete Ausgestaltung einer möglichen zukünftigen Genehmigung gibt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Beklagte beabsichtigt, dem Beigeladenen demnächst wiederum eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. 63e) Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass die ursprünglich gegen die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 erhobene Drittanfechtungsklage der Kläger nach § 68 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 110 JustG NRW als unzulässig anzusehen wäre, weil diese vor Klageerhebung kein Vorverfahren nach § 68 VwGO durchgeführt haben. 64Ein solches Vorverfahren war hier ausnahmsweise entbehrlich. Zwar findet nach § 110 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 JustG NRW das Vorverfahren Anwendung auf im Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte - wie die Kläger -, die sich gegen den Erlass eines einen anderen begünstigenden Verwaltungsaktes wenden. Das gilt grundsätzlich auch im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungen wie hier. 65Wenn allerdings bereits ein Vorverfahren für ein im Wesentlichen gleiches Vorhaben durchgeführt worden ist, das Vorhaben in ein anhängiges Klageverfahren einbezogen wird, sich der Streitstoff dadurch nicht wesentlich ändert und das Gericht die Sachdienlichkeit einer Klageänderung nach § 91 Abs. 1 VwGO bejaht, ist ein erneutes Vorverfahren nicht erforderlich. 66Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 -, NVwZ 2006, 87 (88), vom 22. Februar 1980 - IV C 61.77 -, juris Rn. 23, und vom 27. Februar 1970 - IV C 28.67 -, NJW 1970, 1564 (1565); Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 68 VwGO Rn. 34; Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Jan. 2020, § 68 Rn. 34a. 67Dies ist hier der Fall. Die Kläger hatten gegen die zuvor erteilte Ausnahmegenehmigung vom 15. September 2014 Klage erhoben und ein Vorverfahren durchgeführt, das mit Erlass des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 27. November 2015 endete. Die Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017, die mit derjenigen vom 15. September 2014 inhaltlich im Wesentlichen identisch ist, haben sie mit anwaltlichem Schriftsatz vom 1. März 2017 in dieses laufende Klageverfahren einbezogen. Dieses Vorgehen hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis als sachdienlich eingestuft. Mit Blick auf das bereits erfolglos durchlaufene Vorverfahren hinsichtlich der Ausnahmegenehmigung vom 15. September 2014 hätte sich ein erneutes Vorverfahren anlässlich der im Wesentlichen auf eine bloße zeitliche Fortführung der bisherigen Regelung gerichteten Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 als ein bloßer Formalismus dargestellt. 682. Der Klageantrag zu 1. ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Feststellung, dass der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der Fassung vom 1. Februar 2018 rechtswidrig war. Eine solche Feststellung setzt voraus, dass die Kläger durch den erledigten Bescheid in ihren eigenen Rechten verletzt worden sind (dazu a)). Dies ist hier nicht der Fall (dazu b)). 69a) Entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO reicht die objektive Rechtswidrigkeit des streitigen Verwaltungsaktes nicht aus, dem Fortsetzungsfeststellungsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Wie der enge Zusammenhang zwischen Satz 1 und Satz 4 des § 113 Abs. 1 VwGO deutlich macht, darf dem Feststellungsbegehren nur entsprochen werden, soweit der Kläger durch den rechtswidrigen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt worden ist und der betreffende Verwaltungsakt deshalb hätte aufgehoben werden müssen, wenn er sich nicht erledigt hätte. 70Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. März 1987 - 1 C 15.85 -, juris Rn. 15, und vom 23. März 1982 ‑ 1 C 157.79 -, juris Rn. 26. 71Demnach entspricht das Prüfprogramm einer Fortsetzungsfeststellungsklage, auf die eine Anfechtungsklage nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes umgestellt wird, dem des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Fortsetzungsfeststellungsklage keinen umfassenderen Rechtsschutz gewähren darf als die vor der Erledigung erhobene Anfechtungsklage, kann hierbei insbesondere nicht auf eine subjektive Rechtsverletzung verzichtet werden. 72Vgl. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Jan. 2020, § 113 Rn. 151. 73Das gilt auch für die Drittanfechtung von Ermessensentscheidungen. Entscheidungserheblich ist allein, ob Rechte des Klägers durch den angefochtenen Verwaltungsakt selbst verletzt sind. Darauf, ob die Anforderungen, die an eine Ermessensentscheidung allgemein zu stellen sind, gewahrt wurden, kommt es dagegen nicht an. 74Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1998 - 4 C 14.87 -, juris Rn. 10, und Beschluss vom 8. Juli 1998 - 4 B 64.98 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 9. Mai 2016 - 10 A 1613/14 -, juris Rn. 50 ff., m. w. N., und Beschluss vom 10. September 2018 - 10 B 1228/18 -, juris Rn. 10 ff. 75b) Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO lagen hier nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob die mittlerweile erledigte streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung der Beklagten vom 25. Januar 2017 in der Fassung vom 1. Februar 2018 objektiv rechtswidrig gewesen ist; sie hat die Kläger jedenfalls nicht in deren eigenen Rechten verletzt. Dies liegt zwar nicht daran, dass schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 LImSchG NRW nicht erfüllt wären und die Genehmigung daher nicht erforderlich gewesen wäre (dazu aa)). Die von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW vorausgesetzte Belastungsgrenze war allerdings durch die erteilte Genehmigung im Falle der Kläger objektiv nicht erreicht (dazu bb)). Aus § 10 Abs. 2 LImSchG NRW ergeben sich keine weitergehenden Rechte für die Kläger (dazu cc)). 76aa) Eine Verletzung subjektiver Rechte der Kläger ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Ausnahmegenehmigung wegen eines schon nicht dem Genehmigungserfordernis unterliegenden Regelungsgegenstandes ins Leere ginge. 77Die dem Beigeladenen erteilte Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 stützt sich auf § 10 Abs. 4 Satz 1 LImSchG NRW. Danach kann die örtliche Ordnungsbehörde bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Nach § 10 Abs. 1 LImSchG NRW dürfen Geräte, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen (Musikinstrumente, Tonwiedergabegeräte und ähnliche Geräte), nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden. Absatz 2 der Vorschrift verbietet den Gebrauch dieser Geräte auf öffentlichen Verkehrsflächen sowie in und auf solchen Anlagen, Verkehrsräumen und Verkehrsmitteln, die der allgemeinen Benutzung dienen, ferner in öffentlichen Badeanstalten, wenn andere hierdurch belästigt werden können. 78Der Anwendungsbereich des § 10 LImSchG NRW ist hier - was das Verwaltungsgericht offen gelassen hat - in tatbestandlicher Hinsicht erfüllt. Der von der Beigeladenen eingesetzte Lautsprecher ist stark genug, um jedenfalls in der nächsten Nachbarschaft Lärmimmissionen zu verursachen, die als erhebliche Belästigung im Sinne von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW oder als Belästigung im Sinne von § 10 Abs. 2 LImSchG NRW gewertet werden können. Der streitbefangene Bescheid, der sich ausdrücklich an den Vorgaben der TA Lärm orientiert und für das unmittelbare Nachbargebäude einen Zielwert von 55 dB(A) als Mittelungspegel vorgibt, lässt eine Überschreitung des nach der TA Lärm maßgeblichen Immissionsrichtwerts damit - wenn auch möglicherweise ungewollt - zu. Denn die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm stellen auf den Beurteilungspegel ab, der sich nach Nr. 2.10 TA Lärm aus dem Mittelungspegel (vgl. Nr. 2.7 TA Lärm) und den hier jedenfalls im Nahbereich hinzuzurechnenden Zuschlägen für Ton- und Informationshaltigkeit (nach A.3.3.5 des Anhangs zur TA Lärm 3 oder 6 dB) zusammensetzt, hier also am Nachbargebäude bis zu 61 dB(A) betragen dürfte. 79bb) Es fehlte allerdings an einer subjektiven Rechtsverletzung, weil die von § 10 LImSchG NRW vorausgesetzte Belastungsgrenze durch die erteilte Genehmigung im Falle der Kläger objektiv nicht erreicht war. Der Gebetsruf stellte in der genehmigten Form keine erhebliche Belästigung im Sinne von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW für die Kläger dar. 80Was erhebliche Belästigungen im Sinne dieser Vorschrift sind, bestimmt sich nach § 3 Abs. 1 BImSchG. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung von § 10 LImSchG NRW innerhalb dieses Gesetzes: Nach § 1 Abs. 1 LImSchG NRW gilt dieses Gesetz für die Errichtung und für den Betrieb von Anlagen sowie für das Verhalten von Personen, soweit dadurch schädliche Umwelteinwirkungen verursacht werden können. Die Begriffe der schädlichen Umwelteinwirkungen, der Immissionen und der Emissionen werden nach § 2 Satz 1 LImSchG NRW in diesem Gesetz im Sinne des § 3 Abs. 1 bis 6 BImSchG verwandt. Nach § 3 Abs. 1 LImSchG NRW hat sich jeder so zu verhalten, dass schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden, soweit das nach den Umständen des Einzelfalles möglich und zumutbar ist. § 10 LImSchG NRW befindet sich im Zweiten Teil des Gesetzes, der nach dem Ersten Teil - Allgemeine Vorschriften - Vorschriften für besondere Immissionsarten und Anlagensicherheit enthält und darin im Zweiten Abschnitt (§§ 9 bis 11) die Lärmbekämpfung regelt. 81Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Nachbarschaft in diesem Sinne kennzeichnet ein qualifiziertes Betroffensein, das sich deutlich abhebt von den Auswirkungen, die den Einzelnen als Teil der Allgemeinheit treffen können. Sie setzt im Interesse klarer und überschaubarer Konturen und damit letztlich im Interesse der Rechtssicherheit ein besonderes Verhältnis zur Anlage im Sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen Beziehung des Bürgers zum Genehmigungsgegenstand voraus. 82Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Juli 2012 - 7 A 11.11 -, juris Rn. 33, vom 7. Mai 1996 - 1 C 10.95 -, juris Rn. 34, und vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50.78 -, juris Rn. 12. 83Dies gilt auch für den von § 10 LImSchG NRW im Bereich der Lärmbekämpfung vermittelten Drittschutz. Die Drosselung der Geräuschentwicklung schallerzeugender Geräte liegt in erster Linie im Interesse der durch den Lärm unmittelbar betroffenen Umgebung. 84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. Juli 1983 - 4 A 1063/82 -, NVwZ 1984, 531 (532); Himmelmann, LImSchG NRW, Stand: Juni 2019, §10 Erl. 3. 85Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ein behördlicher Beurteilungsspielraum ist insoweit nicht eröffnet. 86Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - I C 102.76 -, juris Rn. 32. 87Für die Frage, ob Lärmeinwirkungen das zumutbare Maß überschreiten und damit eine erhebliche Belästigung im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG darstellen, ist ein objektivierter Maßstab - nämlich das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Nachbarn - zugrunde zu legen. 88Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. September 1999 ‑ 4 C 6.98 -, juris Rn. 29, vom 7. Mai 1996 - 1 C 10.95 -, juris Rn. 28, vom 7. Oktober 1983 - 7 C 44.81 -, juris Rn. 18, Beschluss vom 18. Mai 2009 - 8 B 13.09 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 15. März 2007 - 10 A 998/06 -, juris Rn. 82, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, juris Rn. 76 f., und vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, juris Rn. 19. 89Nach diesen Maßstäben stellte der lautsprecherverstärkte Gebetsruf in seiner genehmigten Form keine erhebliche Belästigung im Sinne von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG für die Kläger dar. Das gilt sowohl bei einer an den Vorschriften der TA Lärm (dazu aaa)) orientierten Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmeinwirkung (dazu bbb)) als auch bei Würdigung des Einzelfalls nach Maßgabe von § 10 Abs. 4 Satz 1 LImSchG NRW sowie der § 1 Abs. 1, § 2 Satz 1 LImSchG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG (dazu ccc)). 90aaa) Das Regelwerk der TA Lärm ist im Ansatz auch für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Gebetsrufs des Muezzins prinzipiell geeignet. 91Vgl. Thormann, KommJur 2018, 256 (Anm. zu dem hier angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts); Troidl, DVBl. 2012, 925 (933); Wallkamm, Muslimische Gemeinden in Deutschland im Lichte des Staatskirchenrechts, 2012, S. 172 ff.; Mick-Schwerdtfeger, Kollisionen im Rahmen der Religionsausübung, 2008, S. 161 f.; Sarcevic, DVBl. 2000, 519 (525); Muckel, NWVBl. 1998, 1 (4); Guntau, ZevKR 43 (1998), 369 (385); Otting, Städte- und Gemeinderat 1997, 65 (66). 92Dies ergibt sich aus Folgendem: Die im Verfahren nach § 48 BImSchG als Verwaltungsvorschrift erlassenen Vorschriften der TA Lärm - hier mit Blick auf die Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 in der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung - konkretisieren die Frage, wann schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche vorliegen. Sie können - mit gewissen Einschränkungen - grundsätzlich auch für die Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob die Geräuschbelastung durch den lautsprecherverstärkten Gebetsruf des Muezzins im Rechtssinne die Schwelle der erheblichen Belästigung im Sinne von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG erreicht. 93Die TA Lärm gilt zwar nach ihrer Nr. 1 unmittelbar nur für genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des § 4 BImSchG. Die in ihr niedergelegten Lärmermittlungs- und Bewertungsgrundsätze sind aber auch für andere Lärmarten - je nach deren Ähnlichkeit mit gewerblichem Lärm - bedeutsam. Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm regeln die Schutzwürdigkeit bestimmter Gebiete in Abhängigkeit von der jeweiligen Gebietsart, den tatsächlichen Verhältnissen und der Tageszeit und können daher auch in anderen immissionsschutzrechtlichen Verfahren als Ausgangspunkt für die Frage dienen, ob bei der Einzelfallwürdigung eine unzumutbare Lärmbelastung vorliegt. 94Vgl. zum Zeitschlagen von Kirchturmuhren: BVerwG, Urteil vom 30. April 1992 - 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163, juris Rn. 11 f.; zum liturgischen Glockengeläut: BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1983 - 7 C 44.81 -, juris Rn. 19; Beschlüsse vom 19. Februar 2013 - 7 B 38.12 -,juris Rn. 10, und vom 2. September 1996 - 4 B 152.96 -, juris Rn. 6. 95Da die TA Lärm jedoch in ihrer Grundausrichtung auf gewerblichen (Dauer‑)Lärm zugeschnitten ist und der elektronisch verstärkte Gebetsruf hier im spezifischen Kontext einer landesrechtlichen Ausnahmeregelung zur Benutzung von Tongeräten nach § 10 LImSchG NRW steht, ist sie insofern modifiziert und auf den landesrechtlichen Kontext angepasst anzuwenden. 96Das gilt insbesondere in Bezug auf den maßgeblichen Beurteilungszeitraum. Gemäß Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 1 TA Lärm gelten die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm während des Tages für eine Beurteilungszeit von 16 Stunden. Dies berücksichtigt den Umstand, dass gewerbliche Anlagen typischerweise auf längere Betriebszeiten ausgelegt sind. Die von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW erfassten Tongeräte und erst recht die in § 10 Abs. 3 LImSchG NRW genannten, der Wahlwerbung dienenden Lautsprecher, hinsichtlich derer der Landesgesetzgeber ein ausdrückliches Regelungsbedürfnis gesehen hat, werden jedoch typischerweise nur kurzzeitig betrieben. Nach der Wertung, die in § 10 LImSchG NRW und den dortigen Verbotsnormen (Absätze 1 und 2) und Ausnahmen (Absätze 3 bis 5) zum Ausdruck kommt, ist auch schon mit dem nur kurzzeitigen Einsatz von Tongeräten an sich eine erhöhte Störwirkung verbunden. Daher ist es hier allein sachgerecht, als Beurteilungszeit auf die tatsächliche Einwirkzeit (vgl. A.1.1.3 des Anhangs zur TA Lärm) im Rahmen der nach der streitgegenständlichen Genehmigung maximal zulässigen Betriebszeit von 15 Minuten abzustellen. Ein derartiges Verständnis des Beurteilungszeitraums hat im Übrigen auch der verantwortliche Mitarbeiter der Beklagten, Herr Stadtverwaltungsdirektor H. , im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Ausdruck gebracht (Protokollabdruck Seite 3). 97bbb) Ausgehend vom Vorstehenden führte der mit Bescheid vom 25. Januar 2017 genehmigte Gebrauch eines Lautsprechers nicht zu einer erheblichen Belästigung im Sinne von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG am Wohnhaus der Kläger. Der Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 TA Lärm wurde dort eingehalten (dazu (1)). Der genehmigte Gebetsruf ist auch nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls als trotzdem erheblich belästigend anzusehen (dazu (2)). 98(1) Der maßgebliche Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 TA Lärm wurde am Wohnhaus der Kläger deutlich unterschritten. 99Es kann dahinstehen, ob das Grundstück der Kläger in einem allgemeinen oder in einem reinen Wohngebiet liegt. Der Immissionsrichtwert beträgt tags in einem allgemeinen Wohngebiet nach Nr. 6.1 lit. d) TA Lärm a. F. 55 dB(A) (nach TA Lärm 2017 lit. e)) und in einem reinen Wohngebiet nach Nr. 6.1 lit. e) TA Lärm a. F. 50 dB(A) (nach TA Lärm 2017 lit. f)). Beide Werte wurden durch den genehmigten Betrieb des Lautsprechers nicht annähernd erreicht. 100Das belegt die auf einer Ausbreitungsrechnung beruhende schalltechnische Stellungnahme der V. und Partner GmbH vom 17. September 2020. Dabei wurde insbesondere zugrunde gelegt, dass der nach Ziffer 2 a) des Bescheides maximal zulässige Mittelungspegel von 55 dB(A) an dem Immissionsort „Wohngebäude Klein-F1. Straße “ während der maximalen Einwirkzeit von 15 Minuten ausgeschöpft wird. Danach beträgt der Schallpegel bei einer nach den Vorgaben der TA Lärm erfolgten Berechnung, d. h. bei unterstellten günstigen meteorologischen und Mitwind-Bedingungen, sowie ohne Berücksichtigung von Abschirmungen durch Gebäude oder Bewuchs am Grundstück der Kläger lediglich 28 dB(A). Die schalltechnische Stellungnahme ist zwar zusätzlich „für eine Einwirkzeit von 0,25 h innerhalb der Beurteilungszeit von 16 h“ von einer Zeitkorrektur von -18 dB(A) ausgegangen. Da sich nach dem Vorstehenden die Beurteilungszeit aber nicht aus Nr. 6.4 Abs. 3 Satz 1 TA Lärm ergibt, sondern mit der Einwirkzeit gleichzusetzen ist, ist von dem rechnerisch ermittelten Schallpegel von 28 dB(A) auszugehen. Selbst bei einem Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit nach A.2.5.2 (bzw. A.3.3.5) des Anhangs zur TA Lärm von maximal 6 dB(A) würde der Beurteilungswert auf dem klägerischen Grundstück von (28 dB(A) + 6 dB(A) =) 34 dB(A) deutlich unter den oben genannten Immissionsrichtwerten liegen. 101Der Immissionsrichtwert für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen nach Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm von 85 dB(A) tags im allgemeinen Wohngebiet und von 80 dB(A) tags im reinen Wohngebiet wird am Wohnhaus der Kläger ebenfalls offenkundig eingehalten. Nach der Nebenbestimmung in Ziffer 2 a) des Bescheides dürfen kurzfristige Geräuschspitzen einen Maximalwert von 85 dB(A) selbst an dem unmittelbar neben der Moschee gelegenen Wohngebäude Klein-F1. Straße nicht überschreiten. 102Das Vorbringen der Kläger, der Gebetsruf sei in der Vergangenheit lauter gewesen als bei der Nachmessung im März 2018 und nach der Genehmigung zugelassen, gibt keinen Anlass, bei der hier gebotenen Prüfung auf einen lauteren als den genehmigten Betrieb des Lautsprechers abzustellen. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beigeladene ohnehin nicht an die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz halten und der maßgebliche Lärmrichtwert am Wohnhaus der Kläger regelmäßig überschritten würde. 103Grundsätzlich darf sich eine Behörde bei Erteilung einer Genehmigung - wie hier geschehen - darauf beschränken, Immissionswerte als Zielwerte festzulegen. Diese sind zur Sicherstellung eines hinreichenden Lärmschutzniveaus grundsätzlich geeignet. Abweichendes gilt bei absehbaren Problemen, die Einhaltung des Zielwertes durch eine Nachmessung zu überprüfen, 104vgl. zu Windenergieanlagen OVG NRW, Urteil vom 18. November 2002 - 7 A 2127/00 -, juris Rn. 75, 105oder wenn die bei der Nutzung der genehmigten Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu überschreiten drohen. Dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Zielwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten. 106Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Juni 1971 - I C 39.67 -, NJW 1971, 1475, und vom 5. November 1968 - I C 29.67 -, VerwRspr 1969, 220; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Januar 2016 - 2 A 2423/15 -, BeckRS 2016, 41565 Rn. 31 f., und vom 12. Februar 2013 - 2 B 1336/12 -, BeckRS 2013, 48005. 107Eine solche Fallkonstellation lag hier nicht vor. Die elektronische Verstärkung des Gebetsrufs ist nicht von sich aus bei regelmäßigem Betrieb auf eine Überschreitung der festgelegten Zielwerte angelegt. So haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben (Protokollabdruck, Seite 2), den Ruf des Muezzins an ihrem Haus letztmalig Ende 2014/Anfang 2015 akustisch wahrgenommen zu haben. Sollte es seit der Geltung der hier streitbefangenen Genehmigung vom 25. Januar 2017 gleichwohl zu einer Überschreitung der Lärmrichtwerte am Wohnhaus der Kläger gekommen sein, wäre dies eine Frage der Überwachung der erteilten Genehmigung durch die Beklagte gewesen und hätte dieser ohne Weiteres zur Kenntnis gebracht werden können. Im Übrigen haben die Vertreter des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich gemacht, dass sie bereit sind, die Vorgaben der Genehmigung einzuhalten. Der Vereinsvorsitzende, Herr L. , hat erklärt, im Falle der Erteilung einer neuen Genehmigung würden die Lärmwerte eingehalten. Insbesondere werde auch ein Techniker hinzugezogen (Protokollabdruck Seite 4). 108Das Vorbringen der Kläger gegen die Ermittlung der Geräuschimmission durch die V. und Partner GmbH ist unbegründet. 109Auf die gegen das Verfahren bei Erstellung des Schallgutachtens vom 29. März 2018 und dessen Inhalt, insbesondere die Mischung zwischen Mess- und Prognosegutachten, gerichteten Einwände der Kläger kommt es nicht an. Da Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens die erteilte Genehmigung und nicht etwa eine (Überwachungs‑)Messung ist, ist auf die schalltechnische Stellungnahme vom 17. September 2020 abzustellen, die nicht auf dieser Messung, sondern auf einer Ausbreitungsrechnung ausgehend von den genehmigten Schallleistungspegeln beruht. Vor diesem Hintergrund verfangen auch die Bedenken hinsichtlich der meteorologischen Verhältnisse bei der Messung am 23. März 2018 (Querwindsituation, diesige Wetterlage) schon im Ansatz nicht. 110Dasselbe gilt, soweit die Kläger in Frage stellen, dass eine nachvollziehbare Berücksichtigung der Zuschläge für Ton- und Informationshaltigkeit sowie für Impulshaltigkeit stattgefunden habe. Nach dem Vorstehenden sind selbst bei einem - nach Einschätzung des Sachverständigen hier wegen der am Haus der Kläger nicht mehr gegebenen Verständlichkeit des Textes entbehrlichen - Zuschlag für Ton- und Informationshaltigkeit von maximal 6 dB(A) die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm eingehalten. Unter welchem Gesichtspunkt der Gebetsruf des Muezzins eine Impulshaltigkeit, also Geräusche mit schnellen Pegeländerungen wie z. B. ein Knall- oder ein Aufprallgeräusch, 111vgl. Beckenbauer, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl. 2018, 3. Teil: Immissionsschutzrecht, Rn. 412; Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Aug. 2020, A.2 TA Lärm Rn. 27, 112beinhalten soll, zeigen die Kläger nicht auf. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. 113(2) Die Einzelfallumstände, insbesondere die spezifische Geräuschcharakteristik des Gebetsrufs (Gesang in arabischer Sprache mit spezieller Melodie) und dessen religiöser Inhalt, geben keinen Anlass, diesen am Haus der Kläger als erheblich belästigend im Sinne von § 10 Abs. 1 LImSchG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu bewerten. Insoweit kann das Regelwerk der TA Lärm mit der in Nr. 3.2.2 vorgesehenen ergänzenden Prüfung im Sonderfall einen Anhaltspunkt für die Einzelfallwürdigung bieten. Die Voraussetzungen für den Eintritt in eine solche Sonderfallprüfung (dazu (a)) liegen schon nicht vor (dazu (b)). Selbst wenn man dies bejahte, führte dies zu keinem anderen Ergebnis (dazu (c)). 114(a) Nach Nr. 3.2.2 Satz 1 TA Lärm ist, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die bei der Regelfallprüfung keine Berücksichtigung finden, nach Art und Gewicht jedoch wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, ergänzend zu prüfen, ob sich unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls eine vom Ergebnis der Regelfallprüfung abweichende Beurteilung ergibt. 115Nr. 3.2.2 Satz 1 TA Lärm gibt danach eine bestimmte gedankliche Struktur der Sonderfallprüfung vor. Die Sonderfallprüfung ersetzt nicht die Regelfallprüfung, sondern setzt voraus, dass diese stattgefunden hat. Haben sich dabei konkrete Anhaltspunkte ergeben, dass die standardisierte Regelfallprüfung wegen der vorliegenden Besonderheiten nicht ausreichend ist, um zuverlässig beurteilen zu können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, ist in Ergänzung hierzu die Sonderfallprüfung durchzuführen. Anlass für eine Sonderfallprüfung sind nur besondere Umstände, die nach Art und Gewicht eine wesentlich andere Beurteilung erwarten lassen. 116Vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Aug. 2020, Nr. 3 TA Lärm Rn. 52; Beckenbauer, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl. 2018, 3. Teil: Immissionsschutzrecht, Rn. 287 unter Hinweis auf die Kriterien für eine ergänzende Prüfung im Sonderfall der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI). 117Die in Nr. 3.2.2 Satz 2 TA Lärm beispielhaft genannten Umstände sind zwar hauptsächlich als solche zu verstehen, die trotz einer negativen Regelfallprüfung (Lärmrichtwerte überschritten) zu einer Genehmigungsfähigkeit einer Anlage führen können. Im Wortlaut von Nr. 3.2.2 Satz 1 TA Lärm ist eine solche Beschränkung auf die eine Genehmigung ermöglichenden Umstände jedoch nicht zum Ausdruck gekommen. Sie wäre auch nicht gesetzeskonform, da schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche trotz positiver Regelfallprüfung nicht immer ausgeschlossen werden können. Demnach wird auch die negative Sonderfallprüfung, die trotz positiver Regelfallprüfung zu einer Verneinung der Genehmigungsfähigkeit führen kann, von Nr. 3.2.2 TA Lärm erfasst. 118Vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Febr. 2020, TA Lärm Nr. 3 Rn. 34. 119(b) Nach diesen Maßgaben liegen besondere Umstände im Sinne von Nr. 3.2.2 TA Lärm, die eine ergänzende Prüfung im Sonderfall erforderlich machen und für eine solche Absenkung der Erheblichkeitsschwelle sprechen, dass das Geräusch mit dem hier in Rede stehenden Beurteilungspegel von (äußerstenfalls) 34 dB(A) bzw. Mittelungspegel von 28 dB(A) als erhebliche Belästigung zu bewerten wäre, nicht vor. 120Ernstlich in Betracht kommt hier nur Nr. 3.2.2 Satz 2 lit. d) TA Lärm. Danach ist eine Sonderfallprüfung in Betracht zu ziehen, wenn besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmissionen vorliegen. Derartige Umstände können, wie es insbesondere beim kirchlichen Glockengeläut der Fall ist, für eine Anhebung der Erheblichkeitsschwelle sprechen. Das schließt eine Absenkung der Erheblichkeitsschwelle bei ungewohnten oder aus anderen Gründen als besonders lästig empfundenen Geräuschen zwar nicht von vornherein aus. Bei der hier gebotenen wertenden Betrachtung ist aber auch der Bedeutung der Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG für den Gebetsruf angemessen Rechnung zu tragen. 121Vgl. Troidl, DVBl. 2012, 925 (931); Wallkamm, Muslimische Gemeinden in Deutschland im Lichte des Staatskirchenrechts, 2012, S. 172 ff.; Sarcevic, DVBl. 2000, 519 (526); zur Berücksichtigung der Wertentscheidung des Grundgesetzes nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG im Rahmen des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992 - 4 C 50.89 -, juris Rn. 22; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 20. November 2000 - 8 A 11739/00 -, NVwZ 2001, 933 (934). 122Soweit der Lärm bei Ausübung einer nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG grundrechtlich geschützten Religionsausübung entsteht, wirkt diese Wertentscheidung des Grundgesetzes in das einfache Recht und damit auch in Nr. 3.2.2 TA Lärm hinein. 123Anders als das Verwaltungsgericht meint (Urteilsabdruck Seite 16), kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf eine Einbeziehung der Bewohner der betroffenen Stadtteile - gar in Form einer Bürgerbefragung - zur Klärung der allgemeinen Akzeptanz an. Abgesehen davon, dass eine solche Vorgehensweise dem typischerweise auf den Schutz von Minderheiten gerichteten Grundrechtsschutz des Grundgesetzes - hier in Gestalt der Religionsfreiheit - ersichtlich zuwiderliefe, ist die Bewertung eines Geräuschs als erhebliche Belästigung Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung. 124Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 1992 - 7 C 25.91 -, juris Rn. 11, und Beschluss vom 25. Februar 2014 - 4 B 2.14 -, juris Rn. 7. 125Der Gebetsruf für das Freitagsgebet als solcher und die mit Bescheid vom 25. Januar 2017 genehmigte Benutzung eines Lautsprechers zur Durchführung dieses Gebetsrufes sind von der Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt. Nach Absatz 1 der Vorschrift sind die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzlich. Absatz 2 gewährleistet die ungestörte Religionsausübung. 126Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthält ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, das heißt einen Glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen Glauben loszusagen und einem anderen Glauben zuzuwenden, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben. Umfasst sind damit nicht allein kultische Handlungen und die Ausübung und Beachtung religiöser Gebräuche, sondern auch die religiöse Erziehung sowie andere Äußerungsformen des religiösen und weltanschaulichen Lebens. Dazu gehört das Recht der Einzelnen, ihr gesamtes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben; dies betrifft nicht nur imperative Glaubenssätze. 127Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2020 ‑ 2 BvR 1333/17 -, juris Rn. 78, m. w. N. 128Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion und Weltanschauung zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben. 129Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2020 ‑ 2 BvR 1333/17 -, juris Rn. 80, m. w. N. 130Der Gebetsruf zum Freitagsgebet hat schon nach seinem Inhalt bekenntnishaften Charakter, indem durch ihn ein Bekenntnis zu wesentlichen Elementen des islamischen Glaubens stattfindet. Nach der vom Beigeladenen vorgelegten Übersetzung bedeutet er: „Gott ist groß. Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt. Ich bezeuge, dass Muhammad Gottes Gesandter ist. Kommt her zum Gebet. Groß ist Gott (Allah ist der größte.). Es gibt keine Gottheit außer Gott.“ Zugleich richtet er sich an die Mitglieder der muslimischen Gemeinde und fordert zum gemeinsamen Gebet auf. Das Gemeinschaftsgebet am Freitag nimmt insofern eine herausragende Stellung ein. 131Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 15. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 15; Kokott, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 62; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 7. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 61; Wolff, in: Hömig/Wolff, GG, 12. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 8; Morlok, in: Dreier, GG, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 4 Rn. 132; Mick-Schwerdtfeger, Kollisionen im Rahmen der Religionsausübung, 2008, S. 152; Rademacher/Janz, JuS 2002, 58 (62); Muckel, NWVBl. 1998, 1 (3); Guntau, ZevKR 43 (1998), 369 (376 ff.); Otting, Städte- und Gemeinderat 1997, 65 (68); zur Bedeutung des islamischen Gemeinschaftsgebets am Freitag Khoury/Hagemann/Heine, Islam-Lexikon, 2006, S. 223 f.; Kreiser/Diem/Majer, Lexikon der Islamischen Welt, Band 1, 1974, S. 183. 132Der Gebetsruf fällt nicht deswegen aus dem Schutzbereich von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG heraus, weil er ein Bekenntnis beinhaltet, das zentrale Glaubenssätze des Islams hervorhebt und damit als Abgrenzung zu anderen Religionen verstanden werden kann. Denn die Tatsache, dass ein Bekenntnis das andere ausschließt und dies öffentlich kundgetan wird, kann nicht dazu herhalten, einem solchen Bekenntnis den Schutz der Religionsfreiheit zu versagen. Gerade auch das öffentliche Eintreten für den eigenen Glauben wird vielmehr von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt. 133Zum Bekenntnis und zum Eintreten für den eigenen Glauben in der Öffentlichkeit BVerfG, Beschlüsse vom 27. Oktober 2016 - 1 BvR 458/10 -, juris Rn. 102, vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 ‑, juris Rn. 52, vom 25. März 1980 ‑ 2 BvR 208/76 -, juris Rn. 114, und vom 16. Oktober 1968 - 1 BvR 241/66 -, juris Rn. 25 ff.; vgl. auch Guntau, ZevKR 43 (1998), 369 (378). 134Keine Rolle kann es dabei spielen, ob der öffentliche Gebetsruf nach den Glaubenslehren des Islams zwingend notwendig ist. Er ist nämlich jedenfalls - was auch die Kläger letztlich nicht in Frage stellen - Teil der islamischen Tradition und gehört traditionell zum Ausdruck islamischer Frömmigkeit. 135Vgl. Guntau, ZevKR 43 (1998), 369 (376 ff.); zur Verankerung des Gebetsrufs und des Gebetsruferamts im Urislam Kreiser/Diem/Majer, Lexikon der Islamischen Welt, Band 2, 1974, S. 188. 136Auch liegt der Gebetsruf des Muezzins nicht allein deshalb außerhalb des Schutzbereichs des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, weil er elektronisch verstärkt erfolgen soll. 137Vgl. Muckel, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Jan. 2020, Art. 4 Rn. 26. 138Denn seine nach dem religiösen (Selbst-)Verständnis gewünschte Funktion kann der Gebetsaufruf in der Öffentlichkeit besser erreichen, wenn er wahrnehmbar ist. 139Dabei können sich jedenfalls der Muezzin und die Mitglieder der islamischen Gemeinde des Beigeladenen mit Blick auf die Durchführung des Gebetsrufs auf die Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG - auch in ihrer gemeinsamen Ausübung - berufen. Nicht zu klären ist demnach, ob auch der Beigeladene selbst als Mitgliedsverein („Moscheeverein“) der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e. V. (DITIB) über Art. 19 Abs. 3 GG das Grundrecht der Religionsfreiheit für sich beanspruchen kann. 140Vgl. dazu Isensee, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band 9, 3. Aufl. 2003, § 199 Rn. 81. 141Der grundrechtliche Schutz des genehmigten Gebetsrufs als positive Religionsausübung wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sich die Kläger hier auf ihre negative Religionsfreiheit berufen, die ebenfalls durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie den über Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporierten Art. 136 Abs. 4 WRV geschützt ist. Diese Vorschriften vermitteln den Klägern grundsätzlich kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. 142Dem durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleisteten Recht zur Teilnahme an den kultischen Handlungen, die ein Glaube vorschreibt oder in denen er Ausdruck findet, entspricht umgekehrt die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben. Diese Freiheit bezieht sich ebenfalls auf die Symbole, in denen ein Glaube oder eine Religion sich darstellt. Art. 4 Abs. 1 GG überlässt es dem Einzelnen, zu entscheiden, welche religiösen Symbole er anerkennt und verehrt und welche er ablehnt. Zwar hat er in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Davon zu unterscheiden ist aber eine vom Staat geschaffene Lage, in der der Einzelne ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlungen, in denen dieser sich manifestiert, und den Symbolen, in denen er sich darstellt, ausgesetzt ist. 143Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 ‑ 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 46, 54, Beschlüsse vom 14. Januar 2020 - 2 BvR 1333/17 -, juris Rn. 94, vom 18. Oktober 2016 - 1 BvR 354/11 -, juris Rn. 64, vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 -, juris Rn. 104, und vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 -, juris Rn. 34; zum liturgischen Glockengeläut im Rahmen des Herkömmlichen, bei dem es nicht darauf ankommt, aus welchen individuellen Gründen sich ein betroffener Nachbar gestört fühlt, siehe BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 7 B 38.12 -, juris Rn. 11. 144Aus Art. 136 Abs. 4 WRV folgt kein weitergehender Schutz. Danach darf niemand zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. Die Vorschrift bekräftigt bzw. präzisiert nur, was sich ohnehin aus der freiheitssichernden Wirkung der von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten negativen Religionsfreiheit ergibt. 145Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 ‑ 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 46 a. E., Beschluss vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 -, juris Rn. 34 a. E.; Ehlers, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 136 WRV Rn. 8. 146Nach diesen Maßgaben führte die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihrer negativen Religionsfreiheit nicht zu einer Absenkung der immissionsschutzrechtlich anzulegenden Erheblichkeitsschwelle. 147Der Gebetsruf ist für jeden Empfänger offenkundig nicht staatlich veranlasst. Er ist vielmehr Ausdruck der individuellen und religiös motivierten Entscheidung des Beigeladenen und seiner muslimischen Mitglieder. Der Staat, der eine religiöse Aussage - wie hier den Gebetsruf - hinnimmt bzw. zulässt, macht diese Aussage nicht schon dadurch zu seiner eigenen und muss sie sich auch nicht als von ihm beabsichtigt zurechnen lassen. 148Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 ‑ 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 54, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 -, juris Rn. 104, einschränkend für religiöse Symbole von Amtsträgern im Gerichtssaal Beschluss vom 14. Januar 2020 - 2 BvR 1333/17 -, juris Rn. 95. 149Die Kläger befanden sich auch nicht in einer Situation, in der sie dem Gebetsruf mit besonderer Intensität ohne Ausweichmöglichkeit wie in einer Zwangslage ausgesetzt waren. Sie wohnen in einer Entfernung von circa 890 m zur Schallquelle des Beigeladenen. Wie oben ausgeführt, war der Gebetsruf in der genehmigten Form auf ihrem Grundstück nur sehr leise und damit außerhalb des Hauses wahrnehmbar und zudem auf den kurzen Zeitraum von maximal 15 Minuten pro Woche beschränkt. Dass die Kläger - wie sie selbst vortragen - mit der Wahrnehmung des übertragenen Gebetsrufs gleichsam zu Teilnehmern an einem islamischen Gottesdienst würden, trifft aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Durchschnittsmenschen nicht zu. Das bloße akustische Wahrnehmen einer religiösen Aussage ist nämlich nicht mit der erzwungenen (aktiven) Teilnahme an einer religiösen Übung gleichzusetzen. Soweit sich die Kläger ausweislich ihrer Ausführungen erkennbar aus ihrem eigenen christlichen Glaubensverständnis heraus gegen die Inhalte des islamischen Gebetsrufs wenden und von fremden Glaubensbekundungen verschont bleiben wollen, ist dies wiederum Ausdruck ihrer eigenen Freiheit der positiven Religionsausübung. Ein gegen die Genehmigung des Gebetsrufs des Beigeladenen gerichteter Anspruch wurde jedoch auch hierdurch nicht vermittelt. 150Da der grundrechtliche Schutz des genehmigten Gebetsrufs durch die Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Nr. 3.2.2 TA Lärm hineinwirkt und die Geräuscheinwirkung mit einem Beurteilungspegel von allenfalls 34 dB(A) am Wohnhaus der Kläger hier ohnehin ganz gering ist, bestehen keine besonderen Umstände nach Nr. 3.2.2 Satz 2 lit. d) TA Lärm. 151Insbesondere liefern allein die fremdländische Herkunft des Gebetsrufs sowie das damit möglicherweise bei einzelnen Personen - wie hier den Klägern - verbundene Unbehagen vor dem Hintergrund der objektiven Wertentscheidung des Grundgesetzes keine zureichenden Gründe, um das Geräusch des lautsprecherverstärkten Gebetsrufs als erheblich belästigend zu bewerten. 152Vgl. Troidl, DVBl. 2012, 925 (931 f.); Wallkamm, Muslimische Gemeinden in Deutschland im Lichte des Staatskirchenrechts, 2012, S. 174 f.; Muckel, NWVBl. 1998, 1 (6); Schmehl, JA 1997, 866 (871). 153Es liegen über die in Nr. 3.2.2 TA Lärm benannten Sonderfallumstände hinaus auch keine sonstigen Umstände vor, die Anlass zu einer vom Regelfall abweichenden Bewertung geben. 154(c) Auch wenn man im Hinblick auf die besondere Geräuschcharakteristik und deren fehlende Herkömmlichkeit die Erforderlichkeit einer Sonderfallprüfung nach Nr. 3.2.2. TA Lärm bejahte, führte diese - unter Berücksichtigung der oben dargestellten Umstände des Einzelfalls - nicht zu einer vom Ergebnis der Regelfallprüfung abweichenden Beurteilung. 155Der elektronisch verstärkte Gebetsruf sollte ausweislich der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 nur einmal pro Woche, jeweils am Freitag, in der Zeit zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr erfolgen. Es handelte sich demnach um einen Zeitraum, der eindeutig und mit großem zeitlichen Abstand weder in die Zeit der Nachtruhe nach Nr. 6.4 Abs. 1 Nr. 2 TA Lärm (22.00 - 6.00 Uhr) fällt, noch zu den Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit an Werktagen nach Nr. 6.5 TA Lärm (6.00 - 7.00 Uhr, 20.00 - 22.00 Uhr) zählt. Der Freitag als Werktag mit der entsprechenden werktäglichen Geschäftigkeit genießt dabei von vornherein einen geringeren Schutz mit Blick auf Geräuschimmissionen als Sonn- und Feiertage. 156Hinzu kommt die Beschränkung der maximalen Dauer des Gebetsrufs innerhalb dieses zeitlichen Rahmens auf 15 Minuten. Das macht im Verlauf eines Tages nur einen unwesentlichen Zeitraum aus. Im Verlauf einer Woche handelt es sich nur um ein einmaliges kurzes Ereignis. Die Dauer des einzelnen Gebetsrufs hält sich zudem in dem üblichen zeitlichen Rahmen anderer religiöser Bekundungen, die mit Lärm verbunden sind. 157Vgl. zum liturgischen Glockengeläut BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 7 B 38.12 -, juris Rn. 13. 158Außerdem liegt, wie oben dargestellt, die Geräuscheinwirkung nach dem Ergebnis der Ausbreitungsrechnung am Wohnhaus der Kläger bei 28 dB(A) bzw. selbst unter Berücksichtigung eines kaum zu rechtfertigenden, lediglich auf einer großzügigen Bewertung beruhenden Zuschlags für Ton- und Informationshaltigkeit von 6 dB(A) bei 34 dB(A) und damit nicht nur weit unter dem für allgemeine und sogar reine Wohngebiet maßgeblichen Immissionsrichtwert, sondern auch vergleichsweise knapp über der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Vor dem Hintergrund dieser äußerst geringen Lärmintensität kann sich hier auch nichts anderes daraus ergeben, dass der Gebetsruf eine Lärmimmission in Form eines Gesangs in arabischer Sprache mit spezieller Melodie bzw. Tonlage ist. Dies gilt wie aufgezeigt gerade auch mit Blick darauf, dass der objektiven Wertentscheidung des Grundgesetzes hinsichtlich der Gewährleistung der freien Religionsausübung nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in diesem Zusammenhang besonderes Gewicht beizumessen ist. 159Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 20. November 2000 - 8 A 11739/00 -, NVwZ 2001, 933 (934) zum Ruf des Muezzins zum Freitagsgebet bei „leisem Betrieb“ der Lautsprecheranlage sowie zur Wahrung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots; zustimmend Himmelmann, LImSchG NRW, Stand: Juni 2019, § 10 Erl. 5. 160Ob etwas anderes gilt, wenn der Muezzinruf unter anderen Umständen des Einzelfalls - etwa mehrmals (bis zu fünfmal) täglich bzw. in anderer Lautstärke - durchgeführt wird, ist hier nicht zu entscheiden. 161ccc) Auch wenn man unterstellt, dass die Maßstäbe der TA Lärm hier nicht anwendbar wären, folgt daraus im Ergebnis nichts anderes. Eine davon losgelöste Würdigung des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 10 Abs. 4 Satz 1 LImSchG NRW sowie der § 1 Abs. 1, § 2 Satz 1 LImSchG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG führt dazu, dass durch den genehmigten Gebetsruf keine schädlichen Umwelteinwirkungen zulasten der Kläger hervorgerufen wurden. 162Wie ausgeführt dienen die Vorschriften der Lärmbekämpfung und orientieren sich an immissionsschutzrechtlichen Maßstäben. Sie zielen nicht auf eine Bewertung des Geräuschinhalts und ermöglichen auch nicht, Geräuscheinwirkungen, die objektiv nur von geringer Intensität sind, wegen der mit dem Geräusch bei Dritten verbundenen Konnotationen als erheblich belästigend einzuordnen. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend. Auch im Rahmen einer an der Werteordnung des Grundgesetzes orientierten Auslegung des § 10 LImSchG NRW kann eine der Grundrechtsausübung zuzuordnende Geräuschverursachung nicht allein deshalb als erheblich belästigend bewertet werden, weil einzelne oder auch mehrere von diesem Geräusch - wie hier akustisch nur sehr niederschwellig - Betroffene mit dieser Grundrechtsausübung anderer nicht konfrontiert werden wollen. 163cc) Aus § 10 Abs. 2 LImSchG ergeben sich - unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die Kläger sich auf Lärmschutz für die in dieser Norm genannten öffentlichen Flächen berufen können - keine weitergehenden Rechte für die Kläger. Der lautsprecherverstärkte Gebetsruf in der hier genehmigten Form stellt unter Berücksichtigung der oben dargestellten Umstände des Einzelfalls (Zeit, Dauer, Lärmintensität, Schutz durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) nicht nur keine erhebliche Belästigung gemäß § 10 Abs. 1 LImSchG NRW, sondern für die Kläger an ihrem Wohnhaus auch keine Belästigung nach Absatz 2 der Vorschrift dar. Die normative Differenzierung danach, ob andere „erheblich belästigt werden“ (§ 10 Abs. 1 LImSchG NRW) oder nur „belästigt werden können“ (§ 10 Abs. 2 LImSchG NRW) ist im Übrigen für den Umfang des gegen eine solche Ausnahmegenehmigung gewährten Drittschutzes ohne Belang. Sie betrifft nämlich allein die objektive Frage, ab wann der jeweilige präventive Verbotstatbestand bzw. das Erfordernis der Einholung einer Ausnahmegenehmigung greifen. 164II. Der Klageantrag zu 2. hat keinen Erfolg. 165Im Übergang von dem in der Vorinstanz als Hilfsantrag gestellten Feststellungsantrag zu einem Hauptantrag ist zwar keine Klageänderung zu sehen, weil sich durch diesen Wechsel der Streitgegenstand nicht geändert hat. 166Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 ‑ 2 C 31.08 -, juris Rn. 13. 167Die Feststellungsklage ist aber unzulässig. 168Mit dem Klageantrag zu 2. begehren die Kläger wie mit dem Klageantrag zu 1. die Feststellung, dass die Ausnahmegenehmigung vom 25. Januar 2017 in der Fassung vom 1. Februar 2018 sie in ihren Rechten verletzte. Der Klageantrag zu 2. begrenzt dabei die Prüfung der subjektiven Rechtsverletzung der Kläger auf die Frage, ob ein Verstoß gegen die negative Religionsfreiheit vorlag. Er betrifft damit mit Blick auf das geltend gemachte subjektive Recht lediglich einen Teilausschnitt des von dem Klageantrag zu 1. erfassten Fortsetzungsfeststellungsbegehrens nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. 169Ein solcher Antrag des Inhalts, der Verwaltungsakt sei aus einem bestimmten Grund rechtswidrig gewesen, ist unzulässig. Die gerichtliche Feststellung eines bestimmten Rechtswidrigkeitsgrundes kann mit einem Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht verlangt werden. Solche Gründe können sich vielmehr nur aus einem der Fortsetzungsfeststellungsklage stattgebenden Urteil ergeben. 170Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 1995 - 8 C 9.95, 8 PKH 10.95 -, juris Rn. 6, vom 16. Oktober 1989 - 7 B 43.89 -, Buchholz 11 Art. 2 GG Nr. 59, vom 5. September 1984 - 1 WB 131.82 -, juris Rn. 33; Hess. VGH, Beschluss vom 15. September 2009 - 7 A 2550/08 -, juris Rn. 28 f.; W.-R. Schenke/R. P. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 113 Rn. 100, 111; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 VwGO Rn. 86. 171Unabhängig davon wäre der Klageantrag zu 2. ohnehin unbegründet, da die begehrte Feststellung einer Verletzung der negativen Religionsfreiheit nach dem Vorstehenden nicht getroffen werden kann. 172Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Sie berücksichtigt für das erstinstanzliche Verfahren den nach teilweiser Erledigung der Hauptsache rechtskräftig gewordenen Teil der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht aus Gründen der Billigkeit erstattungsfähig nach § 162 Abs. 3 VwGO, weil er keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat. 173Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO. 174Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des verwaltungsgerichts gelsenkirchen vom 1. februar 2018 geändert. die klage wird abgewiesen. die kosten des erstinstanzlichen verfahrens tragen - unter einbeziehung des rechtskräftig gewordenen teils der erstinstanzlichen kostenentscheidung - die kläger als gesamtschuldner und die beklagte jeweils zur hälfte. die kosten des zweitinstanzlichen verfahrens tragen die kläger als gesamtschuldner. die außergerichtlichen kosten des beigeladenen sind in beiden instanzen nicht erstattungsfähig. das urteil ist wegen der kosten vorläufig voll-streckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die kläger wenden sich gegen eine dem beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche ausnahmegenehmigung für die benutzung eines lautsprechers zur durchführung des gebetsrufs des muezzins anlässlich des freitagsgebets. 3die kläger sind eigentümer des mit einem selbstgenutzten wohngebäude bebauten grundstücks gemarkung p. -f. , flur , flurstück mit der anschrift m. straße in p. -f. . das grundstück liegt nicht innerhalb des geltungsbereichs eines bebauungsplans. es grenzt im osten und süden an weitere mit wohngebäuden bebaute grundstücke an. im westen bzw. nordwesten schließt sich jenseits eines baumbestandes eine sportanlage mit zwei fußballplätzen an. nördlich des grundstücks befindet sich ein landwirtschaftlich genutztes feld. östlich des klägerischen grundstücks beginnt jenseits der in nord-süd-richtung verlaufenden lohhäuser straße das gebiet des bebauungsplans nr. 52 „lohhäuser berg“, der in diesem bereich ein reines wohngebiet festsetzt. 4südöstlich des grundstücks der kläger liegt in circa 890 m entfernung jenseits von wohnbebauung und eines wäldchens das grundstück gemarkung p. -f. , flur , flurstück mit der anschrift klein-f1. -straße . die dort aufstehenden gebäude nutzt der beigeladene für die zwecke seiner türkisch-islamischen gemeinde. insbesondere befindet sich hier auch eine moschee. das von dem beigeladenen genutzte grundstück liegt nicht innerhalb des geltungsbereichs eines bebauungsplans. allein in östlicher richtung grenzen entlang der klein-f1. -straße mehrere wohngebäude ‑ unmittelbar östlich das wohngebäude mit der anschrift klein-f1. -str. - daran an. im übrigen befinden sich im näheren umfeld des grundstücks überwiegend freie flächen. 5auf dessen antrag vom 15. juli 2014 erteilte die beklagte dem beigeladenen mit bescheid vom 15. september 2014 eine ausnahme nach dem landes-immissionsschutzgesetz zur benutzung von geräten, die der schallerzeugung oder der schallwiedergabe dienen, zur durchführung des gebetsrufes für das freitagsgebet ausgehend von dem durch den beigeladenen genutzten gelände mit der anschrift klein-f1. -straße jeweils freitags in der zeit von 12.00 uhr bis 14.00 uhr für maximal 15 minuten. unter „2. nebenbestimmungen“ sah die ausnahmegenehmigung folgendes vor: 6a) die unterschreitung folgender lärmpegel als mittelungspegel ist an dem von mir festgelegten messpunkt, das ist das wohngebäude klein-f1. -str. sicherzustellen. 7folgende messwerte dürfen nicht überschritten werden: jeweils freitags im zeitraum von 12:00 - 14.00 uhr für max. 15 minuten, 55 db(a), kurzfristige geräuschspitzen 85 db(a). 8b) die lautsprecheranlage ist mit schallrichtung nordwest auszurichten. 9die genehmigung war bis zum 31. dezember 2015 befristet und erging unter dem vorbehalt des widerrufs. zur begründung des bescheides führte die beklagte im wesentlichen aus: gemäß § 10 abs. 1 limschg nrw dürften geräte, die der schallerzeugung oder schallwiedergabe dienen, nur in einer solchen lautstärke betrieben werden, dass unbeteiligte personen nicht erheblich belästigt würden. sowohl die erteilung einer ausnahme als auch der erlass von nebenbestimmungen stünden im ermessen der behörde. bei der durchführung des gebetsrufs handele es sich um eine immission im sinne der ta lärm in einem allgemeinen wohngebiet. dafür seien die oben genannten richtwerte festgelegt worden. der aufruf zum freitagsgebet sei durch das grundgesetz geschützt. da dieser aufruf zum gebet ähnlich dem christlichen glockengeläut der religionsausübung diene und vor allem die muslimischen bewohner der ortsteile s. und klein-f. erreichen solle, könne eine ausnahme zugelassen werden. die ausnahme sei unter berücksichtigung der nachbarschaftlichen interessen erteilt worden. im rahmen der erlaubniserteilung seien unter anderem die lage des platzes, die schallrichtung, die entfernung zu den wohnungen der nachbarn, die zahl der betroffenen und die dauer der veranstaltung (einmal in der woche für 15 minuten) berücksichtigt worden. 10ihre gegen den bescheid vom 15. september 2014 vor dem verwaltungsgericht gelsenkirchen erhobene klage - 8 k 5351/14 - nahmen die kläger nach einem rechtlichen hinweis darauf, dass es vor klageerhebung eines widerspruchsverfahrens bedurft hätte, zurück. 11sie erhoben daraufhin mit schriftsatz vom 6. märz 2015 widerspruch gegen den bescheid der beklagten. 12die kläger haben am 3. juli 2015 klage erhoben. 13mit widerspruchsbescheid vom 27. november 2015 hat die beklagte den widerspruch der kläger gegen den bescheid vom 15. september 2014 zurückgewiesen. zur begründung hat sie ausgeführt: die ausnahmegenehmigung erweise sich auch nach nochmaliger prüfung als rechtmäßig. aufgrund der nebenbestimmungen sei davon auszugehen, dass die umliegenden wohnbereiche nicht in unzumutbarer weise gestört würden. diese nebenbestimmungen dürften nicht nur dem gegenseitigen rücksichtnahmegedanken des nachbarlichen immissionsschutzes, sondern auch der von den klägern geltend gemachten negativen religionsfreiheit rechnung tragen. der lautsprecherverstärkte gebetsruf sei von der religionsfreiheit geschützt. die negative genieße keinen vorrang gegenüber der positiven religionsfreiheit. sie schütze nicht vor der konfrontation mit anderen religiösen überzeugungen und gebe kein recht, anderen ihre positive religionsausübung zu untersagen. 14auf dessen antrag vom 12. januar 2017 hat die beklagte dem beigeladenen nach ablauf der geltungsdauer der mit bescheid vom 15. september 2014 erteilten ausnahmegenehmigung mit bescheid vom 25. januar 2017 eine weitere ausnahme nach dem landes-immissionsschutzgesetz zur durchführung des gebetsrufes für das freitagsgebet ausgehend von dem gelände mit der anschrift klein-f1. -straße jeweils freitags in der zeit von 12.00 uhr bis 14.00 uhr für maximal 15 minuten erteilt. die nebenbestimmungen unter ziffer 2 sind dabei mit denjenigen des bescheides vom 15. september 2014 identisch gewesen. nach ziffer 3 ist die genehmigung rückwirkend ab dem 1. januar 2016 erteilt worden, bis zum 31. dezember 2018 befristet gewesen und unter dem vorbehalt des widerrufs ergangen. auch die begründung des bescheides hat im wesentlichen derjenigen des bescheides vom 15. september 2014 entsprochen. 15die kläger haben den bescheid vom 25. januar 2017 entsprechend einem richterlichen hinweis in das laufende klageverfahren einbezogen. 16hinsichtlich des bescheides vom 15. september 2014 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 27. november 2015 sowie - nach entsprechender aufhebung durch die beklagte - hinsichtlich des von dem bescheid vom 25. januar 2017 erfassten zeitraums vom 1. januar 2016 bis zum 15. januar 2017 haben die kläger und die beklagte den rechtsstreit in der mündlichen verhandlung am 1. februar 2018 für erledigt erklärt. 17zur begründung ihrer im übrigen aufrechterhaltenen klage haben die kläger im wesentlichen vorgetragen, dass die dem beigeladenen erteilte ausnahmegenehmigung sie in ihrer grundrechtlich geschützten negativen religionsfreiheit verletze. der ruf des muezzins bestehe nicht nur in einem aufruf zum gebet und zum besuch eines gotteshauses wie zum beispiel beim liturgischen läuten christlicher kirchen. er sei vielmehr bestandteil des gebetes selbst. die sogenannten ungläubigen würden per lautsprecheranlage zur teilhabe daran gezwungen. mit dem gebetsruf sei ein gegen alle anhänger anderer religionen sowie atheisten und agnostiker gerichteter alleinvertretungsanspruch der islamischen weltreligion verbunden. ausreichend für eine grundrechtsbetroffenheit sei im übrigen das bloße hören bzw. hörenkönnen und das wissen um den inhalt dieses rufs. demgegenüber habe die positive religionsfreiheit der mitglieder des beigeladenen sowie der angehörigen des islams zurückzutreten. 18die kläger haben beantragt, 191. die dem beigeladenen erteilte genehmigung der beklagten vom 25. januar 2017 in der heutigen form aufzuheben, 20hilfsweise, 212. festzustellen, dass der mit der ausnahmegenehmigung der beklagten vom 25. januar 2017 in der heutigen form genehmigte gebetsruf für das freitagsgebet („ruf des muezzin“) das aus art. 4 abs. 1 und art. 140 grundgesetz i. v. m. art. 136 abs. 4 der weimarer reichsverfassung geschützte grundrecht der kläger auf negative religionsfreiheit verletzt. 22die beklagte hat beantragt, 23die klage abzuweisen. 24sie hat ausgeführt, dass die ausnahme zu erteilen gewesen sei, nachdem auch mit hilfe der festsetzung von nebenbestimmungen ein ausgleich zwischen den interessen des beigeladenen und der betroffenen nachbarn habe erreicht werden können. die weiteren gründe ergäben sich auch aus der verwaltungseigenen gutachtlichen stellungnahme. ferner habe sie sich die begründung zum ausgangsbescheid vom 15. september 2014 und zu dem dazugehörigen widerspruchsbescheid vom 27. november 2015 bei der verlängerung der ausnahme zu eigen gemacht. 25der beigeladene hat im erstinstanzlichen verfahren keinen antrag gestellt. 26durch das angefochtene, u. a. bei juris veröffentlichte urteil, auf das wegen der einzelheiten bezug genommen wird, hat das verwaltungsgericht das verfahren eingestellt, soweit die hauptbeteiligten es in der hauptsache für erledigt erklärt haben; im übrigen hat es dem hauptantrag stattgegeben und den bescheid der beklagten vom 25. januar 2017 im noch streitbefangenen umfang aufgehoben. 27zur begründung ihrer vom senat zugelassenen berufung trägt die beklagte vor: das verwaltungsgericht habe die rechtliche struktur des ausnahmetatbestands und den umfang des gerichtlichen prüfprogramms bei einer nachbarklage, in deren rahmen keine objektive rechtsprüfung stattfinde, verkannt. die kläger seien durch die angefochtene genehmigung nicht in ihren rechten verletzt. wäre eine ausnahme nach § 10 abs. 4 limschg nrw, was das verwaltungsgericht offen gelassen habe, schon nicht erforderlich, weil die benutzung der lautsprecheranlage durch den beigeladenen keine erhebliche belästigung unbeteiligter personen im sinne des § 10 abs. 1 limschg nrw erwarten ließe, läge schon deshalb keine rechtsverletzung der kläger vor. im übrigen sei § 10 abs. 4 limschg nrw eine spezifisch immissionsschutzrechtliche vorschrift und vermittle drittschutz nur im rahmen der lärmbekämpfung. bereits die entfernung des mit einem wohnhaus bebauten grundstücks der kläger von circa 900 m zum emissionsort lasse die möglichkeit der beeinträchtigung unwahrscheinlich erscheinen. eine von ihr, der beklagten, zwischenzeitlich in auftrag gegebene schallmessung habe ergeben, dass der gebetsruf trotz nachgewiesener benutzung der lautsprecheranlage am grundstück der kläger nicht wahrnehmbar gewesen sei und gegenüber den umgebungsgeräuschen keine pegelerhöhung bewirkt habe. nach der ausbreitungsrechnung des schallgutachters betrage der wirkpegel für den gebetsruf am grundstück der kläger ohne berücksichtigung von abschirmungen rechnerisch 33 db(a). unter berücksichtigung der einwirkzeit und eines etwaigen zuschlags für ton- und informationshaltigkeit liege der beurteilungspegel deutlich unterhalb des immissionsrichtwerts für ein allgemeines wohngebiet. das grundstück der kläger befinde sich schon nicht im einwirkungsbereich des vorhabens. 28auch sei der beklagten kein ermessensfehler zu lasten der kläger unterlaufen. bei dem einsatz der lautsprecher zum gebetsruf am freitag handele es sich um ein von der religionsfreiheit nach art. 4 abs. 1 und 2 gg geschütztes verhalten des beigeladenen. der einzelne habe demgegenüber in einer gesellschaft, die unterschiedlichen glaubensüberzeugungen raum gebe, kein recht darauf, von fremden glaubensbekundungen, kultischen handlungen und religiösen symbolen generell verschont zu bleiben. gefordert gewesen sei allein die berücksichtigung der schallschutzbelange sowie der negativen religionsfreiheit der nachbarschaft. hierfür liefere die ta lärm eine geeignete und unter ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstandende methode. 29die beklagte beantragt, 30das urteil des verwaltungsgericht gelsenkirchen vom 1. februar 2018 zu ändern und die klage mit dem im berufungsverfahren geänderten antrag abzuweisen. 31nach ablauf der geltungsdauer der mit bescheid vom 25. januar 2017 erteilten ausnahmegenehmigung beantragen die kläger nunmehr, 321. unter zurückweisung der berufung festzustellen, dass der bescheid der beklagten vom 25. januar 2017 in der fassung vom 1. februar 2018 rechtswidrig war, 33sowie 342. festzustellen, dass der mit der ausnahmegenehmigung der beklagten vom 25. januar 2017 in der fassung vom 1. februar 2018 genehmigte gebetsruf für das freitagsgebet („ruf des muezzin“) das aus art. 4 abs. 1 und art. 140 gg in verbindung mit art. 136 abs. 4 wrv geschützte grundrecht der kläger auf negative religionsfreiheit verletzt. 35sie tragen vor: die fortsetzungsfeststellungsklage sei wegen bestehender wiederholungsgefahr zulässig. die beklagte habe nach eigenen angaben die bescheidung eines neuen antrags des beigeladenen vom 14. mai 2019 im hinblick auf das hiesige verfahren lediglich zurückgestellt und von dessen ausgang abhängig gemacht. in jedem fall sei die erteilung einer immissionsschutzrechtlichen ausnahmegenehmigung erforderlich gewesen, weil die verbreitung des muezzinrufes mittels einer lautsprecheranlage grundsätzlich geeignet sei, erhebliche belästigungen mit sich zu bringen. das von der beklagten eingeholte schallgutachten vom 29. märz 2018 sei unter mehreren gesichtspunkten nicht verwertbar. so seien die kläger nicht einbezogen worden. die mischung zwischen mess- und prognosegutachten sei nicht systemgerecht. zudem sei die zugehörige messung nicht bei einer mitwindlage erfolgt und es sei diesig gewesen, was zu verfälschten messergebnissen geführt habe. auch die möglichen zuschläge für ton- und informationshaltigkeit bzw. impulshaltigkeit seien nicht nachvollziehbar vorgenommen worden. fälschlicherweise sei im übrigen der immissionsrichtwert eines allgemeinen wohngebiets und nicht der eines reinen wohngebiets angesetzt worden. weiterhin spreche die negative religionsfreiheit für die kläger, weil der gebetsruf auf ihrem grundstück wahrnehmbar sei. bei diesem handele es sich nicht um ein rein tonales geräusch, sondern er zwinge sie zur teilnahme an einer religiösen übung. eine gewisse kontrolle des verbreitungsinhalts müsse schon im genehmigungsverfahren stattfinden. auch nach dem islamischen glauben sei ein lautsprecherverstärkter gebetsruf nicht erforderlich. der ruf des muezzins sei ferner weder herkömmlich noch sozial adäquat oder allgemein akzeptiert. der bereits erstinstanzlich gestellte hilfsantrag werde mit blick darauf, dass das verwaltungsgericht in seinem urteil auf die negative religionsfreiheit nicht mehr eingegangen sei, vorsorglich als weiterer hauptantrag gestellt. 36der beigeladene stellt auch im berufungsverfahren keinen antrag. 37auf anregung des senats hat das büro v. und partner, sachverständige für immissionsschutz gmbh (im folgenden: v. und partner gmbh) eine ausbreitungsrechnung vom 17. september 2020 erstellt, die nicht den im märz 2018 gemessenen, sondern den durch die streitbefangene genehmigung maximal zugelassenen schallpegel des lautsprechers zugrunde legt. 38wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte dieses verfahrens und die gerichtsakte 8 k 5351/14 (vg gelsenkirchen) sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten verwiesen. 39
40die zulässige berufung der beklagten ist begründet. die von den klägern in der nunmehrigen form fortgeführte klage hat weder mit dem antrag zu 1. (dazu i.) noch mit dem antrag zu 2. (dazu ii.) erfolg. 41i. der klageantrag zu 1. ist zwar zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). 421. die mit dem klageantrag zu 1. nunmehr verfolgte fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo ist zulässig. die kläger konnten ihre klage auf diese klageart umstellen (dazu a)). die fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft (dazu b)). die kläger sind klagebefugt (dazu c)) und sie haben auch ein berechtigtes interesse an der beantragten feststellung (dazu d)). zudem war die ursprünglich erhobene drittanfechtungsklage der kläger nicht bereits unzulässig - insbesondere nicht wegen der ausgebliebenen durchführung eines vorverfahrens (dazu e)). 43a) die kläger durften ihre ursprünglich erhobene anfechtungsklage noch im berufungsverfahren auf eine fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo umstellen. hierin liegt keine klageänderung im sinne des § 91 vwgo, sondern eine bloße einschränkung des klagebegehrens im sinne von § 173 satz 1 vwgo i. v. m. § 264 nr. 2 zpo. denn der streitgegenstand bleibt unverändert, wenn ein kläger - wie hier - von der anfechtung eines verwaltungsakts zu einem fortsetzungsfeststellungsantrag übergeht, ohne dass ein geänderter prozessstoff in das verfahren eingeführt wird. 44ständige rechtsprechung, vgl. etwa bverwg, urteil vom 29. november 2017 - 6 c 57.16 -, juris rn. 13. 45der umstellung auf die fortsetzungsfeststellungsklage steht hier nicht entgegen, dass das verwaltungsgericht in den entscheidungsgründen seines urteils unter anderem auf § 113 abs. 3 satz 1 vwgo abgestellt hat (juris rn. 88). aus der erwähnung dieser vorschrift, die im übrigen auf den hier vorliegenden fall einer behördlichen ermessensentscheidung nicht anwendbar sein dürfte, 46vgl. wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 113 rn. 369, m. w. n.; riese, in: schoch/schneider/bier, vwgo, stand: jan. 2020, § 113 rn. 173, 47folgt insbesondere nicht, dass das verwaltungsgericht bislang noch gar keine abschließende entscheidung in der hauptsache getroffen hätte. zwar heißt es in § 113 abs. 3 satz 1 vwgo, dass das gericht, wenn es eine weitere sachaufklärung für erforderlich hält, „ohne in der sache selbst zu entscheiden“, den verwaltungsakt und den widerspruchsbescheid aufheben kann, soweit nach art oder umfang die noch erforderlichen ermittlungen erheblich sind und die aufhebung auch unter berücksichtigung der belange der beteiligten sachdienlich ist. bei der in anwendung dieser vorschrift ergehenden entscheidung handelt es sich aber trotz dieses wortlauts weder um eine bloße prozess- oder teilentscheidung noch um eine echte zurückverweisung, sondern um eine sachentscheidung, durch die der angefochtene verwaltungsakt, ebenso wie bei der hier von den klägern ursprünglich erhobenen anfechtungsklage, vollständig aufgehoben wird. 48vgl. bverwg, urteil vom 6. juli 1998 - 9 c 45.97 -, bverwge 107, 128, juris rn. 11; wolff, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. aufl. 2018, § 113 rn. 377. 49b) die fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft. die ausnahmegenehmigung der beklagten vom 25. januar 2017, gegen die die kläger eine drittanfechtungsklage nach § 42 abs. 1 1. fall vwgo erhoben hatten, hat sich im sinne des § 113 abs. 1 satz 4 vwgo nach klageerhebung erledigt. die genannte genehmigung ist nach deren ziffer 3 am 31. dezember 2018 durch zeitablauf unwirksam geworden (vgl. § 43 abs. 2 i. v. m. § 36 abs. 2 nr. 1 vwvfg nrw). 50c) die kläger sind auch klagebefugt entsprechend § 42 abs. 2 vwgo. 51nach dieser vorschrift ist eine anfechtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der kläger geltend machen kann, durch den verwaltungsakt in seinen rechten verletzt zu sein. 52die verletzung eigener rechte muss auf der grundlage des klagevorbringens möglich erscheinen. diese möglichkeit ist dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner betrachtungsweise subjektive rechte des klägers verletzt sein können. da die kläger nicht adressaten des von ihnen angefochtenen immissionsrechtlichen genehmigungsbescheides sind, kommt es darauf an, ob sie sich für ihr begehren auf eine öffentlich-rechtliche norm stützen können, die nach dem in ihr enthaltenen entscheidungsprogramm auch sie als dritte schützt. 53vgl. ovg nrw, urteil vom 11. dezember 2017 ‑ 8 a 926/16 -, juris rn. 40 ff., m. w. n. 54derartige subjektive abwehrrechte können sich hier aus § 10 abs. 1 limschg nrw ergeben, wonach tongeräte im sinne dieser vorschrift nur in solcher lautstärke benutzt werden dürfen, dass unbeteiligte personen nicht erheblich belästigt werden. diese regelung dient dem schutz von nachbarbelangen, die bei erteilung einer ausnahmegenehmigung nach § 10 abs. 4 limschg nrw zu berücksichtigen sind. 55die vorschrift vermittelt drittschutz allerdings nur im bereich der lärmbekämpfung. dies verdeutlicht auch die überschrift des zweiten abschnitts im zweiten teil dieses gesetzes. es geht damit insoweit allein um die aus lärmeinwirkungen herrührenden fragen und die würdigung der lärmsituation. 56vgl. ovg nrw, urteil vom 25. juni 1987 - 21 a 1136/87 -, nvwz 1988, 178 (179); boisserée/ oels/hansmann/denkhaus, immissionsschutzrecht, stand: mai 2020, § 9 limschg nrw rn. 1 und § 10 limschg nrw rn. 2. 57der umstand, dass die allein durch den lautsprecher verursachte geräuschbelastung am wohnhaus der kläger bei dem durch die angefochtene genehmigung erlaubten schallpegel (mittelungspegel von 55 db(a) am nächstgelegenen nachbarhaus) recht gering ist, steht der annahme einer klagebefugnis der kläger im vorliegenden einzelfall nicht entgegen. der lautsprecherverstärkte gebetsruf ist am wohnhaus der kläger grundsätzlich wahrnehmbar, abhängig von der lautstärke der hintergrundgeräusche. der in der schalltechnischen stellungnahme der v. und partner gmbh vom 17. september 2020 berechnete schallpegel von 28 db(a) liegt als solcher nach einer kategorisierung des landesamtes für natur, umwelt und verbraucherschutz nordrhein-westfalen, 58vgl. https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/laerm/geraeusche/grundlagen-der-wahrnehmung-wirkung-und-beurteilung, 59im oberen bereich eines gerade hörbaren geräuschs (uhrenticken, blätterrauschen), noch unterhalb eines schwachen geräuschs (unterhaltungssprache, ruhige wohnstraße). nach den angaben des sachverständigen in der mündlichen verhandlung vor dem senat kann eine deutlich höhere (10 oder mehr db(a)) hintergrundbelastung die wahrnehmung eines geräusches ausschließen (protokollabdruck seite 4). ausgehend von dem nach dem schallgutachten der v. und partner gmbh vom 29. märz 2018 an dem wohnhaus der kläger am 23. märz 2018 gemessenen hintergrundgeräuschpegel laf95 (ip1, temporär mäßiger straßenverkehr sowie naturgeräusche durch vögel) von 33,7 db(a) ist demnach die wahrnehmbarkeit des genehmigten gebetsrufs am wohngrundstück der kläger nicht in jedem fall auszuschließen. 60zwar legt ein schallpegel von 28 db(a) grundsätzlich nahe, dass sich das wohnhaus der kläger schon nicht im einwirkungsbereich der schallquelle im sinne von nr. 2.2 der sechsten allgemeinen verwaltungsvorschrift zum bundes-immissionsschutzgesetz (technische anleitung zum schutz gegen lärm - ta lärm) befinden dürfte. denn der dort verursachte beurteilungspegel liegt mehr als 10 db(a) unter den tagsüber geltenden immissionsrichtwerten für ein allgemeines wohngebiet nach nr. 6.1 lit. d) ta lärm in der bei erlass des bescheids geltenden fassung (a. f.) (jetzt lit. e)) von 55 db(a) bzw. für ein reines wohngebiet nach nr. 6.1 lit. e) ta lärm a. f. (jetzt lit. f)) von 50 db(a). 61da das klagebegehren der kläger aber gerade nicht auf eine allein an den immissionsrichtwerten der ta lärm orientierte prüfung, sondern auf eine berücksichtigung ihrer grundrechtlich geschützten negativen religionsfreiheit im rahmen der einzelfallbezogenen beurteilung der zumutbarkeit zielt, kann eine verletzung in ihren eigenen rechten durch die streitgegenständliche genehmigung nicht von vornherein ausgeschlossen werden, ohne die prüfung der begründetheit der klage bereits an dieser stelle in unzulässiger weise vorwegzunehmen. 62d) die kläger haben auch ein berechtigtes interesse nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo an der beantragten feststellung. ein solches interesse ergibt sich hier aus einer bestehenden wiederholungsgefahr. die streitgegenständliche ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 ist neben derjenigen vom 15. september 2014 die zweite - im wesentlichen gleichlautende - genehmigung zugunsten des beigeladenen, die sich durch zeitablauf erledigt hat. die beklagte hat mit schriftsatz vom 29. mai 2019 zudem verdeutlicht, dass ihr bereits ein erneuter antrag des beigeladenen vom 14. mai 2019 vorliege, dessen bescheidung sie allein im hinblick auf das hiesige verfahren zurückstelle. demnach kann sich für die kläger zukünftig eine tatsächlich wie rechtlich vergleichbare situation ergeben, deren klärung sie bereits durch dieses verfahren anstreben. dem steht auch nicht entgegen, dass die beklagte im rahmen der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt hat, sie werde den hinweis des gerichts zu einem zuschlag für informationshaltigkeit über den reinen mittelungspegel hinaus bei etwaigen zukünftig zu erteilenden genehmigungen berücksichtigen (protokollabdruck seite 4), den am nachbargebäude einzuhaltenden immissionswert mithin erneut überprüfen. denn abgesehen davon, dass diese erklärung der beklagten noch keinen aufschluss über die konkrete ausgestaltung einer möglichen zukünftigen genehmigung gibt, ist jedenfalls davon auszugehen, dass die beklagte beabsichtigt, dem beigeladenen demnächst wiederum eine ausnahmegenehmigung zu erteilen. 63e) der zulässigkeit der fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass die ursprünglich gegen die streitgegenständliche ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 erhobene drittanfechtungsklage der kläger nach § 68 abs. 1 vwgo i. v. m. § 110 justg nrw als unzulässig anzusehen wäre, weil diese vor klageerhebung kein vorverfahren nach § 68 vwgo durchgeführt haben. 64ein solches vorverfahren war hier ausnahmsweise entbehrlich. zwar findet nach § 110 abs. 3 satz 1 i. v. m. abs. 1 satz 1 justg nrw das vorverfahren anwendung auf im verwaltungsverfahren nicht beteiligte dritte - wie die kläger -, die sich gegen den erlass eines einen anderen begünstigenden verwaltungsaktes wenden. das gilt grundsätzlich auch im rahmen von immissionsschutzrechtlichen drittanfechtungen wie hier. 65wenn allerdings bereits ein vorverfahren für ein im wesentlichen gleiches vorhaben durchgeführt worden ist, das vorhaben in ein anhängiges klageverfahren einbezogen wird, sich der streitstoff dadurch nicht wesentlich ändert und das gericht die sachdienlichkeit einer klageänderung nach § 91 abs. 1 vwgo bejaht, ist ein erneutes vorverfahren nicht erforderlich. 66vgl. bverwg, urteile vom 18. august 2005 - 4 c 13.04 -, nvwz 2006, 87 (88), vom 22. februar 1980 - iv c 61.77 -, juris rn. 23, und vom 27. februar 1970 - iv c 28.67 -, njw 1970, 1564 (1565); rennert, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2019, § 68 vwgo rn. 34; dolde/porsch, in: schoch/schneider/bier, vwgo, stand: jan. 2020, § 68 rn. 34a. 67dies ist hier der fall. die kläger hatten gegen die zuvor erteilte ausnahmegenehmigung vom 15. september 2014 klage erhoben und ein vorverfahren durchgeführt, das mit erlass des widerspruchsbescheides der beklagten vom 27. november 2015 endete. die ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017, die mit derjenigen vom 15. september 2014 inhaltlich im wesentlichen identisch ist, haben sie mit anwaltlichem schriftsatz vom 1. märz 2017 in dieses laufende klageverfahren einbezogen. dieses vorgehen hat das verwaltungsgericht im ergebnis als sachdienlich eingestuft. mit blick auf das bereits erfolglos durchlaufene vorverfahren hinsichtlich der ausnahmegenehmigung vom 15. september 2014 hätte sich ein erneutes vorverfahren anlässlich der im wesentlichen auf eine bloße zeitliche fortführung der bisherigen regelung gerichteten ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 als ein bloßer formalismus dargestellt. 682. der klageantrag zu 1. ist unbegründet. die kläger haben keinen anspruch gemäß § 113 abs. 1 satz 4 vwgo auf die feststellung, dass der bescheid der beklagten vom 25. januar 2017 in der fassung vom 1. februar 2018 rechtswidrig war. eine solche feststellung setzt voraus, dass die kläger durch den erledigten bescheid in ihren eigenen rechten verletzt worden sind (dazu a)). dies ist hier nicht der fall (dazu b)). 69a) entgegen dem insoweit missverständlichen wortlaut des § 113 abs. 1 satz 4 vwgo reicht die objektive rechtswidrigkeit des streitigen verwaltungsaktes nicht aus, dem fortsetzungsfeststellungsantrag zum erfolg zu verhelfen. wie der enge zusammenhang zwischen satz 1 und satz 4 des § 113 abs. 1 vwgo deutlich macht, darf dem feststellungsbegehren nur entsprochen werden, soweit der kläger durch den rechtswidrigen verwaltungsakt in seinen rechten verletzt worden ist und der betreffende verwaltungsakt deshalb hätte aufgehoben werden müssen, wenn er sich nicht erledigt hätte. 70vgl. bverwg, urteile vom 3. märz 1987 - 1 c 15.85 -, juris rn. 15, und vom 23. märz 1982 ‑ 1 c 157.79 -, juris rn. 26. 71demnach entspricht das prüfprogramm einer fortsetzungsfeststellungsklage, auf die eine anfechtungsklage nach erledigung des angefochtenen verwaltungsaktes umgestellt wird, dem des § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. da die fortsetzungsfeststellungsklage keinen umfassenderen rechtsschutz gewähren darf als die vor der erledigung erhobene anfechtungsklage, kann hierbei insbesondere nicht auf eine subjektive rechtsverletzung verzichtet werden. 72vgl. riese, in: schoch/schneider/bier, vwgo, stand: jan. 2020, § 113 rn. 151. 73das gilt auch für die drittanfechtung von ermessensentscheidungen. entscheidungserheblich ist allein, ob rechte des klägers durch den angefochtenen verwaltungsakt selbst verletzt sind. darauf, ob die anforderungen, die an eine ermessensentscheidung allgemein zu stellen sind, gewahrt wurden, kommt es dagegen nicht an. 74vgl. bverwg, urteil vom 6. oktober 1998 - 4 c 14.87 -, juris rn. 10, und beschluss vom 8. juli 1998 - 4 b 64.98 -, juris rn. 7; ovg nrw, urteil vom 9. mai 2016 - 10 a 1613/14 -, juris rn. 50 ff., m. w. n., und beschluss vom 10. september 2018 - 10 b 1228/18 -, juris rn. 10 ff. 75b) die voraussetzungen des § 113 abs. 1 satz 1 vwgo lagen hier nicht vor. dabei kann dahinstehen, ob die mittlerweile erledigte streitgegenständliche ausnahmegenehmigung der beklagten vom 25. januar 2017 in der fassung vom 1. februar 2018 objektiv rechtswidrig gewesen ist; sie hat die kläger jedenfalls nicht in deren eigenen rechten verletzt. dies liegt zwar nicht daran, dass schon die tatbestandlichen voraussetzungen für die erteilung einer ausnahmegenehmigung nach § 10 abs. 4 satz 1 limschg nrw nicht erfüllt wären und die genehmigung daher nicht erforderlich gewesen wäre (dazu aa)). die von § 10 abs. 1 limschg nrw vorausgesetzte belastungsgrenze war allerdings durch die erteilte genehmigung im falle der kläger objektiv nicht erreicht (dazu bb)). aus § 10 abs. 2 limschg nrw ergeben sich keine weitergehenden rechte für die kläger (dazu cc)). 76aa) eine verletzung subjektiver rechte der kläger ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die ausnahmegenehmigung wegen eines schon nicht dem genehmigungserfordernis unterliegenden regelungsgegenstandes ins leere ginge. 77die dem beigeladenen erteilte ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 stützt sich auf § 10 abs. 4 satz 1 limschg nrw. danach kann die örtliche ordnungsbehörde bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten interesse von den bestimmungen der absätze 1 und 2 im einzelfall ausnahmen zulassen. nach § 10 abs. 1 limschg nrw dürfen geräte, die der schallerzeugung oder schallwiedergabe dienen (musikinstrumente, tonwiedergabegeräte und ähnliche geräte), nur in solcher lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte personen nicht erheblich belästigt werden. absatz 2 der vorschrift verbietet den gebrauch dieser geräte auf öffentlichen verkehrsflächen sowie in und auf solchen anlagen, verkehrsräumen und verkehrsmitteln, die der allgemeinen benutzung dienen, ferner in öffentlichen badeanstalten, wenn andere hierdurch belästigt werden können. 78der anwendungsbereich des § 10 limschg nrw ist hier - was das verwaltungsgericht offen gelassen hat - in tatbestandlicher hinsicht erfüllt. der von der beigeladenen eingesetzte lautsprecher ist stark genug, um jedenfalls in der nächsten nachbarschaft lärmimmissionen zu verursachen, die als erhebliche belästigung im sinne von § 10 abs. 1 limschg nrw oder als belästigung im sinne von § 10 abs. 2 limschg nrw gewertet werden können. der streitbefangene bescheid, der sich ausdrücklich an den vorgaben der ta lärm orientiert und für das unmittelbare nachbargebäude einen zielwert von 55 db(a) als mittelungspegel vorgibt, lässt eine überschreitung des nach der ta lärm maßgeblichen immissionsrichtwerts damit - wenn auch möglicherweise ungewollt - zu. denn die immissionsrichtwerte nach nr. 6.1 ta lärm stellen auf den beurteilungspegel ab, der sich nach nr. 2.10 ta lärm aus dem mittelungspegel (vgl. nr. 2.7 ta lärm) und den hier jedenfalls im nahbereich hinzuzurechnenden zuschlägen für ton- und informationshaltigkeit (nach a.3.3.5 des anhangs zur ta lärm 3 oder 6 db) zusammensetzt, hier also am nachbargebäude bis zu 61 db(a) betragen dürfte. 79bb) es fehlte allerdings an einer subjektiven rechtsverletzung, weil die von § 10 limschg nrw vorausgesetzte belastungsgrenze durch die erteilte genehmigung im falle der kläger objektiv nicht erreicht war. der gebetsruf stellte in der genehmigten form keine erhebliche belästigung im sinne von § 10 abs. 1 limschg nrw für die kläger dar. 80was erhebliche belästigungen im sinne dieser vorschrift sind, bestimmt sich nach § 3 abs. 1 bimschg. dies ergibt sich aus der systematischen stellung von § 10 limschg nrw innerhalb dieses gesetzes: nach § 1 abs. 1 limschg nrw gilt dieses gesetz für die errichtung und für den betrieb von anlagen sowie für das verhalten von personen, soweit dadurch schädliche umwelteinwirkungen verursacht werden können. die begriffe der schädlichen umwelteinwirkungen, der immissionen und der emissionen werden nach § 2 satz 1 limschg nrw in diesem gesetz im sinne des § 3 abs. 1 bis 6 bimschg verwandt. nach § 3 abs. 1 limschg nrw hat sich jeder so zu verhalten, dass schädliche umwelteinwirkungen vermieden werden, soweit das nach den umständen des einzelfalles möglich und zumutbar ist. § 10 limschg nrw befindet sich im zweiten teil des gesetzes, der nach dem ersten teil - allgemeine vorschriften - vorschriften für besondere immissionsarten und anlagensicherheit enthält und darin im zweiten abschnitt (§§ 9 bis 11) die lärmbekämpfung regelt. 81gemäß § 3 abs. 1 bimschg sind schädliche umwelteinwirkungen immissionen, die nach art, ausmaß oder dauer geeignet sind, gefahren, erhebliche nachteile oder erhebliche belästigungen für die allgemeinheit oder die nachbarschaft herbeizuführen. nachbarschaft in diesem sinne kennzeichnet ein qualifiziertes betroffensein, das sich deutlich abhebt von den auswirkungen, die den einzelnen als teil der allgemeinheit treffen können. sie setzt im interesse klarer und überschaubarer konturen und damit letztlich im interesse der rechtssicherheit ein besonderes verhältnis zur anlage im sinne einer engeren räumlichen und zeitlichen beziehung des bürgers zum genehmigungsgegenstand voraus. 82vgl. bverwg, urteile vom 10. juli 2012 - 7 a 11.11 -, juris rn. 33, vom 7. mai 1996 - 1 c 10.95 -, juris rn. 34, und vom 22. oktober 1982 ‑ 7 c 50.78 -, juris rn. 12. 83dies gilt auch für den von § 10 limschg nrw im bereich der lärmbekämpfung vermittelten drittschutz. die drosselung der geräuschentwicklung schallerzeugender geräte liegt in erster linie im interesse der durch den lärm unmittelbar betroffenen umgebung. 84vgl. ovg nrw, urteil vom 29. juli 1983 - 4 a 1063/82 -, nvwz 1984, 531 (532); himmelmann, limschg nrw, stand: juni 2019, §10 erl. 3. 85der begriff der schädlichen umwelteinwirkungen ist ein unbestimmter rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen überprüfung unterliegt. ein behördlicher beurteilungsspielraum ist insoweit nicht eröffnet. 86vgl. bverwg, urteil vom 17. februar 1978 - i c 102.76 -, juris rn. 32. 87für die frage, ob lärmeinwirkungen das zumutbare maß überschreiten und damit eine erhebliche belästigung im sinne von § 3 abs. 1 bimschg darstellen, ist ein objektivierter maßstab - nämlich das empfinden eines verständigen durchschnittsmenschen, nicht die individuelle einstellung eines besonders empfindlichen nachbarn - zugrunde zu legen. 88vgl. bverwg, urteile vom 23. september 1999 ‑ 4 c 6.98 -, juris rn. 29, vom 7. mai 1996 - 1 c 10.95 -, juris rn. 28, vom 7. oktober 1983 - 7 c 44.81 -, juris rn. 18, beschluss vom 18. mai 2009 - 8 b 13.09 -, juris rn. 5; ovg nrw, urteil vom 15. märz 2007 - 10 a 998/06 -, juris rn. 82, sowie beschlüsse vom 14. januar 2010 - 8 b 1015/09 -, juris rn. 76 f., und vom 10. februar 2006 - 8 a 2621/04 -, juris rn. 19. 89nach diesen maßstäben stellte der lautsprecherverstärkte gebetsruf in seiner genehmigten form keine erhebliche belästigung im sinne von § 10 abs. 1 limschg nrw i. v. m. § 3 abs. 1 bimschg für die kläger dar. das gilt sowohl bei einer an den vorschriften der ta lärm (dazu aaa)) orientierten beurteilung der zumutbarkeit der lärmeinwirkung (dazu bbb)) als auch bei würdigung des einzelfalls nach maßgabe von § 10 abs. 4 satz 1 limschg nrw sowie der § 1 abs. 1, § 2 satz 1 limschg nrw i. v. m. § 3 abs. 1 bimschg (dazu ccc)). 90aaa) das regelwerk der ta lärm ist im ansatz auch für die beurteilung der zumutbarkeit des gebetsrufs des muezzins prinzipiell geeignet. 91vgl. thormann, kommjur 2018, 256 (anm. zu dem hier angefochtenen urteil des verwaltungsgerichts); troidl, dvbl. 2012, 925 (933); wallkamm, muslimische gemeinden in deutschland im lichte des staatskirchenrechts, 2012, s. 172 ff.; mick-schwerdtfeger, kollisionen im rahmen der religionsausübung, 2008, s. 161 f.; sarcevic, dvbl. 2000, 519 (525); muckel, nwvbl. 1998, 1 (4); guntau, zevkr 43 (1998), 369 (385); otting, städte- und gemeinderat 1997, 65 (66). 92dies ergibt sich aus folgendem: die im verfahren nach § 48 bimschg als verwaltungsvorschrift erlassenen vorschriften der ta lärm - hier mit blick auf die ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 in der bis zum 8. juni 2017 geltenden fassung - konkretisieren die frage, wann schädliche umwelteinwirkungen durch geräusche vorliegen. sie können - mit gewissen einschränkungen - grundsätzlich auch für die beurteilung der frage herangezogen werden, ob die geräuschbelastung durch den lautsprecherverstärkten gebetsruf des muezzins im rechtssinne die schwelle der erheblichen belästigung im sinne von § 10 abs. 1 limschg nrw i. v. m. § 3 abs. 1 bimschg erreicht. 93die ta lärm gilt zwar nach ihrer nr. 1 unmittelbar nur für genehmigungsbedürftige anlagen im sinne des § 4 bimschg. die in ihr niedergelegten lärmermittlungs- und bewertungsgrundsätze sind aber auch für andere lärmarten - je nach deren ähnlichkeit mit gewerblichem lärm - bedeutsam. die immissionsrichtwerte der ta lärm regeln die schutzwürdigkeit bestimmter gebiete in abhängigkeit von der jeweiligen gebietsart, den tatsächlichen verhältnissen und der tageszeit und können daher auch in anderen immissionsschutzrechtlichen verfahren als ausgangspunkt für die frage dienen, ob bei der einzelfallwürdigung eine unzumutbare lärmbelastung vorliegt. 94vgl. zum zeitschlagen von kirchturmuhren: bverwg, urteil vom 30. april 1992 - 7 c 25.91 -, bverwge 90, 163, juris rn. 11 f.; zum liturgischen glockengeläut: bverwg, urteil vom 7. oktober 1983 - 7 c 44.81 -, juris rn. 19; beschlüsse vom 19. februar 2013 - 7 b 38.12 -,juris rn. 10, und vom 2. september 1996 - 4 b 152.96 -, juris rn. 6. 95da die ta lärm jedoch in ihrer grundausrichtung auf gewerblichen (dauer‑)lärm zugeschnitten ist und der elektronisch verstärkte gebetsruf hier im spezifischen kontext einer landesrechtlichen ausnahmeregelung zur benutzung von tongeräten nach § 10 limschg nrw steht, ist sie insofern modifiziert und auf den landesrechtlichen kontext angepasst anzuwenden. 96das gilt insbesondere in bezug auf den maßgeblichen beurteilungszeitraum. gemäß nr. 6.4 abs. 3 satz 1 ta lärm gelten die immissionsrichtwerte nach nr. 6.1 ta lärm während des tages für eine beurteilungszeit von 16 stunden. dies berücksichtigt den umstand, dass gewerbliche anlagen typischerweise auf längere betriebszeiten ausgelegt sind. die von § 10 abs. 1 limschg nrw erfassten tongeräte und erst recht die in § 10 abs. 3 limschg nrw genannten, der wahlwerbung dienenden lautsprecher, hinsichtlich derer der landesgesetzgeber ein ausdrückliches regelungsbedürfnis gesehen hat, werden jedoch typischerweise nur kurzzeitig betrieben. nach der wertung, die in § 10 limschg nrw und den dortigen verbotsnormen (absätze 1 und 2) und ausnahmen (absätze 3 bis 5) zum ausdruck kommt, ist auch schon mit dem nur kurzzeitigen einsatz von tongeräten an sich eine erhöhte störwirkung verbunden. daher ist es hier allein sachgerecht, als beurteilungszeit auf die tatsächliche einwirkzeit (vgl. a.1.1.3 des anhangs zur ta lärm) im rahmen der nach der streitgegenständlichen genehmigung maximal zulässigen betriebszeit von 15 minuten abzustellen. ein derartiges verständnis des beurteilungszeitraums hat im übrigen auch der verantwortliche mitarbeiter der beklagten, herr stadtverwaltungsdirektor h. , im rahmen der mündlichen verhandlung vor dem senat zum ausdruck gebracht (protokollabdruck seite 3). 97bbb) ausgehend vom vorstehenden führte der mit bescheid vom 25. januar 2017 genehmigte gebrauch eines lautsprechers nicht zu einer erheblichen belästigung im sinne von § 10 abs. 1 limschg nrw i. v. m. § 3 abs. 1 bimschg am wohnhaus der kläger. der immissionsrichtwert nach nr. 6.1 ta lärm wurde dort eingehalten (dazu (1)). der genehmigte gebetsruf ist auch nicht wegen der besonderen umstände des einzelfalls als trotzdem erheblich belästigend anzusehen (dazu (2)). 98(1) der maßgebliche immissionsrichtwert nach nr. 6.1 ta lärm wurde am wohnhaus der kläger deutlich unterschritten. 99es kann dahinstehen, ob das grundstück der kläger in einem allgemeinen oder in einem reinen wohngebiet liegt. der immissionsrichtwert beträgt tags in einem allgemeinen wohngebiet nach nr. 6.1 lit. d) ta lärm a. f. 55 db(a) (nach ta lärm 2017 lit. e)) und in einem reinen wohngebiet nach nr. 6.1 lit. e) ta lärm a. f. 50 db(a) (nach ta lärm 2017 lit. f)). beide werte wurden durch den genehmigten betrieb des lautsprechers nicht annähernd erreicht. 100das belegt die auf einer ausbreitungsrechnung beruhende schalltechnische stellungnahme der v. und partner gmbh vom 17. september 2020. dabei wurde insbesondere zugrunde gelegt, dass der nach ziffer 2 a) des bescheides maximal zulässige mittelungspegel von 55 db(a) an dem immissionsort „wohngebäude klein-f1. straße “ während der maximalen einwirkzeit von 15 minuten ausgeschöpft wird. danach beträgt der schallpegel bei einer nach den vorgaben der ta lärm erfolgten berechnung, d. h. bei unterstellten günstigen meteorologischen und mitwind-bedingungen, sowie ohne berücksichtigung von abschirmungen durch gebäude oder bewuchs am grundstück der kläger lediglich 28 db(a). die schalltechnische stellungnahme ist zwar zusätzlich „für eine einwirkzeit von 0,25 h innerhalb der beurteilungszeit von 16 h“ von einer zeitkorrektur von -18 db(a) ausgegangen. da sich nach dem vorstehenden die beurteilungszeit aber nicht aus nr. 6.4 abs. 3 satz 1 ta lärm ergibt, sondern mit der einwirkzeit gleichzusetzen ist, ist von dem rechnerisch ermittelten schallpegel von 28 db(a) auszugehen. selbst bei einem zuschlag für ton- und informationshaltigkeit nach a.2.5.2 (bzw. a.3.3.5) des anhangs zur ta lärm von maximal 6 db(a) würde der beurteilungswert auf dem klägerischen grundstück von (28 db(a) + 6 db(a) =) 34 db(a) deutlich unter den oben genannten immissionsrichtwerten liegen. 101der immissionsrichtwert für einzelne kurzzeitige geräuschspitzen nach nr. 6.1 satz 2 ta lärm von 85 db(a) tags im allgemeinen wohngebiet und von 80 db(a) tags im reinen wohngebiet wird am wohnhaus der kläger ebenfalls offenkundig eingehalten. nach der nebenbestimmung in ziffer 2 a) des bescheides dürfen kurzfristige geräuschspitzen einen maximalwert von 85 db(a) selbst an dem unmittelbar neben der moschee gelegenen wohngebäude klein-f1. straße nicht überschreiten. 102das vorbringen der kläger, der gebetsruf sei in der vergangenheit lauter gewesen als bei der nachmessung im märz 2018 und nach der genehmigung zugelassen, gibt keinen anlass, bei der hier gebotenen prüfung auf einen lauteren als den genehmigten betrieb des lautsprechers abzustellen. es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass sich der beigeladene ohnehin nicht an die nebenbestimmungen zum lärmschutz halten und der maßgebliche lärmrichtwert am wohnhaus der kläger regelmäßig überschritten würde. 103grundsätzlich darf sich eine behörde bei erteilung einer genehmigung - wie hier geschehen - darauf beschränken, immissionswerte als zielwerte festzulegen. diese sind zur sicherstellung eines hinreichenden lärmschutzniveaus grundsätzlich geeignet. abweichendes gilt bei absehbaren problemen, die einhaltung des zielwertes durch eine nachmessung zu überprüfen, 104vgl. zu windenergieanlagen ovg nrw, urteil vom 18. november 2002 - 7 a 2127/00 -, juris rn. 75, 105oder wenn die bei der nutzung der genehmigten anlage entstehenden immissionen bei regelmäßigem betrieb die für die nachbarschaft maßgebliche zumutbarkeitsgrenze mit hinreichender wahrscheinlichkeit zu überschreiten drohen. dann genügt es zur sicherung der nachbarrechte nicht, in der genehmigung den maßgeblichen immissionsrichtwert als zielwert festzulegen und weitere nebenbestimmungen vorzubehalten. 106vgl. bverwg, urteile vom 24. juni 1971 - i c 39.67 -, njw 1971, 1475, und vom 5. november 1968 - i c 29.67 -, verwrspr 1969, 220; ovg nrw, beschlüsse vom 29. januar 2016 - 2 a 2423/15 -, beckrs 2016, 41565 rn. 31 f., und vom 12. februar 2013 - 2 b 1336/12 -, beckrs 2013, 48005. 107eine solche fallkonstellation lag hier nicht vor. die elektronische verstärkung des gebetsrufs ist nicht von sich aus bei regelmäßigem betrieb auf eine überschreitung der festgelegten zielwerte angelegt. so haben die kläger in der mündlichen verhandlung vor dem verwaltungsgericht angegeben (protokollabdruck, seite 2), den ruf des muezzins an ihrem haus letztmalig ende 2014/anfang 2015 akustisch wahrgenommen zu haben. sollte es seit der geltung der hier streitbefangenen genehmigung vom 25. januar 2017 gleichwohl zu einer überschreitung der lärmrichtwerte am wohnhaus der kläger gekommen sein, wäre dies eine frage der überwachung der erteilten genehmigung durch die beklagte gewesen und hätte dieser ohne weiteres zur kenntnis gebracht werden können. im übrigen haben die vertreter des beigeladenen in der mündlichen verhandlung vor dem senat deutlich gemacht, dass sie bereit sind, die vorgaben der genehmigung einzuhalten. der vereinsvorsitzende, herr l. , hat erklärt, im falle der erteilung einer neuen genehmigung würden die lärmwerte eingehalten. insbesondere werde auch ein techniker hinzugezogen (protokollabdruck seite 4). 108das vorbringen der kläger gegen die ermittlung der geräuschimmission durch die v. und partner gmbh ist unbegründet. 109auf die gegen das verfahren bei erstellung des schallgutachtens vom 29. märz 2018 und dessen inhalt, insbesondere die mischung zwischen mess- und prognosegutachten, gerichteten einwände der kläger kommt es nicht an. da gegenstand des gerichtlichen verfahrens die erteilte genehmigung und nicht etwa eine (überwachungs‑)messung ist, ist auf die schalltechnische stellungnahme vom 17. september 2020 abzustellen, die nicht auf dieser messung, sondern auf einer ausbreitungsrechnung ausgehend von den genehmigten schallleistungspegeln beruht. vor diesem hintergrund verfangen auch die bedenken hinsichtlich der meteorologischen verhältnisse bei der messung am 23. märz 2018 (querwindsituation, diesige wetterlage) schon im ansatz nicht. 110dasselbe gilt, soweit die kläger in frage stellen, dass eine nachvollziehbare berücksichtigung der zuschläge für ton- und informationshaltigkeit sowie für impulshaltigkeit stattgefunden habe. nach dem vorstehenden sind selbst bei einem - nach einschätzung des sachverständigen hier wegen der am haus der kläger nicht mehr gegebenen verständlichkeit des textes entbehrlichen - zuschlag für ton- und informationshaltigkeit von maximal 6 db(a) die immissionsrichtwerte nach nr. 6.1 ta lärm eingehalten. unter welchem gesichtspunkt der gebetsruf des muezzins eine impulshaltigkeit, also geräusche mit schnellen pegeländerungen wie z. b. ein knall- oder ein aufprallgeräusch, 111vgl. beckenbauer, in: bönker/bischopink, baunvo, 2. aufl. 2018, 3. teil: immissionsschutzrecht, rn. 412; feldhaus/tegeder, in: feldhaus, bundesimmissionsschutzrecht, stand: aug. 2020, a.2 ta lärm rn. 27, 112beinhalten soll, zeigen die kläger nicht auf. dies ist auch sonst nicht ersichtlich. 113(2) die einzelfallumstände, insbesondere die spezifische geräuschcharakteristik des gebetsrufs (gesang in arabischer sprache mit spezieller melodie) und dessen religiöser inhalt, geben keinen anlass, diesen am haus der kläger als erheblich belästigend im sinne von § 10 abs. 1 limschg nrw i. v. m. § 3 abs. 1 bimschg zu bewerten. insoweit kann das regelwerk der ta lärm mit der in nr. 3.2.2 vorgesehenen ergänzenden prüfung im sonderfall einen anhaltspunkt für die einzelfallwürdigung bieten. die voraussetzungen für den eintritt in eine solche sonderfallprüfung (dazu (a)) liegen schon nicht vor (dazu (b)). selbst wenn man dies bejahte, führte dies zu keinem anderen ergebnis (dazu (c)). 114(a) nach nr. 3.2.2 satz 1 ta lärm ist, wenn im einzelfall besondere umstände vorliegen, die bei der regelfallprüfung keine berücksichtigung finden, nach art und gewicht jedoch wesentlichen einfluss auf die beurteilung haben können, ob die anlage zum entstehen schädlicher umwelteinwirkungen relevant beiträgt, ergänzend zu prüfen, ob sich unter berücksichtigung dieser umstände des einzelfalls eine vom ergebnis der regelfallprüfung abweichende beurteilung ergibt. 115nr. 3.2.2 satz 1 ta lärm gibt danach eine bestimmte gedankliche struktur der sonderfallprüfung vor. die sonderfallprüfung ersetzt nicht die regelfallprüfung, sondern setzt voraus, dass diese stattgefunden hat. haben sich dabei konkrete anhaltspunkte ergeben, dass die standardisierte regelfallprüfung wegen der vorliegenden besonderheiten nicht ausreichend ist, um zuverlässig beurteilen zu können, ob die anlage zum entstehen schädlicher umwelteinwirkungen relevant beiträgt, ist in ergänzung hierzu die sonderfallprüfung durchzuführen. anlass für eine sonderfallprüfung sind nur besondere umstände, die nach art und gewicht eine wesentlich andere beurteilung erwarten lassen. 116vgl. feldhaus/tegeder, in: feldhaus, bundesimmissionsschutzrecht, stand: aug. 2020, nr. 3 ta lärm rn. 52; beckenbauer, in: bönker/bischopink, baunvo, 2. aufl. 2018, 3. teil: immissionsschutzrecht, rn. 287 unter hinweis auf die kriterien für eine ergänzende prüfung im sonderfall der bund/länder-arbeitsgemeinschaft für immissionsschutz (lai). 117die in nr. 3.2.2 satz 2 ta lärm beispielhaft genannten umstände sind zwar hauptsächlich als solche zu verstehen, die trotz einer negativen regelfallprüfung (lärmrichtwerte überschritten) zu einer genehmigungsfähigkeit einer anlage führen können. im wortlaut von nr. 3.2.2 satz 1 ta lärm ist eine solche beschränkung auf die eine genehmigung ermöglichenden umstände jedoch nicht zum ausdruck gekommen. sie wäre auch nicht gesetzeskonform, da schädliche umwelteinwirkungen durch geräusche trotz positiver regelfallprüfung nicht immer ausgeschlossen werden können. demnach wird auch die negative sonderfallprüfung, die trotz positiver regelfallprüfung zu einer verneinung der genehmigungsfähigkeit führen kann, von nr. 3.2.2 ta lärm erfasst. 118vgl. hansmann, in: landmann/rohmer, umweltrecht, stand: febr. 2020, ta lärm nr. 3 rn. 34. 119(b) nach diesen maßgaben liegen besondere umstände im sinne von nr. 3.2.2 ta lärm, die eine ergänzende prüfung im sonderfall erforderlich machen und für eine solche absenkung der erheblichkeitsschwelle sprechen, dass das geräusch mit dem hier in rede stehenden beurteilungspegel von (äußerstenfalls) 34 db(a) bzw. mittelungspegel von 28 db(a) als erhebliche belästigung zu bewerten wäre, nicht vor. 120ernstlich in betracht kommt hier nur nr. 3.2.2 satz 2 lit. d) ta lärm. danach ist eine sonderfallprüfung in betracht zu ziehen, wenn besondere gesichtspunkte der herkömmlichkeit und der sozialen adäquanz der geräuschimmissionen vorliegen. derartige umstände können, wie es insbesondere beim kirchlichen glockengeläut der fall ist, für eine anhebung der erheblichkeitsschwelle sprechen. das schließt eine absenkung der erheblichkeitsschwelle bei ungewohnten oder aus anderen gründen als besonders lästig empfundenen geräuschen zwar nicht von vornherein aus. bei der hier gebotenen wertenden betrachtung ist aber auch der bedeutung der religionsfreiheit nach art. 4 abs. 1 und 2 gg für den gebetsruf angemessen rechnung zu tragen. 121vgl. troidl, dvbl. 2012, 925 (931); wallkamm, muslimische gemeinden in deutschland im lichte des staatskirchenrechts, 2012, s. 172 ff.; sarcevic, dvbl. 2000, 519 (526); zur berücksichtigung der wertentscheidung des grundgesetzes nach art. 4 abs. 1 und 2 gg im rahmen des baurechtlichen rücksichtnahmegebots bverwg, urteil vom 27. februar 1992 - 4 c 50.89 -, juris rn. 22; ovg rh.-pf., beschluss vom 20. november 2000 - 8 a 11739/00 -, nvwz 2001, 933 (934). 122soweit der lärm bei ausübung einer nach art. 4 abs. 1 und 2 gg grundrechtlich geschützten religionsausübung entsteht, wirkt diese wertentscheidung des grundgesetzes in das einfache recht und damit auch in nr. 3.2.2 ta lärm hinein. 123anders als das verwaltungsgericht meint (urteilsabdruck seite 16), kommt es in diesem zusammenhang nicht auf eine einbeziehung der bewohner der betroffenen stadtteile - gar in form einer bürgerbefragung - zur klärung der allgemeinen akzeptanz an. abgesehen davon, dass eine solche vorgehensweise dem typischerweise auf den schutz von minderheiten gerichteten grundrechtsschutz des grundgesetzes - hier in gestalt der religionsfreiheit - ersichtlich zuwiderliefe, ist die bewertung eines geräuschs als erhebliche belästigung gegenstand der tatrichterlichen würdigung. 124vgl. bverwg, urteil vom 30. april 1992 - 7 c 25.91 -, juris rn. 11, und beschluss vom 25. februar 2014 - 4 b 2.14 -, juris rn. 7. 125der gebetsruf für das freitagsgebet als solcher und die mit bescheid vom 25. januar 2017 genehmigte benutzung eines lautsprechers zur durchführung dieses gebetsrufes sind von der religionsfreiheit nach art. 4 abs. 1 und 2 gg geschützt. nach absatz 1 der vorschrift sind die freiheit des glaubens, des gewissens und die freiheit des religiösen und weltanschaulichen bekenntnisses unverletzlich. absatz 2 gewährleistet die ungestörte religionsausübung. 126art. 4 abs. 1 und 2 gg enthält ein umfassend zu verstehendes einheitliches grundrecht. es erstreckt sich nicht nur auf die innere freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, das heißt einen glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen glauben loszusagen und einem anderen glauben zuzuwenden, sondern auch auf die äußere freiheit, den glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen glauben zu werben und andere von ihrem glauben abzuwerben. umfasst sind damit nicht allein kultische handlungen und die ausübung und beachtung religiöser gebräuche, sondern auch die religiöse erziehung sowie andere äußerungsformen des religiösen und weltanschaulichen lebens. dazu gehört das recht der einzelnen, ihr gesamtes verhalten an den lehren ihres glaubens auszurichten und dieser überzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben; dies betrifft nicht nur imperative glaubenssätze. 127vgl. bverfg, beschluss vom 14. januar 2020 ‑ 2 bvr 1333/17 -, juris rn. 78, m. w. n. 128bei der würdigung dessen, was im einzelfall als ausübung von religion und weltanschauung zu betrachten ist, darf das selbstverständnis der jeweils betroffenen religions- und weltanschauungsgemeinschaften und des einzelnen grundrechtsträgers nicht außer betracht bleiben. 129vgl. bverfg, beschluss vom 14. januar 2020 ‑ 2 bvr 1333/17 -, juris rn. 80, m. w. n. 130der gebetsruf zum freitagsgebet hat schon nach seinem inhalt bekenntnishaften charakter, indem durch ihn ein bekenntnis zu wesentlichen elementen des islamischen glaubens stattfindet. nach der vom beigeladenen vorgelegten übersetzung bedeutet er: „gott ist groß. ich bezeuge, dass es keine gottheit außer gott gibt. ich bezeuge, dass muhammad gottes gesandter ist. kommt her zum gebet. groß ist gott (allah ist der größte.). es gibt keine gottheit außer gott.“ zugleich richtet er sich an die mitglieder der muslimischen gemeinde und fordert zum gemeinsamen gebet auf. das gemeinschaftsgebet am freitag nimmt insofern eine herausragende stellung ein. 131vgl. jarass, in: jarass/pieroth, gg, 15. aufl. 2018, art. 4 rn. 15; kokott, in: sachs, gg, 8. aufl. 2018, art. 4 rn. 62; starck, in: v. mangoldt/klein/starck, gg, band 1, 7. aufl. 2018, art. 4 rn. 61; wolff, in: hömig/wolff, gg, 12. aufl. 2018, art. 4 rn. 8; morlok, in: dreier, gg, band i, 3. aufl. 2013, art. 4 rn. 132; mick-schwerdtfeger, kollisionen im rahmen der religionsausübung, 2008, s. 152; rademacher/janz, jus 2002, 58 (62); muckel, nwvbl. 1998, 1 (3); guntau, zevkr 43 (1998), 369 (376 ff.); otting, städte- und gemeinderat 1997, 65 (68); zur bedeutung des islamischen gemeinschaftsgebets am freitag khoury/hagemann/heine, islam-lexikon, 2006, s. 223 f.; kreiser/diem/majer, lexikon der islamischen welt, band 1, 1974, s. 183. 132der gebetsruf fällt nicht deswegen aus dem schutzbereich von art. 4 abs. 1 und 2 gg heraus, weil er ein bekenntnis beinhaltet, das zentrale glaubenssätze des islams hervorhebt und damit als abgrenzung zu anderen religionen verstanden werden kann. denn die tatsache, dass ein bekenntnis das andere ausschließt und dies öffentlich kundgetan wird, kann nicht dazu herhalten, einem solchen bekenntnis den schutz der religionsfreiheit zu versagen. gerade auch das öffentliche eintreten für den eigenen glauben wird vielmehr von art. 4 abs. 1 und 2 gg geschützt. 133zum bekenntnis und zum eintreten für den eigenen glauben in der öffentlichkeit bverfg, beschlüsse vom 27. oktober 2016 - 1 bvr 458/10 -, juris rn. 102, vom 26. juni 2002 - 1 bvr 670/91 ‑, juris rn. 52, vom 25. märz 1980 ‑ 2 bvr 208/76 -, juris rn. 114, und vom 16. oktober 1968 - 1 bvr 241/66 -, juris rn. 25 ff.; vgl. auch guntau, zevkr 43 (1998), 369 (378). 134keine rolle kann es dabei spielen, ob der öffentliche gebetsruf nach den glaubenslehren des islams zwingend notwendig ist. er ist nämlich jedenfalls - was auch die kläger letztlich nicht in frage stellen - teil der islamischen tradition und gehört traditionell zum ausdruck islamischer frömmigkeit. 135vgl. guntau, zevkr 43 (1998), 369 (376 ff.); zur verankerung des gebetsrufs und des gebetsruferamts im urislam kreiser/diem/majer, lexikon der islamischen welt, band 2, 1974, s. 188. 136auch liegt der gebetsruf des muezzins nicht allein deshalb außerhalb des schutzbereichs des art. 4 abs. 1 und 2 gg, weil er elektronisch verstärkt erfolgen soll. 137vgl. muckel, in: friauf/höfling, berliner kommentar zum grundgesetz, stand: jan. 2020, art. 4 rn. 26. 138denn seine nach dem religiösen (selbst-)verständnis gewünschte funktion kann der gebetsaufruf in der öffentlichkeit besser erreichen, wenn er wahrnehmbar ist. 139dabei können sich jedenfalls der muezzin und die mitglieder der islamischen gemeinde des beigeladenen mit blick auf die durchführung des gebetsrufs auf die religionsfreiheit nach art. 4 abs. 1 und 2 gg - auch in ihrer gemeinsamen ausübung - berufen. nicht zu klären ist demnach, ob auch der beigeladene selbst als mitgliedsverein („moscheeverein“) der türkisch-islamischen union der anstalt für religion e. v. (ditib) über art. 19 abs. 3 gg das grundrecht der religionsfreiheit für sich beanspruchen kann. 140vgl. dazu isensee, in: isensee/kirchhof, handbuch des staatsrechts, band 9, 3. aufl. 2003, § 199 rn. 81. 141der grundrechtliche schutz des genehmigten gebetsrufs als positive religionsausübung wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sich die kläger hier auf ihre negative religionsfreiheit berufen, die ebenfalls durch art. 4 abs. 1 und 2 gg sowie den über art. 140 gg in das grundgesetz inkorporierten art. 136 abs. 4 wrv geschützt ist. diese vorschriften vermitteln den klägern grundsätzlich kein recht darauf, von fremden glaubensbekundungen, kultischen handlungen und religiösen symbolen verschont zu bleiben. 142dem durch art. 4 abs. 1 und 2 gg gewährleisteten recht zur teilnahme an den kultischen handlungen, die ein glaube vorschreibt oder in denen er ausdruck findet, entspricht umgekehrt die freiheit, kultischen handlungen eines nicht geteilten glaubens fernzubleiben. diese freiheit bezieht sich ebenfalls auf die symbole, in denen ein glaube oder eine religion sich darstellt. art. 4 abs. 1 gg überlässt es dem einzelnen, zu entscheiden, welche religiösen symbole er anerkennt und verehrt und welche er ablehnt. zwar hat er in einer gesellschaft, die unterschiedlichen glaubensüberzeugungen raum gibt, kein recht darauf, von fremden glaubensbekundungen, kultischen handlungen und religiösen symbolen verschont zu bleiben. davon zu unterscheiden ist aber eine vom staat geschaffene lage, in der der einzelne ohne ausweichmöglichkeiten dem einfluss eines bestimmten glaubens, den handlungen, in denen dieser sich manifestiert, und den symbolen, in denen er sich darstellt, ausgesetzt ist. 143vgl. bverfg, urteil vom 24. september 2003 ‑ 2 bvr 1436/02 -, juris rn. 46, 54, beschlüsse vom 14. januar 2020 - 2 bvr 1333/17 -, juris rn. 94, vom 18. oktober 2016 - 1 bvr 354/11 -, juris rn. 64, vom 27. januar 2015 - 1 bvr 471/10, 1 bvr 1181/10 -, juris rn. 104, und vom 16. mai 1995 - 1 bvr 1087/91 -, juris rn. 34; zum liturgischen glockengeläut im rahmen des herkömmlichen, bei dem es nicht darauf ankommt, aus welchen individuellen gründen sich ein betroffener nachbar gestört fühlt, siehe bverwg, beschluss vom 19. februar 2013 - 7 b 38.12 -, juris rn. 11. 144aus art. 136 abs. 4 wrv folgt kein weitergehender schutz. danach darf niemand zu einer kirchlichen handlung oder feierlichkeit oder zur teilnahme an religiösen übungen oder zur benutzung einer religiösen eidesform gezwungen werden. die vorschrift bekräftigt bzw. präzisiert nur, was sich ohnehin aus der freiheitssichernden wirkung der von art. 4 abs. 1 und 2 gg geschützten negativen religionsfreiheit ergibt. 145vgl. bverfg, urteil vom 24. september 2003 ‑ 2 bvr 1436/02 -, juris rn. 46 a. e., beschluss vom 16. mai 1995 - 1 bvr 1087/91 -, juris rn. 34 a. e.; ehlers, in: sachs, gg, 8. aufl. 2018, art. 136 wrv rn. 8. 146nach diesen maßgaben führte die von den klägern geltend gemachte beeinträchtigung ihrer negativen religionsfreiheit nicht zu einer absenkung der immissionsschutzrechtlich anzulegenden erheblichkeitsschwelle. 147der gebetsruf ist für jeden empfänger offenkundig nicht staatlich veranlasst. er ist vielmehr ausdruck der individuellen und religiös motivierten entscheidung des beigeladenen und seiner muslimischen mitglieder. der staat, der eine religiöse aussage - wie hier den gebetsruf - hinnimmt bzw. zulässt, macht diese aussage nicht schon dadurch zu seiner eigenen und muss sie sich auch nicht als von ihm beabsichtigt zurechnen lassen. 148vgl. bverfg, urteil vom 24. september 2003 ‑ 2 bvr 1436/02 -, juris rn. 54, beschluss vom 27. januar 2015 - 1 bvr 471/10, 1 bvr 1181/10 -, juris rn. 104, einschränkend für religiöse symbole von amtsträgern im gerichtssaal beschluss vom 14. januar 2020 - 2 bvr 1333/17 -, juris rn. 95. 149die kläger befanden sich auch nicht in einer situation, in der sie dem gebetsruf mit besonderer intensität ohne ausweichmöglichkeit wie in einer zwangslage ausgesetzt waren. sie wohnen in einer entfernung von circa 890 m zur schallquelle des beigeladenen. wie oben ausgeführt, war der gebetsruf in der genehmigten form auf ihrem grundstück nur sehr leise und damit außerhalb des hauses wahrnehmbar und zudem auf den kurzen zeitraum von maximal 15 minuten pro woche beschränkt. dass die kläger - wie sie selbst vortragen - mit der wahrnehmung des übertragenen gebetsrufs gleichsam zu teilnehmern an einem islamischen gottesdienst würden, trifft aus der maßgeblichen sicht eines verständigen durchschnittsmenschen nicht zu. das bloße akustische wahrnehmen einer religiösen aussage ist nämlich nicht mit der erzwungenen (aktiven) teilnahme an einer religiösen übung gleichzusetzen. soweit sich die kläger ausweislich ihrer ausführungen erkennbar aus ihrem eigenen christlichen glaubensverständnis heraus gegen die inhalte des islamischen gebetsrufs wenden und von fremden glaubensbekundungen verschont bleiben wollen, ist dies wiederum ausdruck ihrer eigenen freiheit der positiven religionsausübung. ein gegen die genehmigung des gebetsrufs des beigeladenen gerichteter anspruch wurde jedoch auch hierdurch nicht vermittelt. 150da der grundrechtliche schutz des genehmigten gebetsrufs durch die religionsfreiheit nach art. 4 abs. 1 und 2 gg in nr. 3.2.2 ta lärm hineinwirkt und die geräuscheinwirkung mit einem beurteilungspegel von allenfalls 34 db(a) am wohnhaus der kläger hier ohnehin ganz gering ist, bestehen keine besonderen umstände nach nr. 3.2.2 satz 2 lit. d) ta lärm. 151insbesondere liefern allein die fremdländische herkunft des gebetsrufs sowie das damit möglicherweise bei einzelnen personen - wie hier den klägern - verbundene unbehagen vor dem hintergrund der objektiven wertentscheidung des grundgesetzes keine zureichenden gründe, um das geräusch des lautsprecherverstärkten gebetsrufs als erheblich belästigend zu bewerten. 152vgl. troidl, dvbl. 2012, 925 (931 f.); wallkamm, muslimische gemeinden in deutschland im lichte des staatskirchenrechts, 2012, s. 174 f.; muckel, nwvbl. 1998, 1 (6); schmehl, ja 1997, 866 (871). 153es liegen über die in nr. 3.2.2 ta lärm benannten sonderfallumstände hinaus auch keine sonstigen umstände vor, die anlass zu einer vom regelfall abweichenden bewertung geben. 154(c) auch wenn man im hinblick auf die besondere geräuschcharakteristik und deren fehlende herkömmlichkeit die erforderlichkeit einer sonderfallprüfung nach nr. 3.2.2. ta lärm bejahte, führte diese - unter berücksichtigung der oben dargestellten umstände des einzelfalls - nicht zu einer vom ergebnis der regelfallprüfung abweichenden beurteilung. 155der elektronisch verstärkte gebetsruf sollte ausweislich der streitgegenständlichen ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 nur einmal pro woche, jeweils am freitag, in der zeit zwischen 12.00 uhr und 14.00 uhr erfolgen. es handelte sich demnach um einen zeitraum, der eindeutig und mit großem zeitlichen abstand weder in die zeit der nachtruhe nach nr. 6.4 abs. 1 nr. 2 ta lärm (22.00 - 6.00 uhr) fällt, noch zu den tageszeiten mit erhöhter empfindlichkeit an werktagen nach nr. 6.5 ta lärm (6.00 - 7.00 uhr, 20.00 - 22.00 uhr) zählt. der freitag als werktag mit der entsprechenden werktäglichen geschäftigkeit genießt dabei von vornherein einen geringeren schutz mit blick auf geräuschimmissionen als sonn- und feiertage. 156hinzu kommt die beschränkung der maximalen dauer des gebetsrufs innerhalb dieses zeitlichen rahmens auf 15 minuten. das macht im verlauf eines tages nur einen unwesentlichen zeitraum aus. im verlauf einer woche handelt es sich nur um ein einmaliges kurzes ereignis. die dauer des einzelnen gebetsrufs hält sich zudem in dem üblichen zeitlichen rahmen anderer religiöser bekundungen, die mit lärm verbunden sind. 157vgl. zum liturgischen glockengeläut bverwg, beschluss vom 19. februar 2013 - 7 b 38.12 -, juris rn. 13. 158außerdem liegt, wie oben dargestellt, die geräuscheinwirkung nach dem ergebnis der ausbreitungsrechnung am wohnhaus der kläger bei 28 db(a) bzw. selbst unter berücksichtigung eines kaum zu rechtfertigenden, lediglich auf einer großzügigen bewertung beruhenden zuschlags für ton- und informationshaltigkeit von 6 db(a) bei 34 db(a) und damit nicht nur weit unter dem für allgemeine und sogar reine wohngebiet maßgeblichen immissionsrichtwert, sondern auch vergleichsweise knapp über der wahrnehmbarkeitsschwelle. vor dem hintergrund dieser äußerst geringen lärmintensität kann sich hier auch nichts anderes daraus ergeben, dass der gebetsruf eine lärmimmission in form eines gesangs in arabischer sprache mit spezieller melodie bzw. tonlage ist. dies gilt wie aufgezeigt gerade auch mit blick darauf, dass der objektiven wertentscheidung des grundgesetzes hinsichtlich der gewährleistung der freien religionsausübung nach art. 4 abs. 1 und 2 gg in diesem zusammenhang besonderes gewicht beizumessen ist. 159vgl. ovg rh.-pf., beschluss vom 20. november 2000 - 8 a 11739/00 -, nvwz 2001, 933 (934) zum ruf des muezzins zum freitagsgebet bei „leisem betrieb“ der lautsprecheranlage sowie zur wahrung des baurechtlichen rücksichtnahmegebots; zustimmend himmelmann, limschg nrw, stand: juni 2019, § 10 erl. 5. 160ob etwas anderes gilt, wenn der muezzinruf unter anderen umständen des einzelfalls - etwa mehrmals (bis zu fünfmal) täglich bzw. in anderer lautstärke - durchgeführt wird, ist hier nicht zu entscheiden. 161ccc) auch wenn man unterstellt, dass die maßstäbe der ta lärm hier nicht anwendbar wären, folgt daraus im ergebnis nichts anderes. eine davon losgelöste würdigung des einzelfalls unter berücksichtigung von sinn und zweck des § 10 abs. 4 satz 1 limschg nrw sowie der § 1 abs. 1, § 2 satz 1 limschg nrw i. v. m. § 3 abs. 1 bimschg führt dazu, dass durch den genehmigten gebetsruf keine schädlichen umwelteinwirkungen zulasten der kläger hervorgerufen wurden. 162wie ausgeführt dienen die vorschriften der lärmbekämpfung und orientieren sich an immissionsschutzrechtlichen maßstäben. sie zielen nicht auf eine bewertung des geräuschinhalts und ermöglichen auch nicht, geräuscheinwirkungen, die objektiv nur von geringer intensität sind, wegen der mit dem geräusch bei dritten verbundenen konnotationen als erheblich belästigend einzuordnen. insoweit gelten die vorstehenden erwägungen entsprechend. auch im rahmen einer an der werteordnung des grundgesetzes orientierten auslegung des § 10 limschg nrw kann eine der grundrechtsausübung zuzuordnende geräuschverursachung nicht allein deshalb als erheblich belästigend bewertet werden, weil einzelne oder auch mehrere von diesem geräusch - wie hier akustisch nur sehr niederschwellig - betroffene mit dieser grundrechtsausübung anderer nicht konfrontiert werden wollen. 163cc) aus § 10 abs. 2 limschg ergeben sich - unabhängig von der frage, ob und inwieweit die kläger sich auf lärmschutz für die in dieser norm genannten öffentlichen flächen berufen können - keine weitergehenden rechte für die kläger. der lautsprecherverstärkte gebetsruf in der hier genehmigten form stellt unter berücksichtigung der oben dargestellten umstände des einzelfalls (zeit, dauer, lärmintensität, schutz durch art. 4 abs. 1 und 2 gg) nicht nur keine erhebliche belästigung gemäß § 10 abs. 1 limschg nrw, sondern für die kläger an ihrem wohnhaus auch keine belästigung nach absatz 2 der vorschrift dar. die normative differenzierung danach, ob andere „erheblich belästigt werden“ (§ 10 abs. 1 limschg nrw) oder nur „belästigt werden können“ (§ 10 abs. 2 limschg nrw) ist im übrigen für den umfang des gegen eine solche ausnahmegenehmigung gewährten drittschutzes ohne belang. sie betrifft nämlich allein die objektive frage, ab wann der jeweilige präventive verbotstatbestand bzw. das erfordernis der einholung einer ausnahmegenehmigung greifen. 164ii. der klageantrag zu 2. hat keinen erfolg. 165im übergang von dem in der vorinstanz als hilfsantrag gestellten feststellungsantrag zu einem hauptantrag ist zwar keine klageänderung zu sehen, weil sich durch diesen wechsel der streitgegenstand nicht geändert hat. 166vgl. bverwg, urteil vom 24. september 2009 ‑ 2 c 31.08 -, juris rn. 13. 167die feststellungsklage ist aber unzulässig. 168mit dem klageantrag zu 2. begehren die kläger wie mit dem klageantrag zu 1. die feststellung, dass die ausnahmegenehmigung vom 25. januar 2017 in der fassung vom 1. februar 2018 sie in ihren rechten verletzte. der klageantrag zu 2. begrenzt dabei die prüfung der subjektiven rechtsverletzung der kläger auf die frage, ob ein verstoß gegen die negative religionsfreiheit vorlag. er betrifft damit mit blick auf das geltend gemachte subjektive recht lediglich einen teilausschnitt des von dem klageantrag zu 1. erfassten fortsetzungsfeststellungsbegehrens nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo. 169ein solcher antrag des inhalts, der verwaltungsakt sei aus einem bestimmten grund rechtswidrig gewesen, ist unzulässig. die gerichtliche feststellung eines bestimmten rechtswidrigkeitsgrundes kann mit einem antrag nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo nicht verlangt werden. solche gründe können sich vielmehr nur aus einem der fortsetzungsfeststellungsklage stattgebenden urteil ergeben. 170vgl. bverwg, beschlüsse vom 23. november 1995 - 8 c 9.95, 8 pkh 10.95 -, juris rn. 6, vom 16. oktober 1989 - 7 b 43.89 -, buchholz 11 art. 2 gg nr. 59, vom 5. september 1984 - 1 wb 131.82 -, juris rn. 33; hess. vgh, beschluss vom 15. september 2009 - 7 a 2550/08 -, juris rn. 28 f.; w.-r. schenke/r. p. schenke, in: kopp/schenke, vwgo, 26. aufl. 2020, § 113 rn. 100, 111; schübel-pfister, in: eyermann, vwgo, 15. aufl. 2019, § 113 vwgo rn. 86. 171unabhängig davon wäre der klageantrag zu 2. ohnehin unbegründet, da die begehrte feststellung einer verletzung der negativen religionsfreiheit nach dem vorstehenden nicht getroffen werden kann. 172die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 159 satz 2, 162 abs. 3 vwgo. sie berücksichtigt für das erstinstanzliche verfahren den nach teilweiser erledigung der hauptsache rechtskräftig gewordenen teil der erstinstanzlichen kostenentscheidung. die außergerichtlichen kosten des beigeladenen sind nicht aus gründen der billigkeit erstattungsfähig nach § 162 abs. 3 vwgo, weil er keinen sachantrag gestellt und sich damit keinem eigenen kostenrisiko (vgl. § 154 abs. 3 vwgo) ausgesetzt hat. 173die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10 und 711 zpo. 174die voraussetzungen für die zulassung der revision nach § 132 abs. 2 vwgo liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
167,488
38 C 362/14
"2015-02-25T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1 2Tatbestand: 3Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung der Beklagten im Internet (sog. Filesharing). 4Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk „XXX“. 5Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe eine Rechtsverletzung von ihrem Internetanschluss aus begangen, nämlich am 10.11.2009 um 06:51 habe sie das oben genannte Filmwerk unerlaubt im Internet zum Download angeboten. Die Klägerin trägt weiter vor, der Beklagte hafte auch als Störer. Die Klägerin behauptet weiter, die Ermittlung der IP-Adresse der Beklagten sei zuverlässig und richtig erfolgt. 6Ob der Internetanschluss der Beklagten nach den Vorgaben des BGH gegen unbefugte Zugriffe von außen gesichert war, insbesondere mit einem persönlichen, ausreichend langen und sicheren Passwort gesichert war, ist streitig. 7Der Beschluss des LG Köln in dem Verfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG datiert vom 15.12.2009, die Auskunft der Telekom wurde unter dem 18.12.2009 erteilt, die Abmahnung der Klägerin datiert vom 20.04.2010. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 25-29 und auf Bl. 35-38 d.A. der Akte Bezug genommen. Ob die Abmahnung der Beklagten zugegangen ist, ist streitig; die Beklagte bestreitet dies. 8Die Klägerin ist der Ansicht, es greife die zehnjährige Verjährungsfrist in Bezug auf den geltend gemachten lizenzanalogen Schaden. Hinsichtlich der Abmahnkosten sei auf den Zugang der Abmahnung abzustellen. 9Am 22.11.2013 hat die Klägerin einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt. Der Mahnbescheid ist am 04.12.2013 zugestellt worden. Wegen der weiteren, auch zeitlichen, Einzelheiten zu dem Mahnverfahren wird auf den maschinellen Aktenausdruck wie Bl. 2-6 der Akte Bezug genommen. Die Aufforderung zur Anspruchsbegründung ist der Klägerseite am 04.08.2014 zugestellt worden. Die Anspruchsbegründung ist am 30.10.2014 bei Gericht eingegangen. 10Die Klägerin beantragt, 11die Beklagte zu verurteilen, an sie angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 555,60 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie beruft sich u.a. auf die Einrede der Verjährung. 15Sie trägt außerdem u.a. vor, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Neben der Beklagten hätten im fraglichen Zeitraum auch noch deren Lebensgefährte sowie zwei Freundinnen Zugriff auf ihren Internetanschluss gehabt. 16Wegen der Erörterungen und Hinweise des Gerichts wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.02.2015, Bl. 143 d.A., Bezug genommen. 17Wegen der weitergehenden Einzelheiten zu dem wechselseitigen Parteivortrag wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 02.10.2014 (Bl. 14-22 der Akte), vom 11.02.2015 (Bl. 128-135 der Akte) und auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10.12.2014 (Bl. 82-120 der Akte) nebst ihrer jeweiligen Anlagen Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. 20I. 21Es kann u.a. offen bleiben, ob die Beklagte die behauptete Rechtsverletzung begangen hat, ob die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend nachgekommen ist, ob die Beklagte als Störerin haftet, ob die IP-Adresse richtig ermittelt wurde, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist und ob die Ansprüche der Klägerin der Höhe nach gerechtfertigt sind. 22Denn die Klage hat jedenfalls deswegen keinen Erfolg, weil sich die Beklagte mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung beruft. 231. 24Der Schadensersatzanspruch auf lizenzanalogen Schaden nach § 97 UrhG in der im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung gültigen Fassung ist verjährt. 25Die Klägerin hat spätestens nach der Auskunftserteilung durch Telekom vom 18.12.2009 im Dezember 2009 von der behaupteten Rechtsverletzung und der hierfür vermeintlich verantwortlichen Person, nämlich der Beklagten, Kenntnis erlangt. Die maßgebliche 3-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB ist daher mit Ablauf des Jahres 2012 abgelaufen, § 199 Abs. 1 BGB, sodass bereits (wegen der Möglichkeit des § 167 ZPO) der Mahnbescheidsantrag vom 22.11.2013 die bereits in diesem Zeitpunkt eingetretene Verjährung nicht mehr unterbrochen konnte. 26Entgegen der klägerischen Ansicht verjährt der Anspruch nicht nach den §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB. 27Die Entscheidung des BGH zum „Bochumer Weihnachtsmarkt“ (27.10.2011, I ZR 175/10), ist nach Ansicht des Gerichts auf die hiesige Fallkonstellation nicht anwendbar. 28Denn es fehlt hier an dem Merkmal, dass die Beklagte „etwas“ erlangt hat. Jedenfalls hat sie keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart (vgl. ausführlich AG Bielefeld, Urt. v. 06.03.2014, 42 C 368/13, juris, Rn. 16). 29Eine gegenteilige, rechtskräftige Entscheidung des LG Bochum liegt hier insoweit ebenfalls nicht vor. 302. 31Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ist ebenfalls verjährt. 32Auch hier greifen die §§ 195, 199 BGB zu Gunsten der Beklagten. 33Nach Ansicht des Gerichts kann für die Abmahnkosten bereits im Ansatz nicht auf die §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB abgestellt werden. 34Auch ist der Gericht nicht der Ansicht, dass insoweit erst auf den Zeitpunkt des Ausspruchs bzw. der Versendung bzw. des Zugangs der Abmahnung als das die Verjährung auslösende Ereignis abzustellen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt kann auch insoweit allein die behauptete Zuwiderhandlung sein. Andernfalls hätte es der Abmahnende in der Hand, den Lauf der Verjährung erheblich hinauszuzögern. Zudem: Die hier vertretene Rechtsauffassung ergibt sich auch jedenfalls aus dem Rechtsgedanken des § 199 Abs. 5 BGB (vgl. AG Bielefeld, a.a.O., Rn. 15). 35II. 36Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO. 37III. 38Der Streitwert wird auf 955,60 EUR festgesetzt. 39
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 2
3die klägerin begehrt schadensersatz wegen einer behaupteten urheberrechtsverletzung der beklagten im internet (sog. filesharing). 4die klägerin behauptet, sie sei inhaberin der ausschließlichen nutzungs- und verwertungsrechte an dem filmwerk „xxx“. 5die klägerin behauptet, die beklagte habe eine rechtsverletzung von ihrem internetanschluss aus begangen, nämlich am 10.11.2009 um 06:51 habe sie das oben genannte filmwerk unerlaubt im internet zum download angeboten. die klägerin trägt weiter vor, der beklagte hafte auch als störer. die klägerin behauptet weiter, die ermittlung der ip-adresse der beklagten sei zuverlässig und richtig erfolgt. 6ob der internetanschluss der beklagten nach den vorgaben des bgh gegen unbefugte zugriffe von außen gesichert war, insbesondere mit einem persönlichen, ausreichend langen und sicheren passwort gesichert war, ist streitig. 7der beschluss des lg köln in dem verfahren gemäß § 101 abs. 9 urhg datiert vom 15.12.2009, die auskunft der telekom wurde unter dem 18.12.2009 erteilt, die abmahnung der klägerin datiert vom 20.04.2010. wegen der weiteren einzelheiten hierzu wird auf bl. 25-29 und auf bl. 35-38 d.a. der akte bezug genommen. ob die abmahnung der beklagten zugegangen ist, ist streitig; die beklagte bestreitet dies. 8die klägerin ist der ansicht, es greife die zehnjährige verjährungsfrist in bezug auf den geltend gemachten lizenzanalogen schaden. hinsichtlich der abmahnkosten sei auf den zugang der abmahnung abzustellen. 9am 22.11.2013 hat die klägerin einen antrag auf erlass eines mahnbescheides gestellt. der mahnbescheid ist am 04.12.2013 zugestellt worden. wegen der weiteren, auch zeitlichen, einzelheiten zu dem mahnverfahren wird auf den maschinellen aktenausdruck wie bl. 2-6 der akte bezug genommen. die aufforderung zur anspruchsbegründung ist der klägerseite am 04.08.2014 zugestellt worden. die anspruchsbegründung ist am 30.10.2014 bei gericht eingegangen. 10die klägerin beantragt, 11die beklagte zu verurteilen, an sie angemessenen schadensersatz, dessen höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 eur betragen soll, sowie vorgerichtliche anwaltskosten in höhe von 555,60 € jeweils nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie beruft sich u.a. auf die einrede der verjährung. 15sie trägt außerdem u.a. vor, sie habe die rechtsverletzung nicht begangen. neben der beklagten hätten im fraglichen zeitraum auch noch deren lebensgefährte sowie zwei freundinnen zugriff auf ihren internetanschluss gehabt. 16wegen der erörterungen und hinweise des gerichts wird auf das sitzungsprotokoll vom 25.02.2015, bl. 143 d.a., bezug genommen. 17wegen der weitergehenden einzelheiten zu dem wechselseitigen parteivortrag wird auf die schriftsätze der klägerin vom 02.10.2014 (bl. 14-22 der akte), vom 11.02.2015 (bl. 128-135 der akte) und auf den schriftsatz der beklagten vom 10.12.2014 (bl. 82-120 der akte) nebst ihrer jeweiligen anlagen bezug genommen. 18
19die zulässige klage ist unbegründet. 20i. 21es kann u.a. offen bleiben, ob die beklagte die behauptete rechtsverletzung begangen hat, ob die beklagte ihrer sekundären darlegungslast hinreichend nachgekommen ist, ob die beklagte als störerin haftet, ob die ip-adresse richtig ermittelt wurde, ob die klägerin aktivlegitimiert ist und ob die ansprüche der klägerin der höhe nach gerechtfertigt sind. 22denn die klage hat jedenfalls deswegen keinen erfolg, weil sich die beklagte mit erfolg auf die einrede der verjährung beruft. 231. 24der schadensersatzanspruch auf lizenzanalogen schaden nach § 97 urhg in der im zeitpunkt der behaupteten rechtsverletzung gültigen fassung ist verjährt. 25die klägerin hat spätestens nach der auskunftserteilung durch telekom vom 18.12.2009 im dezember 2009 von der behaupteten rechtsverletzung und der hierfür vermeintlich verantwortlichen person, nämlich der beklagten, kenntnis erlangt. die maßgebliche 3-jährige verjährungsfrist nach § 195 bgb ist daher mit ablauf des jahres 2012 abgelaufen, § 199 abs. 1 bgb, sodass bereits (wegen der möglichkeit des § 167 zpo) der mahnbescheidsantrag vom 22.11.2013 die bereits in diesem zeitpunkt eingetretene verjährung nicht mehr unterbrochen konnte. 26entgegen der klägerischen ansicht verjährt der anspruch nicht nach den §§ 102 s. 2 urhg, 852 bgb. 27die entscheidung des bgh zum „bochumer weihnachtsmarkt“ (27.10.2011, i zr 175/10), ist nach ansicht des gerichts auf die hiesige fallkonstellation nicht anwendbar. 28denn es fehlt hier an dem merkmal, dass die beklagte „etwas“ erlangt hat. jedenfalls hat sie keine lizenzgebühr für einen möglichen lizenzvertrag erspart (vgl. ausführlich ag bielefeld, urt. v. 06.03.2014, 42 c 368/13, juris, rn. 16). 29eine gegenteilige, rechtskräftige entscheidung des lg bochum liegt hier insoweit ebenfalls nicht vor. 302. 31der anspruch auf ersatz der abmahnkosten ist ebenfalls verjährt. 32auch hier greifen die §§ 195, 199 bgb zu gunsten der beklagten. 33nach ansicht des gerichts kann für die abmahnkosten bereits im ansatz nicht auf die §§ 102 s. 2 urhg, 852 bgb abgestellt werden. 34auch ist der gericht nicht der ansicht, dass insoweit erst auf den zeitpunkt des ausspruchs bzw. der versendung bzw. des zugangs der abmahnung als das die verjährung auslösende ereignis abzustellen ist. maßgeblicher zeitpunkt kann auch insoweit allein die behauptete zuwiderhandlung sein. andernfalls hätte es der abmahnende in der hand, den lauf der verjährung erheblich hinauszuzögern. zudem: die hier vertretene rechtsauffassung ergibt sich auch jedenfalls aus dem rechtsgedanken des § 199 abs. 5 bgb (vgl. ag bielefeld, a.a.o., rn. 15). 35ii. 36die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711, 709 s. 2 zpo. 37iii. 38der streitwert wird auf 955,60 eur festgesetzt. 39
Verklagte*r
0
330,876
2 O 541/19
"2020-08-19T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 42.713,85 EUR abzüglich einer nach der nachfolgenden Formel berechneten Nutzungsentschädigung in EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.06.2020 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung des Herausgabe- und Übereignungsanspruchs bzgl. des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer XXXX gegenüber der Y-Bank, H. Straße XX, C. aus dem Darlehensantrag Nr. XXXXX, welchen sie mit der Y-Bank am 21.08.2019 über das Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer XXXX geschlossen hat: 37.954,19 EUR x (Kilometerstand bei Rückgabe des Fahrzeugs – 0 km) : 250.000. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des vorbezeichneten Fahrzeugs seit dem 18.06.2020 in Annahmeverzug befindet. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.095,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.02.2020 freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klagepartei begehrt im Rahmen des sog. VW-Abgasskandals von der Beklagten die Rückzahlung des an die Beklagten geleisteten Kaufpreises einschließlich etwaiger Zulassungs-, Überführungs- und sonstiger Kosten von insgesamt 37.954,19 EUR unter Abzug einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung sowie Darlehenskosten i.H.v. 4759,66 EUR als Schadensersatz, weil in dem Fahrzeug eine Motorsteuerung installiert sei, die die Abgaswerte unzulässig manipuliere. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befinde. 3Die Klagepartei und die Beklagte schlossen am 16.08.2016 einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug, einen VW Tiguan Sport & Style 4Motion 2.0 TDI. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Neuwagen. 4In dem Wagen ist ein von der Beklagten entwickelter und hergestellter 2,0-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189 eingebaut, dessen Motorsoftware zur Optimierung der Stickstoffoxid-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren beigetragen hat. Die Software erkennt, ob sich das Kfz auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand spielt die eingebaute Software beim Stickstoffoxid-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ab als im Normalbetrieb. Hierdurch werden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt. 5Das KBA gab ein Software-Update für das klägerische Fahrzeug per Bescheid frei, das die vorgenannte Abschalt-Software entfernen soll. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug wurde dieses Software-Update durchgeführt. Auch ohne das Software-Update war das streitgegenständliche Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher. Die EG-Typengenehmigung ist bis dahin nicht entzogen gewesen. Das KBA betrachtete das Aufspielen des Software-Updates jedoch als verpflichtend. 6Die Klagepartei schloss im Zusammenhang mit dem Erwerb des Fahrzeugs einen Darlehensvertrag mit der Y.-Bank GmbH über eine Darlehenssumme in Höhe von 28.112,18 EUR und Zinsen in Höhe von 1.471,40 EUR ab. Die Klagepartei leistete eine Anzahlung in Höhe von 5.000,00 EUR und zahlte auf den Darlehensvertrag monatliche Raten in Höhe von jeweils 228,00 EUR. In dem Darlehensvertrag wurde als Sicherheit die Übereignung des oben näher bezeichneten Fahrzeuges vereinbart. Zur Anschlussfinanzierung schloss die Klagepartei am 21.08.2019 einen weiteren Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 22.447,69 EUR, einen Beitrag zum KSB für AU und Tod in Höhe von 1.072,11 EUR und Zinsen in Höhe von 2.216,15 EUR ab. Vereinbart wurde eine monatliche Ratenzahlung von 409,43 EUR und eine Schlussrate in Höhe von 5.011,20 EUR. Aufgrund der Anschlussfinanzierung ist das Fahrzeug noch nicht abbezahlt. 7Unter Bezugnahme auf den sog. VW-Abgasskandal verlangte die Klagepartei mit Anwaltsschreiben vom 02.09.2019 unter Fristsetzung bis zum 16.09.2019 die Zahlung von Schadensersatz in Gestalt der Rückzahlung des vollständigen Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs. 8Die Klagepartei behauptet, das Fahrzeug halte die Euro-5-Norm nicht ein. Tatsächlich überschritten die NOx-Werte im normalen Fahrbetrieb die Grenzwerte um ein Vielfaches. Auf einem Prüfstand hingegen werde - unstreitig - die Motorsteuerung automatisch so geschaltet, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten würden. Die Klagepartei ist der Ansicht, die Beklagte habe als Hersteller die Käufer durch die Verwendung einer der manipulierten Software arglistig getäuscht. Das Verhalten derjenigen (leitenden) Mitarbeiter der Beklagten, die die Manipulationen an der Motorsoftware vorgenommen/veranlasst haben, sei sittenwidrig, sodass ein direkter Anspruch gegen die Beklagte bestehe. Durch die Manipulation der Motorsteuerung auf dem Prüfstand sei sie über die tatsächlichen Schadstoffemissionen arglistig getäuscht worden. So habe die Beklagte gewusst, dass der Einbau der streitgegenständlichen Software zu einem zulassungsrechtlich illegalen Zustand führe, dadurch der Wert des Fahrzeugs erheblich gemindert werde und die Klagepartei letztlich ein Fahrzeug erhalte, dessen Ist-Beschaffenheit erheblich von der Soll-Beschaffenheit abweiche. Die Beklagte sei daher im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht verpflichtet, das streitgegenständliche Fahrzeug gegen Zahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurückzunehmen. Die Klagepartei sei nämlich so zu stellen, wie sie ohne Täuschung über die nicht gesetzeskonforme Motorsoftware gestanden hätte. In Kenntnis des Sachverhalts und der damit verbundenen Risiken hätte die Klagepartei den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht abgeschlossen, sodass die Beklagte die wirtschaftlichen Folgen des Kaufs durch Rücknahme und Kaufpreiserstattung ungeschehen machen müsse. 9Die Klagepartei beantragt zuletzt, 101. die Beklagte zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer XXXX an sie 42.713,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 24.08.2016 sowie 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzüglich einer vom Gericht festzusetzenden Nutzungsentschädigung zu zahlen; 112. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer XXXX in Annahmeverzug befindet; 123. die Beklagte zu verurteilen, sie von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.095,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen. 13Hilfsweise: 14die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 42.713,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 24.08.2016 sowie 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzüglich einer vom Gericht festzusetzenden Nutzungsentschädigung zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung des Herausgabe- und Übereignungsanspruchs bzgl. des Fahrzeugs mit der FahrgestellnummerXXXXX1 gegenüber der Y-Bank, E. Straße XX, C. aus dem Darlehensantrag Nr. XXXXX, welchen sie mit der Y.-BANK am 21.08.2019 über das Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer XXXXX geschlossen hat. 15Die Beklagte beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Die Beklagte behauptet, die Emissionsgrenzwerte der Abgasnormen müssten im normalen Fahrbetrieb nicht erreicht werden. Eine unzulässige Abschalteinrichtung sei nicht zum Einsatz gekommen. Die bisherige Motorsteuerung habe auf dem Prüfstand vielmehr in den NOx-optimierten Modus 1 geschaltet, bei dem es eine erhöhte Abgasrückführungsrate gegeben habe; im normalen Fahrbetrieb habe sich der Motor im Partikel-optimierten Modus 0 befunden. Nach einem Software-Update gebe es nur noch den Modus 1. Die Beklagte ist der Ansicht, die Klagepartei habe eine sittenwidrige Handlung der Beklagten nicht dargelegt. Ein Anspruch scheide bereits aus dem Grund aus, dass die Klagepartei das Fahrzeug zu einem Zeitpunkt erworben habe, als sie die Verwendung der Umschaltlogik längst öffentlich bekannt gemacht und konkrete Schritte zur Überarbeitung der Motorsteuerungssoftware eingeleitet habe. Zudem seien ihr weder falsche Tatsachen vorgespiegelt worden, noch sei sie über die tatsächlichen Schadstoffemissionen getäuscht worden. Auch liege keine Täuschung über das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor. So habe für die Beklagte gegenüber der Klagepartei keine Informationspflicht hinsichtlich der verwendeten Software bestanden. Eine sittenwidrige Handlung der Beklagten scheide außerdem aus, da es an einer besonderen Verwerflichkeit mangele. Im Rahmen der Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Handlung käme es vor allem auf die Vorstellungen und Handlungen der Teilnehmer des Fahrzeugmarktes an. Hier sei jedoch allgemein bekannt, dass die für den Erhalt der Typengenehmigung gemessenen Emissionswerte von den Werten im Realbetrieb abweichen würden. Den Käufern komme es demnach im Wesentlichen auf die Existenz und Bestandskraft der Typengenehmigung an. Vorstandsmitglieder der Beklagten hätten außerdem von den streitgegenständlichen Vorgängen keine Kenntnis gehabt. Folglich habe auch kein Schädigungsvorsatz bestanden. Die Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die zulässige Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. 21I. 22Die Klage ist zulässig. 23Insbesondere ist das Landgericht Krefeld für die Klage örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Der Begehungsort liegt dabei überall dort, wo ein Teilakt der unerlaubten Handlung verwirklicht worden ist (Handlungs- oder Erfolgsort, vgl. BGH, Urt. v. 23.03.2010, VI ZR 57/09, juris Rn. 8; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. A. 2016, § 32 Rn. 16). 24Gehört der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung, ist damit (auch) der Ort des Schadenseintritts Begehungsort im Sinne des § 32 ZPO (OLG Frankfurt, Beschluss vom 03. Juli 2017 – 13 SV 6/17 –, Rn. 15, juris). Bei betrügerischen Handlungen ist für den Schaden daher auf den Ort abzustellen, an dem das Vermögen des Geschädigten belegen ist. Dies ist in der Regel der Sitz des Geschädigten (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. Mai 2018 – 9 AR 3718 –, Rn. 8, juris). Der Prüfung ist insoweit der klägerische Sachvortrag zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 25.03.2014 - VI ZR 271/13, Juris, Rn. 10). Bei § 826 BGB gehört der Eintritt eines Schadens zum Tatbestand und nicht lediglich zur Rechtsfolgenseite. Ort des Schadenseintritts ist der Wohnort der Klagepartei als Geschädigter (vgl. Toussaint in BeckOK ZPO, 24. Edition, § 32, Rn. 13), welcher sich im hiesigen Bezirk befindet (vgl. LG Krefeld, Urteil vom 28. Februar 2018 – 7 O 10/17 –, Rn. 26, juris). 25II. 26Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. 271. 28Die Klagepartei, welche als Halter des streitgegenständlichen Fahrzeugs aktivlegitimiert ist, hat gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB den eingeklagten Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs und auf Feststellung des Annahmeverzuges mit der Entgegennahme des Wagens. 29a) 30Die Klagepartei wurde durch die Beklagte gem. § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. 31Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt; dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft, vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555, Rn. 15 – beck-online). 32Die manipulierende Motorsoftware hat die Beklagte entweder selbst programmiert oder deren Programmierung veranlasst. Die Beklagte hat unstreitig den Motor für den streitgegenständlichen Wagen konstruiert und hergestellt. Hierzu gehört die Programmierung der Motorsoftware einschließlich der Softwareteile, die auf einem Abgasprüfstand die Motorsteuerung übernehmen. 33Hierbei wurden nicht einfach nur die Abgasvorschriften außer Acht gelassen und massenhafte, erhebliche Umweltverschmutzung herbeigeführt, sondern mit der Abschaltvorrichtung zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung dieses Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen, um der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder sie wettbewerbsfähig zu halten, weil diese entweder nicht über eine Technik verfügte, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder weil diese aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen Vorrichtungen unterließ. Hierdurch wurden zugleich Kunden manipulierend beeinflusst, indem im Prüfstandmodus das Emissionskontrollsystem anders gesteuert wird und die Motorsteuerung nur bei der Prüfstandfahrt in einen Modus mit höherer Abgasrückführung und dadurch bedingt geringeren NOx-Werten gebracht hat (den von der Beklagten sog. Modus 1), wohingegen der Motor im realen Fahrbetrieb (dem von der Beklagten sog. Modus 0) eine geringere Abgasrückführung und damit höhere NOx-Werte aufwies. So wurde die Erwartung der Autokäufer hintergangen, dass die Abgas- und Verbrauchswerte zwar nicht mit denen des realen Fahrbetriebs übereinstimmen müssen, aber doch in einer gewissen Korrelation zueinander stehen und eine Aussage über den realen Fahrbetrieb sowie den Vergleich zu anderen Fahrzeugen zulassen: Niedrige Werte im Prüfstandmodus lassen auch niedrige Werte im realen Fahrbetrieb erwarten und umgekehrt. 34Nach dem Bekanntwerden der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung wurde zwar eine technische Lösung zunächst von der Beklagten entwickelt und vom KBA freigegeben, welche dann auf verschiedene Fahrzeugvarianten angepasst werden musste. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand aber die Gefahr, dass die erforderliche Entwicklung nicht gelingen würde und die von dem KBA gemäß § 25 Abs. 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 126; im Folgenden EG-FGV) nachträglich angeordnete Nebenbestimmung zur Typgenehmigung nicht erfüllt werden könnte. Abgesehen von den tatsächlichen Unwägbarkeiten bestanden ferner auch erhebliche rechtliche Risiken. Die unzulässige Abschalteinrichtung konnte grundsätzlich dazu führen, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV vornahm, weil das Fahrzeug wegen der gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FZV) entsprach (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 20, 21, beck-online). 35Dieses Verhalten der Beklagten ist im Verhältnis zur Klagepartei objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Damit ging einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einher, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Das gilt auch, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich aus einer Gesamtschau des festgestellten Verhaltens der Beklagten unter Berücksichtigung des verfolgten Ziels, der eingesetzten Mittel, der zutage getretenen Gesinnung und der eingetretenen Folgen (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 16, beck-online). 36Das zwar an sich erlaubte Ziel der Erhöhung des Gewinns wird im Verhältnis zu dem Käufer eines der betroffenen Fahrzeuge dann verwerflich, wenn es auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Typgenehmigungs- und Marktüberwachungsbehörde - des KBA (§ 2 Abs. 1 EG-FGV) - erreicht werden soll, und dies mit einer Gesinnung verbunden ist, die sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, gleichgültig zeigt. Ein solches Vorgehen verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechts- und Geschäftsverkehr auf dem hier betroffenen Markt für Kraftfahrzeuge, dass ein Ausgleich der bei den einzelnen Käufern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Gerade wenn die Käufer sich keine konkreten Vorstellungen über die Rechtsbeständigkeit der Typgenehmigung und die Erfüllung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte machten, war das Inverkehrbringen der Fahrzeuge unter diesen Umständen sittenwidrig und stand wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Käufer gleich (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 23, beck-online). 37b) 38Nach der Rspr. des BGH ist auch davon auszugehen, dass die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software von den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Beklagten verantwortlichen vormaligen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist. Dieses Verhalten ist der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 29, beck-online) 39c) 40Insoweit ist auch von einem vorsätzlichen Handeln auszugehen. 41Die Rechtsprechung interpretiert das Vorsatzerfordernis extensiv und verlangt nicht, dass der Handelnde die Schädigung eines anderen angestrebt oder als sichere Folge des eigenen Handelns akzeptiert hat. § 826 BGB setzt demnach kein absichtliches oder arglistiges Verhalten in dem Sinne voraus, dass es dem Täter gerade auf die Schädigung des Dritten ankommen müsste. Darüber hinaus ist es nicht erforderlich, dass der Täter den Erfolgseintritt für sicher gehalten hat, sondern es reicht das Bewusstsein, dass die Schädigung im Bereich des Möglichen liegt sowie das billigende Inkaufnehmen des Schädigungsrisikos (vgl. MüKo BGB, 7.Aufl., § 826 Rn. 27). Es kann insoweit durchaus gerechtfertigt sein, im Einzelfall aus dem Wissen einer natürlichen Person auf deren Willen zu schließen. Aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns kann sich die Schlussfolgerung ergeben, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist 42Insoweit ist von einem (auch) auf die Käufer der mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeuge bezogenen Schädigungsvorsatz der handelnden Personen auszugehen. Da diese die grundlegende und mit der bewussten Täuschung des KBA verbundene strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software jedenfalls kannten und jahrelang umsetzten, ist schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ihnen als für die zentrale Aufgabe der Entwicklung und des Inverkehrbringens der Fahrzeuge zuständigem Organ oder verfassungsmäßigem Vertreter (§ 31 BGB) bewusst war, in Kenntnis des Risikos einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung der betroffenen Fahrzeuge werde niemand - ohne einen erheblichen, dies berücksichtigenden Abschlag vom Kaufpreis - ein damit belastetes Fahrzeug erwerben (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 60-63, beck-online). 43d) 44Der Klagepartei ist durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden ist, §§ 826, 249 Abs. 1 BGB, der in dem Abschluss des Kaufvertrags über das bemakelte Fahrzeug liegt (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 44, beck-online). Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen. Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass er durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten; vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer "ungewollten" Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar. Mithin kann die Klagepartei im Wege des Schadensersatzes verlangen, dass die Beklagte die wirtschaftlichen Folgen des Kaufs dadurch ungeschehen macht, dass sie den Kaufpreis gegen Herausgabe des Fahrzeugs erstattet (vgl. (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 44, beck-online). 45Die Klagepartei ist veranlasst durch das einer arglistigen Täuschung gleichstehende sittenwidrige Verhalten der Beklagten eine ungewollte Verpflichtung eingegangen. Die sittenwidrigen Handlungen des Mitarbeiters der Beklagten führten nämlich dazu, dass sich die Klagepartei bei dem Kauf des streitgegenständlichen PKW von falschen Vorstellungen getragen sah. Ein Schaden ist hier jedenfalls deshalb eingetreten, weil der Vertragsschluss als unvernünftig anzusehen ist. Die Klagepartei hat durch den ungewollten Vertragsschluss eine Leistung erhalten, die für ihre Zwecke nicht voll brauchbar war (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 48, 49, beck-online). 46Diese Fehlvorstellung war für den Kauf des streitgegenständlichen PKW auch kausal. Die Kammer geht insoweit davon aus, dass die Klagepartei den Kaufvertrag in Kenntnis der illegalen Abschalteinrichtung nicht abgeschlossen hätte, § 286 ZPO. Hierbei ist ein sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung und der Art des zu beurteilenden Geschäfts ergebenden Erfahrungssatz zugrunde zu legen, wonach auszuschließen ist, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, dem eine Betriebsbeschränkung oder - untersagung droht und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs in keiner Weise absehbar ist, ob dieses Problem behoben werden kann. 47Das Fahrzeug wies im Zeitpunkt des Erwerbs eine unzulässige Abschalteinrichtung auf. Damit lag ein Sachverhalt vor, der - gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Umständen - dazu führen konnte, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV vornimmt. Es kann ausgeschlossen werden, dass ein Käufer, dem es auf die Gebrauchsfähigkeit des Kraftfahrzeugs wie ausgeführt maßgeblich ankommt, ein Fahrzeug erwirbt, bei dem eine auch nur abstrakte Gefahr der Betriebsbeschränkung oder -untersagung besteht, wenn gleichzeitig unklar ist, ob überhaupt, wenn ja zu welchem Zeitpunkt und wie - vor allem ohne Nachteil für den Käufer - der Mangel behoben werden kann. Für die Frage der Brauchbarkeit kommt es auch nicht lediglich darauf an, dass das Fahrzeug von der Klagepartei tatsächlich genutzt werden konnte und sich die bestehende Stilllegungsgefahr nicht verwirklicht hat. Ein Fahrzeug ist für die Zwecke desjenigen, der durch ein sittenwidriges Verhalten zum Vertragsabschluss veranlasst wird, dann nicht voll brauchbar, wenn es aus der ex ante Sicht des Käufers letztlich vom Zufall abhängt, ob der unerkannt bestehende Mangel aufgedeckt und die Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs in der Folge eingeschränkt wird. Bei Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls ist der Erwerb des Fahrzeugs auch nach der Verkehrsanschauung unvernünftig und damit für die Klagepartei nachteilig, die Brauchbarkeit des Fahrzeugs mithin nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht der Klagepartei eingeschränkt (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 52-54, beck-online). 48e) 49Dem Schaden der Klagepartei steht auch nicht entgegen, dass an ihrem Fahrzeug auf Kosten der Beklagten ein Softwareupdate durchgeführt wurde. Das nach dem Kauf durchgeführte Softwareupdate ändert nichts an der Manipulation der Willensbildung der Klagepartei, welche beim Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs stattgefunden hat. § 826 BGB schützt den loyalen und angemessenen Umgang der Personen untereinander (Reichold in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 826 BGB, Rn. 1). Die Manipulation der Klagepartei kann nicht im Nachhinein durch ein Update, welches lediglich die Auswirkungen des Mangels beseitigen kann, rückgängig gemacht werden. Der Schutzbereich des § 826 BGB ist auch weiterhin betroffen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass derzeit die dauerhaften Auswirkungen des Updates auf das Fahrzeug noch nicht absehbar sind. Ob die durch das Softwareupdate nachgerüsteten Fahrzeuge in ihrer Beschaffenheit durch das Update negativ beeinflusst werden, wird sich erst durch einen längerfristigen Massenbetrieb der nachgerüsteten Fahrzeuge zeigen. Bis dahin besteht der konkrete und nicht ausräumbare Mangelverdacht, dass die Fahrzeuge durch das Update negativ beeinflusst werden, sei es im Hinblick auf eine Verminderung der Motorleistung, einer Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs oder einer Steigerung des CO2-Ausstoßes (LG Saarbrücken, Urteil vom 07. Juni 2017 – 12 O 174/16 –, Rn. 35, juris). 50f) 51Dem klägerischen Anspruch steht gleichermaßen nicht entgegen, dass die Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug erst am 16.08.2016 erworben hat. 52Zwar hat der BGH in seiner jüngsten Rechtsprechung bei Käufen von Gebrauchtwagen mit von dem sog. Abgasskandal betroffenen Motoren nach dem 22.09.2015 die von § 826 BGB vorausgesetzte Sittenwidrigkeit verneint. 53Relevant für die Annahme der Sittenwidrigkeit eines Verhaltens ist eine Gesamtschau, in welcher der vollständige Charakter des schädigenden Verhaltens zu ermitteln und zu bewerten ist. Zugrunde gelegt wird insoweit das Gesamtverhalten des Schädigers hin bis zum Schadenseintritt bei dem Geschädigten. Das Gesamtvorhalten ist vor allem bei einem zeitlichen Auseinanderfallen der ersten potenziell schadensursächlichen Handlung und des Schadenseintritts von Bedeutung; dies gilt insbesondere, wenn es in der Zwischenzeit zu einer nach außen hin erkennbaren Änderung des Verhalten des Schädigers gekommen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20). 54In der zugrundeliegenden Konstellation – Erwerb eines Gebrauchtwagens bei einem Dritten – hat der BGH eine Sittenwidrigkeit verneint. Zur Begründung hat er ausgeführt, insoweit sei das Verhalten der Beklagten nach Entdeckung des sog. Abgasskandals mit in die Gesamtbewertung einzubeziehen. Hiernach sei eine Verhaltensänderung auf Seiten der Beklagten erfolgt, welche das Unwerturteil ihres bisherigen Verhaltens relativiert hat. Bereits die sog. Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 sei objektiv geeignet gewesen, die Arglosigkeit potenzieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren zu beseitigen, indem deren Vertrauen in eine regelkonforme Abgastechnik erschüttert wurde. Die Ad-hoc-Mitteilung und der ihr zugrundeliegende Inhalt hätten eine weite Verbreitung in sämtlichen Medien erfahren. Vor diesem Hintergrund habe nicht mehr erwartet werden können, dass Käufer von gebrauchten VW-Fahrzeugen mit Dieselmotoren die Erfüllung der rechtlichen Vorgaben noch – wie zuvor - als selbstverständlich voraussetzen würden. Unabhängig von Kenntnissen von Käufern von betroffenen Fahrzeugen nach diesem Zeitpunkt von dem "Dieselskandal" im Allgemeinen und deren Vorstellungen von der Betroffenheit des Fahrzeugs im Besonderen sei diesem Personenkreis nach Ansicht des BGH daher kein sittenwidriger Schaden mehr zugefügt geworden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20). 55Diese Erwägungen sind auf die hier vorliegende Konstellation jedoch nicht übertragbar. Denn die Klagepartei hat das streitgegenständliche Fahrzeug zwar erst im August 2016 und mithin nach der ad-hoc-Mitteilung erworben, dies allerdings direkt bei der Beklagten. Zudem handelte es sich um einen Neuwagen. Fast ein Jahr nach Veröffentlichung der ad-hoc-Mitteilung konnte und durfte die Klagepartei darauf vertrauen, direkt bei der Beklagten ein Fahrzeug ohne manipulierte Software zu erwerben. Anders als in der Konstellation, über welche der BGH entschieden hat, konnte hier wieder erwartet werden, dass die rechtlichen Vorgaben erfüllt sind. Die entsprechende „Arglosigkeit“ der Käufer, insbesondere bei Neuwagen und bei direktem Kauf bei der Beklagten, war zu diesem Zeitpunkt wiederhergestellt. Dies wird noch dazu bestärkt, dass die Beklagte bei einem Direktverkauf eines Neuwagens – anders als bei Gebrauchtwagenkäufen bei dritten Unternehmen – die Möglichkeit hatte, auf die Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund reicht das Verhalten der Beklagten nach Aufdeckung des sog. Abgasskandals hier nicht aus, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu revidieren. 56g) 57Die Klagepartei muss sich nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung jedoch die von ihr gezogenen Nutzungen anrechnen lassen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. März 2019 – 13 U 142/18 –, Rn. 113 ff., juris). 58Nach den von der Rechtsprechung im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 65, 66, beck-online). 59Da der Wertersatz für die gezogenen Nutzungen auf den Zeitpunkt des Leistungsaustauschs zu bemessen ist, musste er über die Laufleistung abstrakt bestimmt werden. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Der Wertersatz bestimmt sich hiernach nach folgender Formel: 60(Bruttokaufpreis × gefahrene Kilometer) ÷ Restnutzungsdauer 61Die Höhe der gefahrenen Kilometer ergibt sich aus einer Subtraktion des bei Rückgabe abzulesenden Kilometerzählerstandes und des Kilometerstandes zum Zeitpunkt des Kaufs (in Höhe von 0 km). Die Restnutzungsdauer ergibt sich aus einer Subtraktion der Höhe der zu erwartenden Gesamtlaufleistung, die die Kammer gemäß § 287 ZPO auf mindestens 250.000 km schätzt (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 1199), und des Kilometerstandes beim Kauf des streitgegenständlichen PKW; sie beläuft sich daher auf 250.000 km. 62Da im Rahmen des § 826 BGB der Schaden der Klagepartei ausgeglichen werden soll, sind ihr ebenfalls die gezahlten Darlehenskosten i.H.v. 4759,66 EUR (Zinsen des 1. Darlehensvertrags i.H.v. 1.471,40 EUR, Beitrag zum KSB für AU und Tod i.H.v. 1.072,11 EUR und Zinsen der Anschlussfinanzierung i.H.v. 2.216,15 EUR) zu ersetzen. Die Klagepartei ist auch mit dem Darlehensvertrag aufgrund der Täuschung durch die Beklagte belastet. Dies gilt insbesondere aufgrund der untrennbaren Verbindung zwischen Kauf- und Darlehensvertrag. Da die Klagepartei den Darlehensbetrag noch nicht abbezahlt hat und das streitgegenständliche Fahrzeug dem Darlehensgeber sicherungsübereignet worden ist, war insoweit dem Hilfsantrag zu entsprechen. 63h) 64Der Anspruch ist nicht verjährt. Ansprüche aus §§ 826, 831 BGB verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB von drei Jahren. Diese ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die insoweit beweisbelastete Beklagte hat weder bewiesen noch ist sonst ersichtlich, dass die Klagepartei gerade von der Manipulation seines konkreten Fahrzeugs vor der Durchführung des Updates Kenntnis hatte und dass seitdem bis zu der Klageerhebung mehr als drei Jahre vergangen sind. 652. 66Der Anspruch der Klagepartei gegen die Beklagte auf Verzinsung des zurückzuerstattenden Kaufpreises in Höhe von 5 Prozentpunkten folgt seit dem Folgetag der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2020 aus §§ 286 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2, 288 Abs. 1 BGB, weil sich die Beklagte mangels ordnungsgemäßer außergerichtlicher Aufforderung erst seitdem in Verzug befunden hat. Ein Annahmeverzug ist erst seit dem Klageverfahren festzustellen. Die Klagepartei hat der Beklagten im Hinblick darauf, dass sie in dem Schreiben vom 02.09.2019 die Erstattung des gesamten Kaufpreises verlangt hat, die Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs nicht zu den Bedingungen angeboten, von denen sie sie im Hinblick auf den im Wege der Vorteilsausgleichung geschuldeten und vom Kaufpreis in Abzug zu bringenden Nutzungsersatz hätte abhängig machen dürfen. Sie hat damit die Zahlung eines deutlich höheren Betrags verlangt, als sie hätte beanspruchen können. Ein zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten geeignetes Angebot ist unter diesen Umständen erst seit der geänderten Antragstellung in der mündlichen Verhandlung gegeben (vgl. BGH Urt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, BeckRS 2020, 10555 Rn. 85, beck-online). 673. 68Ferner hat die Klagepartei einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Diese war wegen der (jedenfalls konkludent und spätestens mit ihrem Klageabweisungsantrag) verweigerten Entgegennahme des streitgegenständlichen Kfz gem. §§ 298, 293 BGB seit dem Folgetag der mündlichen Verhandlung, wie vorstehend dargelegt, in Verzug. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht, weil die Feststellung der erleichterten Vollstreckung des geltend gemachten Leistungsanspruchs dient und hierzu erforderlich ist, siehe § 756 ZPO (vgl. BGH, Urteil v. 13.12.2001 - VII ZR 27/00 Rdn. 27). 694. 70Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten folgt der Anspruch aus §§ 826, 249 BGB. Er besteht in Höhe von 1.706,94 EUR. Der Zinsanspruch folgt seit Ablauf der gesetzten Frist aus §§ 286 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2, 288 Abs. 1 BGB. 71Ersatzfähig ist nur eine 1,3-fache Geschäftsgebühr und nicht die begehrte 1,6-Gebühr. Denn bei dem von der Klagepartei an die Beklagte gerichteten Schreiben handelt es sich – was gerichtsbekannt ist – um ein vielfach verwendetes Standardschreiben. 72Der entsprechende Anspruch auf Verzinsung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. 735. 74Demgegenüber steht der Klagepartei kein Anspruch auf Verzinsung des zurückzuerstattenden Kaufpreises aus §§ 849, 246 BGB zu. 75Die Klagepartei hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 4 % Zinsen seit dem 24.08.2016 aus § 849 BGB. Die Voraussetzungen des § 849 BGB sind nicht erfüllt. Die Vorschrift billigt dem Geschädigten ohne Nachweis eines konkreten Schadens Zinsen als pauschalierten Schadensersatz für die entgangene Nutzung einer ihm durch den Schädiger entzogenen oder beschädigten Sache zu. Der Zinsanspruch soll den endgültig verbleibenden Verlust an Nutzbarkeit der Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann. Zwar greift die Norm auch in den Fällen, in denen dem Geschädigten Geld entzogen wurde. Der Regelung kann jedoch kein allgemeiner Rechtsgrundsatz dahingehend entnommen werden, dass deliktische Schadensersatzansprüche stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen seien. Stattdessen ist der Zweck der Norm zu berücksichtigen, den später nicht mehr nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen. Eben dieser Zweck der Norm ist im vorliegenden Fall jedoch nicht tangiert. Zwar hat die Klagepartei einen Geldbetrag in Höhe des Kaufpreises weggegeben. Sie hat jedoch hiervon das streitgegenständliche Fahrzeug erworben, welches sie anschließend jederzeit nutzen konnte. Ohne Relevanz ist hierfür ein etwaiger Minderwert des Fahrzeugs. Von einer auf dem deliktischen Handeln des Beklagten beruhenden entgangenen Nutzungsmöglichkeit dieses Geld kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil unterstellt werden kann, dass der Käufer bei Kenntnis des Mangels den hierfür aufgewandten Kaufpreis für ein anderes Fahrzeug aufgebracht hätte. Der Geldbetrag wäre mithin auch dann nicht in seinem Vermögen verblieben. Eine Verzinsung gemäß § 849 BGB entspricht in einem solchen Fall nicht dem Zweck der Vorschrift, mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer entzogenen oder beschädigten Sache auszugleichen (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 354/19; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2019 - 18 U 58/18 - BeckRS 2019, 32199 m.w.N.). Hieran ändert auch die Anrechnung von Nutzungsvorteilen nichts, da dies von der hier relevanten Frage, ob dem Geschädigten die Nutzbarkeit des für den Kauf dieses Fahrzeugs aufgewandten Geldes entzogen wurde, zu separieren ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). 76III. 77Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO. 78Der Streitwert wird auf 42.713,85 EUR bis zum 17.06.2020 und hiernach auf 35.878,10 EUR (vollständiger Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung zuzüglich Darlehenskosten) festgesetzt.
die beklagte wird verurteilt, an die klagepartei 42.713,85 eur abzüglich einer nach der nachfolgenden formel berechneten nutzungsentschädigung in eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 18.06.2020 zu zahlen, zug-um-zug gegen abtretung des herausgabe- und übereignungsanspruchs bzgl. des fahrzeugs mit der fahrgestellnummer xxxx gegenüber der y-bank, h. straße xx, c. aus dem darlehensantrag nr. xxxxx, welchen sie mit der y-bank am 21.08.2019 über das fahrzeug mit der fahrgestellnummer xxxx geschlossen hat: 37.954,19 eur x (kilometerstand bei rückgabe des fahrzeugs – 0 km) : 250.000. es wird festgestellt, dass sich die beklagte mit der entgegennahme des vorbezeichneten fahrzeugs seit dem 18.06.2020 in annahmeverzug befindet. die beklagte wird verurteilt, die klagepartei von außergerichtlichen anwaltskosten in höhe von 2.095,35 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit 04.02.2020 freizustellen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die beklagte. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1
2die klagepartei begehrt im rahmen des sog. vw-abgasskandals von der beklagten die rückzahlung des an die beklagten geleisteten kaufpreises einschließlich etwaiger zulassungs-, überführungs- und sonstiger kosten von insgesamt 37.954,19 eur unter abzug einer noch zu beziffernden nutzungsentschädigung sowie darlehenskosten i.h.v. 4759,66 eur als schadensersatz, weil in dem fahrzeug eine motorsteuerung installiert sei, die die abgaswerte unzulässig manipuliere. ferner begehrt sie die feststellung, dass sich die beklagte mit der rücknahme des fahrzeugs in verzug befinde. 3die klagepartei und die beklagte schlossen am 16.08.2016 einen kaufvertrag über das streitgegenständliche fahrzeug, einen vw tiguan sport & style 4motion 2.0 tdi. bei dem fahrzeug handelte es sich um einen neuwagen. 4in dem wagen ist ein von der beklagten entwickelter und hergestellter 2,0-liter-dieselmotor vom typ ea 189 eingebaut, dessen motorsoftware zur optimierung der stickstoffoxid-emissionswerte im behördlichen prüfverfahren beigetragen hat. die software erkennt, ob sich das kfz auf einem technischen prüfstand zur ermittlung der emissionswerte oder im üblichen straßenverkehr befindet. auf dem rollenprüfstand spielt die eingebaute software beim stickstoffoxid-ausstoß ein anderes motorprogramm ab als im normalbetrieb. hierdurch werden auf dem prüfstand geringere stickoxidwerte (nox) erzielt. 5das kba gab ein software-update für das klägerische fahrzeug per bescheid frei, das die vorgenannte abschalt-software entfernen soll. bei dem streitgegenständlichen fahrzeug wurde dieses software-update durchgeführt. auch ohne das software-update war das streitgegenständliche fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher. die eg-typengenehmigung ist bis dahin nicht entzogen gewesen. das kba betrachtete das aufspielen des software-updates jedoch als verpflichtend. 6die klagepartei schloss im zusammenhang mit dem erwerb des fahrzeugs einen darlehensvertrag mit der y.-bank gmbh über eine darlehenssumme in höhe von 28.112,18 eur und zinsen in höhe von 1.471,40 eur ab. die klagepartei leistete eine anzahlung in höhe von 5.000,00 eur und zahlte auf den darlehensvertrag monatliche raten in höhe von jeweils 228,00 eur. in dem darlehensvertrag wurde als sicherheit die übereignung des oben näher bezeichneten fahrzeuges vereinbart. zur anschlussfinanzierung schloss die klagepartei am 21.08.2019 einen weiteren darlehensvertrag über einen nettodarlehensbetrag in höhe von 22.447,69 eur, einen beitrag zum ksb für au und tod in höhe von 1.072,11 eur und zinsen in höhe von 2.216,15 eur ab. vereinbart wurde eine monatliche ratenzahlung von 409,43 eur und eine schlussrate in höhe von 5.011,20 eur. aufgrund der anschlussfinanzierung ist das fahrzeug noch nicht abbezahlt. 7unter bezugnahme auf den sog. vw-abgasskandal verlangte die klagepartei mit anwaltsschreiben vom 02.09.2019 unter fristsetzung bis zum 16.09.2019 die zahlung von schadensersatz in gestalt der rückzahlung des vollständigen kaufpreises, zug um zug gegen rückgabe des streitgegenständlichen fahrzeugs. 8die klagepartei behauptet, das fahrzeug halte die euro-5-norm nicht ein. tatsächlich überschritten die nox-werte im normalen fahrbetrieb die grenzwerte um ein vielfaches. auf einem prüfstand hingegen werde - unstreitig - die motorsteuerung automatisch so geschaltet, dass die gesetzlichen grenzwerte eingehalten würden. die klagepartei ist der ansicht, die beklagte habe als hersteller die käufer durch die verwendung einer der manipulierten software arglistig getäuscht. das verhalten derjenigen (leitenden) mitarbeiter der beklagten, die die manipulationen an der motorsoftware vorgenommen/veranlasst haben, sei sittenwidrig, sodass ein direkter anspruch gegen die beklagte bestehe. durch die manipulation der motorsteuerung auf dem prüfstand sei sie über die tatsächlichen schadstoffemissionen arglistig getäuscht worden. so habe die beklagte gewusst, dass der einbau der streitgegenständlichen software zu einem zulassungsrechtlich illegalen zustand führe, dadurch der wert des fahrzeugs erheblich gemindert werde und die klagepartei letztlich ein fahrzeug erhalte, dessen ist-beschaffenheit erheblich von der soll-beschaffenheit abweiche. die beklagte sei daher im rahmen ihrer schadensersatzpflicht verpflichtet, das streitgegenständliche fahrzeug gegen zahlung des kaufpreises abzüglich einer nutzungsentschädigung zurückzunehmen. die klagepartei sei nämlich so zu stellen, wie sie ohne täuschung über die nicht gesetzeskonforme motorsoftware gestanden hätte. in kenntnis des sachverhalts und der damit verbundenen risiken hätte die klagepartei den kaufvertrag über das streitgegenständliche fahrzeug nicht abgeschlossen, sodass die beklagte die wirtschaftlichen folgen des kaufs durch rücknahme und kaufpreiserstattung ungeschehen machen müsse. 9die klagepartei beantragt zuletzt, 101. die beklagte zu verurteilen, zug-um-zug gegen übergabe und übereignung des fahrzeugs mit der fahrgestellnummer xxxx an sie 42.713,85 eur nebst zinsen in höhe von 4 prozent seit dem 24.08.2016 sowie 5 prozentpunkte über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit abzüglich einer vom gericht festzusetzenden nutzungsentschädigung zu zahlen; 112. festzustellen, dass sich die beklagte mit der annahme des fahrzeugs mit der fahrgestellnummer xxxx in annahmeverzug befindet; 123. die beklagte zu verurteilen, sie von außergerichtlichen anwaltskosten in höhe von 2.095,35 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit freizustellen. 13hilfsweise: 14die beklagte zu verurteilen, an die klagepartei 42.713,85 eur nebst zinsen in höhe von 4 prozent seit dem 24.08.2016 sowie 5 prozentpunkte über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit abzüglich einer vom gericht festzusetzenden nutzungsentschädigung zu zahlen, zug-um-zug gegen abtretung des herausgabe- und übereignungsanspruchs bzgl. des fahrzeugs mit der fahrgestellnummerxxxxx1 gegenüber der y-bank, e. straße xx, c. aus dem darlehensantrag nr. xxxxx, welchen sie mit der y.-bank am 21.08.2019 über das fahrzeug mit der fahrgestellnummer xxxxx geschlossen hat. 15die beklagte beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17die beklagte behauptet, die emissionsgrenzwerte der abgasnormen müssten im normalen fahrbetrieb nicht erreicht werden. eine unzulässige abschalteinrichtung sei nicht zum einsatz gekommen. die bisherige motorsteuerung habe auf dem prüfstand vielmehr in den nox-optimierten modus 1 geschaltet, bei dem es eine erhöhte abgasrückführungsrate gegeben habe; im normalen fahrbetrieb habe sich der motor im partikel-optimierten modus 0 befunden. nach einem software-update gebe es nur noch den modus 1. die beklagte ist der ansicht, die klagepartei habe eine sittenwidrige handlung der beklagten nicht dargelegt. ein anspruch scheide bereits aus dem grund aus, dass die klagepartei das fahrzeug zu einem zeitpunkt erworben habe, als sie die verwendung der umschaltlogik längst öffentlich bekannt gemacht und konkrete schritte zur überarbeitung der motorsteuerungssoftware eingeleitet habe. zudem seien ihr weder falsche tatsachen vorgespiegelt worden, noch sei sie über die tatsächlichen schadstoffemissionen getäuscht worden. auch liege keine täuschung über das vorliegen einer unzulässigen abschalteinrichtung vor. so habe für die beklagte gegenüber der klagepartei keine informationspflicht hinsichtlich der verwendeten software bestanden. eine sittenwidrige handlung der beklagten scheide außerdem aus, da es an einer besonderen verwerflichkeit mangele. im rahmen der beurteilung der sittenwidrigkeit der handlung käme es vor allem auf die vorstellungen und handlungen der teilnehmer des fahrzeugmarktes an. hier sei jedoch allgemein bekannt, dass die für den erhalt der typengenehmigung gemessenen emissionswerte von den werten im realbetrieb abweichen würden. den käufern komme es demnach im wesentlichen auf die existenz und bestandskraft der typengenehmigung an. vorstandsmitglieder der beklagten hätten außerdem von den streitgegenständlichen vorgängen keine kenntnis gehabt. folglich habe auch kein schädigungsvorsatz bestanden. die beklagte erhebt zudem die einrede der verjährung. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zu den akten gereichten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 19
20die zulässige klage ist in dem tenorierten umfang begründet, im übrigen unbegründet. 21i. 22die klage ist zulässig. 23insbesondere ist das landgericht krefeld für die klage örtlich gemäß § 32 zpo zuständig. nach § 32 zpo ist für klagen aus unerlaubten handlungen das gericht zuständig, in dessen bezirk die handlung begangen ist. der begehungsort liegt dabei überall dort, wo ein teilakt der unerlaubten handlung verwirklicht worden ist (handlungs- oder erfolgsort, vgl. bgh, urt. v. 23.03.2010, vi zr 57/09, juris rn. 8; zöller/vollkommer, zpo, 31. a. 2016, § 32 rn. 16). 24gehört der schadenseintritt selbst zum tatbestand der rechtsverletzung, ist damit (auch) der ort des schadenseintritts begehungsort im sinne des § 32 zpo (olg frankfurt, beschluss vom 03. juli 2017 – 13 sv 6/17 –, rn. 15, juris). bei betrügerischen handlungen ist für den schaden daher auf den ort abzustellen, an dem das vermögen des geschädigten belegen ist. dies ist in der regel der sitz des geschädigten (olg stuttgart, beschluss vom 22. mai 2018 – 9 ar 3718 –, rn. 8, juris). der prüfung ist insoweit der klägerische sachvortrag zugrunde zu legen (vgl. bgh, beschluss vom 25.03.2014 - vi zr 271/13, juris, rn. 10). bei § 826 bgb gehört der eintritt eines schadens zum tatbestand und nicht lediglich zur rechtsfolgenseite. ort des schadenseintritts ist der wohnort der klagepartei als geschädigter (vgl. toussaint in beckok zpo, 24. edition, § 32, rn. 13), welcher sich im hiesigen bezirk befindet (vgl. lg krefeld, urteil vom 28. februar 2018 – 7 o 10/17 –, rn. 26, juris). 25ii. 26die klage ist im tenorierten umfang begründet, im übrigen unbegründet. 271. 28die klagepartei, welche als halter des streitgegenständlichen fahrzeugs aktivlegitimiert ist, hat gegen die beklagte aus §§ 826, 31 bgb den eingeklagten anspruch auf rückzahlung des kaufpreises abzüglich einer nutzungsentschädigung zug-um-zug gegen übergabe und übereignung des streitgegenständlichen fahrzeugs und auf feststellung des annahmeverzuges mit der entgegennahme des wagens. 29a) 30die klagepartei wurde durch die beklagte gem. § 826 bgb vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. 31sittenwidrig ist ein verhalten, das nach seinem gesamtcharakter, der durch umfassende würdigung von inhalt, beweggrund und zweck zu ermitteln ist, gegen das anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt; dafür genügt es im allgemeinen nicht, dass der handelnde vertragliche pflichten oder das gesetz verletzt oder bei einem anderen einen vermögensschaden hervorruft, vielmehr muss eine besondere verwerflichkeit seines verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten ziel, den eingesetzten mitteln, der zu tage tretenden gesinnung oder den eingetretenen folgen ergeben kann (vgl. bgh, urteil vom 25.05.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555, rn. 15 – beck-online). 32die manipulierende motorsoftware hat die beklagte entweder selbst programmiert oder deren programmierung veranlasst. die beklagte hat unstreitig den motor für den streitgegenständlichen wagen konstruiert und hergestellt. hierzu gehört die programmierung der motorsoftware einschließlich der softwareteile, die auf einem abgasprüfstand die motorsteuerung übernehmen. 33hierbei wurden nicht einfach nur die abgasvorschriften außer acht gelassen und massenhafte, erhebliche umweltverschmutzung herbeigeführt, sondern mit der abschaltvorrichtung zugleich ein system zur planmäßigen verschleierung dieses vorgehens gegenüber den aufsichtsbehörden und den verbrauchern geschaffen, um der beklagten einen wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder sie wettbewerbsfähig zu halten, weil diese entweder nicht über eine technik verfügte, um die gesetzlichen abgasvorschriften einzuhalten, oder weil diese aus gewinnstreben den einbau der ansonsten notwendigen vorrichtungen unterließ. hierdurch wurden zugleich kunden manipulierend beeinflusst, indem im prüfstandmodus das emissionskontrollsystem anders gesteuert wird und die motorsteuerung nur bei der prüfstandfahrt in einen modus mit höherer abgasrückführung und dadurch bedingt geringeren nox-werten gebracht hat (den von der beklagten sog. modus 1), wohingegen der motor im realen fahrbetrieb (dem von der beklagten sog. modus 0) eine geringere abgasrückführung und damit höhere nox-werte aufwies. so wurde die erwartung der autokäufer hintergangen, dass die abgas- und verbrauchswerte zwar nicht mit denen des realen fahrbetriebs übereinstimmen müssen, aber doch in einer gewissen korrelation zueinander stehen und eine aussage über den realen fahrbetrieb sowie den vergleich zu anderen fahrzeugen zulassen: niedrige werte im prüfstandmodus lassen auch niedrige werte im realen fahrbetrieb erwarten und umgekehrt. 34nach dem bekanntwerden der verwendung der unzulässigen abschalteinrichtung wurde zwar eine technische lösung zunächst von der beklagten entwickelt und vom kba freigegeben, welche dann auf verschiedene fahrzeugvarianten angepasst werden musste. bis zu diesem zeitpunkt bestand aber die gefahr, dass die erforderliche entwicklung nicht gelingen würde und die von dem kba gemäß § 25 abs. 2 eg-fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. februar 2011 (bgbl. i s. 126; im folgenden eg-fgv) nachträglich angeordnete nebenbestimmung zur typgenehmigung nicht erfüllt werden könnte. abgesehen von den tatsächlichen unwägbarkeiten bestanden ferner auch erhebliche rechtliche risiken. die unzulässige abschalteinrichtung konnte grundsätzlich dazu führen, dass die zulassungsbehörde eine betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 abs. 1 fzv vornahm, weil das fahrzeug wegen der gegen art. 5 abs. 2 vo 715/2007/eg verstoßenden abschalteinrichtung nicht dem genehmigten typ (§ 3 abs. 1 satz 2 fzv) entsprach (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 20, 21, beck-online). 35dieses verhalten der beklagten ist im verhältnis zur klagepartei objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. die beklagte hat auf der grundlage einer für ihren konzern getroffenen grundlegenden strategischen entscheidung bei der motorenentwicklung im eigenen kosten- und damit auch gewinninteresse durch bewusste und gewollte täuschung des kba systematisch fahrzeuge in verkehr gebracht, deren motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen abschalteinrichtung nur auf dem prüfstand eingehalten wurden. damit ging einerseits eine erhöhte belastung der umwelt mit stickoxiden und andererseits die gefahr einher, dass bei einer aufdeckung dieses sachverhalts eine betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen fahrzeuge erfolgen könnte. ein solches verhalten ist im verhältnis zu einer person, die eines der bemakelten fahrzeuge in unkenntnis der illegalen abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden wertungen der rechts- und sittenordnung nicht zu vereinbaren. das gilt auch, wenn es sich um den erwerb eines gebrauchtfahrzeugs handelt. die sittenwidrigkeit ergibt sich aus einer gesamtschau des festgestellten verhaltens der beklagten unter berücksichtigung des verfolgten ziels, der eingesetzten mittel, der zutage getretenen gesinnung und der eingetretenen folgen (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 16, beck-online). 36das zwar an sich erlaubte ziel der erhöhung des gewinns wird im verhältnis zu dem käufer eines der betroffenen fahrzeuge dann verwerflich, wenn es auf der grundlage einer strategischen unternehmensentscheidung durch arglistige täuschung der zuständigen typgenehmigungs- und marktüberwachungsbehörde - des kba (§ 2 abs. 1 eg-fgv) - erreicht werden soll, und dies mit einer gesinnung verbunden ist, die sich sowohl im hinblick auf die für den einzelnen käufer möglicherweise eintretenden folgen und schäden als auch im hinblick auf die insoweit geltenden rechtsvorschriften, insbesondere zum schutz der gesundheit der bevölkerung und der umwelt, gleichgültig zeigt. ein solches vorgehen verstößt derart gegen die mindestanforderungen im rechts- und geschäftsverkehr auf dem hier betroffenen markt für kraftfahrzeuge, dass ein ausgleich der bei den einzelnen käufern verursachten vermögensschäden geboten erscheint. gerade wenn die käufer sich keine konkreten vorstellungen über die rechtsbeständigkeit der typgenehmigung und die erfüllung der gesetzlichen abgasgrenzwerte machten, war das inverkehrbringen der fahrzeuge unter diesen umständen sittenwidrig und stand wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen täuschung der käufer gleich (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 23, beck-online). 37b) 38nach der rspr. des bgh ist auch davon auszugehen, dass die grundlegende strategische entscheidung in bezug auf die entwicklung und verwendung der unzulässigen software von den im hause der beklagten für die motorenentwicklung verantwortlichen personen, namentlich dem vormaligen leiter der entwicklungsabteilung und den für die forschungs- und entwicklungsaktivitäten der beklagten verantwortlichen vormaligen vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer kenntnis und billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist. dieses verhalten ist der beklagten nach § 31 bgb zuzurechnen (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 29, beck-online) 39c) 40insoweit ist auch von einem vorsätzlichen handeln auszugehen. 41die rechtsprechung interpretiert das vorsatzerfordernis extensiv und verlangt nicht, dass der handelnde die schädigung eines anderen angestrebt oder als sichere folge des eigenen handelns akzeptiert hat. § 826 bgb setzt demnach kein absichtliches oder arglistiges verhalten in dem sinne voraus, dass es dem täter gerade auf die schädigung des dritten ankommen müsste. darüber hinaus ist es nicht erforderlich, dass der täter den erfolgseintritt für sicher gehalten hat, sondern es reicht das bewusstsein, dass die schädigung im bereich des möglichen liegt sowie das billigende inkaufnehmen des schädigungsrisikos (vgl. müko bgb, 7.aufl., § 826 rn. 27). es kann insoweit durchaus gerechtfertigt sein, im einzelfall aus dem wissen einer natürlichen person auf deren willen zu schließen. aus der art und weise des sittenwidrigen handelns kann sich die schlussfolgerung ergeben, dass mit schädigungsvorsatz gehandelt worden ist 42insoweit ist von einem (auch) auf die käufer der mit der unzulässigen abschalteinrichtung versehenen fahrzeuge bezogenen schädigungsvorsatz der handelnden personen auszugehen. da diese die grundlegende und mit der bewussten täuschung des kba verbundene strategische entscheidung in bezug auf die entwicklung und verwendung der unzulässigen software jedenfalls kannten und jahrelang umsetzten, ist schon nach der lebenserfahrung davon auszugehen, dass ihnen als für die zentrale aufgabe der entwicklung und des inverkehrbringens der fahrzeuge zuständigem organ oder verfassungsmäßigem vertreter (§ 31 bgb) bewusst war, in kenntnis des risikos einer betriebsbeschränkung oder -untersagung der betroffenen fahrzeuge werde niemand - ohne einen erheblichen, dies berücksichtigenden abschlag vom kaufpreis - ein damit belastetes fahrzeug erwerben (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 60-63, beck-online). 43d) 44der klagepartei ist durch das sittenwidrige verhalten der beklagten ein schaden entstanden ist, §§ 826, 249 abs. 1 bgb, der in dem abschluss des kaufvertrags über das bemakelte fahrzeug liegt (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 44, beck-online). da der schadensersatz dazu dient, den konkreten nachteil des geschädigten auszugleichen, ist der schadensbegriff im ansatz subjektbezogen. deshalb kann jemand auch bei objektiver werthaltigkeit von leistung und gegenleistung dadurch einen vermögensschaden erleiden, dass er durch ein haftungsbegründendes verhalten zum abschluss eines vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die leistung für seine zwecke nicht voll brauchbar ist. im fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen schädigung dient der schadensersatzanspruch nicht nur dem ausgleich jeder nachteiligen einwirkung durch das sittenwidrige verhalten auf die objektive vermögenslage des geschädigten; vielmehr muss sich der geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen verhalten beruhenden belastung mit einer "ungewollten" verpflichtung wieder befreien können. schon eine solche stellt unter den dargelegten voraussetzungen einen gemäß § 826 bgb zu ersetzenden schaden dar. mithin kann die klagepartei im wege des schadensersatzes verlangen, dass die beklagte die wirtschaftlichen folgen des kaufs dadurch ungeschehen macht, dass sie den kaufpreis gegen herausgabe des fahrzeugs erstattet (vgl. (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 44, beck-online). 45die klagepartei ist veranlasst durch das einer arglistigen täuschung gleichstehende sittenwidrige verhalten der beklagten eine ungewollte verpflichtung eingegangen. die sittenwidrigen handlungen des mitarbeiters der beklagten führten nämlich dazu, dass sich die klagepartei bei dem kauf des streitgegenständlichen pkw von falschen vorstellungen getragen sah. ein schaden ist hier jedenfalls deshalb eingetreten, weil der vertragsschluss als unvernünftig anzusehen ist. die klagepartei hat durch den ungewollten vertragsschluss eine leistung erhalten, die für ihre zwecke nicht voll brauchbar war (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 48, 49, beck-online). 46diese fehlvorstellung war für den kauf des streitgegenständlichen pkw auch kausal. die kammer geht insoweit davon aus, dass die klagepartei den kaufvertrag in kenntnis der illegalen abschalteinrichtung nicht abgeschlossen hätte, § 286 zpo. hierbei ist ein sich aus der allgemeinen lebenserfahrung und der art des zu beurteilenden geschäfts ergebenden erfahrungssatz zugrunde zu legen, wonach auszuschließen ist, dass ein käufer ein fahrzeug erwirbt, dem eine betriebsbeschränkung oder - untersagung droht und bei dem im zeitpunkt des erwerbs in keiner weise absehbar ist, ob dieses problem behoben werden kann. 47das fahrzeug wies im zeitpunkt des erwerbs eine unzulässige abschalteinrichtung auf. damit lag ein sachverhalt vor, der - gegebenenfalls in verbindung mit weiteren umständen - dazu führen konnte, dass die zulassungsbehörde eine betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 abs. 1 fzv vornimmt. es kann ausgeschlossen werden, dass ein käufer, dem es auf die gebrauchsfähigkeit des kraftfahrzeugs wie ausgeführt maßgeblich ankommt, ein fahrzeug erwirbt, bei dem eine auch nur abstrakte gefahr der betriebsbeschränkung oder -untersagung besteht, wenn gleichzeitig unklar ist, ob überhaupt, wenn ja zu welchem zeitpunkt und wie - vor allem ohne nachteil für den käufer - der mangel behoben werden kann. für die frage der brauchbarkeit kommt es auch nicht lediglich darauf an, dass das fahrzeug von der klagepartei tatsächlich genutzt werden konnte und sich die bestehende stilllegungsgefahr nicht verwirklicht hat. ein fahrzeug ist für die zwecke desjenigen, der durch ein sittenwidriges verhalten zum vertragsabschluss veranlasst wird, dann nicht voll brauchbar, wenn es aus der ex ante sicht des käufers letztlich vom zufall abhängt, ob der unerkannt bestehende mangel aufgedeckt und die gebrauchsfähigkeit des fahrzeugs in der folge eingeschränkt wird. bei berücksichtigung dieser umstände des einzelfalls ist der erwerb des fahrzeugs auch nach der verkehrsanschauung unvernünftig und damit für die klagepartei nachteilig, die brauchbarkeit des fahrzeugs mithin nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher sicht der klagepartei eingeschränkt (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 52-54, beck-online). 48e) 49dem schaden der klagepartei steht auch nicht entgegen, dass an ihrem fahrzeug auf kosten der beklagten ein softwareupdate durchgeführt wurde. das nach dem kauf durchgeführte softwareupdate ändert nichts an der manipulation der willensbildung der klagepartei, welche beim kauf des streitgegenständlichen fahrzeugs stattgefunden hat. § 826 bgb schützt den loyalen und angemessenen umgang der personen untereinander (reichold in: herberger/martinek/rüßmann u.a., jurispk-bgb, 8. aufl. 2017, § 826 bgb, rn. 1). die manipulation der klagepartei kann nicht im nachhinein durch ein update, welches lediglich die auswirkungen des mangels beseitigen kann, rückgängig gemacht werden. der schutzbereich des § 826 bgb ist auch weiterhin betroffen. dies gilt umso mehr vor dem hintergrund, dass derzeit die dauerhaften auswirkungen des updates auf das fahrzeug noch nicht absehbar sind. ob die durch das softwareupdate nachgerüsteten fahrzeuge in ihrer beschaffenheit durch das update negativ beeinflusst werden, wird sich erst durch einen längerfristigen massenbetrieb der nachgerüsteten fahrzeuge zeigen. bis dahin besteht der konkrete und nicht ausräumbare mangelverdacht, dass die fahrzeuge durch das update negativ beeinflusst werden, sei es im hinblick auf eine verminderung der motorleistung, einer erhöhung des kraftstoffverbrauchs oder einer steigerung des co2-ausstoßes (lg saarbrücken, urteil vom 07. juni 2017 – 12 o 174/16 –, rn. 35, juris). 50f) 51dem klägerischen anspruch steht gleichermaßen nicht entgegen, dass die klagepartei das streitgegenständliche fahrzeug erst am 16.08.2016 erworben hat. 52zwar hat der bgh in seiner jüngsten rechtsprechung bei käufen von gebrauchtwagen mit von dem sog. abgasskandal betroffenen motoren nach dem 22.09.2015 die von § 826 bgb vorausgesetzte sittenwidrigkeit verneint. 53relevant für die annahme der sittenwidrigkeit eines verhaltens ist eine gesamtschau, in welcher der vollständige charakter des schädigenden verhaltens zu ermitteln und zu bewerten ist. zugrunde gelegt wird insoweit das gesamtverhalten des schädigers hin bis zum schadenseintritt bei dem geschädigten. das gesamtvorhalten ist vor allem bei einem zeitlichen auseinanderfallen der ersten potenziell schadensursächlichen handlung und des schadenseintritts von bedeutung; dies gilt insbesondere, wenn es in der zwischenzeit zu einer nach außen hin erkennbaren änderung des verhalten des schädigers gekommen ist (vgl. bgh, urteil vom 30. juli 2020 - vi zr 5/20). 54in der zugrundeliegenden konstellation – erwerb eines gebrauchtwagens bei einem dritten – hat der bgh eine sittenwidrigkeit verneint. zur begründung hat er ausgeführt, insoweit sei das verhalten der beklagten nach entdeckung des sog. abgasskandals mit in die gesamtbewertung einzubeziehen. hiernach sei eine verhaltensänderung auf seiten der beklagten erfolgt, welche das unwerturteil ihres bisherigen verhaltens relativiert hat. bereits die sog. ad-hoc-mitteilung der beklagten vom 22.09.2015 sei objektiv geeignet gewesen, die arglosigkeit potenzieller käufer von gebrauchtwagen mit vw-dieselmotoren zu beseitigen, indem deren vertrauen in eine regelkonforme abgastechnik erschüttert wurde. die ad-hoc-mitteilung und der ihr zugrundeliegende inhalt hätten eine weite verbreitung in sämtlichen medien erfahren. vor diesem hintergrund habe nicht mehr erwartet werden können, dass käufer von gebrauchten vw-fahrzeugen mit dieselmotoren die erfüllung der rechtlichen vorgaben noch – wie zuvor - als selbstverständlich voraussetzen würden. unabhängig von kenntnissen von käufern von betroffenen fahrzeugen nach diesem zeitpunkt von dem "dieselskandal" im allgemeinen und deren vorstellungen von der betroffenheit des fahrzeugs im besonderen sei diesem personenkreis nach ansicht des bgh daher kein sittenwidriger schaden mehr zugefügt geworden (vgl. bgh, urteil vom 30. juli 2020 - vi zr 5/20). 55diese erwägungen sind auf die hier vorliegende konstellation jedoch nicht übertragbar. denn die klagepartei hat das streitgegenständliche fahrzeug zwar erst im august 2016 und mithin nach der ad-hoc-mitteilung erworben, dies allerdings direkt bei der beklagten. zudem handelte es sich um einen neuwagen. fast ein jahr nach veröffentlichung der ad-hoc-mitteilung konnte und durfte die klagepartei darauf vertrauen, direkt bei der beklagten ein fahrzeug ohne manipulierte software zu erwerben. anders als in der konstellation, über welche der bgh entschieden hat, konnte hier wieder erwartet werden, dass die rechtlichen vorgaben erfüllt sind. die entsprechende „arglosigkeit“ der käufer, insbesondere bei neuwagen und bei direktem kauf bei der beklagten, war zu diesem zeitpunkt wiederhergestellt. dies wird noch dazu bestärkt, dass die beklagte bei einem direktverkauf eines neuwagens – anders als bei gebrauchtwagenkäufen bei dritten unternehmen – die möglichkeit hatte, auf die betroffenheit des streitgegenständlichen fahrzeugs hinzuweisen. vor diesem hintergrund reicht das verhalten der beklagten nach aufdeckung des sog. abgasskandals hier nicht aus, um den vorwurf der sittenwidrigkeit zu revidieren. 56g) 57die klagepartei muss sich nach den grundsätzen der vorteilsausgleichung jedoch die von ihr gezogenen nutzungen anrechnen lassen (vgl. olg karlsruhe, beschluss vom 05. märz 2019 – 13 u 142/18 –, rn. 113 ff., juris). 58nach den von der rechtsprechung im bereich des schadensersatzrechts entwickelten grundsätzen der vorteilsausgleichung sind dem geschädigten in gewissem umfang diejenigen vorteile zuzurechnen, die ihm in adäquatem zusammenhang mit dem schadensereignis zugeflossen sind. es soll ein gerechter ausgleich zwischen den bei einem schadensfall widerstreitenden interessen herbeigeführt werden. der geschädigte darf einerseits im hinblick auf das schadensersatzrechtliche bereicherungsverbot nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende ereignis stünde. andererseits sind nur diejenigen durch das schadensereignis bedingten vorteile auf den schadensersatzanspruch anzurechnen, deren anrechnung mit dem jeweiligen zweck des ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem geschädigten zumutbar ist und den schädiger nicht unangemessen entlastet. die grundsätze der vorteilsausgleichung gelten auch für einen anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger schädigung gemäß § 826 bgb (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 65, 66, beck-online). 59da der wertersatz für die gezogenen nutzungen auf den zeitpunkt des leistungsaustauschs zu bemessen ist, musste er über die laufleistung abstrakt bestimmt werden. die bemessung der höhe des schadensersatzanspruchs ist sache des nach § 287 zpo besonders freigestellten tatrichters. der wertersatz bestimmt sich hiernach nach folgender formel: 60(bruttokaufpreis × gefahrene kilometer) ÷ restnutzungsdauer 61die höhe der gefahrenen kilometer ergibt sich aus einer subtraktion des bei rückgabe abzulesenden kilometerzählerstandes und des kilometerstandes zum zeitpunkt des kaufs (in höhe von 0 km). die restnutzungsdauer ergibt sich aus einer subtraktion der höhe der zu erwartenden gesamtlaufleistung, die die kammer gemäß § 287 zpo auf mindestens 250.000 km schätzt (vgl. olg düsseldorf, njw-rr 2008, 1199), und des kilometerstandes beim kauf des streitgegenständlichen pkw; sie beläuft sich daher auf 250.000 km. 62da im rahmen des § 826 bgb der schaden der klagepartei ausgeglichen werden soll, sind ihr ebenfalls die gezahlten darlehenskosten i.h.v. 4759,66 eur (zinsen des 1. darlehensvertrags i.h.v. 1.471,40 eur, beitrag zum ksb für au und tod i.h.v. 1.072,11 eur und zinsen der anschlussfinanzierung i.h.v. 2.216,15 eur) zu ersetzen. die klagepartei ist auch mit dem darlehensvertrag aufgrund der täuschung durch die beklagte belastet. dies gilt insbesondere aufgrund der untrennbaren verbindung zwischen kauf- und darlehensvertrag. da die klagepartei den darlehensbetrag noch nicht abbezahlt hat und das streitgegenständliche fahrzeug dem darlehensgeber sicherungsübereignet worden ist, war insoweit dem hilfsantrag zu entsprechen. 63h) 64der anspruch ist nicht verjährt. ansprüche aus §§ 826, 831 bgb verjähren innerhalb der regelmäßigen verjährungsfrist gemäß § 195 bgb von drei jahren. diese ist vorliegend noch nicht abgelaufen. die verjährung beginnt nach § 199 abs. 1 nr. 1 und 2 bgb mit dem schluss des jahres, in dem der anspruch entstanden ist und der gläubiger von den den anspruch begründenden umständen kenntnis erlangt oder ohne grobe fahrlässigkeit erlangen müsste. die insoweit beweisbelastete beklagte hat weder bewiesen noch ist sonst ersichtlich, dass die klagepartei gerade von der manipulation seines konkreten fahrzeugs vor der durchführung des updates kenntnis hatte und dass seitdem bis zu der klageerhebung mehr als drei jahre vergangen sind. 652. 66der anspruch der klagepartei gegen die beklagte auf verzinsung des zurückzuerstattenden kaufpreises in höhe von 5 prozentpunkten folgt seit dem folgetag der mündlichen verhandlung vom 17.06.2020 aus §§ 286 abs. 1 s. 1 bzw. s. 2, 288 abs. 1 bgb, weil sich die beklagte mangels ordnungsgemäßer außergerichtlicher aufforderung erst seitdem in verzug befunden hat. ein annahmeverzug ist erst seit dem klageverfahren festzustellen. die klagepartei hat der beklagten im hinblick darauf, dass sie in dem schreiben vom 02.09.2019 die erstattung des gesamten kaufpreises verlangt hat, die übergabe und übereignung des fahrzeugs nicht zu den bedingungen angeboten, von denen sie sie im hinblick auf den im wege der vorteilsausgleichung geschuldeten und vom kaufpreis in abzug zu bringenden nutzungsersatz hätte abhängig machen dürfen. sie hat damit die zahlung eines deutlich höheren betrags verlangt, als sie hätte beanspruchen können. ein zur begründung von annahmeverzug auf seiten der beklagten geeignetes angebot ist unter diesen umständen erst seit der geänderten antragstellung in der mündlichen verhandlung gegeben (vgl. bgh urt. v. 25.5.2020 – vi zr 252/19, beckrs 2020, 10555 rn. 85, beck-online). 673. 68ferner hat die klagepartei einen anspruch auf feststellung des annahmeverzugs der beklagten. diese war wegen der (jedenfalls konkludent und spätestens mit ihrem klageabweisungsantrag) verweigerten entgegennahme des streitgegenständlichen kfz gem. §§ 298, 293 bgb seit dem folgetag der mündlichen verhandlung, wie vorstehend dargelegt, in verzug. das nach § 256 zpo erforderliche feststellungsinteresse besteht, weil die feststellung der erleichterten vollstreckung des geltend gemachten leistungsanspruchs dient und hierzu erforderlich ist, siehe § 756 zpo (vgl. bgh, urteil v. 13.12.2001 - vii zr 27/00 rdn. 27). 694. 70hinsichtlich der vorgerichtlichen rechtsverfolgungskosten folgt der anspruch aus §§ 826, 249 bgb. er besteht in höhe von 1.706,94 eur. der zinsanspruch folgt seit ablauf der gesetzten frist aus §§ 286 abs. 1 s. 1 bzw. s. 2, 288 abs. 1 bgb. 71ersatzfähig ist nur eine 1,3-fache geschäftsgebühr und nicht die begehrte 1,6-gebühr. denn bei dem von der klagepartei an die beklagte gerichteten schreiben handelt es sich – was gerichtsbekannt ist – um ein vielfach verwendetes standardschreiben. 72der entsprechende anspruch auf verzinsung folgt aus §§ 291, 288 abs. 1 bgb. 735. 74demgegenüber steht der klagepartei kein anspruch auf verzinsung des zurückzuerstattenden kaufpreises aus §§ 849, 246 bgb zu. 75die klagepartei hat gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung von 4 % zinsen seit dem 24.08.2016 aus § 849 bgb. die voraussetzungen des § 849 bgb sind nicht erfüllt. die vorschrift billigt dem geschädigten ohne nachweis eines konkreten schadens zinsen als pauschalierten schadensersatz für die entgangene nutzung einer ihm durch den schädiger entzogenen oder beschädigten sache zu. der zinsanspruch soll den endgültig verbleibenden verlust an nutzbarkeit der sache ausgleichen, der durch den späteren gebrauch derselben oder einer anderen sache nicht nachgeholt werden kann. zwar greift die norm auch in den fällen, in denen dem geschädigten geld entzogen wurde. der regelung kann jedoch kein allgemeiner rechtsgrundsatz dahingehend entnommen werden, dass deliktische schadensersatzansprüche stets von ihrer entstehung an zu verzinsen seien. stattdessen ist der zweck der norm zu berücksichtigen, den später nicht mehr nachholbaren verlust der nutzbarkeit einer sache auszugleichen. eben dieser zweck der norm ist im vorliegenden fall jedoch nicht tangiert. zwar hat die klagepartei einen geldbetrag in höhe des kaufpreises weggegeben. sie hat jedoch hiervon das streitgegenständliche fahrzeug erworben, welches sie anschließend jederzeit nutzen konnte. ohne relevanz ist hierfür ein etwaiger minderwert des fahrzeugs. von einer auf dem deliktischen handeln des beklagten beruhenden entgangenen nutzungsmöglichkeit dieses geld kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil unterstellt werden kann, dass der käufer bei kenntnis des mangels den hierfür aufgewandten kaufpreis für ein anderes fahrzeug aufgebracht hätte. der geldbetrag wäre mithin auch dann nicht in seinem vermögen verblieben. eine verzinsung gemäß § 849 bgb entspricht in einem solchen fall nicht dem zweck der vorschrift, mit einem pauschalierten mindestbetrag den verlust der nutzbarkeit einer entzogenen oder beschädigten sache auszugleichen (vgl. bgh, urteil vom 30.07.2020 – vi zr 354/19; olg düsseldorf, urteil vom 18.12.2019 - 18 u 58/18 - beckrs 2019, 32199 m.w.n.). hieran ändert auch die anrechnung von nutzungsvorteilen nichts, da dies von der hier relevanten frage, ob dem geschädigten die nutzbarkeit des für den kauf dieses fahrzeugs aufgewandten geldes entzogen wurde, zu separieren ist (vgl. olg düsseldorf, a.a.o.). 76iii. 77die kostenentscheidung folgt aus § 92 abs. 2 nr. 1 zpo.. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 s. 1, s. 2 zpo. 78der streitwert wird auf 42.713,85 eur bis zum 17.06.2020 und hiernach auf 35.878,10 eur (vollständiger kaufpreis abzüglich nutzungsentschädigung zuzüglich darlehenskosten) festgesetzt.
Klaeger*in
1
143,492
9 K 3413/13
"2015-11-12T00:00:00"
Urteil
Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Nutzungsaufgabe der Fa. K H. & Co. KG verpflichtet gewesen ist, den Antrag des Klägers vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Betrieb des Kurhauses in C. T4. , Q.---straße 26, unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 23.09.2013 und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die Kosten des Verfahrens trägen die Beklagte zu ¾ und der Kläger zu ¼. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen Veranstaltungen im Kurhaus nach 22.00 Uhr. 3Er ist Eigentümer des in C. T4. gelegenen Grundstücks Gemarkung C. T4. , Flur 22, Flurstücke 14, 519, 665 bis 668 (Q.---straße 1, 3, 5). Auf dem Grundstück befindet sich ein 1974 errichtetes Kurhotel, welches der Kläger seit 1989 unter dem Namen „L. Hotel“ betreibt. Das Grundstück liegt in dem Bebauungsplan Nr. 0146 „Q.---straße “, der für den Bereich des Grundstücks des Klägers Sondergebiet „SO-L1. “ ausweist. 4Auf der gegenüberliegenden Straßenseite südöstlich des Grundstücks des Klägers befindet sich das im Eigentum der Beklagten stehende Grundstück Gemarkung C. T4. , Flur 22, Flurstück 754 (Q.---straße 26). Das Grundstück liegt derzeit nicht im Bereich eines Bebauungsplans. Diese Grundstück war bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem Kurhaus bebaut, welches – so die Beklagte – von Beginn an nicht nur als kurgastbezogene Kureinrichtung diente, sondern in dem neben herkömmlichen Gaststätten- und Cafénutzungen durchweg auch sonstige Veranstaltungen wie Konzerte, Vorträge, Tagungen, Veranstaltungen politischer Parteien, Kongresse, Kurse sowie Feste örtlicher Vereine und Verbände stattfanden. Im Jahr 1987 brannte das Kurhaus aus und wurde in der Folgezeit bei Beibehaltung der äußeren Form und unter Veränderung im Innern wiederhergestellt. Der Abstand zwischen dem nunmehr bestehenden Kurhaus und dem Hotel des Klägers beträgt rund 20 m. 5Für den „Wiederaufbau und die Instandsetzung des Kurhauses“ erteilte der Stadtdirektor der Beklagten unter dem 10.02.1989 dem das Kurhaus damals betreibenden Landesverband M. eine Baugenehmigung. In der vom Landesverband eingereichten „Betriebsbeschreibung zum Bauantrag“ heißt es: „Art des Betriebs: Kurhaus mit Gastronomie“, „Betriebszeit: von 10.00 bis 22.00 Uhr“ und „Zahl der Beschäftigten: Insg. 40“. Der Betriebsbeschreibung war eine maschineschriftliche Ergänzung mit dem Titel „Betriebsbeschreibung / Art der Nutzung“ beigefügt. Darin werden bezugnehmend auf einen Raumplan die Arten der Nutzungen der unterschiedlichen Räume angegeben. Dabei wird als Art der Nutzung u.a., insbesondere für den großen Saal, angegeben: „gesellschaftliche Veranstaltungen mit Tanz“, „Großveranstaltungen z.B. Bälle“. Sowohl die Betriebsbeschreibung als auch die maschinenschriftliche Ergänzung „Betriebsbeschreibung / Art der Nutzungen“ tragen Grünstempel („Anlage der mit Bauordnungsverfügung-Nr. 63 3 O BS 261 / 88 V. 10. Feb. 89 ausgesprochenen Genehmigung“). 6In der Folgezeit wurde das Kurhaus für gastronomische Zwecke genutzt. Darüber hinaus fanden in dem Kurhaus auch Abend-/Nachtveranstaltungen statt, wobei Häufigkeit und Umfang zwischen den Beteiligten streitig sind. 7Im Jahr 2013 – d.h. im Zeitpunkt der Klageerhebung – wurde der gastronomische Bereich des Kurhauses von der Firma K. H. & Co. KG betrieben. Die Fa. K. H. & Co. KG führte auch Abend-/Nachtveranstaltungen durch. Dabei hatte die Beklagte der Fa. K. H. & Co. KG für einige Veranstaltungen gaststättenrechtliche Erlaubnisse nach § 12 Abs. 1 Gaststättengesetz erteilt. 8Ende des Jahres 2014 kündigte die Beklagte der Fa. K. H. & Co. KG den Pachtvertrag zum 31.03.2015. Die Fa. K. H. & Co. KG stellte in der Folgezeit – nach den Angaben der Beklagten vor dem 31.03.2015 – ihren Betrieb ein. Derzeit wird der gastronomische Bereich des Kurhauses vorübergehend von einem benachbarten, im Kurgastzentrum angesiedelten Café genutzt, bis deren dortigen Räume umgebaut bzw. renoviert sind. Ein Betrieb nach 22.00 Uhr erfolgt nicht. 9Mit Blick auf einen neuen Betreiber und dessen beabsichtigtes Nutzungskonzept beschloss der Rat der Stadt C. T4. , einen neuen Bebauungsplan – Bebauungsplan Nr. 0151 „Q.---straße “, Mittlerer Teil“ – aufzustellen (vgl. Planaufstellungsbeschluss vom 21.04.2015), in dessen Geltungsbereich das streitgegenständliche Grundstück des Kurhauses liegt. In der Beschlussvorlage vom 08.04.2015, Drucksache Nr. 89/2015, wird als Begründung für die Planaufstellung angeführt, diese sei erforderlich, weil die vom Investor vorgesehenen Nutzungen bauplanungsrechtlich voraussichtlich nur in einem Kerngebiet zulässig sei. Da das Kurhaus derzeit aber nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liege, sei es das Ziel, nunmehr dort ein Kerngebiet auszuweisen. Neben der Neuplanung sei aus städtebaulicher Sicht zudem erforderlich, auch die angrenzenden Bereiche in die Planung zu integrieren, weshalb u.a. die Festsetzungen der umliegenden Bebauungspläne, die bislang Sondergebiete („SO-L1. “ oder „SO-Kur“) vorsehen, in Mischgebiete, besondere oder allgemeine Wohngebiete geändert werden sollten. 10Bereits am 13.06.2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf behördliches Einschreiten gegen die Nutzung des Kurhauses nach 22.00 Uhr. Zur Begründung des Antrags führt der Kläger unter Bezugnahme auf die zuvor mit der Beklagten geführte Korrespondenz aus, es gebe zwar eine Baugenehmigung für die Nutzung des Kurhauses vom 10.02.1989. Die ebenfalls Gegenstand der Baugenehmigung gewordene Bauvorlage gebe als Betriebszeiten aber nur 10.00 bis 22.00 Uhr an. Derzeit würden nach konzeptionellen Veränderungen in dem Kurhaus jedoch auch nächtliche Veranstaltungen wie Tanzveranstaltungen, Abiturbälle, Diskothekenveranstaltungen stattfinden, die oft erst am nächsten Morgen gegen 4.00 oder 5.00 Uhr endeten. Dabei käme es – so führt der Kläger unter Bezugnahme auf konkrete detaillierte Vorfälle aus – dazu, dass bei offenen Fenstern laute Musik gespielt werde und sich vor dem Gebäude Gäste versammelten, die sich rege und laut unterhielten. Seine Gäste hätten sich daher bei ihm wegen der von dem Betrieb des Kurhauses und dem Verhalten der Gäste nach dem Verlassen des Kurhauses ausgehenden Lärmbelästigungen beschwert. 11Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 23.09.2013 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für ein bauaufsichtliches Einschreiten lägen nicht vor. Der derzeitige Betrieb des Kurhauses sei von der erteilten Baugenehmigung vom 10.02.1989 gedeckt. Dies gelte auch für Nutzungen nach 22.00 Uhr. Denn Gegenstand der Baugenehmigung sei nicht nur die auf dem amtlichen Vordruck erfolgte Betriebsbeschreibung geworden, die die Betriebszeit für das Kurhaus mit 10.00 bis 22.00 Uhr angegeben habe, sondern auch die „ergänzende Betriebsbeschreibung“, die die über die allgemeine Gastronomienutzung hinausgehenden Nutzungen durch besondere Veranstaltungen in verschiedenen Sälen des Kurhauses zum Inhalt habe. Darin werde die Art der Nutzung u.a. mit „gesellschaftlichen Veranstaltungen mit Tanz“ und „Großveranstaltungen, z.B. Bälle, …..“ festgelegt. Bei solchen Veranstaltungen sei es lebensfremd anzunehmen, dass die Betriebszeit dieser Veranstaltungen auf 22.00 Uhr begrenzt werde. Vielmehr liege es bei verständiger Würdigung des Sachverhaltes geradezu auf der Hand, dass nach der unanfechtbaren Baugenehmigung auch derartige Veranstaltungen genehmigungskonform regelmäßig weit in die Nachtzeit hineinreichen dürften. 12Am 24.10.2013 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst die Verpflichtung der Beklagten zum bauaufsichtlichen Einschreiten für Nutzungen nach 22.00 Uhr forderte. 13Zur Begründung führt er die bereits in der vorgerichtliche Korrespondenz dargelegte Argumentation an und trägt ergänzend vor, dass eine Auslegung der Baugenehmigung vom 10.02.1989 gar nicht erforderlich sei, weil diese hinsichtlich der Betriebszeit bis 22.00 Uhr eindeutig sei. Er – der Kläger – habe sein Recht auf behördliches Einschreiten auch nicht verwirkt, denn er habe erst durch die Akteneinsicht seines Bevollmächtigten am 24.05.2012 Kenntnis von den in der Baugenehmigung angegebenen Betriebszeiten gehabt. Zuvor habe er davon ausgehen können und müssen, dass die Nutzungen auch nach 22.00 Uhr von der entsprechenden Baugenehmigung gedeckt seien. 14Der Kläger hat zunächst beantragt, 15die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.2013 zu verpflichten, mit bauaufsichtlichen Mitteln gegen den Betrieb des „Kurhauses“ auf dem Grundstück Q.---straße 26 in C. T4. einzuschreiten, soweit in dem Kurhaus nach 22.00 Uhr Veranstaltungen stattfinden, die zu auf das Grundstück des Klägers Q.---straße 1 in C. T4. einwirkenden Immissionen führen, 16hilfsweise, 17die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Betrieb des Kurhauses in C. T4. , Q.---straße 26, unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23.09.2013 und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. 18Nach der Mitteilung der Betriebsaufgabe der Fa. K. H. & Co. KG und nachdem die Beklagte erklärt hatte, sie wolle das Kurhaus weiterhin in der bisherigen Art und Weise nutzen und dies auf Grundlage der Genehmigung vom 10.02.1989 tun, beantragt der Kläger nunmehr, 19festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Nutzungsaufgabe der Fa. K. H. & Co. KG verpflichtet gewesen ist, den Antrag des Klägers vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Betrieb des Kurhauses in C. T4. , Q.---straße 26, unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 23.09.2013 und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. 20Im Übrigen hat er den Rechtsstreit für erledigt erklärt. 21Die Beklagte hat sich dieser (Teil-)Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt im Übrigen, 22die Klage abzuweisen. 23Zur Begründung führt sie vertiefend aus, dass auch die Nutzung nach 22.00 Uhr von der Baugenehmigung vom 10.02.1989 gedeckt sei. Dies sei Ergebnis der Auslegung nach § 133 BGB und der Würdigung der Bauvorlagen und der Angaben, die der Landesverband M. als damaliger Bauherr gemacht habe. Bereits die Bezeichnung als „Kurhaus“ deute auf eine Nutzung des Gebäudes als Mehrzweckgebäude hin. Zudem sei das Kurhaus in der Vergangenheit so genutzt worden, dass dort auch Abendveranstaltungen stattgefunden hätten, wie sich durch Zeitungsartikel und ähnliches belegen lasse. Auch die Bezeichnung in dem Bauantrag mit „Wiederaufbau und Instandsetzung des Kurhauses“ mache deutlich, dass es um eine „Wiederbelebung“ des Kurhauses in seiner bisherigen Tradition und Prägung gehe. Ebenso belege die bauliche Gestaltung, dass die Nutzung wie in der Vergangenheit erfolgen solle. Darüber hinaus gebe es neben der Betriebsbeschreibung eine „ergänzende Betriebsbeschreibung“, die ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung geworden sei und in der es unter Art der Nutzung u.a. heiße, „gesellschaftliche Veranstaltungen mit Tanz“ und „Großveranstaltungen, z.B. Bälle“. Daraus werde der Wille des Bauherrn deutlich, dass die auf dem Vordruck angegebene Betriebsbeschreibung und dort angegebenen Betriebszeiten allein auf die Betriebe des Kurhauses, die ständig als Schank- und Speisewirtschaften genutzt werden, gerichtet sei. Für die die in der „Betriebsbeschreibung/Art der Nutzung“ angegebene Nutzung habe hingegen die zeitliche Beschränkung nicht gelten sollen. 24Darüber hinaus habe der Kläger seinen etwaigen Anspruch auf behördliches Einschreiten verwirkt, denn dessen Geltendmachung verstoße gegen Treu und Glauben. Der Kläger sei bislang nicht gegen die Nutzung des Kurhauses nach 22.00 Uhr vorgegangen, obwohl ihm hätte bekannt sein müssen, dass diese erfolgten. Diese Untätigkeit seitens des Klägers habe ein Vertrauen bei ihr – der Beklagten – geschaffen, welches sie durch die Aufwendungen für Umbauten (für die Sanierung des Daches, für die Brandzentrale, für den Treppenlift, für die Erneuerung in der Küche und an den Kühlanlagen sowie für Baumaßnahmen an der Fassade und an der Schiebetür) betätigt habe. 25Anlässlich eines am 21.10.2014 durchgeführten Erörterungstermins hat der damalige Berichterstatter die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Terminsniederschrift verwiesen. 26Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28Das Verfahren war in analoger Anwendung des § 92 Abs. 3 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einzustellen, soweit es die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend hinsichtlich der Anträge auf Verpflichtung zum bauaufsichtlichen Einschreiten und auf Neubescheidung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. 29Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet. 30Die in der Umstellung vom Verpflichtungsantrag auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag liegende Klageänderung ist zulässig. Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Zwar hat die Beklagte nicht ausdrücklich ihre Einwilligung in die Klageänderung erklärt. Diese wird aber nach § 91 Abs. 2 VwGO fingiert, weil die Beklagte sich, ohne der Klageänderung zu widersprechen, in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat. Überdies sieht die Kammer die Klageänderung als sachdienlich i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO an, weil sich der Klagegrund nicht wesentlich ändert und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Streites fördert. 31Der nunmehr nur noch geltend gemachte Anspruch auf Feststellung, dass bis zur Betriebsaufgabe der Fa. K. H. & Co. KG ein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf bauaufsichtliche Einschreiten bestand, ist in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. 32Vgl. zur analogen Anwendbarkeit in Verpflichtungssituationen BVerwG, Urteile vom 24.01.1992 – 7 C 24.91 –, juris, Rn. 7, und vom 29.04.1992 – 4 C 29.90 –, juris, Rn. 13 jeweils m.w.N. 33Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus der Wiederholungsgefahr. Denn es besteht die Möglichkeit, dass die Beklagte auch in Zukunft unter vergleichbaren Umständen ein bauaufsichtliches Einschreiten mit vergleichbaren Gründen ablehnt. 34Vgl. zur Wiederholungsgefahr Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Auflage, 2015, § 113, Rn. 141 m.w.N. 35Die Beklagte hat erklärt, dass sie eine erneute Verpachtung des Kurhauses an einen schon mit einem konkreten Konzept vorstellig gewordenen Investor beabsichtigt, bei der das Kurhaus im vergleichbaren Umfang und Ausmaß genutzt werden solle. Insbesondere sollten auch weiterhin Veranstaltungen über 22.00 Uhr hinaus stattfinden. Dabei sei nicht unbedingt die Erteilung einer erneuten Baugenehmigung geplant, sondern die künftigen Nutzungen sollten weiterhin auf Grundlage der Baugenehmigung von 10.02.1989 erfolgen. Angesichts dieser Absichtserklärungen der Beklagten ist davon auszugehen, dass sie auch künftig Anträge des Klägers, die sich gegen zu laute Nachtveranstaltungen im Kurhaus richten, mit der gleichen Begründung wie bisher – die Baugenehmigung vom 10.02.1989 erlaube solche – ablehnen wird. 362. Die Klage ist auch in der Sache begründet. Die Ablehnung des Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten mit Bescheid vom 23.09.2013 ist rechtswidrig gewesen und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog. Der Kläger hatte vor der Beendigung der Nutzung des Kurhauses durch die Fa. K. H. & Co. KG einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Nachtnutzungen des Kurhauses. 37Rechtsgrundlage hierfür ist § 61 Abs. 1 S. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – BauO NRW –. Danach haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Errichtung und Nutzung baulicher Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Sie haben gemäß § 61 Abs. 1 S. 2 BauO NRW in Wahrnehmung dieser Aufgabe nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. 38Soweit Vorschriften des öffentlichen Baurechts betroffen sind, die unter anderen den Nachbarschutz dienen, müssen dabei auch die hierdurch erfassten Interessen des Nachbarn berücksichtigt werden. Daraus folgt der grundsätzliche Anspruch des Nachbarn, dass die Behörde über seinen Antrag auf Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände auf dem Nachbargrundstück ermessensfehlerfrei entscheidet. 39OVG NRW, Urteil vom 15.08.1995 – 11 A 850/92 –, juris Rn. 3, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 18.08.1960 – I C 42.59 –, juris Rn. 10. 40Von einer ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens im Sinne des § 40 VwVfG NRW kann aber insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht oder umgekehrt Gesichtspunkte außer Acht lässt, die zu berücksichtigen wären. 41Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15.08.1995 – 11 A 850/92 –, juris Rn. 5, und vom 16.06.2015 – 11 A 1131/13 –, juris, Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 16. Auflage, 2015, § 40 Rn. 89. 42Die Behörde muss ihre Ermessensentscheidung unter korrekter Anwendung der einschlägigen Rechtsgrundlagen auf der Basis eines zutreffenden und im entscheidungserheblichen Umfang vollständig ermittelten Sachverhalts treffen. 43OVG NRW, Urteile vom 15.08.1995 – 11 A 850/92 –, juris Rn. 5, und vom 16.06.2015 – 11 A 1131/13 –, juris, Rn. 32. 44Diesen Anforderungen ist die Beklagte bei ihrer ablehnenden Ermessensentscheidung im Bescheid vom 23.09.2013 nicht gerecht geworden. 45Die Beklagte hat ihre ablehnende Entscheidung zu Unrecht allein darauf gestützt, dass die Baugenehmigung vom 10.02.1989 die beanstandeten Nutzungen nach 22.00 Uhr umfasst (a)). Sie hat entgegen der ihr obliegenden Sachaufklärungspflicht gemäß § 24 VwVfG NRW nicht weiter überprüft, ob die vom Kläger beanstandeten Nutzungen diesen als Nachbarn in seinen Rechten verletzen (b)). Auf Verwirkung der Rechte des Klägers oder die Pflicht des Gerichts die Sache „spruchreif“ zu machen, kann sie sich schließlich nicht berufen (c)). 46a) Die Baugenehmigung vom 10.02.1989 ließ keinen Betrieb des Kurhauses nach 22.00 Uhr zu. Regelungen zu einer derartigen Nutzung sind der Baugenehmigung vom 10.02.1989 nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen. 47Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen erfordert das in § 37 Abs. 1 VwVfG NRW niedergelegte Bestimmtheitsgebot, dass sich Inhalt, Reichweite und Umfang der mit einer Baugenehmigung getroffenen Regelungen eindeutig erkennen lassen müssen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss der Baugenehmigung selbst gegebenenfalls durch Auslegung entnommen werden können. Dabei müssen die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des Erklärungsinhalts herangezogen werden. 48OVG NRW, Urteil vom 16.12.2014 – 7 A 2623/13 –, juris, Rn. 33 m.w.N. 49Hieran fehlt es. Denn die Baugenehmigung vom 10.02.1989 ist jedenfalls in sich widersprüchlich. Die angegebenen Betriebszeiten sehen eine Nutzung des Kurhauses nur bis 22.00 Uhr vor ((1)). Zugleich schließen aber die ebenfalls angegebenen Arten der im Kurhaus stattfindenden Nutzung bei lebensnaher Betrachtung eine Beschränkung auf Nutzungen bis 22.00 Uhr aus ((2)). Damit ist weder für den Betreiber noch die Nachbarn die Bandbreite der legalen Nutzungen zu erkennen ((3)). 50(1) Die Baugenehmigung vom 10.02.1989 gibt als Betriebszeiten 10.00 bis 22.00 Uhr an. Zwar macht die Baugenehmigung selbst keine Vorgaben zur zeitlichen Dauer der Nutzung des Kurhauses. Gegenstand der Baugenehmigung ist aber aufgrund des Grünstempels auch die Betriebsbeschreibung und deren Ergänzung „Betriebsbeschreibung / Art der Nutzungen“ geworden. Nach der vom Antragsteller gefertigten Betriebsbeschreibung soll der Betrieb zwischen 10.00 und 22.00 Uhr stattfinden. Dabei ist diese Betriebsbeschreibung – anders als die Beklagte meint – nicht nur auf den Betrieb der Gastronomie beschränkt zu verstehen, sondern erfasst den „gesamten“ Betrieb des Kurhauses. Denn in der Betriebsbeschreibung wird als Art des Betriebs angegeben: „Kurhaus mit Gastronomie“. Dadurch wird deutlich, dass die Betriebsbeschreibung auch die anderen im Kurhaus geplanten Nutzung mitumfasst und darstellen soll. Darüber hinaus wird die Zahl der insgesamt im Betrieb Beschäftigten mit 40 angegeben, was ebenfalls dagegen spricht, dass die Betriebsbeschreibung nur den im Vergleich zu den übrigen Nutzungsflächen kleinen gastronomischen Bereich erfassen soll. 51(2) Die sich demnach ergebende Beschränkung der Betriebszeiten auf 10.00 bis 22.00 Uhr steht indes im Widerspruch zu der Art und dem Umfang der in dem Gebäude des Kurhauses geplanten Nutzungen. Nach der maschinenschriftlichen Ergänzung „Betriebsbeschreibung / Art der Nutzungen“, die die beabsichtigten Nutzungen der einzelnen Räumlichkeiten des Kurhauses wiedergibt, sollen u.a., etwa im großen Saal, „gesellschaftliche Veranstaltungen mit Tanz“ und „Großveranstaltungen z.B. Bälle, …“ stattfinden. Es widerspricht indes der Lebenswirklichkeit, dass diese genannten Veranstaltungen lediglich im Zeitraum von 10.00 bis 22.00 Uhr stattfinden. Vielmehr ist bei lebensnaher Betrachtung und unter Berücksichtigung der von der Beklagten dargestellten Historie des Kurhauses davon auszugehen, dass sie auch über 22.00 Uhr hinaus und damit außerhalb der in der Betriebsbeschreibung ausdrücklich angegebenen Betriebszeiten erfolgen. 52(3) Aufgrund dieses Widerspruchs zwischen den in der Betriebsbeschreibung angegebenen Betriebszeiten und den nach der „Art der Nutzung“ zu erwartenden Nutzungszeiten ist weder für den Betreiber noch die Nachbarn zu erkennen, welche Nutzungen, wie lange und in welchem Umfang nach der Baugenehmigung zugelassen und demnach von den Nachbarn zu dulden sind. 53b) Überdies hätte die Beklagte der Frage nach einem Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme, das allein planungsrechtlicher Maßstab für einen Nachbarschutz eines – so wie hier – außerhalb der Grenzen des Plangebiets belegenen Grundstückseigentümers ist, 54vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.2007 – 4 B 55/07 –, juris, Rn. 6, 55weiter nachgehen müssen. 56Nach § 15 Abs. 1 S. 2 1. Fall, BauNVO ist ein Vorhaben unzulässig, wenn von ihm Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. 57Welche Anforderungen im Einzelnen an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. 58Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.11.2012 – 4 C 8.11 –, juris, Rn. 16, und vom 28.10.1993 – 4 C 5.93 –, juris, Rn. 17; OVG NRW, Urteil vom 19.04.2010 – 7 A 2362/07 –, juris, Rn. 63. 59Bei Lärmimmissionen wird für die Bestimmung der Zumutbarkeit der mit einem Vorhaben notwendigerweise verbundenen Immissionen für die Nachbarschaft in Bezug auf die Belange des Schallschutzes auf die Begriffsbestimmung und die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts zurückgegriffen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG – legt die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches allgemein fest. 60Vgl. BVerwG, Urteile vom 30.09.1983 – 4 C 74.78 –, juris, Rn. 5 und vom 23.09.1999 – 4 C 6.98 –, juris, Rn. 22; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Loseblatt-Kommentar, Stand August 2015, § 34 Rn. 50b. 61Die Unzumutbarkeit im Sinne des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots knüpft damit an den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG an. Hierbei handelt es sich um Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen wird für Geräuschimmissionen, die durch gewerbliche Betriebe hervorgerufen werden, durch die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – vom 26.08.1998 konkretisiert, der auch im gerichtlichen Verfahren bindende Wirkung zukommt und die grundsätzlich geeignet ist, das baurechtliche Rücksichtnahmegebot zu konkretisieren. 62Vgl. OVG NRW, Urteile vom 18.02.2013 – 2 A 2135/11 – , juris, Rn. 52 ff., vom 12.11.2003 – 7 A 3663/99 –, juris, Rn. 113 ff., und vom 18.11.2002 – 7 A 2127/00 –, juris, Rn. 18 ff. jeweils m.w.N.; s.a. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 – 4 C 8.11 –, juris, Rn. 19. 63Nach Nr. 3.2.1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet, wobei die Immissionsrichtwerte nach der – entsprechend der Baunutzungsverordnung einzustufenden – Gebietsart variieren. 64Das Grundstück des Klägers liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet „Kur“ i.S.d. § 11 Abs. 2 BauNVO. Das Grundstück, auf dem sich das Kurhaus befindet, liegt zwar nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, ist aber aufgrund der dort befindlichen Nutzungen – Kurhaus, L. , Konzerthalle – nach § 34 Abs. 2 BauGB als faktisches L1. einzustufen, so dass auch dort die für Kurgebiete maßgeblichen Immissionsrichtwerte von 45 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts gelten. 65Ob die nächtliche Nutzung des Kurhauses diesen Immissionsrichtwert von 35 dB(A) nachts einhält, hätte weiterer Aufklärung durch die Beklagte bedurft. Eine Prüfung, ob und wie weit die Nutzungen den ggf. von der Baugenehmigung gesetzten Rahmen überschreiten, hat sie nicht vorgenommen. Dies hätte indes nahe gelegen. Denn selbst wenn die Baugenehmigung Nutzungen nach 22.00 Uhr zulassen sollte, wäre deren Grenze mangels gegenteiliger Angaben in der Baugenehmigung die (materiellen) Vorgaben der TA-Lärm; d.h. Immissionen wären nur bis zu dem Richtwert von 35 dB(A) nachts zulässig. Die vom Kläger in der anlässlich des Antrags vom 13.06.2013 erfolgten Korrespondenz geschilderten Vorfälle und die örtliche Situation lassen eine Überschreitung dieses Richtwerts am Gebäude des Klägers hinreichend wahrscheinlich erscheinen. Der Kläger schilderte Veranstaltungen bis nachts um 4.00 bzw. 4.30 Uhr, bei denen bei zeitweilig geöffneten Fenstern laute Musik gespielt worden sei und sich vor dem Gebäude Gäste versammelt hätten, die sich rege und laut unterhalten hätten. Hinzu kommt, dass zwischen dem Kurhaus und dem Hotelgebäude des Klägers gerade einmal ungefähr 20 m liegen und das Störpotenzial der Lärmimmissionen auch in ihrer Informationshaltigkeit liegt. 66c) Die Beklagte war von der ihr obliegenden Sachaufklärungspflicht auch nicht wegen einer Verwirkung des klägerischen Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten enthoben. Denn Verwirkung ist nicht eingetreten. 67Der Anspruch eines Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen ein ihn in seinen subjektiven Rechten verletzendes Vorhaben ist verwirkt, wenn die Geltendmachung dieses Anspruchs durch den Nachbarn objektiv gegen Treu und Glauben verstößt. Jede Verwirkung setzt – erstens – das Verstreichen eines längeren Zeitraums seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts (sog. Zeitmoment) und – zweitens – besondere Umstände voraus, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (sog. Umstandsmoment). Dabei lassen sich hinsichtlich der „längeren Zeit“, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies dem Berechtigten möglich gewesen wäre, grundsätzlich keine allgemein gültigen Bemessungskriterien benennen. Die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, von der an im Hinblick auf die Gebote von Treu und Glauben von einer Verwirkung des Rechts die Rede sein kann, hängt entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 – 4 C 4.89 –, juris, Rn. 22, und Beschluss vom 16.04.2002 – 4 B 8.02 –, juris, Rn. 11; OVG NRW, Beschluss vom 10.10.2012 – 2 B 1090/12 –, juris, Rn. 8. 69Die Untätigkeit des Berechtigten während eines längeren Zeitraums verstößt ins-besondere dann gegen Treu und Glauben, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten, das auch in einer Untätigkeit liegen kann, darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. 70Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 – 4 C 4.89 –, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 10.10.2012 – 2 B 1090/12 –, juris, Rn. 10, und vom 10.06.2005 – 10 A 3664/03 –, juris, Rn. 9. 71Nach diesen Maßstäben wären etwaige Abwehransprüche des Klägers nicht verwirkt. Zwar mag das erforderliche Zeitmoment gegeben sein. Der Kläger hatte bereits seit längerer Zeit Kenntnis von der Nutzung des Kurhauses auch nach 22.00 Uhr. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Beteiligten fanden im Kurhaus bereits seit 1989, d.h. zu der Zeit, als der Kläger das Kurhotel auf seinem Grundstück übernahm, Abend- und Nachtveranstaltungen statt. Es fehlt aber an dem erforderlichen Umstandsmoment. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger bei der Beklagten eine Vertrauensgrundlage geschaffen hat, indem er sich nicht früher gegen die Nachtnutzungen des Kurhauses gewehrt hat. Denn es fehlt jedenfalls an einem dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand. Die Beklagte hat kein Vertrauen in den bisherigen Bestand begründet. Im Streit stand hier nur die Nutzung des Kurhauses nach 22.00 Uhr, nicht der sonstige Betrieb des Kurhauses. Insoweit trägt der Einwand der Beklagten, sie habe im Vertrauen auf den Bestand des bisherigen Zustands Aufwendungen für den Umbau und Unterhalt des Kurhauses getätigt, nicht. Die im Einzelnen geschilderten Aufwendungen – für die Sanierung des Daches, für die Brandzentrale, für den Treppenlift, für Erneuerung in der Küche und an den Kühlanlagen sowie für Baumaßnahmen an der Fassade und an der Schiebetür – dienten dem Erhalt und Betrieb des Kurhauses insgesamt und lassen sich nicht nur der Nutzung nach 22.00 Uhr zuordnen. Es ist auch weder von der Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sie diese Aufwendungen unterlassen hätte, hätte der Kläger sich früher gegen die Nutzung des Kurhauses nach 22.00 Uhr gewehrt. 72Die Kammer war auch nicht verpflichtet, diese Sachverhaltsermittlungen für die Beklagte vorzunehmen und so die Sache spruchreif zu machen. Nach dem für Bau- und immissionsrechtliche Genehmigungen geltendem Grundsatz vom „stecken gebliebenen“ Genehmigungsverfahren, entfällt die Verpflichtung des Gerichts, die Spruchreife herbeizuführen, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten. 73Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1989 – 4 C 52.87 –, juris, Rn. 18; OVG NRW, Urteile vom 15.06.2012 – 2 A 2630/10 –, juris, Rn. 134, und vom 19.06.2007 – 8 A 2357/08 – juris, Rn. 208. 74Dieser Grundsatz findet auch für den hier zu beurteilenden Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten Anwendung. Die Beantwortung der Frage, ob von den streitgegenständlichen Nachtnutzungen für den Kläger unzumutbare Lärmimmissionen hervorgerufen werden, erfordert weitergehende Ermittlungsmaßnahmen, zu denen auch eine schalltechnischen Begutachtung gehören kann. 75Die einheitliche Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 S. 1 VwGO. Soweit das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt wurde, entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Billigkeit, den Beteiligten die Kosten jeweils anteilig aufzuerlegen, weil der Kläger mit seinen ursprünglichen Klageanträgen voraussichtlich teils obsiegt und teils unterlegen gewesen wäre. Sein Verpflichtungsantrag wäre mangels Spruchreife wohl ohne Erfolg geblieben, während sein Bescheidungsantrag aus den zuvor geschilderten Gründen wohl erfolgreich gewesen wäre. Soweit über die Klage in der Sache entschieden wurde, ergibt sich die Kostenfolge aus dem Unterliegen der Beklagten. 76Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 Zivilprozessordnung – ZPO –.
das verfahren wird eingestellt, soweit die beteiligten den rechtsstreit übereinstimmend in der hauptsache für erledigt erklärt haben. es wird festgestellt, dass die beklagte im zeitpunkt der nutzungsaufgabe der fa. k h. & co. kg verpflichtet gewesen ist, den antrag des klägers vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches einschreiten gegen den betrieb des kurhauses in c. t4. , q.---straße 26, unter aufhebung des bescheids der beklagten vom 23.09.2013 und unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. die kosten des verfahrens trägen die beklagte zu ¾ und der kläger zu ¼. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf eine vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor einer vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der kläger wendet sich gegen veranstaltungen im kurhaus nach 22.00 uhr. 3er ist eigentümer des in c. t4. gelegenen grundstücks gemarkung c. t4. , flur 22, flurstücke 14, 519, 665 bis 668 (q.---straße 1, 3, 5). auf dem grundstück befindet sich ein 1974 errichtetes kurhotel, welches der kläger seit 1989 unter dem namen „l. hotel“ betreibt. das grundstück liegt in dem bebauungsplan nr. 0146 „q.---straße “, der für den bereich des grundstücks des klägers sondergebiet „so-l1. “ ausweist. 4auf der gegenüberliegenden straßenseite südöstlich des grundstücks des klägers befindet sich das im eigentum der beklagten stehende grundstück gemarkung c. t4. , flur 22, flurstück 754 (q.---straße 26). das grundstück liegt derzeit nicht im bereich eines bebauungsplans. diese grundstück war bereits seit anfang des 20. jahrhunderts mit einem kurhaus bebaut, welches – so die beklagte – von beginn an nicht nur als kurgastbezogene kureinrichtung diente, sondern in dem neben herkömmlichen gaststätten- und cafénutzungen durchweg auch sonstige veranstaltungen wie konzerte, vorträge, tagungen, veranstaltungen politischer parteien, kongresse, kurse sowie feste örtlicher vereine und verbände stattfanden. im jahr 1987 brannte das kurhaus aus und wurde in der folgezeit bei beibehaltung der äußeren form und unter veränderung im innern wiederhergestellt. der abstand zwischen dem nunmehr bestehenden kurhaus und dem hotel des klägers beträgt rund 20 m. 5für den „wiederaufbau und die instandsetzung des kurhauses“ erteilte der stadtdirektor der beklagten unter dem 10.02.1989 dem das kurhaus damals betreibenden landesverband m. eine baugenehmigung. in der vom landesverband eingereichten „betriebsbeschreibung zum bauantrag“ heißt es: „art des betriebs: kurhaus mit gastronomie“, „betriebszeit: von 10.00 bis 22.00 uhr“ und „zahl der beschäftigten: insg. 40“. der betriebsbeschreibung war eine maschineschriftliche ergänzung mit dem titel „betriebsbeschreibung / art der nutzung“ beigefügt. darin werden bezugnehmend auf einen raumplan die arten der nutzungen der unterschiedlichen räume angegeben. dabei wird als art der nutzung u.a., insbesondere für den großen saal, angegeben: „gesellschaftliche veranstaltungen mit tanz“, „großveranstaltungen z.b. bälle“. sowohl die betriebsbeschreibung als auch die maschinenschriftliche ergänzung „betriebsbeschreibung / art der nutzungen“ tragen grünstempel („anlage der mit bauordnungsverfügung-nr. 63 3 o bs 261 / 88 v. 10. feb. 89 ausgesprochenen genehmigung“). 6in der folgezeit wurde das kurhaus für gastronomische zwecke genutzt. darüber hinaus fanden in dem kurhaus auch abend-/nachtveranstaltungen statt, wobei häufigkeit und umfang zwischen den beteiligten streitig sind. 7im jahr 2013 – d.h. im zeitpunkt der klageerhebung – wurde der gastronomische bereich des kurhauses von der firma k. h. & co. kg betrieben. die fa. k. h. & co. kg führte auch abend-/nachtveranstaltungen durch. dabei hatte die beklagte der fa. k. h. & co. kg für einige veranstaltungen gaststättenrechtliche erlaubnisse nach § 12 abs. 1 gaststättengesetz erteilt. 8ende des jahres 2014 kündigte die beklagte der fa. k. h. & co. kg den pachtvertrag zum 31.03.2015. die fa. k. h. & co. kg stellte in der folgezeit – nach den angaben der beklagten vor dem 31.03.2015 – ihren betrieb ein. derzeit wird der gastronomische bereich des kurhauses vorübergehend von einem benachbarten, im kurgastzentrum angesiedelten café genutzt, bis deren dortigen räume umgebaut bzw. renoviert sind. ein betrieb nach 22.00 uhr erfolgt nicht. 9mit blick auf einen neuen betreiber und dessen beabsichtigtes nutzungskonzept beschloss der rat der stadt c. t4. , einen neuen bebauungsplan – bebauungsplan nr. 0151 „q.---straße “, mittlerer teil“ – aufzustellen (vgl. planaufstellungsbeschluss vom 21.04.2015), in dessen geltungsbereich das streitgegenständliche grundstück des kurhauses liegt. in der beschlussvorlage vom 08.04.2015, drucksache nr. 89/2015, wird als begründung für die planaufstellung angeführt, diese sei erforderlich, weil die vom investor vorgesehenen nutzungen bauplanungsrechtlich voraussichtlich nur in einem kerngebiet zulässig sei. da das kurhaus derzeit aber nicht im geltungsbereich eines bebauungsplans liege, sei es das ziel, nunmehr dort ein kerngebiet auszuweisen. neben der neuplanung sei aus städtebaulicher sicht zudem erforderlich, auch die angrenzenden bereiche in die planung zu integrieren, weshalb u.a. die festsetzungen der umliegenden bebauungspläne, die bislang sondergebiete („so-l1. “ oder „so-kur“) vorsehen, in mischgebiete, besondere oder allgemeine wohngebiete geändert werden sollten. 10bereits am 13.06.2013 stellte der kläger bei der beklagten einen antrag auf behördliches einschreiten gegen die nutzung des kurhauses nach 22.00 uhr. zur begründung des antrags führt der kläger unter bezugnahme auf die zuvor mit der beklagten geführte korrespondenz aus, es gebe zwar eine baugenehmigung für die nutzung des kurhauses vom 10.02.1989. die ebenfalls gegenstand der baugenehmigung gewordene bauvorlage gebe als betriebszeiten aber nur 10.00 bis 22.00 uhr an. derzeit würden nach konzeptionellen veränderungen in dem kurhaus jedoch auch nächtliche veranstaltungen wie tanzveranstaltungen, abiturbälle, diskothekenveranstaltungen stattfinden, die oft erst am nächsten morgen gegen 4.00 oder 5.00 uhr endeten. dabei käme es – so führt der kläger unter bezugnahme auf konkrete detaillierte vorfälle aus – dazu, dass bei offenen fenstern laute musik gespielt werde und sich vor dem gebäude gäste versammelten, die sich rege und laut unterhielten. seine gäste hätten sich daher bei ihm wegen der von dem betrieb des kurhauses und dem verhalten der gäste nach dem verlassen des kurhauses ausgehenden lärmbelästigungen beschwert. 11die beklagte lehnte diesen antrag mit bescheid vom 23.09.2013 mit der begründung ab, die voraussetzungen für ein bauaufsichtliches einschreiten lägen nicht vor. der derzeitige betrieb des kurhauses sei von der erteilten baugenehmigung vom 10.02.1989 gedeckt. dies gelte auch für nutzungen nach 22.00 uhr. denn gegenstand der baugenehmigung sei nicht nur die auf dem amtlichen vordruck erfolgte betriebsbeschreibung geworden, die die betriebszeit für das kurhaus mit 10.00 bis 22.00 uhr angegeben habe, sondern auch die „ergänzende betriebsbeschreibung“, die die über die allgemeine gastronomienutzung hinausgehenden nutzungen durch besondere veranstaltungen in verschiedenen sälen des kurhauses zum inhalt habe. darin werde die art der nutzung u.a. mit „gesellschaftlichen veranstaltungen mit tanz“ und „großveranstaltungen, z.b. bälle, …..“ festgelegt. bei solchen veranstaltungen sei es lebensfremd anzunehmen, dass die betriebszeit dieser veranstaltungen auf 22.00 uhr begrenzt werde. vielmehr liege es bei verständiger würdigung des sachverhaltes geradezu auf der hand, dass nach der unanfechtbaren baugenehmigung auch derartige veranstaltungen genehmigungskonform regelmäßig weit in die nachtzeit hineinreichen dürften. 12am 24.10.2013 hat der kläger klage erhoben, mit der er zunächst die verpflichtung der beklagten zum bauaufsichtlichen einschreiten für nutzungen nach 22.00 uhr forderte. 13zur begründung führt er die bereits in der vorgerichtliche korrespondenz dargelegte argumentation an und trägt ergänzend vor, dass eine auslegung der baugenehmigung vom 10.02.1989 gar nicht erforderlich sei, weil diese hinsichtlich der betriebszeit bis 22.00 uhr eindeutig sei. er – der kläger – habe sein recht auf behördliches einschreiten auch nicht verwirkt, denn er habe erst durch die akteneinsicht seines bevollmächtigten am 24.05.2012 kenntnis von den in der baugenehmigung angegebenen betriebszeiten gehabt. zuvor habe er davon ausgehen können und müssen, dass die nutzungen auch nach 22.00 uhr von der entsprechenden baugenehmigung gedeckt seien. 14der kläger hat zunächst beantragt, 15die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 23.09.2013 zu verpflichten, mit bauaufsichtlichen mitteln gegen den betrieb des „kurhauses“ auf dem grundstück q.---straße 26 in c. t4. einzuschreiten, soweit in dem kurhaus nach 22.00 uhr veranstaltungen stattfinden, die zu auf das grundstück des klägers q.---straße 1 in c. t4. einwirkenden immissionen führen, 16hilfsweise, 17die beklagte zu verpflichten, den antrag des klägers vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches einschreiten gegen den betrieb des kurhauses in c. t4. , q.---straße 26, unter aufhebung des bescheides der beklagten vom 23.09.2013 und unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. 18nach der mitteilung der betriebsaufgabe der fa. k. h. & co. kg und nachdem die beklagte erklärt hatte, sie wolle das kurhaus weiterhin in der bisherigen art und weise nutzen und dies auf grundlage der genehmigung vom 10.02.1989 tun, beantragt der kläger nunmehr, 19festzustellen, dass die beklagte im zeitpunkt der nutzungsaufgabe der fa. k. h. & co. kg verpflichtet gewesen ist, den antrag des klägers vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches einschreiten gegen den betrieb des kurhauses in c. t4. , q.---straße 26, unter aufhebung des bescheids der beklagten vom 23.09.2013 und unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. 20im übrigen hat er den rechtsstreit für erledigt erklärt. 21die beklagte hat sich dieser (teil-)erledigungserklärung angeschlossen und beantragt im übrigen, 22die klage abzuweisen. 23zur begründung führt sie vertiefend aus, dass auch die nutzung nach 22.00 uhr von der baugenehmigung vom 10.02.1989 gedeckt sei. dies sei ergebnis der auslegung nach § 133 bgb und der würdigung der bauvorlagen und der angaben, die der landesverband m. als damaliger bauherr gemacht habe. bereits die bezeichnung als „kurhaus“ deute auf eine nutzung des gebäudes als mehrzweckgebäude hin. zudem sei das kurhaus in der vergangenheit so genutzt worden, dass dort auch abendveranstaltungen stattgefunden hätten, wie sich durch zeitungsartikel und ähnliches belegen lasse. auch die bezeichnung in dem bauantrag mit „wiederaufbau und instandsetzung des kurhauses“ mache deutlich, dass es um eine „wiederbelebung“ des kurhauses in seiner bisherigen tradition und prägung gehe. ebenso belege die bauliche gestaltung, dass die nutzung wie in der vergangenheit erfolgen solle. darüber hinaus gebe es neben der betriebsbeschreibung eine „ergänzende betriebsbeschreibung“, die ebenfalls bestandteil der baugenehmigung geworden sei und in der es unter art der nutzung u.a. heiße, „gesellschaftliche veranstaltungen mit tanz“ und „großveranstaltungen, z.b. bälle“. daraus werde der wille des bauherrn deutlich, dass die auf dem vordruck angegebene betriebsbeschreibung und dort angegebenen betriebszeiten allein auf die betriebe des kurhauses, die ständig als schank- und speisewirtschaften genutzt werden, gerichtet sei. für die die in der „betriebsbeschreibung/art der nutzung“ angegebene nutzung habe hingegen die zeitliche beschränkung nicht gelten sollen. 24darüber hinaus habe der kläger seinen etwaigen anspruch auf behördliches einschreiten verwirkt, denn dessen geltendmachung verstoße gegen treu und glauben. der kläger sei bislang nicht gegen die nutzung des kurhauses nach 22.00 uhr vorgegangen, obwohl ihm hätte bekannt sein müssen, dass diese erfolgten. diese untätigkeit seitens des klägers habe ein vertrauen bei ihr – der beklagten – geschaffen, welches sie durch die aufwendungen für umbauten (für die sanierung des daches, für die brandzentrale, für den treppenlift, für die erneuerung in der küche und an den kühlanlagen sowie für baumaßnahmen an der fassade und an der schiebetür) betätigt habe. 25anlässlich eines am 21.10.2014 durchgeführten erörterungstermins hat der damalige berichterstatter die örtlichkeit in augenschein genommen. hinsichtlich der dabei getroffenen feststellungen wird auf die terminsniederschrift verwiesen. 26wegen der einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 27
28das verfahren war in analoger anwendung des § 92 abs. 3 s. 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – einzustellen, soweit es die beteiligten in der mündlichen verhandlung übereinstimmend hinsichtlich der anträge auf verpflichtung zum bauaufsichtlichen einschreiten und auf neubescheidung in der hauptsache für erledigt erklärt haben. 29im übrigen ist die klage zulässig und begründet. 30die in der umstellung vom verpflichtungsantrag auf den fortsetzungsfeststellungsantrag liegende klageänderung ist zulässig. nach § 91 abs. 1 vwgo ist eine änderung der klage zulässig, wenn die übrigen beteiligten einwilligen oder das gericht die änderung für sachdienlich hält. zwar hat die beklagte nicht ausdrücklich ihre einwilligung in die klageänderung erklärt. diese wird aber nach § 91 abs. 2 vwgo fingiert, weil die beklagte sich, ohne der klageänderung zu widersprechen, in der mündlichen verhandlung auf die geänderte klage eingelassen hat. überdies sieht die kammer die klageänderung als sachdienlich i.s.d. § 91 abs. 1 vwgo an, weil sich der klagegrund nicht wesentlich ändert und die klageänderung die endgültige beilegung des streites fördert. 31der nunmehr nur noch geltend gemachte anspruch auf feststellung, dass bis zur betriebsaufgabe der fa. k. h. & co. kg ein anspruch auf neubescheidung seines antrags auf bauaufsichtliche einschreiten bestand, ist in analoger anwendung des § 113 abs. 1 s. 4 vwgo als fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. 32vgl. zur analogen anwendbarkeit in verpflichtungssituationen bverwg, urteile vom 24.01.1992 – 7 c 24.91 –, juris, rn. 7, und vom 29.04.1992 – 4 c 29.90 –, juris, rn. 13 jeweils m.w.n. 33das erforderliche feststellungsinteresse ergibt sich aus der wiederholungsgefahr. denn es besteht die möglichkeit, dass die beklagte auch in zukunft unter vergleichbaren umständen ein bauaufsichtliches einschreiten mit vergleichbaren gründen ablehnt. 34vgl. zur wiederholungsgefahr kopp/schenke, vwgo, kommentar, 21. auflage, 2015, § 113, rn. 141 m.w.n. 35die beklagte hat erklärt, dass sie eine erneute verpachtung des kurhauses an einen schon mit einem konkreten konzept vorstellig gewordenen investor beabsichtigt, bei der das kurhaus im vergleichbaren umfang und ausmaß genutzt werden solle. insbesondere sollten auch weiterhin veranstaltungen über 22.00 uhr hinaus stattfinden. dabei sei nicht unbedingt die erteilung einer erneuten baugenehmigung geplant, sondern die künftigen nutzungen sollten weiterhin auf grundlage der baugenehmigung von 10.02.1989 erfolgen. angesichts dieser absichtserklärungen der beklagten ist davon auszugehen, dass sie auch künftig anträge des klägers, die sich gegen zu laute nachtveranstaltungen im kurhaus richten, mit der gleichen begründung wie bisher – die baugenehmigung vom 10.02.1989 erlaube solche – ablehnen wird. 362. die klage ist auch in der sache begründet. die ablehnung des antrags auf bauaufsichtliches einschreiten mit bescheid vom 23.09.2013 ist rechtswidrig gewesen und hat den kläger in seinen rechten verletzt, vgl. § 113 abs. 1 s. 4 vwgo analog. der kläger hatte vor der beendigung der nutzung des kurhauses durch die fa. k. h. & co. kg einen anspruch auf neubescheidung seines antrags vom 13.06.2013 auf bauaufsichtliches einschreiten gegen die nachtnutzungen des kurhauses. 37rechtsgrundlage hierfür ist § 61 abs. 1 s. 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen – bauo nrw –. danach haben die bauaufsichtsbehörden u.a. bei der errichtung und nutzung baulicher anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen vorschriften eingehalten werden. sie haben gemäß § 61 abs. 1 s. 2 bauo nrw in wahrnehmung dieser aufgabe nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. 38soweit vorschriften des öffentlichen baurechts betroffen sind, die unter anderen den nachbarschutz dienen, müssen dabei auch die hierdurch erfassten interessen des nachbarn berücksichtigt werden. daraus folgt der grundsätzliche anspruch des nachbarn, dass die behörde über seinen antrag auf einschreiten gegen baurechtswidrige zustände auf dem nachbargrundstück ermessensfehlerfrei entscheidet. 39ovg nrw, urteil vom 15.08.1995 – 11 a 850/92 –, juris rn. 3, unter bezugnahme auf bverwg, urteil vom 18.08.1960 – i c 42.59 –, juris rn. 10. 40von einer ordnungsgemäßen ausübung des ermessens im sinne des § 40 vwvfg nrw kann aber insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn die behörde bei ihrer entscheidung von unzutreffenden, in wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen voraussetzungen ausgeht oder umgekehrt gesichtspunkte außer acht lässt, die zu berücksichtigen wären. 41vgl. ovg nrw, urteile vom 15.08.1995 – 11 a 850/92 –, juris rn. 5, und vom 16.06.2015 – 11 a 1131/13 –, juris, rn. 32; kopp/ramsauer, vwvfg, kommentar, 16. auflage, 2015, § 40 rn. 89. 42die behörde muss ihre ermessensentscheidung unter korrekter anwendung der einschlägigen rechtsgrundlagen auf der basis eines zutreffenden und im entscheidungserheblichen umfang vollständig ermittelten sachverhalts treffen. 43ovg nrw, urteile vom 15.08.1995 – 11 a 850/92 –, juris rn. 5, und vom 16.06.2015 – 11 a 1131/13 –, juris, rn. 32. 44diesen anforderungen ist die beklagte bei ihrer ablehnenden ermessensentscheidung im bescheid vom 23.09.2013 nicht gerecht geworden. 45die beklagte hat ihre ablehnende entscheidung zu unrecht allein darauf gestützt, dass die baugenehmigung vom 10.02.1989 die beanstandeten nutzungen nach 22.00 uhr umfasst (a)). sie hat entgegen der ihr obliegenden sachaufklärungspflicht gemäß § 24 vwvfg nrw nicht weiter überprüft, ob die vom kläger beanstandeten nutzungen diesen als nachbarn in seinen rechten verletzen (b)). auf verwirkung der rechte des klägers oder die pflicht des gerichts die sache „spruchreif“ zu machen, kann sie sich schließlich nicht berufen (c)). 46a) die baugenehmigung vom 10.02.1989 ließ keinen betrieb des kurhauses nach 22.00 uhr zu. regelungen zu einer derartigen nutzung sind der baugenehmigung vom 10.02.1989 nicht mit der erforderlichen bestimmtheit zu entnehmen. 47nach der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen erfordert das in § 37 abs. 1 vwvfg nrw niedergelegte bestimmtheitsgebot, dass sich inhalt, reichweite und umfang der mit einer baugenehmigung getroffenen regelungen eindeutig erkennen lassen müssen, damit der bauherr die bandbreite der für ihn legalen nutzungen und drittbetroffene das maß der für sie aus der baugenehmigung erwachsenden betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. eine solche dem bestimmtheitsgebot genügende aussage muss der baugenehmigung selbst gegebenenfalls durch auslegung entnommen werden können. dabei müssen die mit zugehörigkeitsvermerk versehenen bauvorlagen bei der ermittlung des erklärungsinhalts herangezogen werden. 48ovg nrw, urteil vom 16.12.2014 – 7 a 2623/13 –, juris, rn. 33 m.w.n. 49hieran fehlt es. denn die baugenehmigung vom 10.02.1989 ist jedenfalls in sich widersprüchlich. die angegebenen betriebszeiten sehen eine nutzung des kurhauses nur bis 22.00 uhr vor ((1)). zugleich schließen aber die ebenfalls angegebenen arten der im kurhaus stattfindenden nutzung bei lebensnaher betrachtung eine beschränkung auf nutzungen bis 22.00 uhr aus ((2)). damit ist weder für den betreiber noch die nachbarn die bandbreite der legalen nutzungen zu erkennen ((3)). 50(1) die baugenehmigung vom 10.02.1989 gibt als betriebszeiten 10.00 bis 22.00 uhr an. zwar macht die baugenehmigung selbst keine vorgaben zur zeitlichen dauer der nutzung des kurhauses. gegenstand der baugenehmigung ist aber aufgrund des grünstempels auch die betriebsbeschreibung und deren ergänzung „betriebsbeschreibung / art der nutzungen“ geworden. nach der vom antragsteller gefertigten betriebsbeschreibung soll der betrieb zwischen 10.00 und 22.00 uhr stattfinden. dabei ist diese betriebsbeschreibung – anders als die beklagte meint – nicht nur auf den betrieb der gastronomie beschränkt zu verstehen, sondern erfasst den „gesamten“ betrieb des kurhauses. denn in der betriebsbeschreibung wird als art des betriebs angegeben: „kurhaus mit gastronomie“. dadurch wird deutlich, dass die betriebsbeschreibung auch die anderen im kurhaus geplanten nutzung mitumfasst und darstellen soll. darüber hinaus wird die zahl der insgesamt im betrieb beschäftigten mit 40 angegeben, was ebenfalls dagegen spricht, dass die betriebsbeschreibung nur den im vergleich zu den übrigen nutzungsflächen kleinen gastronomischen bereich erfassen soll. 51(2) die sich demnach ergebende beschränkung der betriebszeiten auf 10.00 bis 22.00 uhr steht indes im widerspruch zu der art und dem umfang der in dem gebäude des kurhauses geplanten nutzungen. nach der maschinenschriftlichen ergänzung „betriebsbeschreibung / art der nutzungen“, die die beabsichtigten nutzungen der einzelnen räumlichkeiten des kurhauses wiedergibt, sollen u.a., etwa im großen saal, „gesellschaftliche veranstaltungen mit tanz“ und „großveranstaltungen z.b. bälle, …“ stattfinden. es widerspricht indes der lebenswirklichkeit, dass diese genannten veranstaltungen lediglich im zeitraum von 10.00 bis 22.00 uhr stattfinden. vielmehr ist bei lebensnaher betrachtung und unter berücksichtigung der von der beklagten dargestellten historie des kurhauses davon auszugehen, dass sie auch über 22.00 uhr hinaus und damit außerhalb der in der betriebsbeschreibung ausdrücklich angegebenen betriebszeiten erfolgen. 52(3) aufgrund dieses widerspruchs zwischen den in der betriebsbeschreibung angegebenen betriebszeiten und den nach der „art der nutzung“ zu erwartenden nutzungszeiten ist weder für den betreiber noch die nachbarn zu erkennen, welche nutzungen, wie lange und in welchem umfang nach der baugenehmigung zugelassen und demnach von den nachbarn zu dulden sind. 53b) überdies hätte die beklagte der frage nach einem verstoß gegen das in § 15 abs. 1 s. 2 baunvo enthaltene gebot der rücksichtnahme, das allein planungsrechtlicher maßstab für einen nachbarschutz eines – so wie hier – außerhalb der grenzen des plangebiets belegenen grundstückseigentümers ist, 54vgl. bverwg, beschluss vom 18.12.2007 – 4 b 55/07 –, juris, rn. 6, 55weiter nachgehen müssen. 56nach § 15 abs. 1 s. 2 1. fall, baunvo ist ein vorhaben unzulässig, wenn von ihm belästigungen oder störungen ausgehen können, die nach der eigenart des baugebietes im baugebiet selbst oder in dessen umgebung unzumutbar sind. 57welche anforderungen im einzelnen an das gebot der rücksichtnahme zu stellen sind, hängt von den umständen des einzelfalls ab. je empfindlicher und schutzwürdiger die stellung desjenigen ist, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an rücksichtnahme verlangen. je verständlicher und unabweisbarer die mit dem vorhaben verfolgten interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, rücksicht zu nehmen. für die sachgerechte beurteilung des einzelfalls kommt es wesentlich auf eine abwägung zwischen dem an, was einerseits dem rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem rücksichtnahmeverpflichteten nach lage der dinge zuzumuten ist. 58vgl. bverwg, urteile vom 29.11.2012 – 4 c 8.11 –, juris, rn. 16, und vom 28.10.1993 – 4 c 5.93 –, juris, rn. 17; ovg nrw, urteil vom 19.04.2010 – 7 a 2362/07 –, juris, rn. 63. 59bei lärmimmissionen wird für die bestimmung der zumutbarkeit der mit einem vorhaben notwendigerweise verbundenen immissionen für die nachbarschaft in bezug auf die belange des schallschutzes auf die begriffsbestimmung und die materiell-rechtlichen maßstäbe des immissionsschutzrechts zurückgegriffen. das bundes-immissionsschutzgesetz – bimschg – legt die grenze der zumutbarkeit von umwelteinwirkungen für nachbarn und damit das maß der gebotenen rücksichtnahme mit wirkung auch für das baurecht im umfang seines regelungsbereiches allgemein fest. 60vgl. bverwg, urteile vom 30.09.1983 – 4 c 74.78 –, juris, rn. 5 und vom 23.09.1999 – 4 c 6.98 –, juris, rn. 22; ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugesetzbuch, loseblatt-kommentar, stand august 2015, § 34 rn. 50b. 61die unzumutbarkeit im sinne des bauplanungsrechtlichen rücksichtnahmegebots knüpft damit an den begriff der schädlichen umwelteinwirkungen im sinne von § 3 abs. 1 bimschg an. hierbei handelt es sich um immissionen, die nach art, ausmaß oder dauer geeignet sind, gefahren, erhebliche nachteile oder erhebliche belästigungen für die allgemeinheit oder die nachbarschaft herbeizuführen. der unbestimmte rechtsbegriff der schädlichen umwelteinwirkungen wird für geräuschimmissionen, die durch gewerbliche betriebe hervorgerufen werden, durch die technische anleitung zum schutz gegen lärm – ta lärm – vom 26.08.1998 konkretisiert, der auch im gerichtlichen verfahren bindende wirkung zukommt und die grundsätzlich geeignet ist, das baurechtliche rücksichtnahmegebot zu konkretisieren. 62vgl. ovg nrw, urteile vom 18.02.2013 – 2 a 2135/11 – , juris, rn. 52 ff., vom 12.11.2003 – 7 a 3663/99 –, juris, rn. 113 ff., und vom 18.11.2002 – 7 a 2127/00 –, juris, rn. 18 ff. jeweils m.w.n.; s.a. bverwg, urteil vom 29.11.2012 – 4 c 8.11 –, juris, rn. 19. 63nach nr. 3.2.1 ta lärm ist der schutz vor schädlichen umwelteinwirkungen durch geräusche sichergestellt, wenn die gesamtbelastung am maßgeblichen immissionsort die immissionsrichtwerte nach nr. 6 ta lärm nicht überschreitet, wobei die immissionsrichtwerte nach der – entsprechend der baunutzungsverordnung einzustufenden – gebietsart variieren. 64das grundstück des klägers liegt in einem durch bebauungsplan festgesetzten sondergebiet „kur“ i.s.d. § 11 abs. 2 baunvo. das grundstück, auf dem sich das kurhaus befindet, liegt zwar nicht im geltungsbereich eines bebauungsplans, ist aber aufgrund der dort befindlichen nutzungen – kurhaus, l. , konzerthalle – nach § 34 abs. 2 baugb als faktisches l1. einzustufen, so dass auch dort die für kurgebiete maßgeblichen immissionsrichtwerte von 45 db(a) tags und 35 db(a) nachts gelten. 65ob die nächtliche nutzung des kurhauses diesen immissionsrichtwert von 35 db(a) nachts einhält, hätte weiterer aufklärung durch die beklagte bedurft. eine prüfung, ob und wie weit die nutzungen den ggf. von der baugenehmigung gesetzten rahmen überschreiten, hat sie nicht vorgenommen. dies hätte indes nahe gelegen. denn selbst wenn die baugenehmigung nutzungen nach 22.00 uhr zulassen sollte, wäre deren grenze mangels gegenteiliger angaben in der baugenehmigung die (materiellen) vorgaben der ta-lärm; d.h. immissionen wären nur bis zu dem richtwert von 35 db(a) nachts zulässig. die vom kläger in der anlässlich des antrags vom 13.06.2013 erfolgten korrespondenz geschilderten vorfälle und die örtliche situation lassen eine überschreitung dieses richtwerts am gebäude des klägers hinreichend wahrscheinlich erscheinen. der kläger schilderte veranstaltungen bis nachts um 4.00 bzw. 4.30 uhr, bei denen bei zeitweilig geöffneten fenstern laute musik gespielt worden sei und sich vor dem gebäude gäste versammelt hätten, die sich rege und laut unterhalten hätten. hinzu kommt, dass zwischen dem kurhaus und dem hotelgebäude des klägers gerade einmal ungefähr 20 m liegen und das störpotenzial der lärmimmissionen auch in ihrer informationshaltigkeit liegt. 66c) die beklagte war von der ihr obliegenden sachaufklärungspflicht auch nicht wegen einer verwirkung des klägerischen anspruchs auf bauaufsichtliches einschreiten enthoben. denn verwirkung ist nicht eingetreten. 67der anspruch eines nachbarn auf bauaufsichtliches einschreiten gegen ein ihn in seinen subjektiven rechten verletzendes vorhaben ist verwirkt, wenn die geltendmachung dieses anspruchs durch den nachbarn objektiv gegen treu und glauben verstößt. jede verwirkung setzt – erstens – das verstreichen eines längeren zeitraums seit der möglichkeit der geltendmachung eines rechts (sog. zeitmoment) und – zweitens – besondere umstände voraus, die die verspätete geltendmachung als verstoß gegen treu und glauben erscheinen lassen (sog. umstandsmoment). dabei lassen sich hinsichtlich der „längeren zeit“, während der ein recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies dem berechtigten möglich gewesen wäre, grundsätzlich keine allgemein gültigen bemessungskriterien benennen. die dauer des zeitraums der untätigkeit des berechtigten, von der an im hinblick auf die gebote von treu und glauben von einer verwirkung des rechts die rede sein kann, hängt entscheidend von den jeweiligen umständen des einzelfalls ab. 68vgl. bverwg, urteil vom 16.05.1991 – 4 c 4.89 –, juris, rn. 22, und beschluss vom 16.04.2002 – 4 b 8.02 –, juris, rn. 11; ovg nrw, beschluss vom 10.10.2012 – 2 b 1090/12 –, juris, rn. 8. 69die untätigkeit des berechtigten während eines längeren zeitraums verstößt ins-besondere dann gegen treu und glauben, wenn der verpflichtete infolge eines bestimmten verhaltens des berechtigten, das auch in einer untätigkeit liegen kann, darauf vertrauen durfte, dass dieser das recht nach so langer zeit nicht mehr geltend machen würde (vertrauensgrundlage), der verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das recht nicht mehr ausgeübt werde (vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen vorkehrungen und maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete durchsetzung des rechts ein unzumutbarer nachteil entstehen würde. 70vgl. bverwg, urteil vom 16.05.1991 – 4 c 4.89 –, juris, rn. 25; ovg nrw, beschluss vom 10.10.2012 – 2 b 1090/12 –, juris, rn. 10, und vom 10.06.2005 – 10 a 3664/03 –, juris, rn. 9. 71nach diesen maßstäben wären etwaige abwehransprüche des klägers nicht verwirkt. zwar mag das erforderliche zeitmoment gegeben sein. der kläger hatte bereits seit längerer zeit kenntnis von der nutzung des kurhauses auch nach 22.00 uhr. nach den insoweit übereinstimmenden ausführungen der beteiligten fanden im kurhaus bereits seit 1989, d.h. zu der zeit, als der kläger das kurhotel auf seinem grundstück übernahm, abend- und nachtveranstaltungen statt. es fehlt aber an dem erforderlichen umstandsmoment. dabei kann offen bleiben, ob der kläger bei der beklagten eine vertrauensgrundlage geschaffen hat, indem er sich nicht früher gegen die nachtnutzungen des kurhauses gewehrt hat. denn es fehlt jedenfalls an einem dadurch geschaffenen vertrauenstatbestand. die beklagte hat kein vertrauen in den bisherigen bestand begründet. im streit stand hier nur die nutzung des kurhauses nach 22.00 uhr, nicht der sonstige betrieb des kurhauses. insoweit trägt der einwand der beklagten, sie habe im vertrauen auf den bestand des bisherigen zustands aufwendungen für den umbau und unterhalt des kurhauses getätigt, nicht. die im einzelnen geschilderten aufwendungen – für die sanierung des daches, für die brandzentrale, für den treppenlift, für erneuerung in der küche und an den kühlanlagen sowie für baumaßnahmen an der fassade und an der schiebetür – dienten dem erhalt und betrieb des kurhauses insgesamt und lassen sich nicht nur der nutzung nach 22.00 uhr zuordnen. es ist auch weder von der beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sie diese aufwendungen unterlassen hätte, hätte der kläger sich früher gegen die nutzung des kurhauses nach 22.00 uhr gewehrt. 72die kammer war auch nicht verpflichtet, diese sachverhaltsermittlungen für die beklagte vorzunehmen und so die sache spruchreif zu machen. nach dem für bau- und immissionsrechtliche genehmigungen geltendem grundsatz vom „stecken gebliebenen“ genehmigungsverfahren, entfällt die verpflichtung des gerichts, die spruchreife herbeizuführen, wenn ansonsten im verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe fragen erstmals im gerichtlichen verfahren erschöpfend geprüft werden müssten. 73vgl. bverwg, urteil vom 14.04.1989 – 4 c 52.87 –, juris, rn. 18; ovg nrw, urteile vom 15.06.2012 – 2 a 2630/10 –, juris, rn. 134, und vom 19.06.2007 – 8 a 2357/08 – juris, rn. 208. 74dieser grundsatz findet auch für den hier zu beurteilenden anspruch auf bauaufsichtliches einschreiten anwendung. die beantwortung der frage, ob von den streitgegenständlichen nachtnutzungen für den kläger unzumutbare lärmimmissionen hervorgerufen werden, erfordert weitergehende ermittlungsmaßnahmen, zu denen auch eine schalltechnischen begutachtung gehören kann. 75die einheitliche kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 abs. 1, 161 abs. 2 s. 1 vwgo. soweit das verfahren für in der hauptsache erledigt erklärt wurde, entspricht es unter berücksichtigung des bisherigen sach- und streitstandes der billigkeit, den beteiligten die kosten jeweils anteilig aufzuerlegen, weil der kläger mit seinen ursprünglichen klageanträgen voraussichtlich teils obsiegt und teils unterlegen gewesen wäre. sein verpflichtungsantrag wäre mangels spruchreife wohl ohne erfolg geblieben, während sein bescheidungsantrag aus den zuvor geschilderten gründen wohl erfolgreich gewesen wäre. soweit über die klage in der sache entschieden wurde, ergibt sich die kostenfolge aus dem unterliegen der beklagten. 76die entscheidungen über die vorläufige vollstreckbarkeit und die abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 und § 711 zivilprozessordnung – zpo –.
Klaeger*in
1
336,099
5 K 5623/19
"2021-03-17T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der vollmachlose Vertreter Herr I. M. selbst mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer baurechtlichen Ordnungsverfügung durch die Beklagte, mit der den Beigeladenen die Beseitigung einer ursprünglich zu Gastronomiezwecken errichteten Terrasse aufgegeben werden soll. 3Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks Gemarkung G. , G1. 4, G2. 381 (S.--------straße 205). Die Beigeladenen sind gemeinsam Eigentümer des unmittelbar (süd-)östlich an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücks Gemarkung G. , G1. 4, G2. 297 (S.--------straße 207). Das Erdgeschoss des auf diesem Grundstück befindlichen Gebäudes wird für den Betrieb einer Gaststätte genutzt („M. “). Beide Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes O. . 42/75 „G3. am I.---weg “, der letztlich für beide Grundstücke ein reines Wohngebiet festsetzt. 4Im Jahre 2012 erteilte die Beklagte auf Antrag der Voreigentümer des Grundstücks der Beigeladenen eine Baugenehmigung zur „Nutzungsänderung einer Grundstücksteilfläche und Errichtung einer Außengastronomie mit 21 Sitzplätzen“. Daraufhin errichteten die Voreigentümer des Grundstücks der Beigeladenen auf einer Teilfläche ihres Grundstücks, die zuvor für das Abstellen von Abfallentsorgungstonnen genutzt worden war, eine Außenterrasse, die zum Zwecke der Außengastronomie genutzt wurde. 5Gegen diese Baugenehmigung erhob die Klägerin am 2. Juni 2014 Klage. Mit Urteil vom 00.00.0000 (B. .: K /) hob das erkennende Gericht die Baugenehmigung für die Außenterrasse auf mit der Begründung, eine Außengastronomie sei nach dem – wirksamen – Bebauungsplan unzulässig, da eine solche Nutzung in einem reinen Wohngebiet nicht gebietsverträglich sei. 6Im Dezember 2015 sowie im Frühjahr 2016 wandte sich der Vater der Klägerin, Herr M. , in ihrem Namen mehrfach an die Beklagte und forderte sie unter Verweis auf das Urteil der erkennenden Kammer auf, gegenüber den Voreigentümern des Grundstücks der Beigeladenen den Rückbau der Außenterrasse anzuordnen. Die Beklagte erwiderte jeweils schriftlich, dass für die Anordnung des gewünschten Rückbaus kein Anlasse bestehe, weil die Voreigentümer des Grundstücks der Beigeladenen ohnehin den Abriss der Außenterrasse angekündigt hätten und im Übrigen Herr M. trotz mehrfacher Aufforderung keine schriftliche Vollmacht der Klägerin vorgelegt habe und insoweit keine Auskünfte erhalten dürfe. 7Herr M. hat im Namen der Klägerin am 31. Dezember 2019 Klage erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Terrasse werde weiterhin – etwa von rauchenden Gästen der Gaststätte – illegal genutzt. Durch die so entstehenden Lärmauswirkungen habe es die Klägerin schwer, ihre Wohnungen auf ihrem Grundstück zu vermieten. Da die Beklagte trotz Aufforderung nicht reagiert habe und ein Rückbau der Terrasse nicht erfolgt sei, sei Klage geboten. 8Herr M. beantragt im Namen der Klägerin (schriftsätzlich), 9die Beklagte zu verurteilen, den Beigeladenen aufzuerlegen, die errichtete Außengastronomie auf dem Grundstück S1. . 205 (Gemarkung G. , G1. 4, G2. 297), bis zum 30. März 2021 zurückzubauen, 10sowie die Beklagte für den Fall der Zuwiderhandlung zur Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000,- Euro zu verurteilen. 11Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Klage sei bereits unzulässig. Die Klägerin habe bei ihr zuvor nicht den erforderlichen Antrag gestellt, weil Herr M. keinen Nachweis über eine Vollmacht vorgelegt habe. Im Übrigen fehle es in Ermangelung einer Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts der Klägerin an der Begründetheit der Klage. Unabhängig davon, dass die Außengastronomie weiterhin nicht genutzt werde, wäre eine Abrissverfügung unverhältnismäßig, da die drittschutzrelevante Störung – wenn überhaupt – von der Nutzung der Terrasse, nicht aber von ihrem Baukörper ausgehe. 14Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. 15Gegen die Klage bringen sie im Wesentlichen vor, die Existenz der Terrasse begründe keinen Verstoß gegen die Klägerin schützende Vorschriften. Dies bereits deshalb, weil die Terrasse genehmigungsfrei sei. Im Übrigen werde die Terrasse nicht mehr genutzt, zumal sie weder bestuhlt noch mit Tischen versehen sei. Gäste hielten sich lediglich zum Rauchen auf der Terrasse auf. 16Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 13. Januar 2021 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Beteiligten haben schriftsätzlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 17Für weitere Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Der vor dem Hintergrund des gerichtlichen Beschlusses vom 13. Januar 2021 gemäß § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zuständige Einzelrichter entscheidet ohne vorherige mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten sich hiermit wirksam einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). 20Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, weil die von Herrn M. im Namen der Klägerin vorgenommenen Prozesshandlungen mangels hinreichender Bevollmächtigung (dazu I.) der Klägerin nicht zurechenbar sind und insoweit die Zulässigkeit der Klage zu verneinen ist (dazu II.). 21I. 22Es fehlt zunächst an einer ordnungsgemäß nachgewiesenen Bevollmächtigung des Herrn M. , der insoweit als vollmachtloser Vertreter zu behandeln ist. Nach § 67 Abs. 2 Satz 2 O. . 2 VwGO können sich Beteiligte vor dem Verwaltungsgericht durch ein volljähriges Familienmitglied – wozu Herr M. als Vater der Klägerin unzweifelhaft gehört – vertreten lassen. Die von einem Vertreter vorgenommenen Prozesshandlungen sind allerdings nur dann wirksam und der vertretenen Person zurechenbar, wenn eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung erfolgt ist. Zwar bedarf die Erteilung der Vollmacht an sich keiner bestimmten Form, sie kann mithin auch etwa mündlich erfolgen. Allerdings ist die Bevollmächtigung nach § 67 Abs. 6 Satz 1 VwGO schriftlich dem Gericht nachzuweisen. 23Vgl. Czybulka/Siegel, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 60 ff. m.w.N.; aus der Rechtsprechung etwa VG Köln, Gerichtsbescheid vom 23. April 2020 – 3 K 777/19 –, juris. 24Einen Mangel der Vollmacht bzw. des entsprechenden Nachweises hat das Gericht nach § 67 Abs. 6 Satz 4 VwGO auch von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium zu berücksichtigen. Etwas Anderes gilt nach selbiger Vorschrift nur für den – hier nicht vorliegenden – Fall der Vertretung durch einen zugelassenen Rechtsanwalt bzw. einer zugelassenen Rechtsanwältin. 25Vor diesem Hintergrund hat das Gericht auch in diesem Stadium zu prüfen, ob die Klägerin ihren Vater tatsächlich ordnungsgemäß bevollmächtigt hat und eine entsprechende Vollmacht schriftlich nachgewiesen worden ist. Dem ist hier aber nicht so. Zwar hat Herr M. auf Verlangen des Gerichts eine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Diese vermag aber keine ordnungsgemäße Bevollmächtigung nachzuweisen. Denn bei dem Schriftstück handelt es sich letztlich um die Vollmacht aus den vorangegangenen Verfahren aus dem Jahr 2014 (), die lediglich – angesichts der Handschrift offenkundig von Herrn M. selbst – um das Aktenzeichen des hiesigen Verfahrens handschriftlich ergänzt worden ist. Insoweit muss das Gericht davon ausgehen, dass die Klägerin ihren Vater für das aktuelle Verfahren nicht bevollmächtigt hat. Denn sie kann ihn am 25. Mai 2014 nicht bereits für ein konkret mit Aktenzeichen benanntes Gerichtsverfahren aus dem Jahr 2019 bevollmächtigt haben. 26Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Rechtsprechung Blankettvollmachten, die erst nachträglich vom Vertreter ausgefüllt und konkretisiert werden, für eine hinreichende Bevollmächtigung genügen lässt. 27Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 16. August 1983 – 1 CB 19.81 –, juris; Hartung/Schramm, in: Posser/Wolff (Hrsg.), VwGO, Stand: Januar 2021, § 67 Rn. 70. 28Denn vorliegend handelt es sich gerade nicht um eine Blankettvollmacht. Unter einer solchen versteht man nämlich eine vom Vertretenen lediglich unterschriebene, im Übrigen aber nicht ausgefüllte bzw. konkretisierte Vollmacht, bei der die Konkretisierung gerade erst im Nachhinein durch den Vertreter erfolgt. Im vorliegenden Fall ist dem Gericht aber eine bereits vollständig ausgefüllte und gerade um das aktuelle Verfahren ergänzte Vollmacht vorgelegt worden. Anders als bei der Blankettvollmacht, bei der der Vertretene in Ermangelung vorhandener Angaben in der Vollmacht sicher weiß, dass die Konkretisierungen später durch den Vertreter erfolgen, und demzufolge sich offensichtlich mit einer nachträglichen Ergänzung einverstanden erklärt, kann aufgrund der bereits vorhandenen vollständigen Angaben nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin weiß oder sich damit einverstanden erklären wollte, dass ihr damaliger Prozessbevollmächtigte diese Vollmacht später um weitere Verfahren ergänzt. Vielmehr war die Vollmacht bislang auf die Verfahren aus dem Jahr 2014 bezogen und insoweit vollständig ausgefüllt. Nachträgliche Erweiterungen können insoweit nicht als von der 2014 geleisteten Unterschrift der Klägerin gedeckt angesehen werden. 29Schließlich ist auch eine nachträgliche Heilung des Mangels der Vollmacht nicht eingetreten. 30II. 31Aus der mangelhaften Bevollmächtigung folgt die Unzulässigkeit der Klage. Denn die fehlende Bevollmächtigung hat nach zutreffender gefestigter Rechtsprechung zur Folge, dass sämtliche vom vollmachtlosen Vertreter vorgenommenen Prozesshandlungen der angeblich vertretenen Person nicht zugerechnet werden. Gleichwohl ist die scheinbar vertretene Person als Prozessbeteiligter zu behandeln (mit der Folge etwa, dass sie hier als „Klägerin“ geführt wird), weil der vollmachtlose Vertreter in ihrem Namen gehandelt hat. Der vollmachtlose Vertreter wird aber insoweit durch die mangelhafte Bevollmächtigung nicht selbst Beteiligter. Daher ist der vollmachtlose Vertreter zurückzuweisen und die Klage als unzulässig abzuweisen, da die – insoweit scheinbar – klagende Person selbst keine (wirksame) Prozesshandlung vorgenommen hat, es mithin an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung mangelt. 32Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 20. September 1974 – III CB 54.71 –, juris, und vom 25. September 2006 – 8 KSt 1.06 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 24. April 2017 – 4 A 879/14 –, juris. 33Daran ändert nichts, dass der Nachweis der Vollmacht nach § 67 Abs. 6 Satz 2 VwGO nachgereicht werden kann, wofür das Gericht auch eine Frist setzen kann. Mit gerichtlicher Verfügung vom 16. Februar 2021 wurde Herr M. nämlich aufgefordert, die Prozessvollmacht binnen zwei Wochen einzureichen. Dabei kann auch offenbleiben, ob die gerichtliche Verfügung unter Beachtung der Voraussetzungen des § 56 VwGO erfolgen muss. 34Vgl. etwa Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 12. Februar 1999 – III B 29/98 –, juris. 35Denn nach – überzeugender – höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich bei der Frage, ob eine Frist für das Einreichen des schriftlichen Nachweises der Bevollmächtigung gesetzt wird, um ein im Ermessen des Gerichts stehenden Aspekt. Insoweit kann die Klage auch dann als unzulässig abgewiesen werden, wenn keine konkrete Frist zum Einreichen der Vollmacht gesetzt worden ist. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gebietet dann allerdings, dass dem Betroffenen die Notwendigkeit der Vorlage des Nachweises einer Bevollmächtigung bewusst gemacht wird – wofür das reine Anfordern der Vollmacht aber genügt – und dem Betroffenen hinreichend Zeit und Gelegenheit gegeben wird, den Mangel der Bevollmächtigung zu heilen. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Klage als unzulässig abzuweisen; ein Nachreichen der ordnungsgemäßen Vollmacht ist dann auch im Rechtsmittelverfahren nicht mehr möglich. 36Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1985 – 9 C 105.84 –, juris; Schenk, in: Schoch/Schneider (Hrsg.), VwGO, 31. Lieferung 2016, § 67 Rn. 98 f.; Czybulka/Siegel, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 5. Auflage 2018, § 67 Rn. 70; vgl. zur ausgeschlossenen Heilungsmöglichkeit in der Rechtsmittelinstanz auch Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB), Beschluss vom 17. April 1984 – GmS-OGB 2/83 –, juris. 37So liegt die Sache hier. Mit Verfügung vom 16. Februar 2021 wurde vom Gericht die Vollmacht angefordert. Vor dem Hintergrund, dass Herr M. bereits mit Schreiben vom 23. Februar 2021 reagiert hat und seitdem zusätzlich mehr als drei Wochen vergangen sind, bestand letztlich hinreichend Zeit, eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung nachzuweisen. Angesichts der gerichtlichen Verfügung muss ihm auch klar gewesen sein, dass eine nicht ordnungsgemäße Vollmacht entsprechende Konsequenzen mit sich bringt. 38III. 39Die Kosten des Verfahrens trägt nach gefestigter Rechtsprechung im Falle fehlender oder mangelhafter Bevollmächtigung derjenige, der Klage im fremden Namen erhoben hat, hier mithin Herr M. als vollmachtloser Vertreter selbst. Denn dieser hat letztlich den Prozess veranlasst. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, wenn der Vertretene selbst die vollmachtlose Vertretung veranlasst hat, liegt hier nicht vor, weil die Ergänzung der aus dem Jahre 2014 stammenden Vollmacht offenkundig durch Herrn M. selbst und nicht von der Klägerin vorgenommen worden ist, Herr M. den Mangel der Bevollmächtigung mithin kannte. 40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 2002 – 7 B 104.02 –, juris; Rennert, in: Eyermann (Hrsg.), VwGO, 15. Aufl. 2019, § 158 Rn. 2 m.w.N.; Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 5. Auflage 2018, § 154 Rn. 31 ff. 41Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind dabei allerdings diesen selbst aufzuerlegen. Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO hat das Gericht über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach Billigkeit zu entscheiden. Es entspricht hierbei der Billigkeit, die außergerichtlichen Kostend der Beigeladenen diesen selbst aufzuerlegen, da sie keinen Antrag gestellt und sich insoweit nicht dem allgemeinen Kostenrisiko unterworfen haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). 42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 O. . 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der vollmachlose vertreter herr i. m. selbst mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst tragen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die beteiligten streiten um die erteilung einer baurechtlichen ordnungsverfügung durch die beklagte, mit der den beigeladenen die beseitigung einer ursprünglich zu gastronomiezwecken errichteten terrasse aufgegeben werden soll. 3die klägerin ist eigentümerin des mit einem mehrfamilienhaus bebauten grundstücks gemarkung g. , g1. 4, g2. 381 (s.--------straße 205). die beigeladenen sind gemeinsam eigentümer des unmittelbar (süd-)östlich an das klägerische grundstück angrenzenden grundstücks gemarkung g. , g1. 4, g2. 297 (s.--------straße 207). das erdgeschoss des auf diesem grundstück befindlichen gebäudes wird für den betrieb einer gaststätte genutzt („m. “). beide grundstücke befinden sich im geltungsbereich des bebauungsplanes o. . 42/75 „g3. am i.---weg “, der letztlich für beide grundstücke ein reines wohngebiet festsetzt. 4im jahre 2012 erteilte die beklagte auf antrag der voreigentümer des grundstücks der beigeladenen eine baugenehmigung zur „nutzungsänderung einer grundstücksteilfläche und errichtung einer außengastronomie mit 21 sitzplätzen“. daraufhin errichteten die voreigentümer des grundstücks der beigeladenen auf einer teilfläche ihres grundstücks, die zuvor für das abstellen von abfallentsorgungstonnen genutzt worden war, eine außenterrasse, die zum zwecke der außengastronomie genutzt wurde. 5gegen diese baugenehmigung erhob die klägerin am 2. juni 2014 klage. mit urteil vom 00.00.0000 (b. .: k /) hob das erkennende gericht die baugenehmigung für die außenterrasse auf mit der begründung, eine außengastronomie sei nach dem – wirksamen – bebauungsplan unzulässig, da eine solche nutzung in einem reinen wohngebiet nicht gebietsverträglich sei. 6im dezember 2015 sowie im frühjahr 2016 wandte sich der vater der klägerin, herr m. , in ihrem namen mehrfach an die beklagte und forderte sie unter verweis auf das urteil der erkennenden kammer auf, gegenüber den voreigentümern des grundstücks der beigeladenen den rückbau der außenterrasse anzuordnen. die beklagte erwiderte jeweils schriftlich, dass für die anordnung des gewünschten rückbaus kein anlasse bestehe, weil die voreigentümer des grundstücks der beigeladenen ohnehin den abriss der außenterrasse angekündigt hätten und im übrigen herr m. trotz mehrfacher aufforderung keine schriftliche vollmacht der klägerin vorgelegt habe und insoweit keine auskünfte erhalten dürfe. 7herr m. hat im namen der klägerin am 31. dezember 2019 klage erhoben. zur begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die terrasse werde weiterhin – etwa von rauchenden gästen der gaststätte – illegal genutzt. durch die so entstehenden lärmauswirkungen habe es die klägerin schwer, ihre wohnungen auf ihrem grundstück zu vermieten. da die beklagte trotz aufforderung nicht reagiert habe und ein rückbau der terrasse nicht erfolgt sei, sei klage geboten. 8herr m. beantragt im namen der klägerin (schriftsätzlich), 9die beklagte zu verurteilen, den beigeladenen aufzuerlegen, die errichtete außengastronomie auf dem grundstück s1. . 205 (gemarkung g. , g1. 4, g2. 297), bis zum 30. märz 2021 zurückzubauen, 10sowie die beklagte für den fall der zuwiderhandlung zur zahlung eines ordnungsgeldes in höhe von 250.000,- euro zu verurteilen. 11die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 12die klage abzuweisen. 13zur begründung führt sie im wesentlichen aus, die klage sei bereits unzulässig. die klägerin habe bei ihr zuvor nicht den erforderlichen antrag gestellt, weil herr m. keinen nachweis über eine vollmacht vorgelegt habe. im übrigen fehle es in ermangelung einer verletzung eines subjektiv-öffentlichen rechts der klägerin an der begründetheit der klage. unabhängig davon, dass die außengastronomie weiterhin nicht genutzt werde, wäre eine abrissverfügung unverhältnismäßig, da die drittschutzrelevante störung – wenn überhaupt – von der nutzung der terrasse, nicht aber von ihrem baukörper ausgehe. 14die beigeladenen stellen keinen antrag. 15gegen die klage bringen sie im wesentlichen vor, die existenz der terrasse begründe keinen verstoß gegen die klägerin schützende vorschriften. dies bereits deshalb, weil die terrasse genehmigungsfrei sei. im übrigen werde die terrasse nicht mehr genutzt, zumal sie weder bestuhlt noch mit tischen versehen sei. gäste hielten sich lediglich zum rauchen auf der terrasse auf. 16die kammer hat die sache mit beschluss vom 13. januar 2021 auf den berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. die beteiligten haben schriftsätzlich auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 17für weitere einzelheiten zum sach- und streitstand wird auf die gerichtsakte sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 18
19der vor dem hintergrund des gerichtlichen beschlusses vom 13. januar 2021 gemäß § 6 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zuständige einzelrichter entscheidet ohne vorherige mündliche verhandlung, nachdem die beteiligten sich hiermit wirksam einverstanden erklärt haben (§ 101 abs. 2 vwgo). 20die klage hat keinen erfolg. sie ist bereits unzulässig, weil die von herrn m. im namen der klägerin vorgenommenen prozesshandlungen mangels hinreichender bevollmächtigung (dazu i.) der klägerin nicht zurechenbar sind und insoweit die zulässigkeit der klage zu verneinen ist (dazu ii.). 21i. 22es fehlt zunächst an einer ordnungsgemäß nachgewiesenen bevollmächtigung des herrn m. , der insoweit als vollmachtloser vertreter zu behandeln ist. nach § 67 abs. 2 satz 2 o. . 2 vwgo können sich beteiligte vor dem verwaltungsgericht durch ein volljähriges familienmitglied – wozu herr m. als vater der klägerin unzweifelhaft gehört – vertreten lassen. die von einem vertreter vorgenommenen prozesshandlungen sind allerdings nur dann wirksam und der vertretenen person zurechenbar, wenn eine ordnungsgemäße bevollmächtigung erfolgt ist. zwar bedarf die erteilung der vollmacht an sich keiner bestimmten form, sie kann mithin auch etwa mündlich erfolgen. allerdings ist die bevollmächtigung nach § 67 abs. 6 satz 1 vwgo schriftlich dem gericht nachzuweisen. 23vgl. czybulka/siegel, in: sodan/ziekow (hrsg.), vwgo, 5. auflage 2018, § 67 rn. 60 ff. m.w.n.; aus der rechtsprechung etwa vg köln, gerichtsbescheid vom 23. april 2020 – 3 k 777/19 –, juris. 24einen mangel der vollmacht bzw. des entsprechenden nachweises hat das gericht nach § 67 abs. 6 satz 4 vwgo auch von amts wegen in jedem verfahrensstadium zu berücksichtigen. etwas anderes gilt nach selbiger vorschrift nur für den – hier nicht vorliegenden – fall der vertretung durch einen zugelassenen rechtsanwalt bzw. einer zugelassenen rechtsanwältin. 25vor diesem hintergrund hat das gericht auch in diesem stadium zu prüfen, ob die klägerin ihren vater tatsächlich ordnungsgemäß bevollmächtigt hat und eine entsprechende vollmacht schriftlich nachgewiesen worden ist. dem ist hier aber nicht so. zwar hat herr m. auf verlangen des gerichts eine schriftliche vollmacht vorgelegt. diese vermag aber keine ordnungsgemäße bevollmächtigung nachzuweisen. denn bei dem schriftstück handelt es sich letztlich um die vollmacht aus den vorangegangenen verfahren aus dem jahr 2014 (), die lediglich – angesichts der handschrift offenkundig von herrn m. selbst – um das aktenzeichen des hiesigen verfahrens handschriftlich ergänzt worden ist. insoweit muss das gericht davon ausgehen, dass die klägerin ihren vater für das aktuelle verfahren nicht bevollmächtigt hat. denn sie kann ihn am 25. mai 2014 nicht bereits für ein konkret mit aktenzeichen benanntes gerichtsverfahren aus dem jahr 2019 bevollmächtigt haben. 26daran ändert auch der umstand nichts, dass die rechtsprechung blankettvollmachten, die erst nachträglich vom vertreter ausgefüllt und konkretisiert werden, für eine hinreichende bevollmächtigung genügen lässt. 27vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), beschluss vom 16. august 1983 – 1 cb 19.81 –, juris; hartung/schramm, in: posser/wolff (hrsg.), vwgo, stand: januar 2021, § 67 rn. 70. 28denn vorliegend handelt es sich gerade nicht um eine blankettvollmacht. unter einer solchen versteht man nämlich eine vom vertretenen lediglich unterschriebene, im übrigen aber nicht ausgefüllte bzw. konkretisierte vollmacht, bei der die konkretisierung gerade erst im nachhinein durch den vertreter erfolgt. im vorliegenden fall ist dem gericht aber eine bereits vollständig ausgefüllte und gerade um das aktuelle verfahren ergänzte vollmacht vorgelegt worden. anders als bei der blankettvollmacht, bei der der vertretene in ermangelung vorhandener angaben in der vollmacht sicher weiß, dass die konkretisierungen später durch den vertreter erfolgen, und demzufolge sich offensichtlich mit einer nachträglichen ergänzung einverstanden erklärt, kann aufgrund der bereits vorhandenen vollständigen angaben nicht davon ausgegangen werden, dass die klägerin weiß oder sich damit einverstanden erklären wollte, dass ihr damaliger prozessbevollmächtigte diese vollmacht später um weitere verfahren ergänzt. vielmehr war die vollmacht bislang auf die verfahren aus dem jahr 2014 bezogen und insoweit vollständig ausgefüllt. nachträgliche erweiterungen können insoweit nicht als von der 2014 geleisteten unterschrift der klägerin gedeckt angesehen werden. 29schließlich ist auch eine nachträgliche heilung des mangels der vollmacht nicht eingetreten. 30ii. 31aus der mangelhaften bevollmächtigung folgt die unzulässigkeit der klage. denn die fehlende bevollmächtigung hat nach zutreffender gefestigter rechtsprechung zur folge, dass sämtliche vom vollmachtlosen vertreter vorgenommenen prozesshandlungen der angeblich vertretenen person nicht zugerechnet werden. gleichwohl ist die scheinbar vertretene person als prozessbeteiligter zu behandeln (mit der folge etwa, dass sie hier als „klägerin“ geführt wird), weil der vollmachtlose vertreter in ihrem namen gehandelt hat. der vollmachtlose vertreter wird aber insoweit durch die mangelhafte bevollmächtigung nicht selbst beteiligter. daher ist der vollmachtlose vertreter zurückzuweisen und die klage als unzulässig abzuweisen, da die – insoweit scheinbar – klagende person selbst keine (wirksame) prozesshandlung vorgenommen hat, es mithin an einer ordnungsgemäßen klageerhebung mangelt. 32vgl. dazu bverwg, beschlüsse vom 20. september 1974 – iii cb 54.71 –, juris, und vom 25. september 2006 – 8 kst 1.06 –, juris; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 24. april 2017 – 4 a 879/14 –, juris. 33daran ändert nichts, dass der nachweis der vollmacht nach § 67 abs. 6 satz 2 vwgo nachgereicht werden kann, wofür das gericht auch eine frist setzen kann. mit gerichtlicher verfügung vom 16. februar 2021 wurde herr m. nämlich aufgefordert, die prozessvollmacht binnen zwei wochen einzureichen. dabei kann auch offenbleiben, ob die gerichtliche verfügung unter beachtung der voraussetzungen des § 56 vwgo erfolgen muss. 34vgl. etwa bundesfinanzhof (bfh), beschluss vom 12. februar 1999 – iii b 29/98 –, juris. 35denn nach – überzeugender – höchstrichterlicher rechtsprechung handelt es sich bei der frage, ob eine frist für das einreichen des schriftlichen nachweises der bevollmächtigung gesetzt wird, um ein im ermessen des gerichts stehenden aspekt. insoweit kann die klage auch dann als unzulässig abgewiesen werden, wenn keine konkrete frist zum einreichen der vollmacht gesetzt worden ist. der grundsatz des rechtlichen gehörs gebietet dann allerdings, dass dem betroffenen die notwendigkeit der vorlage des nachweises einer bevollmächtigung bewusst gemacht wird – wofür das reine anfordern der vollmacht aber genügt – und dem betroffenen hinreichend zeit und gelegenheit gegeben wird, den mangel der bevollmächtigung zu heilen. liegen diese voraussetzungen vor, ist die klage als unzulässig abzuweisen; ein nachreichen der ordnungsgemäßen vollmacht ist dann auch im rechtsmittelverfahren nicht mehr möglich. 36vgl. bverwg, urteil vom 22. januar 1985 – 9 c 105.84 –, juris; schenk, in: schoch/schneider (hrsg.), vwgo, 31. lieferung 2016, § 67 rn. 98 f.; czybulka/siegel, in: sodan/ziekow (hrsg.), vwgo, 5. auflage 2018, § 67 rn. 70; vgl. zur ausgeschlossenen heilungsmöglichkeit in der rechtsmittelinstanz auch gemeinsamer senat der obersten gerichtshöfe des bundes (gms-ogb), beschluss vom 17. april 1984 – gms-ogb 2/83 –, juris. 37so liegt die sache hier. mit verfügung vom 16. februar 2021 wurde vom gericht die vollmacht angefordert. vor dem hintergrund, dass herr m. bereits mit schreiben vom 23. februar 2021 reagiert hat und seitdem zusätzlich mehr als drei wochen vergangen sind, bestand letztlich hinreichend zeit, eine ordnungsgemäße bevollmächtigung nachzuweisen. angesichts der gerichtlichen verfügung muss ihm auch klar gewesen sein, dass eine nicht ordnungsgemäße vollmacht entsprechende konsequenzen mit sich bringt. 38iii. 39die kosten des verfahrens trägt nach gefestigter rechtsprechung im falle fehlender oder mangelhafter bevollmächtigung derjenige, der klage im fremden namen erhoben hat, hier mithin herr m. als vollmachtloser vertreter selbst. denn dieser hat letztlich den prozess veranlasst. eine ausnahme von diesem grundsatz, wenn der vertretene selbst die vollmachtlose vertretung veranlasst hat, liegt hier nicht vor, weil die ergänzung der aus dem jahre 2014 stammenden vollmacht offenkundig durch herrn m. selbst und nicht von der klägerin vorgenommen worden ist, herr m. den mangel der bevollmächtigung mithin kannte. 40vgl. bverwg, beschluss vom 19. november 2002 – 7 b 104.02 –, juris; rennert, in: eyermann (hrsg.), vwgo, 15. aufl. 2019, § 158 rn. 2 m.w.n.; neumann/schaks, in: sodan/ziekow (hrsg.), vwgo, 5. auflage 2018, § 154 rn. 31 ff. 41die außergerichtlichen kosten der beigeladenen sind dabei allerdings diesen selbst aufzuerlegen. gemäß § 162 abs. 3 vwgo hat das gericht über die außergerichtlichen kosten der beigeladenen nach billigkeit zu entscheiden. es entspricht hierbei der billigkeit, die außergerichtlichen kostend der beigeladenen diesen selbst aufzuerlegen, da sie keinen antrag gestellt und sich insoweit nicht dem allgemeinen kostenrisiko unterworfen haben (vgl. § 154 abs. 3 vwgo). 42die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 o. . 11, 709 satz 2, 711 zpo.
Verklagte*r
0
334,422
4 A 1992/16
"2020-12-14T00:00:00"
Beschluss
Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11.8.2016 geändert und der Bescheid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 11.3.2014 aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die teilweise Rückforderung einer Zuwendung, die der Klägerin im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (nachfolgend: BMBF) ausgegebenen Förderprogramms „Mikrosysteme 2004 - 2009“ gewährt worden ist. 3Auf Antrag bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 9.1.2007 eine nicht rückzahlbare Zuwendung im Wege der Anteilfinanzierung in Höhe von 54,00 v. H. der tatsächlich entstehenden, auf Grund einer Nachkalkulation zu ermittelnden zuwendungsfähigen Selbstkosten, höchstens jedoch 402.462,00 Euro für das Verbundprojekt „Q. “. Dabei wollte die Klägerin in der Zusammenarbeit mit zwei weiteren Verbundpartnern ein Testsystem zur Diagnose von mikrobiell verursachten Erkrankungen entwickeln, das direkt vom Zahnarzt in der eigenen Praxis eingesetzt werden kann. Der Bewilligungszeitraum wurde zunächst auf die Zeit vom 1.2.2007 bis zum 31.12.2009 festgelegt und mit Änderungsbescheid vom 17.11.2009 bis zum 30.6.2010 verlängert. Die dem Zuwendungsbescheid beigefügten Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF – NKBF 98 – (Stand: April 2006) wurden nach Maßgabe der im Bescheid genannten Bestimmungen zum Bestandteil des Bescheids erklärt. Die Kosten waren nach dem pauschalierten Verfahren gemäß Nr. 5.6 NKBF 98 abzurechnen. Die Verwendung der Zuwendung war spätestens mit Ablauf des sechsten auf den Bewilligungszeitraum folgenden Monats dem Zuwendungsgeber nachzuweisen, Nr. 19.1 Satz 1 NKBF 98. 4Die Beklagte bevollmächtigte die W. GmbH als Projektträger, die Zuwendung im Namen und für Rechnung des BMBF abzuwickeln und im Rahmen der BMBF-Regelungen die hierzu erforderlichen Rechtshandlungen selbständig vorzunehmen. 5Der Zuwendungsbescheid enthielt den Hinweis, dass die Zuwendung erst ausgezahlt werden könne, wenn der Bescheid nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bestandskräftig geworden sei und alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Klägerin könne die Bestandskraft des Zuwendungsbescheids vorher herbeiführen, wenn sie auf der beiliegenden Empfangsbestätigung erkläre, dass sie auf einen Rechtsbehelf verzichte. Die Klägerin sandte die „Empfangsbestätigung“, die unter anderem den Satz „Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs“ enthielt, von ihrem Geschäftsführer unterschrieben an den Projektträger zurück. 6Mit Schreiben vom 29.6.2010 forderte der Projektträger die Klägerin auf, den Verwendungsnachweis bis zum Jahresende einzureichen. Daraufhin übermittelte die Klägerin im August 2010 zunächst eine Kostenrechnung für das erste Quartal 2010. Sie erklärte, ihre Abrechnung sei damit abgeschlossen, weil bereits jetzt der Bundesanteil die verfügbaren Mittel übersteige. Sie fragte an, ob sie für das zweite Quartal 2010 noch eine „Null-Kostenabrechnung“ vorlegen müsse. Die Klägerin übersandte die Abschlussunterlagen für das geförderte Projekt, darunter den Verwendungsnachweis, dem Projektträger unter dem 24.12.2010. Der Projektträger wies die Klägerin mit Schreiben vom 14.1.2011 darauf hin, dass der vorgelegte Verwendungsnachweis unvollständig sei, insbesondere Dokumente zu den Personalkosten fehlten. Er gab ihr Gelegenheit, diese bis zum 21.1.2011 nachzureichen, andernfalls werde der Verwendungsnachweis auf Basis der vorliegenden Unterlagen geprüft. Mit Schreiben vom 20.1.2011, eingegangen am 24.1.2011, legte die Klägerin Berechnungen der Jahresstundensätze für die Monate Januar bis März 2010 vor. Sie erklärte, dass ihre Mitarbeiter teilweise auch noch in den Folgemonaten an dem Projekt gearbeitet hätten. Da die Zuschüsse jedoch bereits erschöpft gewesen seien, habe sie insoweit auf eine Abrechnung verzichtet. Sollte dies noch gewünscht sein, könne die Klägerin sie gerne erstellen. 7Mit Schreiben vom 21.7.2011 übermittelte der Projektträger der Klägerin einen Bescheid der Beklagten vom 29.6.2011, wonach die Prüfung des Verwendungsnachweises – vorbehaltlich der Prüfung durch weitere Prüfungsinstanzen (z. B. Bundesrechnungshof, Landesrechnungshof, Rechnungsprüfungsamt, Preisüberwachungsstelle) – keine Beanstandungen ergeben habe. Als zuwendungsfähige Gesamtausgaben seien 768.614,68 Euro anerkannt, so dass der Bundesanteil (54,00 v. H.) grundsätzlich 415.051,93 Euro betrage. Angesichts von bereits ausgezahlten Bundesmitteln in Höhe von 399.772,79 Euro habe sich im Hinblick auf den nach dem Zuwendungsbescheid höchstens auszuzahlenden Bundesanteil in Höhe von 402.462,00 Euro ein zuwendungsfähiger Fehlbetrag in Höhe von 2.689,21 Euro ergeben, der zwischenzeitlich durch Überweisung ausgeglichen worden sei. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid wurde der Klägerin zusammen mit einem Vordruck „Empfangsbestätigung“ übermittelt, der demjenigen zum Zuwendungsbescheid vom 9.1.2007 entsprach und ebenfalls eine Rechtsbehelfsverzichtserklärung enthielt. Die Klägerin sandte diese „Empfangsbestätigung“ von ihrem Geschäftsführer unterschrieben an den Projektträger zurück. 8Der Projektträger ersuchte die Bezirksregierung Münster (nachfolgend: Bezirksregierung) anschließend mit der Kostenprüfung. Diese kam in ihrem Kostenprüfungsbericht vom 23.1.2014 zu dem Ergebnis, dass sich die Gesamtkosten des Projekts auf 708.276,24 Euro beliefen und nicht wie von der Klägerin im Verwendungsnachweis angegeben auf 782.530,54 Euro oder wie vom Projektträger berechnet auf 768.614,68 Euro. Ursache für die nach der Prüferkalkulation festgestellten geringeren Gesamtkosten des Projekts seien im Wesentlichen Abweichungen bei den Personalkosten. Die Klägerin sei vom Gesamt-Brutto anstatt vom steuerpflichtigen Bruttoentgelt ausgegangen, im Jahr 2010 habe sie 48 vorhabenbezogene Stunden zu viel aufgeschrieben und in den Jahren 2009 und 2010 habe sie bei einigen Mitarbeitern deutlich höhere Jahresgehälter angesetzt als in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesen. Ausweislich des Prüfberichts fand die Kostenprüfung vom 20.1. bis 23.1.2014 mit einer Schlussbesprechung am 23.1.2014 statt. Auskunftspersonen der Klägerin waren ihr Geschäftsführer und ihre Buchhalterin. 9Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 11.3.2014 unter Bezugnahme auf ihren Bescheid vom 29.6.2011 über die Prüfung des Verwendungsnachweises und den Kostenprüfungsbericht der Preisüberwachungsstelle vom 23.1.2014 mit, „aufgrund des o. a. Prüfungsberichts ergibt sich – vorbehaltlich weiterer Prüfungen – folgende endgültige Berechnung“. Ausgehend von anzuerkennenden Selbstkosten in Höhe von 708.276,24 Euro berechnete sie einen Bundesanteil in Höhe von 382.469,17 Euro. Angesichts der bereits in Höhe von 402.462,00 Euro ausgezahlten Bundesmittel forderte sie die Klägerin auf, den entstandenen Differenzbetrag in Höhe von 19.992,83 Euro unverzüglich zurückzuüberweisen. Nach Eingang der Rückzahlung werde eine gesonderte Zinsberechnung übersandt. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid wurde der Klägerin unter dem 12.3.2014 vom Projektträger mit der Bitte zugesandt, die beigefügte Empfangsbestätigung, die dem auch zuvor verwendeten Vordruck einer Empfangsbestätigung glich, umgehend zurückzureichen. In dem mit „Empfangsbestätigung“ in Fettdruck überschriebenen Vordruck, der oben rechts mit dem fett gedruckten Zusatz „Bitte sofort zurücksenden!“ versehen war, hieß es: 10„Hiermit bestätige ich, dass ich den Vermerk zum Verwendungsnachweis (nach Prüfung durch die Preisüberwachungsstelle) 11Förderungskennzeichen: 16SV3325 12am _________ erhalten habe. 13Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs. 14__________________, den 15___________________________ 16(Rechtsverbindliche Unterschrift)“ 17Der Geschäftsführer der Klägerin trug als Empfangsdatum den 17.3.2014 ein, unterschrieb unter dem 20.3.2014 im Unterschriftsfeld und sandte die „Empfangsbestätigung“ an den Projektträger zurück. 18Die Klägerin hat gegen den Rückforderungsbescheid Klage erhoben. 19Sie hat dem Einwand der Beklagten widersprochen, die Klage sei unzulässig. Sie habe keinen wirksamen Rechtsbehelfsverzicht erklärt. Ein solcher müsse angesichts seiner prozessualen Tragweite unter Anlegung eines strengen Maßstabs eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich sein. Der Klägerin bzw. ihrem Geschäftsführer sei jedoch erstmals durch den Klageerwiderungsschriftsatz der Beklagten aufgefallen, dass die Empfangsbestätigung den Passus „Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs“ enthalte. Bis dahin sei sie davon ausgegangen, dass es sich bei dem unterschriebenen Dokument ausschließlich um eine Empfangsbestätigung gehandelt habe. Die fett gedruckte Überschrift „Empfangsbestätigung“ führe den Leser in die Irre, was durch den Zusatz „bitte sofort zurücksenden!“ verstärkt werde. 20Die Klage sei auch begründet, weil die dem Rückforderungsbescheid zu Grunde liegende Berechnung der Personalkosten für das Jahr 2010 unrichtig sei. Zwar habe sie, die Klägerin, – wie in dem Prüfbericht von der Bezirksregierung festgestellt – die Personalkosten abweichend von den Zuwendungsbedingungen irrtümlich nicht mit dem steuerpflichtigen Bruttoentgelt, sondern mit dem Gesamt-Brutto berechnet. Unabhängig davon beliefen sich die förderfähigen und angemeldeten Personalkosten für die Monate Januar bis März 2010 aber auf 53.439,83 Euro und nicht – wie die Beklagte angenommen habe – auf 38.846,61 Euro. Damit habe die Beklagte schon 7.880,34 Euro zu viel [(53.439,83 Euro - 38.846,61 Euro) / 100 x 54] zurückgefordert. Aber auch der noch verbliebene Rückforderungsanspruch bestehe nicht. Die während der Förderzeit für die Monate April, Mai und Juni 2010 angefallenen Personalkosten seien von der Beklagten zu Unrecht nicht in die förderfähigen Kosten einbezogen worden. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie, die Klägerin, die entsprechenden Nachweise erst im Klageverfahren nachgereicht habe. Aus ihrem Schreiben vom 20.1.2011 ergebe sich, dass sie von der Beklagten einen Hinweis erwartet habe, ob es sinnvoll sei, die Stundennachweise für die Monate April bis Juni 2010 einzureichen. Eine entsprechende Hinweispflicht folge aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden öffentlichen Rechtsverhältnis. Die demnach für das Jahr 2010 insgesamt zu berücksichtigenden Personalkosten in Höhe von 80.797,02 Euro begründeten einen Zuwendungsanspruch in Höhe von 43.630,39 Euro. Die Differenz zu den von der Beklagten für 2010 in Höhe von 20.977,17 Euro anerkannten Personalkosten übersteige den Rückforderungsbetrag. 21Die Klägerin hat beantragt, 22den Bescheid der Beklagten vom 11.3.2014 aufzuheben. 23Die Beklagte hat beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Sie hat geltend gemacht: Der Rückforderungsbescheid sei bestandskräftig, weil die Klägerin gegenüber der Beklagten einen wirksamen Rechtsbehelfsverzicht erklärt habe. Ein Rechtsbehelfsverzicht müsse nicht in einer gesonderten Erklärung aufgeführt sein, sondern könne in eine Empfangsbestätigung integriert werden. Die Klägerin sei von dem Rechtsbehelfsverzicht auch nicht überrascht worden. Der entsprechende Vordruck sei ihr im Zusammenhang mit den vorherigen Bescheiden und aus anderen Förderprojekten der Beklagten, bei denen der gleiche Vordruck genutzt werde, hinreichend bekannt gewesen. 26Ungeachtet dessen wäre die Klage auch unbegründet. Die angefallenen Personalkosten seien zutreffend berechnet worden. Die Klägerin lege bei der Berechnung der Personaleinzelkosten für das Jahr 2010 irrtümlich die anteiligen Gehälter für die Monate Januar bis März 2010 zu Grunde und berechne hierauf beruhend die jeweiligen Stundensätze. Dies widerspreche jedoch den Vorgaben der NKBF 98. Die Beklagte habe sämtliche prüffähigen Unterlagen berücksichtigt, die fristgerecht beim Projektträger eingegangen gewesen seien. Nach den NKBF 98 treffe den Zuwendungsempfänger die Pflicht, für die Einreichung der Belege über seine entstandenen Kosten Sorge zu tragen. Die Klägerin habe im Schreiben vom 20.1.2011 auch nicht der Beklagten die Frage gestellt, ob die Stundennachweise für April, Mai und Juni 2010 noch vorgelegt werden müssten. Vielmehr habe sie deutlich gemacht, auf die Abrechnung für diese Monate zu verzichten, und die Stundennachweise nur, sofern gewünscht, noch vorlegen zu können. 27Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin habe durch ihre schriftliche Erklärung vom 20.3.2014 ausdrücklich, eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie auf die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen den Bescheid vom 11.3.2014 verzichte. Die auf einem Vordruck der Beklagten vorgesehene Verzichtserklärung habe bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise nicht überlesen werden können. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin bereits in zwei Fällen zuvor gleichlautende Erklärungen unterschrieben habe. Einer gesonderten Erklärung des Rechtsbehelfsverzichts habe es nicht bedurft. § 354 Abs. 2 Satz 1 AO finde keine Anwendung. Ein derartiger Rechtsbehelfsverzicht sei nur unwirksam, wenn er etwa durch Drohung, Täuschung oder sonstige unzulässige Beeinflussung herbeigeführt worden sei, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestünden. Der Klageverzicht sei auch nicht wegen einer Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB unwirksam. Sollte der Geschäftsführer der Klägerin bei Unterzeichnung der „Empfangsbestätigung“ den Satz zum Verzicht nicht gelesen haben, sei auszuschließen, dass er sich über den Inhalt und die Tragweite seiner Verzichtserklärung im Irrtum befunden habe (Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Jedenfalls habe die Klägerin die Anfechtung nicht unverzüglich im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB erklärt. Zwischen dem Klageerwiderungsschriftsatz der Beklagten vom 4.8.2014 und der konkludenten Anfechtungserklärung im Schriftsatz der Klägerin vom 24.9.2014 hätten mehr als sechs Wochen gelegen. 28Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens geltend: Durch die Aussage ihres Geschäftsführers und die fristgerechte Klageerhebung werde belegt, dass sie nicht auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs habe verzichten wollen. Selbst wenn ein Rechtsbehelfsverzicht, der durch ein Empfangsbekenntnis an versteckter Stelle erklärt werde, bei begünstigenden Bescheiden zulässig wäre, müsse für in die Rechte des Adressaten eingreifende Rückforderungsbescheide etwas anderes gelten. Der von der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen verwendete Vordruck sei in entsprechender Anwendung der Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, weil der darin enthaltene Rechtsbehelfsverzicht überraschend sei. Jedenfalls sei es angesichts der Gestaltung der Empfangsbestätigung und der fehlenden Belehrung über Bedeutung und Tragweite des Rechtsbehelfsverzichts treuwidrig und arglistig, sich auf den Rechtsbehelfsverzicht zu berufen. Die Klage sei auch begründet, weil die Fördersumme erreicht werde. Insoweit werde auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag einschließlich der Beweisantritte Bezug genommen. 29Die Klägerin beantragt, 30das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11.8.2016 zu ändern und den Bescheid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 11.3.2014 aufzuheben. 31Die Beklagte beantragt, 32die Berufung zurückzuweisen. 33Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht im Wesentlichen geltend: Die unterschriebene Erklärung „Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs“ sei hinsichtlich ihres Erklärungsinhalts – auch für den juristischen Laien – nicht missverständlich, sondern eindeutig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme es auf die konkrete Lage des Falles und die Möglichkeit des Rechtsbehelfsberechtigten an, den Umfang des Verzichts zu erkennen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise sei der Rechtsbehelfsverzicht vorliegend nicht zu übersehen gewesen. Hierfür sprächen die räumliche Trennung des Rechtsbehelfsverzichts durch Absatz und Leerzeichen, die Verortung der Passage unmittelbar vor der Unterschrift, der überschaubare Aussagegehalt auf einer DIN-A4-Seite, die nicht überraschende und nicht überrumpelnde Erklärungssituation auf schriftlichem Wege sowie die Vorbefassung der Klägerin mit dem gleichen Vordruck. Dass sich der Geschäftsführer der Klägerin für die Durchsicht des Textes der Empfangsbestätigung tatsächlich auch Zeit genommen habe, lege der zeitliche Ablauf nahe. Als Eingangsdatum sei der 17.3.2014 auf der Empfangsbestätigung eingetragen und als Unterschriftsdatum der 20.3.2014 aufgeführt. Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet. Der rechtzeitige Nachweis von Belegen sei gemäß der NKBF 98 eine zwingende Obliegenheit des Zuwendungsempfängers. Auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag – einschließlich der Beweisangebote – werde insofern verwiesen. 34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (ein Band) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (ein Ordner mit vier Heftern) Bezug genommen. 35Entscheidungsgründe: 36Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II.). 37I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat insbesondere nicht wirksam auf die Erhebung der Klage verzichtet (dazu 1.). Im Übrigen könnte sich die Beklagte vorliegend auch nicht auf einen Klageverzicht berufen (dazu 2.). 381. Die Klägerin hat mit der Unterschrift ihres Geschäftsführers auf der Empfangsbestätigung für den angefochtenen Rückforderungsbescheid vom 11.3.2014 nicht wirksam auf einen Rechtsbehelf verzichtet. 39Nach den gemäß den §§ 133, 157 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen auch im öffentlichen Recht geltenden Maßstäben ist bei der Auslegung einer empfangsbedürftigen Erklärung nicht auf den inneren Willen der erklärenden Person, sondern darauf abzustellen, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben erkennbar wird. 40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.7.2018 – 6 B 75.17 –, Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 201 = juris, Rn. 8, sowie Urteile vom 27.6.2012 – 9 C 7.11 –, BVerwGE 143, 222 = juris, Rn. 11, 18, und vom 12.12.2001 – 8 C 17.01 –, BVerwGE 115, 302 = juris, Rn. 40; OVG NRW, Beschluss vom 17.1.2019 – 4 E 779/18 –, juris, Rn. 10 f., m. w. N. 41Ein den Erlass eines Sachurteils ausschließender Klageverzicht ist darüber hinaus nur dann beachtlich, wenn er sich angesichts seiner prozessualen Tragweite ‒ unter Anlegung eines strengen Maßstabs ‒ als eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich darstellt. 42Vgl. BVerwG, Urteile vom 27.2.2002 – 8 C 20.01 –, Buchholz 428 § 31 VermG Nr. 9 = juris, Rn. 17, vom 18.5.1990 – 8 C 40.88 –, Buchholz 448.11 § 24 ZDG Nr. 8 = juris, Rn. 10 ff., und vom 28.4.1978 ‒ VII C 50.75 ‒, BVerwGE 55, 355 = juris, Rn. 13. 43Dies kann aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers nur dann angenommen werden, wenn für ihn die Erklärung hinreichend bestimmt und für ihn zweifelsfrei erkennbar ist, dass der Verzichtende sich der Bedeutung eines Rechtsbehelfsverzichts bewusst war. 44Ähnlich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.2.2002 – 11 S 2734/01 –, InfAuslR 2002, 289 = juris, Rn. 14, unter Hinweis unter anderem auf BVerwG, Urteil vom 18.5.1990 – 8 C 40.88 –, NVwZ-RR 1990, 581 = juris, Rn. 12. 45Daran fehlt es. Der Empfänger der zurückgesandten Empfangsbestätigung konnte den darin mitunterschriebenen Satz „Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs“ unter der gebotenen Berücksichtigung seines Kontexts und der Interessenlage der Beteiligten nicht eindeutig, unmissverständlich und unzweifelhaft als einen dem Erklärenden in seiner Bedeutung bewussten Rechtsbehelfsverzicht verstehen. 46Zwar lässt der in der Empfangsbestätigung enthaltene Satz „Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs“ isoliert betrachtet angesichts seines eindeutigen Wortlauts auf einen Klageverzicht schließen. Jedoch begründen sowohl der textliche Rahmen dieser Erklärung als auch die übrigen Umstände unter Anlegung des gebotenen strengen Maßstabs ausreichende Zweifel daran, dass ein Unterzeichner einer derartigen Erklärung auf die Erhebung der Klage gegen den ihn belastenden Bescheid in jedem Fall verzichten wollte. Der Unterzeichner, der den Empfang eines belastenden Verwaltungsakts bestätigt, erwartet in der Regel nicht, damit zugleich einen Rechtsbehelfsverzicht zu erklären. Dies gilt umso mehr, wenn er – wie hier – einerseits zur Möglichkeit der Klageerhebung belehrt wird, andererseits jedoch nicht auf den in der Empfangsbestätigung enthaltenen Rechtsbehelfsverzicht hingewiesen und über dessen Bedeutung und Tragweite aufgeklärt wird. Deshalb ist anhand der bloßen „rechtsverbindlichen“ Unterschrift unter der „Empfangsbestätigung“ für einen objektiven Empfänger nicht eindeutig erkennbar, ob sich der Erklärende auch darüber bewusst war, zugleich einen Rechtsbehelfsverzicht zu erklären, oder ob er lediglich den Empfang des Bescheids bestätigen wollte und die weitergehende Verzichtserklärung möglicherweise übersehen hat. 47Siehe zu ähnlichen FallkonstellationenVG Karlsruhe, Urteil vom 6.3.2014 ‒ 2 K 1932/13 ‒, InfAuslR 2015, 14 = juris, Leitsatz 2, Rn. 25; LVG Hamburg, Urteil vom 14.1.1955 ‒ IXa VG L 875/54 ‒, DVBl. 1955, 265. 48Die Möglichkeit, dass der Verzicht vom Erklärenden übersehen und nicht gewollt gewesen sein könnte, liegt für den Empfänger besonders nahe, wenn er – wie hier die Beklagte – die eine Rechtsbehelfsverzichtserklärung enthaltene Empfangsbestätigung selbst vorformuliert hat. Denn der Verwender eines solchen Vordrucks muss in Rechnung stellen, dass die Rechtsbehelfsverzichtserklärung den Erklärenden nach den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten würde. Im Rechtsverkehr ist auch für einen Unternehmer nicht ohne Weiteres damit zu rechnen, dass im Auftrag einer Behörde eine solche Erklärung vorformuliert abverlangt wird. Nach dem Rechtsgedanken aus dem § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB, der nach § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet, war hier eine solche Verzichtserklärung mit dem wesentlichen Grundgedanken des gesetzlich eingeräumten Klagerechts sowie mit dem Zweck eines auf einen belastenden Verwaltungsakt bezogenen vorformulierten Empfangsbekenntnisses jedenfalls deshalb nicht mehr zu vereinbaren, weil für ein mögliches Eigeninteresse des Erklärenden an einem Rechtsbehelfsverzicht oder gar für eine Gegenleistung der Behörde nichts ersichtlich war. 49Vgl. BAG, Urteil vom 6.9.2007 – 2 AZR 722/06 –, BAGE 124, 59 = juris, Rn. 17 ff., 29 ff., 34 ff., 37; zur Unwirksamkeit nach § 307 BGB eines nur nachteiligen formularmäßigen Verzichts auf die Wirkungen der Restschuldbefreiung nach § 1 InsO BGH, Urteil vom 25.6.2015 – IX ZR 199/14, NJW 2015, 2029 = juris, Rn. 7 ff. 50Auch vor dem Hintergrund dieser unangemessenen Benachteiligung des Erklärenden kann der Empfänger der unterschriebenen Empfangsbestätigung nicht eindeutig, unmissverständlich und unzweifelhaft davon ausgehen, dass der Erklärende sich des mitunterschriebenen Rechtsbehelfsverzichts in jedem Fall bewusst war. Vielmehr wäre damit zu rechnen gewesen, dass der Erklärende den Satz „Ich verzichte auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs“ durchgestrichen hätte, wenn er ihn bemerkt und richtig erfasst hätte. Unterlässt er dies hingegen, spricht aus objektiver Empfängersicht alles dafür, dass der Rechtsbehelfsverzicht entweder übersehen oder jedenfalls in seiner Bedeutung und Tragweite verkannt worden sein muss. Angesichts dessen ändert der Aufbau des Empfangsbekenntnisses mit dem durch Absatz und Leerzeichen räumlich abgesetzten Rechtsbehelfsverzicht nichts an der obigen Einschätzung. Nach dem oben bezeichnetem Erfordernis einer Erklärung, die sich aus Empfängersicht eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich als Rechtsbehelfsverzicht darstellt, ist ebenfalls unerheblich, ob die Klägerin bei Anwendung der bei Abgabe sonstiger Willenserklärungen im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den in der Empfangsbestätigung enthaltenen Rechtsbehelfsverzicht hätte erkennen können. 51Das von der Beklagten angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.1.1967 – VII C 191.64 –, BVerwGE 26, 50 = NJW 1967, 2027 stellt keinen abweichenden rechtsgrundsätzlichen Maßstab auf. Es betraf unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse einer Steuererhebung im Wege der Selbsterrechnung ausschließlich den Sonderfall, in dem durch einen Verzicht auf die Einlegung des Einspruchs ein förmlicher Steuerbescheid entbehrlich wird. Hierauf hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich in Abgrenzung zu seiner Rechtsprechung zu einem Rechtsmittelverzicht in einem Verwaltungsverfahren hingewiesen, für das die Zustellung einer mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Entscheidung vorgeschrieben ist. Durch diese soll eine Partei im Verwaltungsverfahren vor einem unklaren und übereilten Rechtsbehelfsverzicht wegen seiner großen Tragweite bewahrt werden. 52Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.6.1964 – IV C 105.63 –, DVBl. 1964, 874 f. = WKRS 1964, 11817, Rn. 13. 532. Unabhängig von dem Vorstehenden kann sich die Beklagte nach Treu und Glauben jedenfalls nicht auf den in der Empfangsbestätigung enthaltenen Klageverzicht berufen. 54Ein außerprozessual erklärter Rechtsbehelfsverzicht führt nicht unmittelbar zur Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs, sondern begründet lediglich eine Einrede, die im Prozess erhoben werden muss. 55Vgl. BGH, Beschluss vom 8.5.1985 ‒ IVb ZB 56/84 ‒, NJW 1985, 2334 = juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 18.1.2013 – 17 A 1537/12 –, juris, Rn. 5, VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.2.2002 – 11 S 2734/01 –, InfAuslR 2002, 289 = juris, Rn. 14. 56Nach dem als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben kann sich die Erhebung einer Einrede im Einzelfall als unzulässige Rechtsausübung darstellen. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2018 – 5 C 9.17 –, BVerwGE 163, 256 = juris, Rn. 9 f.; OVG NRW, Urteil vom 14.11.2012 – 1 A 1579/10 –, NWVBl. 2013, 137 = juris, Rn. 43. 58Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstößt es zwar für sich genommen nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Behörde bei Aushändigung eines Bescheids den Betroffenen dazu bewegt, auf die Einlegung von Rechtsmitteln zu verzichten, insbesondere wenn ein solcher Verzicht es der Behörde ermöglichen soll, einen Betrag an den Betroffenen alsbald auszuzahlen. Wie die Rechtslage zu beurteilen ist, wenn die Interessenlage hiervon grundverschieden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht hingegen ausdrücklich offen gelassen. 59Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.2.1957 – IV C 318.56 –, NJW 1957, 1374, 1375. 60Eine grundverschiedene Interessenlage im vorstehenden Sinne sowie eine treuwidrige unangemessene Benachteiligung liegen hier wie ausgeführt vor. Der Rechtsbehelfsverzicht sollte der Beklagten nicht ermöglichen, unmittelbar einen Geldbetrag auszuzahlen oder der Klägerin einen anderen Vorteil zu verschaffen. Er war vielmehr ohne ersichtliche „Gegenleistung“ mit einer Rückzahlungsforderung und damit einer belastenden Regelung für die Klägerin verbunden und auf einem primär als Empfangsbekenntnis dienenden Formular von der Beklagten eingeholt worden. 61Bei dieser Interessenlage erscheint es treuwidrig, sich auf einen Klageverzicht zu berufen, zumal wenn er dem Erklärenden ohne vorherige Belehrung über den Umfang und die Bedeutung des darin geforderten Verzichts in einer vorformulierten umfassenderen Formularerklärung für eine Empfangsbestätigung angetragen wird. 62Vgl. BVerwG, Urteil vom 8.2.1957 – IV C 318.56 –, NJW 1957, 1374, 1375. 63Vorliegend hat die Beklagte die durch keine Gründe zu rechtfertigende Gefahr hervorgerufen, dass die Klägerin einen für sie nur nachteiligen Rechtsbehelfsverzicht erklärt. Damit wird die Klägerin objektiv unangemessen benachteiligt, unabhängig davon, ob die Beklagte die Klägerin gezielt benachteiligen und ihr den Klageverzicht „unterschieben“ wollte. Durch die Aufforderung des Projektträgers in seinem Anschreiben zur Bescheidübermittlung, die Empfangsbestätigung umgehend zurückzureichen, und den entsprechenden Hinweis auf dem Vordruck selbst wird der Erklärende zumindest beeinflusst, die Empfangsbestätigung rasch zu unterschreiben und gleichsam ungewollt einen Rechtsbehelfsverzicht zu erklären. Im Unterschied zu dieser Aufforderung in Bezug auf die Empfangsbestätigung findet sich weder in dem Anschreiben noch im Rückforderungsbescheid geschweige denn in dem Vordruck der Empfangsbestätigung eine Belehrung, die den Betroffenen über Bedeutung und Tragweite des Rechtsbehelfsverzichts aufklärt. Stattdessen wird durch die dem Rückforderungsbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung vordergründig der Eindruck erweckt, es bestehe die Möglichkeit, den Rückforderungsbescheid binnen eines Monats anzufechten. Tatsächlich gibt die Empfangsbestätigung den Rechtsbehelfsverzicht ohne Weiteres vor. Sie gibt dem Erklärenden nicht einmal die Wahlmöglichkeit, den Rechtsbehelfsverzicht bewusst und ausdrücklich zu erklären oder hierauf zu verzichten. Darüber hinaus unterscheidet sich der Rückforderungsbescheid vom Zuwendungsbescheid nicht nur hinsichtlich seines abweichenden belastenden Charakters. Nur der Zuwendungsbescheid enthielt – den in diesem Zusammenhang sachlich gerechtfertigten – Hinweis, dass die Klägerin durch Erklärung des Rechtsbehelfsverzichts auf der anliegenden Empfangsbestätigung in ihrem eigenen Interesse die Auszahlung der Zuwendung beschleunigen könne. 64II. Die Klage ist auch begründet. Der Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 11.3.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 65Als Ermächtigungsgrundlage für die von der Beklagten gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 11.3.2014 festgesetzte Erstattung in Höhe von 19.992,83 Euro kommt ausschließlich § 49a Abs. 1 VwVfG in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. 66§ 49a Abs. 1 VwVfG ist auf Grund derselben Interessenlage zu den gesetzlich benannten Fällen entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird, der die Zuwendung endgültig in geringerer Höhe festsetzt („Schlussbescheid“). Die Wirkung des Vorbehalts liegt gerade darin, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 49, 48 VwVfG gebunden zu sein. 67Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.1.2019 – 10 C 5.17 –, BVerwGE 164, 237 = juris, Rn. 24, und vom 19.11.2009 – 3 C 7.09 –, BVerwGE 135, 238 = juris, Rn. 14 ff., 24, 28; OVG NRW, Urteil vom 17.6.2020 – 4 A 436/17 –, GewArch 2020, 407 = juris, Rn. 41 f., m. w. N. 68Bei dem angefochtenen Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 11.3.2014 handelt es sich jedoch nicht um einen Schlussbescheid im vorgenannten Sinne. Die Beklagte hat die Festsetzung der Zuwendung vom 29.6.2011 mit dem Rückforderungsbescheid vielmehr konkludent teilweise zurückgenommen und war deshalb an die Vorgaben des § 48 VwVfG und des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts gebunden (dazu 1.), ohne dass die rechtlichen Anforderungen, die sich hieraus ergeben, eingehalten worden sind (dazu 2.). 691. Der Rückforderungsbescheid vom 11.3.2014 kann nicht als Schlussbescheid verstanden werden, der die Zuwendung nach nur vorläufiger Bewilligung endgültig in geringerer Höhe festsetzt, wovon die Beklagte hingegen ausgegangen ist. 70Eine vorläufige Regelung des Zuwendungsverhältnisses dient der Bewältigung von Situationen, bei denen im Zeitpunkt der Regelung über die zu treffende endgültige Entscheidung noch Ungewissheit besteht, sei es, weil die Rechtslage noch ungeklärt ist, sei es, weil eine endgültige Ermittlung des Sachverhalts noch nicht möglich ist. Das Subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den Zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt wird und damit auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt ist, durch den die Zuwendung in den offen gehaltenen Punkten abschließend geregelt werden sollte. In diesen Fällen wird nach dem Regelungsgehalt des Zuwendungsbescheids die Regelung getroffen, dass der Begünstigte die empfangene Leistung nur vorläufig bis zum Erlass der endgültigen Regelung behalten darf. 71Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009 ‒ 3 C 7.09 ‒, BVerwGE 135, 238 = juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteil vom 17.6.2020 – 4 A 436/17 –, GewArch 2020, 407 = juris, Rn. 63 ff., m. w. N. 72So lag der Fall hier bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 11.3.2014 nicht. Vorliegend hat die Beklagte die Zuwendungshöhe zwar in ihrem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 9.1.2007 unter den Vorbehalt der späteren Festsetzung gestellt. Der nur vorläufige Charakter der Mittelzuweisung folgte nach der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers bereits aus der im Tenor des Zuwendungsbescheids geregelten, zukunftsoffenen Festlegung auf „eine nicht rückzahlbare Zuwendung von 54,00 v. H. der tatsächlich entstehenden, auf Grund einer Nachkalkulation zu ermittelnden zuwendungsfähigen Selbstkosten, höchstens 402.462,00 Euro (Anteilfinanzierung)“ sowie aus dem Erfordernis einer Verwendungsnachweisführung. 73Den Schlussbescheid, der den ursprünglichen vorläufigen Bewilligungsbescheid ersetzt, hat die Beklagte allerdings bereits in Form des Bescheids vom 29.6.2011 erlassen. Denn der Grund für die Zuwendungsbewilligung unter Vorbehalt, nämlich die bei Bewilligung bestehende Unsicherheit über die Höhe der tatsächlich entstehenden und fristgemäß nachgewiesenen Kosten, war mit der Vorlage des Verwendungsnachweises und dessen Prüfung im Bescheid vom 29.6.2011 weggefallen. 74Daran ändert nichts, dass der Bescheid vom 29.6.2011 seinerseits unter den Vorbehalt der Prüfung durch weitere Prüfungsinstanzen (z. B. Bundesrechnungshof, Landesrechnungshof, Rechnungsprüfungsamt, Preisüberwachungsstelle) gestellt war. 75Die Behörde darf eine Regelung nicht beliebig nur vorläufig treffen, sondern nur, wenn ihr eine bestehende Ungewissheit hierzu sachlichen Grund gibt. Das ist bei einer tatsächlichen Ungewissheit nur dann der Fall, wenn sie Umstände betrifft, die erst künftig eintreten und die nach dem Gesetz auch nicht im Wege einer Prognose zu schätzen sind. 76Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009 – 3 C 7.09 –, BVerwGE 135, 238 = juris, Rn. 21. 77Gemessen daran löste der als solcher bezeichnete Vorbehalt der Kostenprüfung nicht erneut das Recht auf Erlass eines Schlussbescheids im vorgenannten Sinne unter der Befreiung der Erfordernisse der §§ 48, 49 VwVfG aus. Die bestehende Ungewissheit über die zuwendungsfähigen Kosten war tatsächlich bereits nach Vorlage des Verwendungsnachweises und Ablauf der dafür vorgesehenen Frist ausgeräumt. Die Beklagte war zwar nicht daran gehindert, die selbst bzw. vom Projektträger durchgeführte Prüfung des Verwendungsnachweises nach Erlass des Schlussbescheids nochmals extern sachverständig überprüfen zu lassen. Die Ungewissheit, ob die vom Projektträger durchgeführte Prüfung dieses Verwendungsnachweises rechnerisch und rechtlich zutreffend war, betraf aber anders als die tatsächliche Verwendung der Fördermittel keinen Umstand, der erst künftig eintreten würde oder nach dem Gesetz im Wege einer Prognose zu schätzen wäre. Deshalb konnte die bereits mit Bescheid vom 29.6.2011 erfolgte Schlussfestsetzung bei später auffallenden Rückforderungsgründen nur noch im Rahmen der §§ 48 und 49 VwVfG zurückgenommen oder widerrufen werden. 78Die Beklagte hat durch ihr Rückforderungsverlangen vom 11.3.2014 ihren Bescheid vom 29.6.2011 mithin konkludent teilweise zurückgenommen. 79Bei der Rückforderung gewährter Geldleistungen ist regelmäßig anzunehmen, dass die Behörde mit der Festsetzung der zu erstattenden Leistung auch die Rücknahme des gewährten Verwaltungsakts erklärt hat. Für diese Annahme reicht es aus, wenn in dem Rückforderungsbescheid auf den früheren Bewilligungsbescheid Bezug genommen wird. 80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.4.1999 – 8 B 87.99 –, VwRR BY 1999, 290 = juris, Rn. 6, und Urteil vom 13.12.1984 – 3 C 79.82 –, Buchholz 451.90 EWR-Recht Nr. 52 = juris, Rn. 49. 81So liegt es hier. Die Beklagte hat in ihrem Rückforderungsbescheid vom 11.3.2014 ausdrücklich auf ihren Bescheid vom 29.6.2011 über die Prüfung des Verwendungsnachweises Bezug genommen, der als Schlussbescheid den ursprünglichen vorläufigen Zuwendungsbescheid ersetzte und damit die Grundlage für die vollständige Auszahlung und das Behalten der zurückgeforderten Geldsumme bildete. Deshalb kann angenommen werden, dass neben der Teilrückforderung der zuvor bewilligten Zuwendung die vorgelagerte Teilrücknahme gleichsam konkludent miterklärt worden ist. 822. Ausgehend davon liegen allerdings die Voraussetzungen für die Festsetzung der Erstattung nicht vor. Die mitangefochtene Teilrücknahme ist formell und materiell rechtswidrig und deshalb nicht Grundlage für die festgesetzte Erstattung. Die Beklagte hat die Klägerin weder zu der Teilrücknahme angehört (dazu a) noch das ihr eingeräumte Rücknahmeermessen ausgeübt (dazu b). 83a) Die Teilrücknahme ist bereits formell rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin vor der Entscheidung nicht gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG angehört hat (dazu aa). Die fehlende Anhörung ist auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nachgeholt worden (dazu bb) oder nach § 46 VwVfG unschädlich (dazu cc). 84aa) Die Klägerin ist entgegen § 28 Abs. 1 VwVfG nicht vor Erlass des Bescheids angehört worden. Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies erfordert auch, dass die Behörde den Betroffenen darüber in Kenntnis setzt, dass sie beabsichtigt, ihm gegenüber einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen. 85Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.3.2012 – 3 C 16.11 –, BVerwGE 142, 205 = juris, Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 17.7.2019 – 4 A 1990/17 –, NWVBl. 2020, 31 = juris, Rn. 24 f., m. w. N. 86Daran fehlt es. Die Beklagte hat, nachdem der Prüfbericht der Bezirksregierung am 11.2.2014 beim Projektträger eingegangen war, sogleich unter dem 11.3.2014 konkludent die Teilrücknahme verfügt. 87Eine Anhörung der Klägerin lag nicht darin, dass die Bezirksregierung als externe Preisprüfungsstelle der Klägerin nach der durchgeführten Kostenprüfung in einem Abschlussgespräch die festgestellten niedrigeren Gesamtkosten näher erläutert haben soll. Unabhängig davon, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt ein solches Abschlussgespräch tatsächlich stattgefunden hat, entspricht dies nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung im Sinne des § 28 Abs. 1 VwVfG. 88Für die Durchführung der Anhörung ist allein die mit Außenwirkung handelnde Behörde zuständig, die auch für den Erlass des belastenden Verwaltungsakts zuständig ist. 89Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 – 7 B 18.13 –, DVBl. 2014, 303 = juris, Rn. 12. 90Dies war vorliegend nicht die Bezirksregierung, sondern das BMBF. Ein Handeln der Bezirksregierung kann dem BMBF auch nicht zugerechnet werden. Es kann dahinstehen, ob das BMBF die Bezirksregierung überhaupt zur Durchführung des Verwaltungsverfahrens bzw. eines Teils davon wie der Anhörung zulässigerweise hätte ermächtigen können. Ein entsprechender Auftrag war der Bezirksregierung schon nicht erteilt worden. Der Projektträger hatte die Bezirksregierung mit Schreiben vom 28.7.2011 lediglich um Kostenprüfung gebeten. 91Vor diesem Hintergrund konnte die Bezirksregierung der Klägerin im Übrigen auch gar nicht Gelegenheit geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Denn der Bezirksregierung konnte nicht bekannt sein, welchen Verwaltungsakt das BMBF zu erlassen beabsichtigte. Allein schon deshalb ist das etwaig von der Bezirksregierung mit der Klägerin durchgeführte Abschlussgespräch auch kein Grund, im Rahmen des Ermessens nach § 28 Abs. 2 VwVfG von einer Anhörung abzusehen. 92Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 – 7 B 18.13 –, DVBl. 2014, 303 = juris, Rn. 12. 93bb) Die unterlassene Anhörung ist nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden. Hiernach ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. 94Eine solche Heilung setzt voraus, dass die Behörde nachträglich die Anhörung ordnungsgemäß durchführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. 95Vgl. BVerwG, Urteile vom 22.3.2012 – 3 C 16.11 –, BVerwGE 142, 205 = juris, Rn. 18, und vom 24.6.2010 – 3 C 14.09 –, BVerwGE 137, 199 = juris, Rn. 37. 96Diese Funktion besteht nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren reichen als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht aus. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken. 97Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2015 ‒ 7 C 5.14 ‒, BVerwGE 153, 367 = juris, Rn. 17, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 17.7.2019 – 4 A 1990/17 –, NWVBl. 2020, 31 = juris, Rn. 30 f., m. w. N. 98Dies ist vorliegend unterblieben. Die Beklagte hat die getroffene Sachentscheidung vielmehr in erster Linie als Schlussbescheid verteidigt und dabei deutlich gemacht, dass sie nicht bereit war, ihre Entscheidung anhand von Einwänden der Klägerin ergebnisoffen kritisch zu überdenken. 99cc) Schließlich war die unterbliebene Anhörung auch nicht nach § 46 VwVfG unschädlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. 100Es ist nicht offensichtlich, dass die fehlende Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es handelt sich nämlich nicht um eine Entscheidung der Beklagten, zu der sie verpflichtet war. Die Teilrücknahme ist vielmehr auch materiell rechtswidrig, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt. 101b) Die Teilrücknahme in dem Bescheid vom 11.3.2014 ist materiell rechtswidrig, weil die Beklagte das ihr eingeräumte Rücknahmeermessen nicht ausgeübt hat. 102Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der – wie hier – eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. 103Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen vor. Der bestandskräftige Bescheid der Beklagten vom 29.6.2011 über die Prüfung des Verwendungsnachweises, mit dem der Klägerin der Zuwendungsbetrag in voller Höhe bewilligt wurde, ist rechtswidrig. In Höhe des zurückgeforderten Betrags von 19.992,83 Euro sind geringere Selbstkosten der Klägerin rechtzeitig nachgewiesen als zuvor an sie maximal bewilligt und ausgezahlt worden waren. Maßgeblich für die Schlussabrechnung sind nach den Nrn. 5.1, 19.1 NKBF 98 (April 2006) die rechtzeitig nachgewiesenen Kosten. Personalkosten sind nach näherer Bestimmung der Nr. 5.6.1 NKBF 98 zuwendungsfähig. Ausgehend davon hat die Beklagte auf der Grundlage des Kostenprüfungsberichts der Bezirksregierung insbesondere die Personalkosten und die übrigen darauf beruhenden Kosten für das Jahr 2010 anders als noch in ihrem Bescheid vom 29.6.2011 zutreffend berechnet. In dem Bescheid vom 29.6.2011 war die Beklagte auf der Grundlage der mit dem Verwendungsnachweis gemachten Angaben der Klägerin bei der Berechnung der Personalkosten noch vom Gesamt-Brutto anstatt vom steuerpflichtigen Bruttoentgelt ausgegangen, hatte im Jahr 2010 48 vorhabenbezogene Stunden zu viel aufgeschrieben und in den Jahren 2009 und 2010 bei einigen Mitarbeitern deutlich höhere Jahresgehälter angesetzt als in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesen waren. 104Die von der Klägerin für die Monate Januar bis März 2010 im Klageverfahren als förderfähig veranschlagten Personalkosten in Höhe von 53.439,83 Euro sind hingegen nicht nachvollziehbar und auch nicht maßgeblich. Bei den in ihrer Klagebegründung vorgelegten Bescheinigungen zur Ermittlung der Jahresstundensätze für ihren Geschäftsführer X. und ihre Mitarbeiter T. , N. , I. , H. und F. I1. ergeben sich Abweichungen im Vergleich zu den von der Beklagten im Bescheid vom 11.3.2014 letztlich zu Grunde gelegten Zahlen hinsichtlich der vorhabenbezogenen produktiven Stunden ihres Geschäftsführers X. (124 statt der rechtzeitig nachgewiesenen 119 Stunden), hinsichtlich der Jahresarbeitsstunden ihrer Mitarbeiter H. und F. I1. (866,67 statt 693,67 Stunden bzw. 2.080,00 statt 1.821,00 Stunden) sowie hinsichtlich des Jahresgehalts ihres Mitarbeiters F. I1. (16.635,30 Euro statt 11.817,68 Euro). Auf diese abweichenden Angaben kommt es jedoch zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Festsetzung vom 29.6.2011 nicht an. Sie ergaben sich nämlich nicht aus den Angaben, die die Klägerin innerhalb der Frist für die Vorlage eines Verwendungsnachweises abgegeben hatte. Die Berücksichtigung der nachträglich von der Bezirksregierung bei der Prüfung erstmals festgestellten Zahlen erfolgte ausschließlich zu Gunsten der Klägerin. 105Die Beklagte hat jedoch das ihr eröffnete Rücknahmeermessen nicht erkannt und folglich nicht ausgeübt, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. 106Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob für den Fall der (teilweisen) Rücknahme eines Zuwendungsbescheids auch auf der Grundlage von § 48 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VwVfG grundsätzlich kein intendiertes Ermessen in Betracht kommt, und dies auch gilt, wenn sich der Betroffene nicht auf Vertrauensschutz berufen kann, etwa weil er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig waren. 107So die neuere Rspr. des BVerwG, Urteil vom 16.6.2015 – 10 C 15.14 –, BVerwGE 152, 211 = juris, Rn. 29, unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BVerwG zu § 45 SGB X, der eine dem § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG vergleichbare Regelung nicht enthält; BVerwG, Beschluss vom 11.12.2019 – 8 B 51.19 –, NVwZ-RR 2020, 238 = juris, Rn. 3, Zulassung der Revision wegen Divergenz. Dagegen die ältere Rspr. des BVerwG, Urteile vom 26.6.2002 ‒ 8 C 30.01 ‒, BVerwGE 116, 332 = juris, Rn. 37, zum Widerrufsermessen, vom 16.6.1997 ‒ 3 C 22.96 ‒, BVerwGE 105, 55 = juris, Rn. 14, zum Widerrufs- und Rücknahmeermessen, und vom 23.5.1996 ‒ 3 C 13.94 ‒, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 = juris, Rn. 51, zum Rücknahmeermessen. 108Dies zu Grunde gelegt wäre die Teilrücknahme vom 11.3.2014 ohne Weiteres materiell rechtswidrig, weil die Beklagte kein Ermessen ausgeübt hat. Weder in dem angefochtenen Bescheid noch sonst sind für die Teilrücknahme der Zuwendung maßgebliche Ermessenserwägungen dokumentiert. 109Aber auch wenn man vorliegend mit Blick auf die Regel nach § 48 Abs. 2 Satz 4, Satz 3 Nr. 2 VwVfG von einem in Richtung einer Rücknahme intendierten Ermessen der Beklagten ausginge, läge ein rechtsfehlerhafter Ermessensnichtgebrauch vor. 110Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG wird in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG in der Vergangenheit gerade im Zuwendungsrecht als im Sinne eines intendierten Ermessens ermessenslenkende Vorschrift angesehen. 111Vgl. BVerwG, Urteile vom 16.6.1997 – 3 C 22.96 –, BVerwGE 105, 55 = juris, Rn. 14 f., und vom 23.5.1996 – 3 C 13.94 –, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 = juris, Rn. 51. 112Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG erfüllt, wonach sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Denn die zunächst erfolgte Schlussfestsetzung mit Bescheid vom 29.6.2011 ist jedenfalls auch darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die Nachweise über die Jahresgehälter und -stunden ihrer für das Fördervorhaben im Jahr 2010 eingesetzten Mitarbeiter mit dem Verwendungsnachweis nicht vorgelegt bzw. fehlerhafte Angaben über die Jahresgehälter und die vorhabenbezogenen Stunden gemacht hatte. So wurde die Beklagte erst auf der Grundlage des diese Fehler aufdeckenden Kostenprüfungsberichts der Bezirksregierung zur Teilrücknahme veranlasst. Bei Vorlage insoweit vollständiger und richtiger Nachweise wäre die Schlussfestsetzung anders ausgefallen. 113Im Falle eines Verwaltungsakts, der eine Ermessensbetätigung der Behörde vorsieht, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bedarf es besonderer Gründe, um eine von der intendierten Ermessensausübung abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein von dem gesetzlich angenommenen Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, so versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. In diesem Fall ist auch eine –das Selbstverständliche darstellende – Begründung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG entbehrlich. Nur für den Fall, dass außergewöhnliche Umstände des Falles, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der Behörde bekannt geworden sind, übt diese ihr Ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden Umstände nicht erwogen hat. 114Vgl. BVerwG, Urteile vom 22.3.2017 – 5 C 4.16 –, BVerwGE 158, 258 = juris, Rn. 40, m. w. N., und vom 23.5.1996 – 3 C 13.94 –, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 = juris, Rn. 51. 115Die vollständige Kenntnis auch von den für die Ausübung des Rücknahme- oder Widerrufsermessens maßgeblichen Umständen erlangt die Behörde regelmäßig nur infolge einer – mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme verbundenen – Anhörung des Betroffenen. 116Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.1.2019 – 10 C 5.17 –, BVerwGE 164, 237 = juris, Rn. 32, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 15.8.2019 – 15 A 2792/18 –, NVwZ-RR 2020, 333 = juris, Rn. 16 f., m. w. N., 22. 117In Anwendung dieser Grundsätze ist der Bescheid selbst bei Zugrundelegung eines intendierten Ermessens ermessensfehlerhaft ergangen. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer (konkludenten) Rücknahmeentscheidung die außergewöhnlichen Umstände des vorliegenden Falles nicht ermittelt und infolgedessen nicht erwogen. Eine ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung hätte der Klägerin Gelegenheit gegeben, die mit der Klagebegründung nachgereichten Übersichten über die bis Juni 2010 geleisteten Jahresstunden, einschließlich der projektbezogenen Stunden, bereits vor Bescheiderlass vorzulegen. Dann hätte die Beklagte berücksichtigen können und müssen, ob die Klägerin – wie sie mit ihrer Klage geltend gemacht hat – im Bewilligungszeitraum bis Juni 2010 Aufwendungen im Rahmen des Zuwendungszwecks tatsächlich in voller Höhe der festgesetzten Zuwendung erbracht hat, die lediglich nicht vollständig fristgerecht nachgewiesen worden waren, weil dieser Nachweis zunächst als nicht mehr erforderlich angesehen worden war. Insoweit handelte es sich möglicherweise nicht um einen Fall materieller Zweckverfehlung. Darüber hinaus wären die außergewöhnlichen Umstände für die verspätete Vorlage der Übersichten über die bis Juni 2010 geleisteten Jahresstunden unter Berücksichtigung des bisherigen Ablaufs des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten näher zu würdigen gewesen. Ob ungeachtet dieser atypischen Besonderheiten die Teilrücknahme letztlich eine von mehreren möglichen ermessensgerechten Entscheidungen gewesen wäre, ist unerheblich. 118Eine Heilung der unterbliebenen, aber erforderlichen Ermessensausübung scheidet aus. Im gerichtlichen Verfahren dürfen nach § 114 Satz 2 VwGO nur Ermessenserwägungen ergänzt werden, wenn das Ermessen zuvor schon in irgendeiner Weise betätigt worden ist. 119Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.6.2015 – 6 B 60.14 –, Buchholz 442.066 § 61 TKG Nr. 3 = juris, Rn. 20, m. w. N. 120Da es daran fehlt, sind insbesondere die schriftsätzlichen Stellungnahmen der Beklagten und die Äußerungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung, in denen er sich zu den vorgenannten außergewöhnlichen Umständen verhalten hat, von vornherein nicht geeignet, den Ermessensausfall zu korrigieren. 121Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 122Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 123Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Es bedarf der grundsätzlichen Klärung der Wirksamkeit eines im Zusammenhang mit einem Empfangsbekenntnis für einen belastenden Verwaltungsakt formularmäßig erklärten Rechtsbehelfsverzichts. Das BMBF verwendet derartige Verzichtserklärungen entsprechend in ständiger Praxis, hält diese für wirksam und meint, sich hierauf im Prozess berufen zu können.
auf die berufung der klägerin wird das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 11.8.2016 geändert und der bescheid des bundesministeriums für bildung und forschung vom 11.3.2014 aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens beider instanzen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird zugelassen. 1
2die beteiligten streiten über die teilweise rückforderung einer zuwendung, die der klägerin im rahmen des vom bundesministerium für bildung und forschung (nachfolgend: bmbf) ausgegebenen förderprogramms „mikrosysteme 2004 - 2009“ gewährt worden ist. 3auf antrag bewilligte die beklagte der klägerin mit bescheid vom 9.1.2007 eine nicht rückzahlbare zuwendung im wege der anteilfinanzierung in höhe von 54,00 v. h. der tatsächlich entstehenden, auf grund einer nachkalkulation zu ermittelnden zuwendungsfähigen selbstkosten, höchstens jedoch 402.462,00 euro für das verbundprojekt „q. “. dabei wollte die klägerin in der zusammenarbeit mit zwei weiteren verbundpartnern ein testsystem zur diagnose von mikrobiell verursachten erkrankungen entwickeln, das direkt vom zahnarzt in der eigenen praxis eingesetzt werden kann. der bewilligungszeitraum wurde zunächst auf die zeit vom 1.2.2007 bis zum 31.12.2009 festgelegt und mit änderungsbescheid vom 17.11.2009 bis zum 30.6.2010 verlängert. die dem zuwendungsbescheid beigefügten nebenbestimmungen für zuwendungen auf kostenbasis des bmbf – nkbf 98 – (stand: april 2006) wurden nach maßgabe der im bescheid genannten bestimmungen zum bestandteil des bescheids erklärt. die kosten waren nach dem pauschalierten verfahren gemäß nr. 5.6 nkbf 98 abzurechnen. die verwendung der zuwendung war spätestens mit ablauf des sechsten auf den bewilligungszeitraum folgenden monats dem zuwendungsgeber nachzuweisen, nr. 19.1 satz 1 nkbf 98. 4die beklagte bevollmächtigte die w. gmbh als projektträger, die zuwendung im namen und für rechnung des bmbf abzuwickeln und im rahmen der bmbf-regelungen die hierzu erforderlichen rechtshandlungen selbständig vorzunehmen. 5der zuwendungsbescheid enthielt den hinweis, dass die zuwendung erst ausgezahlt werden könne, wenn der bescheid nach ablauf der rechtsbehelfsfrist bestandskräftig geworden sei und alle sonstigen voraussetzungen erfüllt seien. die klägerin könne die bestandskraft des zuwendungsbescheids vorher herbeiführen, wenn sie auf der beiliegenden empfangsbestätigung erkläre, dass sie auf einen rechtsbehelf verzichte. die klägerin sandte die „empfangsbestätigung“, die unter anderem den satz „ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs“ enthielt, von ihrem geschäftsführer unterschrieben an den projektträger zurück. 6mit schreiben vom 29.6.2010 forderte der projektträger die klägerin auf, den verwendungsnachweis bis zum jahresende einzureichen. daraufhin übermittelte die klägerin im august 2010 zunächst eine kostenrechnung für das erste quartal 2010. sie erklärte, ihre abrechnung sei damit abgeschlossen, weil bereits jetzt der bundesanteil die verfügbaren mittel übersteige. sie fragte an, ob sie für das zweite quartal 2010 noch eine „null-kostenabrechnung“ vorlegen müsse. die klägerin übersandte die abschlussunterlagen für das geförderte projekt, darunter den verwendungsnachweis, dem projektträger unter dem 24.12.2010. der projektträger wies die klägerin mit schreiben vom 14.1.2011 darauf hin, dass der vorgelegte verwendungsnachweis unvollständig sei, insbesondere dokumente zu den personalkosten fehlten. er gab ihr gelegenheit, diese bis zum 21.1.2011 nachzureichen, andernfalls werde der verwendungsnachweis auf basis der vorliegenden unterlagen geprüft. mit schreiben vom 20.1.2011, eingegangen am 24.1.2011, legte die klägerin berechnungen der jahresstundensätze für die monate januar bis märz 2010 vor. sie erklärte, dass ihre mitarbeiter teilweise auch noch in den folgemonaten an dem projekt gearbeitet hätten. da die zuschüsse jedoch bereits erschöpft gewesen seien, habe sie insoweit auf eine abrechnung verzichtet. sollte dies noch gewünscht sein, könne die klägerin sie gerne erstellen. 7mit schreiben vom 21.7.2011 übermittelte der projektträger der klägerin einen bescheid der beklagten vom 29.6.2011, wonach die prüfung des verwendungsnachweises – vorbehaltlich der prüfung durch weitere prüfungsinstanzen (z. b. bundesrechnungshof, landesrechnungshof, rechnungsprüfungsamt, preisüberwachungsstelle) – keine beanstandungen ergeben habe. als zuwendungsfähige gesamtausgaben seien 768.614,68 euro anerkannt, so dass der bundesanteil (54,00 v. h.) grundsätzlich 415.051,93 euro betrage. angesichts von bereits ausgezahlten bundesmitteln in höhe von 399.772,79 euro habe sich im hinblick auf den nach dem zuwendungsbescheid höchstens auszuzahlenden bundesanteil in höhe von 402.462,00 euro ein zuwendungsfähiger fehlbetrag in höhe von 2.689,21 euro ergeben, der zwischenzeitlich durch überweisung ausgeglichen worden sei. der mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehene bescheid wurde der klägerin zusammen mit einem vordruck „empfangsbestätigung“ übermittelt, der demjenigen zum zuwendungsbescheid vom 9.1.2007 entsprach und ebenfalls eine rechtsbehelfsverzichtserklärung enthielt. die klägerin sandte diese „empfangsbestätigung“ von ihrem geschäftsführer unterschrieben an den projektträger zurück. 8der projektträger ersuchte die bezirksregierung münster (nachfolgend: bezirksregierung) anschließend mit der kostenprüfung. diese kam in ihrem kostenprüfungsbericht vom 23.1.2014 zu dem ergebnis, dass sich die gesamtkosten des projekts auf 708.276,24 euro beliefen und nicht wie von der klägerin im verwendungsnachweis angegeben auf 782.530,54 euro oder wie vom projektträger berechnet auf 768.614,68 euro. ursache für die nach der prüferkalkulation festgestellten geringeren gesamtkosten des projekts seien im wesentlichen abweichungen bei den personalkosten. die klägerin sei vom gesamt-brutto anstatt vom steuerpflichtigen bruttoentgelt ausgegangen, im jahr 2010 habe sie 48 vorhabenbezogene stunden zu viel aufgeschrieben und in den jahren 2009 und 2010 habe sie bei einigen mitarbeitern deutlich höhere jahresgehälter angesetzt als in den gehaltsabrechnungen ausgewiesen. ausweislich des prüfberichts fand die kostenprüfung vom 20.1. bis 23.1.2014 mit einer schlussbesprechung am 23.1.2014 statt. auskunftspersonen der klägerin waren ihr geschäftsführer und ihre buchhalterin. 9die beklagte teilte der klägerin daraufhin mit bescheid vom 11.3.2014 unter bezugnahme auf ihren bescheid vom 29.6.2011 über die prüfung des verwendungsnachweises und den kostenprüfungsbericht der preisüberwachungsstelle vom 23.1.2014 mit, „aufgrund des o. a. prüfungsberichts ergibt sich – vorbehaltlich weiterer prüfungen – folgende endgültige berechnung“. ausgehend von anzuerkennenden selbstkosten in höhe von 708.276,24 euro berechnete sie einen bundesanteil in höhe von 382.469,17 euro. angesichts der bereits in höhe von 402.462,00 euro ausgezahlten bundesmittel forderte sie die klägerin auf, den entstandenen differenzbetrag in höhe von 19.992,83 euro unverzüglich zurückzuüberweisen. nach eingang der rückzahlung werde eine gesonderte zinsberechnung übersandt. der mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehene bescheid wurde der klägerin unter dem 12.3.2014 vom projektträger mit der bitte zugesandt, die beigefügte empfangsbestätigung, die dem auch zuvor verwendeten vordruck einer empfangsbestätigung glich, umgehend zurückzureichen. in dem mit „empfangsbestätigung“ in fettdruck überschriebenen vordruck, der oben rechts mit dem fett gedruckten zusatz „bitte sofort zurücksenden!“ versehen war, hieß es: 10„hiermit bestätige ich, dass ich den vermerk zum verwendungsnachweis (nach prüfung durch die preisüberwachungsstelle) 11förderungskennzeichen: 16sv3325 12am _________ erhalten habe. 13ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs. 14__________________, den 15___________________________ 16(rechtsverbindliche unterschrift)“ 17der geschäftsführer der klägerin trug als empfangsdatum den 17.3.2014 ein, unterschrieb unter dem 20.3.2014 im unterschriftsfeld und sandte die „empfangsbestätigung“ an den projektträger zurück. 18die klägerin hat gegen den rückforderungsbescheid klage erhoben. 19sie hat dem einwand der beklagten widersprochen, die klage sei unzulässig. sie habe keinen wirksamen rechtsbehelfsverzicht erklärt. ein solcher müsse angesichts seiner prozessualen tragweite unter anlegung eines strengen maßstabs eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich sein. der klägerin bzw. ihrem geschäftsführer sei jedoch erstmals durch den klageerwiderungsschriftsatz der beklagten aufgefallen, dass die empfangsbestätigung den passus „ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs“ enthalte. bis dahin sei sie davon ausgegangen, dass es sich bei dem unterschriebenen dokument ausschließlich um eine empfangsbestätigung gehandelt habe. die fett gedruckte überschrift „empfangsbestätigung“ führe den leser in die irre, was durch den zusatz „bitte sofort zurücksenden!“ verstärkt werde. 20die klage sei auch begründet, weil die dem rückforderungsbescheid zu grunde liegende berechnung der personalkosten für das jahr 2010 unrichtig sei. zwar habe sie, die klägerin, – wie in dem prüfbericht von der bezirksregierung festgestellt – die personalkosten abweichend von den zuwendungsbedingungen irrtümlich nicht mit dem steuerpflichtigen bruttoentgelt, sondern mit dem gesamt-brutto berechnet. unabhängig davon beliefen sich die förderfähigen und angemeldeten personalkosten für die monate januar bis märz 2010 aber auf 53.439,83 euro und nicht – wie die beklagte angenommen habe – auf 38.846,61 euro. damit habe die beklagte schon 7.880,34 euro zu viel [(53.439,83 euro - 38.846,61 euro) / 100 x 54] zurückgefordert. aber auch der noch verbliebene rückforderungsanspruch bestehe nicht. die während der förderzeit für die monate april, mai und juni 2010 angefallenen personalkosten seien von der beklagten zu unrecht nicht in die förderfähigen kosten einbezogen worden. die beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie, die klägerin, die entsprechenden nachweise erst im klageverfahren nachgereicht habe. aus ihrem schreiben vom 20.1.2011 ergebe sich, dass sie von der beklagten einen hinweis erwartet habe, ob es sinnvoll sei, die stundennachweise für die monate april bis juni 2010 einzureichen. eine entsprechende hinweispflicht folge aus dem zwischen den beteiligten bestehenden öffentlichen rechtsverhältnis. die demnach für das jahr 2010 insgesamt zu berücksichtigenden personalkosten in höhe von 80.797,02 euro begründeten einen zuwendungsanspruch in höhe von 43.630,39 euro. die differenz zu den von der beklagten für 2010 in höhe von 20.977,17 euro anerkannten personalkosten übersteige den rückforderungsbetrag. 21die klägerin hat beantragt, 22den bescheid der beklagten vom 11.3.2014 aufzuheben. 23die beklagte hat beantragt, 24die klage abzuweisen. 25sie hat geltend gemacht: der rückforderungsbescheid sei bestandskräftig, weil die klägerin gegenüber der beklagten einen wirksamen rechtsbehelfsverzicht erklärt habe. ein rechtsbehelfsverzicht müsse nicht in einer gesonderten erklärung aufgeführt sein, sondern könne in eine empfangsbestätigung integriert werden. die klägerin sei von dem rechtsbehelfsverzicht auch nicht überrascht worden. der entsprechende vordruck sei ihr im zusammenhang mit den vorherigen bescheiden und aus anderen förderprojekten der beklagten, bei denen der gleiche vordruck genutzt werde, hinreichend bekannt gewesen. 26ungeachtet dessen wäre die klage auch unbegründet. die angefallenen personalkosten seien zutreffend berechnet worden. die klägerin lege bei der berechnung der personaleinzelkosten für das jahr 2010 irrtümlich die anteiligen gehälter für die monate januar bis märz 2010 zu grunde und berechne hierauf beruhend die jeweiligen stundensätze. dies widerspreche jedoch den vorgaben der nkbf 98. die beklagte habe sämtliche prüffähigen unterlagen berücksichtigt, die fristgerecht beim projektträger eingegangen gewesen seien. nach den nkbf 98 treffe den zuwendungsempfänger die pflicht, für die einreichung der belege über seine entstandenen kosten sorge zu tragen. die klägerin habe im schreiben vom 20.1.2011 auch nicht der beklagten die frage gestellt, ob die stundennachweise für april, mai und juni 2010 noch vorgelegt werden müssten. vielmehr habe sie deutlich gemacht, auf die abrechnung für diese monate zu verzichten, und die stundennachweise nur, sofern gewünscht, noch vorlegen zu können. 27das verwaltungsgericht hat die klage als unzulässig abgewiesen. die klägerin habe durch ihre schriftliche erklärung vom 20.3.2014 ausdrücklich, eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich zum ausdruck gebracht, dass sie auf die einlegung von rechtsbehelfen gegen den bescheid vom 11.3.2014 verzichte. die auf einem vordruck der beklagten vorgesehene verzichtserklärung habe bei der gebotenen objektiven betrachtungsweise nicht überlesen werden können. dies gelte umso mehr, als die klägerin bereits in zwei fällen zuvor gleichlautende erklärungen unterschrieben habe. einer gesonderten erklärung des rechtsbehelfsverzichts habe es nicht bedurft. § 354 abs. 2 satz 1 ao finde keine anwendung. ein derartiger rechtsbehelfsverzicht sei nur unwirksam, wenn er etwa durch drohung, täuschung oder sonstige unzulässige beeinflussung herbeigeführt worden sei, wofür vorliegend keine anhaltspunkte bestünden. der klageverzicht sei auch nicht wegen einer anfechtung nach den §§ 119 ff. bgb unwirksam. sollte der geschäftsführer der klägerin bei unterzeichnung der „empfangsbestätigung“ den satz zum verzicht nicht gelesen haben, sei auszuschließen, dass er sich über den inhalt und die tragweite seiner verzichtserklärung im irrtum befunden habe (inhaltsirrtum gemäß § 119 abs. 1 alt. 1 bgb). jedenfalls habe die klägerin die anfechtung nicht unverzüglich im sinne des § 121 abs. 1 satz 1 bgb erklärt. zwischen dem klageerwiderungsschriftsatz der beklagten vom 4.8.2014 und der konkludenten anfechtungserklärung im schriftsatz der klägerin vom 24.9.2014 hätten mehr als sechs wochen gelegen. 28zur begründung ihrer vom senat zugelassenen berufung macht die klägerin unter wiederholung und vertiefung ihres bisherigen vorbringens geltend: durch die aussage ihres geschäftsführers und die fristgerechte klageerhebung werde belegt, dass sie nicht auf die einlegung eines rechtsbehelfs habe verzichten wollen. selbst wenn ein rechtsbehelfsverzicht, der durch ein empfangsbekenntnis an versteckter stelle erklärt werde, bei begünstigenden bescheiden zulässig wäre, müsse für in die rechte des adressaten eingreifende rückforderungsbescheide etwas anderes gelten. der von der beklagten in einer vielzahl von fällen verwendete vordruck sei in entsprechender anwendung der vorschriften über allgemeine geschäftsbedingungen unwirksam, weil der darin enthaltene rechtsbehelfsverzicht überraschend sei. jedenfalls sei es angesichts der gestaltung der empfangsbestätigung und der fehlenden belehrung über bedeutung und tragweite des rechtsbehelfsverzichts treuwidrig und arglistig, sich auf den rechtsbehelfsverzicht zu berufen. die klage sei auch begründet, weil die fördersumme erreicht werde. insoweit werde auf den gesamten erstinstanzlichen vortrag einschließlich der beweisantritte bezug genommen. 29die klägerin beantragt, 30das urteil des verwaltungsgerichts köln vom 11.8.2016 zu ändern und den bescheid des bundesministeriums für bildung und forschung vom 11.3.2014 aufzuheben. 31die beklagte beantragt, 32die berufung zurückzuweisen. 33sie verteidigt das angefochtene urteil und macht im wesentlichen geltend: die unterschriebene erklärung „ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs“ sei hinsichtlich ihres erklärungsinhalts – auch für den juristischen laien – nicht missverständlich, sondern eindeutig. nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts komme es auf die konkrete lage des falles und die möglichkeit des rechtsbehelfsberechtigten an, den umfang des verzichts zu erkennen. bei der gebotenen objektiven betrachtungsweise sei der rechtsbehelfsverzicht vorliegend nicht zu übersehen gewesen. hierfür sprächen die räumliche trennung des rechtsbehelfsverzichts durch absatz und leerzeichen, die verortung der passage unmittelbar vor der unterschrift, der überschaubare aussagegehalt auf einer din-a4-seite, die nicht überraschende und nicht überrumpelnde erklärungssituation auf schriftlichem wege sowie die vorbefassung der klägerin mit dem gleichen vordruck. dass sich der geschäftsführer der klägerin für die durchsicht des textes der empfangsbestätigung tatsächlich auch zeit genommen habe, lege der zeitliche ablauf nahe. als eingangsdatum sei der 17.3.2014 auf der empfangsbestätigung eingetragen und als unterschriftsdatum der 20.3.2014 aufgeführt. im übrigen wäre die klage auch unbegründet. der rechtzeitige nachweis von belegen sei gemäß der nkbf 98 eine zwingende obliegenheit des zuwendungsempfängers. auf den gesamten erstinstanzlichen vortrag – einschließlich der beweisangebote – werde insofern verwiesen. 34wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte (ein band) und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten (ein ordner mit vier heftern) bezug genommen. 35
36die berufung der klägerin hat erfolg. die klage ist zulässig (dazu i.) und begründet (dazu ii.). 37i. die klage ist zulässig. die klägerin hat insbesondere nicht wirksam auf die erhebung der klage verzichtet (dazu 1.). im übrigen könnte sich die beklagte vorliegend auch nicht auf einen klageverzicht berufen (dazu 2.). 381. die klägerin hat mit der unterschrift ihres geschäftsführers auf der empfangsbestätigung für den angefochtenen rückforderungsbescheid vom 11.3.2014 nicht wirksam auf einen rechtsbehelf verzichtet. 39nach den gemäß den §§ 133, 157 bgb für die auslegung von willenserklärungen auch im öffentlichen recht geltenden maßstäben ist bei der auslegung einer empfangsbedürftigen erklärung nicht auf den inneren willen der erklärenden person, sondern darauf abzustellen, wie die erklärung aus der sicht des empfängers bei objektiver betrachtungsweise zu verstehen ist. dabei tritt der wortlaut hinter sinn und zweck der erklärung zurück. maßgebend ist der geäußerte wille des erklärenden, wie er aus der erklärung und sonstigen umständen für den erklärungsempfänger nach den ihm bekannten umständen unter berücksichtigung von treu und glauben erkennbar wird. 40vgl. bverwg, beschluss vom 24.7.2018 – 6 b 75.17 –, buchholz 421.2 hochschulrecht nr. 201 = juris, rn. 8, sowie urteile vom 27.6.2012 – 9 c 7.11 –, bverwge 143, 222 = juris, rn. 11, 18, und vom 12.12.2001 – 8 c 17.01 –, bverwge 115, 302 = juris, rn. 40; ovg nrw, beschluss vom 17.1.2019 – 4 e 779/18 –, juris, rn. 10 f., m. w. n. 41ein den erlass eines sachurteils ausschließender klageverzicht ist darüber hinaus nur dann beachtlich, wenn er sich angesichts seiner prozessualen tragweite ‒ unter anlegung eines strengen maßstabs ‒ als eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich darstellt. 42vgl. bverwg, urteile vom 27.2.2002 – 8 c 20.01 –, buchholz 428 § 31 vermg nr. 9 = juris, rn. 17, vom 18.5.1990 – 8 c 40.88 –, buchholz 448.11 § 24 zdg nr. 8 = juris, rn. 10 ff., und vom 28.4.1978 ‒ vii c 50.75 ‒, bverwge 55, 355 = juris, rn. 13. 43dies kann aus der maßgeblichen sicht des empfängers nur dann angenommen werden, wenn für ihn die erklärung hinreichend bestimmt und für ihn zweifelsfrei erkennbar ist, dass der verzichtende sich der bedeutung eines rechtsbehelfsverzichts bewusst war. 44ähnlich vgh bad.-württ., beschluss vom 20.2.2002 – 11 s 2734/01 –, infauslr 2002, 289 = juris, rn. 14, unter hinweis unter anderem auf bverwg, urteil vom 18.5.1990 – 8 c 40.88 –, nvwz-rr 1990, 581 = juris, rn. 12. 45daran fehlt es. der empfänger der zurückgesandten empfangsbestätigung konnte den darin mitunterschriebenen satz „ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs“ unter der gebotenen berücksichtigung seines kontexts und der interessenlage der beteiligten nicht eindeutig, unmissverständlich und unzweifelhaft als einen dem erklärenden in seiner bedeutung bewussten rechtsbehelfsverzicht verstehen. 46zwar lässt der in der empfangsbestätigung enthaltene satz „ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs“ isoliert betrachtet angesichts seines eindeutigen wortlauts auf einen klageverzicht schließen. jedoch begründen sowohl der textliche rahmen dieser erklärung als auch die übrigen umstände unter anlegung des gebotenen strengen maßstabs ausreichende zweifel daran, dass ein unterzeichner einer derartigen erklärung auf die erhebung der klage gegen den ihn belastenden bescheid in jedem fall verzichten wollte. der unterzeichner, der den empfang eines belastenden verwaltungsakts bestätigt, erwartet in der regel nicht, damit zugleich einen rechtsbehelfsverzicht zu erklären. dies gilt umso mehr, wenn er – wie hier – einerseits zur möglichkeit der klageerhebung belehrt wird, andererseits jedoch nicht auf den in der empfangsbestätigung enthaltenen rechtsbehelfsverzicht hingewiesen und über dessen bedeutung und tragweite aufgeklärt wird. deshalb ist anhand der bloßen „rechtsverbindlichen“ unterschrift unter der „empfangsbestätigung“ für einen objektiven empfänger nicht eindeutig erkennbar, ob sich der erklärende auch darüber bewusst war, zugleich einen rechtsbehelfsverzicht zu erklären, oder ob er lediglich den empfang des bescheids bestätigen wollte und die weitergehende verzichtserklärung möglicherweise übersehen hat. 47siehe zu ähnlichen fallkonstellationenvg karlsruhe, urteil vom 6.3.2014 ‒ 2 k 1932/13 ‒, infauslr 2015, 14 = juris, leitsatz 2, rn. 25; lvg hamburg, urteil vom 14.1.1955 ‒ ixa vg l 875/54 ‒, dvbl. 1955, 265. 48die möglichkeit, dass der verzicht vom erklärenden übersehen und nicht gewollt gewesen sein könnte, liegt für den empfänger besonders nahe, wenn er – wie hier die beklagte – die eine rechtsbehelfsverzichtserklärung enthaltene empfangsbestätigung selbst vorformuliert hat. denn der verwender eines solchen vordrucks muss in rechnung stellen, dass die rechtsbehelfsverzichtserklärung den erklärenden nach den geboten von treu und glauben unangemessen benachteiligten würde. im rechtsverkehr ist auch für einen unternehmer nicht ohne weiteres damit zu rechnen, dass im auftrag einer behörde eine solche erklärung vorformuliert abverlangt wird. nach dem rechtsgedanken aus dem § 307 abs. 1 und 2 nr. 1 bgb, der nach § 310 abs. 1 satz 2 bgb auch gegenüber unternehmern anwendung findet, war hier eine solche verzichtserklärung mit dem wesentlichen grundgedanken des gesetzlich eingeräumten klagerechts sowie mit dem zweck eines auf einen belastenden verwaltungsakt bezogenen vorformulierten empfangsbekenntnisses jedenfalls deshalb nicht mehr zu vereinbaren, weil für ein mögliches eigeninteresse des erklärenden an einem rechtsbehelfsverzicht oder gar für eine gegenleistung der behörde nichts ersichtlich war. 49vgl. bag, urteil vom 6.9.2007 – 2 azr 722/06 –, bage 124, 59 = juris, rn. 17 ff., 29 ff., 34 ff., 37; zur unwirksamkeit nach § 307 bgb eines nur nachteiligen formularmäßigen verzichts auf die wirkungen der restschuldbefreiung nach § 1 inso bgh, urteil vom 25.6.2015 – ix zr 199/14, njw 2015, 2029 = juris, rn. 7 ff. 50auch vor dem hintergrund dieser unangemessenen benachteiligung des erklärenden kann der empfänger der unterschriebenen empfangsbestätigung nicht eindeutig, unmissverständlich und unzweifelhaft davon ausgehen, dass der erklärende sich des mitunterschriebenen rechtsbehelfsverzichts in jedem fall bewusst war. vielmehr wäre damit zu rechnen gewesen, dass der erklärende den satz „ich verzichte auf die einlegung eines rechtsbehelfs“ durchgestrichen hätte, wenn er ihn bemerkt und richtig erfasst hätte. unterlässt er dies hingegen, spricht aus objektiver empfängersicht alles dafür, dass der rechtsbehelfsverzicht entweder übersehen oder jedenfalls in seiner bedeutung und tragweite verkannt worden sein muss. angesichts dessen ändert der aufbau des empfangsbekenntnisses mit dem durch absatz und leerzeichen räumlich abgesetzten rechtsbehelfsverzicht nichts an der obigen einschätzung. nach dem oben bezeichnetem erfordernis einer erklärung, die sich aus empfängersicht eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich als rechtsbehelfsverzicht darstellt, ist ebenfalls unerheblich, ob die klägerin bei anwendung der bei abgabe sonstiger willenserklärungen im verkehr erforderlichen sorgfalt den in der empfangsbestätigung enthaltenen rechtsbehelfsverzicht hätte erkennen können. 51das von der beklagten angeführte urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 20.1.1967 – vii c 191.64 –, bverwge 26, 50 = njw 1967, 2027 stellt keinen abweichenden rechtsgrundsätzlichen maßstab auf. es betraf unter berücksichtigung der besonderen verhältnisse einer steuererhebung im wege der selbsterrechnung ausschließlich den sonderfall, in dem durch einen verzicht auf die einlegung des einspruchs ein förmlicher steuerbescheid entbehrlich wird. hierauf hat das bundesverwaltungsgericht ausdrücklich in abgrenzung zu seiner rechtsprechung zu einem rechtsmittelverzicht in einem verwaltungsverfahren hingewiesen, für das die zustellung einer mit rechtsmittelbelehrung versehenen entscheidung vorgeschrieben ist. durch diese soll eine partei im verwaltungsverfahren vor einem unklaren und übereilten rechtsbehelfsverzicht wegen seiner großen tragweite bewahrt werden. 52vgl. bverwg, urteil vom 30.6.1964 – iv c 105.63 –, dvbl. 1964, 874 f. = wkrs 1964, 11817, rn. 13. 532. unabhängig von dem vorstehenden kann sich die beklagte nach treu und glauben jedenfalls nicht auf den in der empfangsbestätigung enthaltenen klageverzicht berufen. 54ein außerprozessual erklärter rechtsbehelfsverzicht führt nicht unmittelbar zur unzulässigkeit des rechtsbehelfs, sondern begründet lediglich eine einrede, die im prozess erhoben werden muss. 55vgl. bgh, beschluss vom 8.5.1985 ‒ ivb zb 56/84 ‒, njw 1985, 2334 = juris, rn. 8; ovg nrw, beschluss vom 18.1.2013 – 17 a 1537/12 –, juris, rn. 5, vgh bad.-württ., beschluss vom 20.2.2002 – 11 s 2734/01 –, infauslr 2002, 289 = juris, rn. 14. 56nach dem als allgemeiner rechtsgedanke auch im verwaltungsrecht geltenden grundsatz von treu und glauben kann sich die erhebung einer einrede im einzelfall als unzulässige rechtsausübung darstellen. 57vgl. bverwg, urteil vom 23.10.2018 – 5 c 9.17 –, bverwge 163, 256 = juris, rn. 9 f.; ovg nrw, urteil vom 14.11.2012 – 1 a 1579/10 –, nwvbl. 2013, 137 = juris, rn. 43. 58nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts verstößt es zwar für sich genommen nicht gegen treu und glauben, wenn die behörde bei aushändigung eines bescheids den betroffenen dazu bewegt, auf die einlegung von rechtsmitteln zu verzichten, insbesondere wenn ein solcher verzicht es der behörde ermöglichen soll, einen betrag an den betroffenen alsbald auszuzahlen. wie die rechtslage zu beurteilen ist, wenn die interessenlage hiervon grundverschieden ist, hat das bundesverwaltungsgericht hingegen ausdrücklich offen gelassen. 59vgl. bverwg, urteil vom 8.2.1957 – iv c 318.56 –, njw 1957, 1374, 1375. 60eine grundverschiedene interessenlage im vorstehenden sinne sowie eine treuwidrige unangemessene benachteiligung liegen hier wie ausgeführt vor. der rechtsbehelfsverzicht sollte der beklagten nicht ermöglichen, unmittelbar einen geldbetrag auszuzahlen oder der klägerin einen anderen vorteil zu verschaffen. er war vielmehr ohne ersichtliche „gegenleistung“ mit einer rückzahlungsforderung und damit einer belastenden regelung für die klägerin verbunden und auf einem primär als empfangsbekenntnis dienenden formular von der beklagten eingeholt worden. 61bei dieser interessenlage erscheint es treuwidrig, sich auf einen klageverzicht zu berufen, zumal wenn er dem erklärenden ohne vorherige belehrung über den umfang und die bedeutung des darin geforderten verzichts in einer vorformulierten umfassenderen formularerklärung für eine empfangsbestätigung angetragen wird. 62vgl. bverwg, urteil vom 8.2.1957 – iv c 318.56 –, njw 1957, 1374, 1375. 63vorliegend hat die beklagte die durch keine gründe zu rechtfertigende gefahr hervorgerufen, dass die klägerin einen für sie nur nachteiligen rechtsbehelfsverzicht erklärt. damit wird die klägerin objektiv unangemessen benachteiligt, unabhängig davon, ob die beklagte die klägerin gezielt benachteiligen und ihr den klageverzicht „unterschieben“ wollte. durch die aufforderung des projektträgers in seinem anschreiben zur bescheidübermittlung, die empfangsbestätigung umgehend zurückzureichen, und den entsprechenden hinweis auf dem vordruck selbst wird der erklärende zumindest beeinflusst, die empfangsbestätigung rasch zu unterschreiben und gleichsam ungewollt einen rechtsbehelfsverzicht zu erklären. im unterschied zu dieser aufforderung in bezug auf die empfangsbestätigung findet sich weder in dem anschreiben noch im rückforderungsbescheid geschweige denn in dem vordruck der empfangsbestätigung eine belehrung, die den betroffenen über bedeutung und tragweite des rechtsbehelfsverzichts aufklärt. stattdessen wird durch die dem rückforderungsbescheid beigefügte rechtsbehelfsbelehrung vordergründig der eindruck erweckt, es bestehe die möglichkeit, den rückforderungsbescheid binnen eines monats anzufechten. tatsächlich gibt die empfangsbestätigung den rechtsbehelfsverzicht ohne weiteres vor. sie gibt dem erklärenden nicht einmal die wahlmöglichkeit, den rechtsbehelfsverzicht bewusst und ausdrücklich zu erklären oder hierauf zu verzichten. darüber hinaus unterscheidet sich der rückforderungsbescheid vom zuwendungsbescheid nicht nur hinsichtlich seines abweichenden belastenden charakters. nur der zuwendungsbescheid enthielt – den in diesem zusammenhang sachlich gerechtfertigten – hinweis, dass die klägerin durch erklärung des rechtsbehelfsverzichts auf der anliegenden empfangsbestätigung in ihrem eigenen interesse die auszahlung der zuwendung beschleunigen könne. 64ii. die klage ist auch begründet. der rückforderungsbescheid der beklagten vom 11.3.2014 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 65als ermächtigungsgrundlage für die von der beklagten gegenüber der klägerin mit bescheid vom 11.3.2014 festgesetzte erstattung in höhe von 19.992,83 euro kommt ausschließlich § 49a abs. 1 vwvfg in betracht. dessen voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. nach dieser vorschrift sind bereits erbrachte leistungen zu erstatten, soweit ein verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des eintritts einer auflösenden bedingung unwirksam geworden ist. die zu erstattende leistung ist durch schriftlichen verwaltungsakt festzusetzen. 66§ 49a abs. 1 vwvfg ist auf grund derselben interessenlage zu den gesetzlich benannten fällen entsprechend anzuwenden, wenn ein verwaltungsakt, der eine zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen verwaltungsakt ersetzt wird, der die zuwendung endgültig in geringerer höhe festsetzt („schlussbescheid“). die wirkung des vorbehalts liegt gerade darin, dass die behörde die vorläufige regelung im ausgangsbescheid durch die endgültige regelung im schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die einschränkungen der §§ 49, 48 vwvfg gebunden zu sein. 67vgl. bverwg, urteile vom 23.1.2019 – 10 c 5.17 –, bverwge 164, 237 = juris, rn. 24, und vom 19.11.2009 – 3 c 7.09 –, bverwge 135, 238 = juris, rn. 14 ff., 24, 28; ovg nrw, urteil vom 17.6.2020 – 4 a 436/17 –, gewarch 2020, 407 = juris, rn. 41 f., m. w. n. 68bei dem angefochtenen rückforderungsbescheid der beklagten vom 11.3.2014 handelt es sich jedoch nicht um einen schlussbescheid im vorgenannten sinne. die beklagte hat die festsetzung der zuwendung vom 29.6.2011 mit dem rückforderungsbescheid vielmehr konkludent teilweise zurückgenommen und war deshalb an die vorgaben des § 48 vwvfg und des allgemeinen verwaltungsverfahrensrechts gebunden (dazu 1.), ohne dass die rechtlichen anforderungen, die sich hieraus ergeben, eingehalten worden sind (dazu 2.). 691. der rückforderungsbescheid vom 11.3.2014 kann nicht als schlussbescheid verstanden werden, der die zuwendung nach nur vorläufiger bewilligung endgültig in geringerer höhe festsetzt, wovon die beklagte hingegen ausgegangen ist. 70eine vorläufige regelung des zuwendungsverhältnisses dient der bewältigung von situationen, bei denen im zeitpunkt der regelung über die zu treffende endgültige entscheidung noch ungewissheit besteht, sei es, weil die rechtslage noch ungeklärt ist, sei es, weil eine endgültige ermittlung des sachverhalts noch nicht möglich ist. das subventionsverhältnis wird dabei zunächst durch den zuwendungsbescheid geregelt, der aber unter den vorbehalt der späteren festsetzung gestellt wird und damit auf eine ergänzung durch einen weiteren verwaltungsakt angelegt ist, durch den die zuwendung in den offen gehaltenen punkten abschließend geregelt werden sollte. in diesen fällen wird nach dem regelungsgehalt des zuwendungsbescheids die regelung getroffen, dass der begünstigte die empfangene leistung nur vorläufig bis zum erlass der endgültigen regelung behalten darf. 71vgl. bverwg, urteil vom 19.11.2009 ‒ 3 c 7.09 ‒, bverwge 135, 238 = juris, rn. 16; ovg nrw, urteil vom 17.6.2020 – 4 a 436/17 –, gewarch 2020, 407 = juris, rn. 63 ff., m. w. n. 72so lag der fall hier bei erlass des streitgegenständlichen bescheids vom 11.3.2014 nicht. vorliegend hat die beklagte die zuwendungshöhe zwar in ihrem ursprünglichen bewilligungsbescheid vom 9.1.2007 unter den vorbehalt der späteren festsetzung gestellt. der nur vorläufige charakter der mittelzuweisung folgte nach der maßgeblichen sicht eines objektiven empfängers bereits aus der im tenor des zuwendungsbescheids geregelten, zukunftsoffenen festlegung auf „eine nicht rückzahlbare zuwendung von 54,00 v. h. der tatsächlich entstehenden, auf grund einer nachkalkulation zu ermittelnden zuwendungsfähigen selbstkosten, höchstens 402.462,00 euro (anteilfinanzierung)“ sowie aus dem erfordernis einer verwendungsnachweisführung. 73den schlussbescheid, der den ursprünglichen vorläufigen bewilligungsbescheid ersetzt, hat die beklagte allerdings bereits in form des bescheids vom 29.6.2011 erlassen. denn der grund für die zuwendungsbewilligung unter vorbehalt, nämlich die bei bewilligung bestehende unsicherheit über die höhe der tatsächlich entstehenden und fristgemäß nachgewiesenen kosten, war mit der vorlage des verwendungsnachweises und dessen prüfung im bescheid vom 29.6.2011 weggefallen. 74daran ändert nichts, dass der bescheid vom 29.6.2011 seinerseits unter den vorbehalt der prüfung durch weitere prüfungsinstanzen (z. b. bundesrechnungshof, landesrechnungshof, rechnungsprüfungsamt, preisüberwachungsstelle) gestellt war. 75die behörde darf eine regelung nicht beliebig nur vorläufig treffen, sondern nur, wenn ihr eine bestehende ungewissheit hierzu sachlichen grund gibt. das ist bei einer tatsächlichen ungewissheit nur dann der fall, wenn sie umstände betrifft, die erst künftig eintreten und die nach dem gesetz auch nicht im wege einer prognose zu schätzen sind. 76vgl. bverwg, urteil vom 19.11.2009 – 3 c 7.09 –, bverwge 135, 238 = juris, rn. 21. 77gemessen daran löste der als solcher bezeichnete vorbehalt der kostenprüfung nicht erneut das recht auf erlass eines schlussbescheids im vorgenannten sinne unter der befreiung der erfordernisse der §§ 48, 49 vwvfg aus. die bestehende ungewissheit über die zuwendungsfähigen kosten war tatsächlich bereits nach vorlage des verwendungsnachweises und ablauf der dafür vorgesehenen frist ausgeräumt. die beklagte war zwar nicht daran gehindert, die selbst bzw. vom projektträger durchgeführte prüfung des verwendungsnachweises nach erlass des schlussbescheids nochmals extern sachverständig überprüfen zu lassen. die ungewissheit, ob die vom projektträger durchgeführte prüfung dieses verwendungsnachweises rechnerisch und rechtlich zutreffend war, betraf aber anders als die tatsächliche verwendung der fördermittel keinen umstand, der erst künftig eintreten würde oder nach dem gesetz im wege einer prognose zu schätzen wäre. deshalb konnte die bereits mit bescheid vom 29.6.2011 erfolgte schlussfestsetzung bei später auffallenden rückforderungsgründen nur noch im rahmen der §§ 48 und 49 vwvfg zurückgenommen oder widerrufen werden. 78die beklagte hat durch ihr rückforderungsverlangen vom 11.3.2014 ihren bescheid vom 29.6.2011 mithin konkludent teilweise zurückgenommen. 79bei der rückforderung gewährter geldleistungen ist regelmäßig anzunehmen, dass die behörde mit der festsetzung der zu erstattenden leistung auch die rücknahme des gewährten verwaltungsakts erklärt hat. für diese annahme reicht es aus, wenn in dem rückforderungsbescheid auf den früheren bewilligungsbescheid bezug genommen wird. 80vgl. bverwg, beschluss vom 29.4.1999 – 8 b 87.99 –, vwrr by 1999, 290 = juris, rn. 6, und urteil vom 13.12.1984 – 3 c 79.82 –, buchholz 451.90 ewr-recht nr. 52 = juris, rn. 49. 81so liegt es hier. die beklagte hat in ihrem rückforderungsbescheid vom 11.3.2014 ausdrücklich auf ihren bescheid vom 29.6.2011 über die prüfung des verwendungsnachweises bezug genommen, der als schlussbescheid den ursprünglichen vorläufigen zuwendungsbescheid ersetzte und damit die grundlage für die vollständige auszahlung und das behalten der zurückgeforderten geldsumme bildete. deshalb kann angenommen werden, dass neben der teilrückforderung der zuvor bewilligten zuwendung die vorgelagerte teilrücknahme gleichsam konkludent miterklärt worden ist. 822. ausgehend davon liegen allerdings die voraussetzungen für die festsetzung der erstattung nicht vor. die mitangefochtene teilrücknahme ist formell und materiell rechtswidrig und deshalb nicht grundlage für die festgesetzte erstattung. die beklagte hat die klägerin weder zu der teilrücknahme angehört (dazu a) noch das ihr eingeräumte rücknahmeermessen ausgeübt (dazu b). 83a) die teilrücknahme ist bereits formell rechtswidrig, weil die beklagte die klägerin vor der entscheidung nicht gemäß § 28 abs. 1 vwvfg angehört hat (dazu aa). die fehlende anhörung ist auch nicht gemäß § 45 abs. 1 nr. 3 vwvfg nachgeholt worden (dazu bb) oder nach § 46 vwvfg unschädlich (dazu cc). 84aa) die klägerin ist entgegen § 28 abs. 1 vwvfg nicht vor erlass des bescheids angehört worden. nach dieser vorschrift ist, bevor ein verwaltungsakt erlassen wird, der in rechte eines beteiligten eingreift, diesem gelegenheit zu geben, sich zu den für die entscheidung erheblichen tatsachen zu äußern. dies erfordert auch, dass die behörde den betroffenen darüber in kenntnis setzt, dass sie beabsichtigt, ihm gegenüber einen bestimmten verwaltungsakt zu erlassen. 85vgl. bverwg, urteil vom 22.3.2012 – 3 c 16.11 –, bverwge 142, 205 = juris, rn. 12; ovg nrw, urteil vom 17.7.2019 – 4 a 1990/17 –, nwvbl. 2020, 31 = juris, rn. 24 f., m. w. n. 86daran fehlt es. die beklagte hat, nachdem der prüfbericht der bezirksregierung am 11.2.2014 beim projektträger eingegangen war, sogleich unter dem 11.3.2014 konkludent die teilrücknahme verfügt. 87eine anhörung der klägerin lag nicht darin, dass die bezirksregierung als externe preisprüfungsstelle der klägerin nach der durchgeführten kostenprüfung in einem abschlussgespräch die festgestellten niedrigeren gesamtkosten näher erläutert haben soll. unabhängig davon, ob und gegebenenfalls mit welchem inhalt ein solches abschlussgespräch tatsächlich stattgefunden hat, entspricht dies nicht den anforderungen an eine ordnungsgemäße anhörung im sinne des § 28 abs. 1 vwvfg. 88für die durchführung der anhörung ist allein die mit außenwirkung handelnde behörde zuständig, die auch für den erlass des belastenden verwaltungsakts zuständig ist. 89vgl. bverwg, beschluss vom 20.12.2013 – 7 b 18.13 –, dvbl. 2014, 303 = juris, rn. 12. 90dies war vorliegend nicht die bezirksregierung, sondern das bmbf. ein handeln der bezirksregierung kann dem bmbf auch nicht zugerechnet werden. es kann dahinstehen, ob das bmbf die bezirksregierung überhaupt zur durchführung des verwaltungsverfahrens bzw. eines teils davon wie der anhörung zulässigerweise hätte ermächtigen können. ein entsprechender auftrag war der bezirksregierung schon nicht erteilt worden. der projektträger hatte die bezirksregierung mit schreiben vom 28.7.2011 lediglich um kostenprüfung gebeten. 91vor diesem hintergrund konnte die bezirksregierung der klägerin im übrigen auch gar nicht gelegenheit geben, sich zu den für die entscheidung erheblichen tatsachen zu äußern. denn der bezirksregierung konnte nicht bekannt sein, welchen verwaltungsakt das bmbf zu erlassen beabsichtigte. allein schon deshalb ist das etwaig von der bezirksregierung mit der klägerin durchgeführte abschlussgespräch auch kein grund, im rahmen des ermessens nach § 28 abs. 2 vwvfg von einer anhörung abzusehen. 92vgl. dazu bverwg, beschluss vom 20.12.2013 – 7 b 18.13 –, dvbl. 2014, 303 = juris, rn. 12. 93bb) die unterlassene anhörung ist nicht nach § 45 abs. 1 nr. 3 vwvfg geheilt worden. hiernach ist eine verletzung von verfahrens- oder formvorschriften, die nicht den verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche anhörung eines beteiligten nachgeholt wird. 94eine solche heilung setzt voraus, dass die behörde nachträglich die anhörung ordnungsgemäß durchführt und ihre funktion für den entscheidungsprozess der behörde uneingeschränkt erreicht wird. 95vgl. bverwg, urteile vom 22.3.2012 – 3 c 16.11 –, bverwge 142, 205 = juris, rn. 18, und vom 24.6.2010 – 3 c 14.09 –, bverwge 137, 199 = juris, rn. 37. 96diese funktion besteht nicht allein darin, dass der betroffene seine einwendungen vorbringen kann und diese von der behörde zur kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die behörde ein etwaiges vorbringen bei ihrer entscheidung in erwägung zieht. äußerungen und stellungnahmen von beteiligten im gerichtlichen verfahren reichen als solche zur heilung einer zunächst unterbliebenen anhörung nicht aus. eine funktionsgerecht nachgeholte anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene sachentscheidung zu verteidigen, sondern das vorbringen des betroffenen erkennbar zum anlass nimmt, die entscheidung kritisch zu überdenken. 97vgl. bverwg, urteil vom 17.12.2015 ‒ 7 c 5.14 ‒, bverwge 153, 367 = juris, rn. 17, m. w. n.; ovg nrw, urteil vom 17.7.2019 – 4 a 1990/17 –, nwvbl. 2020, 31 = juris, rn. 30 f., m. w. n. 98dies ist vorliegend unterblieben. die beklagte hat die getroffene sachentscheidung vielmehr in erster linie als schlussbescheid verteidigt und dabei deutlich gemacht, dass sie nicht bereit war, ihre entscheidung anhand von einwänden der klägerin ergebnisoffen kritisch zu überdenken. 99cc) schließlich war die unterbliebene anhörung auch nicht nach § 46 vwvfg unschädlich. nach dieser vorschrift kann die aufhebung eines verwaltungsakts, der nicht nach § 44 vwvfg nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. 100es ist nicht offensichtlich, dass die fehlende anhörung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. es handelt sich nämlich nicht um eine entscheidung der beklagten, zu der sie verpflichtet war. die teilrücknahme ist vielmehr auch materiell rechtswidrig, wie sich aus den folgenden ausführungen ergibt. 101b) die teilrücknahme in dem bescheid vom 11.3.2014 ist materiell rechtswidrig, weil die beklagte das ihr eingeräumte rücknahmeermessen nicht ausgeübt hat. 102nach § 48 abs. 1 satz 1 vwvfg kann ein rechtswidriger verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit wirkung für die zukunft oder vergangenheit zurückgenommen werden. ein verwaltungsakt, der ein recht oder einen rechtlich erheblichen vorteil begründet oder bestätigt hat, darf nur unter den einschränkungen der absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. ein rechtswidriger verwaltungsakt, der – wie hier – eine einmalige oder laufende geldleistung oder teilbare sachleistung gewährt oder hierfür voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsakts vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist, § 48 abs. 2 satz 1 vwvfg. 103die tatbestandlichen voraussetzungen des § 48 abs. 1 satz 1 vwgo liegen vor. der bestandskräftige bescheid der beklagten vom 29.6.2011 über die prüfung des verwendungsnachweises, mit dem der klägerin der zuwendungsbetrag in voller höhe bewilligt wurde, ist rechtswidrig. in höhe des zurückgeforderten betrags von 19.992,83 euro sind geringere selbstkosten der klägerin rechtzeitig nachgewiesen als zuvor an sie maximal bewilligt und ausgezahlt worden waren. maßgeblich für die schlussabrechnung sind nach den nrn. 5.1, 19.1 nkbf 98 (april 2006) die rechtzeitig nachgewiesenen kosten. personalkosten sind nach näherer bestimmung der nr. 5.6.1 nkbf 98 zuwendungsfähig. ausgehend davon hat die beklagte auf der grundlage des kostenprüfungsberichts der bezirksregierung insbesondere die personalkosten und die übrigen darauf beruhenden kosten für das jahr 2010 anders als noch in ihrem bescheid vom 29.6.2011 zutreffend berechnet. in dem bescheid vom 29.6.2011 war die beklagte auf der grundlage der mit dem verwendungsnachweis gemachten angaben der klägerin bei der berechnung der personalkosten noch vom gesamt-brutto anstatt vom steuerpflichtigen bruttoentgelt ausgegangen, hatte im jahr 2010 48 vorhabenbezogene stunden zu viel aufgeschrieben und in den jahren 2009 und 2010 bei einigen mitarbeitern deutlich höhere jahresgehälter angesetzt als in den gehaltsabrechnungen ausgewiesen waren. 104die von der klägerin für die monate januar bis märz 2010 im klageverfahren als förderfähig veranschlagten personalkosten in höhe von 53.439,83 euro sind hingegen nicht nachvollziehbar und auch nicht maßgeblich. bei den in ihrer klagebegründung vorgelegten bescheinigungen zur ermittlung der jahresstundensätze für ihren geschäftsführer x. und ihre mitarbeiter t. , n. , i. , h. und f. i1. ergeben sich abweichungen im vergleich zu den von der beklagten im bescheid vom 11.3.2014 letztlich zu grunde gelegten zahlen hinsichtlich der vorhabenbezogenen produktiven stunden ihres geschäftsführers x. (124 statt der rechtzeitig nachgewiesenen 119 stunden), hinsichtlich der jahresarbeitsstunden ihrer mitarbeiter h. und f. i1. (866,67 statt 693,67 stunden bzw. 2.080,00 statt 1.821,00 stunden) sowie hinsichtlich des jahresgehalts ihres mitarbeiters f. i1. (16.635,30 euro statt 11.817,68 euro). auf diese abweichenden angaben kommt es jedoch zur beurteilung der rechtmäßigkeit der festsetzung vom 29.6.2011 nicht an. sie ergaben sich nämlich nicht aus den angaben, die die klägerin innerhalb der frist für die vorlage eines verwendungsnachweises abgegeben hatte. die berücksichtigung der nachträglich von der bezirksregierung bei der prüfung erstmals festgestellten zahlen erfolgte ausschließlich zu gunsten der klägerin. 105die beklagte hat jedoch das ihr eröffnete rücknahmeermessen nicht erkannt und folglich nicht ausgeübt, vgl. § 114 satz 1 vwgo. 106dabei kann vorliegend dahinstehen, ob für den fall der (teilweisen) rücknahme eines zuwendungsbescheids auch auf der grundlage von § 48 abs. 2 sätze 3 und 4 vwvfg grundsätzlich kein intendiertes ermessen in betracht kommt, und dies auch gilt, wenn sich der betroffene nicht auf vertrauensschutz berufen kann, etwa weil er den verwaltungsakt durch angaben erwirkt hat, die in wesentlicher hinsicht unrichtig oder unvollständig waren. 107so die neuere rspr. des bverwg, urteil vom 16.6.2015 – 10 c 15.14 –, bverwge 152, 211 = juris, rn. 29, unter bezugnahme auf eine entscheidung des bverwg zu § 45 sgb x, der eine dem § 48 abs. 2 satz 4 vwvfg vergleichbare regelung nicht enthält; bverwg, beschluss vom 11.12.2019 – 8 b 51.19 –, nvwz-rr 2020, 238 = juris, rn. 3, zulassung der revision wegen divergenz. dagegen die ältere rspr. des bverwg, urteile vom 26.6.2002 ‒ 8 c 30.01 ‒, bverwge 116, 332 = juris, rn. 37, zum widerrufsermessen, vom 16.6.1997 ‒ 3 c 22.96 ‒, bverwge 105, 55 = juris, rn. 14, zum widerrufs- und rücknahmeermessen, und vom 23.5.1996 ‒ 3 c 13.94 ‒, buchholz 451.513 sonst. marktordnungsrecht nr. 1 = juris, rn. 51, zum rücknahmeermessen. 108dies zu grunde gelegt wäre die teilrücknahme vom 11.3.2014 ohne weiteres materiell rechtswidrig, weil die beklagte kein ermessen ausgeübt hat. weder in dem angefochtenen bescheid noch sonst sind für die teilrücknahme der zuwendung maßgebliche ermessenserwägungen dokumentiert. 109aber auch wenn man vorliegend mit blick auf die regel nach § 48 abs. 2 satz 4, satz 3 nr. 2 vwvfg von einem in richtung einer rücknahme intendierten ermessen der beklagten ausginge, läge ein rechtsfehlerhafter ermessensnichtgebrauch vor. 110gemäß § 48 abs. 2 satz 4 vwvfg wird in den fällen des § 48 abs. 2 satz 3 vwvfg der verwaltungsakt in der regel mit wirkung für die vergangenheit zurückgenommen. das bundesverwaltungsgericht hat die vorschrift des § 48 abs. 2 satz 4 vwvfg in der vergangenheit gerade im zuwendungsrecht als im sinne eines intendierten ermessens ermessenslenkende vorschrift angesehen. 111vgl. bverwg, urteile vom 16.6.1997 – 3 c 22.96 –, bverwge 105, 55 = juris, rn. 14 f., und vom 23.5.1996 – 3 c 13.94 –, buchholz 451.513 sonst. marktordnungsrecht nr. 1 = juris, rn. 51. 112vorliegend sind die voraussetzungen des § 48 abs. 2 satz 3 nr. 2 vwvfg erfüllt, wonach sich der begünstigte auf vertrauen nicht berufen kann, wenn er den verwaltungsakt durch angaben erwirkt hat, die in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig waren. denn die zunächst erfolgte schlussfestsetzung mit bescheid vom 29.6.2011 ist jedenfalls auch darauf zurückzuführen, dass die klägerin die nachweise über die jahresgehälter und -stunden ihrer für das fördervorhaben im jahr 2010 eingesetzten mitarbeiter mit dem verwendungsnachweis nicht vorgelegt bzw. fehlerhafte angaben über die jahresgehälter und die vorhabenbezogenen stunden gemacht hatte. so wurde die beklagte erst auf der grundlage des diese fehler aufdeckenden kostenprüfungsberichts der bezirksregierung zur teilrücknahme veranlasst. bei vorlage insoweit vollständiger und richtiger nachweise wäre die schlussfestsetzung anders ausgefallen. 113im falle eines verwaltungsakts, der eine ermessensbetätigung der behörde vorsieht, deren richtung bereits vom gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes ermessen), bedarf es besonderer gründe, um eine von der intendierten ermessensausübung abweichende entscheidung zu rechtfertigen. liegt ein von dem gesetzlich angenommenen regelfall abweichender sachverhalt nicht vor, so versteht sich das ergebnis der abwägung von selbst. in diesem fall ist auch eine –das selbstverständliche darstellende – begründung im sinne des § 39 abs. 1 satz 3 vwvfg entbehrlich. nur für den fall, dass außergewöhnliche umstände des falles, die eine andere entscheidung möglich erscheinen lassen, erkennbar oder der behörde bekannt geworden sind, übt diese ihr ermessen rechtsfehlerhaft aus, wenn sie die betreffenden umstände nicht erwogen hat. 114vgl. bverwg, urteile vom 22.3.2017 – 5 c 4.16 –, bverwge 158, 258 = juris, rn. 40, m. w. n., und vom 23.5.1996 – 3 c 13.94 –, buchholz 451.513 sonst. marktordnungsrecht nr. 1 = juris, rn. 51. 115die vollständige kenntnis auch von den für die ausübung des rücknahme- oder widerrufsermessens maßgeblichen umständen erlangt die behörde regelmäßig nur infolge einer – mit einer angemessenen frist zur stellungnahme verbundenen – anhörung des betroffenen. 116vgl. bverwg, urteil vom 23.1.2019 – 10 c 5.17 –, bverwge 164, 237 = juris, rn. 32, m. w. n.; ovg nrw, beschluss vom 15.8.2019 – 15 a 2792/18 –, nvwz-rr 2020, 333 = juris, rn. 16 f., m. w. n., 22. 117in anwendung dieser grundsätze ist der bescheid selbst bei zugrundelegung eines intendierten ermessens ermessensfehlerhaft ergangen. die beklagte hat im rahmen ihrer (konkludenten) rücknahmeentscheidung die außergewöhnlichen umstände des vorliegenden falles nicht ermittelt und infolgedessen nicht erwogen. eine ordnungsgemäß durchgeführte anhörung hätte der klägerin gelegenheit gegeben, die mit der klagebegründung nachgereichten übersichten über die bis juni 2010 geleisteten jahresstunden, einschließlich der projektbezogenen stunden, bereits vor bescheiderlass vorzulegen. dann hätte die beklagte berücksichtigen können und müssen, ob die klägerin – wie sie mit ihrer klage geltend gemacht hat – im bewilligungszeitraum bis juni 2010 aufwendungen im rahmen des zuwendungszwecks tatsächlich in voller höhe der festgesetzten zuwendung erbracht hat, die lediglich nicht vollständig fristgerecht nachgewiesen worden waren, weil dieser nachweis zunächst als nicht mehr erforderlich angesehen worden war. insoweit handelte es sich möglicherweise nicht um einen fall materieller zweckverfehlung. darüber hinaus wären die außergewöhnlichen umstände für die verspätete vorlage der übersichten über die bis juni 2010 geleisteten jahresstunden unter berücksichtigung des bisherigen ablaufs des verwaltungsverfahrens von der beklagten näher zu würdigen gewesen. ob ungeachtet dieser atypischen besonderheiten die teilrücknahme letztlich eine von mehreren möglichen ermessensgerechten entscheidungen gewesen wäre, ist unerheblich. 118eine heilung der unterbliebenen, aber erforderlichen ermessensausübung scheidet aus. im gerichtlichen verfahren dürfen nach § 114 satz 2 vwgo nur ermessenserwägungen ergänzt werden, wenn das ermessen zuvor schon in irgendeiner weise betätigt worden ist. 119vgl. bverwg, beschluss vom 9.6.2015 – 6 b 60.14 –, buchholz 442.066 § 61 tkg nr. 3 = juris, rn. 20, m. w. n. 120da es daran fehlt, sind insbesondere die schriftsätzlichen stellungnahmen der beklagten und die äußerungen ihres vertreters in der mündlichen verhandlung, in denen er sich zu den vorgenannten außergewöhnlichen umständen verhalten hat, von vornherein nicht geeignet, den ermessensausfall zu korrigieren. 121die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 2 vwgo. 122die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 123die revision ist wegen der grundsätzlichen bedeutung der rechtssache nach § 132 abs. 2 nr. 1 vwgo zuzulassen. es bedarf der grundsätzlichen klärung der wirksamkeit eines im zusammenhang mit einem empfangsbekenntnis für einen belastenden verwaltungsakt formularmäßig erklärten rechtsbehelfsverzichts. das bmbf verwendet derartige verzichtserklärungen entsprechend in ständiger praxis, hält diese für wirksam und meint, sich hierauf im prozess berufen zu können.
Klaeger*in
1
125,846
9 K 2050/14
"2016-03-03T00:00:00"
Urteil
Tenor Die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt, tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung H. , Flur 00, Flurstück 687 (postalische Anschrift: H1.-----straße 11, 45°°° H. ). Der Beigeladene ist Eigentümer des östlich anschließenden Grundstücks Gemarkung H. , Flur 00, Flurstück 688 (postalische Anschrift: H1.-----straße 11a). 3Am 12. August 1994 wurde im Baulastenverzeichnis der Beklagten unter der Blattnummer 0001 aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom selben Tag für die damaligen Grundstücke Gemarkung H. , Flur 00, Flurstücke 77 und 80 eine Baulast mit folgendem Text eingetragen: 4„Die Eigentümer der Grundstücke Gemarkung H. , Flur 00, Flurstücke 77 und 80, verpflichten sich, hinsichtlich baulicher Anlagen und Einrichtungen auf den Grundstücken das öffentliche Baurecht so einzuhalten, als ob es sich um ein Grundstück handelt.“ 5Die Verpflichtungserklärung nimmt Bezug auf den beigefügten Lageplan. Auf diesem ist das Flurstück 77 gänzlich und das Flurstück 80 zum überwiegenden Teil schraffiert dargestellt. Auf der östlichen Seite des Flurstücks 80 verläuft die Grenze der schraffiert dargestellten Fläche ausweislich der dargestellten Vermaßung „~ 5,40 m“ von der Bestandsbebauung auf dem östlich angrenzenden Flurstück 82 entfernt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 16 der Beiakte 2 Bezug genommen. 6Das bisherige Flurstück 80 wurde im Juli 1995 geteilt; die Teilflächen wurden unter den Flurstücksnummern 537 und 538 fortgeführt und im Grundbuch als selbständige Grundstücke eingetragen. 7Im Mai 1999 wurde das bisherige Flurstück 77 geteilt; die Teilflächen wurden unter den Flurstücksnummern 687, 688, 690, 696, 698 sowie 704 fortgeführt und im Grundbuch als selbständige Grundstücke eingetragen. Dabei erfolgte die Grundstücksteilung dergestalt, dass die bisherigen, in sich geschlossenen Wohneinheiten (H1.-----straße 11 und 11a) nunmehr auf unterschiedlichen Grundstücken liegen und an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Der östliche Streifen des bisherigen Flurstücks 77 wurde im Bereich des bisherigen Garagen-Überbaus in die Grundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen 690, 696, 698 und 704 aufgeteilt. Ebenfalls im Mai 1999 wurde das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 537 in mehrere selbstständige Grundstücke (Flurstücke 689, 691 bis 695, 697, 699 bis 703 sowie 705) geteilt. Hinsichtlich der heutigen Grundstückssituation wird auf den nachfolgenden Kartenausschnitt Bezug genommen. 8Am 15. August 2012 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung, wobei das Vorhaben als „Anbau eines Balkons und Fassadenänderung“ bezeichnet wurde. Ausweislich der Bauvorlagen beabsichtigte der Beigeladene die Errichtung eines an der Rückseite des Gebäudes gelegenen Altans mit einer Höhe (Unterkante Kragplatte) von 4,60 m über der Geländeoberfläche, einer Breite von 3,65 m und einer Tiefe von 1,50 m. Der Abstand zu der klägerischen Grundstücksgrenze beträgt ausweislich der Bauvorlagen 2,00 m. Im Baugenehmigungsverfahren legte der Beigeladene der Beklagten zwei mit dem Text „bin mit Plan einverstanden“ und den Unterschriften der Kläger versehene Bauvorlagen („Grundriss“ und „Ansichten“) vor. 9Mit Bescheid vom 18. März 2013 erteilte die Beklagte unter dem Aktenzeichen 945-12-02 die begehrte Baugenehmigung einschließlich einer Abweichung von § 6 Abs. 1, 7 BauO NRW in Bezug auf die Nichteinhaltung der seitlichen Abstandfläche auf der Westseite. Die Aufgabe zur Post mittels einfachem Brief wurde in dem Verwaltungsvorgang für den 20. März 2013 vermerkt. 10In der Folge errichtete der Beigeladene an der Rückseite seines Hauses eine gegenüber dem umliegenden Gelände erhöhte Terrassenfläche nebst hierauf aufgeständerter Terrassenüberdachung. Der gebäudenahe Teil der Terrassenüberdachung bildet zugleich die Bodenplatte des darüber liegenden überdachten Altans. Die Stützen des Altans sind gegenüber der erteilten Baugenehmigung nach außen an die Ecken der Bodenplatte verschoben worden. Der Altan ist im oberen Bereich, d.h. über der Brüstung, an allen Seiten verglast, wobei die gartenseitige Verglasung verschiebbar ist. Die Überdachung des Altans besteht aus kippbaren Glaslamellen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Lichtbild Blatt 21 der Beiakte 2 ergänzend Bezug genommen. 11Am 17. Juli 2013 reichte der Kläger Bauvorlagen ein, die zusätzlich zu dem genehmigten Altan eine Überdachung zeigen. Ein diesbezüglicher schriftlicher Bauantrag findet sich in den Verwaltungsvorgängen nicht. Mit Bescheid vom 7. November 2013 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter dem Aktenzeichen 981-13-02 eine bauaufsichtliche Genehmigung für das Vorhaben „Umbau der Doppelhaushälfte: Anbau eines Balkons und Fassadenänderung, Nachtrag zu Baugenehmig. v. 18.03.2013, Az.00945-12 hier: Errichtung einer Balkonüberdachung“. Die als Anlage zur Baugenehmigung bezeichneten Bauzeichnungen zeigen allein eine Überdachung des Altans mit Stützen. Zwei Zeichnungen, aus denen sich ergibt, dass der Altan nicht nur mit einem Dach aus Glaslamellen, sondern auch mit Glasflächen an allen Seiten umgeben werden sollte (vgl. die Zeichnungen Bl. 93 und 94 der Beiakte 1), sind nicht als zum Bauschein gehörig gekennzeichnet. Auf ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 1. April 2014 übersandte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 23. April 2014 erstmals die beiden Genehmigungsbescheide. 12Die Kläger haben am 29. April 2014 gegen die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 18. März 2013 nebst Nachtrag vom 7. November 2013 Klage erhoben. 13Zu ihrer Begründung machen sie geltend: Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet; insbesondere stehe § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO dem Antrag nicht entgegen. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei erloschen, da der Beigeladene das Vorhaben abweichend von den Bauzeichnungen errichtet habe. Unterstelle man die Wirksamkeit der Baugenehmigung, erweise sich jedenfalls der Hilfsantrag als begründet; sie seien durch das Vorhaben in eigenen Rechten verletzt. Die eingetragene Vereinigungsbaulast stehe dem nicht entgegen. Ihre Eintragung führe nicht dazu, dass ihr Grundstück sowie das des Beigeladenen als ein Grundstück anzusehen seien. 14Die Kläger beantragen, 15161. festzustellen, dass die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) zum Anbau eines Balkons und Fassadenänderung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) zur zusätzlichen Errichtung einer Balkonüberdachung erloschen ist, 172. hilfsweise die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 (Az. 945-12-02) zum Anbau eines Balkons und Fassadenänderung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 (Az. 981-13-02) zur zusätzlichen Errichtung einer Balkonüberdachung aufzuheben. 18Die Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Der Beigeladene stellt keinen Antrag. 21Entscheidungsgründe: 22Der Einzelrichter ist zuständig, nachdem die Kammer diesem das Verfahren durch Beschluss vom 11. Februar 2016 nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat. 23Die Klage hat mit ihrem Hilfsantrag Erfolg. 24Der Klageantrag zu 1., mit dem die Kläger die Feststellung begehren, dass die Baugenehmigung vom 18. März 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 erloschen ist, ist zulässig, aber unbegründet. 25Der Feststellungsantrag ist zulässig. Insbesondere stehen weder § 43 Abs. 1 noch Abs. 2 Satz 1 VwGO dem Feststellungsbegehren entgegen. Nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Berechtigtes Interesse in diesem Sinne ist dabei jedes als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern. 26Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Januar 1996 – 8 C 19/94 –, BVerwGE 100, 271 = juris Rn. 20, und vom 27. Juni 1997 – 8 C 23/96 –, NJW 1997, 3257 = juris Rn. 21; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 43 Rn. 23. 27Dabei ist es nicht erforderlich, dass ein die Feststellung begehrender Kläger an dem streitigen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. Es kann, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen, auch die Feststellung verlangt werden, dass zwischen diesem oder der Beklagten und einem Dritten ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe. 28Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 6 f., und vom 27. Juni 1997 –8 C 23/96 –, juris Rn. 17; vgl. weiterhin zu § 256 Abs. 1 ZPO BGH, Urteil vom 14. Mai 1990 – II ZR 125/89 –, LM § 256 ZPO Nr. 163 = juris Rn. 6. 29Den Klägern fehlt es im vorliegenden Fall hinsichtlich der hier begehrten Feststellung, dass die Baugenehmigung erloschen ist, nicht an einem solchen Feststellungsinteresse. Ob in diesem Zusammenhang ein Feststellungsinteresse eines Nachbarn nur dann anzunehmen ist, wenn dieser im Falle der Ausnutzung der Baugenehmigung auf jeden Fall in seinen Rechten verletzt wäre, dies jedenfalls möglich erschienen muss oder es einer solchen Einschränkung nicht bedarf, 30im letzteren Sinne wohl OVG NRW, Urteile vom 20. August 1993 – 7 A 368/92 –, Seite 9 des Entscheidungsabdrucks, und vom 30. April 1998 – 10 A 2981/96 –, Seiten 9 und 11 des Entscheidungsabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht, 31kann vorliegend offenbleiben. Im Fall der Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung wären die Kläger – wie nachfolgend ausgeführt – offensichtlich in ihrem subjektiven Recht aus § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW verletzt. 32Dem Feststellungsbegehren der Kläger steht auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen, wonach eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Die Möglichkeit der Anfechtung der Baugenehmigung steht der Erhebung der Feststellungsklage nicht entgegen. Insoweit ist vom Rechtsstandpunkt der Kläger, die die Baugenehmigung für erloschen halten, auszugehen. Für die Erhebung der Anfechtungsklage müssten die Kläger ihren Rechtsstandpunkt aufgeben und für den Fall, dass das Gericht ihre (ursprüngliche) Rechtsauffassung teilt, die Gerichtskosten tragen. 33Vgl. zu den insoweit identischen Erwägungen bei der Verpflichtungsklage: BVerwG, Urteile vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 7, und vom 26. September 2012 – 8 C 26/11 –, BVerwGE 144, 211 = juris Rn. 19; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 43 Rn. 131; vgl. zur Anfechtungsklage auch: Duken, NVwZ 1990, 443, 444. 34Eine zu erhebende Verpflichtungsklage auf ordnungsbehördliches Einschreiten wäre nicht in gleichem Maße rechtsschutzintensiv wie eine Feststellungsklage. Mit ersterer könnten die Kläger nicht mit Sicherheit eine die Beteiligten nach § 121 Nr. 1 VwGO bindende Feststellung des Erlöschens der Baugenehmigung erreichen. Fehlt es nämlich, obgleich die Genehmigung erloschen ist, an nur einer weiteren prozessualen oder materiellrechtlichen Voraussetzung, bedürfte es keiner Erörterung, ob die Baugenehmigung erloschen ist und damit kein formeller Bestandsschutz mehr besteht. 35Vgl. hierzu OVG NRW, Urteile vom 20. August 1993 – 7 A 368/92 –, Seite 9 des Entscheidungsabdrucks, und vom 30. April 1998 – 10 A 2981/96 –, Seiten 10 f. des Entscheidungsabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht; vgl. zur Frage der Rechtskrafterstreckung nach § 121 VwGO auch BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247 = juris Rn. 7; Duken, NVwZ 1990, 443, 444. 36Der Feststellungsantrag ist aber unbegründet. 37Die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 18. März 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 ist im für die vorliegende Feststellungsklage entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, 38vgl. diesbezüglich VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 18 K 8404/14 –, juris Rn. 17, 39auch unter Berücksichtigung der abweichenden Errichtung weder wegen Ablaufs der Geltungsdauer noch wegen Verzichts erloschen. 40Die Baugenehmigung erlischt nach § 77 Abs. 1 BauO NRW, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach ihrer Erteilung mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen worden ist. Dabei ist als Bauvorhaben in diesem Sinne allein das genehmigte Vorhaben zu verstehen. Errichtet der Bauherr hingegen eine als „aliud“ anzusehende bauliche Anlage, nutzt er die Baugenehmigung nicht aus. 41Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. März 1982 – 7 A 1634/79 –, BRS 39 Nr. 126, und vom 21. Dezember 2010 –2 A 1419/09 –, juris Rn. 69; Hess. VGH, Beschluss vom 10. Juli 2003 – 4 TG 1296/03 –, BRS 66 Nr. 162; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 77 Rn. 6; Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Stand: Oktober 2015, § 77 Rn. 14. 42Dabei ist für die Frage des Ablaufs der Geltungsdauer nach § 77 Abs. 1 BauO NRW auf die Erteilung der ursprünglichen Baugenehmigung und nicht auf den Nachtrag abzustellen. 43Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 22. März 1984 – 2 B 82 A.301 –, BRS 42 Nr. 167; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 77 Rn. 7. 44Die Dreijahresfrist seit Erteilung der ursprünglichen Genehmigung ist noch nicht abgelaufen. Vorliegend hat die Beklagte entgegen dem Wortlaut des § 75 Abs. 1 Satz 3 BauO NRW dem Beigeladenen keine Ausfertigung der Baugenehmigung zugestellt. Der Beginn der Geltungsdauer kann somit erst angenommen werden, wenn eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 9 Landeszustellungsgesetz NRW (LZG NRW) eingetreten ist. 45Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. September 2014 – 9 K 3975/12 –, juris Rn. 32 f. 46Selbst wenn man hier zugunsten der Kläger sogar das Datum des Bescheides oder der Aufgabe zur Post zugrunde legte, liefe die Dreijahresfrist erst am 18. bzw. 20. März 2016 ab. Im Übrigen läuft die Erlöschensfrist des § 77 Abs. 1 BauO NRW aber auch solange nicht ab, sondern wird unterbrochen, wie der Nachbar die Baugenehmigung anficht. Hier haben die Kläger am 29. April 2014 Klage erhoben. 47Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2001 – 7 A 3553/00 –, juris Rn. 3, sowie Urteile vom 19. April 2010 – 7 A 2362/07 –, juris Rn. 46, und vom 21. Dezember 2010 – 2 A 1419/09 –, juris Rn. 72; Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Stand: Oktober 2015, § 77 Rn. 16 ff.; Johlen, in: Gädtke/Temme/Heintz/Czepuck, BauO NRW, 11. Auflage 2011, § 77 Rn. 11. 48Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Baugenehmigung auch nicht durch die abweichende Errichtung des Altans im Sinne eines Verzichts erloschen. Hiervon wäre auszugehen, wenn das errichtete Vorhaben ein "aliud" zum Gegenstand und der Beigeladene (zusätzlich) zu erkennen gegeben hätte, an der Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung kein Interesse mehr zu haben. 49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2004 – 10 A 1476/04 –, BRS 67 Nr. 169 = juris Rn. 5 ff., und Urteil vom 21. Dezember 2010 – 2 A 1419/09 –, juris Rn. 64. 50Eine solche Erklärung hat der Beigeladene weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben. Entgegen der Auffassung der Kläger kann der abweichenden Errichtung des Altans allein kein diesbezüglicher Erklärungswert beigemessen werden. Aus dem möglichweise bestehenden bautechnischen Aufwand eines Umbaus kann kein fehlender Wille zur Ausnutzung der erteilten Genehmigung gefolgert werden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil ein solcher im Vergleich zu einem vollständigen Rückbau gleichwohl wirtschaftlich sinnvoll erscheinen und somit gerade im Angesicht etwaiger bauordnungsbehördlicher Maßnahmen noch in Erwägung zu ziehen sein kann. 51Der hilfsweise gestellte Klageantrag zu 2. ist zulässig und begründet. 52Der auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 18. März 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 7. November 2013 gerichtete Antrag ist zulässig. Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs erhielten die Kläger erstmals im April 2014 Kenntnis von der Baugenehmigung nebst Nachtrag. Die Klageerhebung erfolgte am 29. April 2014. 53Den Klägern mangelt es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Zwar haben die Kläger dem Bauvorhaben durch ihre Unterschrift auf zwei Bauvorlagen zugestimmt und dadurch grundsätzlich auf Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung in der ursprünglichen Fassung vom 20. März 2013 verzichtet. 54Vgl. zum Verzicht auf Nachbarrechte durch Unterzeichnung der Bauvorlagen: OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2000 – 10 B 1145/00 –, BauR 2991, 89 = juris Rn. 5, und vom 30. März 2004 – 7 B 2430/03 –, juris Rn. 8 ff., sowie Urteil vom 20. Februar 2006 – 7 A 1358/04 –, juris Rn. 35; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 74 Rn. 121. 55Diese Nachbarzustimmung ist aber durch die nachträgliche Änderung des genehmigten Vorhabens gegenstandslos geworden. Die als „Nachtrag zur Baugenehmigung“ bezeichnete Genehmigung vom 8. November 2013 ist nicht zur ursprünglichen Baugenehmigung als weitere selbständige Genehmigung hinzugetreten, sondern hat diese abgeändert. Das ursprünglich geplante Vorhaben ist so nie realisiert worden. Durch die Nachtragsgenehmigung ist das Vorhaben in einer Weise abgeändert worden, die sich nachteilig auf die Belange der Kläger als Nachbarn auswirken kann, denn der Altan ist durch die genehmigte Überdachung um 2,56 m erhöht und im Übrigen in seiner Nutzbarkeit deutlich erweitert worden. Hierauf hat sich die Zustimmung aber unstreitig nie bezogen. 56Vgl. insoweit Thür. OVG, Urteil vom 30. August 2007 –1 KO 330/06 –, juris Rn. 47. 57Die Anfechtungsklage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist begründet. Dies ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Fall, wenn und soweit den Klägern ein Abwehrrecht gegen das Vorhaben des Beigeladenen zusteht. Dies setzt voraus, dass das Vorhaben in einer nicht durch einen rechtmäßigen Dispens ausräumbaren Weise gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, und – sofern sich dies aus der nachbarschützenden Vorschrift ergibt – die Kläger durch das Vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt werden. Ob das Vorhaben objektiv, d.h. hinsichtlich der Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, wird im Klageverfahren hingegen nicht geprüft. 58Vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 –, BVerwGE 32, 173 = juris Rn 15; vgl. weiter BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, BRS 38 Nr. 186 = juris Rn 35. 59Das Vorhaben des Beigeladenen verstößt zu Lasten der Kläger gegen § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW müssen diese auf dem Grundstück selbst liegen. Dabei beträgt die Tiefe der Abstandfläche – so wie hier – jedenfalls 3 m, § 6 Abs. 5 Satz 5 BauO NRW. Hält ein Vorhaben gegenüber einem Grundstück die notwendige Abstandfläche nicht ein, kann der jeweils durch die auf seinem Grundstück liegende Abstandfläche betroffene Grundstückseigentümer diesen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW als nachbarrechtsverletzend geltend machen. Hier liegt die durch das Vorhaben geworfene Abstandfläche von 3 m angesichts des Grenzabstands von nur 2 m teilweise auf dem Grundstück der Kläger. 60Vgl. zum Nachbarschutz nur OVG NRW, Urteile vom 14. Januar 1994 – 7 A 2002/92 –, OVGE 44, 1, und vom 6. Juni 2014 – 2 A 2757/12 –, juris Rn. 80; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 6 Rn. 39 ff.; Boeddinghaus, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Stand: Oktober 2015, § 6 Rn. 36. 61Hieraus folgt im vorliegenden Fall trotz eingetragener Vereinigungsbaulast im Sinne des § 4 Abs. 2 BauO NRW eine Rechtsverletzung zu Lasten der Kläger. Nach dieser Vorschrift ist ein Gebäude auf mehreren Grundstücken zulässig, wenn durch Baulast gesichert ist, dass keine Verhältnisse eintreten können, die den Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderlaufen. Eine solche Vereinigungsbaulast, die sich auch auf die Abstandflächen auswirkt, ist vorliegend am 12. August 1994 für die damaligen Grundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen 77 und 80 eingetragen worden. Sie setzt sich auch nach der Grundstücksteilung an den neu entstandenen Grundstücken fort. 62Vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 – 8 A 1760/13 –, juris Rn. 112; siehe auch Wenzel, Baulasten in der Praxis, Rn. 123. 63Die eingetragene Vereinigungsbaulast erweist sich allerdings als von Anfang an unwirksam. Dies ist (unter anderem) der Fall, wenn die der Beklagten gegenüber abgegebene, auf Übernahme einer Baulast gerichtete Erklärung nicht hinreichend genau und sicher erkennen lässt, welcher Teil des Grundstücks belastet werden sollte. 64Vgl. zur Bestimmtheit von Baulasterklärungen: OVG NRW, Urteile vom 29. September 1978 – XI A 112/78 –, BRS 33 Nr. 156, und vom 23. November 1988 – 7 A 2361/86 –, Seite 8 des Entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht; Wenzel, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 83 Rn. 54. 65Die Baulasterklärung vom 12. August 1994 ist in nicht aufzulösender Form in sich widersprüchlich. Nach dem Text der Baulasterklärung sollte die Vereinigungsbaulast die Flurstücke 77 und 80 umfassen. Eine Einschränkung hinsichtlich etwaiger nicht erfasster Grundstücksteile enthält der Text nicht. Der vorliegend in der Baulasterklärung ausdrücklich in Bezug genommene Lageplan umfasst im Gegensatz zu der textlichen Erklärung neben dem Flurstück 77 nur den westlichen Teil des Flurstücks 80. Eine Teilfläche am östlichen Rand des Flurstücks, die dem ein Jahr später geschaffenen Flurstück 538 entspricht, ist nicht schraffiert. Dieser Widerspruch kann angesichts der Eindeutigkeit beider Erklärungsteile auch nicht im Wege der Auslegung in Deckung gebracht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine solche Beschränkung textlich ohne weiteres zu formulieren gewesen wäre. Wird aber eine solche naheliegende textliche Einschränkung des Baulastumfangs nicht erklärt, spricht dies erst recht dafür, dass die Baulasterklärung umfassend zu verstehen ist. 66Vgl. zu diesem Aspekt bei der Auslegung einer Baulasterklärung: OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1992 – 11 A 890/91 –, juris Rn. 34; Nds. OVG, Urteil vom 27. September 2001 – 1 LB 1137/01 –, BRS 64 Nr. 130 = juris Rn. 27. 67Der bestehende Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO NRW kann nicht durch eine Abweichung nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW beseitigt werden. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW kann die Genehmigungsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn diese unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Gemäß Satz 2 sind Abweichungen von § 6 insbesondere zulässig, wenn durch das Vorhaben nachbarliche Interessen nicht oder nur unwesentlich stärker beeinträchtigt werden als bei einer Bebauung des Grundstücks, die nach § 6 BauO NRW zulässig wäre. 68Im Zusammenhang mit Abweichungen von § 6 BauO NRW sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauO NRW restriktiv auszulegen. Das in § 6 BauO NRW geregelte, in sich geschlossene System der Abstandflächenvorschriften enthält Regel- und Ausnahmetatbestände, so dass die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Interessen betroffener Grundstücksnachbarn sowie die relevanten öffentlichen Belange regelmäßig schon durch diese Vorschrift in einen gerechten Ausgleich gebracht werden. Insoweit bedarf es einer atypischen Grundstückssituation, um eine Abweichung von dem gesetzlich festgelegten Maß dessen, was der Nachbar hinnehmen muss, rechtfertigen zu können. Nur eine grundstücksbezogene Atypik – insbesondere Besonderheiten im Zuschnitt der Nachbargrundstücke oder im topografischen Geländeverlauf – kann eine Abweichung rechtfertigen, nicht aber außergewöhnliche Nutzungswünsche eines Eigentümers, die eine noch stärkere Ausnutzung seines Grundstücks erfordern als nach § 6 BauO NRW 2006 ohnehin schon zulässig ist. 69Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. März 2007 – 10 B 275/07 –, juris Rn. 20, und Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 A 2757/12 –, juris Rn. 94; Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 73 Rn. 19 ff. 70Eine solche atypische Grundstückssituation ist vorliegend nicht ansatzweise erkennbar. Im Gegenteil beruht die Lage des Vorhabens nur 2,00 m von der Grundstücksgrenze entfernt ausweislich der Bauvorlagen erkennbar darauf, das bodentiefe Fenster als Zugang für den Altan nutzen zu können. 71Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Satz 1, 159 Satz 2 VwGO. Hinsichtlich der Kostenquote geht die Kammer für den gestellten Feststellungsantrag von einem Wert aus, der halb so hoch wie der des entsprechenden Anfechtungsantrags ist. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären. Dieser hat sich mangels eigenem Antrag auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt, § 154 Abs. 3 VwGO. 72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die dem beigeladenen von der beklagten erteilte baugenehmigung vom 18. märz 2013 (az. 945-12-02) in der fassung der nachtragsbaugenehmigung vom 7. november 2013 (az. 981-13-02) wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten des beigeladenen, die dieser selbst trägt, tragen die kläger als gesamtschuldner zu 1/3 und die beklagte zu 2/3. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem jeweiligen vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2die kläger sind eigentümer des grundstücks gemarkung h. , flur 00, flurstück 687 (postalische anschrift: h1.-----straße 11, 45°°° h. ). der beigeladene ist eigentümer des östlich anschließenden grundstücks gemarkung h. , flur 00, flurstück 688 (postalische anschrift: h1.-----straße 11a). 3am 12. august 1994 wurde im baulastenverzeichnis der beklagten unter der blattnummer 0001 aufgrund einer verpflichtungserklärung vom selben tag für die damaligen grundstücke gemarkung h. , flur 00, flurstücke 77 und 80 eine baulast mit folgendem text eingetragen: 4„die eigentümer der grundstücke gemarkung h. , flur 00, flurstücke 77 und 80, verpflichten sich, hinsichtlich baulicher anlagen und einrichtungen auf den grundstücken das öffentliche baurecht so einzuhalten, als ob es sich um ein grundstück handelt.“ 5die verpflichtungserklärung nimmt bezug auf den beigefügten lageplan. auf diesem ist das flurstück 77 gänzlich und das flurstück 80 zum überwiegenden teil schraffiert dargestellt. auf der östlichen seite des flurstücks 80 verläuft die grenze der schraffiert dargestellten fläche ausweislich der dargestellten vermaßung „~ 5,40 m“ von der bestandsbebauung auf dem östlich angrenzenden flurstück 82 entfernt. hinsichtlich der einzelheiten wird auf blatt 16 der beiakte 2 bezug genommen. 6das bisherige flurstück 80 wurde im juli 1995 geteilt; die teilflächen wurden unter den flurstücksnummern 537 und 538 fortgeführt und im grundbuch als selbständige grundstücke eingetragen. 7im mai 1999 wurde das bisherige flurstück 77 geteilt; die teilflächen wurden unter den flurstücksnummern 687, 688, 690, 696, 698 sowie 704 fortgeführt und im grundbuch als selbständige grundstücke eingetragen. dabei erfolgte die grundstücksteilung dergestalt, dass die bisherigen, in sich geschlossenen wohneinheiten (h1.-----straße 11 und 11a) nunmehr auf unterschiedlichen grundstücken liegen und an der gemeinsamen grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. der östliche streifen des bisherigen flurstücks 77 wurde im bereich des bisherigen garagen-überbaus in die grundstücke mit den flurstücksbezeichnungen 690, 696, 698 und 704 aufgeteilt. ebenfalls im mai 1999 wurde das grundstück mit der flurstücksbezeichnung 537 in mehrere selbstständige grundstücke (flurstücke 689, 691 bis 695, 697, 699 bis 703 sowie 705) geteilt. hinsichtlich der heutigen grundstückssituation wird auf den nachfolgenden kartenausschnitt bezug genommen. 8am 15. august 2012 beantragte der beigeladene bei der beklagten die erteilung einer baugenehmigung, wobei das vorhaben als „anbau eines balkons und fassadenänderung“ bezeichnet wurde. ausweislich der bauvorlagen beabsichtigte der beigeladene die errichtung eines an der rückseite des gebäudes gelegenen altans mit einer höhe (unterkante kragplatte) von 4,60 m über der geländeoberfläche, einer breite von 3,65 m und einer tiefe von 1,50 m. der abstand zu der klägerischen grundstücksgrenze beträgt ausweislich der bauvorlagen 2,00 m. im baugenehmigungsverfahren legte der beigeladene der beklagten zwei mit dem text „bin mit plan einverstanden“ und den unterschriften der kläger versehene bauvorlagen („grundriss“ und „ansichten“) vor. 9mit bescheid vom 18. märz 2013 erteilte die beklagte unter dem aktenzeichen 945-12-02 die begehrte baugenehmigung einschließlich einer abweichung von § 6 abs. 1, 7 bauo nrw in bezug auf die nichteinhaltung der seitlichen abstandfläche auf der westseite. die aufgabe zur post mittels einfachem brief wurde in dem verwaltungsvorgang für den 20. märz 2013 vermerkt. 10in der folge errichtete der beigeladene an der rückseite seines hauses eine gegenüber dem umliegenden gelände erhöhte terrassenfläche nebst hierauf aufgeständerter terrassenüberdachung. der gebäudenahe teil der terrassenüberdachung bildet zugleich die bodenplatte des darüber liegenden überdachten altans. die stützen des altans sind gegenüber der erteilten baugenehmigung nach außen an die ecken der bodenplatte verschoben worden. der altan ist im oberen bereich, d.h. über der brüstung, an allen seiten verglast, wobei die gartenseitige verglasung verschiebbar ist. die überdachung des altans besteht aus kippbaren glaslamellen. hinsichtlich der einzelheiten wird auf das lichtbild blatt 21 der beiakte 2 ergänzend bezug genommen. 11am 17. juli 2013 reichte der kläger bauvorlagen ein, die zusätzlich zu dem genehmigten altan eine überdachung zeigen. ein diesbezüglicher schriftlicher bauantrag findet sich in den verwaltungsvorgängen nicht. mit bescheid vom 7. november 2013 erteilte die beklagte dem beigeladenen unter dem aktenzeichen 981-13-02 eine bauaufsichtliche genehmigung für das vorhaben „umbau der doppelhaushälfte: anbau eines balkons und fassadenänderung, nachtrag zu baugenehmig. v. 18.03.2013, az.00945-12 hier: errichtung einer balkonüberdachung“. die als anlage zur baugenehmigung bezeichneten bauzeichnungen zeigen allein eine überdachung des altans mit stützen. zwei zeichnungen, aus denen sich ergibt, dass der altan nicht nur mit einem dach aus glaslamellen, sondern auch mit glasflächen an allen seiten umgeben werden sollte (vgl. die zeichnungen bl. 93 und 94 der beiakte 1), sind nicht als zum bauschein gehörig gekennzeichnet. auf ein schreiben des prozessbevollmächtigten der kläger vom 1. april 2014 übersandte die beklagte diesem mit schreiben vom 23. april 2014 erstmals die beiden genehmigungsbescheide. 12die kläger haben am 29. april 2014 gegen die dem beigeladenen erteilten baugenehmigung vom 18. märz 2013 nebst nachtrag vom 7. november 2013 klage erhoben. 13zu ihrer begründung machen sie geltend: der feststellungsantrag sei zulässig und begründet; insbesondere stehe § 43 abs. 2 satz 1 vwgo dem antrag nicht entgegen. die dem beigeladenen erteilte baugenehmigung sei erloschen, da der beigeladene das vorhaben abweichend von den bauzeichnungen errichtet habe. unterstelle man die wirksamkeit der baugenehmigung, erweise sich jedenfalls der hilfsantrag als begründet; sie seien durch das vorhaben in eigenen rechten verletzt. die eingetragene vereinigungsbaulast stehe dem nicht entgegen. ihre eintragung führe nicht dazu, dass ihr grundstück sowie das des beigeladenen als ein grundstück anzusehen seien. 14die kläger beantragen, 15161. festzustellen, dass die dem beigeladenen von der beklagten erteilte baugenehmigung vom 18. märz 2013 (az. 945-12-02) zum anbau eines balkons und fassadenänderung in der fassung der nachtragsbaugenehmigung vom 7. november 2013 (az. 981-13-02) zur zusätzlichen errichtung einer balkonüberdachung erloschen ist, 172. hilfsweise die dem beigeladenen von der beklagten erteilte baugenehmigung vom 18. märz 2013 (az. 945-12-02) zum anbau eines balkons und fassadenänderung in der fassung der nachtragsbaugenehmigung vom 7. november 2013 (az. 981-13-02) zur zusätzlichen errichtung einer balkonüberdachung aufzuheben. 18die beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20der beigeladene stellt keinen antrag. 21
22der einzelrichter ist zuständig, nachdem die kammer diesem das verfahren durch beschluss vom 11. februar 2016 nach § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen hat. 23die klage hat mit ihrem hilfsantrag erfolg. 24der klageantrag zu 1., mit dem die kläger die feststellung begehren, dass die baugenehmigung vom 18. märz 2013 in der fassung der nachtragsbaugenehmigung vom 7. november 2013 erloschen ist, ist zulässig, aber unbegründet. 25der feststellungsantrag ist zulässig. insbesondere stehen weder § 43 abs. 1 noch abs. 2 satz 1 vwgo dem feststellungsbegehren entgegen. nach § 43 abs. 1 alt. 1 vwgo kann die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. berechtigtes interesse in diesem sinne ist dabei jedes als schutzwürdig anzuerkennendes interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller art, das hinreichend gewichtig ist, um die position des betroffenen zu verbessern. 26vgl. bverwg, urteile vom 26. januar 1996 – 8 c 19/94 –, bverwge 100, 271 = juris rn. 20, und vom 27. juni 1997 – 8 c 23/96 –, njw 1997, 3257 = juris rn. 21; kopp/schenke, vwgo, 21. auflage 2015, § 43 rn. 23. 27dabei ist es nicht erforderlich, dass ein die feststellung begehrender kläger an dem streitigen rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt ist. es kann, wenn die weiteren voraussetzungen vorliegen, auch die feststellung verlangt werden, dass zwischen diesem oder der beklagten und einem dritten ein rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe. 28vgl. bverwg, urteile vom 17. januar 1972 – i c 33.68 –, bverwge 39, 247 = juris rn. 6 f., und vom 27. juni 1997 –8 c 23/96 –, juris rn. 17; vgl. weiterhin zu § 256 abs. 1 zpo bgh, urteil vom 14. mai 1990 – ii zr 125/89 –, lm § 256 zpo nr. 163 = juris rn. 6. 29den klägern fehlt es im vorliegenden fall hinsichtlich der hier begehrten feststellung, dass die baugenehmigung erloschen ist, nicht an einem solchen feststellungsinteresse. ob in diesem zusammenhang ein feststellungsinteresse eines nachbarn nur dann anzunehmen ist, wenn dieser im falle der ausnutzung der baugenehmigung auf jeden fall in seinen rechten verletzt wäre, dies jedenfalls möglich erschienen muss oder es einer solchen einschränkung nicht bedarf, 30im letzteren sinne wohl ovg nrw, urteile vom 20. august 1993 – 7 a 368/92 –, seite 9 des entscheidungsabdrucks, und vom 30. april 1998 – 10 a 2981/96 –, seiten 9 und 11 des entscheidungsabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht, 31kann vorliegend offenbleiben. im fall der ausnutzung der erteilten baugenehmigung wären die kläger – wie nachfolgend ausgeführt – offensichtlich in ihrem subjektiven recht aus § 6 abs. 1 satz 1, abs. 2 satz 1 bauo nrw verletzt. 32dem feststellungsbegehren der kläger steht auch § 43 abs. 2 satz 1 vwgo nicht entgegen, wonach eine feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der kläger seine rechte durch gestaltungs- oder leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. die möglichkeit der anfechtung der baugenehmigung steht der erhebung der feststellungsklage nicht entgegen. insoweit ist vom rechtsstandpunkt der kläger, die die baugenehmigung für erloschen halten, auszugehen. für die erhebung der anfechtungsklage müssten die kläger ihren rechtsstandpunkt aufgeben und für den fall, dass das gericht ihre (ursprüngliche) rechtsauffassung teilt, die gerichtskosten tragen. 33vgl. zu den insoweit identischen erwägungen bei der verpflichtungsklage: bverwg, urteile vom 17. januar 1972 – i c 33.68 –, bverwge 39, 247 = juris rn. 7, und vom 26. september 2012 – 8 c 26/11 –, bverwge 144, 211 = juris rn. 19; sodan, in: sodan/ziekow, vwgo, 4. auflage 2014, § 43 rn. 131; vgl. zur anfechtungsklage auch: duken, nvwz 1990, 443, 444. 34eine zu erhebende verpflichtungsklage auf ordnungsbehördliches einschreiten wäre nicht in gleichem maße rechtsschutzintensiv wie eine feststellungsklage. mit ersterer könnten die kläger nicht mit sicherheit eine die beteiligten nach § 121 nr. 1 vwgo bindende feststellung des erlöschens der baugenehmigung erreichen. fehlt es nämlich, obgleich die genehmigung erloschen ist, an nur einer weiteren prozessualen oder materiellrechtlichen voraussetzung, bedürfte es keiner erörterung, ob die baugenehmigung erloschen ist und damit kein formeller bestandsschutz mehr besteht. 35vgl. hierzu ovg nrw, urteile vom 20. august 1993 – 7 a 368/92 –, seite 9 des entscheidungsabdrucks, und vom 30. april 1998 – 10 a 2981/96 –, seiten 10 f. des entscheidungsabdrucks, jeweils nicht veröffentlicht; vgl. zur frage der rechtskrafterstreckung nach § 121 vwgo auch bverwg, urteil vom 17. januar 1972 – i c 33.68 –, bverwge 39, 247 = juris rn. 7; duken, nvwz 1990, 443, 444. 36der feststellungsantrag ist aber unbegründet. 37die dem beigeladenen von der beklagten erteilte baugenehmigung vom 18. märz 2013 in der fassung der nachtragsbaugenehmigung vom 7. november 2013 ist im für die vorliegende feststellungsklage entscheidungserheblichen zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung, 38vgl. diesbezüglich vg düsseldorf, urteil vom 21. oktober 2015 – 18 k 8404/14 –, juris rn. 17, 39auch unter berücksichtigung der abweichenden errichtung weder wegen ablaufs der geltungsdauer noch wegen verzichts erloschen. 40die baugenehmigung erlischt nach § 77 abs. 1 bauo nrw, wenn nicht innerhalb von drei jahren nach ihrer erteilung mit der ausführung des bauvorhabens begonnen worden ist. dabei ist als bauvorhaben in diesem sinne allein das genehmigte vorhaben zu verstehen. errichtet der bauherr hingegen eine als „aliud“ anzusehende bauliche anlage, nutzt er die baugenehmigung nicht aus. 41vgl. ovg nrw, urteile vom 22. märz 1982 – 7 a 1634/79 –, brs 39 nr. 126, und vom 21. dezember 2010 –2 a 1419/09 –, juris rn. 69; hess. vgh, beschluss vom 10. juli 2003 – 4 tg 1296/03 –, brs 66 nr. 162; johlen, in: gädtke u.a., bauo nrw, 12. auflage 2011, § 77 rn. 6; schulte, in: boeddinghaus/hahn/schulte, bauo nrw, stand: oktober 2015, § 77 rn. 14. 42dabei ist für die frage des ablaufs der geltungsdauer nach § 77 abs. 1 bauo nrw auf die erteilung der ursprünglichen baugenehmigung und nicht auf den nachtrag abzustellen. 43vgl. bay. vgh, urteil vom 22. märz 1984 – 2 b 82 a.301 –, brs 42 nr. 167; johlen, in: gädtke u.a., bauo nrw, 12. auflage 2011, § 77 rn. 7. 44die dreijahresfrist seit erteilung der ursprünglichen genehmigung ist noch nicht abgelaufen. vorliegend hat die beklagte entgegen dem wortlaut des § 75 abs. 1 satz 3 bauo nrw dem beigeladenen keine ausfertigung der baugenehmigung zugestellt. der beginn der geltungsdauer kann somit erst angenommen werden, wenn eine heilung des zustellungsmangels nach § 9 landeszustellungsgesetz nrw (lzg nrw) eingetreten ist. 45vgl. vg gelsenkirchen, urteil vom 12. september 2014 – 9 k 3975/12 –, juris rn. 32 f. 46selbst wenn man hier zugunsten der kläger sogar das datum des bescheides oder der aufgabe zur post zugrunde legte, liefe die dreijahresfrist erst am 18. bzw. 20. märz 2016 ab. im übrigen läuft die erlöschensfrist des § 77 abs. 1 bauo nrw aber auch solange nicht ab, sondern wird unterbrochen, wie der nachbar die baugenehmigung anficht. hier haben die kläger am 29. april 2014 klage erhoben. 47vgl. dazu ovg nrw, beschluss vom 22. juni 2001 – 7 a 3553/00 –, juris rn. 3, sowie urteile vom 19. april 2010 – 7 a 2362/07 –, juris rn. 46, und vom 21. dezember 2010 – 2 a 1419/09 –, juris rn. 72; schulte, in: boeddinghaus/hahn/schulte, bauo nrw, stand: oktober 2015, § 77 rn. 16 ff.; johlen, in: gädtke/temme/heintz/czepuck, bauo nrw, 11. auflage 2011, § 77 rn. 11. 48entgegen der auffassung der kläger ist die baugenehmigung auch nicht durch die abweichende errichtung des altans im sinne eines verzichts erloschen. hiervon wäre auszugehen, wenn das errichtete vorhaben ein "aliud" zum gegenstand und der beigeladene (zusätzlich) zu erkennen gegeben hätte, an der ausnutzung der ihm erteilten baugenehmigung kein interesse mehr zu haben. 49vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. mai 2004 – 10 a 1476/04 –, brs 67 nr. 169 = juris rn. 5 ff., und urteil vom 21. dezember 2010 – 2 a 1419/09 –, juris rn. 64. 50eine solche erklärung hat der beigeladene weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben. entgegen der auffassung der kläger kann der abweichenden errichtung des altans allein kein diesbezüglicher erklärungswert beigemessen werden. aus dem möglichweise bestehenden bautechnischen aufwand eines umbaus kann kein fehlender wille zur ausnutzung der erteilten genehmigung gefolgert werden. dies gilt insbesondere auch deshalb, weil ein solcher im vergleich zu einem vollständigen rückbau gleichwohl wirtschaftlich sinnvoll erscheinen und somit gerade im angesicht etwaiger bauordnungsbehördlicher maßnahmen noch in erwägung zu ziehen sein kann. 51der hilfsweise gestellte klageantrag zu 2. ist zulässig und begründet. 52der auf aufhebung der baugenehmigung vom 18. märz 2013 in der fassung der nachtragsbaugenehmigung vom 7. november 2013 gerichtete antrag ist zulässig. die klagefrist des § 74 abs. 1 satz 2 vwgo steht der zulässigkeit nicht entgegen. ausweislich des verwaltungsvorgangs erhielten die kläger erstmals im april 2014 kenntnis von der baugenehmigung nebst nachtrag. die klageerhebung erfolgte am 29. april 2014. 53den klägern mangelt es auch nicht am rechtsschutzbedürfnis. zwar haben die kläger dem bauvorhaben durch ihre unterschrift auf zwei bauvorlagen zugestimmt und dadurch grundsätzlich auf rechtsmittel gegen die baugenehmigung in der ursprünglichen fassung vom 20. märz 2013 verzichtet. 54vgl. zum verzicht auf nachbarrechte durch unterzeichnung der bauvorlagen: ovg nrw, beschlüsse vom 30. august 2000 – 10 b 1145/00 –, baur 2991, 89 = juris rn. 5, und vom 30. märz 2004 – 7 b 2430/03 –, juris rn. 8 ff., sowie urteil vom 20. februar 2006 – 7 a 1358/04 –, juris rn. 35; johlen, in: gädtke u.a., bauo nrw, 12. auflage 2011, § 74 rn. 121. 55diese nachbarzustimmung ist aber durch die nachträgliche änderung des genehmigten vorhabens gegenstandslos geworden. die als „nachtrag zur baugenehmigung“ bezeichnete genehmigung vom 8. november 2013 ist nicht zur ursprünglichen baugenehmigung als weitere selbständige genehmigung hinzugetreten, sondern hat diese abgeändert. das ursprünglich geplante vorhaben ist so nie realisiert worden. durch die nachtragsgenehmigung ist das vorhaben in einer weise abgeändert worden, die sich nachteilig auf die belange der kläger als nachbarn auswirken kann, denn der altan ist durch die genehmigte überdachung um 2,56 m erhöht und im übrigen in seiner nutzbarkeit deutlich erweitert worden. hierauf hat sich die zustimmung aber unstreitig nie bezogen. 56vgl. insoweit thür. ovg, urteil vom 30. august 2007 –1 ko 330/06 –, juris rn. 47. 57die anfechtungsklage gegen die dem beigeladenen erteilte baugenehmigung ist begründet. dies ist gemäß § 113 abs. 1 satz 1 vwgo der fall, wenn und soweit den klägern ein abwehrrecht gegen das vorhaben des beigeladenen zusteht. dies setzt voraus, dass das vorhaben in einer nicht durch einen rechtmäßigen dispens ausräumbaren weise gegen öffentlich-rechtliche vorschriften verstößt, die auch dem schutz der kläger zu dienen bestimmt sind, und – sofern sich dies aus der nachbarschützenden vorschrift ergibt – die kläger durch das vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt werden. ob das vorhaben objektiv, d.h. hinsichtlich der vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, wird im klageverfahren hingegen nicht geprüft. 58vgl. hierzu grundlegend bverwg, urteil vom 13. juni 1969 – iv c 234.65 –, bverwge 32, 173 = juris rn 15; vgl. weiter bverwg, urteil vom 13. märz 1981 – 4 c 1/78 –, brs 38 nr. 186 = juris rn 35. 59das vorhaben des beigeladenen verstößt zu lasten der kläger gegen § 6 abs. 1 satz 1, abs. 2 satz 1 bauo nrw. nach § 6 abs. 1 satz 1 bauo nrw sind vor den außenwänden von gebäuden abstandflächen von oberirdischen gebäuden freizuhalten. gemäß § 6 abs. 2 satz 1 bauo nrw müssen diese auf dem grundstück selbst liegen. dabei beträgt die tiefe der abstandfläche – so wie hier – jedenfalls 3 m, § 6 abs. 5 satz 5 bauo nrw. hält ein vorhaben gegenüber einem grundstück die notwendige abstandfläche nicht ein, kann der jeweils durch die auf seinem grundstück liegende abstandfläche betroffene grundstückseigentümer diesen verstoß gegen § 6 abs. 1 satz 1, abs. 2 satz 1 bauo nrw als nachbarrechtsverletzend geltend machen. hier liegt die durch das vorhaben geworfene abstandfläche von 3 m angesichts des grenzabstands von nur 2 m teilweise auf dem grundstück der kläger. 60vgl. zum nachbarschutz nur ovg nrw, urteile vom 14. januar 1994 – 7 a 2002/92 –, ovge 44, 1, und vom 6. juni 2014 – 2 a 2757/12 –, juris rn. 80; johlen, in: gädtke u.a., bauo nrw, 12. auflage 2011, § 6 rn. 39 ff.; boeddinghaus, in: boeddinghaus/hahn/schulte, bauo nrw, stand: oktober 2015, § 6 rn. 36. 61hieraus folgt im vorliegenden fall trotz eingetragener vereinigungsbaulast im sinne des § 4 abs. 2 bauo nrw eine rechtsverletzung zu lasten der kläger. nach dieser vorschrift ist ein gebäude auf mehreren grundstücken zulässig, wenn durch baulast gesichert ist, dass keine verhältnisse eintreten können, die den vorschriften dieses gesetzes zuwiderlaufen. eine solche vereinigungsbaulast, die sich auch auf die abstandflächen auswirkt, ist vorliegend am 12. august 1994 für die damaligen grundstücke mit den flurstücksbezeichnungen 77 und 80 eingetragen worden. sie setzt sich auch nach der grundstücksteilung an den neu entstandenen grundstücken fort. 62vgl. hierzu ausführlich ovg nrw, urteil vom 1. juni 2015 – 8 a 1760/13 –, juris rn. 112; siehe auch wenzel, baulasten in der praxis, rn. 123. 63die eingetragene vereinigungsbaulast erweist sich allerdings als von anfang an unwirksam. dies ist (unter anderem) der fall, wenn die der beklagten gegenüber abgegebene, auf übernahme einer baulast gerichtete erklärung nicht hinreichend genau und sicher erkennen lässt, welcher teil des grundstücks belastet werden sollte. 64vgl. zur bestimmtheit von baulasterklärungen: ovg nrw, urteile vom 29. september 1978 – xi a 112/78 –, brs 33 nr. 156, und vom 23. november 1988 – 7 a 2361/86 –, seite 8 des entscheidungsabdrucks, nicht veröffentlicht; wenzel, in: gädtke u.a., bauo nrw, 12. auflage 2011, § 83 rn. 54. 65die baulasterklärung vom 12. august 1994 ist in nicht aufzulösender form in sich widersprüchlich. nach dem text der baulasterklärung sollte die vereinigungsbaulast die flurstücke 77 und 80 umfassen. eine einschränkung hinsichtlich etwaiger nicht erfasster grundstücksteile enthält der text nicht. der vorliegend in der baulasterklärung ausdrücklich in bezug genommene lageplan umfasst im gegensatz zu der textlichen erklärung neben dem flurstück 77 nur den westlichen teil des flurstücks 80. eine teilfläche am östlichen rand des flurstücks, die dem ein jahr später geschaffenen flurstück 538 entspricht, ist nicht schraffiert. dieser widerspruch kann angesichts der eindeutigkeit beider erklärungsteile auch nicht im wege der auslegung in deckung gebracht werden. dabei ist zu berücksichtigen, dass eine solche beschränkung textlich ohne weiteres zu formulieren gewesen wäre. wird aber eine solche naheliegende textliche einschränkung des baulastumfangs nicht erklärt, spricht dies erst recht dafür, dass die baulasterklärung umfassend zu verstehen ist. 66vgl. zu diesem aspekt bei der auslegung einer baulasterklärung: ovg nrw, urteil vom 15. mai 1992 – 11 a 890/91 –, juris rn. 34; nds. ovg, urteil vom 27. september 2001 – 1 lb 1137/01 –, brs 64 nr. 130 = juris rn. 27. 67der bestehende verstoß gegen § 6 abs. 1 satz 1, abs. 2 satz 1 bauo nrw kann nicht durch eine abweichung nach § 73 abs. 1 satz 1 und 2 bauo nrw beseitigt werden. nach § 73 abs. 1 satz 1 bauo nrw kann die genehmigungsbehörde abweichungen von bauaufsichtlichen anforderungen zulassen, wenn diese unter berücksichtigung des zwecks der jeweiligen anforderungen und unter würdigung der nachbarlichen interessen mit den öffentlichen belangen vereinbar sind. gemäß satz 2 sind abweichungen von § 6 insbesondere zulässig, wenn durch das vorhaben nachbarliche interessen nicht oder nur unwesentlich stärker beeinträchtigt werden als bei einer bebauung des grundstücks, die nach § 6 bauo nrw zulässig wäre. 68im zusammenhang mit abweichungen von § 6 bauo nrw sind die tatbestandlichen voraussetzungen des § 73 abs. 1 satz 1 und 2 bauo nrw restriktiv auszulegen. das in § 6 bauo nrw geregelte, in sich geschlossene system der abstandflächenvorschriften enthält regel- und ausnahmetatbestände, so dass die schutzwürdigen und schutzbedürftigen interessen betroffener grundstücksnachbarn sowie die relevanten öffentlichen belange regelmäßig schon durch diese vorschrift in einen gerechten ausgleich gebracht werden. insoweit bedarf es einer atypischen grundstückssituation, um eine abweichung von dem gesetzlich festgelegten maß dessen, was der nachbar hinnehmen muss, rechtfertigen zu können. nur eine grundstücksbezogene atypik – insbesondere besonderheiten im zuschnitt der nachbargrundstücke oder im topografischen geländeverlauf – kann eine abweichung rechtfertigen, nicht aber außergewöhnliche nutzungswünsche eines eigentümers, die eine noch stärkere ausnutzung seines grundstücks erfordern als nach § 6 bauo nrw 2006 ohnehin schon zulässig ist. 69vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. märz 2007 – 10 b 275/07 –, juris rn. 20, und urteil vom 6. juni 2014 – 2 a 2757/12 –, juris rn. 94; johlen, in: gädtke u.a., bauo nrw, 12. auflage 2011, § 73 rn. 19 ff. 70eine solche atypische grundstückssituation ist vorliegend nicht ansatzweise erkennbar. im gegenteil beruht die lage des vorhabens nur 2,00 m von der grundstücksgrenze entfernt ausweislich der bauvorlagen erkennbar darauf, das bodentiefe fenster als zugang für den altan nutzen zu können. 71die kostenentscheidung folgt aus §§ 155 satz 1, 159 satz 2 vwgo. hinsichtlich der kostenquote geht die kammer für den gestellten feststellungsantrag von einem wert aus, der halb so hoch wie der des entsprechenden anfechtungsantrags ist. es entspricht der billigkeit, die außergerichtlichen kosten des beigeladenen nach § 162 abs. 3 vwgo nicht für erstattungsfähig zu erklären. dieser hat sich mangels eigenem antrag auch keinem eigenen kostenrisiko ausgesetzt, § 154 abs. 3 vwgo. 72die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
331,402
2 K 1163/19
"2020-08-26T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger erhält die Gelegenheit, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.1964 geborene Kläger trat am 1. Oktober 1981 in den Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes ein. Er ist zuletzt am 31. Oktober 2001 zum Kriminaloberkommissar (Besoldungsgruppe A 10 BBesO) ernannt worden. Er versieht seinen Dienst bei der Kreispolizeibehörde N. . 3Die letzte Regelbeurteilung des Klägers erfolgte für den Zeitraum 1. Juni 2014 bis 31. Mai 2017 und wurde ihm am 29. September 2017 eröffnet. 4Am 11. Februar 2019 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er sein Klagerecht nicht verwirkt habe. Eine Verwirkung könne nach der Rechtsprechung des OVG NRW erst nach Ablauf von zwei Jahren angenommen werden, was hier nicht der Fall sei. Ferner wandte er sich inhaltlich gegen die in der dienstlichen Beurteilung erfolgten Bewertungen. Diesbezüglich wird auf den Klagebegründungsschriftsatz (Bl. 21 – 22 der Gerichtsakte) verwiesen. 5Der Kläger beantragt, 6den Beklagten zu verurteilen, seine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2014 bis 31. Mai 2017 aufzuheben und ihm eine neue dienstliche Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. 7Der Beklagte beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Zur Begründung beruft er sich darauf, dass der Kläger die von der Rechtsprechung in solchen Fällen herangezogene Jahresfrist zur Geltendmachung etwaiger Rechtsfehler seiner dienstlichen Beurteilung nicht eingehalten und somit Verwirkung eingetreten sei. Er hätte bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung weder von seinem Recht auf Gegenäußerung Gebrauch gemacht, noch beanstandet, dass seine Beurteilung inzwischen 29 Beförderungsentscheidungen nach A 11 zugrunde gelegt worden sei. Überdies sei die Beurteilung aber auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 32 ‑ 34 der Gerichtsakte verwiesen. 10Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 20. Mai 2019 und vom 29. Mai 2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. 11Mit Beschluss vom 4. Juni 2020 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Klage hat keinen Erfolg. 14Sie ist unzulässig, da der Kläger sein Recht auf gerichtliche Überprüfung und gegebenenfalls Änderung der ihm seit dem 29. September 2017 bekannten dienstlichen Beurteilung verwirkt hat. 15Eine solche Verwirkung tritt nach gefestigter Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ein, wenn der beurteilte Beamte während eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung der Rechtsstellung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich der Beurteilung nichts mehr unternehmen. Die Bemessung des Zeitraums hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. 16Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Juli 2019 – 6 B 714/19 –, juris, Rn. 14 und vom 17. September 2018 - 6 A 1510/17 -, juris, Rn. 19 ff. 17Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO bietet hierfür eine zeitliche Orientierung. 18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2014 - 2 B 108.13 -, juris, Rn. 11; OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2019 – 6 B 714/19 –, juris, Rn. 16; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 2. August 2016 ‑ 2 MB 16/16 -, juris, Rn. 19 und Beschluss der Kammer vom 22. März 2018 - 2 L 5144/17 -, juris, Rn. 24; a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Januar 2014 - 1 L 138/13 -, DÖD 2014, 102 = juris, Rn. 12, und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. Juni 2009 - 4 S 213/09 -, juris, Rn. 17: Orientierung am Regelbeurteilungszeitraum. 19Dafür, dass in Anlehnung an § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO regelmäßig bereits nach Ablauf eines Jahres nach Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung das Recht verwirkt ist, sich gegen diese zu wenden, spricht vor allem, dass sowohl der Dienstherr als auch betroffene Beamte angesichts der zentralen Bedeutung dienstlicher Beurteilungen für Beförderungs- und andere Verwendungsentscheidungen ein erhebliches Interesse daran haben, dass diese Verfahren nicht dadurch mit Unsicherheiten belastet werden, dass die ihnen zu Grunde zu legenden Beurteilungen auch längere Zeit nach deren Bekanntgabe noch angefochten werden können. 20Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Juli 2019 – 6 B 714/19 –, juris, Rn. 18 und vom 17. September 2018 - 6 A 1510/17 -, juris, Rn. 19 ff.; Beschluss der Kammer vom 22. März 2018 ‑ 2 L 5144/17 -, juris, Rn. 24. 21Auch verblasst mit Zeitablauf die Erinnerung an die im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen zunehmend, was es erschwert, Beanstandungen des Beamten noch Jahre nach Ende des Beurteilungszeitraums nachzugehen. Zu berücksichtigen ist daneben, dass dienstliche Beurteilungen dem Beamten persönlich eröffnet werden und - wie es hier in Ziff. 9.8 BRL Pol ausdrücklich vorgesehen ist - diesem neben der Einlegung förmlicher Rechtsmittel die Möglichkeit der Gegenäußerung offen steht. Hiervon kann - etwa durch Erklärung eines Vorbehalts, die Beurteilung im Rahmen etwa anstehender Beförderungsentscheidungen noch anzugreifen - Gebrauch gemacht werden, um Verwirkung auszuschließen. 22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2019 – 6 B 714/19 –, juris, Rn. 20. 23Dies zugrunde gelegt hat der Kläger sein Recht auf Überprüfung der streitgegenständlichen dienstlichen Beurteilung verwirkt mit der Folge, dass er sich auf eine etwaige Rechtswidrigkeit nicht mehr berufen kann. 24Das erforderliche Zeitmoment ist erfüllt. Die streitgegenständliche Beurteilung ist dem Kläger am 29. September 2017 bekannt gegeben worden. Einwendungen dagegen hat er gegenüber seinem Dienstherrn erstmals nach einem Zeitablauf von mehr als 16 Monaten, nämlich mit Erhebung der streitgegenständlichen Klage am 11. Februar 2019, erhoben. 25Auch das Umstandsmoment ist gegeben. Der Kläger hat seinen Dienstherrn durch Untätigkeit zu der berechtigten Annahme veranlasst, er lasse die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung gegen sich gelten. Nicht nur hat er die Beurteilung am 29. September 2017 entgegengenommen ohne von der gemäß Ziff. 9.8 BRL Pol gegebenen Möglichkeit einer Gegenäußerung Gebrauch zu machen oder sonst etwas zur Wahrung seiner Rechte zu unternehmen. Zusätzlich hat er es geschehen lassen, dass seine Beurteilung zu der Grundlage von 29 Beförderungsauswahlentscheidungen gemacht worden ist. Damit hat er zu erkennen gegeben die dort niedergelegte Bewertung ohne Beanstandung gelten zu lassen. Gründe, die ihn an einer entsprechenden, zeitlich angemessenen Reaktion gehindert haben, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 28Rechtsmittelbelehrung: 29Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 30Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 31Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 32Die Berufung ist nur zuzulassen, 331. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 342. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 353. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 364. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 375. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 38Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 39Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 40Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 41Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 42Siegelkow 43Beschluss: 44Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. 45Gründe: 46Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. 47Rechtsmittelbelehrung: 48Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 49Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 50Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 51Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 52Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 53War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger erhält die gelegenheit, die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abzuwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00.00.1964 geborene kläger trat am 1. oktober 1981 in den polizeivollzugsdienst des beklagten landes ein. er ist zuletzt am 31. oktober 2001 zum kriminaloberkommissar (besoldungsgruppe a 10 bbeso) ernannt worden. er versieht seinen dienst bei der kreispolizeibehörde n. . 3die letzte regelbeurteilung des klägers erfolgte für den zeitraum 1. juni 2014 bis 31. mai 2017 und wurde ihm am 29. september 2017 eröffnet. 4am 11. februar 2019 hat der kläger klage erhoben. zur begründung trägt er vor, dass er sein klagerecht nicht verwirkt habe. eine verwirkung könne nach der rechtsprechung des ovg nrw erst nach ablauf von zwei jahren angenommen werden, was hier nicht der fall sei. ferner wandte er sich inhaltlich gegen die in der dienstlichen beurteilung erfolgten bewertungen. diesbezüglich wird auf den klagebegründungsschriftsatz (bl. 21 – 22 der gerichtsakte) verwiesen. 5der kläger beantragt, 6den beklagten zu verurteilen, seine dienstliche beurteilung für den zeitraum vom 1. juni 2014 bis 31. mai 2017 aufzuheben und ihm eine neue dienstliche beurteilung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts zu erteilen. 7der beklagte beantragt, 8die klage abzuweisen. 9zur begründung beruft er sich darauf, dass der kläger die von der rechtsprechung in solchen fällen herangezogene jahresfrist zur geltendmachung etwaiger rechtsfehler seiner dienstlichen beurteilung nicht eingehalten und somit verwirkung eingetreten sei. er hätte bis zum zeitpunkt der klageerhebung weder von seinem recht auf gegenäußerung gebrauch gemacht, noch beanstandet, dass seine beurteilung inzwischen 29 beförderungsentscheidungen nach a 11 zugrunde gelegt worden sei. überdies sei die beurteilung aber auch inhaltlich nicht zu beanstanden. wegen der weiteren einzelheiten wird auf bl. 32 ‑ 34 der gerichtsakte verwiesen. 10die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 20. mai 2019 und vom 29. mai 2019 ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. 11mit beschluss vom 4. juni 2020 hat die kammer den rechtsstreit der berichterstatterin als einzelrichterin zur entscheidung übertragen. 12
13die klage hat keinen erfolg. 14sie ist unzulässig, da der kläger sein recht auf gerichtliche überprüfung und gegebenenfalls änderung der ihm seit dem 29. september 2017 bekannten dienstlichen beurteilung verwirkt hat. 15eine solche verwirkung tritt nach gefestigter rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts des landes nordrhein-westfalen (ovg nrw) ein, wenn der beurteilte beamte während eines längeren zeitraums unter verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur wahrung der rechtsstellung unternommen zu werden pflegt, so dass beim dienstherrn der anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich der beurteilung nichts mehr unternehmen. die bemessung des zeitraums hängt von den umständen des einzelfalls ab. 16vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 31. juli 2019 – 6 b 714/19 –, juris, rn. 14 und vom 17. september 2018 - 6 a 1510/17 -, juris, rn. 19 ff. 17die jahresfrist des § 58 abs. 2 vwgo bietet hierfür eine zeitliche orientierung. 18vgl. bverwg, beschluss vom 4. juni 2014 - 2 b 108.13 -, juris, rn. 11; ovg nrw, beschluss vom 31. juli 2019 – 6 b 714/19 –, juris, rn. 16; ovg schleswig-holstein, beschluss vom 2. august 2016 ‑ 2 mb 16/16 -, juris, rn. 19 und beschluss der kammer vom 22. märz 2018 - 2 l 5144/17 -, juris, rn. 24; a.a. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 23. januar 2014 - 1 l 138/13 -, död 2014, 102 = juris, rn. 12, und vgh bad.-württ., beschluss vom 4. juni 2009 - 4 s 213/09 -, juris, rn. 17: orientierung am regelbeurteilungszeitraum. 19dafür, dass in anlehnung an § 58 abs. 2 satz 1 vwgo regelmäßig bereits nach ablauf eines jahres nach eröffnung einer dienstlichen beurteilung das recht verwirkt ist, sich gegen diese zu wenden, spricht vor allem, dass sowohl der dienstherr als auch betroffene beamte angesichts der zentralen bedeutung dienstlicher beurteilungen für beförderungs- und andere verwendungsentscheidungen ein erhebliches interesse daran haben, dass diese verfahren nicht dadurch mit unsicherheiten belastet werden, dass die ihnen zu grunde zu legenden beurteilungen auch längere zeit nach deren bekanntgabe noch angefochten werden können. 20vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 31. juli 2019 – 6 b 714/19 –, juris, rn. 18 und vom 17. september 2018 - 6 a 1510/17 -, juris, rn. 19 ff.; beschluss der kammer vom 22. märz 2018 ‑ 2 l 5144/17 -, juris, rn. 24. 21auch verblasst mit zeitablauf die erinnerung an die im beurteilungszeitraum gezeigten leistungen zunehmend, was es erschwert, beanstandungen des beamten noch jahre nach ende des beurteilungszeitraums nachzugehen. zu berücksichtigen ist daneben, dass dienstliche beurteilungen dem beamten persönlich eröffnet werden und - wie es hier in ziff. 9.8 brl pol ausdrücklich vorgesehen ist - diesem neben der einlegung förmlicher rechtsmittel die möglichkeit der gegenäußerung offen steht. hiervon kann - etwa durch erklärung eines vorbehalts, die beurteilung im rahmen etwa anstehender beförderungsentscheidungen noch anzugreifen - gebrauch gemacht werden, um verwirkung auszuschließen. 22vgl. ovg nrw, beschluss vom 31. juli 2019 – 6 b 714/19 –, juris, rn. 20. 23dies zugrunde gelegt hat der kläger sein recht auf überprüfung der streitgegenständlichen dienstlichen beurteilung verwirkt mit der folge, dass er sich auf eine etwaige rechtswidrigkeit nicht mehr berufen kann. 24das erforderliche zeitmoment ist erfüllt. die streitgegenständliche beurteilung ist dem kläger am 29. september 2017 bekannt gegeben worden. einwendungen dagegen hat er gegenüber seinem dienstherrn erstmals nach einem zeitablauf von mehr als 16 monaten, nämlich mit erhebung der streitgegenständlichen klage am 11. februar 2019, erhoben. 25auch das umstandsmoment ist gegeben. der kläger hat seinen dienstherrn durch untätigkeit zu der berechtigten annahme veranlasst, er lasse die streitgegenständliche dienstliche beurteilung gegen sich gelten. nicht nur hat er die beurteilung am 29. september 2017 entgegengenommen ohne von der gemäß ziff. 9.8 brl pol gegebenen möglichkeit einer gegenäußerung gebrauch zu machen oder sonst etwas zur wahrung seiner rechte zu unternehmen. zusätzlich hat er es geschehen lassen, dass seine beurteilung zu der grundlage von 29 beförderungsauswahlentscheidungen gemacht worden ist. damit hat er zu erkennen gegeben die dort niedergelegte bewertung ohne beanstandung gelten zu lassen. gründe, die ihn an einer entsprechenden, zeitlich angemessenen reaktion gehindert haben, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 26die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 27die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 28rechtsmittelbelehrung: 29gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 30der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 31innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 32die berufung ist nur zuzulassen, 331. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 342. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 353. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 364. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 375. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 38die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 39über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 40im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 41die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 42siegelkow 43beschluss: 44der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt. 45gründe: 46die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 2 gkg. 47rechtsmittelbelehrung: 48gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 49die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 50die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 51die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 52die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 53war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verklagte*r
0
165,543
33 O 167/14
"2015-05-12T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Nachahmung von sog. Klemmköpfen zur Befestigung von Fahrrädern auf Fahrradträgersysteme für Personenkraftwagen. Beide Parteien betätigen sich auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Fahrradträgersystemen für PKW. 3Fahrradträgersysteme für PKW bestehen aus einem Grundträger, der entweder auf dem Dach, am Heck oder auf der Anhängerkupplung montiert wird, sowie Abstandshaltern mit Greifelementen, den sog. Klemmköpfen. Die Abstandshalter sind in der Regel am Grundträger befestigt und bestehen aus einer Stange, an deren Ende sich die Klemmköpfe befinden. Diese werden am Fahrradrahmen befestigt. Die Klemmköpfe der Klägerin sind im Anlagenheft hinter Anlage K5 abgebildet und den Klemmköpfen der Beklagten gegenübergestellt. 4Beide Parteien belieferten u.a. auch die A AG mit ihren Fahrradheckträgersystemen. 2008 und 2009 bezog die Beklagte Klemmköpfe und Abstandhalter von der Klägerin, weil die A AG Ratschspannsysteme bevorzugte und diese in einem Lastenheft forderte. Seit 2010 bezieht die Beklagte keine Klemmköpfe mehr von der Klägerin. 5Der Klägerin fiel auf der Messe automechanika auf, dass die Beklagte Klemmköpfe anbot, die identisch mit denen der Klägerin waren. Die Klägerin ließ der Beklagten unter dem 7.8.2013 eine Berechtigungsanfrage zukommen. In der sich anschließenden Korrepondenz berief sich die Beklagte darauf, dass der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin seine Zustimmung zum Nachbau erteilt habe. Unter dem 4.4.2014 ließ die Klägerin die Beklagte förmlich abmahnen. 6Die Klägerin behauptet, dass sie die Klemmköpfe der 1. Generation, die ohne Spannratsche funktionierten, seit 2003 am Markt anbiete. Mit moderner Spannratsche biete sie sie seit 2008 an. Seit 2003 habe sie 680.830 Klemmköpfe weltweit und etwas über 500.000 in Deutschland abgesetzt. 7Aufgrund der Vorzüge des Ratschenspannprinzips habe die A AG 2008 entschieden, dass auch die Fahrradträgersysteme der Beklagten mit Klemmköpfen wie solche der Klägerin ausgestattet werden müssten. Gleichzeitig sei die A AG nicht bereit gewesen, allein von der Klägerin zu beziehen, wahrscheinlich aufgrund einer second-source-Politik. Dies habe dazu geführt, dass die Klägerin die Beklagte 2008 und 2009 mit kompletten Abstandshaltern als auch mit einzelnen Klemmköpfen beliefert habe. 8Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass Klemmköpfe als Teil der Sachgesamtheit "PKW-Fahrradträger" über eine eigenständige wettbewerbliche Eigenart verfügten. Klemmköpfe hätten eine zentrale Funktion in Bezug auf Verkehrssicherheit und leichte Handhabung. Dies seien die Elemente, mit denen der Abnehmer "hautnah" in Kontakt trete. Mit den Klemmköpfen werde sich auch in Tests und Preisvergaben auseinandergesetzt wie etwa in der Zeitschrift "Elektrorad", beim ADAC-Test und beim reddot design award. Wegen des diesbezüglichen weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 13.4.2015 nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. 296 ff. d.A.). 9Die Klägerin bestreitet eine Zustimmung ihres ehemaligen Geschäftsführers zum Nachbau durch die Beklagte. Man sei damals nur bereit gewesen, die Beklagte mit Klemmköpfen zu beliefern, damit diese ihre Systeme an die A AG habe vertreiben können. Zu keinem Zeitpunkt habe die Klägerin der Beklagten gestattet, die Originalteile an Dritte außer der A AG zu veräußern, geschweige denn diese nachzubauen. 10Neuerdings beliefere die Klägerin exklusiv auch O. 11Die Klägerin behauptet, das sie im Herbst 2012 einen Hinweis auf die Nachahmungen der Beklagten erhalten und sich zunächst Klemmköpfe der Beklagten beschafft habe. Erst beim Zerlegen habe man die Nachahmung erkennen können. 12Die Klägerin beantragt, 131. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd, Klemmköpfe zur Befestigung von Fahrrädern auf Fahrradträgersystemen für Personenkraftwagen gemäß den Abbildungen in Anlagenkonvolut K7 anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, 142. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung zu Ziff. 1 der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, im Uneinbringlichkeitsfall Ordnungshaft oder primär Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, anzudrohen, 153. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den gesamten Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin aus Handlungen der Beklagten seit dem 7.2.2013 bereits entstanden ist und zukünftig noch entsteht, 164. die Beklagte zu verurteilen, schriftlich umfassend und detailliert Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung nach Ziff. 1 zu erteilen und Rechnung zu legen unter Angabe 17- der Art und Zahl der erhaltenen und bestellten Klemmköpfe sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, 18- der Lieferungen der Klemmköpfe, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen nebst Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, 19- der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe sowie des Verbreitungsgebietes und des Verbreitungszeitraums, 20- des Umfangs der veräußerten Klemmköpfe, aufgelistet nach den jeweiligen monatlichen Umsätzen unter Nennung der Einkaufs- und Verkaufspreise, 21- des erzielten Gewinns in plausibler, aus sich heraus verständlicher Darstellung der Kosten, wobei nur die produktspezifisch zuordenbaren Kosten zu berücksichtigen sind, 22sämtliche Auskünfte jeweils ab dem 7.2.2013, 235. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.147,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.4.2014 zu zahlen. 24Die Beklagte beantragt, 25die Klage abzuweisen. 26Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin die Klemmköpfe bereits seit 2003 vertreibt und behauptet, dass die A AG (A) auf die Parteien zugegangen sei und um eine einheitliche Gestaltung der Klemmköpfe gebeten habe. A habe ein Lastenheft vorgelegt, in dem auch eine Abbildung eines Klemmkopfs wie der der Klägerin enthalten gewesen sei (Bl. 39 d.A.). Im Nachgang dazu hätten die Parteien sich abgestimmt und nur einfachheitshalber habe die Beklagte dann die Klemmköpfe von der Klägerin bezogen. 27Die Klemmköpfe stammten daher letztlich von A. A habe die Klemmköpfe auch wie eine Eigenproduktion behandelt. 28Infolge von Lieferschwierigkeiten Mitte 2008 habe der Geschäftsführer der Beklagten, Herr C, im Rahmen der automechanika 2008 mit dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn X, gesprochen und dieser habe betont, dass der Einsatz der Klemmköpfe der Klägerin in den Produkten der Beklagten nicht beanstandet werden würde. Aufgrund der Lieferschwierigkeiten habe die Beklagte angefangen, selbst zu produzieren. Sie habe die Klemmköpfe bereits auf der automechanica 2008 ausgestellt. Da die Klägerin dort auch vertreten gewesen sei, hätte diese die Klemmköpfe sehen können und müssen. 29Die Beklagte legt wettbewerbliches Umfeld vor und behauptet, dass etwa die Hälfte aller Anbieter auch Ratschenspannsysteme benutzten (Bl. 41 f. d.A.). Eine wettbewerbliche Eigenart fehle. 30Die Beklagte behauptet ferner, dass der angesprochene Abnehmerkreis aus Fachleuten bestehe, da ein Verbraucher die Klemmköpfe nicht alleine einsetzen könne. Sie bestreitet die wettbewerbliche Eigenart, weil alle Merkmale rein technisch bedingt seien. 31Es fehle auch an einer Herkunftstäuschung, weil die Klemmköpfe keine Kennzeichnung aufwiesen und eine Vielzahl gleicher Klemmköpfe existierten. Weder Verbraucher noch Fachleute könnten eine Zuordnung zu einem bestimmten Betrieb treffen. 32Die Ansprüche seien auch verwirkt, da sich die Parteien seit über 5 Jahren regelmäßig auf dem Markt begegneten. Infolge der Kooperationsgespräche und des Zuwartens von über 7 Jahren bis zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahren, habe sich die Beklagte im Vertrauen nicht angegriffen zu werden, einen wertvollen Besitzstand aufgebaut. 33Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 34Entscheidungsgründe: 35Die Klage ist unbegründet. 36I. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Unterlassung des Angebots und des Inverkehrbringens der angegriffenen Klemmköpfe seitens der Beklagten zu. 37Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus den §§ 3, 4 Nr. 9a, 8 UWG. 38Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (vgl. nur BGH GRUR 2010, 80 Rn. 21 - LIKEaBIKE). 39Den Klemmköpfen der Klägerin fehlt die wettbewerbliche Eigenart. 40Für die Annahme wettbewerblicher Eigenart genügt es, dass der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten Wert auf deren betriebliche Herkunft legt und aus deren konkreter Gestaltung oder auf Grund bestimmter Merkmale Anhaltspunkte dafür gewinnen kann. An der wettbewerblichen Eigenart kann es dagegen fehlen, wenn der Hersteller seine Erzeugnisse an verschiedene Unternehmen liefert, die sie unter eigener Kennzeichnung vertreiben, da ihre Ausgestaltung dann nicht mehr geeignet ist, den Verkehr auf den Hersteller hinzuweisen. Lediglich, wenn dies nur in geringem Umfang erfolgt, schadet es der wettbewerblichen Eigenart nicht (vgl. BGH GRUR 2007, 984 Rn. 25 f. - Gartenliege). 41Es ist bereits fraglich, ob Klemmköpfe als technisch bedingter Bestandteil eines Fahrradträgersystems überhaupt wettbewerbliche Eigenart aufweisen können. Dagegen spricht etwa, dass die Klemmköpfe im Grunde nur im System erworben werden und die Bestellung von einzelnen Klemmköpfen nur an diejenigen erfolgt, die bereits ein System erworben haben. Dass unabhängig vom zugrunde liegenden System, ein isolierter Markt für Klemmköpfe bestünde, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil betrifft die Bewerbung stets das System oder besondere Merkmale, zu denen das Ratschenspannsystem als technische Besonderheit gehört, jedoch nicht die konkrete Ausgestaltung der Klemmköpfe. Weder wird nach Klemmköpfen etwa in Internetsuchmaschinen gesucht noch wird deren Ausgestaltung in Tests über Fahrradträgersysteme erwähnt. Erwähnung findet, wie auch die Beklagte zutreffend anführt, das konkrete Befestigungsprinzip, d.h. der technische Aspekt, nicht jedoch die Ausgestaltung. Dass der Verkehr überhaupt auf die Gestaltung der Klemmköpfe, und nicht nur auf den technischen Aspekt des Ratschspannprinzips, achtet oder gar aus der Gestaltung Schlüsse auf den Hersteller zieht, ist nach Ansicht der Kammer bereits nicht hinreichend dargetan und auch sonst dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. 42Überdies spricht gegen das Vorliegen der wettbewerblichen Eigenart auch die Handhabung des Vertriebs der Klemmköpfe durch die Klägerin. Denn unstreitig beliefert die Klägerin sowohl A als auch O mit ihren Fahrradträgersystemen, die diese wiederum gegenüber dem Verbraucher als Original A- bzw. O-Zubehör anbieten. Auch ist es unstreitig, dass die Klägerin eine Zeit lang - im Rahmen der gemeinsamen Belieferung von A - die Beklagte mit Klemmköpfen für deren Lieferungen an A beliefert hat. Die Klägerin vertreibt ihre Produkte danach jedenfalls auch an Hersteller von PKW bzw. an andere Hersteller von Fahrradträgersystemen, welche die gelieferten Klemmköpfe wiederum in ihre eigenen Systeme integrieren und unter eigenem Namen an den Verbraucher vertreiben. 43Bei dieser Sachlage treten den Endabnehmern die Klemmköpfe der Klägerin regelmäßig als Bestandteil zusammengesetzter Fahrradträgersysteme entgegen, die von der Klägerin, aber eben auch von Drittanbietern unter ihrer eigenen Bezeichnung vertrieben werden. Sowohl Endabnehmern als auch Zwischenhändlern begegnen die Klemmköpfe der Klägerin daher als Teil von Gesamtsystemen verschiedener Hersteller. Dafür, dass sich die angesprochenen Verkehrskreise vertieft mit der Frage des Herstellers der Einzelkomponenten des Fahrradträgersystems beschäftigen oder gar wissen, dass die Klemmköpfe etwa von A oder O nicht von diesen selbst hergestellt werden, bestehen keine Anhaltspunkte. Den Mitgliedern der Kammer, die auch zu potentiellen Käufern von PKW-Fahrradträgern gehören, ist nicht bekannt, dass etwa A oder O die von ihnen als Originale angebotenen Fahrradträger von anderen Herstellern beziehen und diese nicht selbst herstellen oder im Sinne einer verlängerten Werkbank für sich herstellen lassen. Weshalb und woher die Abnehmerkreise eine solche Kenntnis über die internen Abläufe der Autohersteller haben sollen, wird seitens der Klägerin auch nicht näher dargetan. Anders als etwa bei Baumärkten oder Onlineshops sind Autohersteller wie A und O dem Endabnehmer gerade als Hersteller bekannt. Der Verkehr wird daher bei Originalzubehörteilen vielmehr davon ausgehen, dass auch diese von dem jeweiligen Autohersteller selbst stammen oder für ihn von Auftragsunternehmen erstellt werden. 44Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Abnehmer die Klemmköpfe als Bestandteil des Systems erwerben oder als Ersatzteil beziehen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 26.2.2014 - 6 U 71/13 - S. 336, 339), da die Klemmköpfe in der hier in Rede stehenden Gestaltung, auch wenn sie als Ersatzteil geliefert werden, von unterschiedlichen Herstellern stammen können. 45Danach verfügen die Klemmköpfe der Klägerin bereits über keine wettbewerbliche Eigenart, so dass Ansprüche aus § 4 Nr. 9a UWG ausscheiden. 46II. Mangels Begründetheit des Unterlassungsanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Auskunft und Feststellung des Schadensersatzanspruchs sowie auf die geltend gemachten Abmahnkosten. 47III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO. 48Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des zu vollstreckenden betrages. 1
2die parteien streiten über die nachahmung von sog. klemmköpfen zur befestigung von fahrrädern auf fahrradträgersysteme für personenkraftwagen. beide parteien betätigen sich auf dem gebiet der herstellung und des vertriebs von fahrradträgersystemen für pkw. 3fahrradträgersysteme für pkw bestehen aus einem grundträger, der entweder auf dem dach, am heck oder auf der anhängerkupplung montiert wird, sowie abstandshaltern mit greifelementen, den sog. klemmköpfen. die abstandshalter sind in der regel am grundträger befestigt und bestehen aus einer stange, an deren ende sich die klemmköpfe befinden. diese werden am fahrradrahmen befestigt. die klemmköpfe der klägerin sind im anlagenheft hinter anlage k5 abgebildet und den klemmköpfen der beklagten gegenübergestellt. 4beide parteien belieferten u.a. auch die a ag mit ihren fahrradheckträgersystemen. 2008 und 2009 bezog die beklagte klemmköpfe und abstandhalter von der klägerin, weil die a ag ratschspannsysteme bevorzugte und diese in einem lastenheft forderte. seit 2010 bezieht die beklagte keine klemmköpfe mehr von der klägerin. 5der klägerin fiel auf der messe automechanika auf, dass die beklagte klemmköpfe anbot, die identisch mit denen der klägerin waren. die klägerin ließ der beklagten unter dem 7.8.2013 eine berechtigungsanfrage zukommen. in der sich anschließenden korrepondenz berief sich die beklagte darauf, dass der ehemalige geschäftsführer der klägerin seine zustimmung zum nachbau erteilt habe. unter dem 4.4.2014 ließ die klägerin die beklagte förmlich abmahnen. 6die klägerin behauptet, dass sie die klemmköpfe der 1. generation, die ohne spannratsche funktionierten, seit 2003 am markt anbiete. mit moderner spannratsche biete sie sie seit 2008 an. seit 2003 habe sie 680.830 klemmköpfe weltweit und etwas über 500.000 in deutschland abgesetzt. 7aufgrund der vorzüge des ratschenspannprinzips habe die a ag 2008 entschieden, dass auch die fahrradträgersysteme der beklagten mit klemmköpfen wie solche der klägerin ausgestattet werden müssten. gleichzeitig sei die a ag nicht bereit gewesen, allein von der klägerin zu beziehen, wahrscheinlich aufgrund einer second-source-politik. dies habe dazu geführt, dass die klägerin die beklagte 2008 und 2009 mit kompletten abstandshaltern als auch mit einzelnen klemmköpfen beliefert habe. 8die klägerin vertritt die auffassung, dass klemmköpfe als teil der sachgesamtheit "pkw-fahrradträger" über eine eigenständige wettbewerbliche eigenart verfügten. klemmköpfe hätten eine zentrale funktion in bezug auf verkehrssicherheit und leichte handhabung. dies seien die elemente, mit denen der abnehmer "hautnah" in kontakt trete. mit den klemmköpfen werde sich auch in tests und preisvergaben auseinandergesetzt wie etwa in der zeitschrift "elektrorad", beim adac-test und beim reddot design award. wegen des diesbezüglichen weiteren vorbringens der klägerin wird auf ihren schriftsatz vom 13.4.2015 nebst anlagen bezug genommen (bl. 296 ff. d.a.). 9die klägerin bestreitet eine zustimmung ihres ehemaligen geschäftsführers zum nachbau durch die beklagte. man sei damals nur bereit gewesen, die beklagte mit klemmköpfen zu beliefern, damit diese ihre systeme an die a ag habe vertreiben können. zu keinem zeitpunkt habe die klägerin der beklagten gestattet, die originalteile an dritte außer der a ag zu veräußern, geschweige denn diese nachzubauen. 10neuerdings beliefere die klägerin exklusiv auch o. 11die klägerin behauptet, das sie im herbst 2012 einen hinweis auf die nachahmungen der beklagten erhalten und sich zunächst klemmköpfe der beklagten beschafft habe. erst beim zerlegen habe man die nachahmung erkennen können. 12die klägerin beantragt, 131. die beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, geschäftlich handelnd, klemmköpfe zur befestigung von fahrrädern auf fahrradträgersystemen für personenkraftwagen gemäß den abbildungen in anlagenkonvolut k7 anzubieten und/oder in den verkehr zu bringen, 142. für jeden fall der zuwiderhandlung gegen die unterlassungsverpflichtung zu ziff. 1 der beklagten ein ordnungsgeld bis zu 250.000 €, im uneinbringlichkeitsfall ordnungshaft oder primär ordnungshaft bis zu 2 jahren, zu vollziehen an dem geschäftsführer der beklagten, anzudrohen, 153. festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, der klägerin den gesamten schaden zu ersetzen, welcher der klägerin aus handlungen der beklagten seit dem 7.2.2013 bereits entstanden ist und zukünftig noch entsteht, 164. die beklagte zu verurteilen, schriftlich umfassend und detailliert auskunft über den umfang der verletzungshandlung nach ziff. 1 zu erteilen und rechnung zu legen unter angabe 17- der art und zahl der erhaltenen und bestellten klemmköpfe sowie der namen und anschriften der hersteller, lieferanten und anderer vorbesitzer, 18- der lieferungen der klemmköpfe, aufgeschlüsselt nach liefermengen, lieferzeiten und lieferpreisen nebst namen und anschriften der gewerblichen abnehmer, 19- der art und des umfangs der betriebenen werbung, aufgeschlüsselt nach werbeträgern, deren auflagenhöhe sowie des verbreitungsgebietes und des verbreitungszeitraums, 20- des umfangs der veräußerten klemmköpfe, aufgelistet nach den jeweiligen monatlichen umsätzen unter nennung der einkaufs- und verkaufspreise, 21- des erzielten gewinns in plausibler, aus sich heraus verständlicher darstellung der kosten, wobei nur die produktspezifisch zuordenbaren kosten zu berücksichtigen sind, 22sämtliche auskünfte jeweils ab dem 7.2.2013, 235. die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 1.147,25 € nebst zinsen hieraus in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 5.4.2014 zu zahlen. 24die beklagte beantragt, 25die klage abzuweisen. 26die beklagte bestreitet, dass die klägerin die klemmköpfe bereits seit 2003 vertreibt und behauptet, dass die a ag (a) auf die parteien zugegangen sei und um eine einheitliche gestaltung der klemmköpfe gebeten habe. a habe ein lastenheft vorgelegt, in dem auch eine abbildung eines klemmkopfs wie der der klägerin enthalten gewesen sei (bl. 39 d.a.). im nachgang dazu hätten die parteien sich abgestimmt und nur einfachheitshalber habe die beklagte dann die klemmköpfe von der klägerin bezogen. 27die klemmköpfe stammten daher letztlich von a. a habe die klemmköpfe auch wie eine eigenproduktion behandelt. 28infolge von lieferschwierigkeiten mitte 2008 habe der geschäftsführer der beklagten, herr c, im rahmen der automechanika 2008 mit dem geschäftsführer der klägerin, herrn x, gesprochen und dieser habe betont, dass der einsatz der klemmköpfe der klägerin in den produkten der beklagten nicht beanstandet werden würde. aufgrund der lieferschwierigkeiten habe die beklagte angefangen, selbst zu produzieren. sie habe die klemmköpfe bereits auf der automechanica 2008 ausgestellt. da die klägerin dort auch vertreten gewesen sei, hätte diese die klemmköpfe sehen können und müssen. 29die beklagte legt wettbewerbliches umfeld vor und behauptet, dass etwa die hälfte aller anbieter auch ratschenspannsysteme benutzten (bl. 41 f. d.a.). eine wettbewerbliche eigenart fehle. 30die beklagte behauptet ferner, dass der angesprochene abnehmerkreis aus fachleuten bestehe, da ein verbraucher die klemmköpfe nicht alleine einsetzen könne. sie bestreitet die wettbewerbliche eigenart, weil alle merkmale rein technisch bedingt seien. 31es fehle auch an einer herkunftstäuschung, weil die klemmköpfe keine kennzeichnung aufwiesen und eine vielzahl gleicher klemmköpfe existierten. weder verbraucher noch fachleute könnten eine zuordnung zu einem bestimmten betrieb treffen. 32die ansprüche seien auch verwirkt, da sich die parteien seit über 5 jahren regelmäßig auf dem markt begegneten. infolge der kooperationsgespräche und des zuwartens von über 7 jahren bis zur einleitung eines gerichtlichen verfahren, habe sich die beklagte im vertrauen nicht angegriffen zu werden, einen wertvollen besitzstand aufgebaut. 33wegen des weiteren vorbringens der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 34
35die klage ist unbegründet. 36i. der klägerin steht kein anspruch auf unterlassung des angebots und des inverkehrbringens der angegriffenen klemmköpfe seitens der beklagten zu. 37ein solcher anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus den §§ 3, 4 nr. 9a, 8 uwg. 38nach der rechtsprechung des bgh kann der vertrieb eines nachahmenden erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte produkt über wettbewerbliche eigenart verfügt und besondere umstände hinzutreten, die die nachahmung unlauter erscheinen lassen. so verhält es sich, wenn die nachahmung geeignet ist, eine herkunftstäuschung hervorzurufen und der nachahmer geeignete und zumutbare maßnahmen zur vermeidung der herkunftstäuschung unterlässt. dabei besteht eine wechselwirkung zwischen dem grad der wettbewerblichen eigenart, der art und weise und der intensität der übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen eigenart und einem höheren grad der übernahme geringere anforderungen an die besonderen umstände zu stellen sind, die die wettbewerbswidrigkeit der nachahmung begründen und umgekehrt (vgl. nur bgh grur 2010, 80 rn. 21 - likeabike). 39den klemmköpfen der klägerin fehlt die wettbewerbliche eigenart. 40für die annahme wettbewerblicher eigenart genügt es, dass der verkehr bei den in rede stehenden produkten wert auf deren betriebliche herkunft legt und aus deren konkreter gestaltung oder auf grund bestimmter merkmale anhaltspunkte dafür gewinnen kann. an der wettbewerblichen eigenart kann es dagegen fehlen, wenn der hersteller seine erzeugnisse an verschiedene unternehmen liefert, die sie unter eigener kennzeichnung vertreiben, da ihre ausgestaltung dann nicht mehr geeignet ist, den verkehr auf den hersteller hinzuweisen. lediglich, wenn dies nur in geringem umfang erfolgt, schadet es der wettbewerblichen eigenart nicht (vgl. bgh grur 2007, 984 rn. 25 f. - gartenliege). 41es ist bereits fraglich, ob klemmköpfe als technisch bedingter bestandteil eines fahrradträgersystems überhaupt wettbewerbliche eigenart aufweisen können. dagegen spricht etwa, dass die klemmköpfe im grunde nur im system erworben werden und die bestellung von einzelnen klemmköpfen nur an diejenigen erfolgt, die bereits ein system erworben haben. dass unabhängig vom zugrunde liegenden system, ein isolierter markt für klemmköpfe bestünde, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. im gegenteil betrifft die bewerbung stets das system oder besondere merkmale, zu denen das ratschenspannsystem als technische besonderheit gehört, jedoch nicht die konkrete ausgestaltung der klemmköpfe. weder wird nach klemmköpfen etwa in internetsuchmaschinen gesucht noch wird deren ausgestaltung in tests über fahrradträgersysteme erwähnt. erwähnung findet, wie auch die beklagte zutreffend anführt, das konkrete befestigungsprinzip, d.h. der technische aspekt, nicht jedoch die ausgestaltung. dass der verkehr überhaupt auf die gestaltung der klemmköpfe, und nicht nur auf den technischen aspekt des ratschspannprinzips, achtet oder gar aus der gestaltung schlüsse auf den hersteller zieht, ist nach ansicht der kammer bereits nicht hinreichend dargetan und auch sonst dem akteninhalt nicht zu entnehmen. 42überdies spricht gegen das vorliegen der wettbewerblichen eigenart auch die handhabung des vertriebs der klemmköpfe durch die klägerin. denn unstreitig beliefert die klägerin sowohl a als auch o mit ihren fahrradträgersystemen, die diese wiederum gegenüber dem verbraucher als original a- bzw. o-zubehör anbieten. auch ist es unstreitig, dass die klägerin eine zeit lang - im rahmen der gemeinsamen belieferung von a - die beklagte mit klemmköpfen für deren lieferungen an a beliefert hat. die klägerin vertreibt ihre produkte danach jedenfalls auch an hersteller von pkw bzw. an andere hersteller von fahrradträgersystemen, welche die gelieferten klemmköpfe wiederum in ihre eigenen systeme integrieren und unter eigenem namen an den verbraucher vertreiben. 43bei dieser sachlage treten den endabnehmern die klemmköpfe der klägerin regelmäßig als bestandteil zusammengesetzter fahrradträgersysteme entgegen, die von der klägerin, aber eben auch von drittanbietern unter ihrer eigenen bezeichnung vertrieben werden. sowohl endabnehmern als auch zwischenhändlern begegnen die klemmköpfe der klägerin daher als teil von gesamtsystemen verschiedener hersteller. dafür, dass sich die angesprochenen verkehrskreise vertieft mit der frage des herstellers der einzelkomponenten des fahrradträgersystems beschäftigen oder gar wissen, dass die klemmköpfe etwa von a oder o nicht von diesen selbst hergestellt werden, bestehen keine anhaltspunkte. den mitgliedern der kammer, die auch zu potentiellen käufern von pkw-fahrradträgern gehören, ist nicht bekannt, dass etwa a oder o die von ihnen als originale angebotenen fahrradträger von anderen herstellern beziehen und diese nicht selbst herstellen oder im sinne einer verlängerten werkbank für sich herstellen lassen. weshalb und woher die abnehmerkreise eine solche kenntnis über die internen abläufe der autohersteller haben sollen, wird seitens der klägerin auch nicht näher dargetan. anders als etwa bei baumärkten oder onlineshops sind autohersteller wie a und o dem endabnehmer gerade als hersteller bekannt. der verkehr wird daher bei originalzubehörteilen vielmehr davon ausgehen, dass auch diese von dem jeweiligen autohersteller selbst stammen oder für ihn von auftragsunternehmen erstellt werden. 44dies gilt unabhängig von der frage, ob die abnehmer die klemmköpfe als bestandteil des systems erwerben oder als ersatzteil beziehen (vgl. olg köln, urteil vom 26.2.2014 - 6 u 71/13 - s. 336, 339), da die klemmköpfe in der hier in rede stehenden gestaltung, auch wenn sie als ersatzteil geliefert werden, von unterschiedlichen herstellern stammen können. 45danach verfügen die klemmköpfe der klägerin bereits über keine wettbewerbliche eigenart, so dass ansprüche aus § 4 nr. 9a uwg ausscheiden. 46ii. mangels begründetheit des unterlassungsanspruchs besteht auch kein anspruch auf auskunft und feststellung des schadensersatzanspruchs sowie auf die geltend gemachten abmahnkosten. 47iii. die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 abs. 1, 709 zpo. 48der streitwert wird auf 100.000,00 eur festgesetzt.
Verklagte*r
0
169,449
L 11 KA 106/12
"2014-11-12T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.09.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist eine Honorarkürzung wegen fehlenden Fortbildungsnachweises. 3Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) der Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin F. und Dr. U. 4Mit Schreiben vom 11.06.2010 erinnerte die Beklagte den Vertragsarzt F. daran, dass am 30.04.2011 die Frist zum Nachweis der gesetzlichen Fortbildungspflicht nach § 95d Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) ablaufe. Werde der Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbracht, sei sie verpflichtetet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Versorgung zu kürzen. 5Mit Quartalskonto/Abrechnungsbescheid vom 25.10.2011 für das Quartal II/2011 kürzte die Beklagte das Honorar des Vertragsarztes F. unter Hinweis auf § 95d SGB V um 10.188,52 EUR. 6Mit Schreiben vom 07.11.2011 widersprach die Klägerin dieser Kürzung. Sie sei nicht rechtmäßig. Die Beklagte sei gemäß § 4 der Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V (FortbRL-Ä) verpflichtet, die Vertragsärzte mindestens drei Monate vor Ablauf der Frist darauf hinzuweisen, dass ein fehlender Nachweis Honorarkürzungen zur Folge haben könne. Dieser Hinweis sei nicht erfolgt. Für den Vertragsarzt F. liege ein Punktekonto von mindestens 275 Punkten vor, das verlangte Fortbildungszertifikat sei beantragt und werde sofort bei Erhalt zugesandt. Mit Schreiben vom 12.12.2011 übersandte die Klägerin das vom 04.05.2011 datierende Fortbildungszertifikat und bat um rasche Überweisung des zurückbehaltenen Honorars. 7Mit Bescheid vom 29.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie habe unter dem 11.06.2010 auf die Notwendigkeit der Vorlage des Fortbildungszertifikates der Ärztekammer Nordrhein bis zum 30.04.2011 und die ansonsten vorzunehmende Honorarkürzung hingewiesen. Weitere Hinweise seien durch Veröffentlichung in KVNO aktuell 5/2009 erfolgt. Das am 04.05.2011 ausgestellte Fortbildungszertifikat sei ihr erst im IV. Quartal 2011 nachgewiesen, die gesetzliche Frist für den Nachweis der geforderten 250 Fortbildungspunkte daher nicht eingehalten worden. Die Vorgaben des § 95d SGB V seien somit nicht erfüllt, weshalb es bei der Belastung verbleiben müsse. 8Dagegen hat die Klägerin am 30.03.2012 durch den Vertragsarzt F. Klage erhoben. Die gesetzliche Fortbildungsverpflichtung habe er jederzeit erfüllt. Erst durch den Honorareinbehalt sei ihm bekannt geworden, dass er die Fortbildung gegenüber der Beklagten mit einer festen Terminvorgabe nachzuweisen habe. Die Beklagte sei verpflichtet, ihre Mitglieder auf Erbringung des Nachweises hinzuweisen. Das sei nicht erfolgt. Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid erwähnte Veröffentlichung in KVNO aktuell aus dem Jahr 2009 beziehe sich auf eine Ärztegruppe, die nicht mit seiner Situation vergleichbar sei. Das Schreiben vom 17.06.2010 habe er nicht bekommen. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe schicke demgegenüber mindestens zwei Briefe an die Ärzte, nämlich zwölf Monate und drei Monate vor Ablauf der Fortbildungsnachweispflicht. Außerdem sei das bisherige und sonst übliche Vorgehen der Beklagten bezüglich fehlender Qualitätsnachweise ein ganz anderes. So werde z.B. jährlich die Nachweisweispflicht der DMP-Fortbildung schriftlich oder telefonisch angemahnt. Zudem sei in dem Vorgehen der Beklagten auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zu sehen. Gegen die Fortbildungspflicht könne nicht verstoßen werden, wenn der jeweilige Vertragsarzt dieser Pflicht nachgekommen sei. Außerdem stehe die Höhe der Strafe nicht im Verhältnis zum Vergehen. Im vorliegenden Fall gehe es lediglich um den fehlenden Transfer eines Papiers zwischen der Ärztekammer Nordrhein und der Beklagten, wobei beide unter derselben Anschrift ansässig seien. 9Die Klägerin hat beantragt, 10unter Abänderung des Abrechnungsbescheides für das Quartal II/2011 vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 die Beklagte zu verurteilen, die Kürzung nach § 95d SGB V zurückzunehmen und ihr ein Honorar in Höhe von 10.188,52 EUR nachzuzahlen. 11Die Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie hat darauf verwiesen, dass der Vertragsarzt F. ihr bis zum 30.04.2011 mindestens 250 Fortbildungspunkte hätte nachweisen müssen. Hierüber und auch über die Folgen der Nichterbringung des Fortbildungsnachweises sei er mit Schreiben vom 11.06.2010 informiert worden. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Honorarkürzung bei fehlendem Nachweis stehe ihr auch dann kein Ermessen zu, wenn der Vertragsarzt im maßgeblichen Zeitraum Fortbildungen absolviert habe. Die Honorarkürzung begründe sich nicht mit den nicht rechtzeitig erlangten Fortbildungspunkten, sondern ausschließlich damit, dass der notwendige Nachweis nicht fristgerecht erbracht worden sei. 14Mit Urteil vom 19.09.2012 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Beklagte unter Abänderung des Abrechnungsbescheides für das Quartal II/2011 vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 zur Nachvergütung des Honorars in Höhe von 10.188,52 EUR verurteilt. Nach § 95d SGB V sei der Vertragsarzt F. verpflichtet gewesen, den Fortbildungspflichtnachweis bis zum 30.04.2011 zu erbringen. Das habe er nicht getan. Die gesetzliche Regelung stelle hierbei nicht auf den Erwerb, sondern auf den Nachweis der Fortbildungspunke ab. Unverhältnismäßig sei die an den fehlenden Fortbildungsnachweis geknüpfte Honorarkürzung grundsätzlich nicht. Hierbei gewinne zum Schutz des Vertragsarztes vor allem Bedeutung, dass die von der KBV erlassenen Regelungen eine Hinweispflicht enthielten. Nach § 95d Abs. 6 Satz 2 und Satz 4 SGB V regele die KBV das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung. Die Regelungen seien für die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich. Nach § 4 Satz 1 der auf dieser Grundlage erlassenen FortbRl-Ä seien Vertragsärzte mindestens drei Monate vor Ablauf der für sie geltenden Frist zum Nachweis der Fortbildung darauf hinzuweisen, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung gemäß § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V verbunden sei. Wenn die Beklagte insofern unter dem 11.06.2010 ein Schreiben an den Vertragsarzt F. gefertigt habe, in dem dieser auf den Ablauf der Nachweispflicht am 30.04.2011 hingewiesen worden sei, erfülle das die Anforderungen an die Hinweispflicht gemäß § 4 FortbRl-Ä. Jedoch habe die Beklagte die sich aus § 4 FortbRl-Ä ergebende Pflicht, den Vertragsarzt F. individuell auf die Konsequenz von Honorarkürzungen bei der Versäumnis des rechtzeitigen Fortbildungsnachweises hinzuweisen, nicht hinreichend rechtssicher erfüllt. In ihrer Verwaltungsakte befinde sich allein ein Hinweisschreiben vom 11.06.2010. Einen "Ab-Vermerk", dass und ggf. wann dieses Schreiben zur Versendung gelangt sei, verzeichne die Verwaltungsakte nicht, erst recht nicht einen Zustellnachweis. Zwar werde man in Anlehnung an die gesetzlichen Bestimmungen über schriftliche Verwaltungsakte (Bescheide) davon ausgehen können, dass solche Hinweisschreiben am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelten. Im Zweifel habe jedoch die Behörde den Zugang des Schreibens und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Solche Zweifel bestünden hier, nachdem der Vertragsarzt F. bereits in seinem Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid II/2011 vom 25.10.2011 vorgetragen habe, ein Hinweis gemäß § 4 FortbRl-Ä sei nicht erfolgt. Nachdem im Widerspruchsbescheid vom 29.02.2012 konkret das Hinweisschreiben vom 11.06.2010 benannt worden sei, habe er im Klageverfahren vorgetragen, ein Brief vom 11.06.2010 habe ihn nicht erreicht. Diese Behauptung sei nicht zu widerlegen. Bereits der Vortrag, das Schreiben vom 11.06.2010 nicht erhalten zu haben, begründe Zweifel an seinem Zugang. Zweifel im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bestünden schon dann, wenn der Adressat den Zugang schlicht bestreite. 15Gegen das ihr am 28.09.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.10.2012 Berufung eingelegt. Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 4 FortbRl-Ä führe nicht zur der Rechtsfolge, dass sie keine Honorarrückforderungen durchführen könne. Nach § 95d Abs. 6 SGB V regele die KBV das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung. Die Regelungen seien für die Kassenärztliche Vereinigung verbindlich. Gemäß § 4 FortbRl-Ä seien Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten mindestens drei Monate vor Ablauf der für sie geltenden Frist zum Nachweis der Fortbildung darauf hinzuweisen, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung verbunden sei. Mangels Rechtsfolgenverweises bei Nichterteilen des Hinweises stelle die dort normierte Frist lediglich eine Ordnungsfrist dar, die es nicht rechtfertige, bei Nichteinhaltung auf den Honorareinbehalt verzichten zu dürfen. In der mündlichen Verhandlung hat sie weiter vorgetragen, dass die FortbRl-Ä rechtswidrig sei, weil sie die gesetzlichen Vorgaben des § 95d SGB V nicht erfülle. Nach dieser Vorschrift habe sie - die Beklagte - in den Fällen, in denen der Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbracht sei, das zu zahlende Honorar ausnahmslos zu kürzen. Eine Hinweispflicht sei in § 95d SGB V nicht vorgesehen. 16Die Beklagte beantragt, 17das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.09.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen. 18Die Klägerin beantragt, 19die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. 20Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Klageverfahren. Die Beklagte bleibe eine Antwort schuldig, warum in diesem Fall nur ein einziger erbrachter Hinweis behauptet werde, während in anderen Verfahren die Ärzte mehrmals angeschrieben worden seien. Zudem seien § 95d SGB V und die FortbRl-Ä untrennbar miteinander verbunden. Die Normenvorgaben und Rechtsfolgen im SGB V seien nur sinnvoll und erst anwendbar, wenn man die detaillierten Bestimmungen FortbRl-Ä hinzunehme. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 22Entscheidungsgründe: 23Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin Honorar in Höhe von 10.188,52 EUR nachzuvergüten. 24Rechtsgrundlage für die Honorarkürzung ist § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V. Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Die Fortbildungsinhalte müssen dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin, Zahnmedizin und Psychotherapie entsprechen. Sie müssen frei von wirtschaftlichen Interessen sein (§ 95d Abs. 1 SGB V). Gemäß § 95d Abs. 4 Satz 2 SGB V hat der Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweise nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Gemäß § 95d Abs. 6 Abs. 2 SGB V regelt die KBV das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung. Die Regelungen sind für die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich (§ 95d Abs. 6 Satz 4 SGB V). 25Der Vertragsarzt F. hat sich zwar in dem hier maßgeblichen Fünfjahreszeitraum entsprechend der ihm auferlegten Verpflichtung fortgebildet, er hat der Beklagten aber nicht den erforderlichen Fortbildungsnachweis vorgelegt. Die Vorlage eines solchen Nachweises war jedoch erforderlich. Die gesetzliche Regelung stellt eindeutig auf den Nachweis ab (SG Marburg, Urteile vom 07.12.2011 - S 12 KA 854/10 -, 22.02.2012 - S 2 KA 100/11 - und 04.07.2012 - S 12 KA 906/10, S 12 KA 165/11 - sowie Gerichtsbescheid vom 26.08.2013 - S 12 KA 86/13 -). Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung "den Nachweis zu erbringen hat", dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist (§ 95 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). Der "Nachweis" ist erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Folgerichtig knüpft das Gesetz insbesondere auch die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung an den fehlenden Nachweis. Die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung besteht dann, wenn ein Vertragsarzt den "Fortbildungsnachweis" nicht oder nicht vollständig erbringt (§ 95 Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Honorarkürzung endet erst nach Erbringung des "vollständigen Fortbildungsnachweises" (§ 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V). Soweit der Gesetzgeber für die Erfüllung der Fortbildungspflicht auf einen förmlichen - feststellenden - Verwaltungsakt verzichtet, sondern es bei einem bloßen Nachweis belässt, kommt es auf den Nachweis bis zum Stichtag entscheidend an. Systematisch handelt es sich bei der Fortbildungspflicht um eine Qualitätssicherungsmaßnahme. Die Qualitätssicherung wird aber nach der gesetzlichen Regelung erst durch den Nachweis erfüllt (SG Marburg, a.a.O.) 26Der Honorarbescheid ist jedoch formell rechtswidrig, weil die Beklagte eine Hinweispflicht nicht beachtet hat. Nach der von der KBV erlassenen FortbRL-Ä muss mindestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums ein Hinweis erfolgen, dass die Versäumnis der Nachweisfrist mit einer Honorarkürzung verbunden ist. 27Zunächst ist entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Rechtsauffassung die FortbRl-Ä nicht deswegen rechtswidrig, weil die Kassenärztlichen Vereinigungen bei einem Verstoß gegen die Fortbildungspflicht ausnahmslos aufgrund § 95d Abs. 3 SGB V eine Honorarkürzung vorzunehmen haben. Der Gesetzgeber hat in § 95d Abs. 3 SGB V nur geregelt, welche Folgen der Verstoß gegen die Fortbildungsverpflichtung für den Vertragsarzt nach sich ziehen soll. Diese Vorschrift ordnet nicht selbst eine Kürzung des Honorars an. Vielmehr regelt sie, dass die Kassenärztliche Vereinigung das Honorar durch Bescheid zu kürzen hat. Insofern besteht eine Parallele zu den Verfahren bei Honorarkürzungen bei Unwirtschaftlichkeit gemäß § 106 Abs. 2 SGB V. Auch in diesen Fällen verwirklicht sich die Honorarkürzung nicht kraft Gesetzes. Es ist Aufgabe der hierfür zuständigen Gremien, die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- bzw. Verordnungsweise des Vertragsarztes zu prüfen und ggf. Honorarkürzungen festzusetzen. Im Ergebnis nichts anderes wird durch § 95d Abs. 6 SGB V eröffnet. Nach Satz 2 dieser Vorschrift regeln die Kassenärztlichen Vereinigungen das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung. Die abgeleiteten verfahrensrechtlichen Regelungen trifft die FortbRl-Ä. § 4 FortbRl-Ä ist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 95d Abs. 6 SGB V gedeckt. Die §§ 4 bis 6 FortbRl-Ä sind der Überschrift "Folgen unzureichender Fortbildung" nachgeordnet und beziehen sich damit auf diese Ermächtigungsgrundlage. Sie stehen auch inhaltlich in Übereinstimmung mit der Ermächtigungsgrundlage. Bei der Hinweispflicht handelt es sich ebenso wie bei Anhörungen nach § 24 SGB X um Vorstufen des beabsichtigten Bescheides. 28Die insoweit beweisbelastete Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass sie diese Hinweispflicht erfüllt hat. Zwar findet sich ein entsprechendes Schreiben vom 11.06.2010 im Verwaltungsvorgang. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kann die Beklagte den Vortrag des Vertragsarztes F., dieses Schreiben nicht erhalten zu haben, jedoch nicht entkräften. 29Die Beklagte hat ihrer Hinweispflicht auch nicht in anderer Weise Genüge getan. Hierzu reicht die Veröffentlichung in der KVNO aktuell 5/2009 nicht aus. Bei der Regelung des § 4 FortbRl-Ä handelt es sich um eine individuelle Hinweispflicht. Das ergibt sich aus der Formulierung, dass die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten vor Ablauf der für sie geltenden Frist auf die Honorarkürzung hinzuweisen sind. Die Frist berechnet sich grundsätzlich für jeden Vertragsarzt und Vertragspsychotherapeuten individuell. Dies folgt daraus, dass nach § 95d Abs. 3 Satz 1 2. HS SGB V der Fünfjahreszeitraum für die Zeit des Ruhens der Zulassung unterbrochen ist. Eine Veröffentlichung in einem Verbandsorgan genügt der Hinweispflicht demnach nicht. 30Die Nichtbeachtung dieser persönlichen Hinweispflicht führt zur formellen Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide. Zwar kommt den nach § 95d Abs. 6 SGB V erlassenen Richtlinien weder nach Gesetz noch nach anderen Vorschriften eine Außenwirkung zu. Es handelt sich, da einseitig von der KBV erlassen, um keine vertraglichen Bestimmungen (vgl. §§ 81 Abs. 3 Nr. 1, 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V) oder Richtlinien i.S.d. § 81 Abs. 3 Nr. 1 SGB V, sondern um verfahrensausfüllende und norminterpretierende Verwaltungsvorschriften (SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 04.08.2013 - S 11 KA 902/10 - und Urteil vom 25.09.2013 - S 13 KA 109/10 -; Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Auflage, 2012, Stand 18.09.2014, § 95d Rdn. 52). Aber auch wenn die FortbRl-Ä keine normativen Wirkungen erzeugt, so erlangt sie dennoch als antizipierende Hinweise auf die Verwaltungspraxis Bedeutung (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 27.08.2009 - B 13 R 107/08 R -). Sie bewirkt eine Selbstbindung der Verwaltung und begründet einen Anspruch auf Gleichbehandlung (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 50/06 R -). Mithin hatte die Beklagte den Vertragsarzt F. gemäß der § 4 FortbRl-Ä auf die drohende Honorarkürzung hinzuweisen. Der Vertragsarzt durfte sich darauf verlassen, dass - wenn ihm die Beklagte keinen gegenteiligen Hinweis erteilt - er nicht auf Grund eines fehlenden Fortbildungsnachweises mit Honorarkürzungen rechnen muss. Davon konnte er insbesondere ausgehen, weil die Beklagte andere Vertragsärzte jeweils zeitig unterrichtete. 31Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, § 4 FortbRl-Ä normiere für den Fall des Verstoßes gegen die Nachweispflicht keine Rechtsfolge und aus diesem Grund führe der fehlende Hinweis nicht zu einem Wegfall der Honorarkürzung, ist dem nicht zu folgen. Abschnitt II und III der FortbRl-Ä sind auf der Grundlage des § 95d Abs. 6 Satz 2 SGB V zur Regelung des Verfahrens des Fortbildungsnachweises und Honorarkürzung erlassen worden. Es handelt sich bei ihnen mithin um Verfahrensregelungen. Ein Verwaltungsakt, der unter einem Verfahrens- oder Formfehler leidet, ist grundsätzlich rechtswidrig und ist deshalb im Rechtsbehelfsverfahren aufzuheben (Schneider-Danwitz in jurisPK-SGB X, 1. Auflage, 2012, Stand 01.12.2013, § 41 Rdn. 4). Verstöße gegen Verfahrensvorschriften machen Verwaltungsakte grundsätzlich formell rechtswidrig, wenn die Verfahrens- und Formfehler nicht gemäß § 41 SGB X unbeachtlich sind. Hier liegt kein Fall des § 41 SGB X vor. Auch auf die Regelung des § 42 SGB X kann sich die Beklagte nicht berufen. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung nicht beeinflusst hat. Das ist hier nicht der Fall. Aufgrund des tatsächlichen Geschehensablaufs ist vielmehr davon auszugehen, dass der Vertragsarzt F. den Fortbildungsnachweis innerhalb der Nachweisfrist eingereicht hätte, wenn er auf dieses Erfordernis hingewiesen worden wäre. 32Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 33Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
die berufung der beklagten gegen das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 19.09.2012 wird zurückgewiesen. die beklagte trägt auch die kosten des berufungsverfahrens. die revision wird zugelassen. 1
2streitig ist eine honorarkürzung wegen fehlenden fortbildungsnachweises. 3die klägerin ist eine berufsausübungsgemeinschaft (bag) der fachärzte für innere medizin mit schwerpunkt pneumologie, allergologie und schlafmedizin f. und dr. u. 4mit schreiben vom 11.06.2010 erinnerte die beklagte den vertragsarzt f. daran, dass am 30.04.2011 die frist zum nachweis der gesetzlichen fortbildungspflicht nach § 95d fünftes sozialgesetzbuch (sgb v) ablaufe. werde der fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbracht, sei sie verpflichtetet, das an ihn zu zahlende honorar aus der vergütung vertragsärztlicher versorgung zu kürzen. 5mit quartalskonto/abrechnungsbescheid vom 25.10.2011 für das quartal ii/2011 kürzte die beklagte das honorar des vertragsarztes f. unter hinweis auf § 95d sgb v um 10.188,52 eur. 6mit schreiben vom 07.11.2011 widersprach die klägerin dieser kürzung. sie sei nicht rechtmäßig. die beklagte sei gemäß § 4 der regelung der kassenärztlichen bundesvereinigung (kbv) zur fortbildungsverpflichtung der vertragsärzte und vertragspsychotherapeuten nach § 95d sgb v (fortbrl-ä) verpflichtet, die vertragsärzte mindestens drei monate vor ablauf der frist darauf hinzuweisen, dass ein fehlender nachweis honorarkürzungen zur folge haben könne. dieser hinweis sei nicht erfolgt. für den vertragsarzt f. liege ein punktekonto von mindestens 275 punkten vor, das verlangte fortbildungszertifikat sei beantragt und werde sofort bei erhalt zugesandt. mit schreiben vom 12.12.2011 übersandte die klägerin das vom 04.05.2011 datierende fortbildungszertifikat und bat um rasche überweisung des zurückbehaltenen honorars. 7mit bescheid vom 29.02.2012 wies die beklagte den widerspruch zurück. sie habe unter dem 11.06.2010 auf die notwendigkeit der vorlage des fortbildungszertifikates der ärztekammer nordrhein bis zum 30.04.2011 und die ansonsten vorzunehmende honorarkürzung hingewiesen. weitere hinweise seien durch veröffentlichung in kvno aktuell 5/2009 erfolgt. das am 04.05.2011 ausgestellte fortbildungszertifikat sei ihr erst im iv. quartal 2011 nachgewiesen, die gesetzliche frist für den nachweis der geforderten 250 fortbildungspunkte daher nicht eingehalten worden. die vorgaben des § 95d sgb v seien somit nicht erfüllt, weshalb es bei der belastung verbleiben müsse. 8dagegen hat die klägerin am 30.03.2012 durch den vertragsarzt f. klage erhoben. die gesetzliche fortbildungsverpflichtung habe er jederzeit erfüllt. erst durch den honorareinbehalt sei ihm bekannt geworden, dass er die fortbildung gegenüber der beklagten mit einer festen terminvorgabe nachzuweisen habe. die beklagte sei verpflichtet, ihre mitglieder auf erbringung des nachweises hinzuweisen. das sei nicht erfolgt. die von der beklagten im widerspruchsbescheid erwähnte veröffentlichung in kvno aktuell aus dem jahr 2009 beziehe sich auf eine ärztegruppe, die nicht mit seiner situation vergleichbar sei. das schreiben vom 17.06.2010 habe er nicht bekommen. die kassenärztliche vereinigung westfalen-lippe schicke demgegenüber mindestens zwei briefe an die ärzte, nämlich zwölf monate und drei monate vor ablauf der fortbildungsnachweispflicht. außerdem sei das bisherige und sonst übliche vorgehen der beklagten bezüglich fehlender qualitätsnachweise ein ganz anderes. so werde z.b. jährlich die nachweisweispflicht der dmp-fortbildung schriftlich oder telefonisch angemahnt. zudem sei in dem vorgehen der beklagten auch ein verstoß gegen das gleichbehandlungsgebot zu sehen. gegen die fortbildungspflicht könne nicht verstoßen werden, wenn der jeweilige vertragsarzt dieser pflicht nachgekommen sei. außerdem stehe die höhe der strafe nicht im verhältnis zum vergehen. im vorliegenden fall gehe es lediglich um den fehlenden transfer eines papiers zwischen der ärztekammer nordrhein und der beklagten, wobei beide unter derselben anschrift ansässig seien. 9die klägerin hat beantragt, 10unter abänderung des abrechnungsbescheides für das quartal ii/2011 vom 25.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 die beklagte zu verurteilen, die kürzung nach § 95d sgb v zurückzunehmen und ihr ein honorar in höhe von 10.188,52 eur nachzuzahlen. 11die beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie hat darauf verwiesen, dass der vertragsarzt f. ihr bis zum 30.04.2011 mindestens 250 fortbildungspunkte hätte nachweisen müssen. hierüber und auch über die folgen der nichterbringung des fortbildungsnachweises sei er mit schreiben vom 11.06.2010 informiert worden. aufgrund der gesetzlichen verpflichtung zur honorarkürzung bei fehlendem nachweis stehe ihr auch dann kein ermessen zu, wenn der vertragsarzt im maßgeblichen zeitraum fortbildungen absolviert habe. die honorarkürzung begründe sich nicht mit den nicht rechtzeitig erlangten fortbildungspunkten, sondern ausschließlich damit, dass der notwendige nachweis nicht fristgerecht erbracht worden sei. 14mit urteil vom 19.09.2012 hat das sozialgericht (sg) düsseldorf die beklagte unter abänderung des abrechnungsbescheides für das quartal ii/2011 vom 25.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29.02.2012 zur nachvergütung des honorars in höhe von 10.188,52 eur verurteilt. nach § 95d sgb v sei der vertragsarzt f. verpflichtet gewesen, den fortbildungspflichtnachweis bis zum 30.04.2011 zu erbringen. das habe er nicht getan. die gesetzliche regelung stelle hierbei nicht auf den erwerb, sondern auf den nachweis der fortbildungspunke ab. unverhältnismäßig sei die an den fehlenden fortbildungsnachweis geknüpfte honorarkürzung grundsätzlich nicht. hierbei gewinne zum schutz des vertragsarztes vor allem bedeutung, dass die von der kbv erlassenen regelungen eine hinweispflicht enthielten. nach § 95d abs. 6 satz 2 und satz 4 sgb v regele die kbv das verfahren des fortbildungsnachweises und der honorarkürzung. die regelungen seien für die kassenärztlichen vereinigungen verbindlich. nach § 4 satz 1 der auf dieser grundlage erlassenen fortbrl-ä seien vertragsärzte mindestens drei monate vor ablauf der für sie geltenden frist zum nachweis der fortbildung darauf hinzuweisen, dass die versäumnis der frist mit einer honorarkürzung gemäß § 95d abs. 3 satz 4 sgb v verbunden sei. wenn die beklagte insofern unter dem 11.06.2010 ein schreiben an den vertragsarzt f. gefertigt habe, in dem dieser auf den ablauf der nachweispflicht am 30.04.2011 hingewiesen worden sei, erfülle das die anforderungen an die hinweispflicht gemäß § 4 fortbrl-ä. jedoch habe die beklagte die sich aus § 4 fortbrl-ä ergebende pflicht, den vertragsarzt f. individuell auf die konsequenz von honorarkürzungen bei der versäumnis des rechtzeitigen fortbildungsnachweises hinzuweisen, nicht hinreichend rechtssicher erfüllt. in ihrer verwaltungsakte befinde sich allein ein hinweisschreiben vom 11.06.2010. einen "ab-vermerk", dass und ggf. wann dieses schreiben zur versendung gelangt sei, verzeichne die verwaltungsakte nicht, erst recht nicht einen zustellnachweis. zwar werde man in anlehnung an die gesetzlichen bestimmungen über schriftliche verwaltungsakte (bescheide) davon ausgehen können, dass solche hinweisschreiben am dritten tage nach aufgabe zur post als bekannt gegeben gelten. im zweifel habe jedoch die behörde den zugang des schreibens und den zeitpunkt des zugangs nachzuweisen. solche zweifel bestünden hier, nachdem der vertragsarzt f. bereits in seinem widerspruch gegen den abrechnungsbescheid ii/2011 vom 25.10.2011 vorgetragen habe, ein hinweis gemäß § 4 fortbrl-ä sei nicht erfolgt. nachdem im widerspruchsbescheid vom 29.02.2012 konkret das hinweisschreiben vom 11.06.2010 benannt worden sei, habe er im klageverfahren vorgetragen, ein brief vom 11.06.2010 habe ihn nicht erreicht. diese behauptung sei nicht zu widerlegen. bereits der vortrag, das schreiben vom 11.06.2010 nicht erhalten zu haben, begründe zweifel an seinem zugang. zweifel im sinne des § 37 abs. 2 satz 2 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) bestünden schon dann, wenn der adressat den zugang schlicht bestreite. 15gegen das ihr am 28.09.2012 zugestellte urteil hat die beklagte am 24.10.2012 berufung eingelegt. ein verstoß gegen die hinweispflicht nach § 4 fortbrl-ä führe nicht zur der rechtsfolge, dass sie keine honorarrückforderungen durchführen könne. nach § 95d abs. 6 sgb v regele die kbv das verfahren des fortbildungsnachweises und der honorarkürzung. die regelungen seien für die kassenärztliche vereinigung verbindlich. gemäß § 4 fortbrl-ä seien vertragsärzte und vertragspsychotherapeuten mindestens drei monate vor ablauf der für sie geltenden frist zum nachweis der fortbildung darauf hinzuweisen, dass die versäumnis der frist mit einer honorarkürzung verbunden sei. mangels rechtsfolgenverweises bei nichterteilen des hinweises stelle die dort normierte frist lediglich eine ordnungsfrist dar, die es nicht rechtfertige, bei nichteinhaltung auf den honorareinbehalt verzichten zu dürfen. in der mündlichen verhandlung hat sie weiter vorgetragen, dass die fortbrl-ä rechtswidrig sei, weil sie die gesetzlichen vorgaben des § 95d sgb v nicht erfülle. nach dieser vorschrift habe sie - die beklagte - in den fällen, in denen der fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig erbracht sei, das zu zahlende honorar ausnahmslos zu kürzen. eine hinweispflicht sei in § 95d sgb v nicht vorgesehen. 16die beklagte beantragt, 17das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 19.09.2012 abzuändern und die klage abzuweisen. 18die klägerin beantragt, 19die berufung der beklagten zurückzuweisen. 20sie wiederholt und vertieft ihren vortrag aus dem erstinstanzlichen klageverfahren. die beklagte bleibe eine antwort schuldig, warum in diesem fall nur ein einziger erbrachter hinweis behauptet werde, während in anderen verfahren die ärzte mehrmals angeschrieben worden seien. zudem seien § 95d sgb v und die fortbrl-ä untrennbar miteinander verbunden. die normenvorgaben und rechtsfolgen im sgb v seien nur sinnvoll und erst anwendbar, wenn man die detaillierten bestimmungen fortbrl-ä hinzunehme. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. diese waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 22
23die berufung der beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet. das sg hat die beklagte zu recht verurteilt, der klägerin honorar in höhe von 10.188,52 eur nachzuvergüten. 24rechtsgrundlage für die honorarkürzung ist § 95d abs. 3 satz 3 sgb v. der vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem umfang fachlich fortzubilden, wie es zur erhaltung und fortentwicklung der zu seiner berufsausübung in der vertragsärztlichen versorgung erforderlichen fachkenntnisse notwendig ist. die fortbildungsinhalte müssen dem aktuellen stand der wissenschaftlichen erkenntnisse auf dem gebiet der medizin, zahnmedizin und psychotherapie entsprechen. sie müssen frei von wirtschaftlichen interessen sein (§ 95d abs. 1 sgb v). gemäß § 95d abs. 4 satz 2 sgb v hat der vertragsarzt alle fünf jahre gegenüber der kassenärztlichen vereinigung den nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden fünfjahreszeitraum seiner fortbildungspflicht nach absatz 1 nachgekommen ist. erbringt ein vertragsarzt den fortbildungsnachweise nicht oder nicht vollständig, ist die kassenärztliche vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende honorar aus der vergütung vertragsärztlicher tätigkeit für die ersten vier quartale, die auf den fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden quartal um 25 vom hundert. gemäß § 95d abs. 6 abs. 2 sgb v regelt die kbv das verfahren des fortbildungsnachweises und der honorarkürzung. die regelungen sind für die kassenärztlichen vereinigungen verbindlich (§ 95d abs. 6 satz 4 sgb v). 25der vertragsarzt f. hat sich zwar in dem hier maßgeblichen fünfjahreszeitraum entsprechend der ihm auferlegten verpflichtung fortgebildet, er hat der beklagten aber nicht den erforderlichen fortbildungsnachweis vorgelegt. die vorlage eines solchen nachweises war jedoch erforderlich. die gesetzliche regelung stellt eindeutig auf den nachweis ab (sg marburg, urteile vom 07.12.2011 - s 12 ka 854/10 -, 22.02.2012 - s 2 ka 100/11 - und 04.07.2012 - s 12 ka 906/10, s 12 ka 165/11 - sowie gerichtsbescheid vom 26.08.2013 - s 12 ka 86/13 -). das gesetz ordnet ausdrücklich an, dass ein vertragsarzt alle fünf jahre gegenüber der kassenärztlichen vereinigung "den nachweis zu erbringen hat", dass er in dem zurückliegenden fünfjahreszeitraum seiner fortbildungspflicht nach absatz 1 nachgekommen ist (§ 95 abs. 3 satz 1 halbsatz 1 sgb v). der "nachweis" ist erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen (§ 95d abs. 3 satz 3 sgb v). folgerichtig knüpft das gesetz insbesondere auch die verpflichtung der kassenärztlichen vereinigung zur honorarkürzung an den fehlenden nachweis. die verpflichtung der kassenärztlichen vereinigung zur honorarkürzung besteht dann, wenn ein vertragsarzt den "fortbildungsnachweis" nicht oder nicht vollständig erbringt (§ 95 abs. 3 satz 4 sgb v). die honorarkürzung endet erst nach erbringung des "vollständigen fortbildungsnachweises" (§ 95d abs. 3 satz 6 sgb v). soweit der gesetzgeber für die erfüllung der fortbildungspflicht auf einen förmlichen - feststellenden - verwaltungsakt verzichtet, sondern es bei einem bloßen nachweis belässt, kommt es auf den nachweis bis zum stichtag entscheidend an. systematisch handelt es sich bei der fortbildungspflicht um eine qualitätssicherungsmaßnahme. die qualitätssicherung wird aber nach der gesetzlichen regelung erst durch den nachweis erfüllt (sg marburg, a.a.o.) 26der honorarbescheid ist jedoch formell rechtswidrig, weil die beklagte eine hinweispflicht nicht beachtet hat. nach der von der kbv erlassenen fortbrl-ä muss mindestens drei monate vor ablauf des fünfjahreszeitraums ein hinweis erfolgen, dass die versäumnis der nachweisfrist mit einer honorarkürzung verbunden ist. 27zunächst ist entgegen der von der beklagten in der mündlichen verhandlung vertretenen rechtsauffassung die fortbrl-ä nicht deswegen rechtswidrig, weil die kassenärztlichen vereinigungen bei einem verstoß gegen die fortbildungspflicht ausnahmslos aufgrund § 95d abs. 3 sgb v eine honorarkürzung vorzunehmen haben. der gesetzgeber hat in § 95d abs. 3 sgb v nur geregelt, welche folgen der verstoß gegen die fortbildungsverpflichtung für den vertragsarzt nach sich ziehen soll. diese vorschrift ordnet nicht selbst eine kürzung des honorars an. vielmehr regelt sie, dass die kassenärztliche vereinigung das honorar durch bescheid zu kürzen hat. insofern besteht eine parallele zu den verfahren bei honorarkürzungen bei unwirtschaftlichkeit gemäß § 106 abs. 2 sgb v. auch in diesen fällen verwirklicht sich die honorarkürzung nicht kraft gesetzes. es ist aufgabe der hierfür zuständigen gremien, die wirtschaftlichkeit der behandlungs- bzw. verordnungsweise des vertragsarztes zu prüfen und ggf. honorarkürzungen festzusetzen. im ergebnis nichts anderes wird durch § 95d abs. 6 sgb v eröffnet. nach satz 2 dieser vorschrift regeln die kassenärztlichen vereinigungen das verfahren des fortbildungsnachweises und der honorarkürzung. die abgeleiteten verfahrensrechtlichen regelungen trifft die fortbrl-ä. § 4 fortbrl-ä ist durch die ermächtigungsgrundlage des § 95d abs. 6 sgb v gedeckt. die §§ 4 bis 6 fortbrl-ä sind der überschrift "folgen unzureichender fortbildung" nachgeordnet und beziehen sich damit auf diese ermächtigungsgrundlage. sie stehen auch inhaltlich in übereinstimmung mit der ermächtigungsgrundlage. bei der hinweispflicht handelt es sich ebenso wie bei anhörungen nach § 24 sgb x um vorstufen des beabsichtigten bescheides. 28die insoweit beweisbelastete beklagte hat nicht nachgewiesen, dass sie diese hinweispflicht erfüllt hat. zwar findet sich ein entsprechendes schreiben vom 11.06.2010 im verwaltungsvorgang. wie das sg zutreffend ausgeführt hat, kann die beklagte den vortrag des vertragsarztes f., dieses schreiben nicht erhalten zu haben, jedoch nicht entkräften. 29die beklagte hat ihrer hinweispflicht auch nicht in anderer weise genüge getan. hierzu reicht die veröffentlichung in der kvno aktuell 5/2009 nicht aus. bei der regelung des § 4 fortbrl-ä handelt es sich um eine individuelle hinweispflicht. das ergibt sich aus der formulierung, dass die vertragsärzte und vertragspsychotherapeuten vor ablauf der für sie geltenden frist auf die honorarkürzung hinzuweisen sind. die frist berechnet sich grundsätzlich für jeden vertragsarzt und vertragspsychotherapeuten individuell. dies folgt daraus, dass nach § 95d abs. 3 satz 1 2. hs sgb v der fünfjahreszeitraum für die zeit des ruhens der zulassung unterbrochen ist. eine veröffentlichung in einem verbandsorgan genügt der hinweispflicht demnach nicht. 30die nichtbeachtung dieser persönlichen hinweispflicht führt zur formellen rechtswidrigkeit der honorarbescheide. zwar kommt den nach § 95d abs. 6 sgb v erlassenen richtlinien weder nach gesetz noch nach anderen vorschriften eine außenwirkung zu. es handelt sich, da einseitig von der kbv erlassen, um keine vertraglichen bestimmungen (vgl. §§ 81 abs. 3 nr. 1, 95 abs. 3 satz 3 sgb v) oder richtlinien i.s.d. § 81 abs. 3 nr. 1 sgb v, sondern um verfahrensausfüllende und norminterpretierende verwaltungsvorschriften (sg marburg, gerichtsbescheid vom 04.08.2013 - s 11 ka 902/10 - und urteil vom 25.09.2013 - s 13 ka 109/10 -; pawlita in jurispk-sgb v, 2. auflage, 2012, stand 18.09.2014, § 95d rdn. 52). aber auch wenn die fortbrl-ä keine normativen wirkungen erzeugt, so erlangt sie dennoch als antizipierende hinweise auf die verwaltungspraxis bedeutung (vgl. bundessozialgericht (bsg), urteil vom 27.08.2009 - b 13 r 107/08 r -). sie bewirkt eine selbstbindung der verwaltung und begründet einen anspruch auf gleichbehandlung (vgl. bsg, urteil vom 06.12.2007 - b 14/7b as 50/06 r -). mithin hatte die beklagte den vertragsarzt f. gemäß der § 4 fortbrl-ä auf die drohende honorarkürzung hinzuweisen. der vertragsarzt durfte sich darauf verlassen, dass - wenn ihm die beklagte keinen gegenteiligen hinweis erteilt - er nicht auf grund eines fehlenden fortbildungsnachweises mit honorarkürzungen rechnen muss. davon konnte er insbesondere ausgehen, weil die beklagte andere vertragsärzte jeweils zeitig unterrichtete. 31soweit die beklagte die auffassung vertritt, § 4 fortbrl-ä normiere für den fall des verstoßes gegen die nachweispflicht keine rechtsfolge und aus diesem grund führe der fehlende hinweis nicht zu einem wegfall der honorarkürzung, ist dem nicht zu folgen. abschnitt ii und iii der fortbrl-ä sind auf der grundlage des § 95d abs. 6 satz 2 sgb v zur regelung des verfahrens des fortbildungsnachweises und honorarkürzung erlassen worden. es handelt sich bei ihnen mithin um verfahrensregelungen. ein verwaltungsakt, der unter einem verfahrens- oder formfehler leidet, ist grundsätzlich rechtswidrig und ist deshalb im rechtsbehelfsverfahren aufzuheben (schneider-danwitz in jurispk-sgb x, 1. auflage, 2012, stand 01.12.2013, § 41 rdn. 4). verstöße gegen verfahrensvorschriften machen verwaltungsakte grundsätzlich formell rechtswidrig, wenn die verfahrens- und formfehler nicht gemäß § 41 sgb x unbeachtlich sind. hier liegt kein fall des § 41 sgb x vor. auch auf die regelung des § 42 sgb x kann sich die beklagte nicht berufen. nach dieser vorschrift kann die aufhebung eines verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 sgb x nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung nicht beeinflusst hat. das ist hier nicht der fall. aufgrund des tatsächlichen geschehensablaufs ist vielmehr davon auszugehen, dass der vertragsarzt f. den fortbildungsnachweis innerhalb der nachweisfrist eingereicht hätte, wenn er auf dieses erfordernis hingewiesen worden wäre. 32die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 33die revisionszulassung beruht auf § 160 abs. 2 nr. 1 sgg. der senat misst der rechtssache grundsätzliche bedeutung zu.
Verklagte*r
0
122,820
17 C 131/16
"2016-07-07T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Streitwert: 347,60 € 1 Tatbestand: 2Die Klägerin ist ein deutschlandweit tätiges Logistikunternehmen. Am 26.05.2015 erlitt einer ihrer Lkw bei einem Verkehrsunfall einen Schaden. Der stehende Lkw der Klägerin wurde von einem bei der beklagten Versicherung versicherten Lkw angefahren. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin meldeten den Schaden mit Schreiben vom 28.05.2015 an und bezifferten diesen mit Schreiben vom 01.06.2015. Die Beklagte zahlte den Schaden aufgrund des Abrechnungsschreibens vom 02.07.2015. Die Klägerin begehrt Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. 3Die Klägerin behauptet, sie habe keine eigene Rechtsabteilung. Sie ist der Auffassung, deshalb dürfe sie bei einer Unfallschadensabwicklung sogleich ihre Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung von Ansprüchen beauftragen. Die Kostenrechnung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.07.2015 habe sie vor Klageerhebung ausgeglichen. 4Die Klägerin beantragt, 5die Beklagte zu verurteilen, an sie 347,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.09.2015 zu zahlen. 6Die Beklagte beantragt, 7 die Klage abzuweisen. 8Die Beklagte ist der Auffassung, bei dem einfach gelagerten Sachverhalt könne die Klägerin die Kosten für die erstmalige Geltendmachung ihrer Ansprüche nicht ersetzt verlangen. 9Entscheidungsgründe: 10Die Klage ist unbegründet. 11Die Klägerin kann von der Beklagten die aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 26.05.2015 entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht ersetzt verlangen. 12Der Klägerin stand ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 StVG, 115 VVG zu. Die Beklagte war daher verpflichtet, der Klägerin ihre Schäden gemäß § 249 BGB zu ersetzen. Dabei sind allerdings nicht alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2015, IX ZR 280/14). Maßgeblich ist die Ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person. 13Danach bestand hier aus Sicht der Klägerin kein Zweifel, dass die Beklagte Versicherung ihr den entstandenen Schaden in voller Höhe würde ersetzen müssen. Ihr stehendes Fahrzeug war durch das Fahrzeug des Versicherungsnehmers der Beklagten beschädigt worden. Für die erstmalige Geltendmachung des entstandenen Schadens reichte ein eigenes Aufforderungsschreiben aus. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist nur dann erforderlich, wenn der Geschädigte selbst zur Geltendmachung seiner Ansprüche aus besonderen Gründen wie etwa einem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit nicht in der Lage ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.1994, VI ZR 3/94). Es kommt danach nicht darauf an, ob die Klägerin eine eigene Rechtsabteilung unterhält. Aufgrund der Vielzahl der von der Klägerin gehaltenen Fahrzeuge kommt es häufiger zu Unfällen. Das Personal der Klägerin war daher in der Lage, ein 1. Aufforderungsschreiben selbst zu verfassen. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 01.07.2016 darauf verweist, es lasse sich oft im Vorhinein nicht feststellen, ob es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt handele, häufiger träten Probleme auch erst im Laufe der Regulierung auf, steht dies der eigenen Abfassung eines 1. Aufforderungsschreibens nicht entgegen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ist gerechtfertigt und dessen Kosten sind zu erstatten, wenn die insofern rechtskundige Haftpflichtversicherung irgendwelche Einwendungen zum Grunde oder zur Höhe des Anspruchs macht. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte hingegen ohne erneute Nachfrage den geltend gemachten Schaden in voller Höhe reguliert. 14Die von der Klägerin dennoch veranlassten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten sind von der Beklagten nicht zu erstatten. 15Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. 16Rechtsbehelfsbelehrung: 17Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 181. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 192. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 20Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 21Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen. 22Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 23Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtsstreits. dieses urteil ist vorläufig vollstreckbar. streitwert: 347,60 € 1
2die klägerin ist ein deutschlandweit tätiges logistikunternehmen. am 26.05.2015 erlitt einer ihrer lkw bei einem verkehrsunfall einen schaden. der stehende lkw der klägerin wurde von einem bei der beklagten versicherung versicherten lkw angefahren. die prozessbevollmächtigten der klägerin meldeten den schaden mit schreiben vom 28.05.2015 an und bezifferten diesen mit schreiben vom 01.06.2015. die beklagte zahlte den schaden aufgrund des abrechnungsschreibens vom 02.07.2015. die klägerin begehrt ersatz ihrer vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten. 3die klägerin behauptet, sie habe keine eigene rechtsabteilung. sie ist der auffassung, deshalb dürfe sie bei einer unfallschadensabwicklung sogleich ihre prozessbevollmächtigten mit der geltendmachung von ansprüchen beauftragen. die kostenrechnung ihrer prozessbevollmächtigten vom 03.07.2015 habe sie vor klageerhebung ausgeglichen. 4die klägerin beantragt, 5die beklagte zu verurteilen, an sie 347,60 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 23.09.2015 zu zahlen. 6die beklagte beantragt, 7 die klage abzuweisen. 8die beklagte ist der auffassung, bei dem einfach gelagerten sachverhalt könne die klägerin die kosten für die erstmalige geltendmachung ihrer ansprüche nicht ersetzt verlangen. 9
10die klage ist unbegründet. 11die klägerin kann von der beklagten die aus anlass des verkehrsunfalls vom 26.05.2015 entstandenen außergerichtlichen rechtsanwaltskosten nicht ersetzt verlangen. 12der klägerin stand ein schadensersatzanspruch gegenüber der beklagten gemäß §§ 823 abs. 1 bgb, 7 stvg, 115 vvg zu. die beklagte war daher verpflichtet, der klägerin ihre schäden gemäß § 249 bgb zu ersetzen. dabei sind allerdings nicht alle durch das schadensereignis adäquat verursachten rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus sicht des geschädigten zur wahrnehmung seiner rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. bgh, urteil vom 17.09.2015, ix zr 280/14). maßgeblich ist die ex-ante-sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden person. 13danach bestand hier aus sicht der klägerin kein zweifel, dass die beklagte versicherung ihr den entstandenen schaden in voller höhe würde ersetzen müssen. ihr stehendes fahrzeug war durch das fahrzeug des versicherungsnehmers der beklagten beschädigt worden. für die erstmalige geltendmachung des entstandenen schadens reichte ein eigenes aufforderungsschreiben aus. die einschaltung eines rechtsanwalts ist nur dann erforderlich, wenn der geschädigte selbst zur geltendmachung seiner ansprüche aus besonderen gründen wie etwa einem mangel an geschäftlicher gewandtheit nicht in der lage ist (vgl. bgh, urteil vom 09.11.1994, vi zr 3/94). es kommt danach nicht darauf an, ob die klägerin eine eigene rechtsabteilung unterhält. aufgrund der vielzahl der von der klägerin gehaltenen fahrzeuge kommt es häufiger zu unfällen. das personal der klägerin war daher in der lage, ein 1. aufforderungsschreiben selbst zu verfassen. soweit die klägerin im schriftsatz vom 01.07.2016 darauf verweist, es lasse sich oft im vorhinein nicht feststellen, ob es sich um einen einfach gelagerten sachverhalt handele, häufiger träten probleme auch erst im laufe der regulierung auf, steht dies der eigenen abfassung eines 1. aufforderungsschreibens nicht entgegen. die einschaltung eines rechtsanwalts ist gerechtfertigt und dessen kosten sind zu erstatten, wenn die insofern rechtskundige haftpflichtversicherung irgendwelche einwendungen zum grunde oder zur höhe des anspruchs macht. im vorliegenden fall hat die beklagte hingegen ohne erneute nachfrage den geltend gemachten schaden in voller höhe reguliert. 14die von der klägerin dennoch veranlassten vorprozessualen rechtsanwaltskosten sind von der beklagten nicht zu erstatten. 15die nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 711, 713 zpo. 16rechtsbehelfsbelehrung: 17gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 181. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 192. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 20die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht dortmund, l, 44135 dortmund, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 21die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht dortmund zu begründen. 22die parteien müssen sich vor dem landgericht dortmund durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 23mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Verklagte*r
0
124,135
7 K 571/16
"2016-06-29T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet. 1Die Klage wird abgewiesen. 2Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet. 4Tatbestand: 5Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch die Beklagte. 6Der 1992 geborene Kläger ist seit dem 26. Mai 2015 im Besitz der Fahrerlaubnis. Am Mittwoch, dem 11. November 2015 wurde er gegen 15:45 Uhr durch die Polizei kontrolliert. Nachdem ein Drogenvortest positiv auf THC verlaufen war, gab der Kläger laut Mitteilung des Polizeipräsidiums C. vom 11. November 2015 an den Beklagten an, seit 4 Jahren Marihuana zu konsumieren. In der dem Kläger gegen 18:10 Uhr entnommenen Blutprobe waren nach dem Gutachten des Labors L. vom 26. November 2015 Konzentrationen von 1,9 µg/l THC und 28 µg/l THC-COOH enthalten. 7Die Beklagte entzog dem Kläger nach dessen Anhörung mit Bescheid vom 29. Januar 2016 die Fahrerlaubnis. 8Der Kläger hat am 9. Februar 2016 Klage erhoben. Er bestreitet den bei ihm festgestellten THC-Wert, weil das Gutachten des Labors L. keine Angaben zur Berücksichtigung von Messungenauigkeiten enthalte. Schwankungsbreiten seien bei Untersuchungen wie der vorliegenden nie ganz auszuschließen. Zudem werde bestritten, dass zum Zeitpunkt der Fahrt ein THC-Wert von ≥1,0 µg/l vorgelegen habe, da der Substanzabbau bei Cannabis polyphasisch verlaufe. Bestritten werde auch, dass dem Kläger das erforderliche Trennungsvermögen fehle. Im Übrigen habe es sich um einen einmaligen Konsum gehandelt. Die Grenzwertkommission habe zudem eine Heraufsetzung des Grenzwertes auf 3,0 µg/l empfohlen. 9Der Kläger beantragt, 10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 29. Januar 2016 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung bezieht sie sich auf die angegriffene Ordnungsverfügung. 14Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 1. April 2016 auf die Einzelrichterin übertragen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 18Die Entziehungsverfügung beruht auf § 3 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes ‑ StVG - und § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV -. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV aufweist, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen. Wie sich der Konsum von Cannabis auf die Kraftfahreignung auswirkt, ist in Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV geregelt. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen, wenn gelegentlich Cannabis konsumiert und dieser Konsum nicht vom Fahren eines Kraftfahrzeugs getrennt wird. 19Der Kläger hat am 11. November 2015 gegen 15:45 Uhr ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr geführt. Der in seinem Blut nach dem Ergebnis des chemisch-toxikologischen Gutachtens des hierfür besonders akkreditierten Labors L. vom 26. November 2015 festgestellte THC-Wert von 1,9 µg/l übersteigt den zu § 24a Abs. 2 StVG durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/g bzw. ml und rechtfertigt daher die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend. 20Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2004 ‑ 1 BvR 2652/03 ‑ mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur. Zu den neuesten Erkenntnissen und der Frage der Beibehaltung dieses Grenzwertes siehe VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 4303/15 - und Beschluss vom 25. Februar 2016 - 7 L 30/16 -. 21Soweit der Kläger in der Klagebegründung die Richtigkeit der gemessenen Werte bestreitet, ist darauf hinzuweisen, dass keinerlei konkrete Anhaltspunkte für relevante Messungenauigkeiten ersichtlich sind. Zum einen handelt es sich bei dem Labor L. um ein akkreditiertes Institut, so dass davon auszugehen ist, dass mögliche Schwankungen bereits bei der Festsetzung des Wertes berücksichtigt wurden. Zum anderen liegt der gemessene Wert 0,9 µg/l über dem zulässigen Grenzwert. Messungenauigkeiten bewegen sich nicht in einem derartig weiten Bereich. 22Vgl. zu Messungenauigkeiten OVG NRW, Beschluss vom 23. Februar 2016 - 16 B 45/16 -, juris. 23Ausgeschlossen ist die Annahme des Klägers, der THC-Wert könne wegen des polyphasischen Abbaus von Cannabis zum Zeitpunkt der Fahrt unter dem Wert im Zeitpunkt der Blutentnahme gelegen haben. Die Verkehrskontrolle erfolgte um 15:45 Uhr, die Blutentnahme um 18:10 Uhr. Der in Phasen verlaufende Abbau von Cannabis führt aber nicht zu einem (Wieder-) Anstieg des THC-Wertes. 24Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Antragsteller bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann. 25Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 15. Dezember 2003 ‑ 19 B 2493/03 -, 7. Februar 2006 ‑ 16 B 1392/05 ‑, 9. Juli 2007 ‑ 16 B 907/07 ‑ und 1. August 2007 ‑ 16 B 908/07. 26Der Kläger hat mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert. 27Grundsätzlich spricht eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit dagegen, dass ein Erstkonsument, der im Umgang mit Marihuana unerfahren ist, sich nur kurze Zeit nach dem Konsum der Droge dem hohen Risiko einer Fahrt unter Drogeneinfluss aussetzt. In diesen Fällen ist es daher regelmäßig gerechtfertigt, auf eine mehr als einmalige, gleichsam experimentelle Drogenaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene Fahrerlaubnisinhaber einen solchen Vortrag zwar geltend macht, die Umstände des behaupteten Erstkonsums aber nicht konkret und glaubhaft darlegt. 28Vgl. OVG NRW im Beschwerdebeschluss vom 11. März 2014 ‑ 16 E 1202/13 ‑ mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 29Hieran mangelt es. Der Kläger hat auch nach dem rechtlichen Hinweis des Gerichts vom 1. April 2016 nicht ansatzweise dargelegt, wie es zu dem behaupteten Erstkonsum gekommen sein soll. 30Für einen mehr als einmaligen Konsum spricht weiter die von der Polizei wiedergegebene Aussage des Klägers, er konsumiere seit 4 Jahren. 31Bei feststehender Ungeeignetheit steht der Beklagten hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis kein Ermessen zu (vgl. § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV). 32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. 33B e s c h l u s s 34Der Streitwert wird auf 5.202,32 € festgesetzt. 35G r ü n d e : 36Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis, vgl. Beschluss vom 4. Mai 2009 - 16 E 550/09 -, nrwe.de/juris. Hinzu kommen die in der angegriffenen Verfügung festgesetzten Gebühren und Auslagen.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages sicherheit leistet. 1die klage wird abgewiesen. 2der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. 3das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages sicherheit leistet. 4
5der kläger wendet sich gegen die entziehung seiner fahrerlaubnis durch die beklagte. 6der 1992 geborene kläger ist seit dem 26. mai 2015 im besitz der fahrerlaubnis. am mittwoch, dem 11. november 2015 wurde er gegen 15:45 uhr durch die polizei kontrolliert. nachdem ein drogenvortest positiv auf thc verlaufen war, gab der kläger laut mitteilung des polizeipräsidiums c. vom 11. november 2015 an den beklagten an, seit 4 jahren marihuana zu konsumieren. in der dem kläger gegen 18:10 uhr entnommenen blutprobe waren nach dem gutachten des labors l. vom 26. november 2015 konzentrationen von 1,9 µg/l thc und 28 µg/l thc-cooh enthalten. 7die beklagte entzog dem kläger nach dessen anhörung mit bescheid vom 29. januar 2016 die fahrerlaubnis. 8der kläger hat am 9. februar 2016 klage erhoben. er bestreitet den bei ihm festgestellten thc-wert, weil das gutachten des labors l. keine angaben zur berücksichtigung von messungenauigkeiten enthalte. schwankungsbreiten seien bei untersuchungen wie der vorliegenden nie ganz auszuschließen. zudem werde bestritten, dass zum zeitpunkt der fahrt ein thc-wert von ≥1,0 µg/l vorgelegen habe, da der substanzabbau bei cannabis polyphasisch verlaufe. bestritten werde auch, dass dem kläger das erforderliche trennungsvermögen fehle. im übrigen habe es sich um einen einmaligen konsum gehandelt. die grenzwertkommission habe zudem eine heraufsetzung des grenzwertes auf 3,0 µg/l empfohlen. 9der kläger beantragt, 10die ordnungsverfügung der beklagten vom 29. januar 2016 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung bezieht sie sich auf die angegriffene ordnungsverfügung. 14die kammer hat den rechtsstreit durch beschluss vom 1. april 2016 auf die einzelrichterin übertragen. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakte einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten verwiesen. 16
17die zulässige klage ist unbegründet, denn der angegriffene bescheid ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 18die entziehungsverfügung beruht auf § 3 abs. 1 des straßenverkehrsgesetzes ‑ stvg - und § 46 abs. 1 der fahrerlaubnisverordnung - fev -. danach ist die fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der inhaber als ungeeignet zum führen von kraftfahrzeugen erweist. ungeeignet ist nach § 46 abs. 1 satz 2 fev insbesondere, wer erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 zur fev aufweist, welche die eignung zum führen von kraftfahrzeugen ausschließen. wie sich der konsum von cannabis auf die kraftfahreignung auswirkt, ist in nr. 9.2 der anlage 4 zur fev geregelt. nach nr. 9.2.2 der anlage 4 zur fev ist die eignung zum führen von kraftfahrzeugen ausgeschlossen, wenn gelegentlich cannabis konsumiert und dieser konsum nicht vom fahren eines kraftfahrzeugs getrennt wird. 19der kläger hat am 11. november 2015 gegen 15:45 uhr ein kraftfahrzeug unter cannabiseinfluss im straßenverkehr geführt. der in seinem blut nach dem ergebnis des chemisch-toxikologischen gutachtens des hierfür besonders akkreditierten labors l. vom 26. november 2015 festgestellte thc-wert von 1,9 µg/l übersteigt den zu § 24a abs. 2 stvg durch die grenzwertkommission festgesetzten wert von 1 ng/g bzw. ml und rechtfertigt daher die annahme eines zeitnahen konsums mit entsprechender beeinträchtigung der fahrtüchtigkeit. das erreichen dieses grenzwertes ist nämlich für die annahme relevanten cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend. 20vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 21. dezember 2004 ‑ 1 bvr 2652/03 ‑ mit zahlreichen nachweisen aus rechtsprechung und literatur. zu den neuesten erkenntnissen und der frage der beibehaltung dieses grenzwertes siehe vg gelsenkirchen, urteil vom 20. januar 2016 - 9 k 4303/15 - und beschluss vom 25. februar 2016 - 7 l 30/16 -. 21soweit der kläger in der klagebegründung die richtigkeit der gemessenen werte bestreitet, ist darauf hinzuweisen, dass keinerlei konkrete anhaltspunkte für relevante messungenauigkeiten ersichtlich sind. zum einen handelt es sich bei dem labor l. um ein akkreditiertes institut, so dass davon auszugehen ist, dass mögliche schwankungen bereits bei der festsetzung des wertes berücksichtigt wurden. zum anderen liegt der gemessene wert 0,9 µg/l über dem zulässigen grenzwert. messungenauigkeiten bewegen sich nicht in einem derartig weiten bereich. 22vgl. zu messungenauigkeiten ovg nrw, beschluss vom 23. februar 2016 - 16 b 45/16 -, juris. 23ausgeschlossen ist die annahme des klägers, der thc-wert könne wegen des polyphasischen abbaus von cannabis zum zeitpunkt der fahrt unter dem wert im zeitpunkt der blutentnahme gelegen haben. die verkehrskontrolle erfolgte um 15:45 uhr, die blutentnahme um 18:10 uhr. der in phasen verlaufende abbau von cannabis führt aber nicht zu einem (wieder-) anstieg des thc-wertes. 24durch das führen eines kraftfahrzeuges unter cannabiseinfluss hat der antragsteller bewiesen, dass er zwischen konsum von cannabis und fahren nicht trennen kann. 25vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschlüsse vom 15. dezember 2003 ‑ 19 b 2493/03 -, 7. februar 2006 ‑ 16 b 1392/05 ‑, 9. juli 2007 ‑ 16 b 907/07 ‑ und 1. august 2007 ‑ 16 b 908/07. 26der kläger hat mehr als einmal und damit gelegentlich cannabis konsumiert. 27grundsätzlich spricht eine beträchtliche wahrscheinlichkeit dagegen, dass ein erstkonsument, der im umgang mit marihuana unerfahren ist, sich nur kurze zeit nach dem konsum der droge dem hohen risiko einer fahrt unter drogeneinfluss aussetzt. in diesen fällen ist es daher regelmäßig gerechtfertigt, auf eine mehr als einmalige, gleichsam experimentelle drogenaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene fahrerlaubnisinhaber einen solchen vortrag zwar geltend macht, die umstände des behaupteten erstkonsums aber nicht konkret und glaubhaft darlegt. 28vgl. ovg nrw im beschwerdebeschluss vom 11. märz 2014 ‑ 16 e 1202/13 ‑ mit zahlreichen weiteren nachweisen. 29hieran mangelt es. der kläger hat auch nach dem rechtlichen hinweis des gerichts vom 1. april 2016 nicht ansatzweise dargelegt, wie es zu dem behaupteten erstkonsum gekommen sein soll. 30für einen mehr als einmaligen konsum spricht weiter die von der polizei wiedergegebene aussage des klägers, er konsumiere seit 4 jahren. 31bei feststehender ungeeignetheit steht der beklagten hinsichtlich der entziehung der fahrerlaubnis kein ermessen zu (vgl. § 3 abs. 1 stvg, § 46 abs. 1 fev). 32die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, diejenige zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. 33b e s c h l u s s 34der streitwert wird auf 5.202,32 € festgesetzt. 35g r ü n d e : 36die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 1 des gerichtskostengesetzes und entspricht der aktuellen rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen bei streitigkeiten um eine fahrerlaubnis, vgl. beschluss vom 4. mai 2009 - 16 e 550/09 -, nrwe.de/juris. hinzu kommen die in der angegriffenen verfügung festgesetzten gebühren und auslagen.
Verklagte*r
0
172,123
13 K 6126/08.A
"2014-08-08T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Der am 0. Juli 1962 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Kongo. Eigenen Angaben zufolge reiste er am 10. Dezember 1998 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. 3Zur Begründung seines am 14. Dezember 1998 gestellten Asylantrags machte er im Rahmen seiner Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (seit dem 1. Januar 2005 umbenannt in Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) am 22. Dezember 1998 im Wesentlichen geltend: Er sei der Neffe des Generals Z. P. , eines engen Vertrauten des ehemaligen Präsidenten der Republik Kongo, M. . Z. P. sei der Bruder seines Vaters, sei also sein direkter Onkel. Seine – des Klägers - Ehefrau und zwei seiner Kinder seien bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen im Dezember 1997 in Brazzaville von Regierungssoldaten getötet worden. Er selbst sei zu der Zeit auf dem Markt gewesen, sei aber nach der Rückkehr Zeuge des Massakers an seiner Familie geworden. Er sei geflüchtet, zunächst nach Point Noire. Als ihn dort Soldaten erkannt und angesprochen hätten, sei er erneut geflüchtet, diesmal nach Mayoumba, Gabun. Dort sei er im August 1998 angekommen und habe sich dort einige Monate bei einer Familie aufgehalten, die er über seinen Onkel Z. P. kennengelernt habe. Auch habe eine entfernte Verwandtschaft zu dieser Familie bestanden. Sein Onkel Z. sei die rechte Hand des ehemaligen Präsidenten M. gewesen. Leute, die mit M. regiert hätten, seien verfolgt worden. Die Mehrheit der Familien seiner engsten Mitarbeiter seien ausgelöscht worden. Wo sein Onkel Z. P. jetzt sei, wisse er nicht, da er ins Exil gegangen sei. Er habe Gerüchte gehört, dass M. in den Vereinigten Staaten sei. Die seien alle zusammen geflohen. Er selbst sei kein Politiker, er sei nur Sympathisant von einigen Parteien gewesen, er unterstütze sie. Er sei nicht Mitglied irgendeiner Partei. 4Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Februar 2003 lehnte das Bundesamt die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter ab, stellte aber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) hinsichtlich der Republik Kongo für ihn fest. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass aufgrund des vom Kläger geschilderten Sachverhaltes und der vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen sei, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in die Republik Kongo zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen i.S.v. § 51 Abs. 1 AuslG ausgesetzt sein würde. Er habe glaubhaft dargelegt, dass er sein Heimatland verfolgt verlassen habe. Seine Angaben über sein Verwandtschaftsverhältnis zu dem Z. P. und seiner daraus resultierenden Verfolgung sei hinreichend bestimmt, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Da der Kläger schon einmal politische Verfolgung erlitten habe, könne ihm asylrechtlicher Schutz nur versagt werden, wenn eine Wiederholung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Angesichts der sehr dürftigen Auskunftslage und der unübersichtlichen Situation im Heimatland des Klägers könne eine Verfolgungsgefahr nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Auch die gemäß § 27 Abs. 3 AsylVfG bestehende Vermutung einer hinreichenden Sicherheit in Gabun sei glaubhaft widerlegt. Aufgrund der familiären Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Machthabern in Gabun und der Republik Kongo könne eine hinreichende Sicherheit für Personen, die wegen politischer Verfolgung aus dem Kongo geflohen seien, nicht angenommen werden. Von Feststellungen zu § 53 AuslG werde aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG abgesehen. 5Das Bundesamt leitete am 27. März 2008 ein Widerrufsverfahren ein. Auf schriftliche Anfrage teilte die Ausländerbehörde P1. dem Bundesamt am 10. April 2008 mit, dass der Kläger bislang keine Niederlassungserlaubnis beantragt habe und im Falle eines Widerrufs eine Aufenthaltsbeendigung beabsichtigt sei. 6Mit Schreiben vom 9. Mai 2008, das dem Kläger am 29. Mai 2008 mit Postzustellungsurkunde zuging, hörte das Bundesamt den Kläger zum beabsichtigten Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie zur beabsichtigten Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, an. Zur Begründung führte es an, dass einfache Angehörige von Oppositionsparteien, wie z.B. der MCDDI, in Kongo keiner Verfolgung mehr unterlägen. 7Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 wies der Kläger darauf hin, dass er kein Mitglied einer Oppositionspartei sei und es daher nicht darauf ankomme, ob einfache Angehörige von Oppositionsparteien in Kongo keiner Verfolgung mehr unterlägen. Er habe sein Asylbegehren auf die enge Verwandtschaft zu seinem Onkel, dem General Z. P. , einem engen Vertrauten des früheren Präsidenten M. , gestützt. Hiervon sei auch das Bundesamt selbst in seinem Bescheid vom 4. Februar 2003 ausgegangen. Zudem sei er Zeuge des Regierungsmassakers an seiner Familie geworden. Selbst wenn man eine Verbesserung der politischen Verhältnisse in Kongo attestieren wolle, fehle es jedenfalls an der für einen Widerruf erforderlichen nachhaltigen Verbesserung der Situation in Kongo. Von einer stabilen Verbesserung der Menschenrechts- und Sicherheitslage sei die Republik Kongo noch weit entfernt. 8Mit Bescheid vom 7. August 2008 widerrief das Bundesamt die im Bescheid vom 4. Februar 2003 getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Ferner sah das Bundesamt von einer Feststellung zu § 60 Absatz 2 bis 7 AufenthG ab, weil keine Aufenthaltsbeendigung beabsichtigt sei. 9Auf den Hinweis der Ausländerbehörde P1. vom 15. August 2008, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen weiterhin beabsichtigt seien, erließ das Bundesamt am 19. August 2008 einen weiteren Bescheid, der den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. August 2008 zuging. Mit dessen Ziffer 1 wurde zunächst der Bescheid vom 7. August 2008 aufgehoben. Ferner widerrief das Bundesamt unter Ziffer 2 die im Bescheid vom 4. Februar 2003 getroffene Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Weiter stellte das Bundesamt fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 3 und 4). 10Zur Begründung des Bescheides vom 19. August 2008 wurde ausgeführt, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen derzeit für Mitglieder des M.C.D.D.I, die bis zum Umsturz im Oktober 1997 mit dem Gründungspräsidenten L. den Ministerpräsidenten und mit Q. M. den Präsidenten gestellt hätten, keine Verfolgungsgefahr in der Republik Kongo mehr bestehe. Viele der MCDDI-Mitglieder seien inzwischen aus dem Ausland zurückgekehrt. Die Partei könne sich wie andere Parteien in der Republik Kongo betätigen. L. , der im Jahre 2000 zum Tode verurteilt worden sei, sei am 14. Mai 2005 mit Erlaubnis des jetzigen Präsidenten O. nach Kongo zurückgekehrt, um an der Bestattungsfeier für seine Ehefrau teilzunehmen. Auch wenn der Kläger sich nicht selbst politisch betätigt habe, beruhe seine Verfolgung letztlich auf der Einbeziehung in eine gegen seinen Onkel Z. P. gerichtete Verfolgung wegen dessen oppositioneller Betätigung. Wenn nach den obigen Ausführungen dem Onkel selbst nichts mehr drohe, könne auch für den Kläger eine Verfolgung ausgeschlossen werden. Allein der Umstand, dass er Zeuge eines Massakers an seiner Familie gewesen sein wolle, ändere nichts an dieser Prognose. Es sei schon nicht nachvollziehbar dargetan, welche Folgen sich daraus für den Kläger im einzelnen ergeben sollten. 11Das zunächst gegen den Bescheid vom 7. August 2008 anhängig gemachte Verfahren 19 K 5838/08.A wurde aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten durch Beschluss vom 21. Oktober 2008 eingestellt. 12Der Kläger hat am 1. September 2008 die vorliegende Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 19. August 2008 erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt: Die nach der Rechtsprechung erforderliche nachhaltige Verbesserung der Lage im Verfolgerstaat sei jedenfalls noch nicht eingetreten. Im Übrigen verweise er auf seine Klagebegründung vom 26. August 2008 im Verfahren 19 K 5838/08.A. Es komme nicht darauf an, ob einfache Oppositionelle in Kongo keiner Verfolgung mehr unterlägen. Er habe aufgrund seiner engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu General Z. P. , dem Bruders eines Vaters, um Asyl nachgesucht. Sein Onkel sei ein enger Vertrauter des ehemaligen Präsidenten M. gewesen. Außerdem habe er ein Massaker seitens der Regierungsarmee an seiner Großfamilie miterleben müssen. Aus den Ausführungen des Bundesamtes ergebe sich gerade kein Hinweis, ob dem Onkel Z. P. weiterhin Verfolgung drohe. Jedenfalls habe dieser es bis heute nicht riskiert, in die Republik Kongo zurückzukehren. Außerdem sei es wenig aussagekräftig für die Gefährdungslage anderer Personen, wenn der berühmte Politiker L. aus einem bestimmten Anlass unter den Augen der Weltöffentlichkeit ungehindert in die Republik Kongo einreisen dürfe. Außerdem verstoße die Widerrufspraxis der Beklagten ohnehin gegen die GFK und Europarecht, wie sich aus einem dem EuGH vorgelegten Gutachten des UNHCR ergebe. Schließlich sei die Erkenntnislage zur Republik Kongo ausgesprochen dürftig. Lageberichte des Auswärtigen Amtes gebe es seit vielen Jahren nicht mehr. 13Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 14den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19. August 2008 aufzuheben. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. 18Nachdem das Verfahren zunächst mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 auf Antrag der Beteiligten wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über die Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 7. Februar 2008 – 10 C 33/07 -) ausgesetzt worden ist, hat das erkennende Gericht den Aussetzungsbeschluss - nachdem die vorgreiflichen Entscheidungen zwischenzeitlich ergangen sind - nach Anhörung der Beteiligten am 17. Juli 2014 zur Fortsetzung des Verfahrens aufgehoben. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerbehörde Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit gemäß § 76 Absatz 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) durch Beschluss des Gerichts vom 17. Juli 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. 22Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, nachdem dieser in der Ladung ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, § 102 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 23Entgegen der in der Klageschrift beantragten Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 19. August 2008 ist bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers zunächst davon auszugehen, dass nur eine Aufhebung der unmittelbar den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung betreffenden Regelungen der Ziffern 2 bis 4 gewollt ist. Denn die Aufhebung auch der Ziffer 1 des Bescheides vom 19. August 2008 hätte im Erfolgsfalle zur Folge, dass zugleich der – mit ihr aufgehobene - Bescheid des Bundesamtes vom 7. August 2008, mithin die erste Widerrufsentscheidung, wieder aufleben würde. Dies entspricht ersichtlich nicht dem Begehren des Klägers, von einem Widerruf seiner Flüchtlingsanerkennung verschont zu bleiben. Ferner ist das Klagebegehren nach § 88 VwGO im wohlverstandenen Interesse des Klägers dahin auszulegen, dass der Kläger hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG und die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG sowie die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 Satz 1 AufenthG beantragt. 24Die so verstandene, zulässige Klage ist im gemäß § 77 Absatz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 19. August 2008 ist im hauptantraglich angefochtenen Umfang der Ziffern 2 bis 4 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 25Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der unter Ziffer 2 getroffenen Aufhebungsentscheidung sind weder vorgetragen noch – mit Blick auf § 73 Absatz 4 Satz 1 AsylVfG und die im Widerrufszeitpunkt geltende Frist nach § 73 Absatz 7 AsylVfG a.F. – sonst ersichtlich. 26Die Widerrufsentscheidung erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig. 27Nach § 73 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Diese Bestimmung ermächtigt, ebenso wie die Vorgängerregelung, mithin auch zum Widerruf einer positiven Feststellung nach § 51 Absatz 1 AuslG 2002. Nach § 73 Absatz 1 Satz 2 AsylVfG liegen die Voraussetzungen für einen Widerruf insbesondere vor, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder wenn er als Staatenloser in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Gemäß Satz 3 gilt Satz 2 nicht, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. 28Mit § 73 Absatz 1 Satz 2 AsylVfG hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 11 Abs. 1 lit. e) und f) der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.09.2004, S.12; berichtigt ABl. L 204 vom 5.08.2005, S. 24), sog. Qualifikationsrichtlinie (im Folgenden: QualfRL) umgesetzt. Die Voraussetzungen für den Widerruf nach § 73 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG sind deshalb unionsrechtskonform im Sinne der entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie, nunmehr in der Neufassung der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 2337 vom 20. Dezember 2011, S. 9), auszulegen, die sich ihrerseits an Artikel 1 C Nr. 5 und 6 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) orientieren. Dies gilt auch für Fälle, in denen die zugrunde liegenden Schutzanträge – wie vorliegend – vor dem Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind. 29Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 1. Juni 2011 – 10 C 25/10-, juris, Rn 15, vom 1. März 2012 – 10 C 7/11-, juris, Rn 9, und vom 31. Januar 2013 – 10 C 15/12 -, juris, Rn 10; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 26. März 2013 – 9 A 670/08.A -, juris, Rn 33 f. 30Die für einen Widerruf der Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung wegen einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse im Heimatland danach erforderliche signifikante und wesentliche, also entscheidungserhebliche Änderung der Grundlage der Verfolgungsprognose, ist anzunehmen, wenn sich die Änderung der Umstände als stabil erweist und von einer dauerhaften Beseitigung der Faktoren für die Verfolgungsfurcht ausgegangen werden kann, 31vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 2. März 2010, C- 175/08 u.a., Abdulla u.a., juris und NVwZ 2010, 505; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 – 10 C 25/10-, juris, Rn 19, 20; OVG NRW, Urteil vom 26. März 2013 – 9 A 670/08.A -, juris, Rn 44 m.w.N. 32Dies setzt eine individuelle Verfolgungsprognose voraus. Der insoweit anzuwendende Wahrscheinlichkeitsmaßstab für den Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung entspricht spiegelbildlich dem bei der Anerkennung zugrunde zu legenden Maßstab. Für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung gilt seit der Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG unabhängig von einer etwaigen Vorverfolgung der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft bestimmt sich folglich danach, ob zum nach § 77 Absatz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung besteht. Dabei liegt die Beweislast bei der Behörde. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten wird in Artikel 4 Absatz 4 QualfRL (i.V.m. § 3e Absatz 2 AsylVfG; bis zum 30. November 2013: § 60 Absatz 1 Satz 5 und Abs. 11 AufenthG) vielmehr eine Beweiserleichterung in Gestalt einer tatsächlichen Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Heimatland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Dies ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen, 33vgl. BVerwG, Urteile vom 7. September 2010 – 10 C 11.09 -, juris, Rn 15, vom 22. November 2011 ‑ 10 C 29.10 -, juris, Rn 23, vom 1. März 2012 – 10 C 7.11-, juris, Rn 11 ff. (17, 18); OVG NRW, Urteil vom 26. März 2013 – 9 A 670/08.A, juris. 34Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich der Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 AuslG (jetzt § 3 Absatz 1 AsylVfG) in der Person des Klägers als rechtmäßig. Die der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 AuslG durch das Bundesamt mit Bescheid vom 4. Februar 2003 zugrunde liegenden Umstände, die die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründeten, sind dauerhaft entfallen. 35Dem Kläger sind auf der Grundlage der in Bestandskraft erwachsenen Feststellungen des Bescheides des Bundesamtes vom 4. Februar 2003 die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 AuslG für die Republik Kongo zuerkannt worden, weil er als Neffe von General Z. -P. , einem engen politischen Vertrauten des früheren Präsidenten M. , nach dessen gewaltsamen Sturz im Oktober 1997 politischer Verfolgung durch den wieder an die Macht gelangten früheren Präsidenten E. T. -O. und seiner Anhänger ausgesetzt war. Das Bundesamt ging davon aus, dass die Frau des Klägers und zwei seiner Kinder ebenso wie weitere Familienmitglieder des selbst ins Exil geflohenen Onkels Z. -P. im Dezember 1997 in Brazzaville einem Massaker durch Soldaten des erneut an die Macht gekommenen Präsidenten T. -O. zum Opfer fielen und der Kläger selbst einer Tötung nur durch seine Flucht entgangen ist. 36Nach der aktuellen Erkenntnislage droht dem Kläger aufgrund seiner Verwandtschaft zu Z. -P. im Rückkehrfalle jedoch heute nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer erneuten Verfolgung. 37Zwar ist der nach dem Umsturz im Oktober 1997 an die Macht gelangte Präsident E. T. O. bis heute Staatsoberhaupt der Republik Kongo, 38vgl. Länderinformation des Auswärtigen Amtes zur Republik Kongo, Stand Mai 2014, www.auswaertiges-amt.de. 39Die politischen Gegner des gestürzten Präsidenten M. und seiner Anhänger, also auch des Onkels des Klägers, sind daher bis heute an der Regierung in der Republik Kongo beteiligt. 40Allerdings hat die Regierung T. -O1. die politische Verfolgung ihrer einstigen politischen Gegner inzwischen erkennbar und dauerhaft aufgegeben. 41Nachdem der ehemalige Präsident M. , sein ehemaliger Ministerpräsident L. sowie sein enger politischer Vertrauter und Unterstützer der damaligen Präsidentenmehrheit Joachim Z. -P. noch im Dezember 2001 während ihrer Zeit im Exil zu hohen Freiheitsstrafen - M. zusätzlich auch zu einer hohen Geldstrafe - u.a. wegen Veruntreuung staatlicher Gelder verurteilt worden waren, 42vgl. Country Information and Policy Unit Immigration and Nationality Directorate, Home Office, United Kingdom, Stand April 2004, Annex A, Chronology of major events, 2001, abrufbar unter www.refworld.org; U.S. Department of State, Background Note: Republic of Congo, August 2008, Abschnitt “History”; biographische Angaben zu Z. -P. unter http://en.wikipedia.org/wiki/Joachim_Z. -P. , 43erhielten sie in den folgenden Jahren nacheinander auf Betreiben des Präsidenten T. -O. jeweils Amnestien. Als erster durfte der ehemalige Ministerpräsident L. im Oktober 2005 zur Beerdigung seiner Ehefrau nach Kongo einreisen. Auf Betreiben T. -Nguessos wurde L. anschließend im Dezember 2005 durch das Parlament eine Amnestie gewährt. Knapp zwei Jahre später, im September 2007, kündigte T. -O. an, dass M. nach Kongo einreisen dürfe und eine Begnadigung von der im Jahr 2001 gegen ihn verhängten Strafe erhalten werde. Der Onkel des Klägers, Joachim Z. -P. , kehrte im August 2007 nach Kongo zurück, nachdem der Ministerrat auch für ihn am 10. Mai 2007 eine Amnestie verkündet hatte, 44vgl. zu allem: biographische Angaben zu Z. -P. unter http://en.wikipedia.org/wiki/K. _Z. -P. sowie unter http://fr.wikipedia.org/wiki/K. _Z. -P. ; U.S. Department of State, Background Note: Republic of Congo, August 2008, dort im Abschnitt “History”; Zeitungsartikel in Gaboneco vom 17. August 2008 “Congo Brazzaville: Retour de K. Z. -P. ”, abgerufen im Verfahren 19 K 5838/08.A am 28. August 2008; “L’ancien president K. Z1. P. amnistié par Brazzaville”, Zeitungsartikel abgerufen im Verfahren 19 K 5838/08.A am 28. August 2008 unter www.jeuneafrique.com. 45Anhaltspunkte dafür, dass Z. -P. nach seiner Rückkehr nach Kongo erneut Repressalien oder Übergriffen der Regierung T. -Nguessos ausgesetzt war, liegen nicht vor. Im Gegenteil konnte Z. -P. sich nach seiner Rückkehr sogar wieder politisch in der Opposition betätigen. So übernahm er unmittelbar nach seiner Rückkehr im Jahr 2007 bereits wieder die Führung seiner Partei, der RDD (Rally for Democracy and Development), 46vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/K. _Z. -P. . 47Entsprechendes gilt auch für die Oppositionspartei des ehemaligen Präsidenten M. , die UPADS (Union Panafrique pur la Démocratie Sociale). Sie gehört bis heute zu den in Kongo aktiven Oppositionsparteien und ist fester Bestandteil des politischen Systems, 48vgl. Länderinformation des Auswärtigen Amtes zur Republik Kongo, Stand Mai 2014, www.auswaertiges-amt.de. 49Die frühere Partei L. , die M.C.D.D.I., ist heute sogar neben der Partei PCT des Präsidenten T. O. unmittelbar an der Regierung beteiligt, 50vgl. Länderinformation des Auswärtigen Amtes zur Republik Kongo, Stand Mai 2014, www.auswaertiges-amt.de. 51Dass die Regierung T. –O1. bzw. der kongolesische Staat, obwohl sie den unmittelbaren früheren politischen Gegnern bereits vor Jahren Amnestien gewährt haben und insbesondere Z. -P. , der Onkel des Klägers, sich in Kongo seit langem wieder ungehindert politisch in der Opposition betätigen kann, noch ein Interesse daran haben sollten, den Kläger im Rückkehrfalle wegen seines Verwandtschaftsverhältnisses zu Z. -P. und immerhin mehr als 7 Jahre nach dessen Begnadigung und Rückkehr nach Kongo zu verhaften oder gar zu töten, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass der Kläger vor seiner Ausreise allein wegen dieser Verwandtschaftsbeziehung und nicht etwa auch wegen eigener politischer Aktivitäten in das Blickfeld des kongolesischen Staates geraten ist. 52Diese Veränderung der Umstände im Heimatland des Klägers ist auch ausreichend dauerhaft. Seit August 2002 ist eine neue, durch Volksbefragung angenommene Verfassung in Kraft getreten. Nach der gewaltsamen Machtübernahme im Jahr 1997 fanden 2002 erstmals Präsidentschaftswahlen statt, in denen Präsident T. O. als Präsident der Republik Kongo gewählt wurde. Seine Wiederwahl erfolgte im Jahr 2009, während im Jahr 2012 Parlamentswahlen abgehalten wurden. Ungeachtet bei diesen Wahlen aufgetretener Unregelmäßigkeit zu Lasten der Oppositionsparteien, 53vgl. Country Report on Human Rights Practices for 2013, Republic of the Congo, www.state.gov, 54hat sich die politische Lage in Kongo damit gegenüber 1997/1998 deutlich stabilisiert. Der kongolesische Staat hat zudem jedenfalls seit der Wahl 2002 die gewaltsame und - spätestens im Sommer 2007 – erkennbar auch jede sonstige, insbesondere strafrechtliche, Verfolgung der 1997 gestürzten Regierung und ihrer Anhänger aufgegeben. Nach der derzeitigen Erkenntnislage bestehen keine Anhaltspunkte, dass Mitglieder oder Sympathisanten der RDD von Z. -P. oder der Oppositionspartei des ehemaligen Präsidenten Lissoubas, der UPADS, in Kongo seither erneut politischer Verfolgung der Regierung T. –O1. ausgesetzt waren. Im Jahr 2013 wurde sogar ein staatlich finanzierter nationaler Dialog unter Beteiligung aller Oppositionsparteien angestoßen, in dem ein Rahmen für lokale Wahlen erarbeitet werden sollte, 55vgl. Country Report on Human Rights Practices for 2013, Republic of the Congo, Sectiono 3, Respect for political rights, www.state.gov. 56Die Verhältnisse im Heimatland des Klägers erweisen sich insoweit daher auch bereits seit längerer Zeit als stabil. Da andererseits eine Garantie der Kontinuität veränderter politischer Verhältnisse auf unabsehbare Zeit nicht verlangt werden kann, 57vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. März 2010 – 9 A 670/08.A -, juris, Rn 48; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 – 10 C 25.10, juris, Rn 24. 58ergibt die vor diesem Hintergrund zu treffende Prognose, dass der Kläger nicht (erneut) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein wird. Steht damit fest, dass der Kläger wegen seiner Verwandtschaft zu Z. -P. von keiner Seite im Kongo mehr Verfolgung zu befürchten hat, umfasst dies zugleich die Feststellung, dass mit der derzeitigen kongolesischen Regierung ein staatlicher Schutzakteur im Sinne von § 3d AsylVfG vorhanden ist, der die ehemals bestehenden Übergriffe auf Personen wegen deren unmittelbarer Verwandtschaft oder engen Verbindung zur gestürzten Vorgängerregierung abgeschafft hat und ausreichende Schritte eingeleitet hat, um die der Flüchtlingsanerkennung zugrunde liegende Verfolgung dauerhaft abzuschaffen. 59Anhaltspunkte für Nachwirkungen der früheren Verfolgungshandlungen im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG sind ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 60Der Widerruf setzt neben dem Wegfall der der Anerkennung zugrunde liegenden Verfolgungsgefahr weiter voraus, dass der Betreffende auch nicht wegen anderer Umstände begründete Furcht vor Verfolgung hat, 61BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 10 C 3/110-, juris, Rn 21. 62Solche anderen Umstände hat der Kläger weder vorgetragen, noch sind solche Umstände für das Gericht sonst ersichtlich. 63Erweist sich damit der Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 AuslG als rechtmäßig, so ist auch die in Ziffer 3 des Bescheides enthaltene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Absatz 1 AufenthG (jetzt: § 3 AsylVfG) nicht vorliegen, rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Feststellung hat ohnehin keinen selbständigen Regelungscharakter. Denn das Nichtvorliegen der genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des in Ziffer 2 des Bescheides ausgesprochenen Widerrufs und bereits in diesem Zusammenhang zu prüfen, 64vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. März 2013 – 9 A 670/08.A -, juris, Rn 66. 65Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für den von ihm sinngemäß hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (bisher: § 60 Absatz 2, 3 und 7 Satz 2) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Ziffer 4 des Bescheides) sind ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 66Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Streitwert ergibt sich aus § 30 RVG. 67Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 68Rechtsmittelbelehrung: 69Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 70Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 711. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 722. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 733. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 74Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 75Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind nur die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen sowie diesen gleichgestellte Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 Satz 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren eingeleitet wird. 76Die Antragsschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung der beklagten durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1
2der am 0. juli 1962 geborene kläger ist staatsangehöriger der republik kongo. eigenen angaben zufolge reiste er am 10. dezember 1998 auf dem luftweg in die bundesrepublik deutschland ein. 3zur begründung seines am 14. dezember 1998 gestellten asylantrags machte er im rahmen seiner anhörung durch das bundesamt für die anerkennung ausländischer flüchtlinge (seit dem 1. januar 2005 umbenannt in bundesamt für migration und flüchtlinge, im folgenden: bundesamt) am 22. dezember 1998 im wesentlichen geltend: er sei der neffe des generals z. p. , eines engen vertrauten des ehemaligen präsidenten der republik kongo, m. . z. p. sei der bruder seines vaters, sei also sein direkter onkel. seine – des klägers - ehefrau und zwei seiner kinder seien bei den gewaltsamen auseinandersetzungen im dezember 1997 in brazzaville von regierungssoldaten getötet worden. er selbst sei zu der zeit auf dem markt gewesen, sei aber nach der rückkehr zeuge des massakers an seiner familie geworden. er sei geflüchtet, zunächst nach point noire. als ihn dort soldaten erkannt und angesprochen hätten, sei er erneut geflüchtet, diesmal nach mayoumba, gabun. dort sei er im august 1998 angekommen und habe sich dort einige monate bei einer familie aufgehalten, die er über seinen onkel z. p. kennengelernt habe. auch habe eine entfernte verwandtschaft zu dieser familie bestanden. sein onkel z. sei die rechte hand des ehemaligen präsidenten m. gewesen. leute, die mit m. regiert hätten, seien verfolgt worden. die mehrheit der familien seiner engsten mitarbeiter seien ausgelöscht worden. wo sein onkel z. p. jetzt sei, wisse er nicht, da er ins exil gegangen sei. er habe gerüchte gehört, dass m. in den vereinigten staaten sei. die seien alle zusammen geflohen. er selbst sei kein politiker, er sei nur sympathisant von einigen parteien gewesen, er unterstütze sie. er sei nicht mitglied irgendeiner partei. 4mit bestandskräftigem bescheid vom 4. februar 2003 lehnte das bundesamt die anerkennung des klägers als asylberechtigter ab, stellte aber das vorliegen der voraussetzungen des § 51 abs. 1 des ausländergesetzes (auslg) hinsichtlich der republik kongo für ihn fest. zur begründung führte das bundesamt aus, dass aufgrund des vom kläger geschilderten sachverhaltes und der vorliegenden erkenntnisse davon auszugehen sei, dass der kläger im falle einer rückkehr in die republik kongo zum gegenwärtigen zeitpunkt mit der erforderlichen wahrscheinlichkeit verfolgungsmaßnahmen i.s.v. § 51 abs. 1 auslg ausgesetzt sein würde. er habe glaubhaft dargelegt, dass er sein heimatland verfolgt verlassen habe. seine angaben über sein verwandtschaftsverhältnis zu dem z. p. und seiner daraus resultierenden verfolgung sei hinreichend bestimmt, nachvollziehbar und frei von widersprüchen. da der kläger schon einmal politische verfolgung erlitten habe, könne ihm asylrechtlicher schutz nur versagt werden, wenn eine wiederholung mit hinreichender sicherheit ausgeschlossen werden könne. angesichts der sehr dürftigen auskunftslage und der unübersichtlichen situation im heimatland des klägers könne eine verfolgungsgefahr nicht mit der erforderlichen sicherheit ausgeschlossen werden. auch die gemäß § 27 abs. 3 asylvfg bestehende vermutung einer hinreichenden sicherheit in gabun sei glaubhaft widerlegt. aufgrund der familiären verwandtschaftsverhältnisse zwischen den machthabern in gabun und der republik kongo könne eine hinreichende sicherheit für personen, die wegen politischer verfolgung aus dem kongo geflohen seien, nicht angenommen werden. von feststellungen zu § 53 auslg werde aufgrund des vorliegens der voraussetzungen des § 51 abs. 1 auslg abgesehen. 5das bundesamt leitete am 27. märz 2008 ein widerrufsverfahren ein. auf schriftliche anfrage teilte die ausländerbehörde p1. dem bundesamt am 10. april 2008 mit, dass der kläger bislang keine niederlassungserlaubnis beantragt habe und im falle eines widerrufs eine aufenthaltsbeendigung beabsichtigt sei. 6mit schreiben vom 9. mai 2008, das dem kläger am 29. mai 2008 mit postzustellungsurkunde zuging, hörte das bundesamt den kläger zum beabsichtigten widerruf der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft sowie zur beabsichtigten feststellung, dass keine abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg vorliegen, an. zur begründung führte es an, dass einfache angehörige von oppositionsparteien, wie z.b. der mcddi, in kongo keiner verfolgung mehr unterlägen. 7mit schreiben vom 25. juni 2008 wies der kläger darauf hin, dass er kein mitglied einer oppositionspartei sei und es daher nicht darauf ankomme, ob einfache angehörige von oppositionsparteien in kongo keiner verfolgung mehr unterlägen. er habe sein asylbegehren auf die enge verwandtschaft zu seinem onkel, dem general z. p. , einem engen vertrauten des früheren präsidenten m. , gestützt. hiervon sei auch das bundesamt selbst in seinem bescheid vom 4. februar 2003 ausgegangen. zudem sei er zeuge des regierungsmassakers an seiner familie geworden. selbst wenn man eine verbesserung der politischen verhältnisse in kongo attestieren wolle, fehle es jedenfalls an der für einen widerruf erforderlichen nachhaltigen verbesserung der situation in kongo. von einer stabilen verbesserung der menschenrechts- und sicherheitslage sei die republik kongo noch weit entfernt. 8mit bescheid vom 7. august 2008 widerrief das bundesamt die im bescheid vom 4. februar 2003 getroffene feststellung des vorliegens der voraussetzungen des § 51 abs. 1 auslg und stellte fest, dass die voraussetzungen des § 60 abs. 1 aufenthg nicht vorliegen. ferner sah das bundesamt von einer feststellung zu § 60 absatz 2 bis 7 aufenthg ab, weil keine aufenthaltsbeendigung beabsichtigt sei. 9auf den hinweis der ausländerbehörde p1. vom 15. august 2008, dass aufenthaltsbeendende maßnahmen weiterhin beabsichtigt seien, erließ das bundesamt am 19. august 2008 einen weiteren bescheid, der den prozessbevollmächtigten des klägers am 27. august 2008 zuging. mit dessen ziffer 1 wurde zunächst der bescheid vom 7. august 2008 aufgehoben. ferner widerrief das bundesamt unter ziffer 2 die im bescheid vom 4. februar 2003 getroffene feststellung des vorliegens der voraussetzungen des § 51 abs. 1 auslg. weiter stellte das bundesamt fest, dass die voraussetzungen des § 60 abs. 1 aufenthg sowie abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg nicht vorliegen (ziffer 3 und 4). 10zur begründung des bescheides vom 19. august 2008 wurde ausgeführt, dass nach den vorliegenden erkenntnissen derzeit für mitglieder des m.c.d.d.i, die bis zum umsturz im oktober 1997 mit dem gründungspräsidenten l. den ministerpräsidenten und mit q. m. den präsidenten gestellt hätten, keine verfolgungsgefahr in der republik kongo mehr bestehe. viele der mcddi-mitglieder seien inzwischen aus dem ausland zurückgekehrt. die partei könne sich wie andere parteien in der republik kongo betätigen. l. , der im jahre 2000 zum tode verurteilt worden sei, sei am 14. mai 2005 mit erlaubnis des jetzigen präsidenten o. nach kongo zurückgekehrt, um an der bestattungsfeier für seine ehefrau teilzunehmen. auch wenn der kläger sich nicht selbst politisch betätigt habe, beruhe seine verfolgung letztlich auf der einbeziehung in eine gegen seinen onkel z. p. gerichtete verfolgung wegen dessen oppositioneller betätigung. wenn nach den obigen ausführungen dem onkel selbst nichts mehr drohe, könne auch für den kläger eine verfolgung ausgeschlossen werden. allein der umstand, dass er zeuge eines massakers an seiner familie gewesen sein wolle, ändere nichts an dieser prognose. es sei schon nicht nachvollziehbar dargetan, welche folgen sich daraus für den kläger im einzelnen ergeben sollten. 11das zunächst gegen den bescheid vom 7. august 2008 anhängig gemachte verfahren 19 k 5838/08.a wurde aufgrund übereinstimmender erledigungserklärungen der beteiligten durch beschluss vom 21. oktober 2008 eingestellt. 12der kläger hat am 1. september 2008 die vorliegende klage gegen den bescheid des bundesamtes vom 19. august 2008 erhoben, zu deren begründung er im wesentlichen ausführt: die nach der rechtsprechung erforderliche nachhaltige verbesserung der lage im verfolgerstaat sei jedenfalls noch nicht eingetreten. im übrigen verweise er auf seine klagebegründung vom 26. august 2008 im verfahren 19 k 5838/08.a. es komme nicht darauf an, ob einfache oppositionelle in kongo keiner verfolgung mehr unterlägen. er habe aufgrund seiner engen verwandtschaftlichen beziehungen zu general z. p. , dem bruders eines vaters, um asyl nachgesucht. sein onkel sei ein enger vertrauter des ehemaligen präsidenten m. gewesen. außerdem habe er ein massaker seitens der regierungsarmee an seiner großfamilie miterleben müssen. aus den ausführungen des bundesamtes ergebe sich gerade kein hinweis, ob dem onkel z. p. weiterhin verfolgung drohe. jedenfalls habe dieser es bis heute nicht riskiert, in die republik kongo zurückzukehren. außerdem sei es wenig aussagekräftig für die gefährdungslage anderer personen, wenn der berühmte politiker l. aus einem bestimmten anlass unter den augen der weltöffentlichkeit ungehindert in die republik kongo einreisen dürfe. außerdem verstoße die widerrufspraxis der beklagten ohnehin gegen die gfk und europarecht, wie sich aus einem dem eugh vorgelegten gutachten des unhcr ergebe. schließlich sei die erkenntnislage zur republik kongo ausgesprochen dürftig. lageberichte des auswärtigen amtes gebe es seit vielen jahren nicht mehr. 13der kläger beantragt schriftsätzlich, 14den bescheid des bundesamtes für die anerkennung ausländischer flüchtlinge vom 19. august 2008 aufzuheben. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17zur begründung nimmt sie bezug auf den inhalt des angefochtenen bescheides. 18nachdem das verfahren zunächst mit beschluss vom 1. oktober 2009 auf antrag der beteiligten wegen vorgreiflichkeit der entscheidung des gerichtshofs der europäischen gemeinschaften über die vorlage des bundesverwaltungsgerichts (beschluss vom 7. februar 2008 – 10 c 33/07 -) ausgesetzt worden ist, hat das erkennende gericht den aussetzungsbeschluss - nachdem die vorgreiflichen entscheidungen zwischenzeitlich ergangen sind - nach anhörung der beteiligten am 17. juli 2014 zur fortsetzung des verfahrens aufgehoben. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes und der ausländerbehörde bezug genommen. 20
21die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihr der rechtsstreit gemäß § 76 absatz 1 satz 1 des asylverfahrensgesetzes (asylvfg) durch beschluss des gerichts vom 17. juli 2014 zur entscheidung übertragen worden ist. 22das gericht konnte trotz ausbleibens des klägers in der mündlichen verhandlung verhandeln und entscheiden, nachdem dieser in der ladung ausdrücklich auf diese möglichkeit hingewiesen worden ist, § 102 absatz 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 23entgegen der in der klageschrift beantragten aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) vom 19. august 2008 ist bei verständiger würdigung des vorbringens des klägers zunächst davon auszugehen, dass nur eine aufhebung der unmittelbar den widerruf der flüchtlingsanerkennung betreffenden regelungen der ziffern 2 bis 4 gewollt ist. denn die aufhebung auch der ziffer 1 des bescheides vom 19. august 2008 hätte im erfolgsfalle zur folge, dass zugleich der – mit ihr aufgehobene - bescheid des bundesamtes vom 7. august 2008, mithin die erste widerrufsentscheidung, wieder aufleben würde. dies entspricht ersichtlich nicht dem begehren des klägers, von einem widerruf seiner flüchtlingsanerkennung verschont zu bleiben. ferner ist das klagebegehren nach § 88 vwgo im wohlverstandenen interesse des klägers dahin auszulegen, dass der kläger hilfsweise die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylvfg und die gewährung subsidiären schutzes nach § 4 asylvfg sowie die feststellung des vorliegens von abschiebungsverboten nach § 60 absatz 5 und 7 satz 1 aufenthg beantragt. 24die so verstandene, zulässige klage ist im gemäß § 77 absatz 1 asylvfg maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung unbegründet. der bescheid des bundesamtes vom 19. august 2008 ist im hauptantraglich angefochtenen umfang der ziffern 2 bis 4 rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 absatz 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 25bedenken gegen die formelle rechtmäßigkeit der unter ziffer 2 getroffenen aufhebungsentscheidung sind weder vorgetragen noch – mit blick auf § 73 absatz 4 satz 1 asylvfg und die im widerrufszeitpunkt geltende frist nach § 73 absatz 7 asylvfg a.f. – sonst ersichtlich. 26die widerrufsentscheidung erweist sich auch in der sache als rechtmäßig. 27nach § 73 absatz 1 satz 1 asylvfg in der im zeitpunkt der mündlichen verhandlung geltenden fassung sind die anerkennung als asylberechtigter und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. diese bestimmung ermächtigt, ebenso wie die vorgängerregelung, mithin auch zum widerruf einer positiven feststellung nach § 51 absatz 1 auslg 2002. nach § 73 absatz 1 satz 2 asylvfg liegen die voraussetzungen für einen widerruf insbesondere vor, wenn der ausländer nach wegfall der umstände, die zur anerkennung als asylberechtigter oder der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den schutz des staates in anspruch zu nehmen, dessen staatsangehörigkeit er besitzt oder wenn er als staatenloser in der lage ist, in das land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen aufenthalt hatte. gemäß satz 3 gilt satz 2 nicht, wenn sich der ausländer auf zwingende, auf früheren verfolgungen beruhende gründe berufen kann, um die rückkehr in den staat abzulehnen, dessen staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als staatenloser seinen gewöhnlichen aufenthalt hatte. 28mit § 73 absatz 1 satz 2 asylvfg hat der gesetzgeber die unionsrechtlichen vorgaben aus art. 11 abs. 1 lit. e) und f) der richtlinie 2004/83/eg des rates vom 29. april 2004 über mindestnormen für die anerkennung und den status von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als flüchtlinge oder als personen, die anderweitig internationalen schutz benötigen, und über den inhalt des zu gewährenden schutzes (abl. l 304 vom 30.09.2004, s.12; berichtigt abl. l 204 vom 5.08.2005, s. 24), sog. qualifikationsrichtlinie (im folgenden: qualfrl) umgesetzt. die voraussetzungen für den widerruf nach § 73 absatz 1 satz 1 asylvfg sind deshalb unionsrechtskonform im sinne der entsprechenden bestimmungen der richtlinie, nunmehr in der neufassung der richtlinie 2011/95/eu vom 13. dezember 2011 (abl. l 2337 vom 20. dezember 2011, s. 9), auszulegen, die sich ihrerseits an artikel 1 c nr. 5 und 6 der genfer flüchtlingskonvention (gfk) orientieren. dies gilt auch für fälle, in denen die zugrunde liegenden schutzanträge – wie vorliegend – vor dem inkrafttreten der richtlinie gestellt worden sind. 29vgl. bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 1. juni 2011 – 10 c 25/10-, juris, rn 15, vom 1. märz 2012 – 10 c 7/11-, juris, rn 9, und vom 31. januar 2013 – 10 c 15/12 -, juris, rn 10; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 26. märz 2013 – 9 a 670/08.a -, juris, rn 33 f. 30die für einen widerruf der asyl- bzw. flüchtlingsanerkennung wegen einer veränderung der tatsächlichen verhältnisse im heimatland danach erforderliche signifikante und wesentliche, also entscheidungserhebliche änderung der grundlage der verfolgungsprognose, ist anzunehmen, wenn sich die änderung der umstände als stabil erweist und von einer dauerhaften beseitigung der faktoren für die verfolgungsfurcht ausgegangen werden kann, 31vgl. europäischer gerichtshof (eugh), urteil vom 2. märz 2010, c- 175/08 u.a., abdulla u.a., juris und nvwz 2010, 505; bverwg, urteil vom 1. juni 2011 – 10 c 25/10-, juris, rn 19, 20; ovg nrw, urteil vom 26. märz 2013 – 9 a 670/08.a -, juris, rn 44 m.w.n. 32dies setzt eine individuelle verfolgungsprognose voraus. der insoweit anzuwendende wahrscheinlichkeitsmaßstab für den widerruf der asyl- und flüchtlingsanerkennung entspricht spiegelbildlich dem bei der anerkennung zugrunde zu legenden maßstab. für den widerruf der flüchtlingsanerkennung gilt seit der umsetzung der richtlinie 2004/83/eg unabhängig von einer etwaigen vorverfolgung der maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. das erlöschen der flüchtlingseigenschaft bestimmt sich folglich danach, ob zum nach § 77 absatz 1 asylvfg maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung noch eine beachtliche wahrscheinlichkeit einer verfolgung besteht. dabei liegt die beweislast bei der behörde. zur privilegierung des vorverfolgten bzw. in anderer weise geschädigten wird in artikel 4 absatz 4 qualfrl (i.v.m. § 3e absatz 2 asylvfg; bis zum 30. november 2013: § 60 absatz 1 satz 5 und abs. 11 aufenthg) vielmehr eine beweiserleichterung in gestalt einer tatsächlichen vermutung normiert, dass sich frühere handlungen und bedrohungen bei einer rückkehr in das heimatland wiederholen werden. diese vermutung kann aber widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe die wiederholungsträchtigkeit solcher verfolgung bzw. des eintritts eines solchen schadens entkräften. dies ist im rahmen freier beweiswürdigung zu beurteilen, 33vgl. bverwg, urteile vom 7. september 2010 – 10 c 11.09 -, juris, rn 15, vom 22. november 2011 ‑ 10 c 29.10 -, juris, rn 23, vom 1. märz 2012 – 10 c 7.11-, juris, rn 11 ff. (17, 18); ovg nrw, urteil vom 26. märz 2013 – 9 a 670/08.a, juris. 34ausgehend von diesen maßstäben erweist sich der widerruf der feststellung der voraussetzungen des § 51 absatz 1 auslg (jetzt § 3 absatz 1 asylvfg) in der person des klägers als rechtmäßig. die der feststellung der voraussetzungen des § 51 absatz 1 auslg durch das bundesamt mit bescheid vom 4. februar 2003 zugrunde liegenden umstände, die die furcht des klägers vor verfolgung begründeten, sind dauerhaft entfallen. 35dem kläger sind auf der grundlage der in bestandskraft erwachsenen feststellungen des bescheides des bundesamtes vom 4. februar 2003 die voraussetzungen des § 51 absatz 1 auslg für die republik kongo zuerkannt worden, weil er als neffe von general z. -p. , einem engen politischen vertrauten des früheren präsidenten m. , nach dessen gewaltsamen sturz im oktober 1997 politischer verfolgung durch den wieder an die macht gelangten früheren präsidenten e. t. -o. und seiner anhänger ausgesetzt war. das bundesamt ging davon aus, dass die frau des klägers und zwei seiner kinder ebenso wie weitere familienmitglieder des selbst ins exil geflohenen onkels z. -p. im dezember 1997 in brazzaville einem massaker durch soldaten des erneut an die macht gekommenen präsidenten t. -o. zum opfer fielen und der kläger selbst einer tötung nur durch seine flucht entgangen ist. 36nach der aktuellen erkenntnislage droht dem kläger aufgrund seiner verwandtschaft zu z. -p. im rückkehrfalle jedoch heute nicht mehr mit beachtlicher wahrscheinlichkeit die gefahr einer erneuten verfolgung. 37zwar ist der nach dem umsturz im oktober 1997 an die macht gelangte präsident e. t. o. bis heute staatsoberhaupt der republik kongo, 38vgl. länderinformation des auswärtigen amtes zur republik kongo, stand mai 2014, www.auswaertiges-amt.de. 39die politischen gegner des gestürzten präsidenten m. und seiner anhänger, also auch des onkels des klägers, sind daher bis heute an der regierung in der republik kongo beteiligt. 40allerdings hat die regierung t. -o1. die politische verfolgung ihrer einstigen politischen gegner inzwischen erkennbar und dauerhaft aufgegeben. 41nachdem der ehemalige präsident m. , sein ehemaliger ministerpräsident l. sowie sein enger politischer vertrauter und unterstützer der damaligen präsidentenmehrheit joachim z. -p. noch im dezember 2001 während ihrer zeit im exil zu hohen freiheitsstrafen - m. zusätzlich auch zu einer hohen geldstrafe - u.a. wegen veruntreuung staatlicher gelder verurteilt worden waren, 42vgl. country information and policy unit immigration and nationality directorate, home office, united kingdom, stand april 2004, annex a, chronology of major events, 2001, abrufbar unter www.refworld.org; u.s. department of state, background note: republic of congo, august 2008, abschnitt “history”; biographische angaben zu z. -p. unter http://en.wikipedia.org/wiki/joachim_z. -p. , 43erhielten sie in den folgenden jahren nacheinander auf betreiben des präsidenten t. -o. jeweils amnestien. als erster durfte der ehemalige ministerpräsident l. im oktober 2005 zur beerdigung seiner ehefrau nach kongo einreisen. auf betreiben t. -nguessos wurde l. anschließend im dezember 2005 durch das parlament eine amnestie gewährt. knapp zwei jahre später, im september 2007, kündigte t. -o. an, dass m. nach kongo einreisen dürfe und eine begnadigung von der im jahr 2001 gegen ihn verhängten strafe erhalten werde. der onkel des klägers, joachim z. -p. , kehrte im august 2007 nach kongo zurück, nachdem der ministerrat auch für ihn am 10. mai 2007 eine amnestie verkündet hatte, 44vgl. zu allem: biographische angaben zu z. -p. unter http://en.wikipedia.org/wiki/k. _z. -p. sowie unter http://fr.wikipedia.org/wiki/k. _z. -p. ; u.s. department of state, background note: republic of congo, august 2008, dort im abschnitt “history”; zeitungsartikel in gaboneco vom 17. august 2008 “congo brazzaville: retour de k. z. -p. ”, abgerufen im verfahren 19 k 5838/08.a am 28. august 2008; “l’ancien president k. z1. p. amnistié par brazzaville”, zeitungsartikel abgerufen im verfahren 19 k 5838/08.a am 28. august 2008 unter www.jeuneafrique.com. 45anhaltspunkte dafür, dass z. -p. nach seiner rückkehr nach kongo erneut repressalien oder übergriffen der regierung t. -nguessos ausgesetzt war, liegen nicht vor. im gegenteil konnte z. -p. sich nach seiner rückkehr sogar wieder politisch in der opposition betätigen. so übernahm er unmittelbar nach seiner rückkehr im jahr 2007 bereits wieder die führung seiner partei, der rdd (rally for democracy and development), 46vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/k. _z. -p. . 47entsprechendes gilt auch für die oppositionspartei des ehemaligen präsidenten m. , die upads (union panafrique pur la démocratie sociale). sie gehört bis heute zu den in kongo aktiven oppositionsparteien und ist fester bestandteil des politischen systems, 48vgl. länderinformation des auswärtigen amtes zur republik kongo, stand mai 2014, www.auswaertiges-amt.de. 49die frühere partei l. , die m.c.d.d.i., ist heute sogar neben der partei pct des präsidenten t. o. unmittelbar an der regierung beteiligt, 50vgl. länderinformation des auswärtigen amtes zur republik kongo, stand mai 2014, www.auswaertiges-amt.de. 51dass die regierung t. –o1. bzw. der kongolesische staat, obwohl sie den unmittelbaren früheren politischen gegnern bereits vor jahren amnestien gewährt haben und insbesondere z. -p. , der onkel des klägers, sich in kongo seit langem wieder ungehindert politisch in der opposition betätigen kann, noch ein interesse daran haben sollten, den kläger im rückkehrfalle wegen seines verwandtschaftsverhältnisses zu z. -p. und immerhin mehr als 7 jahre nach dessen begnadigung und rückkehr nach kongo zu verhaften oder gar zu töten, ist vor diesem hintergrund nicht ersichtlich. hinzu kommt, dass der kläger vor seiner ausreise allein wegen dieser verwandtschaftsbeziehung und nicht etwa auch wegen eigener politischer aktivitäten in das blickfeld des kongolesischen staates geraten ist. 52diese veränderung der umstände im heimatland des klägers ist auch ausreichend dauerhaft. seit august 2002 ist eine neue, durch volksbefragung angenommene verfassung in kraft getreten. nach der gewaltsamen machtübernahme im jahr 1997 fanden 2002 erstmals präsidentschaftswahlen statt, in denen präsident t. o. als präsident der republik kongo gewählt wurde. seine wiederwahl erfolgte im jahr 2009, während im jahr 2012 parlamentswahlen abgehalten wurden. ungeachtet bei diesen wahlen aufgetretener unregelmäßigkeit zu lasten der oppositionsparteien, 53vgl. country report on human rights practices for 2013, republic of the congo, www.state.gov, 54hat sich die politische lage in kongo damit gegenüber 1997/1998 deutlich stabilisiert. der kongolesische staat hat zudem jedenfalls seit der wahl 2002 die gewaltsame und - spätestens im sommer 2007 – erkennbar auch jede sonstige, insbesondere strafrechtliche, verfolgung der 1997 gestürzten regierung und ihrer anhänger aufgegeben. nach der derzeitigen erkenntnislage bestehen keine anhaltspunkte, dass mitglieder oder sympathisanten der rdd von z. -p. oder der oppositionspartei des ehemaligen präsidenten lissoubas, der upads, in kongo seither erneut politischer verfolgung der regierung t. –o1. ausgesetzt waren. im jahr 2013 wurde sogar ein staatlich finanzierter nationaler dialog unter beteiligung aller oppositionsparteien angestoßen, in dem ein rahmen für lokale wahlen erarbeitet werden sollte, 55vgl. country report on human rights practices for 2013, republic of the congo, sectiono 3, respect for political rights, www.state.gov. 56die verhältnisse im heimatland des klägers erweisen sich insoweit daher auch bereits seit längerer zeit als stabil. da andererseits eine garantie der kontinuität veränderter politischer verhältnisse auf unabsehbare zeit nicht verlangt werden kann, 57vgl. ovg nrw, urteil vom 26. märz 2010 – 9 a 670/08.a -, juris, rn 48; bverwg, urteil vom 1. juni 2011 – 10 c 25.10, juris, rn 24. 58ergibt die vor diesem hintergrund zu treffende prognose, dass der kläger nicht (erneut) mit beachtlicher wahrscheinlichkeit verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein wird. steht damit fest, dass der kläger wegen seiner verwandtschaft zu z. -p. von keiner seite im kongo mehr verfolgung zu befürchten hat, umfasst dies zugleich die feststellung, dass mit der derzeitigen kongolesischen regierung ein staatlicher schutzakteur im sinne von § 3d asylvfg vorhanden ist, der die ehemals bestehenden übergriffe auf personen wegen deren unmittelbarer verwandtschaft oder engen verbindung zur gestürzten vorgängerregierung abgeschafft hat und ausreichende schritte eingeleitet hat, um die der flüchtlingsanerkennung zugrunde liegende verfolgung dauerhaft abzuschaffen. 59anhaltspunkte für nachwirkungen der früheren verfolgungshandlungen im sinne des § 73 absatz 1 satz 3 asylvfg sind ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 60der widerruf setzt neben dem wegfall der der anerkennung zugrunde liegenden verfolgungsgefahr weiter voraus, dass der betreffende auch nicht wegen anderer umstände begründete furcht vor verfolgung hat, 61bverwg, urteil vom 24. februar 2011 – 10 c 3/110-, juris, rn 21. 62solche anderen umstände hat der kläger weder vorgetragen, noch sind solche umstände für das gericht sonst ersichtlich. 63erweist sich damit der widerruf der feststellung des vorliegens der voraussetzungen des § 51 absatz 1 auslg als rechtmäßig, so ist auch die in ziffer 3 des bescheides enthaltene feststellung, dass die voraussetzungen des § 60 absatz 1 aufenthg (jetzt: § 3 asylvfg) nicht vorliegen, rechtlich nicht zu beanstanden. diese feststellung hat ohnehin keinen selbständigen regelungscharakter. denn das nichtvorliegen der genannten voraussetzungen zum zeitpunkt der entscheidung über den widerruf ist voraussetzung für die rechtmäßigkeit des in ziffer 2 des bescheides ausgesprochenen widerrufs und bereits in diesem zusammenhang zu prüfen, 64vgl. ovg nrw, urteil vom 26. märz 2013 – 9 a 670/08.a -, juris, rn 66. 65anhaltspunkte für das vorliegen der voraussetzungen für den von ihm sinngemäß hilfsweise geltend gemachten anspruch auf subsidiären schutzes nach § 4 asylvfg (bisher: § 60 absatz 2, 3 und 7 satz 2) sowie abschiebungsverbote nach § 60 absatz 5 und 7 satz 1 aufenthg (ziffer 4 des bescheides) sind ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 66die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 absatz 1 vwgo, § 83b asylvfg. der streitwert ergibt sich aus § 30 rvg. 67die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 68rechtsmittelbelehrung: 69gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 70die berufung ist nur zuzulassen, wenn 711. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 722. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 733. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 74der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) oder in elektronischer form nach maßgabe der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den verwaltungsgerichten und den finanzgerichten im lande nordrhein-westfalen (elektronische rechtsverkehrsverordnung verwaltungs- und finanzgerichte – ervvo vg/fg) vom 7. november 2012 (gv. nrw s. 548) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 75im berufungs- und berufungszulassungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen bevollmächtigten vertreten lassen. als bevollmächtigte sind nur die in § 67 absatz 2 satz 1 und satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen sowie diesen gleichgestellte personen zugelassen. behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse können sich durch eigene beschäftigte mit befähigung zum richteramt oder durch beschäftigte mit befähigung zum richteramt anderer behörden oder juristischer personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse vertreten lassen. ein beteiligter, der nach maßgabe von § 67 abs. 4 satz 3 und 7 vwgo zur vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren eingeleitet wird. 76die antragsschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. im fall der elektronischen einreichung nach maßgabe der ervvo vg/fg bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
120,662
21 O 10/16
"2016-10-24T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Beklagte betreibt als Audi-Vertragshändlerin einen gewerblichen Kfz-Handel mit Sitz in Ratingen. Der Kläger erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 02.01.2014 ein Fahrzeug der Marke Audi Q3 SUV 2,0 TDI Quattro mit der Fahrzeug-Ident-Nummer WAUZZZ8U8DR107370 zu einem Kaufpreis von 44.500,00 EUR. Bei Übergabe wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 10 km, bei Klageerhebung einen Kilometerstand von 16.100 km auf. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 (EU5) verbaut. Darüber hinaus ist eine Software installiert, die erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Testzyklus auf dem Rollenprüfstand befindet oder nicht. Auf dem Rollenprüfstand bewirkt die Software, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden. So kennt die Software zwei verschiedene Betriebsmodi, die die Abgasrückführung steuern. Bei einer Prüfung unter Laborbedingungen aktiviert die Software einen Betriebmodus, bei dem die Abgasrückführungsrate höher ist und infolgedessen die NOx-Emissionen, also die Freisetzung von Stickoxiden, wesentlich niedriger ist als im normalen Straßenverkehr. Die gesetzlich vorgeschriebenen und im technischen Datenblatt aufgeführten Abgaswerte werden nur im Prüfstandlauf eingehalten, unter realen Fahrbedingungen werden die im Prüfstand erzielten Stickoxidwerte überschritten. Im gesamten VW/Audi-Konzern sind hiervon ca. 2,5 Millionen Fahrzeuge betroffen, allein bei der Marke Audi ca. 577.000 in der BRD. 3Mit Anwaltsschreiben vom 09.12.2015 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte der Beklagten eine Frist bis zum 29.12.2015, ihm den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurückzuzahlen. Die fehlende Fristsetzung begründete der Kläger damit, dass nach dem damals aktuellen Stand der Berichterstattung die Änderung der Software des Fahrzeugs mit einer erheblichen Leistungseinbuße verbunden sein werde, die für ihn die Verweisung auf die Nacherfüllung unzumutbar mache. Gleiches gelte unter dem Aspekt, dass erkennbar sei, dass sich die Gebrauchtwagenpreise der von dem sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge substantiell negativ entwickelten, so dass ein merkantiler Minderwert entstehe. Dies gelte auch für den Fall, dass das Fahrzeug nachgebessert werde. 4Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 14.12.2015 und teilte mit, sie habe großes Verständnis dafür, dass ihre Kunden aufgrund der aktuellen Medienberichterstattung über die in den Dieselmotoren des Typs EA 189 verwandten Software besorgt seien. Sie nehme die Sorge sehr ernst, weise aber auch darauf hin, dass die betroffenen Fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit sowie uneingeschränkt im Straßenverkehr nutzbar seien, was das Kraftfahrt-Bundesamt am 15.10.2015 bestätigt habe. Zudem erhielten die Fahrzeuge nach Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt ein technisches Update. Sie versichere, dass Audi mit Hochdruck an diesen Lösungen arbeite und schnellstmöglich über die geplanten Maßnahmen unterrichten werde. In der Zwischenzeit bitte sie den Kläger um Geduld und Verständnis dafür, dass Audi alle notwendigen Schritte mit dem gebotenen Tempo, aber auch mit der Gründlichkeit angehe, die er jetzt erwarten dürfe. Vor diesem Hintergrund könne sie der Bitte des Klägers, das Fahrzeug zurückzunehmen, nicht entsprechen. Sie verzichte bis zum 31.12.2016 auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Hinblick auf etwaige Sachmängelhaftungsansprüche wegen der genannten Software, soweit etwaige Ansprüche bisher nicht verjährt seien. 5Die angekündigte Software wurde mittlerweile vom Hersteller entwickelt und vom Kraftfahrt-Bundesamt am 21.07.2016 freigegeben. Nunmehr muss jedes einzelne Fahrzeug vom Hersteller für die Rückrufaktion in die Werkstatt freigegeben werden. Hinsichtlich des Fahrzeugs des Klägers war dies bisher nicht der Fall. 6Der Kläger behauptet: 7Für ihn sei das „ökologische Gewissen“ (niedriger Verbrauch, niedrigste Emissionen) kaufentscheidend gewesen. Außerhalb des Prüfstands würden alle gesetzlich gesetzten Grenzwerte mindestens um das 4,7-fache überschritten. Damit werde nicht einmal die EURO 3 – Abgasnorm erreicht und die CO2-Werte lägen oberhalb der gesetzlichen Grenzwerte für die Bemessung der Kfz-Steuer. 8Auch stehe fest, dass es technisch unmöglich sei, mit einem Softwareupdate die Nacherfüllung so durchzusetzen, dass, wie es der Gesetzgeber in § 38 Abs. 1 BImSchG verlange, das Fahrzeug beim bestimmungsgemäßen Betrieb auf der Straße die gesetzlichen Grenzwerte tatsächlich einhalte. In einem geschlossenen System führe die Veränderung des einen Abgaswertes automatisch zu Nachteilen bei den anderen Werten. Werde der NOx-Wert gesenkt, steige automatisch Verbrauch und CO2- Ausstoß, wenn keine substantiellen Leistungseinbußen entstehen sollten. 9Auch habe das Fahrzeug niemals über eine rechtmäßig erteilte EU-Typengenehmigung und die darauf beruhende Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) verfügt. Selbst wenn man anderer Auffassung sei, sei die ABE nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVZO von Gesetzes wegen automatisch erloschen und das Fahrzeug nach § 8 FZVZO nicht zulassungsfähig. Der Bundesverkehrsminister belasse die umweltgefährdenden Fahrzeuge ohne ersichtliche Ermächtigungsgrundlage gleichwohl im Straßenverkehr. Dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass das Fahrzeug kraft gesetzlicher Anordnung nicht am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfe. Infolgedessen habe er auch keinen gültigen Haftpflichtversicherungsschutz, weil dieser voraussetze, dass die Betriebserlaubnis nicht erloschen sei. 10Der Kläger ist der Auffassung, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei aus den im Rücktrittsschreiben genannten Gründen unzumutbar. Hier gehe es um eine der eklatantesten arglistigen Täuschungen eines Großkonzerns, was besonders schwer bei einem für die Sauberkeit beworbenen Diesel wiege, weil die Käufergruppe gezielt mit der besonderen Umweltverträglichkeit und dem besonderen ökologischen Wert beworben worden sei. Nun aber werde jeder Käufer mit der Erkenntnis geplagt, dass er mit einer ausgewiesenen Dreckschleuder weit jenseits aller gesetzlichen Grenzwerte unterwegs sei und sich deshalb an der Verpestung der Umwelt wesentlich beteilige, obgleich er mit seiner bewussten Kaufentscheidung bewusst das Gegenteil habe erreichen wollen. 11Der Kläger beantragt, 12die Beklagte zu verurteilen, an ihn 42.111,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2015 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Audi Q3 SUV 2,0 TDI Quattro mit der Fahrzeug-Ident-Nummer WAUZZZ8U8DR107370, 13die Beklagte weiter zu verurteilen, ihm 1.706,94 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und –gebühren nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2015 zu zahlen. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Die Beklagte behauptet: 17Nach der Nachrüstung träten weder technisch negative Folgen noch Leistungseinschränkungen des Motors ein. 18Sie selbst habe erst durch die Presseberichterstattung im September 2015 Kenntnis von der in der Motorsoftware von EA1 189 – Motoren zum Einsatz kommenden Umschaltsoftware erhalten. 19Auch hätten die betroffenen Fahrzeuge nicht an Wert verloren. Vielmehr sei das Gegenteil zu beobachten. 20Die Beklagte ist überdies der Auffassung, es handele sich vorliegend um einen unerheblichen Mangel im kaufrechtlichen Sinn, denn die Nachrüstung koste den Hersteller bei einem 2,0 Liter- Hubraum weniger als 100,00 EUR und bedeute für den Kläger den Aufwand von einer Stunde Wartezeit. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag sei aber ausgeschlossen, wenn die Kosten seiner Beseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis gering seien. Dies sei – wie hier – der Fall, wenn die Mängelbeseitigungskosten ein Prozent des Kaufpreises nicht überstiegen. 21Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstands wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 22Entscheidungsgründe: 23Die Klage ist unbegründet. 24I. 25Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 44.500,00 EUR abzüglich gezogener Nutzungen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Audi Q3 SUV 2,0 TDI Quattro, und zwar weder aus §§ 346 Abs. 1, 348 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB noch aus sonst einem Rechtsgrund. 261. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Rückzahlungsanspruch aus §§ 346 Abs. 1, 348 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB. 27Dabei kann die Kammer offen lassen, ob die Manipulation der Abgaswerte durch eine Software des Herstellers einen Mangel des Fahrzeugs im Sinne von § 434 BGB begründet. Denn dem Rücktritt steht bereits entgegen, dass der Kläger der Beklagten keine nach §§ 323 Abs. 1, 440 BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Zwar enthält das Anwaltsschreiben vom 09.12.2015 an die Beklagte eine Fristsetzung, diese bezieht sich aber nicht auf die Nacherfüllung, sondern auf die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme des Pkw. 28Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war entgegen der Auffassung des Klägers nicht entbehrlich. 29a) Nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Dies hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt getan. Dass sie vor Ausspruch des Rücktritts des Klägers mit Anwaltsschreiben vom 09.12.2015 nicht bereit gewesen wäre, hinsichtlich der Manipulations-Software nachzuerfüllen, ist schon deshalb nicht ersichtlich, als der Kläger, der eine Nacherfüllung für nicht zumutbar hält, den Rücktritt erklärt hat, ohne die Beklagte zuvor zur Nacherfüllung aufgefordert zu haben. Dass die Beklagte zur Nacherfüllung bereit gewesen wäre, ergibt sich aus ihrem Schreiben vom 14.12.2015. In diesem hat die Beklagte dem Kläger unmissverständlich mitgeteilt, dass das Fahrzeug nach Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt ein technisches Update erhalte, an dem Audi mit Hochdruck arbeite. 30b) Auch die Voraussetzungen des § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB liegen nicht vor. Danach bedarf es außer in den Fällen des § 281 Abs. 2 und § 323 Abs. 2 BGB der Fristsetzung unter anderem auch dann nicht, wenn dem Käufer die Nacherfüllung unzumutbar ist. Dabei ist die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung – im Gegensatz zu den besonderen Umständen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung von Sekundärrechten rechtfertigen (§§ 281 Abs. 2 Alt. 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB) – allein aus der Perspektive des Käufers zu bestimmen und kann sich aus der Person des Verkäufers, der Art der Mangelhaftigkeit sowie den mit der Nacherfüllung verbundenen Begleitumständen ergeben (Faust in Beck´scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, Stand 01.08.2014, § 440 Rdnr. 36 - 39). Bei wertender Betrachtung der Einzelfallumstände kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger eine Fristsetzung und ein Abwarten der von der Beklagten in Aussicht gestellten Nacherfüllung im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung unzumutbar war. Hieraus folgt zugleich, dass eine Fristsetzung auch nach der allgemeinen Vorschrift des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht entbehrlich war. 31aa) Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, dass ihm eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht zumutbar gewesen sei, weil ihn die Audi AG arglistig getäuscht habe und die Beklagte sich diese arglistige Täuschung zurechnen lassen müsse. 32Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass im Fall einer vom Verkäufer bei Abschluss eines Kaufvertrags begangenen Täuschungshandlung in der Regel die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt ist und keine Veranlassung besteht, dem Verkäufer nach Entdecken des Mangels durch den Käufer eine zweite Chance zu gewähren (vgl. BGH NJW 2007, 835; BGH NJW 2008, 1371). Ob vorliegend von einer Täuschungshandlung auszugehen ist, kann aber offen bleiben, denn dass die Beklagte von der Manipulations-Software vor und bei Abschluss des Kaufvertrags am 02.01.2014 wusste und diese dem Kläger verschwieg, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht dargetan. Vielmehr hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, von der Manipulations-Software erst im September 2015 über die Medienberichterstattung erfahren zu haben. Ein zeitlich früheres Wissen der Audi AG muss sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Die Audi AG ist als Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten gemäß § 278 BGB (vgl. BGH NJW 2014, 2183). Die Audi AG war in keiner Weise am Zustandekommen des streitgegenständlichen Kaufvertrags beteiligt und konnte auf diesen keinen Einfluss nehmen. Die Beklagte handelte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und ist eine rechtlich unabhängige juristische Person ohne gesellschaftsrechtliche oder personelle Verpflichtungen mit der Audi AG bzw. dem VW Konzern. Allein der Umstand, dass die Beklagte – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, lediglich unter anderem – Audi-Vertragshändlerin ist, begründet kein besonderes Vertrauens- oder Näheverhältnis, das eine Wissenszurechnung rechtfertigen würde. Als selbstständiger Vertragshändler ist sie kein Handelsvertreter, sondern ein eigenständiges Absatzorgan. 33bb) Besondere Umstände, die zu einem sofortigen Rücktritt vom Vertrag ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung berechtigen, ergeben sich hier auch nicht aus dem erheblichen Vorlauf, den die Beklagte für die angekündigte Rückrufaktion und die Nachbesserung der Motorsoftware benötigt. 34Zum einen liegt für den Käufer auf der Hand, dass sich eine solche umfassende Rückrufaktion und auch die Entwicklung einer Software, die noch vom Kraftfahrt-Bundesamt zu genehmigen ist, nicht innerhalb weniger Wochen realisieren lässt. Von daher ergibt sich eine Unzumutbarkeit nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts im Dezember 2015 einen Nacherfüllungstermin nicht benennen konnte und ein Rückruftermin selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht mitgeteilt worden ist. Der Kläger war und ist nach wie vor in der Lage, das Fahrzeug bis zur Rückrufaktion ohne für ihn spürbare funktionelle Beeinträchtigungen weiter zu nutzen und auch ist keine Stilllegung des Fahrzeugs durch das Kraftfahrt-Bundesamt bis zum Rückruftermin zu befürchten. Ebenfalls haltlos ist die Befürchtung des Klägers, er genieße keinen Haftpflichtversicherungsschutz. Dass seine Haftpflichtversicherung auf diesem Standpunkt steht, hat er nicht dargetan. 35Zum anderen kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der erhebliche Vorlauf sei ihm nicht zuzumuten, weil im Dezember 2015 erkennbar gewesen sei, dass sich die Gebrauchtwagenpreise der von dem sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge substantiell negativ entwickelten, so dass ein merkantiler Minderwert entstehe, was auch für den Fall der Nachbesserung gelte. Die Kammer verkennt nicht, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit allein die Perspektive des Klägers im Dezember 2015 maßgeblich ist, so dass es auf die Behauptung der Beklagten, mittlerweile stehe fest, dass die von der Manipulationssoftware betroffenen Fahrzeuge nicht an Wert verloren hätten, es sei sogar das Gegenteil zu beobachten, nicht ankommt. Dass die Berichterstattung der Medien im Dezember 2015 den Kläger nach seinem Vortrag befürchten ließ, er werde bei weiterem Zuwarten auf die Nacherfüllung durch die Beklagte einen merkantilen Wertverlust seines Fahrzeugs hinnehmen müssen, rechtfertigt es nicht, davon auszugehen, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei unzumutbar. Denn aufgrund des von der Beklagten erklärten Verjährungsverzichts wären dem Kläger, dessen kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB mit Ablauf des 02.01.2016 verjährt gewesen wären, keine Rechtsnachteile entstanden, hätte er der Beklagten die Gelegenheit gegeben, bis dahin den von ihm behaupteten Mangel abzustellen. Hätte sich bis zum 31.12.2016 herausgestellt, dass die Beklagte zur Nacherfüllung nicht in der Lage gewesen wäre, hätte er den Rücktritt dann immer noch erklären und die Rücknahme seines Fahrzeugs erwirken können mit der Folge, dass er einen merkantilen Minderwert nicht hätte tragen müssen. Anders läge der Fall nur, wenn das Fahrzeug des Klägers trotz erfolgreicher Nacherfüllung dennoch mit einem merkantilen Minderwert behaftet wäre. Warum das der Fall sein soll, wird vom Kläger behauptet, aber weder plausibel noch mit Substanz dargelegt, weshalb auch seinen diesbezüglichen Beweisangeboten nicht nachzugehen war. 36cc) Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, der Mangel an seinem Fahrzeug werde sich durch ein Softwareupdate nicht beheben lassen, sondern es verbleibe bei einem höheren Verbrauch, bei höheren CO2-Werten, einer vermehrten Rußbildung und einem schnelleren Defekt des Rußpartikelfilters als Folge, denn werde in der Software ein Wert verändert, änderten sich andere Abgaswerte gleichermaßen nachteilig mit ab. Ob die Nacherfüllung tatsächlich erfolglos sein würde mit der Folge der Stilllegung seines Fahrzeugs, konnte der Kläger im Dezember 2015 nicht sicher beurteilen. Von daher war er aufgrund des geltenden Grundsatzes des „Vorrangs der Nacherfüllung“ zunächst gehalten, sich auf diese einzulassen und abzuwarten, ob diese erfolgreich ist – wofür im Übrigen der Umstand spricht, dass das Kraftfahrt-Bundesamt am 21.07.2016 bestätigt hat, dass sich keine der vom Kläger behaupteten negativen Auswirkungen ergeben haben. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es im Ermessen des Verkäufers steht, mit welchen Mitteln und auf welchem Wege er die Nacherfüllung durchführt (OLG Celle, Urteil vom 19.12.2012 – 7 U 103/12 – BeckRS 2013, 01303). Sollten die Behauptungen des Klägers nach dem Rückruftermin tatsächlich zutreffen und die Nacherfüllung erfolglos verlaufen, was auch dann der Fall wäre, wenn die Mangelbeseitigung gleichzeitig andere Mängel am Fahrzeug hervorrufen würde, stehen dem Kläger dann, aber eben erst nach Erfolglosigkeit der Nacherfüllungsbemühungen gegebenenfalls Gewährleistungsrechte gegen die Beklagte zu. 37dd) Auch soweit der Kläger vorträgt, maßgeblicher Grund für den Kauf des Fahrzeugs sei für ihn aufgrund seines „ökologischen Gewissens“ gewesen, dass es als besonders umweltschonend gegolten habe, begründet dies keine Unzumutbarkeit, der Beklagten ihr Recht zur Nacherfüllung zu gewähren. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass die Eigenschaft des Fahrzeugs als „umweltschonend“ zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gemacht worden ist, und die Kammer auch Zweifel hegt, ob für den Käufer eines 177 PS-starken SUV der Umweltaspekt tatsächlich derart im Vordergrund steht, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der beanstandete höhere Stickstoffausstoß im Straßenbetrieb für den Kläger eine so große und unerträgliche Beeinträchtigung darstellt, dass ihm ein Abwarten auf das Softwareupdate verbunden mit einer Weiternutzung des Pkw unzumutbar ist. 382. Aus vorstehenden Gründen besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB, denn die Zuwendung ist mit Rechtsgrund erfolgt. 393. Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG besteht nicht. Selbst wenn der für den Kauf des klägerischen Fahrzeugs maßgebliche Prospekt unwahre Angaben enthalten sollte, fehlt es bereits daran, dass ein vorsätzliches Handeln der Beklagten nicht dargelegt ist und eine Zurechnung eines etwaigen vorsätzlichen Handelns des Herstellers der Beklagten nicht zurechenbar ist. Auf die Ausführungen unter 1. aa) kann insoweit verwiesen werden. 404. Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger auch keinen Zinsanspruch aus §§ 288, 286 BGB oder § 291 BGB. Auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten steht ihm nicht zu. 41II. 42Der nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 29.09.2016 gab mangels neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrags keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, § 156 ZPO. 43III. 44Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO. 45Streitwert: 42.111,83 EUR 46Rechtsbehelfsbelehrung: 47Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 481. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 492. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 50Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 51Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen. 52Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 53Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1
2die beklagte betreibt als audi-vertragshändlerin einen gewerblichen kfz-handel mit sitz in ratingen. der kläger erwarb von der beklagten mit kaufvertrag vom 02.01.2014 ein fahrzeug der marke audi q3 suv 2,0 tdi quattro mit der fahrzeug-ident-nummer wauzzz8u8dr107370 zu einem kaufpreis von 44.500,00 eur. bei übergabe wies das fahrzeug einen kilometerstand von 10 km, bei klageerhebung einen kilometerstand von 16.100 km auf. in dem fahrzeug ist ein dieselmotor des typs ea 189 (eu5) verbaut. darüber hinaus ist eine software installiert, die erkennt, ob sich das fahrzeug in einem testzyklus auf dem rollenprüfstand befindet oder nicht. auf dem rollenprüfstand bewirkt die software, dass die gesetzlichen grenzwerte eingehalten werden. so kennt die software zwei verschiedene betriebsmodi, die die abgasrückführung steuern. bei einer prüfung unter laborbedingungen aktiviert die software einen betriebmodus, bei dem die abgasrückführungsrate höher ist und infolgedessen die nox-emissionen, also die freisetzung von stickoxiden, wesentlich niedriger ist als im normalen straßenverkehr. die gesetzlich vorgeschriebenen und im technischen datenblatt aufgeführten abgaswerte werden nur im prüfstandlauf eingehalten, unter realen fahrbedingungen werden die im prüfstand erzielten stickoxidwerte überschritten. im gesamten vw/audi-konzern sind hiervon ca. 2,5 millionen fahrzeuge betroffen, allein bei der marke audi ca. 577.000 in der brd. 3mit anwaltsschreiben vom 09.12.2015 erklärte der kläger den rücktritt vom kaufvertrag und setzte der beklagten eine frist bis zum 29.12.2015, ihm den kaufpreis abzüglich einer nutzungsentschädigung zurückzuzahlen. die fehlende fristsetzung begründete der kläger damit, dass nach dem damals aktuellen stand der berichterstattung die änderung der software des fahrzeugs mit einer erheblichen leistungseinbuße verbunden sein werde, die für ihn die verweisung auf die nacherfüllung unzumutbar mache. gleiches gelte unter dem aspekt, dass erkennbar sei, dass sich die gebrauchtwagenpreise der von dem sogenannten abgasskandal betroffenen fahrzeuge substantiell negativ entwickelten, so dass ein merkantiler minderwert entstehe. dies gelte auch für den fall, dass das fahrzeug nachgebessert werde. 4die beklagte reagierte mit schreiben vom 14.12.2015 und teilte mit, sie habe großes verständnis dafür, dass ihre kunden aufgrund der aktuellen medienberichterstattung über die in den dieselmotoren des typs ea 189 verwandten software besorgt seien. sie nehme die sorge sehr ernst, weise aber auch darauf hin, dass die betroffenen fahrzeuge weiterhin technisch sicher und fahrbereit sowie uneingeschränkt im straßenverkehr nutzbar seien, was das kraftfahrt-bundesamt am 15.10.2015 bestätigt habe. zudem erhielten die fahrzeuge nach abstimmung mit dem kraftfahrt-bundesamt ein technisches update. sie versichere, dass audi mit hochdruck an diesen lösungen arbeite und schnellstmöglich über die geplanten maßnahmen unterrichten werde. in der zwischenzeit bitte sie den kläger um geduld und verständnis dafür, dass audi alle notwendigen schritte mit dem gebotenen tempo, aber auch mit der gründlichkeit angehe, die er jetzt erwarten dürfe. vor diesem hintergrund könne sie der bitte des klägers, das fahrzeug zurückzunehmen, nicht entsprechen. sie verzichte bis zum 31.12.2016 auf die erhebung der verjährungseinrede im hinblick auf etwaige sachmängelhaftungsansprüche wegen der genannten software, soweit etwaige ansprüche bisher nicht verjährt seien. 5die angekündigte software wurde mittlerweile vom hersteller entwickelt und vom kraftfahrt-bundesamt am 21.07.2016 freigegeben. nunmehr muss jedes einzelne fahrzeug vom hersteller für die rückrufaktion in die werkstatt freigegeben werden. hinsichtlich des fahrzeugs des klägers war dies bisher nicht der fall. 6der kläger behauptet: 7für ihn sei das „ökologische gewissen“ (niedriger verbrauch, niedrigste emissionen) kaufentscheidend gewesen. außerhalb des prüfstands würden alle gesetzlich gesetzten grenzwerte mindestens um das 4,7-fache überschritten. damit werde nicht einmal die euro 3 – abgasnorm erreicht und die co2-werte lägen oberhalb der gesetzlichen grenzwerte für die bemessung der kfz-steuer. 8auch stehe fest, dass es technisch unmöglich sei, mit einem softwareupdate die nacherfüllung so durchzusetzen, dass, wie es der gesetzgeber in § 38 abs. 1 bimschg verlange, das fahrzeug beim bestimmungsgemäßen betrieb auf der straße die gesetzlichen grenzwerte tatsächlich einhalte. in einem geschlossenen system führe die veränderung des einen abgaswertes automatisch zu nachteilen bei den anderen werten. werde der nox-wert gesenkt, steige automatisch verbrauch und co2- ausstoß, wenn keine substantiellen leistungseinbußen entstehen sollten. 9auch habe das fahrzeug niemals über eine rechtmäßig erteilte eu-typengenehmigung und die darauf beruhende allgemeine betriebserlaubnis (abe) verfügt. selbst wenn man anderer auffassung sei, sei die abe nach § 19 abs. 1 satz 2 nr. 3 stvzo von gesetzes wegen automatisch erloschen und das fahrzeug nach § 8 fzvzo nicht zulassungsfähig. der bundesverkehrsminister belasse die umweltgefährdenden fahrzeuge ohne ersichtliche ermächtigungsgrundlage gleichwohl im straßenverkehr. dies ändere jedoch nichts an der tatsache, dass das fahrzeug kraft gesetzlicher anordnung nicht am öffentlichen straßenverkehr teilnehmen dürfe. infolgedessen habe er auch keinen gültigen haftpflichtversicherungsschutz, weil dieser voraussetze, dass die betriebserlaubnis nicht erloschen sei. 10der kläger ist der auffassung, eine fristsetzung zur nacherfüllung sei aus den im rücktrittsschreiben genannten gründen unzumutbar. hier gehe es um eine der eklatantesten arglistigen täuschungen eines großkonzerns, was besonders schwer bei einem für die sauberkeit beworbenen diesel wiege, weil die käufergruppe gezielt mit der besonderen umweltverträglichkeit und dem besonderen ökologischen wert beworben worden sei. nun aber werde jeder käufer mit der erkenntnis geplagt, dass er mit einer ausgewiesenen dreckschleuder weit jenseits aller gesetzlichen grenzwerte unterwegs sei und sich deshalb an der verpestung der umwelt wesentlich beteilige, obgleich er mit seiner bewussten kaufentscheidung bewusst das gegenteil habe erreichen wollen. 11der kläger beantragt, 12die beklagte zu verurteilen, an ihn 42.111,83 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 15.12.2015 zu zahlen zug um zug gegen rückgabe des fahrzeugs audi q3 suv 2,0 tdi quattro mit der fahrzeug-ident-nummer wauzzz8u8dr107370, 13die beklagte weiter zu verurteilen, ihm 1.706,94 eur vorgerichtliche rechtsanwaltskosten und –gebühren nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 15.12.2015 zu zahlen. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16die beklagte behauptet: 17nach der nachrüstung träten weder technisch negative folgen noch leistungseinschränkungen des motors ein. 18sie selbst habe erst durch die presseberichterstattung im september 2015 kenntnis von der in der motorsoftware von ea1 189 – motoren zum einsatz kommenden umschaltsoftware erhalten. 19auch hätten die betroffenen fahrzeuge nicht an wert verloren. vielmehr sei das gegenteil zu beobachten. 20die beklagte ist überdies der auffassung, es handele sich vorliegend um einen unerheblichen mangel im kaufrechtlichen sinn, denn die nachrüstung koste den hersteller bei einem 2,0 liter- hubraum weniger als 100,00 eur und bedeute für den kläger den aufwand von einer stunde wartezeit. ein rücktritt vom kaufvertrag sei aber ausgeschlossen, wenn die kosten seiner beseitigung im verhältnis zum kaufpreis gering seien. dies sei – wie hier – der fall, wenn die mängelbeseitigungskosten ein prozent des kaufpreises nicht überstiegen. 21zur ergänzenden darstellung des sach- und streitstands wird auf die von den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 22
23die klage ist unbegründet. 24i. 25der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf rückzahlung des kaufpreises in höhe von 44.500,00 eur abzüglich gezogener nutzungen zug um zug gegen rückgabe des pkw audi q3 suv 2,0 tdi quattro, und zwar weder aus §§ 346 abs. 1, 348 bgb i.v.m. §§ 437 nr. 2, 440, 323 bgb noch aus sonst einem rechtsgrund. 261. der kläger hat gegen die beklagte keinen rückzahlungsanspruch aus §§ 346 abs. 1, 348 bgb i.v.m. §§ 437 nr. 2, 440, 323 bgb. 27dabei kann die kammer offen lassen, ob die manipulation der abgaswerte durch eine software des herstellers einen mangel des fahrzeugs im sinne von § 434 bgb begründet. denn dem rücktritt steht bereits entgegen, dass der kläger der beklagten keine nach §§ 323 abs. 1, 440 bgb erforderliche frist zur nacherfüllung gesetzt hat. zwar enthält das anwaltsschreiben vom 09.12.2015 an die beklagte eine fristsetzung, diese bezieht sich aber nicht auf die nacherfüllung, sondern auf die rückzahlung des kaufpreises zug um zug gegen rücknahme des pkw. 28eine fristsetzung zur nacherfüllung war entgegen der auffassung des klägers nicht entbehrlich. 29a) nach § 323 abs. 2 nr. 1 bgb ist die fristsetzung entbehrlich, wenn der schuldner die leistung ernsthaft und endgültig verweigert. dies hat die beklagte zu keinem zeitpunkt getan. dass sie vor ausspruch des rücktritts des klägers mit anwaltsschreiben vom 09.12.2015 nicht bereit gewesen wäre, hinsichtlich der manipulations-software nachzuerfüllen, ist schon deshalb nicht ersichtlich, als der kläger, der eine nacherfüllung für nicht zumutbar hält, den rücktritt erklärt hat, ohne die beklagte zuvor zur nacherfüllung aufgefordert zu haben. dass die beklagte zur nacherfüllung bereit gewesen wäre, ergibt sich aus ihrem schreiben vom 14.12.2015. in diesem hat die beklagte dem kläger unmissverständlich mitgeteilt, dass das fahrzeug nach abstimmung mit dem kraftfahrt-bundesamt ein technisches update erhalte, an dem audi mit hochdruck arbeite. 30b) auch die voraussetzungen des § 440 satz 1 alt. 3 bgb liegen nicht vor. danach bedarf es außer in den fällen des § 281 abs. 2 und § 323 abs. 2 bgb der fristsetzung unter anderem auch dann nicht, wenn dem käufer die nacherfüllung unzumutbar ist. dabei ist die unzumutbarkeit der nacherfüllung – im gegensatz zu den besonderen umständen, die unter abwägung der beiderseitigen interessen die sofortige geltendmachung von sekundärrechten rechtfertigen (§§ 281 abs. 2 alt. 2, 323 abs. 2 nr. 3 bgb) – allein aus der perspektive des käufers zu bestimmen und kann sich aus der person des verkäufers, der art der mangelhaftigkeit sowie den mit der nacherfüllung verbundenen begleitumständen ergeben (faust in beck´scher online-kommentar bgb, bamberger/roth, stand 01.08.2014, § 440 rdnr. 36 - 39). bei wertender betrachtung der einzelfallumstände kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass dem kläger eine fristsetzung und ein abwarten der von der beklagten in aussicht gestellten nacherfüllung im maßgeblichen zeitpunkt der rücktrittserklärung unzumutbar war. hieraus folgt zugleich, dass eine fristsetzung auch nach der allgemeinen vorschrift des § 323 abs. 2 nr. 3 bgb nicht entbehrlich war. 31aa) der kläger beruft sich ohne erfolg darauf, dass ihm eine fristsetzung zur nacherfüllung nicht zumutbar gewesen sei, weil ihn die audi ag arglistig getäuscht habe und die beklagte sich diese arglistige täuschung zurechnen lassen müsse. 32zwar ist dem kläger zuzustimmen, dass im fall einer vom verkäufer bei abschluss eines kaufvertrags begangenen täuschungshandlung in der regel die für eine nacherfüllung erforderliche vertrauensgrundlage beschädigt ist und keine veranlassung besteht, dem verkäufer nach entdecken des mangels durch den käufer eine zweite chance zu gewähren (vgl. bgh njw 2007, 835; bgh njw 2008, 1371). ob vorliegend von einer täuschungshandlung auszugehen ist, kann aber offen bleiben, denn dass die beklagte von der manipulations-software vor und bei abschluss des kaufvertrags am 02.01.2014 wusste und diese dem kläger verschwieg, ist nicht ersichtlich und wird vom kläger auch nicht dargetan. vielmehr hat die beklagte unwidersprochen vorgetragen, von der manipulations-software erst im september 2015 über die medienberichterstattung erfahren zu haben. ein zeitlich früheres wissen der audi ag muss sich die beklagte nicht zurechnen lassen. die audi ag ist als hersteller nicht erfüllungsgehilfe der beklagten gemäß § 278 bgb (vgl. bgh njw 2014, 2183). die audi ag war in keiner weise am zustandekommen des streitgegenständlichen kaufvertrags beteiligt und konnte auf diesen keinen einfluss nehmen. die beklagte handelte im eigenen namen und auf eigene rechnung und ist eine rechtlich unabhängige juristische person ohne gesellschaftsrechtliche oder personelle verpflichtungen mit der audi ag bzw. dem vw konzern. allein der umstand, dass die beklagte – wie in der mündlichen verhandlung erörtert, lediglich unter anderem – audi-vertragshändlerin ist, begründet kein besonderes vertrauens- oder näheverhältnis, das eine wissenszurechnung rechtfertigen würde. als selbstständiger vertragshändler ist sie kein handelsvertreter, sondern ein eigenständiges absatzorgan. 33bb) besondere umstände, die zu einem sofortigen rücktritt vom vertrag ohne vorherige fristsetzung zur nacherfüllung berechtigen, ergeben sich hier auch nicht aus dem erheblichen vorlauf, den die beklagte für die angekündigte rückrufaktion und die nachbesserung der motorsoftware benötigt. 34zum einen liegt für den käufer auf der hand, dass sich eine solche umfassende rückrufaktion und auch die entwicklung einer software, die noch vom kraftfahrt-bundesamt zu genehmigen ist, nicht innerhalb weniger wochen realisieren lässt. von daher ergibt sich eine unzumutbarkeit nicht aus dem umstand, dass die beklagte im zeitpunkt der erklärung des rücktritts im dezember 2015 einen nacherfüllungstermin nicht benennen konnte und ein rückruftermin selbst im zeitpunkt der mündlichen verhandlung noch nicht mitgeteilt worden ist. der kläger war und ist nach wie vor in der lage, das fahrzeug bis zur rückrufaktion ohne für ihn spürbare funktionelle beeinträchtigungen weiter zu nutzen und auch ist keine stilllegung des fahrzeugs durch das kraftfahrt-bundesamt bis zum rückruftermin zu befürchten. ebenfalls haltlos ist die befürchtung des klägers, er genieße keinen haftpflichtversicherungsschutz. dass seine haftpflichtversicherung auf diesem standpunkt steht, hat er nicht dargetan. 35zum anderen kann sich der kläger auch nicht mit erfolg darauf berufen, der erhebliche vorlauf sei ihm nicht zuzumuten, weil im dezember 2015 erkennbar gewesen sei, dass sich die gebrauchtwagenpreise der von dem sogenannten abgasskandal betroffenen fahrzeuge substantiell negativ entwickelten, so dass ein merkantiler minderwert entstehe, was auch für den fall der nachbesserung gelte. die kammer verkennt nicht, dass für die beurteilung der zumutbarkeit allein die perspektive des klägers im dezember 2015 maßgeblich ist, so dass es auf die behauptung der beklagten, mittlerweile stehe fest, dass die von der manipulationssoftware betroffenen fahrzeuge nicht an wert verloren hätten, es sei sogar das gegenteil zu beobachten, nicht ankommt. dass die berichterstattung der medien im dezember 2015 den kläger nach seinem vortrag befürchten ließ, er werde bei weiterem zuwarten auf die nacherfüllung durch die beklagte einen merkantilen wertverlust seines fahrzeugs hinnehmen müssen, rechtfertigt es nicht, davon auszugehen, eine fristsetzung zur nacherfüllung sei unzumutbar. denn aufgrund des von der beklagten erklärten verjährungsverzichts wären dem kläger, dessen kaufrechtliche gewährleistungsansprüche gemäß § 438 abs. 1 nr. 3 bgb mit ablauf des 02.01.2016 verjährt gewesen wären, keine rechtsnachteile entstanden, hätte er der beklagten die gelegenheit gegeben, bis dahin den von ihm behaupteten mangel abzustellen. hätte sich bis zum 31.12.2016 herausgestellt, dass die beklagte zur nacherfüllung nicht in der lage gewesen wäre, hätte er den rücktritt dann immer noch erklären und die rücknahme seines fahrzeugs erwirken können mit der folge, dass er einen merkantilen minderwert nicht hätte tragen müssen. anders läge der fall nur, wenn das fahrzeug des klägers trotz erfolgreicher nacherfüllung dennoch mit einem merkantilen minderwert behaftet wäre. warum das der fall sein soll, wird vom kläger behauptet, aber weder plausibel noch mit substanz dargelegt, weshalb auch seinen diesbezüglichen beweisangeboten nicht nachzugehen war. 36cc) ebenfalls ohne erfolg beruft sich der kläger darauf, der mangel an seinem fahrzeug werde sich durch ein softwareupdate nicht beheben lassen, sondern es verbleibe bei einem höheren verbrauch, bei höheren co2-werten, einer vermehrten rußbildung und einem schnelleren defekt des rußpartikelfilters als folge, denn werde in der software ein wert verändert, änderten sich andere abgaswerte gleichermaßen nachteilig mit ab. ob die nacherfüllung tatsächlich erfolglos sein würde mit der folge der stilllegung seines fahrzeugs, konnte der kläger im dezember 2015 nicht sicher beurteilen. von daher war er aufgrund des geltenden grundsatzes des „vorrangs der nacherfüllung“ zunächst gehalten, sich auf diese einzulassen und abzuwarten, ob diese erfolgreich ist – wofür im übrigen der umstand spricht, dass das kraftfahrt-bundesamt am 21.07.2016 bestätigt hat, dass sich keine der vom kläger behaupteten negativen auswirkungen ergeben haben. dies gilt auch vor dem hintergrund, dass es im ermessen des verkäufers steht, mit welchen mitteln und auf welchem wege er die nacherfüllung durchführt (olg celle, urteil vom 19.12.2012 – 7 u 103/12 – beckrs 2013, 01303). sollten die behauptungen des klägers nach dem rückruftermin tatsächlich zutreffen und die nacherfüllung erfolglos verlaufen, was auch dann der fall wäre, wenn die mangelbeseitigung gleichzeitig andere mängel am fahrzeug hervorrufen würde, stehen dem kläger dann, aber eben erst nach erfolglosigkeit der nacherfüllungsbemühungen gegebenenfalls gewährleistungsrechte gegen die beklagte zu. 37dd) auch soweit der kläger vorträgt, maßgeblicher grund für den kauf des fahrzeugs sei für ihn aufgrund seines „ökologischen gewissens“ gewesen, dass es als besonders umweltschonend gegolten habe, begründet dies keine unzumutbarkeit, der beklagten ihr recht zur nacherfüllung zu gewähren. abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass die eigenschaft des fahrzeugs als „umweltschonend“ zum gegenstand einer beschaffenheitsvereinbarung zwischen den parteien im sinne des § 434 abs. 1 satz 1 bgb gemacht worden ist, und die kammer auch zweifel hegt, ob für den käufer eines 177 ps-starken suv der umweltaspekt tatsächlich derart im vordergrund steht, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der beanstandete höhere stickstoffausstoß im straßenbetrieb für den kläger eine so große und unerträgliche beeinträchtigung darstellt, dass ihm ein abwarten auf das softwareupdate verbunden mit einer weiternutzung des pkw unzumutbar ist. 382. aus vorstehenden gründen besteht auch kein anspruch des klägers auf herausgabe des kaufpreises aus § 812 abs. 1 satz 1 alt. 1 bgb, denn die zuwendung ist mit rechtsgrund erfolgt. 393. auch ein anspruch aus § 823 abs. 2 bgb i.v.m. § 16 uwg besteht nicht. selbst wenn der für den kauf des klägerischen fahrzeugs maßgebliche prospekt unwahre angaben enthalten sollte, fehlt es bereits daran, dass ein vorsätzliches handeln der beklagten nicht dargelegt ist und eine zurechnung eines etwaigen vorsätzlichen handelns des herstellers der beklagten nicht zurechenbar ist. auf die ausführungen unter 1. aa) kann insoweit verwiesen werden. 404. mangels hauptanspruchs hat der kläger auch keinen zinsanspruch aus §§ 288, 286 bgb oder § 291 bgb. auch ein anspruch auf erstattung vorgerichtlicher rechtsanwaltskosten steht ihm nicht zu. 41ii. 42der nachgelassene schriftsatz des klägers vom 29.09.2016 gab mangels neuen entscheidungserheblichen tatsachenvortrags keinen anlass, die mündliche verhandlung wieder zu eröffnen, § 156 zpo. 43iii. 44die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 satz 1 und 2 zpo. 45streitwert: 42.111,83 eur 46rechtsbehelfsbelehrung: 47gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 481. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 492. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 50die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht düsseldorf, cecilienallee 3, 40474 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 51die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht düsseldorf zu begründen. 52die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 53mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Verklagte*r
0
182,224
S 24 KR 478/13
"2014-03-14T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013 unter Anrechnung des in dem Zeitraum vom 15.03.2013 bis 30.09.2013 vorläufig gezahlten Krankengeldes zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld streitig. 3Der am 00.00.1967 geborene Kläger war bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld freiwillig krankenversichert. Am 02.04.2012 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Nach Beendigung der Entgeltfortzahlung gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25.05.2012 Krankengeld ab dem 14.05.2012. In ihrem Bescheid wies sie den Kläger darauf hin, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachzuweisen sei. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete zum 30.09.2012. 4Dr. N-E führte in einem für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erstellten Gutachten vom 06.06.2012 aus, dass wegen einer depressiven Episode weiterhin Arbeitsunfähigkeit beim Kläger bestehe und eine psychiatrische Therapie erforderlich sei. In einem Folgegutachten vom 17.10.2012, das ebenfalls nach einer körperlichen Untersuchung des Klägers erstellt wurde, führte Dr. N-E aus, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen einer rezidivierenden depressiven Episode und des Verdachts auf eine Persönlichkeitsstörung als erheblich gefährdet anzusehen sei. Sie schlug eine erneute Vorlage oder Nachuntersuchung mit Psychotherapiebericht und fachpsychiatrischem Befund in drei Monaten vor. 5Am 16.11.2012 bescheinigte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Q die Arbeitsunfähigkeit bis Sonntag, den 02.12.2012. Am Montag, den 03.12.2012 bescheinigte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. N1 die Arbeitsunfähigkeit bis zum 04.01.2013. Für die Zeit vom 07.01.2013 bis zum 31.10.2013 wurde die Arbeitsunfähigkeit von Dr. Q und Frau Dr. N1 bescheinigt. Eine von Frau Dr. N1 mit Datum vom 30.11.2012 versehene, für die Zeit vom 30.11.2012 bis 04.01.2013 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ging am 11.01.2013 bei der Beklagten ein. Der Kläger wurde wegen der Diagnose einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome vom 19.09.2013 bis 03.10.2013 stationär im Klinikum I behandelt. 6Mit Bescheid vom 08.01.2013 stellte die Beklagte den Krankengeldbezug rückwirkend zum 02.12.2012 mit der Begründung ein, dass wegen der nicht durchgehend bescheinigten Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Krankengeld mehr bestehe. Die freiwillige Mitgliedschaft werde ab dem 03.12.2012 beitragspflichtig fortgeführt. Hierauf teilte der Kläger mit, dass er sich bei seinen Ärzten um einen Termin vor dem 02.12.2012 bemüht habe, er aber einen früheren Termin nicht bekommen habe. 7Mit Bescheid vom 16.01.2013 teilte die Beklagte mit, dass der Bescheid vom 08.01.2013 als gegenstandslos betrachtet werden solle. Sie habe die freiwillige Versicherung aufgrund des Krankengeldbezuges versehentlich über den 02.12.2012 hinaus beitragsfrei fortgeführt. Im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne Rechtsfolgen zahle sie daher noch bis zum 19.01.2013 Krankengeld an den Kläger aus. 8Mit Bescheid vom 06.02.2013 setzte die Beklagte auch im Namen der Beigeladenen die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 20.01.2013 nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage fest. 9Mit Bescheid vom 20.02.2013 wurden offene Beiträge, Mahngebühren und Säumniszuschläge für die Zeit vom 20.01.2013 bis 31.01.2013 in Höhe von insgesamt 57,10 EUR geltend gemacht. Mit weiterem Bescheid vom 20.03.2013 forderte die Beklagte offene Beiträge, Mahngebühren und Säumniszuschläge für die Zeit vom 01.02.2013 bis 28.02.2013 in Höhe von 157,32 EUR. 10Gegen die Bescheide vom 06.02.2013 und 20.02.2013 legte der Kläger am 05.03.2013 Widerspruch ein. Mit weiterem Widerspruch vom 12.03.2013 wandte er sich gegen die Bescheide vom 08.01.2013 und 16.01.2013. Am 22.04.2013 erfolgte auch ein Wider-spruch gegen den Bescheid vom 20.03.2013. 11Am 15.03.2013 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Detmold im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: S 24 KR 104/13 ER) zum einen die Verpflichtung der Beklagten, ihm ab dem 20.01.2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, solange die Leistungsvoraussetzungen vorliegen, Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen und zum anderen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 06.02.2013 anzuordnen. Wegen der vom 30.11.2012 datierenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. N1 sei die Arbeitsunfähigkeit nahtlos festgestellt. 12Mit Beschluss vom 12.04.2013 verpflichtete das Sozialgericht Detmold die Beklagte dazu, dem Kläger für die Zeit vom 15.03.2013 bis 14.07.2013 vorläufig Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, längstens jedoch bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 16.01.2013 und nur, solange die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Es ordnete außerdem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 06.02.2013 an. Den weitergehenden Antrag lehnte das Sozialgericht ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Versicherungsverhältnis des Klägers über das Ende seines Beschäftigungsverhältnisses am 30.09.2012 fortbestanden habe, weil keiner der Beendigungsfälle des § 191 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vorgelegen habe. Die Regelung des § 192 SGB V sei weder unmittelbar noch analog auf freiwillige Mitglieder anwendbar. Weder aus dem Gesetz noch aus der Satzung der Beklagten ergebe sich, dass der Anspruch auf Krankengeld entfalle, wenn während des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis ende. In § 44 Abs. 2 SGB V seien die vom Krankengeldanspruch ausgeschlossenen Versicherten abschließend aufgeführt, der Kläger gehöre nicht dazu. Der geltend gemachte Anspruch sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger durch die Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.10.2012 keine Einkommenseinbuße erlitten habe. Das Lohnersatzprinzip des Krankengeldes habe nämlich im Gesetz nur einen unvollständigen Ausdruck gefunden. In § 44 Abs. 1 SGB V werde ein krankheitsbedingter Einkommensausfall als Voraussetzung des Krankengeldanspruchs nicht genannt. Aus den Vorschriften über die Höhe und die Berechnung des Krankengeldes (§§ 47, 47b SGB V) könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht gefolgert werden, dass der Entgeltbezug bis unmittelbar an die Arbeitsunfähigkeit herangereicht haben oder dass gar die Arbeitsunfähigkeit kausal für den Ausfall des Arbeitsentgelts gewesen sein müsse. Doch selbst wenn man davon ausginge, dass auch bei freiwillig Versicherten, deren Beschäftigungsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit ende, eine nahtlose Kette von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen müsse, bestünde gleichwohl ein Anspruch auf Krankengeld. Insofern stelle das Gutachten von Dr. N-E vom 17.10.2012 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Dauer von mindestens drei Monaten dar. 13Gegen diesen Beschluss legten der Kläger und die Beklagte Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen ein. Der Kläger begehrte die vorläufige Zahlung von Krankengeld für die Zeiträume vom 20.01.2013 bis 14.03.2013 und vom 15.07.2013 bis 01.10.2013. Die Beklagte wandte sich gegen ihre vorläufige Verpflichtung zur Zahlung von Krankengeld. Zur Begründung ihres Antrags führte sie aus, dass der Krankengeldanspruch für den Kläger nicht realisierbar sei, da sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein tatsächlich auszuzahlender Krankengeldanspruch in Höhe von 0,00 EUR ergebe. Dies folge aus der Tatsache, dass mangels Beschäftigungsverhältnis weder regelmäßiges Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen erzielt werde, das der Krankengeldberechnung zu Grunde gelegt werden könne. Auch habe der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit nicht mit der erforderlichen Nahtlosigkeit nachgewiesen. Dieser Nachweis ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten der Ärztin Dr. N-E vom 17.10.2012. In dem Gutachten seien keine konkreten Angaben zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit enthalten, insbesondere sei kein Zeitraum genannt. Die Angabe einer Wiedervorlagefrist von drei Monaten habe der internen Abstimmung zwischen ihr und dem MDK gedient. Eine weitere sozialmedizinische Prüfung durch den MDK sollte danach nur dann erfolgen, wenn bis dahin weiter Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden würde. 14Mit Beschluss vom 12.08.2013 verpflichtete das LSG Nordrhein-Westfalen die Beklagte, dem Kläger auch für die Zeit vom 15.07.2013 bis 30.10.2013 vorläufig Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, längstens jedoch bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 16.01.2013 und nur, solange die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Im Übrigen wies das LSG Nordrhein-Westfalen die Beschwerde des Klägers zurück. Die Beschwerde der Beklagten wurde zurückgewiesen. 15Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 03.09.2013 mit, dass der Krankengeldbezug wegen des Ablaufs der Höchstbezugsdauer am 30.09.2013 enden werde. Dagegen legte der Kläger am 17.09.2013 Widerspruch ein. Einen am 16.09.2013 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem die vorläufige Zahlung von Krankengeld über den 30.09.2013 hinaus begehrt wurde, lehnte das Sozialgericht Detmold mit Beschluss vom 30.09.2013 ab (Az.: S 24 KR 476/13 ER). Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Krankengeldhöchstbezugsdauer am 30.09.2013 erreicht sei. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom LSG Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 22.01.2014 als unzulässig verworfen, weil die Beschwerdefrist nicht eingehalten worden war. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.09.2013 wies die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 17.01.2014 als unbegründet zurück. 16Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 hatte die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 24 KR 104/13 ER. 17Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 25.07.2013 erhobenen Klage. Er begehrt zum einen die endgültige Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013, zum anderen wendet er sich gegen die Beitragserhebung zur Kranken- und Pflegeversicherung für diesen Zeitraum und die darauf beruhenden Mahnbescheide. 18Der Kläger beantragt, 19die Bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013 unter Anrechnung des in dem Zeitraum vom 15.03.2013 bis 30.09.2013 vorläufig gezahlten Krankengeldes zu gewähren. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Sie ist der Ansicht, dass die angefochtenen Bescheide der Sach- und Rechtslage entsprächen und daher nicht zu beanstanden seien. Sie verweist auf ihre Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013. 23Das Gericht hat mit Beschluss vom 10.03.2014 die Pflegekasse der Beklagten zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene stellt keinen Antrag. 24Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Detmold S 24 KR 104/13 ER und S 24 KR 476/13 ER. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist zulässig. 27Insbesondere ist das Vorverfahren gemäß § 78 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ordnungsgemäß durchgeführt worden. Zwar hat der Kläger gegen den Bescheid vom 16.01.2013 erst am 12.03.2013 und damit außerhalb der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch erhoben. Der Bescheid enthielt jedoch keine Rechtsbehelfsbelehrung, so dass die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG galt, die im Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung noch nicht abgelaufen war. 28Die Klage ist auch begründet. 29Die angefochtenen Bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013, wobei das vorläufig an ihn ausgezahlte Krankengeld anzurechnen ist. Die Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und darauf beruhenden Mahn- und Säumniskosten ist zudem zu Unrecht erfolgt. 30Streitgegenstand der Klage sind die Bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2013. Der Bescheid vom 08.01.2013 ist durch den Bescheid vom 16.01.2013 ausdrücklich aufgehoben worden. Er ist damit gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht mehr wirksam. Der Bescheid vom 03.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2014 ist ebenfalls nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Er ist insbesondere nicht gemäß § 96 SGG einzubeziehen. Nach dieser Vorschrift wird ein neuer Verwal-tungsakt nach Klageerhebung nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Abändern oder Ersetzen setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden Verwaltungsakts mit dem des früheren identisch ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 96 Rn. 4a). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Mit dem Bescheid vom 16.01.2013 wurde das Krankengeld wegen einer vermeintlichen Lücke in der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit zum 19.01.2013 eingestellt. Mit dem Bescheid vom 03.09.2013 wurde die Zahlung von Krankengeld über den 30.09.2013 hinaus mit dem Hinweis auf das Erreichen der Höchstanspruchsbezugsdauer nach § 48 Abs. 1 SGB V abgelehnt. Insofern liegt ein anderer Streitstoff vor. 31Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 20.01.2013 bis 30.09.2013. 32Gemäß § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld besteht bei einer Krankenhausbehandlung oder Be-handlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an (§ 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Der maßgebliche Bezugspunkt für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich dabei aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des gesetzlichen Tatbestandes, nach dem der Krankengeldanspruch entsteht. Dieses Versicherungsverhältnis bestimmt nicht nur, ob eine Versicherung mit Krankengeldanspruch besteht, sondern bildet auch den Maßstab der Arbeitsunfähigkeit (BSG Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R -, juris Rn. 12). 33Der Kläger blieb auch nach dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses (30.09.2012) Mitglied der Beklagten. Das Ende der Mitgliedschaft freiwilliger Mitglieder richtet sich nach § 191 SGB V. Danach endet die freiwillige Mitgliedschaft mit dem Tod des Mitglieds (Nr. 1), mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft (Nr. 2) oder mit dem Wirksamwerden der Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft nach § 175 Abs. 4 SGB V (Nr. 3). Keiner dieser drei Fälle liegt hier vor. Die Regelung des § 191 SGB V ist auch abschließend (Peters, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 80. EL, 2013, § 191 SGB V Rn. 4). 34Auf die Regelung des § 192 SGB V kommt es dabei nicht an. Dort ist das Fortbestehen der Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Mitglieder geregelt. Die Vorschrift ist nicht, auch nicht entsprechend auf die Mitgliedschaft der freiwilligen Mitglieder anwendbar (Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand: 79 EL, 11/2012, § 192 SGB V Rn. 3). Eine Analogie scheitert an der erforderlichen Regelungslücke. Denn der Zweck der Regelung des § 192 SGB V besteht darin, die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Personen noch für eine gewisse Zeit über das eigentliche Ende der Mitgliedschaft hinaus fortbestehen zu lassen. Eine solche Regelung ist aber für freiwillige Mitglieder nicht erforderlich, weil ihre Mitgliedschaft nicht an das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses geknüpft ist. Für freiwillige Mitglieder gibt es daher keine § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V entsprechende Regelung. 35Dass der Krankengeldanspruch von freiwilligen Mitgliedern entfällt, wenn - wie hier - während des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis endet, ergibt sich weder aus dem SGB V noch aus der Satzung der Beklagten. In § 44 Abs. 2 SGB V sind die vom Krankengeldanspruch ausgeschlossenen Versicherten abschließend aufgeführt, der Kläger gehört nicht dazu. Auch in der Satzung der Beklagten finden sich keine Regelungen dazu, dass der Krankengeldanspruch für freiwillige Mitglieder vom Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses abhängig wäre. 36Der geltend gemachte Anspruch ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger durch die Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.10.2012 keine Einkommenseinbuße erlitten hat. Nach seiner Zweckbestimmung soll das Krankengeld zwar einen krankheitsbedingten Ausfall von Arbeitsentgelt ausgleichen, erfüllt also seine Funktion nur, wenn infolge der Arbeitsunfähigkeit Lohn oder Lohnersatzleistungen weggefallen sind (vgl. Brandts, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 80. EL, 2013, § 44 SGB V Rn. 2 m.w.N.). Das war hier ab dem 01.10.2012 nicht mehr der Fall, da das Arbeitsverhältnis am 30.09.2012 geendet hatte. Dennoch steht dies dem Klagebegehren nicht entgegen. 37Denn das Lohnersatzprinzip des Krankengeldes hat im Gesetz nur einen unvollständigen Ausdruck gefunden. In § 44 Abs. 1 SGB V wird ein krankheitsbedingter Einkommensausfall als Voraussetzung des Krankengeldanspruchs nicht genannt. Aus den Vorschriften über die Höhe und die Berechnung des Krankengeldes (§§ 47, 47b SGB V) kann lediglich entnommen werden, dass vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Sinne der §§ 14, 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bezogen worden sein muss, an das für die Festsetzung angeknüpft werden kann. Fehlt es daran, so besteht auch dann kein Leistungsanspruch, wenn das bestehende Versicherungsverhältnis an sich einen Krankengeldanspruch mit umfasst (vgl. BSG Urteil vom 14.02.2001 - B 1 KR 1/00 R -, juris Rn. 20). Aus der Wendung in § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V, für die Be-rechnung des Regelentgelts sei auf das "im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum" erzielte Arbeitsentgelt abzustellen, kann indessen nicht gefolgert werden, dass der Entgeltbezug bis unmittelbar an die Arbeitsunfähigkeit herangereicht haben oder dass gar die Arbeitsunfähigkeit kausal für den Ausfall des Arbeitsentgelts gewesen sein muss (vgl. dazu und im Folgenden BSG Urteil vom 07.05.2002 - B 1 KR 10/02 R -, www.sozialgerichtsbarkeit.de und BSG Urteil vom 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R -, juris Rn. 19 f.). 38Dementsprechend hat das BSG in der Vergangenheit der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes nur bei dessen (erstmaliger) Berechnung Bedeutung beigemessen; für die Entstehung des Anspruchs und für das weitere Schicksal eines einmal entstandenen Krankengeldanspruchs sollte es dagegen auf diesen Gesichtspunkt nicht mehr ankommen, so dass Krankengeld auch zu gewähren war, wenn durch die Arbeitsunfähigkeit kein Lohnausfall herbeigeführt werden konnte (BSG Urteil vom 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R -, juris Rn. 20; BSG Urteil vom 27.11.1990 - 3 RK 6/88 -, juris Rn. 25 f.). Mit der Neuordnung des Leistungsrechts im SGB V hat der Gesetzgeber durch die Regelungen in § 19 und § 48 Abs. 2 SGB V den Krankengeldanspruch zwar enger an den Bestand des jeweiligen Beschäftigungs- und Versicherungsverhältnisses gebunden und damit auch das Lohnersatzprinzip des Krankengeldes stärker betont. Daraus allein kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Krankengeldberechtigung nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach von einem konkret nachweisbaren Lohnausfall abhängig ist. Eine ausdrückliche Einschränkung in diesem Sinne sah § 47a SGB V in der bis zum 21.06.2000 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 12.12.1996 (BGBl. I, S. 1859) für den Anspruch auf zusätzliches Krankengeld beim Ausfall einmalig gezahlten Arbeitsentgelts vor. Die §§ 44 und 47 SGB V enthalten dagegen eine solche Einschränkung nicht. Aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes lässt sich daher die Forderung nach einer durch die Arbeitsunfähigkeit verursachten Einkommenseinbuße als weiterer (ungeschriebener) Voraussetzung des Krankengeldanspruchs nicht ableiten (BSG Urteil vom 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R -, juris Rn. 20). 39In einer jüngsten Entscheidung hat das BSG erneut betont, dass der Ausfall von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nur bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit von Bedeutung sei. Für den Fortbestand des Krankengeldanspruches sei es dagegen nicht mehr erforderlich, dass der freiwillig Versicherte seine Tätigkeit aufrecht erhalte. Der Gesetzgeber habe der Berechnung des Krankengeldes die Bezugs- bzw. Referenzmethode bewusst zugrunde gelegt, die - im Gegensatz zum Lohnausfallprinzip - unberücksichtigt lasse, wie sich das Arbeitsentgelt außerhalb des Bezugs- bzw. des Bemessungszeitraums, insbesondere nach Eintritt des Leistungsfalles, entwickele. Es komme dementsprechend nach der gesetzlichen Konzeption während des Krankengeldbezugs nicht darauf an, dass der Versicherte ohne die eingetretene Arbeitsunfähigkeit die bisherige Erwerbstätigkeit fortsetzen könne. Aus den §§ 49 ff. SGB V gehe nicht hervor, dass dem Versicherten nach Entstehung des Krankengeldanspruchs die wirtschaftliche und die gesundheitliche Möglichkeit verbleiben müsse, seine bisherige Tätigkeit fortzusetzen. Dies entspreche auch dem Schutzzweck des Krankengeldes (BSG Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 4/12 R -, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung und ihrer überzeugenden Begründung an. 40Doch selbst wenn man - der Argumentation der Beklagten folgend - davon ausginge, dass bei freiwillig Versicherten, deren Beschäftigungsverhältnis während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit endet, eine nahtlose Kette von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen müsse, bestünde gleichwohl ein Anspruch auf Krankengeld über den 02.12.2012 und 04.01.2013 hinaus bis zum 30.09.2013. 41Denn die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V muss nach der Rechtsprechung des BSG nicht zwingend durch einen Vertragsarzt oder den behandelnden Arzt mit einer vertragsärztlichen Bescheinigung nach den gemäß § 5 Abs. 1 oder § 6 Abs. 1 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie - AU-RL -) dafür vorgesehenen Vordrucken (Muster Nr. 1 bzw. 17) erfolgen. Auch eine einzige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kann einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen und weitere Meldungen der Arbeitsunfähigkeit entbehrlich machen (BSG Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R -, juris Rn. 13; BSG Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R -, juris Rn. 15). Mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender Arbeitsunfähigkeit sollen beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten. Missbrauch und praktische Schwierigkeiten stehen dagegen nicht in Rede, wenn die Krankenkasse pflichtgemäß die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK überprüft (vgl. BSG Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R -, juris Rn. 15; BSG Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R -, juris Rn. 15). 42Das ist hier geschehen. Dr. N-E vom MDK hatte in einem sozialmedizinischen Gutachten vom 17.10.2012 nach einer körperlichen Untersuchung des Klägers und Auswertung von Fremdbefunden mitgeteilt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen einer rezidivierenden depressiven Episode und des Verdachts auf eine Persönlichkeitsstörung als erheblich gefährdet einzustufen sei. Die MDK-Ärztin schlug eine Nachuntersuchung oder eine erneute Vorlage in drei Monaten vor. Die Beklagte musste anhand der von Dr. N-E erhobenen Befunde und ihrer sozialmedizinischen Einschätzung annehmen, dass der Kläger mindestens für die nächsten drei Monate ab dem 17.10.2012, und damit auch über den 02.12.2012 und 04.01.2013 hinaus, arbeitsunfähig sein würde. Dafür spricht auch, dass sich bereits nach Vorlage des ersten sozialmedizinischen Gutachtens von Dr. N-E vom 06.06.2012 eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit des Klägers abzeichnete. Die Beklagte verzichtete auch in der Folge darauf, die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ein drittes Mal durch den MDK überprüfen zu lassen. 43Die Beklagte kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, dass die von Dr. N-E im Gutachten vom 17.10.2012 empfohlene Wiedervorlagefrist von drei Monaten lediglich der internen Abstimmung zwischen ihr und dem MDK gedient habe und dass insofern eine weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch die Ärzte des Klägers erforderlich gewesen sei. Anlass und Zweck einer ärztlichen Äußerung zur Arbeitsunfähigkeit sind nämlich unerheblich. Es ist ausreichend, wenn der Arzt feststellt, dass der Versicherte krank ist und deshalb weder seine letzte noch eine ähnliche Tätigkeit verrichten kann (BSG Urteil vom 24.02.1976 - 5 RKn 26/75 -, juris Rn. 15). Das hat Dr. N-E hier getan. Sie hat zwar keinen konkreten Zeitraum genannt, für den Arbeitsunfähigkeit bestehen sollte, sie hat aber auch andererseits das weitere Bestehen der Arbeitsunfähigkeit zeitlich nicht begrenzt. Sie hat durch die Empfehlung einer Wiedervorlage in drei Monaten vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass eine Arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten drei Monate jedenfalls nicht zu erwarten war, zumal die Psychotherapie des Klägers erst kurz vor der Untersuchung am 17.10.2012 begonnen hatte. Das Verständnis der Beklagten vom MDK-Gutachten als einem rein verwaltungsinternen Vorgang widerspricht auch dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Denn § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V statuiert gerade kein formalisiertes Verfahren für die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit, sondern lässt jede ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit genügen (vgl. Brandts, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 80. EL, 2013, § 46 SGB V Rn. 10 f.; Tischler, in: Beck&700;scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.12.2013, § 46 SGB V Rn. 16, jeweils m.w.N.). Die Krankenkasse kann bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten auch eine körperliche Untersuchung durch den MDK anordnen (vgl. § 62 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -; § 275 Abs. 1 Nr. 3 b), Abs. 1a) SGB V). Wenn aber - wie hier geschehen - die Arbeitsunfähigkeit nach einer körperlichen Untersuchung und einer ausführlichen Befunderhebung durch den MDK bestätigt wird, besteht kein Anlass für eine parallele Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden Arzt. Den Anforderungen des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist jedenfalls Genüge getan; die Beklagte muss das Ergebnis der MDK-Prüfung vom 17.10.2012 gegen sich gelten lassen. 44Der Kläger war in der Zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013 auch tatsächlich arbeitsunfähig krank. Die Kammer hatte angesichts der von den Ärzten des Klägers mitgeteilten, die Arbeitsunfähigkeit begründenden Diagnosen, des Inhalts der beiden MDK-Gutachten sowie des Verlaufs der psychischen Erkrankung des Klägers, die ab dem 19.09.2013 auch eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gemacht hatte, keinen Zweifel am Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Die Beklagte hat das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit im Klage- und in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch nicht bestritten; sie hat auch darauf verzichtet, den Kläger nach dem 17.10.2012 erneut vom MDK untersuchen und begutachten zu lassen. 45Dem Krankengeldanspruch kann auch nicht der bestandskräftige Bescheid der Beklagten vom 25.05.2012 entgegen gehalten werden. Darin findet sich lediglich der Hinweis, dass die Arbeitsunfähigkeit nahtlos nachzuweisen sei. Es findet sich keine Regelung dazu, dass der Anspruch auf Zahlung von Krankengeld endet, wenn das Beschäftigungsverhältnis endet oder wenn eine Lücke in der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses entsteht. 46Nach alledem hat der Kläger einen Krankengeldanspruch für die Zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013. Die Krankengeldhöchstbezugsdauer war gemäß § 48 Abs. 1 SGB V am 30.09.2013 erreicht, weil der Kläger vom 03.04.2012 bis 30.09.2013 für insgesamt 78 Wochen Krankengeld bzw. gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB V i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V anzurechnende Leistungen für dieselbe Krankheit erhalten hatte. Zur Berechnung der Krankengeldbezugsdauer verweist die Kammer vollumfänglich auf die Ausführungen in dem Beschluss vom 30.09.2013 im Verfahren S 24 KR 476/13 ER. Bei der Auszahlung des Krankengeldes ist das an den Kläger in der Zeit vom 15.03.2013 bis 30.09.2013 vor-läufig gewährte Krankengeld anzurechnen. 47Die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung im Bescheid vom 06.02.2013 war ebenfalls rechtswidrig. 48Der Kläger ist nicht verpflichtet, für die Dauer des Krankengeldbezuges Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten. Dies ergibt sich aus § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach ist ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld beitragsfrei. 49Für die freiwillig Versicherten mit Anspruch auf Krankengeld besteht dagegen keine Beitragsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. §§ 56 Abs. 3, 57 Abs. 2 und 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI -). Gleichwohl war die Erhebung von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung im Beitragsbescheid vom 06.02.2013 rechtswidrig. Die Festsetzung von Beiträgen durch die Beklagte auch im Namen der Beigeladenen war nicht zulässig. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI können Kranken- und Pflegekassen zwar für Mitglieder, die ihre Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Die Vorschrift gilt jedoch nur für die Höhe der Beiträge, nicht dagegen für die Feststellung von Beitragspflichten (vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 80. EL, 2013, § 46 SGB XI Rn. 21). Die Beklagte hat im Bescheid vom 06.02.2013 neben der Beitragshöhe auch die Beitragspflicht im Namen der Beigeladenen festgesetzt. Dies ist von der Ermächtigung des § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI nicht mehr umfasst. Die Beigeladene müsste daher in einem eigenen Bescheid über die Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 14.05.2012 bis 30.09.2013 entscheiden. 50Da die Verbeitragung im Bescheid vom 06.02.2013 insgesamt rechtswidrig erfolgte, sind auch die darauf beruhenden Mahnbescheide vom 20.02.2013 und 20.03.2013 rechtswidrig. Sie waren daher ebenfalls aufzuheben. 51Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
die bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 werden aufgehoben. die beklagte wird verurteilt, dem kläger krankengeld für die zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013 unter anrechnung des in dem zeitraum vom 15.03.2013 bis 30.09.2013 vorläufig gezahlten krankengeldes zu gewähren. die beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten des klägers. 1
2zwischen den beteiligten ist die zahlung von krankengeld streitig. 3der am 00.00.1967 geborene kläger war bei der beklagten mit anspruch auf krankengeld freiwillig krankenversichert. am 02.04.2012 erkrankte der kläger arbeitsunfähig. nach beendigung der entgeltfortzahlung gewährte die beklagte dem kläger mit bescheid vom 25.05.2012 krankengeld ab dem 14.05.2012. in ihrem bescheid wies sie den kläger darauf hin, dass die arbeitsunfähigkeit nahtlos nachzuweisen sei. das beschäftigungsverhältnis des klägers endete zum 30.09.2012. 4dr. n-e führte in einem für den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) erstellten gutachten vom 06.06.2012 aus, dass wegen einer depressiven episode weiterhin arbeitsunfähigkeit beim kläger bestehe und eine psychiatrische therapie erforderlich sei. in einem folgegutachten vom 17.10.2012, das ebenfalls nach einer körperlichen untersuchung des klägers erstellt wurde, führte dr. n-e aus, dass die erwerbsfähigkeit des klägers wegen einer rezidivierenden depressiven episode und des verdachts auf eine persönlichkeitsstörung als erheblich gefährdet anzusehen sei. sie schlug eine erneute vorlage oder nachuntersuchung mit psychotherapiebericht und fachpsychiatrischem befund in drei monaten vor. 5am 16.11.2012 bescheinigte der facharzt für allgemeinmedizin dr. q die arbeitsunfähigkeit bis sonntag, den 02.12.2012. am montag, den 03.12.2012 bescheinigte die fachärztin für allgemeinmedizin dr. n1 die arbeitsunfähigkeit bis zum 04.01.2013. für die zeit vom 07.01.2013 bis zum 31.10.2013 wurde die arbeitsunfähigkeit von dr. q und frau dr. n1 bescheinigt. eine von frau dr. n1 mit datum vom 30.11.2012 versehene, für die zeit vom 30.11.2012 bis 04.01.2013 ausgestellte arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ging am 11.01.2013 bei der beklagten ein. der kläger wurde wegen der diagnose einer schweren depressiven episode ohne psychotische symptome vom 19.09.2013 bis 03.10.2013 stationär im klinikum i behandelt. 6mit bescheid vom 08.01.2013 stellte die beklagte den krankengeldbezug rückwirkend zum 02.12.2012 mit der begründung ein, dass wegen der nicht durchgehend bescheinigten arbeitsunfähigkeit kein anspruch auf krankengeld mehr bestehe. die freiwillige mitgliedschaft werde ab dem 03.12.2012 beitragspflichtig fortgeführt. hierauf teilte der kläger mit, dass er sich bei seinen ärzten um einen termin vor dem 02.12.2012 bemüht habe, er aber einen früheren termin nicht bekommen habe. 7mit bescheid vom 16.01.2013 teilte die beklagte mit, dass der bescheid vom 08.01.2013 als gegenstandslos betrachtet werden solle. sie habe die freiwillige versicherung aufgrund des krankengeldbezuges versehentlich über den 02.12.2012 hinaus beitragsfrei fortgeführt. im rahmen einer einzelfallentscheidung ohne rechtsfolgen zahle sie daher noch bis zum 19.01.2013 krankengeld an den kläger aus. 8mit bescheid vom 06.02.2013 setzte die beklagte auch im namen der beigeladenen die beiträge zur freiwilligen kranken- und pflegeversicherung ab dem 20.01.2013 nach der mindestbeitragsbemessungsgrundlage fest. 9mit bescheid vom 20.02.2013 wurden offene beiträge, mahngebühren und säumniszuschläge für die zeit vom 20.01.2013 bis 31.01.2013 in höhe von insgesamt 57,10 eur geltend gemacht. mit weiterem bescheid vom 20.03.2013 forderte die beklagte offene beiträge, mahngebühren und säumniszuschläge für die zeit vom 01.02.2013 bis 28.02.2013 in höhe von 157,32 eur. 10gegen die bescheide vom 06.02.2013 und 20.02.2013 legte der kläger am 05.03.2013 widerspruch ein. mit weiterem widerspruch vom 12.03.2013 wandte er sich gegen die bescheide vom 08.01.2013 und 16.01.2013. am 22.04.2013 erfolgte auch ein wider-spruch gegen den bescheid vom 20.03.2013. 11am 15.03.2013 beantragte der kläger beim sozialgericht detmold im rahmen des einstweiligen rechtsschutzes (az.: s 24 kr 104/13 er) zum einen die verpflichtung der beklagten, ihm ab dem 20.01.2013 bis zur rechtskräftigen entscheidung in der hauptsache, solange die leistungsvoraussetzungen vorliegen, krankengeld in gesetzlicher höhe zu zahlen und zum anderen die aufschiebende wirkung des widerspruchs gegen den beitragsbescheid vom 06.02.2013 anzuordnen. wegen der vom 30.11.2012 datierenden arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von dr. n1 sei die arbeitsunfähigkeit nahtlos festgestellt. 12mit beschluss vom 12.04.2013 verpflichtete das sozialgericht detmold die beklagte dazu, dem kläger für die zeit vom 15.03.2013 bis 14.07.2013 vorläufig krankengeld nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren, längstens jedoch bis zum eintritt der bestandskraft des bescheides vom 16.01.2013 und nur, solange die leistungsvoraussetzungen vorliegen. es ordnete außerdem die aufschiebende wirkung des widerspruchs gegen den beitragsbescheid vom 06.02.2013 an. den weitergehenden antrag lehnte das sozialgericht ab. zur begründung führte das gericht aus, dass das versicherungsverhältnis des klägers über das ende seines beschäftigungsverhältnisses am 30.09.2012 fortbestanden habe, weil keiner der beendigungsfälle des § 191 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) vorgelegen habe. die regelung des § 192 sgb v sei weder unmittelbar noch analog auf freiwillige mitglieder anwendbar. weder aus dem gesetz noch aus der satzung der beklagten ergebe sich, dass der anspruch auf krankengeld entfalle, wenn während des bestehens der arbeitsunfähigkeit das arbeitsverhältnis ende. in § 44 abs. 2 sgb v seien die vom krankengeldanspruch ausgeschlossenen versicherten abschließend aufgeführt, der kläger gehöre nicht dazu. der geltend gemachte anspruch sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der kläger durch die arbeitsunfähigkeit ab dem 01.10.2012 keine einkommenseinbuße erlitten habe. das lohnersatzprinzip des krankengeldes habe nämlich im gesetz nur einen unvollständigen ausdruck gefunden. in § 44 abs. 1 sgb v werde ein krankheitsbedingter einkommensausfall als voraussetzung des krankengeldanspruchs nicht genannt. aus den vorschriften über die höhe und die berechnung des krankengeldes (§§ 47, 47b sgb v) könne nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) nicht gefolgert werden, dass der entgeltbezug bis unmittelbar an die arbeitsunfähigkeit herangereicht haben oder dass gar die arbeitsunfähigkeit kausal für den ausfall des arbeitsentgelts gewesen sein müsse. doch selbst wenn man davon ausginge, dass auch bei freiwillig versicherten, deren beschäftigungsverhältnis während der arbeitsunfähigkeit ende, eine nahtlose kette von arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen müsse, bestünde gleichwohl ein anspruch auf krankengeld. insofern stelle das gutachten von dr. n-e vom 17.10.2012 eine arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die dauer von mindestens drei monaten dar. 13gegen diesen beschluss legten der kläger und die beklagte beschwerde beim landessozialgericht (lsg) nordrhein-westfalen ein. der kläger begehrte die vorläufige zahlung von krankengeld für die zeiträume vom 20.01.2013 bis 14.03.2013 und vom 15.07.2013 bis 01.10.2013. die beklagte wandte sich gegen ihre vorläufige verpflichtung zur zahlung von krankengeld. zur begründung ihres antrags führte sie aus, dass der krankengeldanspruch für den kläger nicht realisierbar sei, da sich gemäß § 47 abs. 1 satz 1 sgb v ein tatsächlich auszuzahlender krankengeldanspruch in höhe von 0,00 eur ergebe. dies folge aus der tatsache, dass mangels beschäftigungsverhältnis weder regelmäßiges arbeitsentgelt noch arbeitseinkommen erzielt werde, das der krankengeldberechnung zu grunde gelegt werden könne. auch habe der kläger seine arbeitsunfähigkeit nicht mit der erforderlichen nahtlosigkeit nachgewiesen. dieser nachweis ergebe sich auch nicht aus dem gutachten der ärztin dr. n-e vom 17.10.2012. in dem gutachten seien keine konkreten angaben zur dauer der arbeitsunfähigkeit enthalten, insbesondere sei kein zeitraum genannt. die angabe einer wiedervorlagefrist von drei monaten habe der internen abstimmung zwischen ihr und dem mdk gedient. eine weitere sozialmedizinische prüfung durch den mdk sollte danach nur dann erfolgen, wenn bis dahin weiter arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden würde. 14mit beschluss vom 12.08.2013 verpflichtete das lsg nordrhein-westfalen die beklagte, dem kläger auch für die zeit vom 15.07.2013 bis 30.10.2013 vorläufig krankengeld nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren, längstens jedoch bis zum eintritt der bestandskraft des bescheides vom 16.01.2013 und nur, solange die leistungsvoraussetzungen vorliegen. im übrigen wies das lsg nordrhein-westfalen die beschwerde des klägers zurück. die beschwerde der beklagten wurde zurückgewiesen. 15die beklagte teilte dem kläger mit bescheid vom 03.09.2013 mit, dass der krankengeldbezug wegen des ablaufs der höchstbezugsdauer am 30.09.2013 enden werde. dagegen legte der kläger am 17.09.2013 widerspruch ein. einen am 16.09.2013 gestellten antrag auf erlass einer einstweiligen anordnung, mit dem die vorläufige zahlung von krankengeld über den 30.09.2013 hinaus begehrt wurde, lehnte das sozialgericht detmold mit beschluss vom 30.09.2013 ab (az.: s 24 kr 476/13 er). zur begründung führte das gericht aus, dass die krankengeldhöchstbezugsdauer am 30.09.2013 erreicht sei. die dagegen eingelegte beschwerde wurde vom lsg nordrhein-westfalen mit beschluss vom 22.01.2014 als unzulässig verworfen, weil die beschwerdefrist nicht eingehalten worden war. den widerspruch gegen den bescheid vom 03.09.2013 wies die beklagte mit wider-spruchsbescheid vom 17.01.2014 als unbegründet zurück. 16mit widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 hatte die beklagte die widersprüche des klägers gegen die bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen. zur begründung wiederholte sie im wesentlichen ihren vortrag aus dem einstweiligen rechtsschutzverfahren s 24 kr 104/13 er. 17dagegen wendet sich der kläger mit der am 25.07.2013 erhobenen klage. er begehrt zum einen die endgültige verpflichtung der beklagten zur zahlung von krankengeld für die zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013, zum anderen wendet er sich gegen die beitragserhebung zur kranken- und pflegeversicherung für diesen zeitraum und die darauf beruhenden mahnbescheide. 18der kläger beantragt, 19die bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, dem kläger krankengeld für die zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013 unter anrechnung des in dem zeitraum vom 15.03.2013 bis 30.09.2013 vorläufig gezahlten krankengeldes zu gewähren. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22sie ist der ansicht, dass die angefochtenen bescheide der sach- und rechtslage entsprächen und daher nicht zu beanstanden seien. sie verweist auf ihre ausführungen in ihrem widerspruchsbescheid vom 28.06.2013. 23das gericht hat mit beschluss vom 10.03.2014 die pflegekasse der beklagten zum verfahren beigeladen. die beigeladene stellt keinen antrag. 24wegen der weiteren einzelheiten im sach- und streitstand nimmt das gericht bezug auf die gerichtsakten, den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen akten des sozialgerichts detmold s 24 kr 104/13 er und s 24 kr 476/13 er. der inhalt dieser akten war gegenstand der mündlichen verhandlung und entscheidung. 25
26die klage ist zulässig. 27insbesondere ist das vorverfahren gemäß § 78 sozialgerichtsgesetz (sgg) ordnungsgemäß durchgeführt worden. zwar hat der kläger gegen den bescheid vom 16.01.2013 erst am 12.03.2013 und damit außerhalb der monatsfrist des § 84 abs. 1 satz 1 sgg widerspruch erhoben. der bescheid enthielt jedoch keine rechtsbehelfsbelehrung, so dass die jahresfrist des § 66 abs. 2 satz 1 sgg galt, die im zeitpunkt der widerspruchseinlegung noch nicht abgelaufen war. 28die klage ist auch begründet. 29die angefochtenen bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.06.2013 sind rechtswidrig und verletzen den kläger in seinen rechten im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sgg. der kläger hat einen anspruch auf gewährung von krankengeld für die zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013, wobei das vorläufig an ihn ausgezahlte krankengeld anzurechnen ist. die festsetzung von beiträgen zur kranken- und pflegeversicherung und darauf beruhenden mahn- und säumniskosten ist zudem zu unrecht erfolgt. 30streitgegenstand der klage sind die bescheide vom 16.01.2013, 06.02.2013, 20.02.2013 und 20.03.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.06.2013. der bescheid vom 08.01.2013 ist durch den bescheid vom 16.01.2013 ausdrücklich aufgehoben worden. er ist damit gemäß § 39 abs. 2 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) nicht mehr wirksam. der bescheid vom 03.09.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 17.01.2014 ist ebenfalls nicht gegenstand dieses verfahrens. er ist insbesondere nicht gemäß § 96 sgg einzubeziehen. nach dieser vorschrift wird ein neuer verwal-tungsakt nach klageerhebung nur dann gegenstand des klageverfahrens, wenn er nach erlass des widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen verwaltungsakt abändert oder ersetzt. abändern oder ersetzen setzt voraus, dass der regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden verwaltungsakts mit dem des früheren identisch ist (leitherer, in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 10. aufl. 2012, § 96 rn. 4a). das ist hier jedoch nicht der fall. mit dem bescheid vom 16.01.2013 wurde das krankengeld wegen einer vermeintlichen lücke in der bescheinigung der arbeitsunfähigkeit zum 19.01.2013 eingestellt. mit dem bescheid vom 03.09.2013 wurde die zahlung von krankengeld über den 30.09.2013 hinaus mit dem hinweis auf das erreichen der höchstanspruchsbezugsdauer nach § 48 abs. 1 sgb v abgelehnt. insofern liegt ein anderer streitstoff vor. 31der kläger hat einen anspruch auf zahlung von krankengeld für den zeitraum vom 20.01.2013 bis 30.09.2013. 32gemäß § 44 abs. 1 sgb v haben versicherte anspruch auf krankengeld, wenn die krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf kosten der krankenkasse stationär in einem krankenhaus, oder einer vorsorge- oder rehabilitationseinrichtung behandelt werden. der anspruch auf krankengeld besteht bei einer krankenhausbehandlung oder be-handlung in einer vorsorge- oder rehabilitationseinrichtung von ihrem beginn an (§ 46 satz 1 nr. 1 sgb v), im übrigen von dem tag an, der auf den tag der ärztlichen feststellung der arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 satz 1 nr. 2 sgb v). der maßgebliche bezugspunkt für die arbeitsunfähigkeit ergibt sich dabei aus dem umfang des versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden versicherungsverhältnis zum zeitpunkt des gesetzlichen tatbestandes, nach dem der krankengeldanspruch entsteht. dieses versicherungsverhältnis bestimmt nicht nur, ob eine versicherung mit krankengeldanspruch besteht, sondern bildet auch den maßstab der arbeitsunfähigkeit (bsg urteil vom 14.12.2006 - b 1 kr 6/06 r -, juris rn. 12). 33der kläger blieb auch nach dem ende seines beschäftigungsverhältnisses (30.09.2012) mitglied der beklagten. das ende der mitgliedschaft freiwilliger mitglieder richtet sich nach § 191 sgb v. danach endet die freiwillige mitgliedschaft mit dem tod des mitglieds (nr. 1), mit beginn einer pflichtmitgliedschaft (nr. 2) oder mit dem wirksamwerden der kündigung der freiwilligen mitgliedschaft nach § 175 abs. 4 sgb v (nr. 3). keiner dieser drei fälle liegt hier vor. die regelung des § 191 sgb v ist auch abschließend (peters, in: kasseler kommentar zum sozialversicherungsrecht, stand: 80. el, 2013, § 191 sgb v rn. 4). 34auf die regelung des § 192 sgb v kommt es dabei nicht an. dort ist das fortbestehen der mitgliedschaft versicherungspflichtiger mitglieder geregelt. die vorschrift ist nicht, auch nicht entsprechend auf die mitgliedschaft der freiwilligen mitglieder anwendbar (baier, in: krauskopf, soziale krankenversicherung/pflegeversicherung, stand: 79 el, 11/2012, § 192 sgb v rn. 3). eine analogie scheitert an der erforderlichen regelungslücke. denn der zweck der regelung des § 192 sgb v besteht darin, die mitgliedschaft versicherungspflichtiger personen noch für eine gewisse zeit über das eigentliche ende der mitgliedschaft hinaus fortbestehen zu lassen. eine solche regelung ist aber für freiwillige mitglieder nicht erforderlich, weil ihre mitgliedschaft nicht an das bestehen eines beschäftigungsverhältnisses geknüpft ist. für freiwillige mitglieder gibt es daher keine § 192 abs. 1 nr. 2 sgb v entsprechende regelung. 35dass der krankengeldanspruch von freiwilligen mitgliedern entfällt, wenn - wie hier - während des bestehens der arbeitsunfähigkeit das beschäftigungsverhältnis endet, ergibt sich weder aus dem sgb v noch aus der satzung der beklagten. in § 44 abs. 2 sgb v sind die vom krankengeldanspruch ausgeschlossenen versicherten abschließend aufgeführt, der kläger gehört nicht dazu. auch in der satzung der beklagten finden sich keine regelungen dazu, dass der krankengeldanspruch für freiwillige mitglieder vom bestehen eines beschäftigungsverhältnisses abhängig wäre. 36der geltend gemachte anspruch ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der kläger durch die arbeitsunfähigkeit ab dem 01.10.2012 keine einkommenseinbuße erlitten hat. nach seiner zweckbestimmung soll das krankengeld zwar einen krankheitsbedingten ausfall von arbeitsentgelt ausgleichen, erfüllt also seine funktion nur, wenn infolge der arbeitsunfähigkeit lohn oder lohnersatzleistungen weggefallen sind (vgl. brandts, in: kasseler kommentar zum sozialversicherungsrecht, stand: 80. el, 2013, § 44 sgb v rn. 2 m.w.n.). das war hier ab dem 01.10.2012 nicht mehr der fall, da das arbeitsverhältnis am 30.09.2012 geendet hatte. dennoch steht dies dem klagebegehren nicht entgegen. 37denn das lohnersatzprinzip des krankengeldes hat im gesetz nur einen unvollständigen ausdruck gefunden. in § 44 abs. 1 sgb v wird ein krankheitsbedingter einkommensausfall als voraussetzung des krankengeldanspruchs nicht genannt. aus den vorschriften über die höhe und die berechnung des krankengeldes (§§ 47, 47b sgb v) kann lediglich entnommen werden, dass vor beginn der arbeitsunfähigkeit arbeitsentgelt oder arbeitseinkommen im sinne der §§ 14, 15 viertes buch sozialgesetzbuch (sgb iv) bezogen worden sein muss, an das für die festsetzung angeknüpft werden kann. fehlt es daran, so besteht auch dann kein leistungsanspruch, wenn das bestehende versicherungsverhältnis an sich einen krankengeldanspruch mit umfasst (vgl. bsg urteil vom 14.02.2001 - b 1 kr 1/00 r -, juris rn. 20). aus der wendung in § 47 abs. 2 satz 1 sgb v, für die be-rechnung des regelentgelts sei auf das "im letzten vor beginn der arbeitsunfähigkeit abgerechneten entgeltabrechnungszeitraum" erzielte arbeitsentgelt abzustellen, kann indessen nicht gefolgert werden, dass der entgeltbezug bis unmittelbar an die arbeitsunfähigkeit herangereicht haben oder dass gar die arbeitsunfähigkeit kausal für den ausfall des arbeitsentgelts gewesen sein muss (vgl. dazu und im folgenden bsg urteil vom 07.05.2002 - b 1 kr 10/02 r -, www.sozialgerichtsbarkeit.de und bsg urteil vom 07.05.2002 - b 1 kr 24/01 r -, juris rn. 19 f.). 38dementsprechend hat das bsg in der vergangenheit der lohnersatzfunktion des krankengeldes nur bei dessen (erstmaliger) berechnung bedeutung beigemessen; für die entstehung des anspruchs und für das weitere schicksal eines einmal entstandenen krankengeldanspruchs sollte es dagegen auf diesen gesichtspunkt nicht mehr ankommen, so dass krankengeld auch zu gewähren war, wenn durch die arbeitsunfähigkeit kein lohnausfall herbeigeführt werden konnte (bsg urteil vom 07.05.2002 - b 1 kr 24/01 r -, juris rn. 20; bsg urteil vom 27.11.1990 - 3 rk 6/88 -, juris rn. 25 f.). mit der neuordnung des leistungsrechts im sgb v hat der gesetzgeber durch die regelungen in § 19 und § 48 abs. 2 sgb v den krankengeldanspruch zwar enger an den bestand des jeweiligen beschäftigungs- und versicherungsverhältnisses gebunden und damit auch das lohnersatzprinzip des krankengeldes stärker betont. daraus allein kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die krankengeldberechtigung nicht nur der höhe, sondern auch dem grunde nach von einem konkret nachweisbaren lohnausfall abhängig ist. eine ausdrückliche einschränkung in diesem sinne sah § 47a sgb v in der bis zum 21.06.2000 gültig gewesenen fassung des gesetzes zur sozialrechtlichen behandlung von einmalig gezahltem arbeitsentgelt vom 12.12.1996 (bgbl. i, s. 1859) für den anspruch auf zusätzliches krankengeld beim ausfall einmalig gezahlten arbeitsentgelts vor. die §§ 44 und 47 sgb v enthalten dagegen eine solche einschränkung nicht. aus der lohnersatzfunktion des krankengeldes lässt sich daher die forderung nach einer durch die arbeitsunfähigkeit verursachten einkommenseinbuße als weiterer (ungeschriebener) voraussetzung des krankengeldanspruchs nicht ableiten (bsg urteil vom 07.05.2002 - b 1 kr 24/01 r -, juris rn. 20). 39in einer jüngsten entscheidung hat das bsg erneut betont, dass der ausfall von arbeitsentgelt oder arbeitseinkommen nur bei beginn der arbeitsunfähigkeit von bedeutung sei. für den fortbestand des krankengeldanspruches sei es dagegen nicht mehr erforderlich, dass der freiwillig versicherte seine tätigkeit aufrecht erhalte. der gesetzgeber habe der berechnung des krankengeldes die bezugs- bzw. referenzmethode bewusst zugrunde gelegt, die - im gegensatz zum lohnausfallprinzip - unberücksichtigt lasse, wie sich das arbeitsentgelt außerhalb des bezugs- bzw. des bemessungszeitraums, insbesondere nach eintritt des leistungsfalles, entwickele. es komme dementsprechend nach der gesetzlichen konzeption während des krankengeldbezugs nicht darauf an, dass der versicherte ohne die eingetretene arbeitsunfähigkeit die bisherige erwerbstätigkeit fortsetzen könne. aus den §§ 49 ff. sgb v gehe nicht hervor, dass dem versicherten nach entstehung des krankengeldanspruchs die wirtschaftliche und die gesundheitliche möglichkeit verbleiben müsse, seine bisherige tätigkeit fortzusetzen. dies entspreche auch dem schutzzweck des krankengeldes (bsg urteil vom 12.03.2013 - b 1 kr 4/12 r -, juris rn. 27 m.w.n.). die kammer schließt sich dieser rechtsauffassung und ihrer überzeugenden begründung an. 40doch selbst wenn man - der argumentation der beklagten folgend - davon ausginge, dass bei freiwillig versicherten, deren beschäftigungsverhältnis während der dauer der arbeitsunfähigkeit endet, eine nahtlose kette von arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen müsse, bestünde gleichwohl ein anspruch auf krankengeld über den 02.12.2012 und 04.01.2013 hinaus bis zum 30.09.2013. 41denn die ärztliche feststellung der arbeitsunfähigkeit i.s.d. § 46 satz 1 nr. 2 sgb v muss nach der rechtsprechung des bsg nicht zwingend durch einen vertragsarzt oder den behandelnden arzt mit einer vertragsärztlichen bescheinigung nach den gemäß § 5 abs. 1 oder § 6 abs. 1 der richtlinie des gemeinsamen bundesausschusses über die beurteilung der arbeitsunfähigkeit und die maßnahmen zur stufenweisen wiedereingliederung nach § 92 abs. 1 satz 2 nr. 7 sgb v (arbeitsunfähigkeits-richtlinie - au-rl -) dafür vorgesehenen vordrucken (muster nr. 1 bzw. 17) erfolgen. auch eine einzige ärztliche feststellung der arbeitsunfähigkeit kann einen anspruch auf krankengeld für mehrere zeitabschnitte begründen und weitere meldungen der arbeitsunfähigkeit entbehrlich machen (bsg urteil vom 10.05.2012 - b 1 kr 20/11 r -, juris rn. 13; bsg urteil vom 12.03.2013 - b 1 kr 7/12 r -, juris rn. 15). mit dem erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender arbeitsunfähigkeit sollen beim krankengeld missbrauch und praktische schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche behauptung der arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende bescheinigung beitragen könnten. missbrauch und praktische schwierigkeiten stehen dagegen nicht in rede, wenn die krankenkasse pflichtgemäß die ärztliche feststellung der arbeitsunfähigkeit durch den mdk überprüft (vgl. bsg urteil vom 10.05.2012 - b 1 kr 20/11 r -, juris rn. 15; bsg urteil vom 12.03.2013 - b 1 kr 7/12 r -, juris rn. 15). 42das ist hier geschehen. dr. n-e vom mdk hatte in einem sozialmedizinischen gutachten vom 17.10.2012 nach einer körperlichen untersuchung des klägers und auswertung von fremdbefunden mitgeteilt, dass die erwerbsfähigkeit des klägers wegen einer rezidivierenden depressiven episode und des verdachts auf eine persönlichkeitsstörung als erheblich gefährdet einzustufen sei. die mdk-ärztin schlug eine nachuntersuchung oder eine erneute vorlage in drei monaten vor. die beklagte musste anhand der von dr. n-e erhobenen befunde und ihrer sozialmedizinischen einschätzung annehmen, dass der kläger mindestens für die nächsten drei monate ab dem 17.10.2012, und damit auch über den 02.12.2012 und 04.01.2013 hinaus, arbeitsunfähig sein würde. dafür spricht auch, dass sich bereits nach vorlage des ersten sozialmedizinischen gutachtens von dr. n-e vom 06.06.2012 eine dauerhafte arbeitsunfähigkeit des klägers abzeichnete. die beklagte verzichtete auch in der folge darauf, die arbeitsunfähigkeit des klägers ein drittes mal durch den mdk überprüfen zu lassen. 43die beklagte kann auch nicht mit dem argument gehört werden, dass die von dr. n-e im gutachten vom 17.10.2012 empfohlene wiedervorlagefrist von drei monaten lediglich der internen abstimmung zwischen ihr und dem mdk gedient habe und dass insofern eine weitere feststellung der arbeitsunfähigkeit durch die ärzte des klägers erforderlich gewesen sei. anlass und zweck einer ärztlichen äußerung zur arbeitsunfähigkeit sind nämlich unerheblich. es ist ausreichend, wenn der arzt feststellt, dass der versicherte krank ist und deshalb weder seine letzte noch eine ähnliche tätigkeit verrichten kann (bsg urteil vom 24.02.1976 - 5 rkn 26/75 -, juris rn. 15). das hat dr. n-e hier getan. sie hat zwar keinen konkreten zeitraum genannt, für den arbeitsunfähigkeit bestehen sollte, sie hat aber auch andererseits das weitere bestehen der arbeitsunfähigkeit zeitlich nicht begrenzt. sie hat durch die empfehlung einer wiedervorlage in drei monaten vielmehr zum ausdruck gebracht, dass eine arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten drei monate jedenfalls nicht zu erwarten war, zumal die psychotherapie des klägers erst kurz vor der untersuchung am 17.10.2012 begonnen hatte. das verständnis der beklagten vom mdk-gutachten als einem rein verwaltungsinternen vorgang widerspricht auch dem wortlaut und dem sinn und zweck des gesetzes. denn § 46 satz 1 nr. 2 sgb v statuiert gerade kein formalisiertes verfahren für die feststellung einer arbeitsunfähigkeit, sondern lässt jede ärztliche feststellung der arbeitsunfähigkeit genügen (vgl. brandts, in: kasseler kommentar zum sozialversicherungsrecht, stand: 80. el, 2013, § 46 sgb v rn. 10 f.; tischler, in: beck&700;scher online-kommentar sozialrecht, stand: 01.12.2013, § 46 sgb v rn. 16, jeweils m.w.n.). die krankenkasse kann bei zweifeln an der arbeitsunfähigkeit des versicherten auch eine körperliche untersuchung durch den mdk anordnen (vgl. § 62 erstes buch sozialgesetzbuch - sgb i -; § 275 abs. 1 nr. 3 b), abs. 1a) sgb v). wenn aber - wie hier geschehen - die arbeitsunfähigkeit nach einer körperlichen untersuchung und einer ausführlichen befunderhebung durch den mdk bestätigt wird, besteht kein anlass für eine parallele feststellung der arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden arzt. den anforderungen des § 46 satz 1 nr. 2 sgb v ist jedenfalls genüge getan; die beklagte muss das ergebnis der mdk-prüfung vom 17.10.2012 gegen sich gelten lassen. 44der kläger war in der zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013 auch tatsächlich arbeitsunfähig krank. die kammer hatte angesichts der von den ärzten des klägers mitgeteilten, die arbeitsunfähigkeit begründenden diagnosen, des inhalts der beiden mdk-gutachten sowie des verlaufs der psychischen erkrankung des klägers, die ab dem 19.09.2013 auch eine stationäre krankenhausbehandlung notwendig gemacht hatte, keinen zweifel am vorliegen der arbeitsunfähigkeit des klägers. die beklagte hat das vorliegen der arbeitsunfähigkeit im klage- und in den einstweiligen rechtsschutzverfahren auch nicht bestritten; sie hat auch darauf verzichtet, den kläger nach dem 17.10.2012 erneut vom mdk untersuchen und begutachten zu lassen. 45dem krankengeldanspruch kann auch nicht der bestandskräftige bescheid der beklagten vom 25.05.2012 entgegen gehalten werden. darin findet sich lediglich der hinweis, dass die arbeitsunfähigkeit nahtlos nachzuweisen sei. es findet sich keine regelung dazu, dass der anspruch auf zahlung von krankengeld endet, wenn das beschäftigungsverhältnis endet oder wenn eine lücke in der bescheinigung der arbeitsunfähigkeit nach dem ende des beschäftigungsverhältnisses entsteht. 46nach alledem hat der kläger einen krankengeldanspruch für die zeit vom 20.01.2013 bis 30.09.2013. die krankengeldhöchstbezugsdauer war gemäß § 48 abs. 1 sgb v am 30.09.2013 erreicht, weil der kläger vom 03.04.2012 bis 30.09.2013 für insgesamt 78 wochen krankengeld bzw. gemäß § 48 abs. 3 satz 1 sgb v i.v.m. § 49 abs. 1 nr. 1 sgb v anzurechnende leistungen für dieselbe krankheit erhalten hatte. zur berechnung der krankengeldbezugsdauer verweist die kammer vollumfänglich auf die ausführungen in dem beschluss vom 30.09.2013 im verfahren s 24 kr 476/13 er. bei der auszahlung des krankengeldes ist das an den kläger in der zeit vom 15.03.2013 bis 30.09.2013 vor-läufig gewährte krankengeld anzurechnen. 47die erhebung von beiträgen zur kranken- und pflegeversicherung im bescheid vom 06.02.2013 war ebenfalls rechtswidrig. 48der kläger ist nicht verpflichtet, für die dauer des krankengeldbezuges beiträge zur krankenversicherung zu entrichten. dies ergibt sich aus § 224 abs. 1 satz 1 sgb v. danach ist ein mitglied für die dauer des anspruchs auf krankengeld beitragsfrei. 49für die freiwillig versicherten mit anspruch auf krankengeld besteht dagegen keine beitragsfreiheit in der sozialen pflegeversicherung (vgl. §§ 56 abs. 3, 57 abs. 2 und 4 elftes buch sozialgesetzbuch - sgb xi -). gleichwohl war die erhebung von beiträgen zur sozialen pflegeversicherung im beitragsbescheid vom 06.02.2013 rechtswidrig. die festsetzung von beiträgen durch die beklagte auch im namen der beigeladenen war nicht zulässig. gemäß § 46 abs. 2 satz 4 sgb xi können kranken- und pflegekassen zwar für mitglieder, die ihre kranken- und pflegeversicherungsbeiträge selbst zu zahlen haben, die höhe der beiträge zur kranken- und pflegeversicherung in einem gemeinsamen beitragsbescheid festsetzen. die vorschrift gilt jedoch nur für die höhe der beiträge, nicht dagegen für die feststellung von beitragspflichten (vgl. peters, in: kasseler kommentar zum sozialversicherungsrecht, stand: 80. el, 2013, § 46 sgb xi rn. 21). die beklagte hat im bescheid vom 06.02.2013 neben der beitragshöhe auch die beitragspflicht im namen der beigeladenen festgesetzt. dies ist von der ermächtigung des § 46 abs. 2 satz 4 sgb xi nicht mehr umfasst. die beigeladene müsste daher in einem eigenen bescheid über die beitragspflicht zur sozialen pflegeversicherung für die zeit vom 14.05.2012 bis 30.09.2013 entscheiden. 50da die verbeitragung im bescheid vom 06.02.2013 insgesamt rechtswidrig erfolgte, sind auch die darauf beruhenden mahnbescheide vom 20.02.2013 und 20.03.2013 rechtswidrig. sie waren daher ebenfalls aufzuheben. 51die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg.
Klaeger*in
1
126,725
10 K 1613/14.A
"2016-01-27T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der nicht durch amtliche Dokumente seines Heimatlands ausgewiesene Kläger gibt an, am 1. Januar 1977 geboren zu sein und aus Eritrea zu stammen. Am 28. November 2013 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gab der Kläger an, er habe in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt; auch seien ihm in keinem anderen Land Fingerabdrücke abgenommen worden. Eine Anfrage des Bundesamtes an die EURODAC-Datenbank ergab für den Kläger am 13. Dezember 2013 einen Treffer der Kategorie 2 (IT2RG013J2). Am 23. Januar 2014 richtete das Bundesamt ein Aufnahmeersuchen an die italienischen Behörden, die sich am 24. März 2014 zur Übernahme des Klägers bereit erklärten. 3Mit Bescheid vom 19. Juni 2014, der am 26. Juni 2014 zur Post gegeben wurde, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Italien an. 4Der Kläger hat am 3. Juli 2014 Klage erhoben und beruft sich zur Begründung im Kern darauf, dass das italienische Asylverfahren sowie die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien gravierende systemische Mängel aufwiesen und ihm somit eine Rückkehr dorthin unzumutbar sei. Hierzu beruft er sich auf diverse Erkenntnisse zur Lage von Asylbewerbern in Italien und verweist auf einschlägige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung. Ferner legte er mehrere ärztliche Atteste vor, in den ihm das Vorliegen verschiedener Erkrankungen bescheinigt wird. 5Der Kläger beantragt, 6den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Juni 2014 aufzuheben. 7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die Klage abzuweisen. 9Mit Beschluss vom 25. November 2014 – 10 L 513/14.A – hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen die im angefochtenen Bundesamtsbescheid enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet. 10Der Berichterstatter hat den Kläger am 19. März 2015 zu seinen Lebensumständen in Italien angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anhörungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1613/14.A und 10 L 513/14.A sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts (drei Hefter) Bezug genommen. 11Entscheidungsgründe: 12A. Die Kammer ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2016 zu entscheiden, obwohl kein Vertreter der Beklagten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). 13B. Die Klage hat keinen Erfolg. 14I. Allerdings ist die Klage als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft. Dies gilt sowohl für die unter Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Ablehnung des Asylantrags als unzulässig 15- vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 – 1 C 32/14 –, juris Rn. 13 ff., sowie vom 16. November 2015 – 1 C 4/15 –, juris Rn. 9 - 16als auch für die unter Ziffer 2 verfügte Abschiebungsanordnung. 17Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 – 1 C 32/14 –, juris Rn. 15, sowie vom 16. November 2015 – 1 C 4/15 –, juris Rn. 9. 18Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Klage fristgerecht erhoben worden. Insoweit lässt die Kammer offen, ob die Klagefrist vorliegend eine Woche oder zwei Wochen betrug 19- vgl. zu dieser Frage, die bis zu dem am 24. Oktober 2015 erfolgten Inkrafttreten des § 74 Abs. 1 AsylG in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) streitig gewesen ist, VG Minden, Urteil vom 19. März 2015 – 10 K 2658/14.A –, juris Rn. 29 bis 32, m.w.N. -. 20Da der streitgegenständliche Bescheid vom 19. Juni 2014 ausweislich der beigezogenen Bundesamtsakten erst am 26. Juni 2014 zur Post gegeben wurde, die vorliegende Klage aber schon am siebten Tag nach diesem Datum, nämlich am 3. Juli 2014, erhoben wurde, wäre in jedem Fall selbst eine nur einwöchige Klagefrist gewahrt. 21II. Die danach zulässige Klage ist jedoch unbegründet. In dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG i.d.F. durch Gesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sind die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 19. Juni 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, die Ablehnung des durch den Kläger in Deutschland gestellten Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylG) sowie die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Italien (§ 34a AsylG), rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 221. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist die Italienische Republik zuständig. 23a) Dies ergibt sich aus den Zuständigkeitskriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO). Diese sind hier nach der Übergangsregelung in Art. 49 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin-III-VO) weiter anwendbar, weil der Kläger seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 28. November 2013 und damit vor dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO maßgeblichen Stichtag gestellt hat. Im Übrigen, d.h. abgesehen von den Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates, ist auf den vorliegenden Fall jedoch bereits die Dublin-III-VO und nicht mehr die Dublin-II-VO anzuwenden, weil das Aufnahmegesuch der Beklagten an die italienischen Behörden am 23. Januar 2014 und somit nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Für diesen Fall gilt der in Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 Dublin-III-VO formulierte Grundsatz, wonach die Dublin-III-VO ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ab dem 1. Januar 2014 auf alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern anwendbar ist. 24Vgl. dazu etwa Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin-III-Verordnung, 1. Auflage (2014), Art. 49 Anm. K3. 25Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der nach den vorstehenden Ausführungen hinsichtlich der Zuständigkeitskriterien weiter anwendbaren Dublin-II-VO sieht vor, dass Asylanträge von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden; welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 6 bis 12 und 14 Dublin-II-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 5 Abs. 1 Dublin-II-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 13 Dublin-II-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Italienische Republik für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. 26aa) Dies folgt mangels vorrangiger Kriterien aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Kläger aus einem Drittstaat (Libyen) kommend als erstes die (See-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Italien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Italiens hat auch nicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist 27- vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, AuAS 2014, 118 (juris Rn. 46 ff.) m.w.N. -. 28Damit steht Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO einer Zuständigkeit Italiens nicht entgegen. Der Kläger hat im Erörterungstermin am 19. März 2015 vor dem Berichterstatter erklärt, am 13. Oktober 2013 in Italien angekommen zu sein. Das Gericht hat keinen Anlass, diese Angabe in Zweifel zu ziehen. Die Asylantragstellung in Deutschland erfolgt sodann bereits am 28. November 2013, d.h. lediglich rund sechs Wochen nach der illegalen Einreise in die Italienische Republik. Der Asylantrag wurde mithin unzweifelhaft innerhalb der Zwölfmonatsfrist nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO gestellt. 29bb) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist Italien aber auch deswegen für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig, weil das italienische Innenministerium dem Aufnahmeersuchen des Bundesamts vom 23. Januar 2014 mit Schreiben vom 24. März 2014 ausdrücklich zugestimmt hat. Aufgrund dieser Zustimmung steht Italien als der für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständige Staat fest 30- vgl. BayVGH, Urteil vom 21. Mai 2015 – 14 B 12.30323 –, InfAuslR 2015, 403 (juris Rn. 20) - 31und kommt es jedenfalls im vorliegenden Fall nicht mehr entscheidend darauf an, ob die Voraussetzungen für die Zuständigkeit Italiens tatsächlich vorliegen. 32Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann ein Asylbewerber dann, wenn der ersuchte Mitgliedstaat – wie hier – seiner Aufnahme oder Wiederaufnahme auf Grundlage des Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-VO (Kriterium der unerlaubten Einreise) zugestimmt hat, der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegen treten, dass er systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er in diesem Mitgliedstaat tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (GRCh) ausgesetzt zu werden. 33Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208, Rn. 60 und 62; BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, NVwZ 2014, 1039 Rn. 7. 34Dieser unmittelbar auf ein bestimmtes Zuständigkeitskriterium bezogenen Entscheidung lässt sich verallgemeinernd entnehmen, dass die in den beiden Dublin-Verordnungen vorgesehenen Zuständigkeitskriterien abgesehen von Ausnahmen keinen Drittschutz vermitteln. Bei diesen Kriterien handelt es sich grundsätzlich um rein organisatorische Regelungen, die allein die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln. 35Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208, Rn. 56. 36Zuständigkeitskriterien, denen die Rechtsprechung wie z.B. Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO (Zuständigkeit für unbegleitete Minderjährige) 37- vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 – 1 C 4/15 –, juris Rn. 24 f.; EuGH, Urteil vom 6. Juni 2013 – C-648/11 –, NVwZ-RR 2013, 735, (juris Rn. 57) - 38drittschützende Wirkung zuspricht, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Infolge dessen begründet die Annahme des Aufnahmeersuchens durch die italienischen Behörden gleichsam konstitutiv 39- vgl. BayVGH, Urteil vom 21. Mai 2015 – 14 B 12.30323 –, InfAuslR 2015, 403 (juris Rn. 20) - 40deren Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers. 41cc) Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Italienischen Republik ist diese zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. Die Aufnahmepflicht ergibt sich aus der Verfahrensvorschrift des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO, die hier – wie ausgeführt – nach dem Grundsatz des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 Dublin-III-VO trotz der schon vor dem 1. Januar 2014 erfolgten Asylantragstellung anwendbar ist. Dies hat zur weiteren Folge, dass im Fall des Klägers auch die Verfahrensvorschriften der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO zur Anwendung kommen. 42Vgl. zur Anwendbarkeit dieser Bestimmungen in Fällen der vorliegenden Art erneut Filzwieser/Sprung, a.a.O., Art. 49 Anm. K3. 43Es besteht hier eine Pflicht zur Aufnahme nach diesen Bestimmungen und nicht eine solche zur Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bis d) Dublin-III-VO i.V.m. Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin-III-VO, weil Voraussetzung für eine Wiederaufnahme durch Italien wäre, dass der Kläger dort bereits ein Asylverfahren betrieben hätte. Dies ist nicht der Fall. Denn für den Kläger wurde hinsichtlich Italiens (lediglich) ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 und kein solcher der Kategorie 1 erzielt. Nach den insoweit einschlägigen Bestimmungen 44- vgl. Art. 2 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 - EURODAC-DVO -, ABl. EG L 62 vom 5. März 2002, S. 1, zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „EURODAC“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens - EURODAC-VO -, ABl. EG L 316 vom 15. Dezember 2000, S. 1 - 45werden aber nur Daten von Asylbewerbern der Kategorie 1 zugeordnet; hinsichtlich der erhobenen und übermittelten Daten aus dem EURODAC-System besteht gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) EURODAC-VO eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr. 46Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris Rn. 37. 47Im Einklang mit dem erzielten EURODAC-Treffer der Kategorie 2 hat der Kläger selbst im Erörterungstermin vom 19. März 2015 erklärt, in Italien noch keinen Asylantrag gestellt zu haben. 48b) Die danach gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO gegebene Pflicht Italiens zur Aufnahme des Klägers ist auch nicht etwa wegen des Ablaufs der maßgeblichen Antrags- und Überstellungsfristen erloschen. 49aa) Die hier (aufgrund des erzielten EURODAC-Treffers) einschlägige zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) hat das Bundesamt beachtet, indem es am 23. Januar 2014 und somit rund sechs Wochen nach der positiven EURODAC-Abfrage, die vom 13. Dezember 2013 datiert, ein Aufnahmeersuchen an die italienischen Behörden gerichtet hat. 50bb) Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Klägers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre. 51Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedsstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: Italienische Republik) gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Fall 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat (Fall 2). 52Der Fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesprochenen zweiten Fall, wonach die maßgebliche Überstellungsfrist von sechs Monaten erst mit der (endgültigen) Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, beginnt. Ein „Rechtsbehelf“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, dem aufschiebende Wirkung zukommen kann, ist in jedem Fall zunächst einmal der Hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende Klage). Diesem kommt aufschiebende Wirkung zu, wenn sie gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG im Einzelfall durch das Gericht angeordnet wird. 53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, juris Rn. 8 (zur Überstellungsfrist nach der Dublin-II-VO) m.w.N. 54So liegt der Fall auch hier, weil das Gericht mit Beschluss vom 25. November 2014– 10 L 513/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 19. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet hatte. Diese gerichtliche Entscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Fall 1 Dublin-III-VO, wonach die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die Zuständigkeit mithin noch nicht auf die Beklagte übergegangen war. 55Stellt man vorliegend auf eine Zuständigkeit Italiens nach dem in Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-VO beschriebenen Kriterium der unerlaubten Einreise ab, so wäre dieser Mitgliedstaat – ungeachtet des Schreibens der italienischen Behörden vom 24. März 2014, mit dem sie ihr Einverständnis mit der Aufnahme des Klägers erklärt haben – bereits mit Ablauf des 23. März 2014 für das Asylverfahren des Klägers zuständig geworden, da sie dem Gesuch des Bundesamtes vom 23. Januar 2014 nicht innerhalb der hier maßgeblichen Frist von zwei Monaten widersprochen hat (Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO). In diesem Fall hat die sechsmonatige Überstellungsfrist mit Ablauf des 23. März 2014 begonnen. Stellt man dagegen maßgeblich auf die zuständigkeitsbegründende Wirkung des genannten Schreibens vom 24. März 2014 ab, so wäre die besagte Frist erst mit Ablauf dieses Datums in Gang gesetzt worden. In beiden Fällen war die Überstellungsfrist im Zeitpunkt der Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes noch nicht mit der Folge verstrichen, dass die Zuständigkeit für die Durchführung des klägerischen Asylverfahrens auf die Beklagte übergegangen wäre 56- vgl. dazu VG Minden, Urteil vom 19. März 2015 – 10 K 2658/14.A –, juris Rn. 46, m.w.N. -. 57Denn der Lauf der Überstellungsfrist wird durch die Stellung eines (zulässigen) Aussetzungsantrags (§ 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 AsylG) unterbrochen. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin-III-VO ist zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit der in dieser Regelung festgelegten Frist dahingehend auszulegen, dass unter „Entscheidung über den Rechtsbehelf“ auch die Entscheidung über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 AsylG zu verstehen ist; einem solchen Rechtsbehelf kommt nach der Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG ebenso wie einer Klage gegen eine Abschiebungsanordnung, deren aufschiebende Wirkung angeordnet wurde, ein Suspensiveffekt zu. Wird ein Aussetzungsantrag durch das Gericht abgelehnt, so beginnt die Überstellungsfrist nach der Rechtsprechung der Kammer, an der sie auch im vorliegenden Verfahren festhält, erst (wieder) mit der Zustellung dieser Entscheidung zu laufen 58- vgl. etwa VG Minden, Urteil vom 29. April 2015 – 10 K 2430/14.A –, juris Rn. 32 bis 58, m.w.N. -. 59Es wäre jedoch wertungswidersprüchlich, im Fall der Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine Unterbrechung der sechsmonatigen Überstellungsfrist bereits mit Stellung des Antrags anzunehmen, nicht aber im vorliegend gegebenen Fall, in dem der Aussetzungsantrag Erfolg hatte und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet wurde. Ebenso wie bei Ablehnung des Aussetzungsantrags kann auch in der hier gegebenen Fallkonstellation die Überstellungsfrist ausgehend von ihrem Sinn und Zweck erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich sichergestellt ist, dass die Überstellung durchgeführt werden kann und lediglich noch deren Modalitäten zu regeln sind. Für die Organisation der Überstellung und die Regelung ihrer Modalitäten sollen den zuständigen Behörden die vollen sechs Monate zur Verfügung stehen, was faktisch nicht mehr gewährleistet wäre, wenn die durch den Verordnungsgeber auf diesen Zeitraum bemessene Frist während eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, dessen Anhängigkeit den Vollzug der Überstellung hindert, weiterliefe. 60Ausgehend hiervon wurde die mit Ablauf des 23. März 2014 oder des 24. März 2014 angelaufene Überstellungsfrist bereits mit Stellung des Aussetzungsantrags am 3. Juli 2014 und somit noch vor ihrem Ablauf im September 2014 unterbrochen. Die stattgebende Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 25. November 2014 hat sodann bewirkt, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt. Diese Frist wird erst mit der endgültigen Entscheidung über den Hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende Klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2016 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) noch nicht verstrichen. 61Zu dem Ergebnis, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist im Zeitpunkt der Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes noch nicht verstrichen war, gelangt man im Übrigen auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist während des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 AsylG (lediglich) gehemmt ist und der Zeitraum dieses Verfahrens mithin nicht in die Überstellungsfrist eingerechnet wird. 62Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Dezember 2015 – 13 A 2858/15.A –, juris Rn. 4, vom 11. November 2015 – 13 A 1692/15.A –, juris Rn. 3, und vom 3. November 2015 – 13 A 2255/15.A –, juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2015 – A 11 S 121/15 –, juris Rn. 28, und vom 27. August 2014 – A 11 S 1285/14 –, juris Rn. 58. 63In diesem Fall wäre die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit Stellung des Aussetzungsantrags bei Gericht am 3. Juli 2014 zunächst gehemmt und sodann mit der stattgebenden Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 25. November 2014, die – wie ausgeführt – bewirkt hat, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt und erst (wieder) mit der endgültigen Entscheidung über die vorliegende Klage zu laufen beginnen wird, unterbrochen worden. Auch in diesem Fall wäre es mithin nicht zu einem Zuständigkeitsübergang wegen Ablaufs der Überstellungsfrist gekommen. 64c) Die Beklagte ist auch nicht deshalb zuständig geworden, weil eine Überstellung an einen zuständigen Mitgliedstaat aufgrund systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen nicht durchgeführt werden kann. 65aa) Insoweit lässt die Kammer offen, ob auch in Ansehung der hier anwendbaren (Übergangs-) Regelung des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO (bereits) die Bestimmung des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO anwendbar ist. Danach setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der einschlägigen Zuständigkeitskriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Zuständigkeitskriterien bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3). 66Selbst wenn Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO hier vor dem Hintergrund der in Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO enthaltenen Übergangsregelung (noch) nicht anwendbar sein sollte, könnte der Kläger sich auf etwaige systemische Schwachstellen des italienischen Asylwesens berufen. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Dublin-II-VO noch keine ausdrückliche Bestimmung zur Beachtlichkeit systemischer Schwachstellen aufwies. Denn den in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO enthaltenen Regelungen liegt die auch im Rahmen einer Zuständigkeitsprüfung nach der Dublin-II-VO zu berücksichtigende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses basiert auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen. 67Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, Rn. 75 ff. sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208, Rn. 52 f. 68Im Anwendungsbereich sowohl der Dublin-III-VO als auch der Dublin-II-VO gleichermaßen beachtliche Defizite im Asylsystem und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Schwachstellen, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird. 69Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039 (juris Rn. 6); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, 77 (juris Rn. 33); jeweils zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO. 70Unerheblich ist dagegen, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Schwachstellen in Einzelfällen zu Grundrechtsverletzungen kommen kann und ob der betreffende Asylbewerber einer solchen tatsächlich schon einmal ausgesetzt gewesen ist. Derartige Erfahrungen sind vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Schwachstellen im Zielland der Abschiebung des Asylbewerbers vorliegen; sie führen auch nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens derartiger Schwachstellen. 71Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 10 B 35.14 –, Asylmagazin 2014, 258 (juris Rn. 6); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, 77 (juris Rn. 33); jeweils zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO. 72Unter „Asylverfahren und Aufnahmebedingungen“ ist das gesamte Asylsystem eines Mitgliedstaats zu verstehen. Dieses umfasst den Zugang zum Asylverfahren, das Asylverfahren selbst, die Behandlung während des Verfahrens, die Handhabung der Anerkennungsvoraussetzungen, das Rechtschutzsystem und auch die Behandlung nach einer ggf. erfolgten Anerkennung. 73Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 29. April 2014 – RO 4 K 14.50022 –, juris Rn. 34; VG Kassel, Beschluss vom 24. Juli 2015 – 6 L 1147/15.KS.A –, Abdruck S. 7; Lübbe, ZAR 2014, 105, 108. 74Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem – aus welchen Gründen auch immer –faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird. Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Asylbewerbern auszuwirken. Vielmehr kann eine systemische Schwachstelle auch dann vorliegen, wenn sie von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern (z.B. Schwangere oder Personen mit einer psychischen Erkrankung) betreffen kann, sofern sie sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist. 75Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, 77 (juris Rn. 33); Lübbe, ZAR 2014, 105, 107 f. 76Wesentliche Kriterien für die Beurteilung, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der im Wesentlichen mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. Allerdings verpflichtet Art. 3 EMRK nach der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte staatliche Stellen nicht, Flüchtlinge mit einer Wohnung zu versorgen oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. 77Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S./Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413, Rn. 249, sowie vom 4. November 2014– 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) –, NVwZ 2015, 127, Rn. 95. 78Einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im vorstehenden Sinne sind Asylbewerber, die vollständig auf staatliche Hilfe angewiesen sind, insbesondere dann ausgesetzt, wenn sie sich in einer mit der menschlichen Würde unvereinbaren Situation ernsthafter Entbehrungen und Not behördlicher Gleichgültigkeit gegenüber sehen. 79Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S./Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413, Rn. 253, sowie vom 4. November 2014– 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) –, NVwZ 2015, 127, Rn. 98; s.a. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15.12 –, BVerwGE 146, 12 (juris Rn. 24); United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 –, Rn. 62. 80Dabei ist zu berücksichtigen, ob staatliche Stellen es durch ihr vorsätzliches Handeln oder Unterlassen Asylbewerbern praktisch verwehren, von ihren gesetzlich verankerten Rechten auf eine Unterkunft und annehmbare materielle Bedingungen Gebrauch zu machen. 81Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S./Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413, Rn. 250; sowie vom 4. November 2014– 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) –, NVwZ 2015, 127, Rn. 96; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, AuAS 2014, 118 (juris Rn. 120). 82Sind Kinder betroffen, ist entscheidend auf ihre besondere Verletzlichkeit abzustellen, der der Vorrang gegenüber dem Gesichtspunkt ihres Status als illegaler Einwanderer einzuräumen ist. 83Vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) –, NVwZ 2015, 127, Rn. 99. 84Im Rahmen der Prognose, ob ein Antragsteller in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird, ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen; maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis. 85Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S./Belgien und Griechenland) –, Hudoc Rn. 359 (insoweit in NVwZ 2011, 413 nicht abgedruckt); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rn. 21. 86bb) Bei Anlegung dieses Maßstabs läuft der Kläger im Falle seiner Überstellung nach Italien keine Gefahr, dort aufgrund systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden. Aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen kommt das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), dass volljährigen und gesunden Asylbewerbern, die wie der Kläger in Italien ausweislich eines EURODAC-Treffers der Kategorie 2 noch keinen Asylantrag gestellt haben, im Falle ihrer Überstellung dorthin grundsätzlich keine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung i.S.d. Art. 4 GRCh droht. 87(1) Zwar gestalten sich die Aufnahmebedingungen in Italien für Asylbewerber, insbesondere was die Unterbringungsmöglichkeiten angeht, als schwierig. Dies ist durch die seit Anfang 2014 zu verzeichnende erhebliche Zunahme der in Italien gestellten Asylanträge bedingt. So sind im Vergleich zu 2013, als etwa 28.000 Asylanträge zu verzeichnen waren 88- vgl. Asylmagazin 4/2014, S. 103 -, 89bis Ende 2015 etwa 84.000 Asylanträge in Italien registriert worden. 90Vgl. http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language =de &pcode=tps00189&plugin=1, abgerufen am 9. Februar 2016. 91Grundsätzlich ist das Verfahren in Italien so ausgestaltet, dass Asylbewerber, nachdem sie in Italien angekommen sind, zunächst entweder bei der Grenzpolizei oder beim Migrationsbüro der Polizei (sog. Questura) ihr Asylbegehren äußern, wo ihre Daten aufgenommen, ihnen Fingerabdrücke abgenommen und sie fotografiert werden (sog. fotosegnalamento). In einem zweiten Schritt erfolgt dann eine formale Registrierung bei der Questura, die sog. verbalizzazione. Diese beiden Schritte können zeitlich auseinanderfallen, wobei zwischen beiden zwar grundsätzlich eine Zeitspanne von bis zu zehn Arbeitstagen liegen darf, in der Praxis aber auch längere Wartezeiten, unter Umständen sogar von mehreren Monaten, zu beachten sind. 92Vgl. Asylum Information Database (aida), Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 20 f. und 60. 93An dieses System knüpft auch die Unterbringung an: Es bestehen zunächst Aufnahmeeinrichtungen, in denen Asylbewerber untergebracht werden, während sie noch auf die formale Registrierung, die verbalizzazione, warten. Dabei handelt es sich entweder um sog. CARA, die speziell für die Unterbringung von Asylbewerbern vorgesehen sind, oder um sog. CDA, die eigentlich für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehalten werden, oder um sog. CPSA als Erste-Hilfe Einrichtungen. In diesen Unterkünften standen am 10. Oktober 2015 rund 7.300 Plätze zur Verfügung. Des Weiteren kann es auch zu einer Unterbringung in einer Notunterkunft, den sog. CAS kommen, die am 10. Oktober 2015 über rund 70.000 Plätze verfügten. Nachdem die verbalizzazione erfolgt ist, werden die Asylbewerber in sog. SPRAR-Einrichtungen untergebracht. Diese werden von Kommunen, Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben. Am 10. Oktober 2015 verfügten die SPRAR-Einrichtungen über 21.814 Plätze. 94Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 60 ff.; Associazione Studi Giuridici sull´Immigrazione (ASGI), The Dublin System and Italy: A Wavering Balance, Stand: März 2015, S. 13 ff. 95Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger im Fall seiner Rückkehr nach Italien einen Platz in einer der danach zur Verfügung stehenden Unterkünfte erlangen und dort auch ausreichend versorgt werden wird. Dabei ist zu berücksichtigen: 96Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind nur diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Klägers auswirken (können). 97Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, AuAS 2014, 118 (juris Rn. 130). 98Der Kläger hat in Italien noch keinen Asylantrag gestellt. Daher ist vorliegend auf die Situation von Dublin-Rückkehrern abzustellen, die in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben. Nicht maßgeblich ist demnach z. B. die Situation von Rückkehrern, die bei ihrem ersten Aufenthalt in Italien bereits einen Asylantrag gestellt haben, aber vor einer Entscheidung weitergereist sind oder über deren Asylantrag schon entschieden worden ist, die sich also aktuell nicht mehr in einem Asylverfahren befinden. Ferner ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner Ankunft in Italien einen Asylantrag stellen und die dort zur Verfügung stehenden Angebote der Versorgung im Rahmen des Möglichen tatsächlich nutzen wird. 99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, AuAS 2014, 118 (juris Rn. 130). 100Soweit eine mangelhafte Versorgung nämlich erst durch ein eigenmächtiges, nicht regelkonformes Verhalten des Betroffenen (z.B. Nichtaufsuchen der als zuständig mitgeteilten Stellen, Untertauchen, bewusster Verzicht von Beratung bzw. Vermittlung von Unterkunft, vorzugsweises Wohnen in „besetzten Häusern“ oder Slums statt in staatlichen Aufnahmeeinrichtungen aufgrund eigener Willensentscheidung) ausgelöst wird, kann dies nicht dem italienischen Staat als Systemfehler und Auslöser einer Grundrechtsverletzung angelastet werden. 101Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, AuAS 2014, 118 (juris Rn. 134); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014– A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 50). 102Speziell für Dublin-Rückkehrer, die – wie der Kläger – noch keinen Asylantrag in Italien gestellt haben, stellt sich die Situation bei einer Überstellung nach Italien wie folgt dar: Dublin-Rückkehrer kommen in der Regel an einem der Hauptflughäfen– wie Rom oder Mailand – in Italien an. Nach der Ankunft am Flughafen verbleiben die betreffenden Personen dort so lange, bis ihr Asylantrag aufgenommen wurde und die formale Registrierung (verbalizzazione) ordnungsgemäß erfolgt ist. Dies kann unter Umständen bis zu einigen Tagen dauern. Nachdem die Registrierung erfolgt ist, werden diese Dublin-Rückkehrer zu einer Unterkunft geschickt. Dabei war es bislang so, dass diese spezielle Gruppe von Dublin-Rückkehrern entweder zu einer Unterkunft gebracht wurde, die aus Mitteln des European Refugee Fund (ERF) finanziert wurde und speziell für Dublin-Rückkehrer zur Verfügung stand, oder zu einer (Not-)Unterkunft in einer kommunalen oder karitativen Einrichtung, wie z.B. dem sog. „Staderini“ in Rom. Dies führte dazu, dass z.B. die Unterbringungsquote der in Rom angekommenen Dublin-Rückkehrer, die bislang noch keinen Asylantrag in Italien gestellt haben, bei 100 % lag. 103Vgl. ASGI, The Dublin System and Italy: A Wavering Balance, Stand: März 2015, S. 8 f. und 34 f.; aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 40. 104Zwar liefen die Mittel für die vom ERF finanzierten Projekte im Juni 2015 aus; es wird aber erwartet, dass die Finanzierung wieder aufgenommen wird. Zudem sollen in den nächsten Monaten neue Vorhaben zur Unterbringung speziell von Dublin-Rückkehrern initiiert werden. 105Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 64 und 67. 106Unabhängig von Programmen der vorgenannten Art steht Dublin-Rückkehrern, die in Italien bislang noch keinen Asylantrag gestellt haben, aber auch der Zugang zu den CARA- und SPRAR-Einrichtungen offen. Ferner stehen in Italien über 70.000 Plätze in Notunterkünften zur Verfügung, in denen die betreffenden Personen für eine Übergangszeit untergebracht werden können. Dabei handelt es sich um Hotels, Schulen oder andere Einrichtungen. Hinzu kommt ein Netzwerk an privaten Unterbringungsmöglichkeiten, welches nicht Teil des staatlichen Aufnahmesystems ist; über die Zahl der dort vorhandenen Plätze liegen indessen keine belastbaren Daten vor. 107Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 63 und 69. 108Die Tatsache, dass die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften unterkommen müssen, begründet keine systemische Schwachstelle. 109Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 50). 110Im Jahr 2014 sind im Rahmen des Dublin-Systems lediglich 1.918 Personen nach Italien überstellt worden; aktuelle Zahlen für 2015 sind nicht verfügbar. 111Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 37. 112Angesichts dieser Erkenntnisse ist das Gericht davon überzeugt, dass Dublin-Rückkehrer, die – wie der Kläger – in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, bei einer Überstellung nach Italien obdachlos zu werden. Soweit in Einzelfällen Dublin-Rückkehrer, die in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, nicht mit einer Unterkunft versorgt werden, basiert dies zur Überzeugung des Gerichts nicht auf Schwachstellen des italienischen Unterbringungssystems, sondern auf einer rechtlich irrelevanten Verkettung (s.o. aa)) unglücklicher Umstände. 113Ferner gibt es auf der Grundlage der der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die den Dublin-Rückkehrern, die in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, während der Durchführung des Asylverfahrens zur Verfügung gestellten Unterkünfte gleich welcher Art wegen ihrer Beschaffenheit und Ausstattung oder wegen der dort herrschenden Zustände in einer Weise unzumutbar wären, dass daraus auf die konkrete Gefahr einer erniedrigenden Behandlung im Falle der Überstellung des Klägers nach Italien geschlossen werden könnte. 114Zwar variieren sowohl in den CARA- als auch in den CAS-Einrichtungen die Standards von Einrichtung zu Einrichtung. In der Regel werden die Minimalanforderungen in diesen Einrichtungen aber gewahrt. 115Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 70 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft an das VG Schwerin vom 23. April 2015, S. 4. 116(2) Die Kammer ist ebenfalls davon überzeugt, dass Dublin-Rückkehrer, die in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, während des Asylverfahrens in Italien nicht unter Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh in materieller Not leben müssen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen, wie z.B. den CARA werden die Asylbewerber mit Essen und Kleidung versorgt. Zusätzlich bekommen sie ein Taschengeld in Höhe von 2,50 € pro Tag. 117Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 64 f. 118Bezüglich der Unterbringung in Notunterkünften ergibt sich aus Art. 18 Abs. 9 a.E. der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. 180, S. 96, sog. Aufnahmerichtlinie), dass in solchen Einrichtungen zumindest die Grundbedürfnisse der Untergebrachten gedeckt sein müssen. Dass die (zunächst) in Notunterkünften untergebrachten Personen – anders als die in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Asylbewerber – unter Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh in materieller Not leben müssten, ist den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln nicht zu entnehmen. 119Allein die Tatsache, dass die Qualität der Nahrung in manchen Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. 120Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, InfAuslR 2015, 77 (juris Rn. 49). 121(3) Auch die medizinische Versorgung von Dublin-Rückkehrern, die – wie der Kläger – in Italien zuvor noch keinen Asylantrag gestellt haben, ist sichergestellt: Mit der Registrierung ihres Asylgesuchs haben Asylbewerber in Italien kostenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung. Diese umfasst dieselben Leistungen, wie sie auch den italienischen Bürgern zusteht, z.B. die freie Wahl eines Hausarztes und die Versorgung im Krankenhaus. Voraussetzung ist, dass sich die Asylbewerber beim nationalen Gesundheitsdienst anmelden. Den aktuellen Erkenntnismitteln lässt sich nicht entnehmen, dass für den Zugang zur Gesundheitsversorgung ein ständiger Wohnsitz bzw. eine feste Adresse Voraussetzung wäre. Vielmehr ergibt sich, dass hinsichtlich des Zugangs zu medizinischer Versorgung kein Unterschied besteht zwischen Asylbewerbern, die in einer Aufnahmeeinrichtung versorgt werden, und solchen, die sich außerhalb des Aufnahmesystems befinden. 122Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 82 f. 123Individuelle Besonderheiten im Sinne einer besonderen Verletzlichkeit (z.B. aufgrund einer psychischen Erkrankung) bestehen im Fall des Klägers nicht. 124(4) Durchgreifende Mängel gibt es auch nicht in Bezug auf Qualität und Dauer der Asylverfahren in Italien. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass von einer unverhältnismäßig restriktiven Asylpraxis auszugehen ist. Von insgesamt 35.180 Entscheidungen über die Zuerkennung eines Schutzstatus fielen im Jahr 2014 20.580 Entscheidungen positiv aus. Mit ca. 59 % bringt das italienische Asylverfahren damit eine seit Jahren gleichbleibend hohe Schutzquote hervor. 125Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 11. Dezember 2015 – AN 14 K 15.50316 –, juris Rn. 23 (unter Verweis auf Zahlen von Pro Asyl); vgl. hierzu auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, InfAuslR 2015, 77 (juris Rn. 45 m.w.N.). 126Zudem ist die Dauer der Asylverfahren in Italien nicht zu beanstanden. Bis zu einer behördlichen Entscheidung über den Asylantrag vergeht eine Zeitspanne von 33 Tagen bis hin zu 18 Monaten. 127Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 27 f. 128Dies ist angesichts der Anzahl in Italien gemeldeter Asylbewerber auch im Verhältnis zu anderen europäischen Staaten angemessen und entspricht im Wesentlichen den Vorgaben des Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180, S. 60, sog. Verfahrensrichtlinie). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Verstoß gegen die Vorgaben einer Richtlinie eine systemische Schwachstelle begründet (s.o aa)). 129(5) Auch bezüglich der Gewährung von Rechtsschutz lassen sich durchgreifende Mängel nicht erkennen. Asylbewerber können gegen eine negative behördliche Entscheidung gerichtlich vorgehen; gegen eine negative erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung stehen den Betroffenen Rechtsmittel zu. 130Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 19 f. und 33 f. 131Die gerichtlichen Verfahren müssen durch einen Rechtsanwalt eingeleitet werden. Asylbewerber haben allerdings einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Voraussetzung hierfür ist, dass sie ihre wirtschaftliche Bedürftigkeit nachweisen. Dieser Nachweis kann dadurch geführt werden, dass die betreffenden Personen eine Bescheinigung ihrer Auslandsvertretung beibringen oder – für den Fall, dass sie diese Bescheinigung nicht beibringen können – selbst eine Erklärung über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse abgeben. Soweit früher in Rom die Abgabe der von der Auslandsvertretung ausgestellten Bescheinigung zwingende Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe war, wird hieran nicht mehr festgehalten. 132Vgl. aida, Country Report: Italy, Stand: Dezember 2015, S. 33 ff. 133(6) Soweit der Kläger während seines Aufenthalts in Italien keine zureichende Unterbringung und Versorgung erfahren haben mag, kann dies die vorstehenden Feststellungen nicht durchgreifend in Zweifel ziehen. Wie bereits dargestellt, knüpft die Unterbringung und Versorgung an die Stellung eines Asylantrags an. Wenn Personen in Italien bewusst keinen Asylantrag stellen, finden sie auch keinen Zugang zu den Aufnahmeeinrichtungen. Dieses Verhalten ist dem italienischen Staat aber – wie ausgeführt – nicht zuzurechnen. 134Nach alledem ist festzustellen, dass das italienische Asylverfahren und namentlich die Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrer, die – wie hier der Kläger – in Italien noch keinen Asylantrag gestellt haben, zwar durchaus gewisse Defizite aufweisen mögen, das Asylverfahren in Italien aber für diese Personengruppe nicht an systemischen Schwachstellen leidet, welche dazu führen, dass Angehörige dieser Gruppe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. 135Ebenso im Ergebnis z.B. auch: OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014– 1 A 21/12.A –, AuAS 2014, 118 (juris); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, InfAuslR 2014, 253 (juris); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Dezember 2015 – 7a K 4863/15.A –, juris; VG Ansbach, Urteil vom 11. Dezember 2015 – AN 14 K 15.50316 –, juris; VG München, Urteil vom 3. November 2015 – M 12 K 15.50799 -, juris; a.A. etwa VG Darmstadt, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 4 K 1536/14.DA.A –, juris. 136d) Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Schwachstellen für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt 137- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, NVwZ 2015, 124, Rn. 104, und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -, 138würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung nach § 27a AsylG führen. Denn es ist angesichts der vorstehend unter c) behandelten Erkenntnisse zum italienischen Asylsystem nicht erkennbar, dass der Kläger Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Italien – ggf. auch unabhängig vom Vorliegen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. 139e) Ist demnach Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und macht das Bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem Recht zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) Gebrauch, so hat weder das Bundesamt noch das Gericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob einer Abschiebung des Klägers nach Eritrea Abschiebungsverbote entgegenstehen. Diese Prüfung obliegt allein den zuständigen italienischen Behörden. Sieht sich der Kläger durch deren Entscheidung in seinen Rechten verletzt, muss er in Italien um Rechtschutz nachsuchen. 1402. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 19. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG bestimmt, dass dann, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann. 141Danach ist die Anordnung der Abschiebung des Klägers nach Italien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Italienische Republik ist – wie bereits unter 1. dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind. 142Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310 (juris Rn. 3), sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris Rn. 11. 143Entsprechende Hindernisse sind vorliegend weder substanziiert geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, wonach er u.a. an einem Angioödem bzw. einer allergischen Reaktion sowie Erkrankungen auf gastroenterologischem Gebiet leide. Es ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, warum die insoweit etwa erforderlichen Behandlungen des Klägers nicht auch in Italien erfolgen können. Auch im Übrigen vermag das Gericht den vorgelegten Bescheinigungen keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses zu entnehmen. Namentlich ist nichts für eine Reiseunfähigkeit des Klägers ersichtlich. Eine Reiseunfähigkeit, aus der sich ein Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ergibt, liegt vor, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), ferner dann, wenn die Abschiebung als solche – außerhalb des Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). 144Vgl. dazu erneut den Beschluss des BVerfG vom 17. September 2014– 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11). 145Belastbare Indizien für eine Reiseunfähigkeit im vorstehend genannten Sinne kann die Kammer den genannten Bescheinigungen nicht entnehmen. In diesem Zusammenhang bestehen mithin auch keine weiteren Ermittlungspflichten des Gerichts. 146C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens beruht auf § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der nicht durch amtliche dokumente seines heimatlands ausgewiesene kläger gibt an, am 1. januar 1977 geboren zu sein und aus eritrea zu stammen. am 28. november 2013 stellte er beim bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) einen asylantrag. bei seiner anhörung vor dem bundesamt gab der kläger an, er habe in keinem anderen land einen asylantrag gestellt; auch seien ihm in keinem anderen land fingerabdrücke abgenommen worden. eine anfrage des bundesamtes an die eurodac-datenbank ergab für den kläger am 13. dezember 2013 einen treffer der kategorie 2 (it2rg013j2). am 23. januar 2014 richtete das bundesamt ein aufnahmeersuchen an die italienischen behörden, die sich am 24. märz 2014 zur übernahme des klägers bereit erklärten. 3mit bescheid vom 19. juni 2014, der am 26. juni 2014 zur post gegeben wurde, lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers als unzulässig ab und ordnete seine abschiebung nach italien an. 4der kläger hat am 3. juli 2014 klage erhoben und beruft sich zur begründung im kern darauf, dass das italienische asylverfahren sowie die aufnahmebedingungen für asylbewerber in italien gravierende systemische mängel aufwiesen und ihm somit eine rückkehr dorthin unzumutbar sei. hierzu beruft er sich auf diverse erkenntnisse zur lage von asylbewerbern in italien und verweist auf einschlägige verwaltungsgerichtliche rechtsprechung. ferner legte er mehrere ärztliche atteste vor, in den ihm das vorliegen verschiedener erkrankungen bescheinigt wird. 5der kläger beantragt, 6den bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 19. juni 2014 aufzuheben. 7die beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die klage abzuweisen. 9mit beschluss vom 25. november 2014 – 10 l 513/14.a – hat das gericht die aufschiebende wirkung der vorliegenden klage gegen die im angefochtenen bundesamtsbescheid enthaltene abschiebungsanordnung angeordnet. 10der berichterstatter hat den kläger am 19. märz 2015 zu seinen lebensumständen in italien angehört. wegen der einzelheiten wird auf die anhörungsniederschrift, wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands auf die gerichtsakten der verfahren 10 k 1613/14.a und 10 l 513/14.a sowie auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamts (drei hefter) bezug genommen. 11
12a. die kammer ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen verhandlung vom 27. januar 2016 zu entscheiden, obwohl kein vertreter der beklagten zur mündlichen verhandlung erschienen ist. denn die beteiligten wurden unter hinweis darauf, dass das gericht beim ausbleiben eines beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 abs. 2 vwgo). 13b. die klage hat keinen erfolg. 14i. allerdings ist die klage als anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 vwgo) statthaft. dies gilt sowohl für die unter ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides verfügte ablehnung des asylantrags als unzulässig 15- vgl. bverwg, urteile vom 27. oktober 2015 – 1 c 32/14 –, juris rn. 13 ff., sowie vom 16. november 2015 – 1 c 4/15 –, juris rn. 9 - 16als auch für die unter ziffer 2 verfügte abschiebungsanordnung. 17vgl. bverwg, urteile vom 27. oktober 2015 – 1 c 32/14 –, juris rn. 15, sowie vom 16. november 2015 – 1 c 4/15 –, juris rn. 9. 18die klage ist auch im übrigen zulässig. insbesondere ist die klage fristgerecht erhoben worden. insoweit lässt die kammer offen, ob die klagefrist vorliegend eine woche oder zwei wochen betrug 19- vgl. zu dieser frage, die bis zu dem am 24. oktober 2015 erfolgten inkrafttreten des § 74 abs. 1 asylg in der fassung des asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. oktober 2015 (bgbl. i s. 1722) streitig gewesen ist, vg minden, urteil vom 19. märz 2015 – 10 k 2658/14.a –, juris rn. 29 bis 32, m.w.n. -. 20da der streitgegenständliche bescheid vom 19. juni 2014 ausweislich der beigezogenen bundesamtsakten erst am 26. juni 2014 zur post gegeben wurde, die vorliegende klage aber schon am siebten tag nach diesem datum, nämlich am 3. juli 2014, erhoben wurde, wäre in jedem fall selbst eine nur einwöchige klagefrist gewahrt. 21ii. die danach zulässige klage ist jedoch unbegründet. in dem gemäß § 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg i.d.f. durch gesetz vom 20. oktober 2015 (bgbl. i s. 1722) maßgeblichen zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung sind die in dem bescheid des bundesamtes vom 19. juni 2014 enthaltenen verwaltungsakte, die ablehnung des durch den kläger in deutschland gestellten asylantrags als unzulässig (§ 27a asylg) sowie die daran anknüpfende anordnung seiner abschiebung nach italien (§ 34a asylg), rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 221. das bundesamt hat den asylantrag des klägers zu recht als unzulässig abgelehnt. gemäß § 27a asylg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. diese voraussetzungen liegen hier vor. für die durchführung des asylverfahrens des klägers ist die italienische republik zuständig. 23a) dies ergibt sich aus den zuständigkeitskriterien der verordnung (eg) nr. 343/2003 des rates vom 18. februar 2003 (abl. l 50, s. 1, sog. dublin-ii-vo). diese sind hier nach der übergangsregelung in art. 49 abs. 2 satz 2 der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 (abl. l 180, s. 31, sog. dublin-iii-vo) weiter anwendbar, weil der kläger seinen asylantrag, d.h. seinen antrag auf internationalen schutz im sinne von art. 2 buchst. b) dublin-iii-vo, am 28. november 2013 und damit vor dem 1. januar 2014 als dem gemäß art. 49 unterabs. 2 dublin-iii-vo maßgeblichen stichtag gestellt hat. im übrigen, d.h. abgesehen von den kriterien zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaates, ist auf den vorliegenden fall jedoch bereits die dublin-iii-vo und nicht mehr die dublin-ii-vo anzuwenden, weil das aufnahmegesuch der beklagten an die italienischen behörden am 23. januar 2014 und somit nach dem 1. januar 2014 gestellt wurde. für diesen fall gilt der in art. 49 abs. 2 satz 1 alt. 2 dublin-iii-vo formulierte grundsatz, wonach die dublin-iii-vo ungeachtet des zeitpunkts der stellung des antrags auf internationalen schutz ab dem 1. januar 2014 auf alle gesuche um aufnahme oder wiederaufnahme von antragstellern anwendbar ist. 24vgl. dazu etwa filzwieser/sprung, kommentar zur dublin-iii-verordnung, 1. auflage (2014), art. 49 anm. k3. 25art. 3 abs. 1 satz 2 der nach den vorstehenden ausführungen hinsichtlich der zuständigkeitskriterien weiter anwendbaren dublin-ii-vo sieht vor, dass asylanträge von einem einzigen mitgliedstaat geprüft werden; welcher mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den kriterien der art. 6 bis 12 und 14 dublin-ii-vo und zwar in der rangfolge ihrer nummerierung (art. 5 abs. 1 dublin-ii-vo). lässt sich anhand dieser kriterien nicht bestimmen, welcher mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste mitgliedstaat zuständig, in dem ein antrag auf internationalen schutz gestellt wurde (art. 13 dublin-ii-vo). bei anwendung dieser kriterien ist die italienische republik für die durchführung des asylverfahrens des klägers zuständig. 26aa) dies folgt mangels vorrangiger kriterien aus art. 10 abs. 1 satz 1 dublin-iii-vo. danach ist derjenige mitgliedstaat für die prüfung des asylantrags zuständig, dessen land-, see- oder luftgrenze der antragsteller aus einem drittstaat kommend illegal überschritten hat. ein solcher fall ist hier gegeben. denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der beklagten nicht in zweifel gezogenen angaben hat der kläger aus einem drittstaat (libyen) kommend als erstes die (see-) grenze zu dem mitgliedstaat italien überschritten. dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen aufenthaltstitel und insofern illegal. die daraus resultierende zuständigkeit italiens hat auch nicht nach art. 10 abs. 1 satz 2 dublin-ii-vo geendet. zwar endet nach dem wortlaut dieser vorschrift die zuständigkeit (eines mitgliedstaats für die durchführung des asylverfahrens) zwölf monate nach dem tag des illegalen grenzübertritts. damit ist aber lediglich gemeint, dass die zuständigkeit dann endet, wenn vor ablauf der genannten frist in keinem der mitgliedstaaten ein asylantrag gestellt wurde. diese auslegung ergibt sich zwingend vor dem hintergrund des art. 5 abs. 2 dublin-ii-vo, der als maßgeblichen zeitpunkt für die beurteilung der dublin-zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der asylbewerber seinen antrag zum ersten mal in einem mitgliedstaat stellt. deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem einreisestaat innerhalb der in rede stehenden frist ein asylantrag gestellt wurde. ebenso wenig ist es von bedeutung, ob der zwölfmonatszeitraum im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung abgelaufen ist 27- vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, auas 2014, 118 (juris rn. 46 ff.) m.w.n. -. 28damit steht art. 10 abs. 1 satz 2 dublin-ii-vo einer zuständigkeit italiens nicht entgegen. der kläger hat im erörterungstermin am 19. märz 2015 vor dem berichterstatter erklärt, am 13. oktober 2013 in italien angekommen zu sein. das gericht hat keinen anlass, diese angabe in zweifel zu ziehen. die asylantragstellung in deutschland erfolgt sodann bereits am 28. november 2013, d.h. lediglich rund sechs wochen nach der illegalen einreise in die italienische republik. der asylantrag wurde mithin unzweifelhaft innerhalb der zwölfmonatsfrist nach art. 10 abs. 1 satz 2 dublin-iii-vo gestellt. 29bb) unabhängig von den vorstehenden ausführungen ist italien aber auch deswegen für die durchführung des asylverfahrens des klägers zuständig, weil das italienische innenministerium dem aufnahmeersuchen des bundesamts vom 23. januar 2014 mit schreiben vom 24. märz 2014 ausdrücklich zugestimmt hat. aufgrund dieser zustimmung steht italien als der für die prüfung des asylantrags des klägers zuständige staat fest 30- vgl. bayvgh, urteil vom 21. mai 2015 – 14 b 12.30323 –, infauslr 2015, 403 (juris rn. 20) - 31und kommt es jedenfalls im vorliegenden fall nicht mehr entscheidend darauf an, ob die voraussetzungen für die zuständigkeit italiens tatsächlich vorliegen. 32nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs kann ein asylbewerber dann, wenn der ersuchte mitgliedstaat – wie hier – seiner aufnahme oder wiederaufnahme auf grundlage des art. 10 abs. 1 dublin-ii-vo (kriterium der unerlaubten einreise) zugestimmt hat, der heranziehung dieses kriteriums nur damit entgegen treten, dass er systemische schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen in diesem mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme darstellen, dass er in diesem mitgliedstaat tatsächlich gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 der eu-grundrechtecharta (grch) ausgesetzt zu werden. 33vgl. eugh, urteil vom 10. dezember 2013 – c-394/12 (abdullahi) –, nvwz 2014, 208, rn. 60 und 62; bverwg, urteil vom 19. märz 2014 – 10 b 6/14 –, nvwz 2014, 1039 rn. 7. 34dieser unmittelbar auf ein bestimmtes zuständigkeitskriterium bezogenen entscheidung lässt sich verallgemeinernd entnehmen, dass die in den beiden dublin-verordnungen vorgesehenen zuständigkeitskriterien abgesehen von ausnahmen keinen drittschutz vermitteln. bei diesen kriterien handelt es sich grundsätzlich um rein organisatorische regelungen, die allein die beziehungen zwischen den mitgliedstaaten regeln. 35vgl. eugh, urteil vom 10. dezember 2013 – c-394/12 (abdullahi) –, nvwz 2014, 208, rn. 56. 36zuständigkeitskriterien, denen die rechtsprechung wie z.b. art. 6 abs. 2 dublin-ii-vo (zuständigkeit für unbegleitete minderjährige) 37- vgl. bverwg, urteil vom 16. november 2015 – 1 c 4/15 –, juris rn. 24 f.; eugh, urteil vom 6. juni 2013 – c-648/11 –, nvwz-rr 2013, 735, (juris rn. 57) - 38drittschützende wirkung zuspricht, sind im vorliegenden fall nicht einschlägig. infolge dessen begründet die annahme des aufnahmeersuchens durch die italienischen behörden gleichsam konstitutiv 39- vgl. bayvgh, urteil vom 21. mai 2015 – 14 b 12.30323 –, infauslr 2015, 403 (juris rn. 20) - 40deren zuständigkeit für die durchführung des asylverfahrens des klägers. 41cc) aufgrund der danach gegebenen zuständigkeit der italienischen republik ist diese zur aufnahme des klägers verpflichtet. die aufnahmepflicht ergibt sich aus der verfahrensvorschrift des art. 18 abs. 1 buchst. a) dublin-iii-vo, die hier – wie ausgeführt – nach dem grundsatz des art. 49 abs. 2 satz 1 alt. 2 dublin-iii-vo trotz der schon vor dem 1. januar 2014 erfolgten asylantragstellung anwendbar ist. dies hat zur weiteren folge, dass im fall des klägers auch die verfahrensvorschriften der art. 21, 22 und 29 dublin-iii-vo zur anwendung kommen. 42vgl. zur anwendbarkeit dieser bestimmungen in fällen der vorliegenden art erneut filzwieser/sprung, a.a.o., art. 49 anm. k3. 43es besteht hier eine pflicht zur aufnahme nach diesen bestimmungen und nicht eine solche zur wiederaufnahme nach art. 18 abs. 1 buchst. b) bis d) dublin-iii-vo i.v.m. art. 23, 24, 25 und 29 dublin-iii-vo, weil voraussetzung für eine wiederaufnahme durch italien wäre, dass der kläger dort bereits ein asylverfahren betrieben hätte. dies ist nicht der fall. denn für den kläger wurde hinsichtlich italiens (lediglich) ein eurodac-treffer der kategorie 2 und kein solcher der kategorie 1 erzielt. nach den insoweit einschlägigen bestimmungen 44- vgl. art. 2 abs. 3 satz 5 der verordnung (eg) nr. 407/2002 des rates vom 28. februar 2002 - eurodac-dvo -, abl. eg l 62 vom 5. märz 2002, s. 1, zur festlegung von durchführungsbestimmungen zur verordnung (eg) nr. 2725/2000 des rates vom 11. dezember 2000 über die einrichtung von „eurodac“ für den vergleich von fingerabdrücken zum zwecke der effektiven anwendung des dubliner übereinkommens - eurodac-vo -, abl. eg l 316 vom 15. dezember 2000, s. 1 - 45werden aber nur daten von asylbewerbern der kategorie 1 zugeordnet; hinsichtlich der erhobenen und übermittelten daten aus dem eurodac-system besteht gemäß art. 13 abs. 1 buchst. c) eurodac-vo eine europarechtliche richtigkeitsgewähr. 46vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 18. dezember 2014 – 13 l 2759/14.a –, juris rn. 37. 47im einklang mit dem erzielten eurodac-treffer der kategorie 2 hat der kläger selbst im erörterungstermin vom 19. märz 2015 erklärt, in italien noch keinen asylantrag gestellt zu haben. 48b) die danach gemäß art. 18 abs. 1 buchst. a) dublin-iii-vo gegebene pflicht italiens zur aufnahme des klägers ist auch nicht etwa wegen des ablaufs der maßgeblichen antrags- und überstellungsfristen erloschen. 49aa) die hier (aufgrund des erzielten eurodac-treffers) einschlägige zweimonatige frist zur stellung des aufnahmegesuchs (art. 21 abs. 1 unterabs. 2 dublin-iii-vo) hat das bundesamt beachtet, indem es am 23. januar 2014 und somit rund sechs wochen nach der positiven eurodac-abfrage, die vom 13. dezember 2013 datiert, ein aufnahmeersuchen an die italienischen behörden gerichtet hat. 50bb) ebenso wenig ist die sechsmonatige frist für die überstellung des klägers in den zuständigen mitgliedstaat (art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo) mit der folge überschritten, dass die zuständigkeit für die durchführung seines asylverfahrens gemäß art. 29 abs. 2 satz 1 dublin-iii-vo auf die beklagte übergegangen wäre. 51nach art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo erfolgt die überstellung eines antragstellers aus dem ersuchenden mitgliedsstaat (hier: bundesrepublik deutschland) in den zuständigen mitgliedstaat (hier: italienische republik) gemäß den innerstaatlichen rechtsvorschriften des ersuchenden mitgliedsstaates nach abstimmung der beteiligten mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer frist von sechs monaten nach der annahme des aufnahme- oder wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen mitgliedstaat (fall 1) oder der endgültigen entscheidung über einen rechtsbehelf oder eine überprüfung, wenn diese(r) gemäß art. 27 abs. 3 dublin-iii-vo aufschiebende wirkung hat (fall 2). 52der fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo angesprochenen zweiten fall, wonach die maßgebliche überstellungsfrist von sechs monaten erst mit der (endgültigen) entscheidung über einen rechtsbehelf oder eine überprüfung, wenn diese(r) gemäß art. 27 abs. 3 dublin-iii-vo aufschiebende wirkung hat, beginnt. ein „rechtsbehelf“ im sinne von art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo, dem aufschiebende wirkung zukommen kann, ist in jedem fall zunächst einmal der hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende klage). diesem kommt aufschiebende wirkung zu, wenn sie gemäß § 80 abs. 5 vwgo i.v.m. § 34a abs. 2 satz 1 asylg im einzelfall durch das gericht angeordnet wird. 53vgl. ovg nrw, beschluss vom 8. september 2014 – 13 a 1347/14.a –, juris rn. 8 (zur überstellungsfrist nach der dublin-ii-vo) m.w.n. 54so liegt der fall auch hier, weil das gericht mit beschluss vom 25. november 2014– 10 l 513/14.a – die aufschiebende wirkung der klage gegen die im bundesamtsbescheid vom 19. juni 2014 enthaltene abschiebungsanordnung angeordnet hatte. diese gerichtliche entscheidung erfolgte zu einem zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene frist nach art. 29 abs. 1 unterabs. 1 fall 1 dublin-iii-vo, wonach die überstellungsfrist von sechs monaten mit der annahme des aufnahme- oder wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die zuständigkeit mithin noch nicht auf die beklagte übergegangen war. 55stellt man vorliegend auf eine zuständigkeit italiens nach dem in art. 10 abs. 1 dublin-ii-vo beschriebenen kriterium der unerlaubten einreise ab, so wäre dieser mitgliedstaat – ungeachtet des schreibens der italienischen behörden vom 24. märz 2014, mit dem sie ihr einverständnis mit der aufnahme des klägers erklärt haben – bereits mit ablauf des 23. märz 2014 für das asylverfahren des klägers zuständig geworden, da sie dem gesuch des bundesamtes vom 23. januar 2014 nicht innerhalb der hier maßgeblichen frist von zwei monaten widersprochen hat (art. 22 abs. 7 dublin-iii-vo). in diesem fall hat die sechsmonatige überstellungsfrist mit ablauf des 23. märz 2014 begonnen. stellt man dagegen maßgeblich auf die zuständigkeitsbegründende wirkung des genannten schreibens vom 24. märz 2014 ab, so wäre die besagte frist erst mit ablauf dieses datums in gang gesetzt worden. in beiden fällen war die überstellungsfrist im zeitpunkt der bekanntgabe der gerichtlichen entscheidung im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes noch nicht mit der folge verstrichen, dass die zuständigkeit für die durchführung des klägerischen asylverfahrens auf die beklagte übergegangen wäre 56- vgl. dazu vg minden, urteil vom 19. märz 2015 – 10 k 2658/14.a –, juris rn. 46, m.w.n. -. 57denn der lauf der überstellungsfrist wird durch die stellung eines (zulässigen) aussetzungsantrags (§ 80 abs. 5 vwgo i.v.m. § 34a abs. 2 asylg) unterbrochen. art. 29 abs. 1 unterabs. 1 alt. 2 dublin-iii-vo ist zur wahrung der praktischen wirksamkeit der in dieser regelung festgelegten frist dahingehend auszulegen, dass unter „entscheidung über den rechtsbehelf“ auch die entscheidung über einen antrag auf anordnung der aufschiebenden wirkung gemäß § 80 abs. 5 vwgo i.v.m. § 34a abs. 2 asylg zu verstehen ist; einem solchen rechtsbehelf kommt nach der regelung des § 34a abs. 2 satz 2 asylg ebenso wie einer klage gegen eine abschiebungsanordnung, deren aufschiebende wirkung angeordnet wurde, ein suspensiveffekt zu. wird ein aussetzungsantrag durch das gericht abgelehnt, so beginnt die überstellungsfrist nach der rechtsprechung der kammer, an der sie auch im vorliegenden verfahren festhält, erst (wieder) mit der zustellung dieser entscheidung zu laufen 58- vgl. etwa vg minden, urteil vom 29. april 2015 – 10 k 2430/14.a –, juris rn. 32 bis 58, m.w.n. -. 59es wäre jedoch wertungswidersprüchlich, im fall der ablehnung des antrags auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes eine unterbrechung der sechsmonatigen überstellungsfrist bereits mit stellung des antrags anzunehmen, nicht aber im vorliegend gegebenen fall, in dem der aussetzungsantrag erfolg hatte und die aufschiebende wirkung der klage gegen die abschiebungsanordnung angeordnet wurde. ebenso wie bei ablehnung des aussetzungsantrags kann auch in der hier gegebenen fallkonstellation die überstellungsfrist ausgehend von ihrem sinn und zweck erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich sichergestellt ist, dass die überstellung durchgeführt werden kann und lediglich noch deren modalitäten zu regeln sind. für die organisation der überstellung und die regelung ihrer modalitäten sollen den zuständigen behörden die vollen sechs monate zur verfügung stehen, was faktisch nicht mehr gewährleistet wäre, wenn die durch den verordnungsgeber auf diesen zeitraum bemessene frist während eines verfahrens des vorläufigen rechtsschutzes, dessen anhängigkeit den vollzug der überstellung hindert, weiterliefe. 60ausgehend hiervon wurde die mit ablauf des 23. märz 2014 oder des 24. märz 2014 angelaufene überstellungsfrist bereits mit stellung des aussetzungsantrags am 3. juli 2014 und somit noch vor ihrem ablauf im september 2014 unterbrochen. die stattgebende entscheidung im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes vom 25. november 2014 hat sodann bewirkt, dass sich die sechsmonatige überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten fall des art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo bestimmt. diese frist wird erst mit der endgültigen entscheidung über den hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung vom 27. januar 2016 (§ 77 abs. 1 satz 1 asylg) noch nicht verstrichen. 61zu dem ergebnis, dass die sechsmonatige überstellungsfrist im zeitpunkt der bekanntgabe der gerichtlichen entscheidung im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes noch nicht verstrichen war, gelangt man im übrigen auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die sechsmonatige überstellungsfrist während des verfahrens des vorläufigen rechtsschutzes nach § 80 abs. 5 vwgo i.v.m. § 34a abs. 2 asylg (lediglich) gehemmt ist und der zeitraum dieses verfahrens mithin nicht in die überstellungsfrist eingerechnet wird. 62vgl. dazu ovg nrw, beschlüsse vom 16. dezember 2015 – 13 a 2858/15.a –, juris rn. 4, vom 11. november 2015 – 13 a 1692/15.a –, juris rn. 3, und vom 3. november 2015 – 13 a 2255/15.a –, juris rn. 6; vgh baden-württemberg, urteil vom 29. april 2015 – a 11 s 121/15 –, juris rn. 28, und vom 27. august 2014 – a 11 s 1285/14 –, juris rn. 58. 63in diesem fall wäre die überstellungsfrist von sechs monaten mit stellung des aussetzungsantrags bei gericht am 3. juli 2014 zunächst gehemmt und sodann mit der stattgebenden entscheidung im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes vom 25. november 2014, die – wie ausgeführt – bewirkt hat, dass sich die sechsmonatige überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten fall des art. 29 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo bestimmt und erst (wieder) mit der endgültigen entscheidung über die vorliegende klage zu laufen beginnen wird, unterbrochen worden. auch in diesem fall wäre es mithin nicht zu einem zuständigkeitsübergang wegen ablaufs der überstellungsfrist gekommen. 64c) die beklagte ist auch nicht deshalb zuständig geworden, weil eine überstellung an einen zuständigen mitgliedstaat aufgrund systemischer schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen nicht durchgeführt werden kann. 65aa) insoweit lässt die kammer offen, ob auch in ansehung der hier anwendbaren (übergangs-) regelung des art. 49 abs. 2 satz 2 dublin-iii-vo (bereits) die bestimmung des art. 3 abs. 2 unterabs. 2 und 3 vo dublin-iii-vo anwendbar ist. danach setzt der die zuständigkeit prüfende mitgliedstaat die prüfung der einschlägigen zuständigkeitskriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufweisen, die die gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union (gr-charta) mit sich bringen (unterabs. 2); kann eine überstellung an einen aufgrund der zuständigkeitskriterien bestimmten mitgliedstaat oder an den ersten mitgliedstaat, in dem der antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die zuständigkeit prüfende mitgliedstaat der zuständige mitgliedstaat (unterabs. 3). 66selbst wenn art. 3 abs. 2 unterabs. 2 und 3 dublin-iii-vo hier vor dem hintergrund der in art. 49 abs. 2 satz 2 dublin-iii-vo enthaltenen übergangsregelung (noch) nicht anwendbar sein sollte, könnte der kläger sich auf etwaige systemische schwachstellen des italienischen asylwesens berufen. daran ändert auch nichts der umstand, dass die dublin-ii-vo noch keine ausdrückliche bestimmung zur beachtlichkeit systemischer schwachstellen aufwies. denn den in art. 3 abs. 2 unterabs. 2 und 3 dublin-iii-vo enthaltenen regelungen liegt die auch im rahmen einer zuständigkeitsprüfung nach der dublin-ii-vo zu berücksichtigende rechtsprechung des europäischen gerichtshofs zum gemeinsamen europäischen asylsystem zugrunde. dieses basiert auf dem prinzip gegenseitigen vertrauens, dass alle daran beteiligten staaten die grundrechte sowie die rechte beachten, die ihre grundlage in der genfer flüchtlingskonvention und dem protokoll zu dieser konvention von 1967 sowie in der europäischen menschenrechtskonvention (emrk) finden. es gilt daher die vermutung, dass asylbewerbern in jedem mitgliedsstaat eine behandlung entsprechend den erfordernissen der charta der grundrechte der europäischen union, der genfer flüchtlingskonvention und der europäischen menschenrechtskommission zukommt. diese vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. wegen der gewichtigen zwecke des gemeinsamen europäischen asylsystems ist die widerlegung der vermutung aber an hohe hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende grundrechtsverletzung oder jeder verstoß gegen bestimmungen des zum asylrecht ergangenen sekundärrechts geeignet sind, die vermutung zu widerlegen. 67vgl. eugh, urteile vom 21. dezember 2011 – c-411/10 u.a. (n.s. u.a.) –, nvwz 2012, 417, rn. 75 ff. sowie vom 10. dezember 2013 – c-394/12 (abdullahi) –, nvwz 2014, 208, rn. 52 f. 68im anwendungsbereich sowohl der dublin-iii-vo als auch der dublin-ii-vo gleichermaßen beachtliche defizite im asylsystem und in den aufnahmebedingungen für asylbewerber liegen vor, wenn das gericht zu der überzeugungsgewissheit (§ 108 abs. 1 satz 1 vwgo) gelangt, dass ein asylbewerber wegen systemischer schwachstellen, also strukturell bedingter, größerer funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden fall in dem eigentlich zuständigen mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein wird. 69vgl. bverwg, beschluss vom 19. märz 2014 – 10 b 6.14 –, nvwz 2014, 1039 (juris rn. 6); vgh baden-württemberg, urteil vom 10. november 2014 – a 11 s 1778/14 –, infauslr 2015, 77 (juris rn. 33); jeweils zur rechtslage nach der dublin-ii-vo. 70unerheblich ist dagegen, ob es unterhalb der schwelle systemischer schwachstellen in einzelfällen zu grundrechtsverletzungen kommen kann und ob der betreffende asylbewerber einer solchen tatsächlich schon einmal ausgesetzt gewesen ist. derartige erfahrungen sind vielmehr in die gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische schwachstellen im zielland der abschiebung des asylbewerbers vorliegen; sie führen auch nicht zu einer beweislastumkehr für die frage des vorliegens derartiger schwachstellen. 71vgl. bverwg, beschluss vom 6. juni 2014 – 10 b 35.14 –, asylmagazin 2014, 258 (juris rn. 6); vgh baden-württemberg, urteil vom 10. november 2014– a 11 s 1778/14 –, infauslr 2015, 77 (juris rn. 33); jeweils zur rechtslage nach der dublin-ii-vo. 72unter „asylverfahren und aufnahmebedingungen“ ist das gesamte asylsystem eines mitgliedstaats zu verstehen. dieses umfasst den zugang zum asylverfahren, das asylverfahren selbst, die behandlung während des verfahrens, die handhabung der anerkennungsvoraussetzungen, das rechtschutzsystem und auch die behandlung nach einer ggf. erfolgten anerkennung. 73vgl. vg regensburg, urteil vom 29. april 2014 – ro 4 k 14.50022 –, juris rn. 34; vg kassel, beschluss vom 24. juli 2015 – 6 l 1147/15.ks.a –, abdruck s. 7; lübbe, zar 2014, 105, 108. 74systemische schwachstellen sind solche, die entweder bereits im asyl- und aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle asylbewerber oder bestimmte gruppen von asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes asyl- und aufnahmesystem – aus welchen gründen auch immer –faktisch ganz oder in weiten teilen seine ihm zugedachte funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird. dabei ist der begriff der systemischen schwachstelle nicht in einer engen weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare vielzahl von asylbewerbern auszuwirken. vielmehr kann eine systemische schwachstelle auch dann vorliegen, wenn sie von vornherein lediglich eine geringe zahl von asylbewerbern (z.b. schwangere oder personen mit einer psychischen erkrankung) betreffen kann, sofern sie sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem zufall oder einer verkettung unglücklicher umstände bzw. fehlleistungen von in das verfahren involvierten akteuren geschuldet ist. 75vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 10. november 2014– a 11 s 1778/14 –, infauslr 2015, 77 (juris rn. 33); lübbe, zar 2014, 105, 107 f. 76wesentliche kriterien für die beurteilung, ob eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung droht, finden sich in der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr) zu art. 3 der europäischen menschenrechtskonvention (emrk), der im wesentlichen mit art. 4 grch übereinstimmt. allerdings verpflichtet art. 3 emrk nach der bisherigen rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte staatliche stellen nicht, flüchtlinge mit einer wohnung zu versorgen oder ihnen einen bestimmten lebensstandard zu ermöglichen. 77vgl. egmr, urteile vom 21. januar 2011 – 30696/09 (m.s.s./belgien und griechenland) –, nvwz 2011, 413, rn. 249, sowie vom 4. november 2014– 29217/12 (tarakhel/schweiz) –, nvwz 2015, 127, rn. 95. 78einer unmenschlichen und erniedrigenden behandlung im vorstehenden sinne sind asylbewerber, die vollständig auf staatliche hilfe angewiesen sind, insbesondere dann ausgesetzt, wenn sie sich in einer mit der menschlichen würde unvereinbaren situation ernsthafter entbehrungen und not behördlicher gleichgültigkeit gegenüber sehen. 79vgl. egmr, urteile vom 21. januar 2011 – 30696/09 (m.s.s./belgien und griechenland) –, nvwz 2011, 413, rn. 253, sowie vom 4. november 2014– 29217/12 (tarakhel/schweiz) –, nvwz 2015, 127, rn. 98; s.a. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 – 10 c 15.12 –, bverwge 146, 12 (juris rn. 24); united kingdom supreme court, urteil vom 19. februar 2014 – em (eritrea) and others v the secretary of the state for the home department, [2014] uksc 12 –, rn. 62. 80dabei ist zu berücksichtigen, ob staatliche stellen es durch ihr vorsätzliches handeln oder unterlassen asylbewerbern praktisch verwehren, von ihren gesetzlich verankerten rechten auf eine unterkunft und annehmbare materielle bedingungen gebrauch zu machen. 81vgl. egmr, urteile vom 21. januar 2011 – 30696/09 (m.s.s./belgien und griechenland) –, nvwz 2011, 413, rn. 250; sowie vom 4. november 2014– 29217/12 (tarakhel/schweiz) –, nvwz 2015, 127, rn. 96; ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, auas 2014, 118 (juris rn. 120). 82sind kinder betroffen, ist entscheidend auf ihre besondere verletzlichkeit abzustellen, der der vorrang gegenüber dem gesichtspunkt ihres status als illegaler einwanderer einzuräumen ist. 83vgl. egmr, urteil vom 4. november 2014 – 29217/12 (tarakhel/schweiz) –, nvwz 2015, 127, rn. 99. 84im rahmen der prognose, ob ein antragsteller in dem eigentlich zuständigen mitgliedstaat mit beachtlicher wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt sein wird, ist nicht allein auf die rechtslage im betreffenden mitgliedstaat abzustellen; maßgeblich ist vielmehr deren umsetzung in die praxis. 85vgl. egmr, urteil vom 21. januar 2011 – 30696/09 (m.s.s./belgien und griechenland) –, hudoc rn. 359 (insoweit in nvwz 2011, 413 nicht abgedruckt); hailbronner, ausländerrecht, band 3, stand: juni 2014, § 34a asylvfg rn. 21. 86bb) bei anlegung dieses maßstabs läuft der kläger im falle seiner überstellung nach italien keine gefahr, dort aufgrund systemischer schwachstellen des asylverfahrens oder der aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 grch ausgesetzt zu werden. aufgrund der ihm vorliegenden unterlagen kommt das gericht zu der überzeugung (§ 108 abs. 1 satz 2 vwgo), dass volljährigen und gesunden asylbewerbern, die wie der kläger in italien ausweislich eines eurodac-treffers der kategorie 2 noch keinen asylantrag gestellt haben, im falle ihrer überstellung dorthin grundsätzlich keine unmenschliche oder entwürdigende behandlung i.s.d. art. 4 grch droht. 87(1) zwar gestalten sich die aufnahmebedingungen in italien für asylbewerber, insbesondere was die unterbringungsmöglichkeiten angeht, als schwierig. dies ist durch die seit anfang 2014 zu verzeichnende erhebliche zunahme der in italien gestellten asylanträge bedingt. so sind im vergleich zu 2013, als etwa 28.000 asylanträge zu verzeichnen waren 88- vgl. asylmagazin 4/2014, s. 103 -, 89bis ende 2015 etwa 84.000 asylanträge in italien registriert worden. 90vgl. http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language =de &pcode=tps00189&plugin=1, abgerufen am 9. februar 2016. 91grundsätzlich ist das verfahren in italien so ausgestaltet, dass asylbewerber, nachdem sie in italien angekommen sind, zunächst entweder bei der grenzpolizei oder beim migrationsbüro der polizei (sog. questura) ihr asylbegehren äußern, wo ihre daten aufgenommen, ihnen fingerabdrücke abgenommen und sie fotografiert werden (sog. fotosegnalamento). in einem zweiten schritt erfolgt dann eine formale registrierung bei der questura, die sog. verbalizzazione. diese beiden schritte können zeitlich auseinanderfallen, wobei zwischen beiden zwar grundsätzlich eine zeitspanne von bis zu zehn arbeitstagen liegen darf, in der praxis aber auch längere wartezeiten, unter umständen sogar von mehreren monaten, zu beachten sind. 92vgl. asylum information database (aida), country report: italy, stand: dezember 2015, s. 20 f. und 60. 93an dieses system knüpft auch die unterbringung an: es bestehen zunächst aufnahmeeinrichtungen, in denen asylbewerber untergebracht werden, während sie noch auf die formale registrierung, die verbalizzazione, warten. dabei handelt es sich entweder um sog. cara, die speziell für die unterbringung von asylbewerbern vorgesehen sind, oder um sog. cda, die eigentlich für migranten, die nicht um asyl nachgesucht haben, bereitgehalten werden, oder um sog. cpsa als erste-hilfe einrichtungen. in diesen unterkünften standen am 10. oktober 2015 rund 7.300 plätze zur verfügung. des weiteren kann es auch zu einer unterbringung in einer notunterkunft, den sog. cas kommen, die am 10. oktober 2015 über rund 70.000 plätze verfügten. nachdem die verbalizzazione erfolgt ist, werden die asylbewerber in sog. sprar-einrichtungen untergebracht. diese werden von kommunen, kirchen und kirchlichen einrichtungen sowie von anderen nichtregierungsorganisationen betrieben. am 10. oktober 2015 verfügten die sprar-einrichtungen über 21.814 plätze. 94vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 60 ff.; associazione studi giuridici sull´immigrazione (asgi), the dublin system and italy: a wavering balance, stand: märz 2015, s. 13 ff. 95die kammer ist davon überzeugt, dass der kläger im fall seiner rückkehr nach italien einen platz in einer der danach zur verfügung stehenden unterkünfte erlangen und dort auch ausreichend versorgt werden wird. dabei ist zu berücksichtigen: 96bei der bewertung der in italien anzutreffenden umstände der durchführung des asylverfahrens und der aufnahme von flüchtlingen sind nur diejenigen umstände heranzuziehen, die auf die situation des klägers zutreffen. abzustellen ist demnach auf die situation von flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen lage, wohingegen die situation von flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen umständen keine unmittelbare rolle spielt. sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese umstände auch auf die situation des klägers auswirken (können). 97vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, auas 2014, 118 (juris rn. 130). 98der kläger hat in italien noch keinen asylantrag gestellt. daher ist vorliegend auf die situation von dublin-rückkehrern abzustellen, die in italien noch keinen asylantrag gestellt haben. nicht maßgeblich ist demnach z. b. die situation von rückkehrern, die bei ihrem ersten aufenthalt in italien bereits einen asylantrag gestellt haben, aber vor einer entscheidung weitergereist sind oder über deren asylantrag schon entschieden worden ist, die sich also aktuell nicht mehr in einem asylverfahren befinden. ferner ist davon auszugehen, dass der kläger bei seiner ankunft in italien einen asylantrag stellen und die dort zur verfügung stehenden angebote der versorgung im rahmen des möglichen tatsächlich nutzen wird. 99vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, auas 2014, 118 (juris rn. 130). 100soweit eine mangelhafte versorgung nämlich erst durch ein eigenmächtiges, nicht regelkonformes verhalten des betroffenen (z.b. nichtaufsuchen der als zuständig mitgeteilten stellen, untertauchen, bewusster verzicht von beratung bzw. vermittlung von unterkunft, vorzugsweises wohnen in „besetzten häusern“ oder slums statt in staatlichen aufnahmeeinrichtungen aufgrund eigener willensentscheidung) ausgelöst wird, kann dies nicht dem italienischen staat als systemfehler und auslöser einer grundrechtsverletzung angelastet werden. 101vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a –, auas 2014, 118 (juris rn. 134); vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014– a 11 s 1721/13 -, infauslr 2014, 293 (juris rn. 50). 102speziell für dublin-rückkehrer, die – wie der kläger – noch keinen asylantrag in italien gestellt haben, stellt sich die situation bei einer überstellung nach italien wie folgt dar: dublin-rückkehrer kommen in der regel an einem der hauptflughäfen– wie rom oder mailand – in italien an. nach der ankunft am flughafen verbleiben die betreffenden personen dort so lange, bis ihr asylantrag aufgenommen wurde und die formale registrierung (verbalizzazione) ordnungsgemäß erfolgt ist. dies kann unter umständen bis zu einigen tagen dauern. nachdem die registrierung erfolgt ist, werden diese dublin-rückkehrer zu einer unterkunft geschickt. dabei war es bislang so, dass diese spezielle gruppe von dublin-rückkehrern entweder zu einer unterkunft gebracht wurde, die aus mitteln des european refugee fund (erf) finanziert wurde und speziell für dublin-rückkehrer zur verfügung stand, oder zu einer (not-)unterkunft in einer kommunalen oder karitativen einrichtung, wie z.b. dem sog. „staderini“ in rom. dies führte dazu, dass z.b. die unterbringungsquote der in rom angekommenen dublin-rückkehrer, die bislang noch keinen asylantrag in italien gestellt haben, bei 100 % lag. 103vgl. asgi, the dublin system and italy: a wavering balance, stand: märz 2015, s. 8 f. und 34 f.; aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 40. 104zwar liefen die mittel für die vom erf finanzierten projekte im juni 2015 aus; es wird aber erwartet, dass die finanzierung wieder aufgenommen wird. zudem sollen in den nächsten monaten neue vorhaben zur unterbringung speziell von dublin-rückkehrern initiiert werden. 105vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 64 und 67. 106unabhängig von programmen der vorgenannten art steht dublin-rückkehrern, die in italien bislang noch keinen asylantrag gestellt haben, aber auch der zugang zu den cara- und sprar-einrichtungen offen. ferner stehen in italien über 70.000 plätze in notunterkünften zur verfügung, in denen die betreffenden personen für eine übergangszeit untergebracht werden können. dabei handelt es sich um hotels, schulen oder andere einrichtungen. hinzu kommt ein netzwerk an privaten unterbringungsmöglichkeiten, welches nicht teil des staatlichen aufnahmesystems ist; über die zahl der dort vorhandenen plätze liegen indessen keine belastbaren daten vor. 107vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 63 und 69. 108die tatsache, dass die betroffenen ggf. zeitweise in notunterkünften unterkommen müssen, begründet keine systemische schwachstelle. 109vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 – a 11 s 1721/13 –, infauslr 2014, 293 (juris rn. 50). 110im jahr 2014 sind im rahmen des dublin-systems lediglich 1.918 personen nach italien überstellt worden; aktuelle zahlen für 2015 sind nicht verfügbar. 111vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 37. 112angesichts dieser erkenntnisse ist das gericht davon überzeugt, dass dublin-rückkehrer, die – wie der kläger – in italien noch keinen asylantrag gestellt haben, nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit gefahr laufen, bei einer überstellung nach italien obdachlos zu werden. soweit in einzelfällen dublin-rückkehrer, die in italien noch keinen asylantrag gestellt haben, nicht mit einer unterkunft versorgt werden, basiert dies zur überzeugung des gerichts nicht auf schwachstellen des italienischen unterbringungssystems, sondern auf einer rechtlich irrelevanten verkettung (s.o. aa)) unglücklicher umstände. 113ferner gibt es auf der grundlage der der kammer vorliegenden erkenntnismittel keine hinreichenden anhaltspunkte dafür, dass die den dublin-rückkehrern, die in italien noch keinen asylantrag gestellt haben, während der durchführung des asylverfahrens zur verfügung gestellten unterkünfte gleich welcher art wegen ihrer beschaffenheit und ausstattung oder wegen der dort herrschenden zustände in einer weise unzumutbar wären, dass daraus auf die konkrete gefahr einer erniedrigenden behandlung im falle der überstellung des klägers nach italien geschlossen werden könnte. 114zwar variieren sowohl in den cara- als auch in den cas-einrichtungen die standards von einrichtung zu einrichtung. in der regel werden die minimalanforderungen in diesen einrichtungen aber gewahrt. 115vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 70 ff.; schweizerische flüchtlingshilfe, auskunft an das vg schwerin vom 23. april 2015, s. 4. 116(2) die kammer ist ebenfalls davon überzeugt, dass dublin-rückkehrer, die in italien noch keinen asylantrag gestellt haben, während des asylverfahrens in italien nicht unter verletzung von art. 3 emrk bzw. art. 4 grch in materieller not leben müssen. in den erstaufnahmeeinrichtungen, wie z.b. den cara werden die asylbewerber mit essen und kleidung versorgt. zusätzlich bekommen sie ein taschengeld in höhe von 2,50 € pro tag. 117vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 64 f. 118bezüglich der unterbringung in notunterkünften ergibt sich aus art. 18 abs. 9 a.e. der richtlinie 2013/33/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung von normen für die aufnahme von personen, die internationalen schutz beantragen (abl. 180, s. 96, sog. aufnahmerichtlinie), dass in solchen einrichtungen zumindest die grundbedürfnisse der untergebrachten gedeckt sein müssen. dass die (zunächst) in notunterkünften untergebrachten personen – anders als die in den erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten asylbewerber – unter verletzung von art. 3 emrk bzw. art. 4 grch in materieller not leben müssten, ist den dem gericht vorliegenden erkenntnismitteln nicht zu entnehmen. 119allein die tatsache, dass die qualität der nahrung in manchen aufnahmeeinrichtungen möglicherweise zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche mangelernährung zur folge hat, nicht als systemische schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße schlechtbehandlung angesehen werden. 120vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 10. november 2014– a 11 s 1778/14 –, infauslr 2015, 77 (juris rn. 49). 121(3) auch die medizinische versorgung von dublin-rückkehrern, die – wie der kläger – in italien zuvor noch keinen asylantrag gestellt haben, ist sichergestellt: mit der registrierung ihres asylgesuchs haben asylbewerber in italien kostenlosen zugang zu medizinischer versorgung. diese umfasst dieselben leistungen, wie sie auch den italienischen bürgern zusteht, z.b. die freie wahl eines hausarztes und die versorgung im krankenhaus. voraussetzung ist, dass sich die asylbewerber beim nationalen gesundheitsdienst anmelden. den aktuellen erkenntnismitteln lässt sich nicht entnehmen, dass für den zugang zur gesundheitsversorgung ein ständiger wohnsitz bzw. eine feste adresse voraussetzung wäre. vielmehr ergibt sich, dass hinsichtlich des zugangs zu medizinischer versorgung kein unterschied besteht zwischen asylbewerbern, die in einer aufnahmeeinrichtung versorgt werden, und solchen, die sich außerhalb des aufnahmesystems befinden. 122vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 82 f. 123individuelle besonderheiten im sinne einer besonderen verletzlichkeit (z.b. aufgrund einer psychischen erkrankung) bestehen im fall des klägers nicht. 124(4) durchgreifende mängel gibt es auch nicht in bezug auf qualität und dauer der asylverfahren in italien. insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass von einer unverhältnismäßig restriktiven asylpraxis auszugehen ist. von insgesamt 35.180 entscheidungen über die zuerkennung eines schutzstatus fielen im jahr 2014 20.580 entscheidungen positiv aus. mit ca. 59 % bringt das italienische asylverfahren damit eine seit jahren gleichbleibend hohe schutzquote hervor. 125vgl. vg ansbach, urteil vom 11. dezember 2015 – an 14 k 15.50316 –, juris rn. 23 (unter verweis auf zahlen von pro asyl); vgl. hierzu auch: vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 – a 11 s 1721/13 –, infauslr 2015, 77 (juris rn. 45 m.w.n.). 126zudem ist die dauer der asylverfahren in italien nicht zu beanstanden. bis zu einer behördlichen entscheidung über den asylantrag vergeht eine zeitspanne von 33 tagen bis hin zu 18 monaten. 127vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 27 f. 128dies ist angesichts der anzahl in italien gemeldeter asylbewerber auch im verhältnis zu anderen europäischen staaten angemessen und entspricht im wesentlichen den vorgaben des art. 31 abs. 3 der richtlinie 2013/32/eu des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zu gemeinsamen verfahren für die zuerkennung und aberkennung des internationalen schutzes (abl. l 180, s. 60, sog. verfahrensrichtlinie). dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder verstoß gegen die vorgaben einer richtlinie eine systemische schwachstelle begründet (s.o aa)). 129(5) auch bezüglich der gewährung von rechtsschutz lassen sich durchgreifende mängel nicht erkennen. asylbewerber können gegen eine negative behördliche entscheidung gerichtlich vorgehen; gegen eine negative erstinstanzliche gerichtliche entscheidung stehen den betroffenen rechtsmittel zu. 130vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 19 f. und 33 f. 131die gerichtlichen verfahren müssen durch einen rechtsanwalt eingeleitet werden. asylbewerber haben allerdings einen anspruch auf prozesskostenhilfe. voraussetzung hierfür ist, dass sie ihre wirtschaftliche bedürftigkeit nachweisen. dieser nachweis kann dadurch geführt werden, dass die betreffenden personen eine bescheinigung ihrer auslandsvertretung beibringen oder – für den fall, dass sie diese bescheinigung nicht beibringen können – selbst eine erklärung über ihre wirtschaftlichen verhältnisse abgeben. soweit früher in rom die abgabe der von der auslandsvertretung ausgestellten bescheinigung zwingende voraussetzung für die bewilligung von prozesskostenhilfe war, wird hieran nicht mehr festgehalten. 132vgl. aida, country report: italy, stand: dezember 2015, s. 33 ff. 133(6) soweit der kläger während seines aufenthalts in italien keine zureichende unterbringung und versorgung erfahren haben mag, kann dies die vorstehenden feststellungen nicht durchgreifend in zweifel ziehen. wie bereits dargestellt, knüpft die unterbringung und versorgung an die stellung eines asylantrags an. wenn personen in italien bewusst keinen asylantrag stellen, finden sie auch keinen zugang zu den aufnahmeeinrichtungen. dieses verhalten ist dem italienischen staat aber – wie ausgeführt – nicht zuzurechnen. 134nach alledem ist festzustellen, dass das italienische asylverfahren und namentlich die aufnahmebedingungen für dublin-rückkehrer, die – wie hier der kläger – in italien noch keinen asylantrag gestellt haben, zwar durchaus gewisse defizite aufweisen mögen, das asylverfahren in italien aber für diese personengruppe nicht an systemischen schwachstellen leidet, welche dazu führen, dass angehörige dieser gruppe mit beachtlicher wahrscheinlichkeit gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt zu werden. 135ebenso im ergebnis z.b. auch: ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014– 1 a 21/12.a –, auas 2014, 118 (juris); vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 – a 11 s 1721/13 –, infauslr 2014, 253 (juris); vg gelsenkirchen, urteil vom 11. dezember 2015 – 7a k 4863/15.a –, juris; vg ansbach, urteil vom 11. dezember 2015 – an 14 k 15.50316 –, juris; vg münchen, urteil vom 3. november 2015 – m 12 k 15.50799 -, juris; a.a. etwa vg darmstadt, urteil vom 17. dezember 2014 – 4 k 1536/14.da.a –, juris. 136d) auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom vorliegen systemischer schwachstellen für jeden einzelfall zu prüfen wäre, ob eine verletzung des art. 4 gr-charta bzw. des art. 3 emrk vorliegt 137- in diesem sinne etwa egmr, urteil vom 4. november 2014 – 29217/12 (tarakhel ./. schweiz) –, nvwz 2015, 124, rn. 104, und united kingdom supreme court, urteil vom 19. februar 2014 – em (eritrea) and others v the secretary of the state for the home department, [2014] uksc 12 (rdnr. 42 bis 64), jeweils zu überstellungen nach italien -, 138würde dies nicht zur rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen regelung nach § 27a asylg führen. denn es ist angesichts der vorstehend unter c) behandelten erkenntnisse zum italienischen asylsystem nicht erkennbar, dass der kläger gefahr liefe, im anschluss an eine rücküberstellung nach italien – ggf. auch unabhängig vom vorliegen systemischer schwachstellen des dortigen asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung ausgesetzt zu werden. 139e) ist demnach italien für die durchführung des asylverfahrens zuständig und macht das bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem recht zum selbsteintritt (art. 17 abs. 1 unterabs. 1 dublin-iii-vo) gebrauch, so hat weder das bundesamt noch das gericht im vorliegenden verfahren zu prüfen, ob einer abschiebung des klägers nach eritrea abschiebungsverbote entgegenstehen. diese prüfung obliegt allein den zuständigen italienischen behörden. sieht sich der kläger durch deren entscheidung in seinen rechten verletzt, muss er in italien um rechtschutz nachsuchen. 1402. die in dem streitgegenständlichen bescheid des bundesamtes vom 19. juni 2014 enthaltene abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a abs. 1 satz 1 asylg bestimmt, dass dann, wenn ein ausländer in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat abgeschoben werden soll, das bundesamt die abschiebung in diesen staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann. 141danach ist die anordnung der abschiebung des klägers nach italien rechtlich nicht zu beanstanden. die italienische republik ist – wie bereits unter 1. dargelegt – für die durchführung des asylverfahrens des klägers zuständig. die abschiebung kann auch durchgeführt werden. ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche hindernisse entgegen. dies gilt nicht nur im hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in bezug auf inlandsbezogene abschiebungshindernisse (§ 60a abs. 2 aufenthg) einschließlich sich unmittelbar aus dem gesetz ergebender ansprüche auf erteilung eines aufenthaltstitels, die im rahmen des § 34a abs. 1 satz 1 asylg ebenfalls vom bundesamt zu prüfen sind. 142vgl. ovg des saarlandes, beschluss vom 25. april 2014 – 2 b 215/14 –, juris rn. 7; ovg nrw, beschluss vom 30. august 2011 – 18 b 1060/11 –, juris rn. 4; vgh baden-württemberg, beschluss vom 31. mai 2011– a 11 s 1523/11 –, infauslr 2011, 310 (juris rn. 3), sowie bverfg, beschluss vom 17. september 2014 – 2 bvr 732/14 –, juris rn. 11. 143entsprechende hindernisse sind vorliegend weder substanziiert geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. abweichendes ergibt sich auch nicht aus der vom kläger vorgelegten ärztlichen bescheinigungen, wonach er u.a. an einem angioödem bzw. einer allergischen reaktion sowie erkrankungen auf gastroenterologischem gebiet leide. es ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, warum die insoweit etwa erforderlichen behandlungen des klägers nicht auch in italien erfolgen können. auch im übrigen vermag das gericht den vorgelegten bescheinigungen keinen anhaltspunkt für das vorliegen eines abschiebungshindernisses zu entnehmen. namentlich ist nichts für eine reiseunfähigkeit des klägers ersichtlich. eine reiseunfähigkeit, aus der sich ein abschiebungshindernis gemäß § 60a abs. 2 aufenthg ergibt, liegt vor, wenn und solange der ausländer ohne gefährdung seiner gesundheit nicht transportfähig ist (reiseunfähigkeit im engeren sinn), ferner dann, wenn die abschiebung als solche – außerhalb des transportvorgangs – eine erhebliche konkrete gesundheitsgefahr für den ausländer bewirkt (reiseunfähigkeit im weiteren sinn). 144vgl. dazu erneut den beschluss des bverfg vom 17. september 2014– 2 bvr 732/14 –, juris (rdnr. 11). 145belastbare indizien für eine reiseunfähigkeit im vorstehend genannten sinne kann die kammer den genannten bescheinigungen nicht entnehmen. in diesem zusammenhang bestehen mithin auch keine weiteren ermittlungspflichten des gerichts. 146c. die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. der hinweis auf die gerichtskostenfreiheit des verfahrens beruht auf § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
172,205
S 2 KA 19/14
"2014-08-06T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 1Tatbestand: 2Streitig sind sachlich-rechnerische Berichtigungen. 3Die Klägerin ist in X als Zahnärztin niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. 4Mit Bescheid der Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen vom 27.05.2011 wurde ein Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung betreffend die KCH-Abrechnungen der Klägerin für die Quartale I/2007 bis IV/2007 abgeschlossen und die Beklagte darüber informiert, dass im Rahmen der Überprüfung dieser Abrechnungen festgestellt worden sei, dass in vermehrtem Umfang KCH-Behandlungsfälle abgerechnet worden seien, obwohl die Krankenversicherungskarten nicht vorgelegen hätten und die Daten der jeweiligen Versicherten daher nicht eingelesen worden seien. Hierzu und zu den Folgequartalen der Jahre 2008 und 2009 nahm die Klägerin dahin Stellung: 5Ihre Praxis liege in einem Gebiet, in dem viele sozial schwache Menschen mit überdurchschnittlich vielen Kindern, häufig mit Migrationshintergrund, lebten. Außerdem gehörten zu ihren Patienten überdurchschnittlich viele ältere Leute, unter anderem aus den nahegelegenen X Seniorenwohnhelmen. Bei den Patienten mit Migrationshintergrund bestünden häufig Verständigungsschwierigkeiten. Diese Patienten seien trotz Erläuterungen teilweise nur schwer in der Lage, Belehrungen und Formulare, in denen auf Abrechnungsmodalitäten hingewiesen werde, zu verstehen und zu unterschreiben. Insbesondere bei Kindern komme es häufiger vor, dass Versicherungskarten abhandenkämen, zu den Behandlungsterminen vergessen würden oder defekt und infolgedessen nicht mehr computertauglich seien. Außerdem komme es häufig vor, dass Eltern vor einer Behandlung ihrer Kinder telefonisch um Rat fragten, die Kinder aber gleichwohl nicht zu dem mit den Eltern vereinbarten Termin in die Praxis kämen. Die telefonische Beratung habe sie aber vorgenommen. Viele Patienten verstünden trotz Belehrung nicht, dass auch für eine telefonische Beratung eine KV-Karte benötigt werde. Bei älteren Menschen, insbesondere bei den Bewohnern von Alten- oder Pflegeheimen, sei häufig zu beobachten, dass sich die KV-Karten wegen anderweitiger Behandlungen bei einem anderen Arzt befänden. Als Medizinerin fühle sich die Klägerin verpflichtet, Patienten auch dann zu behandeln und/oder telefonisch zu beraten, wenn diese aus den verschiedenen dargelegten Gründen keine KV-Karte vorgelegt hätten. Sie habe den Patienten vertraut, die Versichertenkarte nachträglich vorgelegt zu bekommen. Dies habe sich aber leider nicht immer realisieren lassen. Wenn die KV-Karte aus den beschriebenen Gründen gefehlt habe, sei dann am Ende des Quartals im Wege des Ersatzverfahrens abgerechnet worden. 6Mit Bescheid vom 09.02.2012 hob die Beklagte die der Klägerin erteilten Honorarbescheide für die KCH-Abrechnungen der Quartale I/2007 bis IV/2009 in Höhe von insgesamt 24.012,00 EUR auf und setzte die Honorare, reduziert um den jeweiligen Quartalsrückforderungsbetrag, neu fest. 7Für die Abrechnung vertragszahnärztlicher Leistungen sei als Nachweis für die Versicherung behandelter Patienten grundsätzlich das Einlesen der gültigen Krankenversichertenkarte erforderlich. In einigen Ausnahmefällen, in denen es nicht möglich sei, die Krankenversichertenkarte einzulesen, bestehe die Möglichkeit, die Abrechenbarkeit vertragszahnärztlicher Leistungen über das sog. Ersatzverfahren zu erreichen. 8Auch für das Ersatzverfahren sei die Unterschrift des Versicherten zwingend vorgeschrieben. Bei Nutzung der elektronischen Abrechnung sei ein Abrechnungsschein mit den zuvor erhobenen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum des Versicherten, Name der Krankenkasse, Versichertenstatus, ggf. Versichertennummer) in der Praxis oder von der Krankenkasse zu erstellen oder ein sonstiges Formular - z. B. Muster 16 als Vordruck für Verordnungen - mit den zuvor erhobenen Daten zu beschriften und von dem Versicherten zu unterzeichnen. Nachweise und Belege mit den entsprechenden Unterschriften der Versicherten oder der Erziehungsberechtigten habe die Klägerin nicht eingereicht. 9Die sachlich-rechnerische Berichtigung sei für den betroffenen Abrechnungszeitraum auch nicht verjährt. Bezogen auf das älteste Quartal I/2007 ergebe sich folgende Berechnung der Verjährung: 10Abrechnung Quartal I/2007 18.07.2007 Ablauf der grds. Ausschlussfrist von 4 Jahren 18.07.2011 Beginn der Hemmung der Frist 15.04.2010 Zu diesem Zeitpunkt noch verbliebene Restausschlussfrist 1 Jahr 3 Monate Ende der Hemmung der Verjährung 27.05.2011 Ablauf der Ausschlussfrist 27.09.2012 Datum des Berichtigungsbescheides 09.02.2012 11Diesem Bescheid widersprach die Klägerin. 12Die zuständige Krankenkasse hätte in jedem der beanstandeten Einzelfälle auf telefonische Nachfrage ausdrücklich bestätigt, dass der Patient versichert sei. Im Jahr 2007 und bis zu einer organisatorischen Änderung in das Jahr 2008 hinein habe insbesondere die AOK in den fraglichen Fällen zudem nahezu ausnahmslos im Anschluss an das das jeweilige Telefonat einen Abrechnungsschein übersandt. Durch die regelmäßige rechtsverbindliche Zusage der Krankenkassen sei ein Vertrauenstatbestand begründet worden, der eine Rückforderung von ca. 24.000,- EUR ausschließe. Ferner sei in mehreren Behandlungsfällen eine doppelte Belastung durch die abgeschlossenen Prüfverfahren und den Bescheid vom 09.02.2012 festzustellen. Darüber hinaus würden in diesem Bescheid für das IV. Quartal 2009 bei 4.410,60 EUR 5.080 Punkte in Abzug gebracht, während sich aus der entsprechenden Einzelfallauflistung 4.806 Punkte ergäben, also 274 Punkte weniger als im Bescheid. 13Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2014 gab die Beklagte dem Widerspruch in Höhe von 2.629,54 EUR statt und wies ihn im Übrigen zurück. 14Die Abrechnungsbelege wiesen allesamt keine Unterschrift der jeweiligen Versicherten aus. Ein Versichertenbezug, nämlich die Verknüpfung der von der Klägerin erbrachten und abgerechneten Leistungen mit der Person des jeweils behandelten Versicherten, habe insofern nicht hergestellt werden können. 15Selbst wenn Mitarbeiter der AOK ein Abweichen von den Regelungen des Ersatzverfahrens tatsächlich telefonisch als rechtmäßig in Aussicht gestellt haben sollten, hätte sich die Klägerin hierauf nicht verlassen dürfen. Sie hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass von den Voraussetzungen des auf Bundesebene zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband vereinbarten Ersatzverfahrens, die der vertragszahnärztlich zugelassenen Klägerin hätten bekannt sein müssen, einseitig und überdies nur mündlich wirksam hätte abgewichen werden können. Aus diesem Grunde hätte die Klägerin auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass die KCH-Abrechnungen der Quartale I/2007 bis einschließlich IV/2009 unbeanstandet bleiben würden. 16Einzelne Abrechnungsbelege seien den Versicherten unmittelbar zur Verfügung gestellt worden, da sie von der Krankenkasse als Anschreiben an die Anschrift des Versicherten gerichtet worden seien. Unterstellt, die Versicherten hätten der Praxis diese Belege persönlich überreicht, wäre von einer persönlichen Zuordnung auszugehen. Diese Belege enthalten ausdrücklich die Begriffe "vorläufige Versichertenkarte" oder "Ersatzversichertenkarte". Hinsichtlich der Honorarkürzungen, die diese im Ersatzverfahren abgerechneten acht Behandlungsfälle beträfen, werde dem Widerspruch daher stattgegeben. 17Soweit Honorarkürzungen in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch Gegenstand des Rückforderungsbescheides vom 09.02.2012 gewesen seien, werde dem Widerspruch ebenfalls stattgegeben. 18Der Ausgangsbescheid weise bezogen auf das Quartal IV/2009 bei den zu berichtigenden Punkten eine um 274 Punkte überhöhte Summe aus. Statt 4.806 seien versehentlich 5.080 Punkte angegeben worden. In der Anlage des Bescheides betreffend die Behandlungsfälle für das Quartal IV/2009 sei die Punktesumme jedoch richtig eingetragen worden. Das insoweit ausgewiesene Honorar in Euro sei daher zutreffend ermittelt worden. 19Hiergegen richtet sich die am 24.10.2013 erhobene Klage. 20Die Klägerin ist der Ansicht, die Unterschrift des Versicherten sei keine zwingende Voraussetzung für den Honoraranspruch des Zahnarztes gegenüber der Beklagten. Die Unterschrift diene lediglich dazu, den Nachweis einer bestehenden Versicherung zu erbringen bzw. zu erleichtern. Demgemäß handele es sich bei der Krankenversichertenkarte auch lediglich um ein beweiserleichterndes Ausweispapier. Gleichberechtigte Alternative sei nach § 8 Abs. 2 BMV-Z der Nachweis der Anspruchsvoraussetzung auf andere Weise. Dieser sei hier in jedem Einzelfall durch ausdrückliche und rechtsverbindliche Bestätigung der jeweiligen Krankenkasse erfolgt. Als Bestätigung der Kostenübernahme hätten die Krankenkassen einen von ihnen abgestempelten und unterschriebenen Abrechnungsschein für zahnärztliche Behandlung übersandt. Sofern dies nicht geschehen sei, hätten die Krankenkassen telefonisch die Kostenübernahme bestätigt. Da es entscheidend auf die bestehende Mitgliedschaft des Versicherten bei der Krankenkasse ankomme, reiche eine mündliche Zusage der Krankenkasse insofern aus. 21Insbesondere sei durch die praktizierte Vorgehensweise ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Die Beklagte habe eine bestimmte Leistungserbringung in Kenntnis aller Umstände geduldet und ohne Beanstandung Honorare gezahlt. Hierauf müsse sich die Klägerin weiter verlassen dürfen. 22Zumindest für das für 2007 zurückgeforderte Honorar greife auch die vierjährige Ausschlussfrist. Der Eintritt einer Hemmung greife nur bei Identität des Prüfungsgegenstandes. Zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und Prüfung über das Ersatzverfahren sei jedoch keine Identität gegeben. Im Übrigen sei § 204 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechend anwendbar. Nach der Einlassung vom 28.11.2012 sei bis zum Erlass des Bescheides vom 07.01.2014 nichts Wesentliches passiert. Die Hemmung der Verjährung habe daher am 28.05.2013 geendet, sodass weitere 7 Monate und 9 Tage in die Ausschlussfrist einzuberechnen seien. Damit sei das Quartal I/2007 vom Ausschluss erfasst. 23Die Klägerin beantragt, 24den Bescheid der Beklagten vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2014 aufzuheben. 25Die Beklagte beantragt, 26die Klage abzuweisen. 27Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide. 28Maßgeblich für das Ersatzverfahren sei, dass ein entsprechender Abrechnungsschein der zuständigen Krankenkasse vorgelegt werde und der Versicherte durch seine Unterschrift das Bestehen der Mitgliedschaft bestätige. An diesen Unterschriften fehle es in sämtlichen vorgelegten Abrechnungsscheinen. Insofern komme es nicht darauf an, dass die Krankenkasse das Bestehen des Versicherungsverhältnisses bestätigt habe. Vertrauensschutz stehe einer Honorarrückforderung nicht entgegen, da die von BSG hierzu entwickelten Kon-stellationen nicht vorlägen. Die von der Klägerin vorgenommene Anzahl der im Ersatzverfahren abgerechneten Fälle sei mit 11,4 % (I/2008) bis 28,9 % (IV/2009) zudem überdurchschnittlich hoch. Ab 01.10.2012 sei ein Aufgreifkriterium für die Plausibilitätsprüfung, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mehr als 7 % bzw. fünf Fälle im Ersatzverfahren abgerechnet würden. 29Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf den von der Beklagten vorgelegten, farbig markierten "Abgleich Honorarkürzungsbescheid vom 09.02.2012 mit Widerspruchsbegründungen vom 29.03. und 31.10.2012 sowie den Bescheiden der Wirtschaftlichkeitsprüfung für den Zeitraum I/08-IV/09", sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen. 30Entscheidungsgründe: 31Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 32Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da diese rechtmäßig sind. 33Die Beklagte ist nach § 106a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragszahnärzte festzustellen. Dabei ist zu überprüfen, ob die Leistungen rechtmäßig, d.h. im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen und satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertrags(zahn)arztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 6 KA 20/13 R - m.w.N.). Daneben obliegt der Antragsgegnerin auch aus § 19 lit. a des Bundesmantelvertrages-Zahnärzte (BMV-Z) und § 17 Abs. 1 Satz 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) die rechnerische und gebührenordnungsmäßige Prüfung und ggf. Berichtigung der von den Vertragszahnärzten vorgelegten Abrechnungen (vgl. BSG, Urteile vom 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R -; vom 19.10.2011 - B 6 KA 30/10 R -). 34Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -). 35Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung der Klägerin für den Zeitraum I/2007 bis IV/2009 sind erfüllt. 36Nach § 8 Abs. 1 BMV-Z und § 12 Abs. 1 EKV-Z weist der Berechtigte seinen Anspruch auf vertragszahnärztliche Versorgung durch Vorlage der Krankenversichertenkarte nach. Der Versicherte ist grundsätzlich verpflichtet, bei jedem Zahnarztbesuch die Krankenversichertenkarte vorzulegen (Ziffer 1.1 der Anlage 6 zum BMV-Z/EKV-Z). Das ist hier in keinem der streitbefangenen Fälle geschehen. 37Lediglich in wenigen, bundesmantelvertraglich normierten Fällen besteht die Möglichkeit der Abrechenbarkeit vertragszahnärztlicher Leistungen über das sog. Ersatzverfahren. Das sind Notfälle (Ziffer 2.2 der Anlage 6 zum BMV-Z/EKV-Z) und die in Ziffer 3 der Anlage 6 zum BMV-Z/EKV-Z genannten Situationen, insbesondere Fälle, in denen die Krankenversichertenkarte aus technischen Gründen nicht verwendet werden kann. Die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gesichtspunkte, weshalb ihr die Krankenversichertenkarten nicht vorgelegen hätten, treffen diese Fälle nur ganz vereinzelt. Es mangelt auch an schlüssigen Erklärungen der Klägerin, weshalb sie in einer sehr hohen Anzahl von Fällen an ein und demselben Tag mehrere Mitglieder einer Familie ohne Vorlage der Krankenversichertenkarte beraten hat (Bema-Pos. Ä1), ohne dass sich weitergehende Behandlungsschritte angeschlossen haben. 38Unbeschadet dessen hat jedenfalls gemäß Ziffer 5 der Anlage 6 zum BMV-Z/EKV-Z auch im Ersatzverfahren der Versicherte durch seine Unterschrift das Bestehen der Mitgliedschaft auf dem Abrechnungsschein zu bestätigen, soweit nicht in § 11 eine andere Regelung getroffen worden ist (betr. Kinder). An diesen Unterschriften fehlt es in allen berichtigten Abrechnungsfällen. 39Die Regelungen der Bundesmantelverträge sind als "Normsetzung durch Vertrag" für die Leistungserbringer verbindlich (zuletzt BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 6 KA 20/13 R -). Hierzu gehört auch die Unterschriftsleistung des Versicherten im Ersatzverfahren (LSG NRW, Urteil vom 29.10.1997 - L 11 Ka 94/97 -). Dass die Krankenkasse die "Anspruchsnachweise für zahnärztliche Behandlung" abgestempelt und unterschrieben hat, reicht nicht aus. Es geht um die Unterschrift des Versicherten selbst. Durch seine Unterschrift bestätigt der Versicherte die Richtigkeit der personenbezogenen Daten auf dem Abrechnungsschein (vgl. Ziffer 8.2 letzter Satz der Anlage 6 zum BMV-Z/EKV-Z). Nur so hat der Zahnarzt die Gewähr dafür, dass der Patient, den er behandelt, auch derjenige Versicherte ist, dessen Versicherung die Behandlungskosten über die Kassenzahnärztliche Vereinigung zu tragen hat. Die bloße Bestätigung der Krankenkasse, sei es telefonisch oder auf einem Abrechnungsschein, dass eine bestimmte Person Mitglied der Krankenkasse sei, besagt keineswegs, dass es sich bei dem vom Zahnarzt behandelten Patienten auch genau um diese Person handelt. Erst mit der Unterschrift des Patienten ist - von betrügerischem Missbrauch abgesehen - die erforderliche Klarheit hergestellt. 40Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Rückforderung nicht entgegen. 41Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (st. Rspr., z.B. BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R- m.w.N.). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertrags(zahn)ärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Soweit gleichwohl Vertrauensschutzaspekte zu berücksichtigen sein könnten, hat das BSG hierzu Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen begrenzt ist (zusammenfassend BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -). Danach käme hier allenfalls der Gesichtspunkt in Betracht, dass die Beklagte die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt. Ein solcher Fall ist aber bereits tatbestandlich nicht gegeben. Erst auf den Bescheid der Prüfungsstelle vom 27.05.2011 wurde die Beklagte darüber informiert, dass im Rahmen der Überprüfung der KCH-Abrechnungen der Klägerin für die Quartale I/2007 bis IV/2007 festgestellt worden sei, dass in vermehrtem Umfang KCH-Behandlungsfälle abgerechnet worden seien, obwohl die Krankenversicherungskarten nicht vorgelegen hätten und die Daten der jeweiligen Versicherten daher nicht eingelesen worden seien. Bis zu diesem Zeitpunkt musste die Beklagte davon ausgehen, dass die Abrechnungen der Klägerin rechtmäßig waren, also im Einklang mit den bundesmantelvertraglichen Regelungen standen. Ihrem gesetzlichen Prüfungsauftrag aus § 106a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V entsprechend hat sie dann für die Quartale ab I/2007 die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Klägerin überprüft und diese entsprechend korrigiert. 42Der Rückforderungsanspruch ist auch nicht - teilweise - verjährt. Die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass von Honorarberichtigungsbescheiden wird durch Bescheide im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung gehemmt, wenn beide Verfahren dieselbe Honorarforderung des Vertragsarztes zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R -). Das ist hier der Fall, da der Bescheid der Prüfungsstelle vom 27.05.2011 die KCH-Abrechnungen der Klägerin für die Quartale I/2007 bis IV/2007 betraf. Unter Berücksichtigung des Hemmungszeitraumes erfasst der Ausgangsbescheid über sachlich-rechnerische Berichtigungen vom 09.02.2012 auch die klägerische Abrechnung für das Quartal I/2007. Ob und inwieweit die Voraussetzungen der zivilrechtlichen Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB vorliegen, ist unerheblich, denn diese Bestimmung findet im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren keine entsprechende Anwendung (zuletzt BSG, Urteil vom 20.03.2013 - B 6 KA 18/12 R - m.w.N.). 43Auch die Höhe der Rückforderung begegnet keinen Bedenken, nachdem die Beklagte in ihrer farbig markierten Übersicht: "Abgleich Honorarkürzungsbescheid vom 09.02.2012 mit Widerspruchsbegründungen vom 29.03. und 31.10.2012 sowie den Bescheiden der Wirtschaftlichkeitsprüfung für den Zeitraum I/08-IV/09" die Doppelbelastungen, denen im Widerspruchsverfahren abgeholfen wurde, mit hinreichender Deutlichkeit erklärt hat. 44Die streitbefangenen Honorarberichtigungen sind schließlich auch deshalb unvermeidlich, um die Funktionsfähigkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung zu erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG haben Bestimmungen, die die Vergütung vertrags(zahn)ärztlicher Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Vertrags(zahn)arzt für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden. Daher steht dem Vertrags(zahn)arzt für Leistungen, die nicht gemäß den Bestimmungen des Vertrags(zahn)arztrechts erbracht worden sind, auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertrags(zahn)arzt die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Könnten Verstöße gegen die für die Leistungserbringung maßgeblichen Bestimmungen nur mit Wirkung für die Zukunft sanktioniert werden, ginge deren Steuerungsfunktion verloren, weil für Vertrags(zahn)ärzte jeglicher Anreiz fehlte, sich normgemäß zu verhalten. Im Gegenteil bestünde gerade ein Anreiz zu normwidrigen Verhalten, wenn die Früchte des Handelns dem (Zahn)Arzt verblieben (BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -). 45Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1, 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. 1
2streitig sind sachlich-rechnerische berichtigungen. 3die klägerin ist in x als zahnärztin niedergelassen und zur vertragszahnärztlichen versorgung zugelassen. 4mit bescheid der prüfungsstelle der zahnärzte und krankenkassen vom 27.05.2011 wurde ein verfahren der wirtschaftlichkeitsprüfung betreffend die kch-abrechnungen der klägerin für die quartale i/2007 bis iv/2007 abgeschlossen und die beklagte darüber informiert, dass im rahmen der überprüfung dieser abrechnungen festgestellt worden sei, dass in vermehrtem umfang kch-behandlungsfälle abgerechnet worden seien, obwohl die krankenversicherungskarten nicht vorgelegen hätten und die daten der jeweiligen versicherten daher nicht eingelesen worden seien. hierzu und zu den folgequartalen der jahre 2008 und 2009 nahm die klägerin dahin stellung: 5ihre praxis liege in einem gebiet, in dem viele sozial schwache menschen mit überdurchschnittlich vielen kindern, häufig mit migrationshintergrund, lebten. außerdem gehörten zu ihren patienten überdurchschnittlich viele ältere leute, unter anderem aus den nahegelegenen x seniorenwohnhelmen. bei den patienten mit migrationshintergrund bestünden häufig verständigungsschwierigkeiten. diese patienten seien trotz erläuterungen teilweise nur schwer in der lage, belehrungen und formulare, in denen auf abrechnungsmodalitäten hingewiesen werde, zu verstehen und zu unterschreiben. insbesondere bei kindern komme es häufiger vor, dass versicherungskarten abhandenkämen, zu den behandlungsterminen vergessen würden oder defekt und infolgedessen nicht mehr computertauglich seien. außerdem komme es häufig vor, dass eltern vor einer behandlung ihrer kinder telefonisch um rat fragten, die kinder aber gleichwohl nicht zu dem mit den eltern vereinbarten termin in die praxis kämen. die telefonische beratung habe sie aber vorgenommen. viele patienten verstünden trotz belehrung nicht, dass auch für eine telefonische beratung eine kv-karte benötigt werde. bei älteren menschen, insbesondere bei den bewohnern von alten- oder pflegeheimen, sei häufig zu beobachten, dass sich die kv-karten wegen anderweitiger behandlungen bei einem anderen arzt befänden. als medizinerin fühle sich die klägerin verpflichtet, patienten auch dann zu behandeln und/oder telefonisch zu beraten, wenn diese aus den verschiedenen dargelegten gründen keine kv-karte vorgelegt hätten. sie habe den patienten vertraut, die versichertenkarte nachträglich vorgelegt zu bekommen. dies habe sich aber leider nicht immer realisieren lassen. wenn die kv-karte aus den beschriebenen gründen gefehlt habe, sei dann am ende des quartals im wege des ersatzverfahrens abgerechnet worden. 6mit bescheid vom 09.02.2012 hob die beklagte die der klägerin erteilten honorarbescheide für die kch-abrechnungen der quartale i/2007 bis iv/2009 in höhe von insgesamt 24.012,00 eur auf und setzte die honorare, reduziert um den jeweiligen quartalsrückforderungsbetrag, neu fest. 7für die abrechnung vertragszahnärztlicher leistungen sei als nachweis für die versicherung behandelter patienten grundsätzlich das einlesen der gültigen krankenversichertenkarte erforderlich. in einigen ausnahmefällen, in denen es nicht möglich sei, die krankenversichertenkarte einzulesen, bestehe die möglichkeit, die abrechenbarkeit vertragszahnärztlicher leistungen über das sog. ersatzverfahren zu erreichen. 8auch für das ersatzverfahren sei die unterschrift des versicherten zwingend vorgeschrieben. bei nutzung der elektronischen abrechnung sei ein abrechnungsschein mit den zuvor erhobenen daten (name, anschrift, geburtsdatum des versicherten, name der krankenkasse, versichertenstatus, ggf. versichertennummer) in der praxis oder von der krankenkasse zu erstellen oder ein sonstiges formular - z. b. muster 16 als vordruck für verordnungen - mit den zuvor erhobenen daten zu beschriften und von dem versicherten zu unterzeichnen. nachweise und belege mit den entsprechenden unterschriften der versicherten oder der erziehungsberechtigten habe die klägerin nicht eingereicht. 9die sachlich-rechnerische berichtigung sei für den betroffenen abrechnungszeitraum auch nicht verjährt. bezogen auf das älteste quartal i/2007 ergebe sich folgende berechnung der verjährung: 10abrechnung quartal i/2007 18.07.2007 ablauf der grds. ausschlussfrist von 4 jahren 18.07.2011 beginn der hemmung der frist 15.04.2010 zu diesem zeitpunkt noch verbliebene restausschlussfrist 1 jahr 3 monate ende der hemmung der verjährung 27.05.2011 ablauf der ausschlussfrist 27.09.2012 datum des berichtigungsbescheides 09.02.2012 11diesem bescheid widersprach die klägerin. 12die zuständige krankenkasse hätte in jedem der beanstandeten einzelfälle auf telefonische nachfrage ausdrücklich bestätigt, dass der patient versichert sei. im jahr 2007 und bis zu einer organisatorischen änderung in das jahr 2008 hinein habe insbesondere die aok in den fraglichen fällen zudem nahezu ausnahmslos im anschluss an das das jeweilige telefonat einen abrechnungsschein übersandt. durch die regelmäßige rechtsverbindliche zusage der krankenkassen sei ein vertrauenstatbestand begründet worden, der eine rückforderung von ca. 24.000,- eur ausschließe. ferner sei in mehreren behandlungsfällen eine doppelte belastung durch die abgeschlossenen prüfverfahren und den bescheid vom 09.02.2012 festzustellen. darüber hinaus würden in diesem bescheid für das iv. quartal 2009 bei 4.410,60 eur 5.080 punkte in abzug gebracht, während sich aus der entsprechenden einzelfallauflistung 4.806 punkte ergäben, also 274 punkte weniger als im bescheid. 13mit widerspruchsbescheid vom 07.01.2014 gab die beklagte dem widerspruch in höhe von 2.629,54 eur statt und wies ihn im übrigen zurück. 14die abrechnungsbelege wiesen allesamt keine unterschrift der jeweiligen versicherten aus. ein versichertenbezug, nämlich die verknüpfung der von der klägerin erbrachten und abgerechneten leistungen mit der person des jeweils behandelten versicherten, habe insofern nicht hergestellt werden können. 15selbst wenn mitarbeiter der aok ein abweichen von den regelungen des ersatzverfahrens tatsächlich telefonisch als rechtmäßig in aussicht gestellt haben sollten, hätte sich die klägerin hierauf nicht verlassen dürfen. sie hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass von den voraussetzungen des auf bundesebene zwischen der kzbv und dem gkv-spitzenverband vereinbarten ersatzverfahrens, die der vertragszahnärztlich zugelassenen klägerin hätten bekannt sein müssen, einseitig und überdies nur mündlich wirksam hätte abgewichen werden können. aus diesem grunde hätte die klägerin auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass die kch-abrechnungen der quartale i/2007 bis einschließlich iv/2009 unbeanstandet bleiben würden. 16einzelne abrechnungsbelege seien den versicherten unmittelbar zur verfügung gestellt worden, da sie von der krankenkasse als anschreiben an die anschrift des versicherten gerichtet worden seien. unterstellt, die versicherten hätten der praxis diese belege persönlich überreicht, wäre von einer persönlichen zuordnung auszugehen. diese belege enthalten ausdrücklich die begriffe "vorläufige versichertenkarte" oder "ersatzversichertenkarte". hinsichtlich der honorarkürzungen, die diese im ersatzverfahren abgerechneten acht behandlungsfälle beträfen, werde dem widerspruch daher stattgegeben. 17soweit honorarkürzungen in verfahren der wirtschaftlichkeitsprüfung auch gegenstand des rückforderungsbescheides vom 09.02.2012 gewesen seien, werde dem widerspruch ebenfalls stattgegeben. 18der ausgangsbescheid weise bezogen auf das quartal iv/2009 bei den zu berichtigenden punkten eine um 274 punkte überhöhte summe aus. statt 4.806 seien versehentlich 5.080 punkte angegeben worden. in der anlage des bescheides betreffend die behandlungsfälle für das quartal iv/2009 sei die punktesumme jedoch richtig eingetragen worden. das insoweit ausgewiesene honorar in euro sei daher zutreffend ermittelt worden. 19hiergegen richtet sich die am 24.10.2013 erhobene klage. 20die klägerin ist der ansicht, die unterschrift des versicherten sei keine zwingende voraussetzung für den honoraranspruch des zahnarztes gegenüber der beklagten. die unterschrift diene lediglich dazu, den nachweis einer bestehenden versicherung zu erbringen bzw. zu erleichtern. demgemäß handele es sich bei der krankenversichertenkarte auch lediglich um ein beweiserleichterndes ausweispapier. gleichberechtigte alternative sei nach § 8 abs. 2 bmv-z der nachweis der anspruchsvoraussetzung auf andere weise. dieser sei hier in jedem einzelfall durch ausdrückliche und rechtsverbindliche bestätigung der jeweiligen krankenkasse erfolgt. als bestätigung der kostenübernahme hätten die krankenkassen einen von ihnen abgestempelten und unterschriebenen abrechnungsschein für zahnärztliche behandlung übersandt. sofern dies nicht geschehen sei, hätten die krankenkassen telefonisch die kostenübernahme bestätigt. da es entscheidend auf die bestehende mitgliedschaft des versicherten bei der krankenkasse ankomme, reiche eine mündliche zusage der krankenkasse insofern aus. 21insbesondere sei durch die praktizierte vorgehensweise ein schützenswerter vertrauenstatbestand geschaffen worden. die beklagte habe eine bestimmte leistungserbringung in kenntnis aller umstände geduldet und ohne beanstandung honorare gezahlt. hierauf müsse sich die klägerin weiter verlassen dürfen. 22zumindest für das für 2007 zurückgeforderte honorar greife auch die vierjährige ausschlussfrist. der eintritt einer hemmung greife nur bei identität des prüfungsgegenstandes. zwischen wirtschaftlichkeitsprüfung und prüfung über das ersatzverfahren sei jedoch keine identität gegeben. im übrigen sei § 204 abs. 2 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) entsprechend anwendbar. nach der einlassung vom 28.11.2012 sei bis zum erlass des bescheides vom 07.01.2014 nichts wesentliches passiert. die hemmung der verjährung habe daher am 28.05.2013 geendet, sodass weitere 7 monate und 9 tage in die ausschlussfrist einzuberechnen seien. damit sei das quartal i/2007 vom ausschluss erfasst. 23die klägerin beantragt, 24den bescheid der beklagten vom 09.02.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 07.01.2014 aufzuheben. 25die beklagte beantragt, 26die klage abzuweisen. 27sie verteidigt die angefochtenen bescheide. 28maßgeblich für das ersatzverfahren sei, dass ein entsprechender abrechnungsschein der zuständigen krankenkasse vorgelegt werde und der versicherte durch seine unterschrift das bestehen der mitgliedschaft bestätige. an diesen unterschriften fehle es in sämtlichen vorgelegten abrechnungsscheinen. insofern komme es nicht darauf an, dass die krankenkasse das bestehen des versicherungsverhältnisses bestätigt habe. vertrauensschutz stehe einer honorarrückforderung nicht entgegen, da die von bsg hierzu entwickelten kon-stellationen nicht vorlägen. die von der klägerin vorgenommene anzahl der im ersatzverfahren abgerechneten fälle sei mit 11,4 % (i/2008) bis 28,9 % (iv/2009) zudem überdurchschnittlich hoch. ab 01.10.2012 sei ein aufgreifkriterium für die plausibilitätsprüfung, wenn in zwei aufeinanderfolgenden quartalen mehr als 7 % bzw. fünf fälle im ersatzverfahren abgerechnet würden. 29wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf den übrigen inhalt der gerichtsakte, insbesondere auf den von der beklagten vorgelegten, farbig markierten "abgleich honorarkürzungsbescheid vom 09.02.2012 mit widerspruchsbegründungen vom 29.03. und 31.10.2012 sowie den bescheiden der wirtschaftlichkeitsprüfung für den zeitraum i/08-iv/09", sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist, bezug genommen. 30
31die klage ist zulässig, aber unbegründet. 32die klägerin ist durch die angefochtenen bescheide nicht beschwert im sinne des § 54 abs. 2 des sozialgerichtsgesetzes (sgg), da diese rechtmäßig sind. 33die beklagte ist nach § 106a abs. 2 satz 1 halbsatz 1 sozialgesetzbuch - gesetzliche krankenversicherung (sgb v) berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische richtigkeit der abrechnungen der vertragszahnärzte festzustellen. dabei ist zu überprüfen, ob die leistungen rechtmäßig, d.h. im einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen und satzungsrechtlichen vorschriften des vertrags(zahn)arztrechts - mit ausnahme des wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht und abgerechnet worden sind (bsg, urteil vom 02.04.2014 - b 6 ka 20/13 r - m.w.n.). daneben obliegt der antragsgegnerin auch aus § 19 lit. a des bundesmantelvertrages-zahnärzte (bmv-z) und § 17 abs. 1 satz 1 des ersatzkassenvertrages-zahnärzte (ekv-z) die rechnerische und gebührenordnungsmäßige prüfung und ggf. berichtigung der von den vertragszahnärzten vorgelegten abrechnungen (vgl. bsg, urteile vom 05.11.2008 - b 6 ka 1/08 r -; vom 19.10.2011 - b 6 ka 30/10 r -). 34die befugnis zu richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene honorarbescheide (nachgehende richtigstellung). sie bedeutet dann im umfang der vorgenommenen korrekturen eine teilweise rücknahme des honorarbescheides. die genannten bestimmungen stellen sonderregelungen dar, die gemäß § 37 satz 1 sozialgesetzbuch - allgemeiner teil (sgb i) in ihrem anwendungsbereich die regelung des § 45 sozialgesetzbuch - sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz (sgb x) verdrängen. eine nach den bestimmungen zur sachlich-rechnerischen richtigstellung rechtmäßige (teil-)rücknahme des honorarbescheides mit wirkung für die vergangenheit löst nach § 50 abs. 1 satz 1 sgb x eine entsprechende rückzahlungsverpflichtung des empfängers der leistung aus (bsg, urteil vom 28.08.2013 - b 6 ka 50/12 r -). 35die tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische richtigstellung der abrechnung der klägerin für den zeitraum i/2007 bis iv/2009 sind erfüllt. 36nach § 8 abs. 1 bmv-z und § 12 abs. 1 ekv-z weist der berechtigte seinen anspruch auf vertragszahnärztliche versorgung durch vorlage der krankenversichertenkarte nach. der versicherte ist grundsätzlich verpflichtet, bei jedem zahnarztbesuch die krankenversichertenkarte vorzulegen (ziffer 1.1 der anlage 6 zum bmv-z/ekv-z). das ist hier in keinem der streitbefangenen fälle geschehen. 37lediglich in wenigen, bundesmantelvertraglich normierten fällen besteht die möglichkeit der abrechenbarkeit vertragszahnärztlicher leistungen über das sog. ersatzverfahren. das sind notfälle (ziffer 2.2 der anlage 6 zum bmv-z/ekv-z) und die in ziffer 3 der anlage 6 zum bmv-z/ekv-z genannten situationen, insbesondere fälle, in denen die krankenversichertenkarte aus technischen gründen nicht verwendet werden kann. die von der klägerin im verwaltungsverfahren vorgetragenen gesichtspunkte, weshalb ihr die krankenversichertenkarten nicht vorgelegen hätten, treffen diese fälle nur ganz vereinzelt. es mangelt auch an schlüssigen erklärungen der klägerin, weshalb sie in einer sehr hohen anzahl von fällen an ein und demselben tag mehrere mitglieder einer familie ohne vorlage der krankenversichertenkarte beraten hat (bema-pos. ä1), ohne dass sich weitergehende behandlungsschritte angeschlossen haben. 38unbeschadet dessen hat jedenfalls gemäß ziffer 5 der anlage 6 zum bmv-z/ekv-z auch im ersatzverfahren der versicherte durch seine unterschrift das bestehen der mitgliedschaft auf dem abrechnungsschein zu bestätigen, soweit nicht in § 11 eine andere regelung getroffen worden ist (betr. kinder). an diesen unterschriften fehlt es in allen berichtigten abrechnungsfällen. 39die regelungen der bundesmantelverträge sind als "normsetzung durch vertrag" für die leistungserbringer verbindlich (zuletzt bsg, urteil vom 02.04.2014 - b 6 ka 20/13 r -). hierzu gehört auch die unterschriftsleistung des versicherten im ersatzverfahren (lsg nrw, urteil vom 29.10.1997 - l 11 ka 94/97 -). dass die krankenkasse die "anspruchsnachweise für zahnärztliche behandlung" abgestempelt und unterschrieben hat, reicht nicht aus. es geht um die unterschrift des versicherten selbst. durch seine unterschrift bestätigt der versicherte die richtigkeit der personenbezogenen daten auf dem abrechnungsschein (vgl. ziffer 8.2 letzter satz der anlage 6 zum bmv-z/ekv-z). nur so hat der zahnarzt die gewähr dafür, dass der patient, den er behandelt, auch derjenige versicherte ist, dessen versicherung die behandlungskosten über die kassenzahnärztliche vereinigung zu tragen hat. die bloße bestätigung der krankenkasse, sei es telefonisch oder auf einem abrechnungsschein, dass eine bestimmte person mitglied der krankenkasse sei, besagt keineswegs, dass es sich bei dem vom zahnarzt behandelten patienten auch genau um diese person handelt. erst mit der unterschrift des patienten ist - von betrügerischem missbrauch abgesehen - die erforderliche klarheit hergestellt. 40vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der rückforderung nicht entgegen. 41der vertragsarzt kann nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) auf den bestand eines vor einer endgültigen prüfung auf rechtmäßigkeit und wirtschaftlichkeit erteilten honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (st. rspr., z.b. bsg, urteil vom 28.08.2013 - b 6 ka 43/12 r- m.w.n.). die auskehrung der gesamtvergütungsanteile durch die kassen(zahn)ärztliche vereinigung im wege der honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die honoraranforderungen ihrer vertrags(zahn)ärzte hin bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen gründen - die rechtmäßigkeit der honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen richtigkeit der leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. soweit gleichwohl vertrauensschutzaspekte zu berücksichtigen sein könnten, hat das bsg hierzu fallgruppen herausgearbeitet, in denen die befugnis zu sachlich-rechnerischen richtigstellungen begrenzt ist (zusammenfassend bsg, urteil vom 14.12.2005 - b 6 ka 17/05 r -). danach käme hier allenfalls der gesichtspunkt in betracht, dass die beklagte die rechtswidrige erbringung bestimmter leistungen in kenntnis aller umstände längere zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer vergütung ausschließt. ein solcher fall ist aber bereits tatbestandlich nicht gegeben. erst auf den bescheid der prüfungsstelle vom 27.05.2011 wurde die beklagte darüber informiert, dass im rahmen der überprüfung der kch-abrechnungen der klägerin für die quartale i/2007 bis iv/2007 festgestellt worden sei, dass in vermehrtem umfang kch-behandlungsfälle abgerechnet worden seien, obwohl die krankenversicherungskarten nicht vorgelegen hätten und die daten der jeweiligen versicherten daher nicht eingelesen worden seien. bis zu diesem zeitpunkt musste die beklagte davon ausgehen, dass die abrechnungen der klägerin rechtmäßig waren, also im einklang mit den bundesmantelvertraglichen regelungen standen. ihrem gesetzlichen prüfungsauftrag aus § 106a abs. 2 satz 1 halbsatz 1 sgb v entsprechend hat sie dann für die quartale ab i/2007 die sachlich-rechnerische richtigkeit der abrechnungen der klägerin überprüft und diese entsprechend korrigiert. 42der rückforderungsanspruch ist auch nicht - teilweise - verjährt. die vierjährige ausschlussfrist für den erlass von honorarberichtigungsbescheiden wird durch bescheide im rahmen der vertragsärztlichen wirtschaftlichkeitsprüfung gehemmt, wenn beide verfahren dieselbe honorarforderung des vertragsarztes zum gegenstand haben (bsg, urteil vom 06.09.2006 - b 6 ka 40/05 r -). das ist hier der fall, da der bescheid der prüfungsstelle vom 27.05.2011 die kch-abrechnungen der klägerin für die quartale i/2007 bis iv/2007 betraf. unter berücksichtigung des hemmungszeitraumes erfasst der ausgangsbescheid über sachlich-rechnerische berichtigungen vom 09.02.2012 auch die klägerische abrechnung für das quartal i/2007. ob und inwieweit die voraussetzungen der zivilrechtlichen vorschrift des § 204 abs. 2 satz 2 bgb vorliegen, ist unerheblich, denn diese bestimmung findet im sozialrechtlichen verwaltungsverfahren keine entsprechende anwendung (zuletzt bsg, urteil vom 20.03.2013 - b 6 ka 18/12 r - m.w.n.). 43auch die höhe der rückforderung begegnet keinen bedenken, nachdem die beklagte in ihrer farbig markierten übersicht: "abgleich honorarkürzungsbescheid vom 09.02.2012 mit widerspruchsbegründungen vom 29.03. und 31.10.2012 sowie den bescheiden der wirtschaftlichkeitsprüfung für den zeitraum i/08-iv/09" die doppelbelastungen, denen im widerspruchsverfahren abgeholfen wurde, mit hinreichender deutlichkeit erklärt hat. 44die streitbefangenen honorarberichtigungen sind schließlich auch deshalb unvermeidlich, um die funktionsfähigkeit der vertragszahnärztlichen versorgung zu erhalten. nach ständiger rechtsprechung des bsg haben bestimmungen, die die vergütung vertrags(zahn)ärztlicher leistungen von der erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses systems die funktion zu gewährleisten, dass sich die leistungserbringung nach den für die vertrags(zahn)ärztliche versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen bestimmungen vollzieht. das wird dadurch erreicht, dass dem vertrags(zahn)arzt für leistungen, die unter verstoß gegen derartige vorschriften bewirkt werden, auch dann keine vergütung zusteht, wenn die leistungen im übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden. daher steht dem vertrags(zahn)arzt für leistungen, die nicht gemäß den bestimmungen des vertrags(zahn)arztrechts erbracht worden sind, auch kein vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher grundlage zu. denn die bestimmungen des leistungserbringungsrechts über die erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher voraussetzungen der leistungserbringung könnten ihre steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der vertrags(zahn)arzt die rechtswidrig bewirkten leistungen über einen wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter bereicherung im ergebnis dennoch vergütet bekäme. könnten verstöße gegen die für die leistungserbringung maßgeblichen bestimmungen nur mit wirkung für die zukunft sanktioniert werden, ginge deren steuerungsfunktion verloren, weil für vertrags(zahn)ärzte jeglicher anreiz fehlte, sich normgemäß zu verhalten. im gegenteil bestünde gerade ein anreiz zu normwidrigen verhalten, wenn die früchte des handelns dem (zahn)arzt verblieben (bsg, urteil vom 23.06.2010 - b 6 ka 7/09 r -). 45die kostenentscheidung folgt aus § 197a abs. 1 sgg in verbindung mit §§ 154 abs. 1, 162 abs. 1, 3 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo).
Verklagte*r
0
171,655
S 8 KR 1160/13
"2014-08-28T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 27.2.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 die Kosten für die Suprakonstruktion vollständig zu übernehmen. Der Beklagten wenn die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. 1Tatbestand: 2Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Frage der vollständigen Kostenübernahme für eine Suprakonstruktion. 3Die 1968 geborene Klägerin litt in den Jahren 1998 bis 2003 an einer Osteomyelitis (Knochenentzündung) im Unterkiefer. Im Mai 2003 wurden eine Unterkiefer-Teilresektion sowie eine Knochenaugmentation durchgeführt. Zu Lasten der Beklagten erfolgte weiterhin die Insertion von drei Implantaten und Versorgung mit einer Suprakonstruktion. Im September 2007 wurde eine Vestibulumplastik (Mundvorhofplastik) durchgeführt. 4Im Oktober 2011 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Heil- und Kostenplanes sowie eines Kostenvoranschlags der Universitätsklinik E (Eigenanteil: 2.950,10 EUR) bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine neue Suprakonstruktion, da an verschiedenen Stellen die Keramik großflächig abgeplatzt sei. Nach einem teilweisen Abbau des Knochentransplantats und der damit verbundenen Fehlbelastung im Kieferbereich sei die ursprüngliche Suprakonstruktion nicht mehr verwertbar. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 27.2.2012 einen Festzuschuss i.H.v. 453,90 EUR und lehnte den Kostenübernahmeantrag im Übrigen ab. Die Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V gelte nicht, wenn die Suprakonstruktion erneuert werden müsse. 5Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch unter Vorlage einer Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes T. Die Beklagte hörte daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an. Im weiteren Verlauf wurde der Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2013 zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Übernahme der vollständigen Kosten für eine Suprakonstruktion. Jeder neue Behandlungsfall, auch Folgebehandlungen, sei nach der jeweiligen Rechtslage zu beurteilen. 6Die Klägerin hat gegen die Bescheide der Beklagten Klage erhoben, mit der sie weiterhin die vollständige Kostenübernahme für eine neue Suprakonstruktion geltend macht. 2003 sei keine andere Möglichkeit der Behandlung ihres Kiefers und Gebisses möglich gewesen als der Einsatz von Implantaten. So habe sie sich trotz ihrer Skepsis gegenüber Implantaten mangels Alternativen dieser Behandlungsmethode unterzogen und sei seitdem einen Leidensweg mit nachfolgenden - nicht unerheblichen – operativen Nachbehandlungen und Schmerzen gegangen. Die Erneuerung der Suprakonstruktion sei medizinisch notwendig, die Entfernung der Implantate nicht möglich bzw. unzumutbar. Es würden sich schon Folgeschäden aufgrund des unversorgten Zustandes, des schlechten Zustandes der Suprakonstruktion, entwickeln und es bestehe die Gefahr der Schädigung der Kiefergelenke. 7Die Klägerin beantragt, 8die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 27.2.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.7.2013 die Kosten für die Suprakonstruktion vollständig zu übernehmen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den dort ausgeführten Gründen für rechtmäßig. 12Das Gericht hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts die Arztbriefe und ambulanten Karten der Universitätsklinik E beigezogen sowie Auskünfte des T eingeholt. Zur weiteren Sachdarstellung wird auf diese Unterlagen sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage ist begründet. 15Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig, soweit sie die Übernahme der über den Festzuschuss hinausgehenden Kosten der Suprakonstruktion ablehnen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Sachleistungsanspruch zu, §§ 11, 27, 28 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V i.V.m. der Ausnahmeindikation Punkt B. VII. 2. a), 2. Alt. der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung – Behandlungsrichtlinie - ("größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache in Entzündungen des Kiefers haben"). Der Anspruch auf die Versorgung mit einer neuen Suprakonstruktion als Sachleistungsanspruch ergibt sich bereits aufgrund des Wortlauts der Gesetzesvorschrift des § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V. Denn dort ist geregelt, dass die implantologischen Leistungen "einschließlich der Suprakonstruktion" zu erbringen sind. Aus der Formulierung "einschließlich" folgt, dass die Implantate mit einer Suprakonstruktion zu leisten sind. Dies bedeutet, dass die Suprakonstruktion als quasi begleitende Leistung und Zubehör der Implantate zur Verfügung zu stellen ist. Die Suprakonstruktion teilt das Schicksal der Implantate. Solange die Implantate Bestand haben, haben sie dies einschließlich Suprakonstruktion und sind mit einer solchen funktionsfähigen zu erbringen. 16Die entgegenstehende Auffassung der Beklagten steht dem Zweck dieses gesetzlich vorgesehenen Gesamtbehandlungsanspruchs entgegen: Ein Nichtanerkennen des Folgebehandlungsanspruchs würde jedenfalls in den Fällen, in denen die Versicherten finanziell nicht in der Lage sind, die erheblichen Kosten eines Implantates bzw. einer Suprakonstruktion weiterhin selber zu finanzieren, dazu führen, dass es mit dem (darüber hinaus unzumutbaren) Entfernen der Implantate zur Beseitigung des in § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V (i.V.m. Punkt B. VII. 2. a), 2. Alt. der Behandlungsrichtlinie) vorgesehenen Behandlungserfolgs käme. Auch dies kann nicht im Interesse des Gesetzgebers gewesen sein, zumal es sich bei der Beseitigung um eine unzumutbare Behandlungsmaßnahme handelt (dazu weiter unten). 17Ein langfristig angelegtes Implantat ohne nachfolgende Versorgung ("Wartung"), insbesondere ohne funktionierende Suprakonstruktion stellt darüber hinaus sogar eine schädliche Versorgung dar, die zwangsläufig weitere Folgeschäden nach sich zieht. Insoweit hat der behandelnde Zahnarzt der Klägerin nachvollziehbar geschildert, dass ein Entfernen der Implantate mit einem Herausfräsen unter großräumiger Entnahme von Knochenmaterial eine unzumutbare medizinische Maßnahme darstelle. Die Klägerin hat darüber hinaus glaubhaft dargelegt, dass bei ihr in diesem Fall zudem ein erhebliches Risiko für die Schädigung eines Gesichtsnerves bestehe. Die Klägerin hat des Weiteren glaubhaft geschildert, dass bereits der aktuelle Zustand schmerzhaft sei, die mangelnde Funktion der Implantate bzw. die Reparaturbedürftigkeit der Suprakonstruktion dazu geführt habe, dass die Kaufähigkeit und der Gegenbiss (Okklusion) aufgehoben sei. Darüber hinaus bestünde bereits jetzt eine Behandlungsbedürftigkeit für das hieraus resultierende nächtliche Zähneknirschen und Zähnepressen. Bei einem weiteren Fortschreiten dieser Entwicklung würden auch die Kiefergelenke betroffen sein. Zudem ist der Vorsitzenden aus anderen Verfahren bekannt, dass eine unzureichende oder Fehlbelastung von transplantiertem Knochenmaterial zu einem Schwund des Knochenaufbaus führt. Es erscheint naheliegend, dass eine solche Fehlbelastung bzw. unzureichende Belastung durch eine unzureichende Suprakonstruktion verursacht werden kann. 18Unter Berücksichtigung dieser dargelegten Umstände im Allgemeinen und insbesondere im konkreten Fall der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei unveränderter Rechtslage eine langfristig angelegte invasive Maßnahme lediglich für einen quasi befristeten Zeitraum und mit absehbar mittelfristiger Schädigung nach Ablauf dieses Zeitraums ("Haltbarkeit" der Suprakonstruktion) zur Verfügung stellen wollte. 19Jedenfalls unter Berücksichtigung des Instituts des öffentlich-rechtlichen Aufopferungsanspruchs kann eine andere Auslegung von § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V nicht in Betracht kommen. Denn die Versicherte ist nicht verpflichtet, die Folgeschäden von schlecht oder unversorgt gebliebenen Implantaten in Kauf zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 6.10.1999 – B 1 KR 9/99 R -, BVerfG, Beschluss vom 4.8.1998 – 1 BvR 897/98 -). Die Behandlung zur Beseitigung dieser Schäden könnte sie aufgrund des Sonderopfers, das sie durch die Ablehnung der Versorgung der kassenrechtlich gesetzten Implantate erfährt, als Entschädigung beanspruchen. Eine Behandlung zur Beseitigung der Folgeschäden wäre vorliegend die Erneuerung der Suprakonstruktion. 20Die Auffassung der Beklagten, dass bei Folgebehandlungen die Ausnahmeindikation aktuell noch erfüllt sein muss, würde darüber hinaus – gerade bezogen auf die hier einschlägige Ausnahmeindikation - aus folgenden Gründen zu nicht mehr sachgerechten Ergebnissen führen: 21Bei der Indikation Punkt B. VII. 2. a), 2. Alt. der Behandlungsrichtlinie liegt es in der Natur der Indikation und der dort erfassten Gesamtbehandlungsmaßnahme (Operation), dass die operationsbedürftige Ausgangsindikation mit der Durchführung der Operation beendet ist und bereits am nächsten Tag nicht mehr besteht. Nach dem Standpunkt der Beklagten würde unmittelbar mit dem Abschluss dieser (Gesamt-) Behandlungsmaßnahme, d.h. der Operation, zwangsläufig und voraussehbar jegliche weitere Versorgung der gesetzten Implantate (Reparatur, anderweitiger Behandlungsbedarf) und der Suprakonstruktion (bis auf den Festzuschuss) in die Eigenverantwortung der Versicherten fallen, ungeachtet der Frage, ob sie in der Lage sind, diese zu finanzieren, und obwohl die Maßnahme (Setzen eines Implantates) eine langfristig angelegte Behandlungsmaßnahme ist, die entweder gar nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Bedingungen rückabgewickelt werden kann. So hat das Bundessozialgericht die Folgebehandlung der Entfernung harter Zahnbeläge als eine Behandlung zu Lasten der Krankenkasse angenommen (Urteil vom 21.6.2011 – B 1 KR 17/10 R -, juris.de). 22Diesem Ergebnis steht auch nicht die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 3.9.2003 – B 1 KR 9/02 R -, juris.de) entgegen, da diese den Wegfall eines Leistungsanspruchs durch Änderung der gesetzlichen Regelung betrifft. So hat das Bundessozialgericht ausgeführt: "Dennoch können einem Versicherten, der sich im Vertrauen auf gewisse unterstützende Leistungen seiner Krankenkasse operieren lässt, deshalb nach dem Wegfall dieser Leistungen keine weitergehenden Ansprüche zustehen als einem Versicherten, bei dem derselbe Unterstützungsbedarf auftritt, ohne dass er operiert wurde." (a.a.O., Rn. 18) Ausdrücklich bezieht sich das Bundessozialgericht auf den "Wegfall dieser Leistungen". Damit ist kein Fall vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht entschiedenen gegeben, da sich für die Situation der Klägerin gerade keine Rechtsänderung mit dem Wegfall von Leistungen ergeben hat. Vielmehr stellt sich der Fall der Klägerin unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Rechtslage seit 2003 hinsichtlich der Ausnahmeindikationen unverändert ist, so dar, dass es insoweit vielmehr um das schützenswerte Vertrauen auf die seit 2003 unverändert und aktuell bestehende Rechtslage und nicht um ein Vertrauen auf den Bestand einer (nicht mehr existierenden) Rechtslage des Jahres 2003 geht. Darüber hinaus ist insbesondere im Licht des öffentlich-rechtlichen Aufopferungsanspruchs zu bedenken, dass durch den quasi Abbruch der Behandlungsmaßnahme erhebliche behandlungsbedingte Folgeschäden verursacht werden können, anders als im Fall eines nicht operierten Zustandes (ohne Implantate). So stellt sich der vorliegende Fall dar. 23Soweit die Festzuschuss-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Erneuerung und Wiederherstellung von Suprakonstruktionen Festzuschüsse festsetzt (B. 7. ff.), konnte dies zu keiner anderen Entscheidung führen. Soweit diese Festsetzung nicht für Indikationen im Sinne der Zahnersatz-Richtlinien und für privat finanzierte implantologische Leistungen außerhalb der Regelversorgung, sondern ausdrücklich für Ausnahmeindikationen anwendbar sein sollte, steht dies aus den ausgeführten Gründen im Widerspruch zu § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V und entbehrt damit für den vorliegenden Fall einer Ermächtigungsgrundlage. 24Ungeachtet der obigen Ausführungen zu der Begründetheit des streitgegenständlichen Anspruchs erscheint es nicht vertretbar, Versicherten eine langfristig angelegte Behandlungsmaßnahme zu bewilligen, ohne sie auf die zeitliche und sächliche Begrenzung der Kostenübernahme und das daraus für die Zukunft resultierende erhebliche Kostenrisiko hinzuweisen, das auf die Versicherten im Gegensatz zur sonst üblichen Kostenlast der Krankenversicherung z.B. bei Komplikationen nach invasiven Eingriffen zukommt. 25Die Kostentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes auf (SGG).
die beklagte wird verurteilt, unter abänderung des bescheides vom 27.2.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 die kosten für die suprakonstruktion vollständig zu übernehmen. der beklagten wenn die außergerichtlichen kosten der klägerin auferlegt. 1
2umstritten ist zwischen den beteiligten die frage der vollständigen kostenübernahme für eine suprakonstruktion. 3die 1968 geborene klägerin litt in den jahren 1998 bis 2003 an einer osteomyelitis (knochenentzündung) im unterkiefer. im mai 2003 wurden eine unterkiefer-teilresektion sowie eine knochenaugmentation durchgeführt. zu lasten der beklagten erfolgte weiterhin die insertion von drei implantaten und versorgung mit einer suprakonstruktion. im september 2007 wurde eine vestibulumplastik (mundvorhofplastik) durchgeführt. 4im oktober 2011 beantragte die klägerin unter vorlage eines heil- und kostenplanes sowie eines kostenvoranschlags der universitätsklinik e (eigenanteil: 2.950,10 eur) bei der beklagten die kostenübernahme für eine neue suprakonstruktion, da an verschiedenen stellen die keramik großflächig abgeplatzt sei. nach einem teilweisen abbau des knochentransplantats und der damit verbundenen fehlbelastung im kieferbereich sei die ursprüngliche suprakonstruktion nicht mehr verwertbar. die beklagte bewilligte mit bescheid vom 27.2.2012 einen festzuschuss i.h.v. 453,90 eur und lehnte den kostenübernahmeantrag im übrigen ab. die ausnahmeindikation gemäß § 28 abs. 2 s. 9 sgb v gelte nicht, wenn die suprakonstruktion erneuert werden müsse. 5gegen diesen bescheid erhob die klägerin widerspruch unter vorlage einer stellungnahme des behandelnden zahnarztes t. die beklagte hörte daraufhin den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) an. im weiteren verlauf wurde der widerspruch der klägerin mit widerspruchsbescheid vom 4.7.2013 zurückgewiesen. es bestehe kein anspruch auf übernahme der vollständigen kosten für eine suprakonstruktion. jeder neue behandlungsfall, auch folgebehandlungen, sei nach der jeweiligen rechtslage zu beurteilen. 6die klägerin hat gegen die bescheide der beklagten klage erhoben, mit der sie weiterhin die vollständige kostenübernahme für eine neue suprakonstruktion geltend macht. 2003 sei keine andere möglichkeit der behandlung ihres kiefers und gebisses möglich gewesen als der einsatz von implantaten. so habe sie sich trotz ihrer skepsis gegenüber implantaten mangels alternativen dieser behandlungsmethode unterzogen und sei seitdem einen leidensweg mit nachfolgenden - nicht unerheblichen – operativen nachbehandlungen und schmerzen gegangen. die erneuerung der suprakonstruktion sei medizinisch notwendig, die entfernung der implantate nicht möglich bzw. unzumutbar. es würden sich schon folgeschäden aufgrund des unversorgten zustandes, des schlechten zustandes der suprakonstruktion, entwickeln und es bestehe die gefahr der schädigung der kiefergelenke. 7die klägerin beantragt, 8die beklagte zu verurteilen, unter abänderung des bescheides vom 27.2.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 4.7.2013 die kosten für die suprakonstruktion vollständig zu übernehmen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie hält die angefochtenen bescheide aus den dort ausgeführten gründen für rechtmäßig. 12das gericht hat zur weiteren ermittlung des sachverhalts die arztbriefe und ambulanten karten der universitätsklinik e beigezogen sowie auskünfte des t eingeholt. zur weiteren sachdarstellung wird auf diese unterlagen sowie auf die zu den gerichtsakten gereichten schriftsätze und unterlagen der beteiligten einschließlich der beigezogenen verwaltungsakte bezug genommen. 13
14die klage ist begründet. 15die angefochtenen bescheide der beklagten sind rechtswidrig, soweit sie die übernahme der über den festzuschuss hinausgehenden kosten der suprakonstruktion ablehnen. der klägerin steht der geltend gemachte sachleistungsanspruch zu, §§ 11, 27, 28 des fünften buches des sozialgesetzbuches (sgb v). die klägerin erfüllt die voraussetzungen des § 28 abs. 2 s. 9 sgb v i.v.m. der ausnahmeindikation punkt b. vii. 2. a), 2. alt. der richtlinie des gemeinsamen bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche versorgung – behandlungsrichtlinie - ("größere kiefer- oder gesichtsdefekte, die ihre ursache in entzündungen des kiefers haben"). der anspruch auf die versorgung mit einer neuen suprakonstruktion als sachleistungsanspruch ergibt sich bereits aufgrund des wortlauts der gesetzesvorschrift des § 28 abs. 2 s. 9 sgb v. denn dort ist geregelt, dass die implantologischen leistungen "einschließlich der suprakonstruktion" zu erbringen sind. aus der formulierung "einschließlich" folgt, dass die implantate mit einer suprakonstruktion zu leisten sind. dies bedeutet, dass die suprakonstruktion als quasi begleitende leistung und zubehör der implantate zur verfügung zu stellen ist. die suprakonstruktion teilt das schicksal der implantate. solange die implantate bestand haben, haben sie dies einschließlich suprakonstruktion und sind mit einer solchen funktionsfähigen zu erbringen. 16die entgegenstehende auffassung der beklagten steht dem zweck dieses gesetzlich vorgesehenen gesamtbehandlungsanspruchs entgegen: ein nichtanerkennen des folgebehandlungsanspruchs würde jedenfalls in den fällen, in denen die versicherten finanziell nicht in der lage sind, die erheblichen kosten eines implantates bzw. einer suprakonstruktion weiterhin selber zu finanzieren, dazu führen, dass es mit dem (darüber hinaus unzumutbaren) entfernen der implantate zur beseitigung des in § 28 abs. 2 s. 9 sgb v (i.v.m. punkt b. vii. 2. a), 2. alt. der behandlungsrichtlinie) vorgesehenen behandlungserfolgs käme. auch dies kann nicht im interesse des gesetzgebers gewesen sein, zumal es sich bei der beseitigung um eine unzumutbare behandlungsmaßnahme handelt (dazu weiter unten). 17ein langfristig angelegtes implantat ohne nachfolgende versorgung ("wartung"), insbesondere ohne funktionierende suprakonstruktion stellt darüber hinaus sogar eine schädliche versorgung dar, die zwangsläufig weitere folgeschäden nach sich zieht. insoweit hat der behandelnde zahnarzt der klägerin nachvollziehbar geschildert, dass ein entfernen der implantate mit einem herausfräsen unter großräumiger entnahme von knochenmaterial eine unzumutbare medizinische maßnahme darstelle. die klägerin hat darüber hinaus glaubhaft dargelegt, dass bei ihr in diesem fall zudem ein erhebliches risiko für die schädigung eines gesichtsnerves bestehe. die klägerin hat des weiteren glaubhaft geschildert, dass bereits der aktuelle zustand schmerzhaft sei, die mangelnde funktion der implantate bzw. die reparaturbedürftigkeit der suprakonstruktion dazu geführt habe, dass die kaufähigkeit und der gegenbiss (okklusion) aufgehoben sei. darüber hinaus bestünde bereits jetzt eine behandlungsbedürftigkeit für das hieraus resultierende nächtliche zähneknirschen und zähnepressen. bei einem weiteren fortschreiten dieser entwicklung würden auch die kiefergelenke betroffen sein. zudem ist der vorsitzenden aus anderen verfahren bekannt, dass eine unzureichende oder fehlbelastung von transplantiertem knochenmaterial zu einem schwund des knochenaufbaus führt. es erscheint naheliegend, dass eine solche fehlbelastung bzw. unzureichende belastung durch eine unzureichende suprakonstruktion verursacht werden kann. 18unter berücksichtigung dieser dargelegten umstände im allgemeinen und insbesondere im konkreten fall der klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesetzgeber bei unveränderter rechtslage eine langfristig angelegte invasive maßnahme lediglich für einen quasi befristeten zeitraum und mit absehbar mittelfristiger schädigung nach ablauf dieses zeitraums ("haltbarkeit" der suprakonstruktion) zur verfügung stellen wollte. 19jedenfalls unter berücksichtigung des instituts des öffentlich-rechtlichen aufopferungsanspruchs kann eine andere auslegung von § 28 abs. 2 s. 9 sgb v nicht in betracht kommen. denn die versicherte ist nicht verpflichtet, die folgeschäden von schlecht oder unversorgt gebliebenen implantaten in kauf zu nehmen (vgl. bsg, urteil vom 6.10.1999 – b 1 kr 9/99 r -, bverfg, beschluss vom 4.8.1998 – 1 bvr 897/98 -). die behandlung zur beseitigung dieser schäden könnte sie aufgrund des sonderopfers, das sie durch die ablehnung der versorgung der kassenrechtlich gesetzten implantate erfährt, als entschädigung beanspruchen. eine behandlung zur beseitigung der folgeschäden wäre vorliegend die erneuerung der suprakonstruktion. 20die auffassung der beklagten, dass bei folgebehandlungen die ausnahmeindikation aktuell noch erfüllt sein muss, würde darüber hinaus – gerade bezogen auf die hier einschlägige ausnahmeindikation - aus folgenden gründen zu nicht mehr sachgerechten ergebnissen führen: 21bei der indikation punkt b. vii. 2. a), 2. alt. der behandlungsrichtlinie liegt es in der natur der indikation und der dort erfassten gesamtbehandlungsmaßnahme (operation), dass die operationsbedürftige ausgangsindikation mit der durchführung der operation beendet ist und bereits am nächsten tag nicht mehr besteht. nach dem standpunkt der beklagten würde unmittelbar mit dem abschluss dieser (gesamt-) behandlungsmaßnahme, d.h. der operation, zwangsläufig und voraussehbar jegliche weitere versorgung der gesetzten implantate (reparatur, anderweitiger behandlungsbedarf) und der suprakonstruktion (bis auf den festzuschuss) in die eigenverantwortung der versicherten fallen, ungeachtet der frage, ob sie in der lage sind, diese zu finanzieren, und obwohl die maßnahme (setzen eines implantates) eine langfristig angelegte behandlungsmaßnahme ist, die entweder gar nicht mehr oder nur unter unzumutbaren bedingungen rückabgewickelt werden kann. so hat das bundessozialgericht die folgebehandlung der entfernung harter zahnbeläge als eine behandlung zu lasten der krankenkasse angenommen (urteil vom 21.6.2011 – b 1 kr 17/10 r -, juris.de). 22diesem ergebnis steht auch nicht die von der beklagten zitierte rechtsprechung des bundessozialgerichts (urteil vom 3.9.2003 – b 1 kr 9/02 r -, juris.de) entgegen, da diese den wegfall eines leistungsanspruchs durch änderung der gesetzlichen regelung betrifft. so hat das bundessozialgericht ausgeführt: "dennoch können einem versicherten, der sich im vertrauen auf gewisse unterstützende leistungen seiner krankenkasse operieren lässt, deshalb nach dem wegfall dieser leistungen keine weitergehenden ansprüche zustehen als einem versicherten, bei dem derselbe unterstützungsbedarf auftritt, ohne dass er operiert wurde." (a.a.o., rn. 18) ausdrücklich bezieht sich das bundessozialgericht auf den "wegfall dieser leistungen". damit ist kein fall vergleichbar mit dem vom bundessozialgericht entschiedenen gegeben, da sich für die situation der klägerin gerade keine rechtsänderung mit dem wegfall von leistungen ergeben hat. vielmehr stellt sich der fall der klägerin unter berücksichtigung des umstandes, dass die rechtslage seit 2003 hinsichtlich der ausnahmeindikationen unverändert ist, so dar, dass es insoweit vielmehr um das schützenswerte vertrauen auf die seit 2003 unverändert und aktuell bestehende rechtslage und nicht um ein vertrauen auf den bestand einer (nicht mehr existierenden) rechtslage des jahres 2003 geht. darüber hinaus ist insbesondere im licht des öffentlich-rechtlichen aufopferungsanspruchs zu bedenken, dass durch den quasi abbruch der behandlungsmaßnahme erhebliche behandlungsbedingte folgeschäden verursacht werden können, anders als im fall eines nicht operierten zustandes (ohne implantate). so stellt sich der vorliegende fall dar. 23soweit die festzuschuss-richtlinie des gemeinsamen bundesausschusses für die erneuerung und wiederherstellung von suprakonstruktionen festzuschüsse festsetzt (b. 7. ff.), konnte dies zu keiner anderen entscheidung führen. soweit diese festsetzung nicht für indikationen im sinne der zahnersatz-richtlinien und für privat finanzierte implantologische leistungen außerhalb der regelversorgung, sondern ausdrücklich für ausnahmeindikationen anwendbar sein sollte, steht dies aus den ausgeführten gründen im widerspruch zu § 28 abs. 2 s. 9 sgb v und entbehrt damit für den vorliegenden fall einer ermächtigungsgrundlage. 24ungeachtet der obigen ausführungen zu der begründetheit des streitgegenständlichen anspruchs erscheint es nicht vertretbar, versicherten eine langfristig angelegte behandlungsmaßnahme zu bewilligen, ohne sie auf die zeitliche und sächliche begrenzung der kostenübernahme und das daraus für die zukunft resultierende erhebliche kostenrisiko hinzuweisen, das auf die versicherten im gegensatz zur sonst üblichen kostenlast der krankenversicherung z.b. bei komplikationen nach invasiven eingriffen zukommt. 25die kostentscheidung beruht auf § 193 des sozialgerichtsgesetzes auf (sgg).
Klaeger*in
1
182,217
1 K 3924/13
"2014-03-14T00:00:00"
Urteil
Tenor Das beklagte Land wird verpflichtet, über das Auskunftsbegehren des Klägers entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage formulierten Fassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist als Redakteur für die X. B. Zeitung (X1. ) tätig. Er wandte sich im Januar 2013 zunächst fernmündlich an den Landesrechnungshof und bat um Auskünfte zu verschiedenen aktuellen Prüfverfahren des Landesrechnungshofs. Mit E-Mail vom 15. Februar 2013 teilte der Landesrechnungshof dem Kläger mit, er prüfe den Westdeutschen Rundfunk (WDR) nach Maßgabe des Gesetzes über den `Westdeutschen Rundfunk Köln` (WDR-Gesetz). Die letzten drei Prüfungsmitteilungen seien in den Jahren 2011 und 2012 ergangen und beträfen die Jahresabschlüsse 2010 und 2011 des WDR sowie eine Prüfung in einem Teilbereich der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Aktuell würden beim WDR Prüfungsverfahren mit unterschiedlichen Schwerpunkten durchgeführt. Die Landtagsfraktionen würden nach Maßgabe des Fraktionsgesetzes NRW (FraktG NRW) geprüft. Hier seien die letzten Prüfungsmitteilungen in den Jahren 2004 und 2009 ergangen. Der zusammenfassende Bericht der Präsidentin des Landtages über die im Jahr 2009 ergangene Prüfungsmitteilung sei als Landtagsdrucksache 14/11171 veröffentlicht worden. Eine weitere Prüfung einer Fraktion im Jahr 2012 habe zu keinen mitzuteilenden Prüfungsfeststellungen geführt. 3Mit E-Mail vom 15. Februar 2013 bat der Kläger den Landesrechnungshof unter Bezugnahme auf das Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (PresseG NRW) wie folgt um Auskunft: 4„1) Zum WDR: 5- Bitte teilen Sie mir die Ergebnisse der Prüfmitteilung aus dem Jahr 2011 zum Jahresabschluss des WDR von 2010 mit. 6- Bitte teilen Sie mir mit ob, und wenn ja was, in der Prüfmitteilung aus dem Jahr 2011 zum Jahresabschluss des WDR von 2010 bemängelt wurde. 7- Bitte teilen Sie mir die Ergebnisse der Prüfmitteilung aus dem Jahr 2012 zum Jahresabschluss des WDR von 2011 mit. 8- Bitte teilen mir mit ob, und wenn ja was, in der Prüfmitteilung aus dem Jahr 2012 zum Jahresabschluss des WDR von 2011 bemängelt wurde. 9- Bitte teilen Sie mir mit, welcher Teilbereich der Haushalts- und Wirtschaftsführung beim WDR geprüft wurde. 10- Bitte teilen Sie mir mit, wann die Prüfung des Teilbereiches der Haushalts- und Wirtschaftsführung beim WDR mit Abgabe der Prüfmitteilung abgeschlossen wurde. 11- Bitte teilen Sie mir die Ergebnisse der Prüfmitteilung zum Teilbereich der Haushalts- und Wirtschaftsführung beim WDR mit. 12- Bitte teilen Sie mir mit ob, und wenn ja was, in der Prüfmitteilung zum Teilbereich der Haushalts- und Wirtschaftsführung beim WDR bemängelt wurde. 132) Zu den Fraktionen des Landtags NRW: 14Der zusammenfassende Bericht der Präsidentin des Landtags über die im Jahr 2009 ergangene Prüfungsmitteilung in der Landtagsdrucksache 14/11171 ist nicht besonders detailliert. Deswegen frage ich Sie: 15- Bitte teilen Sie mir die Ergebnisse der Prüfmitteilung mit, die in einem zusammenfassenden Bericht der Präsidentin des Landtags in der Landtagsdrucksache14/11171 veröffentlicht wurde. 16- Welche Reisen bei welcher Fraktion wurden warum bemängelt? Wer sollte welche Beträge zurückzahlen? 17- Welche Zulagen wurden bei welcher Fraktion warum bemängelt? 18- Welche Rücklagen wurden bei welcher Fraktion warum bemängelt? 19- Welche Fraktionen haben welche Veranstaltungen wann mit Parteigremien veranstaltet und warum wurde das bemängelt? 20- Welche Öffentlichkeitsarbeit wurde von welcher Fraktion warum bemängelt? 21- Welche Leistungen für Mitarbeiter wurden bei welcher Fraktion warum bemängelt? 22- Welche Präsente wurden bei welchen Fraktionen warum bemängelt? 23- Warum wurde bei welcher Fraktion die Erstellung eines Pressespiegels bemängelt?“ 24Mit E-Mail vom 15. März 2013 antwortete der Landesrechnungshof, er sehe sich durch die Regelungen des WDR-Gesetzes bzw. des FraktG NRW an der Beantwortung der Fragen des Klägers zu den Prüfungsfeststellungen gehindert, denn diese Regelungen sähen lediglich eine Information bestimmter Stellen vor. 25Am 25. März 2013 beantragte der Kläger beim erkennenden Gericht zur Erlangung der gewünschten Auskünfte den Erlass einer Einstweiligen Anordnung. Er machte geltend, er benötige die verlangten Auskünfte dringend für von ihm beabsichtigte Berichterstattungen. Der Landtag berate ein Gesetz zur Finanzierung einer „Stiftung für Vielfalt und Partizipation“, die über Umwegen aus Rundfunkgebühren finanziert werden solle. Vor diesem Hintergrund seien Auskünfte über die Verwendung und Kontrolle der Gebührengelder des WDR wichtig, zumal gleichzeitig Diskussionen über den Kostenapparat des WDR im Zusammenhang mit der Änderung der Rundfunkgebühren geführt würden. Die Auskünfte zu den Landtagsfraktionen seien hinsichtlich einer durch die Nebentätigkeitsdebatte des SPD-Kanzlerkandidaten T. ausgelösten Diskussion über die Transparenz des Politikbetriebes wichtig. Die Kammer lehnte den Antrag mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. April 2013 (1 L 579/13) ab und führte zur Begründung aus, der Kläger habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Hinsichtlich beider Themenkomplexe, zu denen er Auskünfte begehre, sei es ihm zumutbar, ein Hauptsacheverfahren abzuwarten. 26Mit seiner am 22. April 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger den von ihm geltend gemachten presserechtlichen Auskunftsanspruch weiter. Er führt an, der Landesrechnungshof sei nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW zur Erteilung der verlangten Auskünfte verpflichtet, die er für von ihm beabsichtigte Berichterstattungen benötige. Geheimhaltungsvorschriften, die seinem Anspruch gemäß § 4 Abs. 2 PresseG NRW entgegenstehen könnten, seien nicht ersichtlich. Auch aus den vom Landesrechnungshof angeführten Bestimmungen des WDR-Gesetzes und des FraktG NRW könnten sich keine Einschränkungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs ergeben. 27Der Kläger beantragt, 28das beklagte Land zu verpflichten, das mit seiner Mail vom 15. Februar 2013 übersandte Auskunftsbegehren mit folgender Maßgabe zu beantworten:Die Frage gemäß Spiegelstrich 5 zum Komplex Landtag NRW ist wie folgt zu verstehen: „Welche Veranstaltungen von Fraktionen mit Parteigremien wurden warum bemängelt?“. 29Das beklagte Land beantragt, 30die Klage abzuweisen. 31Es macht geltend, der Landesrechnungshof sei schon keine im Sinne des § 4 Abs. 1 PresseG NRW auskunftsverpflichtete Behörde. 32Weiterhin sei hinsichtlich des den WDR betreffenden Fragenkomplexes zu beachten, dass der WDR selbst aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht dem presserechtlichen Auskunftsanspruch unterliege. Dies würde umgangen, wenn der WDR im Umfang seiner Prüfung durch den Landesrechnungshof faktisch einem formal an den Landesrechnungshof gerichteten presserechtlichen Auskunftsbegehren unterworfen würde. Jedenfalls seien die Gesichtspunkte, aus denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht selbst dem presserechtlichen Auskunftsanspruch unterliege, als überwiegende öffentliche und schutzwürdige private Interessen im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW anzuerkennen. Der öffentliche Rundfunk wäre gegenüber privaten Medien im Nachteil, wenn er in Folge seiner Prüfung durch den Landesrechnungshof einer Ausforschung im Wege eines formal an den Landesrechnungshof gerichteten, in der Sache aber ihn betreffenden Auskunftsersuchen unterliege. Nach § 42 Abs. 3 WDR-Gesetz erstrecke sich die Prüfung durch den Landesrechnungshof auch auf die Einhaltung des Haushaltsplanes, Begründung und Beleg der Einnahmen und Ausgaben, die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses, die wirtschaftliche und sparsame Verfahrensweise und Fragen des Personal- oder Sachaufwandes und damit in erheblichem Umfang auf Bereiche mit unmittelbarem Programmbezug, die nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) jeglicher öffentlicher wie privater Ausforschung entzogen seien. 33Unter dem Gesichtspunkt, dass das WDR-Gesetz den WDR nur in einem engen und klar umrissenen Umfang einer Kontrolle durch den Landesrechnungshof unterwerfe und diese Kontrolle einen Eingriff in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Staatsfreiheit des Rundfunks darstelle, seien die Befugnisse des Landesrechnungshofs, über die Prüfungsergebnisse zu berichten, im WDR-Gesetz ausdrücklich und abschließend geregelt. Durch die Rundfunkfreiheit werde gerade auch der gesamte Bereich von der Beschaffung der Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung einschließlich der Personalauswahl sowie der Finanzierung verfassungsrechtlich geschützt. Der WDR sei gezwungen, gegenüber dem Landesrechnungshof Sachverhalte – etwa Fragen der Personalplanung – zu offenbaren, die einen unmittelbaren Programmbezug aufwiesen und daher den Kernbereich der Rundfunkfreiheit betreffen könnten. Dieser Eingriff sei verfassungsrechtlich nur zu rechtfertigen, sofern die Mitteilung der Prüfungsergebnisse die durch die Rundfunkfreiheit gesetzten Grenzen beachte. Deshalb müsse der Kreis derjenigen, denen die Prüfungsergebnisse mitgeteilt werden dürften, auf diejenigen beschränkt bleiben, die im Rahmen der verfassungsrechtlichen Stellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Einflussnahme im Sinne der Wahrung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit befugt seien. Ein schlichtes Informationsinteresse, wie es der Kläger verfolge, genüge nicht. Vielmehr sei Voraussetzung, dass der Empfänger der Prüfungsergebnisse auf den Bericht zur Erfüllung eigener Aufgaben in diesem Sinne angewiesen sei. Nach Maßgabe von § 43 Abs. 6 Satz 1 WDR-Gesetz käme dementsprechend nur eine Mitteilung der Prüfungsergebnisse an den WDR selbst, die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde und die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten in Betracht. Eine darüber hinausgehende, vom Kläger hier begehrte Information sei unzulässig. Insofern komme der aus verfassungsrechtlichen Gründen abschließenden Regelung des Adressatenkreises der Prüfungsergebnisse durch das WDR-Gesetz auch die Wirkung einer Geheimhaltungsvorschrift im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW zu. Die Prüfungskompetenz des Landesrechnungshofs dürfe – auch nicht mit den Mitteln des presserechtlichen Auskunftsanspruches – zu einem Ausforschungsinstrument Dritter wie etwa der Presse zweckentfremdet werden. 34Zudem ergäben sich nachteilige Auswirkungen auf die Kooperationsbereitschaft des WDR, wenn Informationen, die dieser dem Landesrechnungshof im Rahmen dessen Prüfung zur Verfügung gestellt habe, über den presserechtlichen Auskunftsanspruch Dritten bekannt werden könnten. Denn es sei zu erwarten, dass der WDR dann die unmittelbare Konsequenz einer „restriktiven Informationspolitik“ gegenüber dem Landesrechnungshof ziehen würde. Der Landesrechnungshof sei aber für eine effektive Ausübung seiner Kontrolltätigkeit auf eine Kooperation der geprüften Stellen angewiesen. Es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW daran, die sich aus einer mangelnden Kooperationsbereitschaft ergebenden Beeinträchtigungen der Prüfungsmöglichkeiten und damit der Funktionsfähigkeit des Landesrechnungshofs zu vermeiden. 35Aber auch hinsichtlich des die Landtagsfraktionen betreffenden Fragenkomplexes bestehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht. Das Begehren des Klägers sei darauf gerichtet, die Landtagsfraktionen, die selbst dem presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht unterlägen, mit den Mitteln eines an den Landesrechnungshof gerichteten Auskunftsbegehrens mittelbar einem presserechtlichen Auskunftsanspruch zu unterwerfen. Dies stehe in Widerspruch zu § 9 FraktG NRW, der eine abgestufte und abschließende Regelung der Veröffentlichungsbefugnisse des Landesrechnungshofs beinhalte und damit gleichzeitig einem presserechtlichen Auskunftsanspruch entgegenstehe. Nach § 9 Abs. 2 FraktG NRW fasse der Landesrechnungshof seine Prüfungsergebnisse nach Anhörung der betroffenen Fraktion in einem schriftlichen Bericht an die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Landtags zusammen. Die abschließende Entscheidung treffe dann nach § 9 Abs. 3 FraktG die Präsidentin bzw. der Präsident des Landtags, der einen zusammenfassenden Bericht zu den Entscheidungen als Landtagsdrucksache veröffentliche. Ob der Landesrechnungshof darüber hinaus von sich aus nach § 9 Abs. 4 FraktG NRW dem Landtag und der Landesregierung berichte, entscheide er in der seinen Mitgliedern verliehenen richterlichen Unabhängigkeit. Diese den Mitgliedern des Landesrechnungshofs eingeräumte Entscheidungsprärogative werde durch presserechtliche Auskunftsansprüche beeinträchtigt und stehe damit diesen als öffentlicher Belang im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW entgegen. Der Landesrechnungshof könne sich dann nicht mehr entscheiden, seine Berichtsrechte nicht wahrzunehmen und etwa stattdessen auf einen konstruktiven und vertraulichen Dialog mit dem Landtag und seinen Fraktionen zu setzen, um die aus seiner Sicht erforderlichen Konsequenzen durchzusetzen. Auch die Option, die Gesprächsbereitschaft von Landtag und Fraktionen dadurch zu fördern, dass der Landesrechnungshof widrigenfalls einen entsprechenden Bericht in Aussicht stelle, entfiele dann. Dies zeige, dass die Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit des Landesrechnungshofs erheblich davon abhinge, ob er es selbst in der Hand habe, Öffentlichkeit herzustellen, oder hiervon – zunächst oder dauerhaft – abzusehen. Weiterhin sei der Landesrechnungshof auch im Hinblick auf die Fraktionen für eine effektive Rechnungsprüfung, die ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW sei, auf die Mitwirkungs- und Kooperationsbereitschaft der Betroffenen angewiesen. Diese Bereitschaft nähme Schaden, wenn für Zwecke der Rechnungsprüfung zur Verfügung gestellte Informationen gegen den Willen des Landtagspräsidenten und des Landesrechnungshofs öffentlich gemacht werden könnten. Auch sei zu beachten, dass die Beantwortung der Fragen des Klägers Rückschlüsse auf einzelne Fraktionen und Personen zuließe. Die Entscheidung des einzelnen Abgeordneten, sich einer Fraktion anzuschließen sei aber Ausdruck des freien Mandats, so dass dem Auskunftsanspruch auch schutzwürdige private Interessen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 PresseG NRW entgegenstünden. 36Auch habe der Kläger nicht im Einzelnen dargelegt, warum er die Auskünfte benötige. Für die von ihm beabsichtigte Berichterstattung zu der Gründung einer „Stiftung für Vielfalt und Partizipation“ sei er auf die in Bezug auf den WDR begehrten Auskünfte nicht angewiesen, weil der WDR mit dieser Stiftung nichts zu tun habe. Auch die Finanzierung dieser Stiftung stehe in keinem direkten Zusammenhang zu den Rundfunkgebühren bzw. -beiträgen, denn nach dem Arbeitsentwurf eines neuen Landesmediengesetzes solle die Stiftung aus dem (wiederum aus einem rund zweiprozentigen Anteil der Rundfunkgebühren bzw. ‑beiträge gespeisten) Haushalt der Landesanstalt für Medien NRW finanziert werden. Hinsichtlich des auf die Prüfung der Landtagsfraktionen bezogenen Fragenkomplexes sei ebenfalls nicht ersichtlich, welches Berichterstattungsinteresse der Kläger verfolge, zumal dem Kläger aufgrund der Landtagsdrucksache 14/11171 bereits wesentliche Informationen vorlägen. 37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Verfahrens 1 L 579/13 nebst des dazu übersandten Verwaltungsvorganges verwiesen. 38Entscheidungsgründe: 39Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, Alt. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Die von dem beklagten Land vor Erteilung der gewünschten Presseauskunft auf Grundlage einer Rechtsprüfung getroffene Entscheidung über die Beantwortung des Auskunftsbegehrens stellt einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar. 40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 – 5 A 166/10 – zur vergleichbaren Entscheidung über ein Auskunftsbegehren nach dem Informationsfreiheitsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW). 41Da die das Auskunftsbegehren des Klägers ablehnende Entscheidung des Landesrechnungshofs vom 15. März 2013 keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, war die Klage gemäß § 58 Abs. 2 VwGO binnen Jahresfrist möglich. 42Die Klage hat auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Dem Kläger steht sowohl hinsichtlich des Themenkomplexes „WDR“ als auch hinsichtlich des Themenkomplexes „Fraktionen“ dem Grunde nach der geltend gemachte presserechtliche Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW zu (1.). Hinsichtlich beider Themenkomplexe stehen dem Auskunftsanspruch keine Geheimhaltungsvorschriften im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW durchgreifend entgegen (2.). Ob und inwieweit dem Anspruch möglicherweise nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW Rechtspositionen entgegenstehen, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Da die Kammer unter den besonderen Umständen des Falles nicht gehalten ist, die Spruchreife herbeizuführen, steht dem Kläger hinsichtlich beider Themenkomplexe ein Anspruch auf Neubescheidung seines Auskunftsbegehrens zu (3. und 4.). 431. Hinsichtlich beider genannter Themenkomplexe liegen die in § 4 Abs. 1 PresseG NRW genannten Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs vor. Insoweit verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die den Beteiligten bekannten Ausführungen im Beschluss vom 27. Dezember 2012 (1 L 2483/12), an denen festgehalten wird. Danach ist der Kläger als Redakteur der X1. ein Vertreter der Presse und der Landesrechnungshof eine auskunftsverpflichtete Behörde. Der Kläger begehrt auch Auskünfte im Sinn der Vorschrift. Gegenstand des Auskunftsanspruchs ist eine informative Mitteilung über tatsächliche Umstände oder rechtliche Verhältnisse. Kennzeichnend für ein solches Auskunftsbegehren ist die Benennung eines konkreten Sachkomplexes, hinsichtlich dessen bestimmte Informationen gewünscht werden. Hinsichtlich eines solchen Komplexes besteht Anspruch auf Mitteilung von Fakten. Nicht gefordert werden kann, bekannte Tatsachen zu kommentieren, zu bewerten oder eine rechtliche Stellungnahme abzugeben. 44Vgl. Löffler, Kommentar zum Presserecht, 5. Auflage, § 4 PresseG NRW, Rdz. 78; OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 1995 - 5 A 2875/92 -, NJW 1995, S. 2741. 45Dabei bezieht sich die Auskunftspflicht grundsätzlich nur auf Vorgänge, für die die betreffende Behörde zuständig ist, oder mit denen sie amtlich befasst war. 46Löffler, Kommentar zum Presserecht, 5. Auflage, § 4 PresseG NRW, Rdz. 59. 47Diesen Erfordernissen wird der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch gerecht. Insbesondere ist das Auskunftsersuchen des Klägers auf Vorgänge im Zuständigkeitsbereich des Landesrechnungshofs gerichtet. Unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Klarstellung zu der unter dem fünften Spiegelstrich zu den Landtagsfraktionen gestellten Frage geht es dem Kläger sowohl im Zusammenhang mit dem WDR als auch mit den Landtagsfraktionen um die Tätigkeit des Landesrechnungshofs selbst sowie hierbei von diesem in eigener Zuständigkeit anlässlich der durchgeführten Prüfungen erstmals gewonnene Erkenntnisse und hieran anknüpfende Maßnahmen. 48Weiterhin dienen die begehrten Auskünfte auch der öffentlichen Aufgabe der Presse. 49Vgl. zu diesem Merkmal Löffler, Kommentar zum Presserecht, 5. Auflage, § 4 PresseG NRW, Rdz. 86 m.w.N. 50Nach § 3 PresseG NRW erfüllt die Presse eine öffentliche Aufgabe insbesondere dadurch, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Die Presse ist in der Auswahl ihrer Recherche- und Berichtsgegenstände frei. 51BVerfG, Beschluss vom 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91 –; OVG NRW, Beschluss vom 4.1.13 – 5 B 1493/12 –. 52Zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe handelt die Presse erst dann nicht mehr, wenn Berichte über Privatangelegenheiten ohne Belang für die Öffentlichkeit erfolgen; 53Urteil der Kammer vom 15. Oktober 2008 – 1 K 3286/08 –. 54Davon kann hier keine Rede sein. 552. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes stehen dem Auskunftsbegehren des Klägers auch nicht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW Vorschriften über die Geheimhaltung entgegen. In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist bereits geklärt, dass Vertraulichkeit kein Wesensmerkmal der Rechnungsprüfung ist. 56OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 – m.w.N. sowie Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 –. 57Abweichendes ergibt sich hier weder aus den der Prüfung des WDR zugrunde liegenden Vorschriften des WDR-Gesetzes (a), noch aus den der Prüfung der Landtagsfraktionen zugrunde liegenden Vorschriften des FraktG NRW (b). 58a) Zwar teilt der Landesrechnungshof nach § 43 Abs. 6 Satz 1 WDR-Gesetz das Ergebnis seiner Prüfung nur dem WDR, der für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörde und der unabhängigen Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten mit. Hierin kann aber keine dem presserechtlichen Auskunftsanspruch entgegenstehende Geheimhaltungsvorschrift gesehen werden. Denn die genannte Vorschrift regelt lediglich den Ablauf des in die Aufstellung und endgültige Feststellung des Jahresabschlusses des WDR eingebetteten Prüfungsverfahrens. Erst nach Eingang des Prüfungsberichts zum Jahresabschluss des WDR berät der Rundfunkrat erneut den Jahresabschluss und stellt diesen fest (§ 44 Abs. 1 und 2 WDR-Gesetz). Damit legt § 43 Abs. 6 WDR-Gesetz (nur) fest, welchen Stellen der Landesrechnungshof seine Prüfungsergebnisse in diesem Stadium des Prüfungsverfahrens mitzuteilen hat. Ebenso wie §§ 88, 96, 97 und 99 Landeshaushaltsordnung (LHO) sowie Art. 86 Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (Verf NRW), 59vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 –, 60mag die Regelung damit einer aktiven Medienarbeit des Landesrechnungshofs Grenzen setzen. Ein darüber hinausgehender Regelungsgehalt, dass die Prüfungsergebnisse Dritten gegenüber geheim zu halten sind, lässt sich ihr jedoch nicht entnehmen. 61Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 – und Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 –; Bertrams, NWVBl. 1999, S. 1, 5. 62Erst recht steht die Vorschrift über die Mitteilung von Prüfungsergebnissen an bestimmte Stellen einer auf Antrag erfolgenden Unterrichtung der Presse auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW nicht entgegen. Gegen ein Verständnis als Geheimhaltungsvorschrift sprechen weiterhin auch die in §§ 44 Abs. 3, 44a WDR-Gesetz enthaltenen Regelungen, die nach Abschluss des Verfahrens zur Feststellung des Jahresabschlusses bzw. des Prüfungsverfahrens umfangreiche Veröffentlichungspflichten des WDR beinhalten, die sich auch auf die vom Landesrechnungshof für nicht erledigt erklärten Teile seines Prüfungsberichts erstrecken und damit schon im Ansatz der Annahme entgegenstehen, aus § 43 Abs. 6 WDR-Gesetz ließe sich ein generelles Verbot der Weitergabe oder gar Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen ableiten. Soweit konkrete Erfordernisse eines noch nicht abgeschlossenen Prüfungsverfahrens einer (vorzeitigen) Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen entgegenstehen sollten, lässt sich dem im Einzelfall über die in § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW enthaltene Möglichkeit ausreichend Rechnung tragen, wonach der Auskunftsanspruch nicht besteht, soweit durch die Auskunft die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte. Dies wird indes weder geltend gemacht, noch ist es mit Blick auf das Alter der in Rede stehenden Prüfungsergebnisse ersichtlich. 63b) Nichts anderes gilt für die Regelungen des Fraktionsgesetzes NRW. Auch bei § 9 Abs. 2 und 3 FraktG NRW, wonach der Landesrechnungshof das Ergebnis seiner Prüfung in einem schriftlichen Bericht an die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Landtags zusammenfasst und diese(r) dann (nachdem den Fraktionen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde) abschließend entscheidet, handelt es sich nicht um dem presserechtlichen Auskunftsanspruch entgegenstehende Geheimhaltungsvorschriften. Die obigen Ausführungen zu § 43 Abs. 6 WDR-Gesetz gelten hier entsprechend. Die fraglichen Vorschriften des Fraktionsgesetzes NRW regeln ebenfalls den Ablauf des Prüfungsverfahrens und legen insofern fest, welchen Stellen Prüfungsergebnisse mitzuteilen sind. Damit mögen auch sie einer aktiven Medienarbeit des Landesrechnungshofs Grenzen setzen. Ein darüber hinausgehender Regelungsgehalt im Sinne einer Geheimhaltungspflicht lässt sich ihnen nicht entnehmen. 64Gegen ein Verständnis als Geheimhaltungsvorschrift sprechen auch die in §§ 8, 9 Abs. 4 FraktG NRW enthaltenen Regelungen, wonach die Präsidentin bzw. der Präsident des Landtags u.a. jährlich die geprüften Rechnungen der Fraktionen und damit wesentliche, nach § 9 Abs. 1 FraktG NRW die Grundlage der Prüfung darstellende Informationen veröffentlicht (vgl. etwa zuletzt LT-Drucksache 16/4368 vom 11. November 2013) und zudem die Möglichkeit zur Aufnahme des Prüfungsergebnisses in den Jahresbericht des Landesrechnungshofs nach § 97 LHO und auch zur Unterrichtung des Landtages und der Landesregierung ausdrücklich unberührt bleibt. Soweit konkrete Erfordernisse eines noch nicht abgeschlossenen Prüfungsverfahrens einer (vorzeitigen) Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen entgegenstehen sollten, lässt sich dem im Einzelfall auch hier über § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW Rechnung tragen. Angesichts des Alters der in Rede stehenden Prüfungsergebnisse ist indes auch hinsichtlich des Themenkomplexes „Landtagsfraktionen“ nichts dafür ersichtlich, dass das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen sein könnte. 653. In Bezug auf den die Prüfung des WDR betreffenden Teil des Auskunftsbegehrens ergeben sich weder mit Blick auf den vom beklagten Land angeführten Aspekt der Prüfungseffizienz (a) noch aus einer Einschränkung der Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechnungshofs (b) dem Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG entgegenstehende, überwiegende öffentliche Interessen. Allerdings können sich solche überwiegende öffentliche Interessen unter Berücksichtigung der grundrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit des WDR ergeben (c). Weitergehende Einschränkungen des Auskunftsanspruchs ergeben sich nicht mit Blick auf die geltend gemachte Gefahr der Verschlechterung der Wettbewerbssituation des WDR (d). Hieraus folgt die Verpflichtung des beklagten Landes, den Antrag des Klägers auf Auskunftserteilung zum Themenkomplex „WDR“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (e). 66a) Eine effiziente, den Vorgaben des WDR-Gesetzes entsprechende Prüfung des WDR durch den Landesrechnungshof liegt schon mit Blick auf die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unzweifelhaft im öffentlichen Interesse. Es fehlt allerdings an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass der WDR künftig in Ansehung der Möglichkeit, das Prüfungsergebnisse der Presse bekannt werden könnten, die für eine ordnungsgemäße, den Vorschriften des WDR-Gesetzes entsprechende Prüfung erforderlichen Informationen zurückhalten und den reibungslosen Ablauf der Prüfung seines Jahresabschlusses und der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit seiner Haushalts- und Wirtschaftsführung zu behindern versuchen könnte. Die bloße Befürchtung einer Verhaltensänderung ist insoweit unzureichend. 67OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 – 8 A 2593/10 – und Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 –; ebenso eine konkrete Gefährdung des Prüfungsverfahrens fordernd: Schoch, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 – 7 C 1.12 –, NVwZ 2013, S. 434. 68Konkret gegen das von dem beklagten Land befürchtete Absinken der Kooperationsbereitschaft spricht, dass der WDR schon angesichts der angeführten Veröffentlichungsvorschriften in §§ 44 Abs. 3, 44a WDR-Gesetz, aber auch im Hinblick auf eine mögliche Erwähnung im Jahresbericht des Landesrechnungshofs auch bisher nicht davon ausgehen konnte, dass Prüfungsergebnisse nicht öffentlich bekannt würden. Zudem ist zu beachten, dass die Prüfung sich auf die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung erstreckt und damit auch im Interesse des WDR erfolgt. Schließlich kann der Landesrechnungshof einem etwaigen – hier wie ausgeführt nicht konkret ersichtlichen – Kooperationsmangel auch mit den ihm im Interesse einer effizienten Prüfung verliehenen Möglichkeiten aus § 43 Abs. 4 und 5 WDR-Gesetz begegnen. 69b) Die den Mitgliedern des Landesrechnungshofs nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 LV NRW eingeräumte richterliche Unabhängigkeit dient primär der Effektivität der Finanzkontrolle, 70vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 –; Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, LV NRW, 2010, Art. 87, Rdnr. 12, 71und damit dem öffentlichen Interesse. Diese Unabhängigkeit erfasst die Finanzkontrolle einschließlich der Auswahl des Prüfungsstoffes und seiner Würdigung. 72vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 – m.w.N. 73Darunter fällt zwar auch die Entscheidung über diejenigen Prüfungsgegenstände, die der Landesrechnungshof gegenüber dem Landtag oder anderen Stellen für berichtenswert erachtet. Dennoch erfordert der Schutz der richterlichen Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechnungshofs keinen Ausschluss des presserechtlichen Auskunftsanspruchs. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seinem Beschluss vom 4. Januar 2013 – 5 B 1493/12 – ausgeführt: 74Auch nach einer Auskunftserteilung an die Presse kann der Landesrechnungshof unabhängig und weisungsfrei darüber entscheiden, ob er es im Einzelfall für vertretbar hält, gleichwohl von einer Unterrichtung des Landtags abzusehen. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn sich die Presse für Prüfungsverfahren interessiert, die keine nennenswerten Beanstandungen ergeben haben. Ein Pressebericht hierüber wird in aller Regel kein Informationsbedürfnis des Landtags auslösen. Die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechnungshofs reicht aber nicht so weit, dass sie selbst indirekt darüber entscheiden dürfen, was aus Sicht der unabhängigen Presse näherer Recherche würdig erscheint. Ebenso wie der Landesrechnungshof ist auch die Presse in der Auswahl ihrer Recherche- und Berichtsgegenstände frei. Sie ist insoweit verfassungsrechtlich und durch Einräumung von Auskunftsansprüchen gegen Behörden geschützt. 75Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 –, NJW 2001, 503 = juris, Rdnr. 30 f. 76Etwaige faktische Rückwirkungen einer auf dieser Grundlage erfolgten Presseberichterstattung auf die Meinungsbildung des Landesrechnungshofs über den Umfang und den Inhalt seiner Prüfungsberichte beeinträchtigen die Unabhängigkeit seiner Mitglieder nicht. 77Dem schließt sich die Kammer an. 78c) Im öffentlichen Interesse einer freien und unabhängigen Berichterstattung ist der WDR als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützt. Der Schutzbereich der danach gewährleisteten Rundfunkfreiheit ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Rundfunkfreiheit ist in ihrem Kern Programmfreiheit. Diese Programmautonomie umfasst Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung des Programms und schützt insoweit vor jeder fremden Einflussnahme. Geschützt sind alle Phasen der Entstehung und Vorbereitung des Programms bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung und damit alle Tätigkeiten und Verhaltensweisen, die zur Gewinnung und rundfunkspezifischen Verbreitung von Nachrichten und Meinungen im weitesten Sinne gehören. In den Schutzbereich fallen auch die Organisation und die Finanzierung des Rundfunkbetriebes, soweit sie Rückwirkungen auf die Programmtätigkeit haben können. 79BVerfG, Beschlüsse vom 13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 –, BVerfGE 59, 231 (258); vom 14. Juli 1994 – 1 BvR 1595,1606/92 –, BVerfGE 91, 125 (134) und vom 19. Dezember 2007 – 1 BvR 620/07 –, BVerfGE 119, 309 (318) sowie Urteile vom 22. Februar 1994 – 1 BvL 30/88 –, BVerfGE 90, 60 (88); vom 24. Januar 2001 – 1 BvR 2623/95, 622/99 –, BVerfGE 103, 44 (59); und vom 12. März 2008 – 2 BvF 4/03 –, BVerfGE 121, 30 (58). 80Ausgehend hiervon erscheint es bei der der Kammer – in Ermangelung näherer Angaben zu dem Inhalt der vom Kläger begehrten Auskünfte – nur möglichen abstrakten Betrachtung denkbar, aber keineswegs zwingend, dass durch die Beantwortung des Auskunftsbegehrens des Klägers zum Themenkomplex „WDR“ in den vorbezeichneten Schutzbereich der Rundfunkfreiheit des WDR fallende Informationen bekannt würden. Hinsichtlich der unter Spiegelstrich fünf und sechs gestellten Fragen des Klägers dürfte Letzteres sogar eher fernliegend sein. 81Zwar geht es bei gegen den Landesrechnungshof oder andere Behörden gerichteten Auskunftsansprüchen nach dem Pressegesetz NRW nicht um einen unmittelbaren staatlichen Zugriff auf Informationen der Rundfunkanstalten. Jedoch stellt sich auch die Schaffung bzw. Existenz eines einfach-gesetzlichen Auskunftsanspruchs gegenüber dem WDR als staatlicher Eingriff in die Rundfunkfreiheit dar, soweit hierdurch von der Behörde bei der Rundfunkanstalt erhobene Informationen oder auf dieser Grundlage gewonnene Erkenntnisse bekannt werden. 82Bei dem danach vorzunehmenden Ausgleich zwischen der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit des Klägers, der der von ihm verfolgte presserechtliche Auskunftsanspruch dient, und der ebenfalls grundrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit des WDR, in die durch die Weitergabe dort erhobener Informationen oder hierdurch gewonnener Erkenntnisse eingegriffen wird, kann auf die in § 55a WDR-Gesetz enthaltene gesetzgeberische Wertung entsprechend zurückgegriffen werden. Nach dieser – hier nicht unmittelbar einschlägigen – Vorschrift findet das Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) auf den WDR Anwendung, es sei denn, dass journalistisch-redaktionelle Informationen betroffen sind. Mit dieser Regelung sollte ausweislich der Gesetzesbegründung, 83LT-Drucks. 14/9393 vom 15. Juni 2009. S. 188, 84ein Ausgleich zwischen berechtigten Informationsansprüchen und der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit erzielt werden, indem der in der Regelung angeführte Bereich von der Informationspflicht des WDR ausgenommen wird und so diejenigen Informationen nicht erteilt werden müssen, die dem Kernbereich der journalistisch-redaktionellen Arbeit und dem verfassungsrechtlich geschützten Bereich der Programmfreiheit zuzuordnen sind. Diese Erwägung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar; jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, Informationen über eine Rundfunkanstalt bei einer an eine Behörde gerichteten Presseanfrage, bei der sich der Auskunftsbegehrende wie hier der Kläger auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen kann, in einem stärkeren Umfang zu schützen, als dies bei einer unmittelbar an die Rundfunkanstalt gerichteten Anfrage auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes der Fall wäre. 85Damit berücksichtigt dieser Ansatz, dass die Rechtsprechung nicht von einem Schutz, der undifferenziert die gesamte Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt umfasst, ausgeht. 86Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 – 7 B 30/12 –. 87Der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit ist auf die Sicherung der besonderen Aufgaben der Rundfunkveranstalter ausgerichtet und folglich programmbezogen zu bestimmen. Auf Grundlage dieses funktionsbezogenen Ansatzes sind innerhalb des Handelns einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt verschiedene Bereiche unterscheidbar und abzugrenzen. 88BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 – 7 B 30/12 –. 89Vor diesem Hintergrund geht die Kammer im Anschluss an die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu § 55a WDR-Gesetz, 90vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 – 5 A 166/10 –, 91davon aus, dass in verfassungskonformer Auslegung zu dem journalistisch-redaktionellen Bereich, der nicht der Auskunftserteilungspflicht des Landesrechnungshofs nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW unterliegt, jede Information gehört, die Einblicke in die dem Redaktionsgeheimnis unterfallende Informationsgewinnung, -verarbeitung oder ‑verbreitung ermöglicht oder deren Veröffentlichung auf andere Weise eine fremde Einflussnahme auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung der Programme konkret befürchten lässt. Demgegenüber unterliegen solche Informationen nicht dem Redaktionsgeheimnis, die in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der Programmgestaltung und ‑produktion stehen. Hierzu gehören beispielsweise die Vergabe von Aufträgen, die keine Rückschlüsse auf spezifisch redaktionelle Tätigkeiten zulassen und Personalangelegenheiten von Mitarbeitern, die nicht den Inhalt von Sendungen mitgestalten. 92Vgl. zu weiteren Beispielen OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 – 5 A 166/10 –. 93d) Demgegenüber ergeben sich aus dem von dem beklagten Land angeführten Gesichtspunkt der möglichen Verschlechterung der Wettbewerbssituation des WDR gegenüber etwa privaten Rundfunkanbietern keine weiteren Einschränkungen des Auskunftsanspruchs. Mit dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen geht die Kammer davon aus, dass der publizistische Wettbewerb durch einen wie hier sachgerecht begrenzten, den journalistisch-redaktionellen Bereich nicht erfassenden Auskunftsanspruch nicht notwendig negativ beeinflusst wird. 94OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 – 5 A 166/10 –. 95Es ist hier nicht ersichtlich, dass durch die Gewährung eines solchen Auskunftsanspruchs die Erfüllung des Programmauftrags mit Blick auf einen zunehmenden wirtschaftlichen Wettbewerb gefährdet sein könnte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass mit Blick auf die Gebühren-/Beitragsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein hohes öffentliches Informationsinteresse besteht, dass nicht nur in unmittelbar an den WDR auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes gerichteten Informationsbegehren, sondern auch in an den Landesrechnungshof gerichteten Auskunftsbegehren der vorliegenden Art nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 PresseG NRW seinen Ausdruck findet. 96e) Die Darlegungslast für Gesichtspunkte, die dem geltend gemachten Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 PresseG NRW entgegenstehen können, trifft nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen das beklagte Land. 97Dabei ergeben sich auch in Ansehung der von den Vertretern des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage, inwieweit es bzw. der Landesrechnungshof überhaupt mit der Abwehr von Auskunftsansprüchen der Presse belastet werden könnte, keine Besonderheiten. Als diejenige Behörde, die die fraglichen Informationen aufgrund besonderer gesetzlicher Befugnisse erhoben und in Ausführung der ihr übertragenen Aufgaben hieraus eigene Erkenntnisse gewonnen hat, obliegt es dem Landesrechnungshof, diese Informationen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu hüten und gegen unberechtigte Auskunftsbegehren zu verteidigen. Insoweit besteht keine Besonderheit gegenüber anderen Behörden, wie etwa Staatsanwaltschaften oder Einrichtungen der Finanzverwaltung, die im Rahmen ihrer Aufgaben schützenswerte Informationen über Dritte erlangt und diese zu schützen haben. 98Ausgehend von seiner abweichenden, eine Auskunftspflicht des Landesrechnungshofs schon grundsätzlich ausschließenden Rechtsauffassung ähnlich wie im Fall eines „steckengebliebenen Genehmigungsverfahrens“, 99vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 – 5 A 166/10 –, 100hat es das beklagte Land bisher an einer ausreichend substantiierten und nachvollziehbaren Darlegung fehlen lassen. Nicht ausreichend ist insoweit der Hinweis des beklagten Landes auf das in § 42 Abs. 3 WDR-Gesetz gesetzlich vorgesehene Prüfprogramm, das in erheblichem Umfang Bereiche mit unmittelbarem Programmbezug betreffe. Das Auskunftsbegehren ist nämlich darauf gerichtet, in Erfahrung zu bringen, was konkret in den ergangenen Prüfmitteilungen bemängelt wurde. Entscheidend ist also nicht der Programmbezug des abstrakten Prüfprogramms, sondern allein der Inhalt der ergangenen Prüfmitteilungen. 101Zwar liegt es in der Natur der Sache, dass für eine ausreichende Darlegung eines journalistisch-redaktionellen Inhaltes der begehrten Informationen deren explizite Preisgabe nicht erforderlich sein kann. Denn ansonsten würde die möglicherweise nicht der Auskunftspflicht unterfallende Information anlässlich ihrer Verteidigung zwingend bekannt. Eine Darlegung die zwangsläufig geheimhaltungsbedürftige Vorgänge eröffnet, ist nicht geboten. 102OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 – 5 A 166/10 –. 103Erforderlich ist aber jedenfalls eine sich mit den konkret begehrten Auskünften nachvollziehbar auseinandersetzende und – ohne die begehrten Informationen preiszugeben – plausible Darlegung, aus welchen einzelfallbezogenen Gründen die Erteilung der gewünschten Information Umstände offenlegen würde, die dem journalistisch-redaktionellen Bereich zuzuordnen sind. Damit ist die Sache nicht spruchreif im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 104Der Kammer ist es mit Rücksicht auf diejenigen Gesichtspunkte, die auf Grund der Rundfunkfreiheit einer vertraulichen Behandlung unterliegen, auch unter Berücksichtigung ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 86 VwGO nicht möglich, die Klärung der offenen Fragen herbeizuführen. Dabei könnte es nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass dem Kläger auch mit Rücksicht auf das ihm hinsichtlich etwaiger beigezogener Unterlagen gemäß § 100 VwGO zustehende Akteneinsichtsrecht Umstände bekannt würden, die dem geschützten journalistisch-redaktionellen Bereich des WDR zuzuordnen sind. 105Hieraus folgt die Verpflichtung des beklagten Landes, den Kläger entsprechend § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und hierbei etwaige dem Anspruch nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW entgegenstehende Gesichtspunkte unter Beachtung der vorstehenden Maßstäbe darzulegen. 1064. a) In Bezug auf den die Prüfung der Landtagsfraktionen betreffenden Teil des Auskunftsbegehrens ergeben sich aus den vorstehend unter 3. lit. a und b angeführten und hier ebenfalls geltenden Erwägungen weder mit Blick auf den Aspekt der Prüfungseffizienz noch aus einer Einschränkung der Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechnungshofs dem Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG entgegenstehende, überwiegende öffentlichen Interessen. 107b) Allerdings können sich solche überwiegenden öffentlichen Interessen unter Berücksichtigung der durch Art. 30 Abs. 2 Verf NRW geschützten Freiheit des Mandats der Landtagsmitglieder ergeben. Art. 30 Abs. 2 Verf NRW regelt, dass die Abgeordneten des Landtags nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Volkswohl bestimmten Überzeugung stimmen und an Aufträge nicht gebunden sind. Eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Aussage enthält Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen verstehen diese Vorschriften als Grundlage für den verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten. 108VerfGH NRW, Urteil vom 4. Oktober 1993 – 15/92 – mwN. 109Die Mandatsfreiheit soll sicherstellen, dass der Prozess der parlamentarischen Willensbildung einerseits frei von staatlicher Beeinträchtigung ist, damit die Abgeordneten ihre politischen Präferenzen zum rechtlich relevanten Ausdruck bringen und so die staatliche Gewalt erst legitimieren können. Zugleich soll die Freiheit des Abgeordneten diese von allen partikularen Verpflichtungen freistellen und in die Lage versetzen, im Interesse des Gemeinwohls Kompromisse mit anderen Positionen einzugehen, Interessen zurückzustellen und neue Aufgaben anzugehen. Dabei sichert der Abgeordnetenstatus wesentlich auch die Freiheit gegenüber gesellschaftlicher Inpflichtnahme. Dem einzelnen Abgeordneten wächst aus dieser Freiheit das Recht zu, seine Abgeordnetenrolle nach eigenem Selbstverständnis zu interpretieren; auch die Arbeitsgebiete kann er selbst festlegen. 110Morlok, in Dreier, Grundgesetzkommentar, 1998, Art. 38, Rdnrn. 126, 136 und 139. 111Für den Abgeordneten ergibt sich hieraus u.a. das Recht, sich mit anderen Abgeordneten zu einer Fraktion zusammenzuschließen. 112VerfGH NRW, Urteil vom 4. Oktober 1993 – 15/92 –. 113Die Fraktionen sind die bestimmenden Handlungseinheiten des Parlaments und damit „notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens“. 114BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 1976 – 2 BvR 802/75 –, BVerfGE 43, 142 (147) und BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1991 – 2 BvE 1/91 –, BVerfGE 84, 304 (324). 115Durch die Mitgliedschaft in einer Fraktion kann der einzelne Abgeordnete der enormen Komplexität der parlamentarischen Arbeit arbeitsteilig entgegentreten, deren Hilfsdienste in Anspruch nehmen, informale politische Kontakte auf der Basis gemeinsamer Überzeugungen entwickeln und politischen Einfluss etwa dadurch ausüben, dass andere im arbeitsteiligen System auf ihn angewiesen sind. 116Morlok, in Dreier, Grundgesetzkommentar, 1998, Art. 38, Rdnrn. 161f. mwN. zu diesen Gesichtspunkten. 117Als Vereinigungen von Abgeordneten leiten sie ihre Rechte von den Abgeordneten her. 118BVerfG, Urteil vom 13. Juni 1989 – 2 BvE 1/88 –, BVerfGE 80, 188 (219); BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1991 – 2 BvE 1/91 –, BVerfGE 84, 304 (322). 119Dementsprechend ist die Tätigkeit der Parlamentsfraktionen Ausdruck und zugleich Voraussetzung effektiver Mandatswahrnehmung. Hieraus folgt, dass ein auf die Ergebnisse der Prüfungen der Landtagsfraktionen nach § 9 FraktG NRW abhebendes Auskunftsbegehren der Presse durchaus die Mandatsfreiheit einzelner Abgeordneter beeinträchtigen kann. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Auskunftserteilung Rückschlüsse auf die Mandatswahrnehmung, insbesondere auf politische Aktivitäten einzelner Abgeordneter zuließe. 120c) Auch insoweit trifft die Darlegungslast für Gesichtspunkte, die dem geltend gemachten Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 PresseG entgegenstehen können das beklagte Land. Dieses hat es auf Basis seiner grundsätzlich abweichenden Rechtsauffassung bisher an einer ausreichend substantiierten und nachvollziehbaren Darlegung fehlen lassen, warum konkret sich bei Erteilung der gewünschten Auskunft eine Beeinträchtigung der Mandatsrechte von Landtagsmitgliedern ergeben soll. Nicht ausreichend ist insoweit der pauschale Hinweis des beklagten Landes, die Beantwortung der Fragen des Klägers ließe Rückschlüsse auf einzelne Fraktionen und Personen zu. Aus den bereits zum Themenkomplex „WDR“ angeführten Gründen ist insoweit eine sich mit den konkret begehrten Auskünften nachvollziehbar auseinandersetzende und – ohne die begehrten Informationen preiszugeben – plausible Darlegung erforderlich, aus welchen einzelfallbezogenen Gründen die Erteilung der gewünschten Information Umstände offenlegen würde, die dem journalistisch-redaktionellen Bereich zuzuordnen sind. Damit ist die Sache nicht spruchreif im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO; auch in diesem Zusammenhang ist es der Kammer aus den bereits angeführten Gründen nicht möglich, die Klärung der offenen Fragen herbeizuführen. 121Hieraus folgt die Verpflichtung des beklagten Landes, den Kläger entsprechend § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und hierbei etwaige dem Anspruch nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW entgegenstehende Gesichtspunkte unter Beachtung der vorstehenden Maßstäbe darzulegen. Soweit das beklagte Land dann trotz der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 FraktG NRW, wonach die politische Erforderlichkeit und die politische Zweckmäßigkeit von Maßnahmen der Fraktionen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung nicht Gegenstand der Prüfung durch den Landesrechnungshof sind, im obigen Sinne plausibel darlegt, dass bei Auskunftserteilung Rückschlüsse auf den durch die Mandatsfreiheit geschützten Bereich möglich wären, wird es auch die Frage des Überwiegens der gegen eine Auskunftserteilung sprechenden Interessen zu bewerten haben. Hierbei dürfte auch zu berücksichtigen sein, dass hinsichtlich der Verwendung der den Fraktionen nach Maßgabe von § 3 FraktG NRW gewährten öffentlichen Mittel ein hohes Informationsinteresse der Öffentlichkeit und (damit) der Presse besteht und auch die gesetzlichen Regelungen des Fraktionsgesetzes NRW mit den in §§ 8 und 9 Abs. 3 Satz 2 enthaltenen Veröffentlichungspflichten erkennbar hinsichtlich der Mittelverwendung eine hohe Transparenz anstreben. 122d) Dass bei Erteilung der gewünschten Auskünfte nach Ansicht des beklagten Landes Rückschlüsse u.a. auf einzelne Personen möglich wären, lässt demgegenüber hier nicht die Annahme zu, es könnten auch schutzwürdige private Interessen im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW verletzt werden. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass die Mitglieder der Landtagsfraktionen bei ihrer Mandatsausübung nicht als Privatpersonen, sondern als gewählte Volksvertreter handeln. Mögliche Rückschlüsse auf einzelne Personen beträfen damit nicht private Sachverhalte, sondern die Wahrnehmung des Mandats. 123Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO und berücksichtigt, dass es nach Maßgabe der obigen Ausführungen dem beklagten Land obliegt, die nach seiner Ansicht dem Auskunftsanspruch entgegenstehenden Gesichtspunkte plausibel darzulegen. 124Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). 125Die Kammer hat die Berufung gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Welche Einschränkungen sich für den presserechtlichen Auskunftsanspruch in Bezug auf Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle aus der Rundfunkfreiheit einer geprüften öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ergeben und welchen Darlegungserfordernissen die Ablehnung eines Auskunftsersuchens insoweit unterliegt, ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Entsprechendes gilt bei der Prüfung von Landtagsfraktionen für Einschränkungen auf Grund der Mandatsfreiheit der Landtagsmitglieder.
das beklagte land wird verpflichtet, über das auskunftsbegehren des klägers entsprechend der in der mündlichen verhandlung vom heutigen tage formulierten fassung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu entscheiden. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die berufung wird zugelassen. 1
2der kläger ist als redakteur für die x. b. zeitung (x1. ) tätig. er wandte sich im januar 2013 zunächst fernmündlich an den landesrechnungshof und bat um auskünfte zu verschiedenen aktuellen prüfverfahren des landesrechnungshofs. mit e-mail vom 15. februar 2013 teilte der landesrechnungshof dem kläger mit, er prüfe den westdeutschen rundfunk (wdr) nach maßgabe des gesetzes über den `westdeutschen rundfunk köln` (wdr-gesetz). die letzten drei prüfungsmitteilungen seien in den jahren 2011 und 2012 ergangen und beträfen die jahresabschlüsse 2010 und 2011 des wdr sowie eine prüfung in einem teilbereich der haushalts- und wirtschaftsführung. aktuell würden beim wdr prüfungsverfahren mit unterschiedlichen schwerpunkten durchgeführt. die landtagsfraktionen würden nach maßgabe des fraktionsgesetzes nrw (fraktg nrw) geprüft. hier seien die letzten prüfungsmitteilungen in den jahren 2004 und 2009 ergangen. der zusammenfassende bericht der präsidentin des landtages über die im jahr 2009 ergangene prüfungsmitteilung sei als landtagsdrucksache 14/11171 veröffentlicht worden. eine weitere prüfung einer fraktion im jahr 2012 habe zu keinen mitzuteilenden prüfungsfeststellungen geführt. 3mit e-mail vom 15. februar 2013 bat der kläger den landesrechnungshof unter bezugnahme auf das pressegesetz für das land nordrhein-westfalen (presseg nrw) wie folgt um auskunft: 4„1) zum wdr: 5- bitte teilen sie mir die ergebnisse der prüfmitteilung aus dem jahr 2011 zum jahresabschluss des wdr von 2010 mit. 6- bitte teilen sie mir mit ob, und wenn ja was, in der prüfmitteilung aus dem jahr 2011 zum jahresabschluss des wdr von 2010 bemängelt wurde. 7- bitte teilen sie mir die ergebnisse der prüfmitteilung aus dem jahr 2012 zum jahresabschluss des wdr von 2011 mit. 8- bitte teilen mir mit ob, und wenn ja was, in der prüfmitteilung aus dem jahr 2012 zum jahresabschluss des wdr von 2011 bemängelt wurde. 9- bitte teilen sie mir mit, welcher teilbereich der haushalts- und wirtschaftsführung beim wdr geprüft wurde. 10- bitte teilen sie mir mit, wann die prüfung des teilbereiches der haushalts- und wirtschaftsführung beim wdr mit abgabe der prüfmitteilung abgeschlossen wurde. 11- bitte teilen sie mir die ergebnisse der prüfmitteilung zum teilbereich der haushalts- und wirtschaftsführung beim wdr mit. 12- bitte teilen sie mir mit ob, und wenn ja was, in der prüfmitteilung zum teilbereich der haushalts- und wirtschaftsführung beim wdr bemängelt wurde. 132) zu den fraktionen des landtags nrw: 14der zusammenfassende bericht der präsidentin des landtags über die im jahr 2009 ergangene prüfungsmitteilung in der landtagsdrucksache 14/11171 ist nicht besonders detailliert. deswegen frage ich sie: 15- bitte teilen sie mir die ergebnisse der prüfmitteilung mit, die in einem zusammenfassenden bericht der präsidentin des landtags in der landtagsdrucksache14/11171 veröffentlicht wurde. 16- welche reisen bei welcher fraktion wurden warum bemängelt? wer sollte welche beträge zurückzahlen? 17- welche zulagen wurden bei welcher fraktion warum bemängelt? 18- welche rücklagen wurden bei welcher fraktion warum bemängelt? 19- welche fraktionen haben welche veranstaltungen wann mit parteigremien veranstaltet und warum wurde das bemängelt? 20- welche öffentlichkeitsarbeit wurde von welcher fraktion warum bemängelt? 21- welche leistungen für mitarbeiter wurden bei welcher fraktion warum bemängelt? 22- welche präsente wurden bei welchen fraktionen warum bemängelt? 23- warum wurde bei welcher fraktion die erstellung eines pressespiegels bemängelt?“ 24mit e-mail vom 15. märz 2013 antwortete der landesrechnungshof, er sehe sich durch die regelungen des wdr-gesetzes bzw. des fraktg nrw an der beantwortung der fragen des klägers zu den prüfungsfeststellungen gehindert, denn diese regelungen sähen lediglich eine information bestimmter stellen vor. 25am 25. märz 2013 beantragte der kläger beim erkennenden gericht zur erlangung der gewünschten auskünfte den erlass einer einstweiligen anordnung. er machte geltend, er benötige die verlangten auskünfte dringend für von ihm beabsichtigte berichterstattungen. der landtag berate ein gesetz zur finanzierung einer „stiftung für vielfalt und partizipation“, die über umwegen aus rundfunkgebühren finanziert werden solle. vor diesem hintergrund seien auskünfte über die verwendung und kontrolle der gebührengelder des wdr wichtig, zumal gleichzeitig diskussionen über den kostenapparat des wdr im zusammenhang mit der änderung der rundfunkgebühren geführt würden. die auskünfte zu den landtagsfraktionen seien hinsichtlich einer durch die nebentätigkeitsdebatte des spd-kanzlerkandidaten t. ausgelösten diskussion über die transparenz des politikbetriebes wichtig. die kammer lehnte den antrag mit rechtskräftigem beschluss vom 18. april 2013 (1 l 579/13) ab und führte zur begründung aus, der kläger habe keinen anordnungsgrund glaubhaft gemacht. hinsichtlich beider themenkomplexe, zu denen er auskünfte begehre, sei es ihm zumutbar, ein hauptsacheverfahren abzuwarten. 26mit seiner am 22. april 2013 erhobenen klage verfolgt der kläger den von ihm geltend gemachten presserechtlichen auskunftsanspruch weiter. er führt an, der landesrechnungshof sei nach § 4 abs. 1 presseg nrw zur erteilung der verlangten auskünfte verpflichtet, die er für von ihm beabsichtigte berichterstattungen benötige. geheimhaltungsvorschriften, die seinem anspruch gemäß § 4 abs. 2 presseg nrw entgegenstehen könnten, seien nicht ersichtlich. auch aus den vom landesrechnungshof angeführten bestimmungen des wdr-gesetzes und des fraktg nrw könnten sich keine einschränkungen des presserechtlichen auskunftsanspruchs ergeben. 27der kläger beantragt, 28das beklagte land zu verpflichten, das mit seiner mail vom 15. februar 2013 übersandte auskunftsbegehren mit folgender maßgabe zu beantworten:die frage gemäß spiegelstrich 5 zum komplex landtag nrw ist wie folgt zu verstehen: „welche veranstaltungen von fraktionen mit parteigremien wurden warum bemängelt?“. 29das beklagte land beantragt, 30die klage abzuweisen. 31es macht geltend, der landesrechnungshof sei schon keine im sinne des § 4 abs. 1 presseg nrw auskunftsverpflichtete behörde. 32weiterhin sei hinsichtlich des den wdr betreffenden fragenkomplexes zu beachten, dass der wdr selbst aus verfassungsrechtlichen gründen nicht dem presserechtlichen auskunftsanspruch unterliege. dies würde umgangen, wenn der wdr im umfang seiner prüfung durch den landesrechnungshof faktisch einem formal an den landesrechnungshof gerichteten presserechtlichen auskunftsbegehren unterworfen würde. jedenfalls seien die gesichtspunkte, aus denen der öffentlich-rechtliche rundfunk nicht selbst dem presserechtlichen auskunftsanspruch unterliege, als überwiegende öffentliche und schutzwürdige private interessen im sinne des § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw anzuerkennen. der öffentliche rundfunk wäre gegenüber privaten medien im nachteil, wenn er in folge seiner prüfung durch den landesrechnungshof einer ausforschung im wege eines formal an den landesrechnungshof gerichteten, in der sache aber ihn betreffenden auskunftsersuchen unterliege. nach § 42 abs. 3 wdr-gesetz erstrecke sich die prüfung durch den landesrechnungshof auch auf die einhaltung des haushaltsplanes, begründung und beleg der einnahmen und ausgaben, die ordnungsmäßigkeit des jahresabschlusses, die wirtschaftliche und sparsame verfahrensweise und fragen des personal- oder sachaufwandes und damit in erheblichem umfang auf bereiche mit unmittelbarem programmbezug, die nach maßgabe von art. 5 abs. 1 satz 2 grundgesetz (gg) jeglicher öffentlicher wie privater ausforschung entzogen seien. 33unter dem gesichtspunkt, dass das wdr-gesetz den wdr nur in einem engen und klar umrissenen umfang einer kontrolle durch den landesrechnungshof unterwerfe und diese kontrolle einen eingriff in die durch art. 5 abs. 1 satz 2 gg geschützte staatsfreiheit des rundfunks darstelle, seien die befugnisse des landesrechnungshofs, über die prüfungsergebnisse zu berichten, im wdr-gesetz ausdrücklich und abschließend geregelt. durch die rundfunkfreiheit werde gerade auch der gesamte bereich von der beschaffung der informationen bis zur verbreitung der nachricht und meinung einschließlich der personalauswahl sowie der finanzierung verfassungsrechtlich geschützt. der wdr sei gezwungen, gegenüber dem landesrechnungshof sachverhalte – etwa fragen der personalplanung – zu offenbaren, die einen unmittelbaren programmbezug aufwiesen und daher den kernbereich der rundfunkfreiheit betreffen könnten. dieser eingriff sei verfassungsrechtlich nur zu rechtfertigen, sofern die mitteilung der prüfungsergebnisse die durch die rundfunkfreiheit gesetzten grenzen beachte. deshalb müsse der kreis derjenigen, denen die prüfungsergebnisse mitgeteilt werden dürften, auf diejenigen beschränkt bleiben, die im rahmen der verfassungsrechtlichen stellung der öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalten zur einflussnahme im sinne der wahrung von wirtschaftlichkeit und sparsamkeit befugt seien. ein schlichtes informationsinteresse, wie es der kläger verfolge, genüge nicht. vielmehr sei voraussetzung, dass der empfänger der prüfungsergebnisse auf den bericht zur erfüllung eigener aufgaben in diesem sinne angewiesen sei. nach maßgabe von § 43 abs. 6 satz 1 wdr-gesetz käme dementsprechend nur eine mitteilung der prüfungsergebnisse an den wdr selbst, die für die rechtsaufsicht zuständige behörde und die kommission zur ermittlung des finanzbedarfs der rundfunkanstalten in betracht. eine darüber hinausgehende, vom kläger hier begehrte information sei unzulässig. insofern komme der aus verfassungsrechtlichen gründen abschließenden regelung des adressatenkreises der prüfungsergebnisse durch das wdr-gesetz auch die wirkung einer geheimhaltungsvorschrift im sinne des § 4 abs. 2 nr. 2 presseg nrw zu. die prüfungskompetenz des landesrechnungshofs dürfe – auch nicht mit den mitteln des presserechtlichen auskunftsanspruches – zu einem ausforschungsinstrument dritter wie etwa der presse zweckentfremdet werden. 34zudem ergäben sich nachteilige auswirkungen auf die kooperationsbereitschaft des wdr, wenn informationen, die dieser dem landesrechnungshof im rahmen dessen prüfung zur verfügung gestellt habe, über den presserechtlichen auskunftsanspruch dritten bekannt werden könnten. denn es sei zu erwarten, dass der wdr dann die unmittelbare konsequenz einer „restriktiven informationspolitik“ gegenüber dem landesrechnungshof ziehen würde. der landesrechnungshof sei aber für eine effektive ausübung seiner kontrolltätigkeit auf eine kooperation der geprüften stellen angewiesen. es bestehe ein überwiegendes öffentliches interesse im sinne von § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw daran, die sich aus einer mangelnden kooperationsbereitschaft ergebenden beeinträchtigungen der prüfungsmöglichkeiten und damit der funktionsfähigkeit des landesrechnungshofs zu vermeiden. 35aber auch hinsichtlich des die landtagsfraktionen betreffenden fragenkomplexes bestehe der geltend gemachte auskunftsanspruch nicht. das begehren des klägers sei darauf gerichtet, die landtagsfraktionen, die selbst dem presserechtlichen auskunftsanspruch nicht unterlägen, mit den mitteln eines an den landesrechnungshof gerichteten auskunftsbegehrens mittelbar einem presserechtlichen auskunftsanspruch zu unterwerfen. dies stehe in widerspruch zu § 9 fraktg nrw, der eine abgestufte und abschließende regelung der veröffentlichungsbefugnisse des landesrechnungshofs beinhalte und damit gleichzeitig einem presserechtlichen auskunftsanspruch entgegenstehe. nach § 9 abs. 2 fraktg nrw fasse der landesrechnungshof seine prüfungsergebnisse nach anhörung der betroffenen fraktion in einem schriftlichen bericht an die präsidentin bzw. den präsidenten des landtags zusammen. die abschließende entscheidung treffe dann nach § 9 abs. 3 fraktg die präsidentin bzw. der präsident des landtags, der einen zusammenfassenden bericht zu den entscheidungen als landtagsdrucksache veröffentliche. ob der landesrechnungshof darüber hinaus von sich aus nach § 9 abs. 4 fraktg nrw dem landtag und der landesregierung berichte, entscheide er in der seinen mitgliedern verliehenen richterlichen unabhängigkeit. diese den mitgliedern des landesrechnungshofs eingeräumte entscheidungsprärogative werde durch presserechtliche auskunftsansprüche beeinträchtigt und stehe damit diesen als öffentlicher belang im sinne von § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw entgegen. der landesrechnungshof könne sich dann nicht mehr entscheiden, seine berichtsrechte nicht wahrzunehmen und etwa stattdessen auf einen konstruktiven und vertraulichen dialog mit dem landtag und seinen fraktionen zu setzen, um die aus seiner sicht erforderlichen konsequenzen durchzusetzen. auch die option, die gesprächsbereitschaft von landtag und fraktionen dadurch zu fördern, dass der landesrechnungshof widrigenfalls einen entsprechenden bericht in aussicht stelle, entfiele dann. dies zeige, dass die handlungs- und durchsetzungsfähigkeit des landesrechnungshofs erheblich davon abhinge, ob er es selbst in der hand habe, öffentlichkeit herzustellen, oder hiervon – zunächst oder dauerhaft – abzusehen. weiterhin sei der landesrechnungshof auch im hinblick auf die fraktionen für eine effektive rechnungsprüfung, die ein überwiegendes öffentliches interesse im sinne des § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw sei, auf die mitwirkungs- und kooperationsbereitschaft der betroffenen angewiesen. diese bereitschaft nähme schaden, wenn für zwecke der rechnungsprüfung zur verfügung gestellte informationen gegen den willen des landtagspräsidenten und des landesrechnungshofs öffentlich gemacht werden könnten. auch sei zu beachten, dass die beantwortung der fragen des klägers rückschlüsse auf einzelne fraktionen und personen zuließe. die entscheidung des einzelnen abgeordneten, sich einer fraktion anzuschließen sei aber ausdruck des freien mandats, so dass dem auskunftsanspruch auch schutzwürdige private interessen nach § 4 abs. 2 nr. 3 alt. 2 presseg nrw entgegenstünden. 36auch habe der kläger nicht im einzelnen dargelegt, warum er die auskünfte benötige. für die von ihm beabsichtigte berichterstattung zu der gründung einer „stiftung für vielfalt und partizipation“ sei er auf die in bezug auf den wdr begehrten auskünfte nicht angewiesen, weil der wdr mit dieser stiftung nichts zu tun habe. auch die finanzierung dieser stiftung stehe in keinem direkten zusammenhang zu den rundfunkgebühren bzw. -beiträgen, denn nach dem arbeitsentwurf eines neuen landesmediengesetzes solle die stiftung aus dem (wiederum aus einem rund zweiprozentigen anteil der rundfunkgebühren bzw. ‑beiträge gespeisten) haushalt der landesanstalt für medien nrw finanziert werden. hinsichtlich des auf die prüfung der landtagsfraktionen bezogenen fragenkomplexes sei ebenfalls nicht ersichtlich, welches berichterstattungsinteresse der kläger verfolge, zumal dem kläger aufgrund der landtagsdrucksache 14/11171 bereits wesentliche informationen vorlägen. 37wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten dieses verfahrens sowie des verfahrens 1 l 579/13 nebst des dazu übersandten verwaltungsvorganges verwiesen. 38
39die klage ist als verpflichtungsklage gemäß § 42 abs. 1, alt. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zulässig. die von dem beklagten land vor erteilung der gewünschten presseauskunft auf grundlage einer rechtsprüfung getroffene entscheidung über die beantwortung des auskunftsbegehrens stellt einen verwaltungsakt im sinne des § 35 satz 1 verwaltungsverfahrensgesetz (vwvfg) dar. 40vgl. ovg nrw, urteil vom 9. februar 2012 – 5 a 166/10 – zur vergleichbaren entscheidung über ein auskunftsbegehren nach dem informationsfreiheitsgesetz für das land nordrhein-westfalen (ifg nrw). 41da die das auskunftsbegehren des klägers ablehnende entscheidung des landesrechnungshofs vom 15. märz 2013 keine rechtsmittelbelehrung enthielt, war die klage gemäß § 58 abs. 2 vwgo binnen jahresfrist möglich. 42die klage hat auch in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang erfolg. dem kläger steht sowohl hinsichtlich des themenkomplexes „wdr“ als auch hinsichtlich des themenkomplexes „fraktionen“ dem grunde nach der geltend gemachte presserechtliche auskunftsanspruch nach § 4 abs. 1 presseg nrw zu (1.). hinsichtlich beider themenkomplexe stehen dem auskunftsanspruch keine geheimhaltungsvorschriften im sinne von § 4 abs. 2 nr. 2 presseg nrw durchgreifend entgegen (2.). ob und inwieweit dem anspruch möglicherweise nach § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw rechtspositionen entgegenstehen, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. da die kammer unter den besonderen umständen des falles nicht gehalten ist, die spruchreife herbeizuführen, steht dem kläger hinsichtlich beider themenkomplexe ein anspruch auf neubescheidung seines auskunftsbegehrens zu (3. und 4.). 431. hinsichtlich beider genannter themenkomplexe liegen die in § 4 abs. 1 presseg nrw genannten voraussetzungen des presserechtlichen auskunftsanspruchs vor. insoweit verweist die kammer zur vermeidung von wiederholungen auf die den beteiligten bekannten ausführungen im beschluss vom 27. dezember 2012 (1 l 2483/12), an denen festgehalten wird. danach ist der kläger als redakteur der x1. ein vertreter der presse und der landesrechnungshof eine auskunftsverpflichtete behörde. der kläger begehrt auch auskünfte im sinn der vorschrift. gegenstand des auskunftsanspruchs ist eine informative mitteilung über tatsächliche umstände oder rechtliche verhältnisse. kennzeichnend für ein solches auskunftsbegehren ist die benennung eines konkreten sachkomplexes, hinsichtlich dessen bestimmte informationen gewünscht werden. hinsichtlich eines solchen komplexes besteht anspruch auf mitteilung von fakten. nicht gefordert werden kann, bekannte tatsachen zu kommentieren, zu bewerten oder eine rechtliche stellungnahme abzugeben. 44vgl. löffler, kommentar zum presserecht, 5. auflage, § 4 presseg nrw, rdz. 78; ovg nrw, urteil vom 23. mai 1995 - 5 a 2875/92 -, njw 1995, s. 2741. 45dabei bezieht sich die auskunftspflicht grundsätzlich nur auf vorgänge, für die die betreffende behörde zuständig ist, oder mit denen sie amtlich befasst war. 46löffler, kommentar zum presserecht, 5. auflage, § 4 presseg nrw, rdz. 59. 47diesen erfordernissen wird der vom kläger geltend gemachte auskunftsanspruch gerecht. insbesondere ist das auskunftsersuchen des klägers auf vorgänge im zuständigkeitsbereich des landesrechnungshofs gerichtet. unter berücksichtigung der in der mündlichen verhandlung erfolgten klarstellung zu der unter dem fünften spiegelstrich zu den landtagsfraktionen gestellten frage geht es dem kläger sowohl im zusammenhang mit dem wdr als auch mit den landtagsfraktionen um die tätigkeit des landesrechnungshofs selbst sowie hierbei von diesem in eigener zuständigkeit anlässlich der durchgeführten prüfungen erstmals gewonnene erkenntnisse und hieran anknüpfende maßnahmen. 48weiterhin dienen die begehrten auskünfte auch der öffentlichen aufgabe der presse. 49vgl. zu diesem merkmal löffler, kommentar zum presserecht, 5. auflage, § 4 presseg nrw, rdz. 86 m.w.n. 50nach § 3 presseg nrw erfüllt die presse eine öffentliche aufgabe insbesondere dadurch, dass sie nachrichten beschafft und verbreitet, stellung nimmt, kritik übt oder auf andere weise an der meinungsbildung mitwirkt. die presse ist in der auswahl ihrer recherche- und berichtsgegenstände frei. 51bverfg, beschluss vom 28.8.2000 – 1 bvr 1307/91 –; ovg nrw, beschluss vom 4.1.13 – 5 b 1493/12 –. 52zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgabe handelt die presse erst dann nicht mehr, wenn berichte über privatangelegenheiten ohne belang für die öffentlichkeit erfolgen; 53urteil der kammer vom 15. oktober 2008 – 1 k 3286/08 –. 54davon kann hier keine rede sein. 552. entgegen der ansicht des beklagten landes stehen dem auskunftsbegehren des klägers auch nicht gemäß § 4 abs. 2 nr. 2 presseg nrw vorschriften über die geheimhaltung entgegen. in der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen ist bereits geklärt, dass vertraulichkeit kein wesensmerkmal der rechnungsprüfung ist. 56ovg nrw, urteil vom 26. oktober 2011 – 8 a 2593/10 – m.w.n. sowie beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 –. 57abweichendes ergibt sich hier weder aus den der prüfung des wdr zugrunde liegenden vorschriften des wdr-gesetzes (a), noch aus den der prüfung der landtagsfraktionen zugrunde liegenden vorschriften des fraktg nrw (b). 58a) zwar teilt der landesrechnungshof nach § 43 abs. 6 satz 1 wdr-gesetz das ergebnis seiner prüfung nur dem wdr, der für die rechtsaufsicht zuständigen behörde und der unabhängigen kommission zur überprüfung und ermittlung des finanzbedarfs der rundfunkanstalten mit. hierin kann aber keine dem presserechtlichen auskunftsanspruch entgegenstehende geheimhaltungsvorschrift gesehen werden. denn die genannte vorschrift regelt lediglich den ablauf des in die aufstellung und endgültige feststellung des jahresabschlusses des wdr eingebetteten prüfungsverfahrens. erst nach eingang des prüfungsberichts zum jahresabschluss des wdr berät der rundfunkrat erneut den jahresabschluss und stellt diesen fest (§ 44 abs. 1 und 2 wdr-gesetz). damit legt § 43 abs. 6 wdr-gesetz (nur) fest, welchen stellen der landesrechnungshof seine prüfungsergebnisse in diesem stadium des prüfungsverfahrens mitzuteilen hat. ebenso wie §§ 88, 96, 97 und 99 landeshaushaltsordnung (lho) sowie art. 86 verfassung des landes nordrhein-westfalen (verf nrw), 59vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 –, 60mag die regelung damit einer aktiven medienarbeit des landesrechnungshofs grenzen setzen. ein darüber hinausgehender regelungsgehalt, dass die prüfungsergebnisse dritten gegenüber geheim zu halten sind, lässt sich ihr jedoch nicht entnehmen. 61vgl. ovg nrw, urteil vom 26. oktober 2011 – 8 a 2593/10 – und beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 –; bertrams, nwvbl. 1999, s. 1, 5. 62erst recht steht die vorschrift über die mitteilung von prüfungsergebnissen an bestimmte stellen einer auf antrag erfolgenden unterrichtung der presse auf ausdrücklicher gesetzlicher grundlage nach § 4 abs. 1 presseg nrw nicht entgegen. gegen ein verständnis als geheimhaltungsvorschrift sprechen weiterhin auch die in §§ 44 abs. 3, 44a wdr-gesetz enthaltenen regelungen, die nach abschluss des verfahrens zur feststellung des jahresabschlusses bzw. des prüfungsverfahrens umfangreiche veröffentlichungspflichten des wdr beinhalten, die sich auch auf die vom landesrechnungshof für nicht erledigt erklärten teile seines prüfungsberichts erstrecken und damit schon im ansatz der annahme entgegenstehen, aus § 43 abs. 6 wdr-gesetz ließe sich ein generelles verbot der weitergabe oder gar veröffentlichung von prüfungsergebnissen ableiten. soweit konkrete erfordernisse eines noch nicht abgeschlossenen prüfungsverfahrens einer (vorzeitigen) veröffentlichung von prüfungsergebnissen entgegenstehen sollten, lässt sich dem im einzelfall über die in § 4 abs. 2 nr. 1 presseg nrw enthaltene möglichkeit ausreichend rechnung tragen, wonach der auskunftsanspruch nicht besteht, soweit durch die auskunft die sachgemäße durchführung eines schwebenden verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte. dies wird indes weder geltend gemacht, noch ist es mit blick auf das alter der in rede stehenden prüfungsergebnisse ersichtlich. 63b) nichts anderes gilt für die regelungen des fraktionsgesetzes nrw. auch bei § 9 abs. 2 und 3 fraktg nrw, wonach der landesrechnungshof das ergebnis seiner prüfung in einem schriftlichen bericht an die präsidentin bzw. den präsidenten des landtags zusammenfasst und diese(r) dann (nachdem den fraktionen gelegenheit zur stellungnahme gegeben wurde) abschließend entscheidet, handelt es sich nicht um dem presserechtlichen auskunftsanspruch entgegenstehende geheimhaltungsvorschriften. die obigen ausführungen zu § 43 abs. 6 wdr-gesetz gelten hier entsprechend. die fraglichen vorschriften des fraktionsgesetzes nrw regeln ebenfalls den ablauf des prüfungsverfahrens und legen insofern fest, welchen stellen prüfungsergebnisse mitzuteilen sind. damit mögen auch sie einer aktiven medienarbeit des landesrechnungshofs grenzen setzen. ein darüber hinausgehender regelungsgehalt im sinne einer geheimhaltungspflicht lässt sich ihnen nicht entnehmen. 64gegen ein verständnis als geheimhaltungsvorschrift sprechen auch die in §§ 8, 9 abs. 4 fraktg nrw enthaltenen regelungen, wonach die präsidentin bzw. der präsident des landtags u.a. jährlich die geprüften rechnungen der fraktionen und damit wesentliche, nach § 9 abs. 1 fraktg nrw die grundlage der prüfung darstellende informationen veröffentlicht (vgl. etwa zuletzt lt-drucksache 16/4368 vom 11. november 2013) und zudem die möglichkeit zur aufnahme des prüfungsergebnisses in den jahresbericht des landesrechnungshofs nach § 97 lho und auch zur unterrichtung des landtages und der landesregierung ausdrücklich unberührt bleibt. soweit konkrete erfordernisse eines noch nicht abgeschlossenen prüfungsverfahrens einer (vorzeitigen) veröffentlichung von prüfungsergebnissen entgegenstehen sollten, lässt sich dem im einzelfall auch hier über § 4 abs. 2 nr. 1 presseg nrw rechnung tragen. angesichts des alters der in rede stehenden prüfungsergebnisse ist indes auch hinsichtlich des themenkomplexes „landtagsfraktionen“ nichts dafür ersichtlich, dass das prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen sein könnte. 653. in bezug auf den die prüfung des wdr betreffenden teil des auskunftsbegehrens ergeben sich weder mit blick auf den vom beklagten land angeführten aspekt der prüfungseffizienz (a) noch aus einer einschränkung der unabhängigkeit der mitglieder des landesrechnungshofs (b) dem auskunftsbegehren nach § 4 abs. 2 nr. 3 presseg entgegenstehende, überwiegende öffentliche interessen. allerdings können sich solche überwiegende öffentliche interessen unter berücksichtigung der grundrechtlich durch art. 5 abs. 1 satz 2 gg geschützten rundfunkfreiheit des wdr ergeben (c). weitergehende einschränkungen des auskunftsanspruchs ergeben sich nicht mit blick auf die geltend gemachte gefahr der verschlechterung der wettbewerbssituation des wdr (d). hieraus folgt die verpflichtung des beklagten landes, den antrag des klägers auf auskunftserteilung zum themenkomplex „wdr“ unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden (e). 66a) eine effiziente, den vorgaben des wdr-gesetzes entsprechende prüfung des wdr durch den landesrechnungshof liegt schon mit blick auf die finanzierung der öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalten unzweifelhaft im öffentlichen interesse. es fehlt allerdings an konkreten anhaltspunkten dafür, dass der wdr künftig in ansehung der möglichkeit, das prüfungsergebnisse der presse bekannt werden könnten, die für eine ordnungsgemäße, den vorschriften des wdr-gesetzes entsprechende prüfung erforderlichen informationen zurückhalten und den reibungslosen ablauf der prüfung seines jahresabschlusses und der ordnungsmäßigkeit und wirtschaftlichkeit seiner haushalts- und wirtschaftsführung zu behindern versuchen könnte. die bloße befürchtung einer verhaltensänderung ist insoweit unzureichend. 67ovg nrw, urteil vom 26. oktober 2011 – 8 a 2593/10 – und beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 –; ebenso eine konkrete gefährdung des prüfungsverfahrens fordernd: schoch, anmerkung zu bverwg, urteil vom 15. november 2012 – 7 c 1.12 –, nvwz 2013, s. 434. 68konkret gegen das von dem beklagten land befürchtete absinken der kooperationsbereitschaft spricht, dass der wdr schon angesichts der angeführten veröffentlichungsvorschriften in §§ 44 abs. 3, 44a wdr-gesetz, aber auch im hinblick auf eine mögliche erwähnung im jahresbericht des landesrechnungshofs auch bisher nicht davon ausgehen konnte, dass prüfungsergebnisse nicht öffentlich bekannt würden. zudem ist zu beachten, dass die prüfung sich auf die ordnungsmäßigkeit und wirtschaftlichkeit der haushaltsführung erstreckt und damit auch im interesse des wdr erfolgt. schließlich kann der landesrechnungshof einem etwaigen – hier wie ausgeführt nicht konkret ersichtlichen – kooperationsmangel auch mit den ihm im interesse einer effizienten prüfung verliehenen möglichkeiten aus § 43 abs. 4 und 5 wdr-gesetz begegnen. 69b) die den mitgliedern des landesrechnungshofs nach art. 87 abs. 1 satz 2 lv nrw eingeräumte richterliche unabhängigkeit dient primär der effektivität der finanzkontrolle, 70vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 –; kamp, in: heusch/schönenbroicher, lv nrw, 2010, art. 87, rdnr. 12, 71und damit dem öffentlichen interesse. diese unabhängigkeit erfasst die finanzkontrolle einschließlich der auswahl des prüfungsstoffes und seiner würdigung. 72vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 – m.w.n. 73darunter fällt zwar auch die entscheidung über diejenigen prüfungsgegenstände, die der landesrechnungshof gegenüber dem landtag oder anderen stellen für berichtenswert erachtet. dennoch erfordert der schutz der richterlichen unabhängigkeit der mitglieder des landesrechnungshofs keinen ausschluss des presserechtlichen auskunftsanspruchs. das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen hat hierzu in seinem beschluss vom 4. januar 2013 – 5 b 1493/12 – ausgeführt: 74auch nach einer auskunftserteilung an die presse kann der landesrechnungshof unabhängig und weisungsfrei darüber entscheiden, ob er es im einzelfall für vertretbar hält, gleichwohl von einer unterrichtung des landtags abzusehen. das kommt etwa dann in betracht, wenn sich die presse für prüfungsverfahren interessiert, die keine nennenswerten beanstandungen ergeben haben. ein pressebericht hierüber wird in aller regel kein informationsbedürfnis des landtags auslösen. die unabhängigkeit der mitglieder des landesrechnungshofs reicht aber nicht so weit, dass sie selbst indirekt darüber entscheiden dürfen, was aus sicht der unabhängigen presse näherer recherche würdig erscheint. ebenso wie der landesrechnungshof ist auch die presse in der auswahl ihrer recherche- und berichtsgegenstände frei. sie ist insoweit verfassungsrechtlich und durch einräumung von auskunftsansprüchen gegen behörden geschützt. 75vgl. bverfg, beschluss vom 28. august 2000 – 1 bvr 1307/91 –, njw 2001, 503 = juris, rdnr. 30 f. 76etwaige faktische rückwirkungen einer auf dieser grundlage erfolgten presseberichterstattung auf die meinungsbildung des landesrechnungshofs über den umfang und den inhalt seiner prüfungsberichte beeinträchtigen die unabhängigkeit seiner mitglieder nicht. 77dem schließt sich die kammer an. 78c) im öffentlichen interesse einer freien und unabhängigen berichterstattung ist der wdr als öffentlich-rechtliche rundfunkanstalt durch art. 5 abs. 1 satz 2 gg geschützt. der schutzbereich der danach gewährleisteten rundfunkfreiheit ist in der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts geklärt. die rundfunkfreiheit ist in ihrem kern programmfreiheit. diese programmautonomie umfasst auswahl, inhalt und ausgestaltung des programms und schützt insoweit vor jeder fremden einflussnahme. geschützt sind alle phasen der entstehung und vorbereitung des programms bis zur verbreitung der nachricht und meinung und damit alle tätigkeiten und verhaltensweisen, die zur gewinnung und rundfunkspezifischen verbreitung von nachrichten und meinungen im weitesten sinne gehören. in den schutzbereich fallen auch die organisation und die finanzierung des rundfunkbetriebes, soweit sie rückwirkungen auf die programmtätigkeit haben können. 79bverfg, beschlüsse vom 13. januar 1982 – 1 bvr 848/77 –, bverfge 59, 231 (258); vom 14. juli 1994 – 1 bvr 1595,1606/92 –, bverfge 91, 125 (134) und vom 19. dezember 2007 – 1 bvr 620/07 –, bverfge 119, 309 (318) sowie urteile vom 22. februar 1994 – 1 bvl 30/88 –, bverfge 90, 60 (88); vom 24. januar 2001 – 1 bvr 2623/95, 622/99 –, bverfge 103, 44 (59); und vom 12. märz 2008 – 2 bvf 4/03 –, bverfge 121, 30 (58). 80ausgehend hiervon erscheint es bei der der kammer – in ermangelung näherer angaben zu dem inhalt der vom kläger begehrten auskünfte – nur möglichen abstrakten betrachtung denkbar, aber keineswegs zwingend, dass durch die beantwortung des auskunftsbegehrens des klägers zum themenkomplex „wdr“ in den vorbezeichneten schutzbereich der rundfunkfreiheit des wdr fallende informationen bekannt würden. hinsichtlich der unter spiegelstrich fünf und sechs gestellten fragen des klägers dürfte letzteres sogar eher fernliegend sein. 81zwar geht es bei gegen den landesrechnungshof oder andere behörden gerichteten auskunftsansprüchen nach dem pressegesetz nrw nicht um einen unmittelbaren staatlichen zugriff auf informationen der rundfunkanstalten. jedoch stellt sich auch die schaffung bzw. existenz eines einfach-gesetzlichen auskunftsanspruchs gegenüber dem wdr als staatlicher eingriff in die rundfunkfreiheit dar, soweit hierdurch von der behörde bei der rundfunkanstalt erhobene informationen oder auf dieser grundlage gewonnene erkenntnisse bekannt werden. 82bei dem danach vorzunehmenden ausgleich zwischen der grundrechtlich geschützten pressefreiheit des klägers, der der von ihm verfolgte presserechtliche auskunftsanspruch dient, und der ebenfalls grundrechtlich gewährleisteten rundfunkfreiheit des wdr, in die durch die weitergabe dort erhobener informationen oder hierdurch gewonnener erkenntnisse eingegriffen wird, kann auf die in § 55a wdr-gesetz enthaltene gesetzgeberische wertung entsprechend zurückgegriffen werden. nach dieser – hier nicht unmittelbar einschlägigen – vorschrift findet das informationsfreiheitsgesetz (ifg nrw) auf den wdr anwendung, es sei denn, dass journalistisch-redaktionelle informationen betroffen sind. mit dieser regelung sollte ausweislich der gesetzesbegründung, 83lt-drucks. 14/9393 vom 15. juni 2009. s. 188, 84ein ausgleich zwischen berechtigten informationsansprüchen und der durch art. 5 abs. 1 satz 2 gg geschützten rundfunkfreiheit erzielt werden, indem der in der regelung angeführte bereich von der informationspflicht des wdr ausgenommen wird und so diejenigen informationen nicht erteilt werden müssen, die dem kernbereich der journalistisch-redaktionellen arbeit und dem verfassungsrechtlich geschützten bereich der programmfreiheit zuzuordnen sind. diese erwägung ist auf den vorliegenden fall übertragbar; jedenfalls ist kein grund ersichtlich, informationen über eine rundfunkanstalt bei einer an eine behörde gerichteten presseanfrage, bei der sich der auskunftsbegehrende wie hier der kläger auf art. 5 abs. 1 satz 2 gg berufen kann, in einem stärkeren umfang zu schützen, als dies bei einer unmittelbar an die rundfunkanstalt gerichteten anfrage auf basis des informationsfreiheitsgesetzes der fall wäre. 85damit berücksichtigt dieser ansatz, dass die rechtsprechung nicht von einem schutz, der undifferenziert die gesamte tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalt umfasst, ausgeht. 86vgl. bverwg, beschluss vom 27. mai 2013 – 7 b 30/12 –. 87der schutzbereich der rundfunkfreiheit ist auf die sicherung der besonderen aufgaben der rundfunkveranstalter ausgerichtet und folglich programmbezogen zu bestimmen. auf grundlage dieses funktionsbezogenen ansatzes sind innerhalb des handelns einer öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalt verschiedene bereiche unterscheidbar und abzugrenzen. 88bverwg, beschluss vom 27. mai 2013 – 7 b 30/12 –. 89vor diesem hintergrund geht die kammer im anschluss an die rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen zu § 55a wdr-gesetz, 90vgl. ovg nrw, urteil vom 9. februar 2012 – 5 a 166/10 –, 91davon aus, dass in verfassungskonformer auslegung zu dem journalistisch-redaktionellen bereich, der nicht der auskunftserteilungspflicht des landesrechnungshofs nach § 4 abs. 1 presseg nrw unterliegt, jede information gehört, die einblicke in die dem redaktionsgeheimnis unterfallende informationsgewinnung, -verarbeitung oder ‑verbreitung ermöglicht oder deren veröffentlichung auf andere weise eine fremde einflussnahme auf auswahl, inhalt und gestaltung der programme konkret befürchten lässt. demgegenüber unterliegen solche informationen nicht dem redaktionsgeheimnis, die in keinem inhaltlichen zusammenhang mit der erfüllung der programmgestaltung und ‑produktion stehen. hierzu gehören beispielsweise die vergabe von aufträgen, die keine rückschlüsse auf spezifisch redaktionelle tätigkeiten zulassen und personalangelegenheiten von mitarbeitern, die nicht den inhalt von sendungen mitgestalten. 92vgl. zu weiteren beispielen ovg nrw, urteil vom 9. februar 2012 – 5 a 166/10 –. 93d) demgegenüber ergeben sich aus dem von dem beklagten land angeführten gesichtspunkt der möglichen verschlechterung der wettbewerbssituation des wdr gegenüber etwa privaten rundfunkanbietern keine weiteren einschränkungen des auskunftsanspruchs. mit dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen geht die kammer davon aus, dass der publizistische wettbewerb durch einen wie hier sachgerecht begrenzten, den journalistisch-redaktionellen bereich nicht erfassenden auskunftsanspruch nicht notwendig negativ beeinflusst wird. 94ovg nrw, urteil vom 9. februar 2012 – 5 a 166/10 –. 95es ist hier nicht ersichtlich, dass durch die gewährung eines solchen auskunftsanspruchs die erfüllung des programmauftrags mit blick auf einen zunehmenden wirtschaftlichen wettbewerb gefährdet sein könnte. dabei ist auch zu berücksichtigen, dass mit blick auf die gebühren-/beitragsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen rundfunks ein hohes öffentliches informationsinteresse besteht, dass nicht nur in unmittelbar an den wdr auf grundlage des informationsfreiheitsgesetzes gerichteten informationsbegehren, sondern auch in an den landesrechnungshof gerichteten auskunftsbegehren der vorliegenden art nach maßgabe von § 4 abs. 1 presseg nrw seinen ausdruck findet. 96e) die darlegungslast für gesichtspunkte, die dem geltend gemachten auskunftsbegehren nach § 4 abs. 2 nr. 1 bis 4 presseg nrw entgegenstehen können, trifft nach allgemeinen prozessualen grundsätzen das beklagte land. 97dabei ergeben sich auch in ansehung der von den vertretern des beklagten landes in der mündlichen verhandlung aufgeworfenen frage, inwieweit es bzw. der landesrechnungshof überhaupt mit der abwehr von auskunftsansprüchen der presse belastet werden könnte, keine besonderheiten. als diejenige behörde, die die fraglichen informationen aufgrund besonderer gesetzlicher befugnisse erhoben und in ausführung der ihr übertragenen aufgaben hieraus eigene erkenntnisse gewonnen hat, obliegt es dem landesrechnungshof, diese informationen im rahmen der gesetzlichen bestimmungen zu hüten und gegen unberechtigte auskunftsbegehren zu verteidigen. insoweit besteht keine besonderheit gegenüber anderen behörden, wie etwa staatsanwaltschaften oder einrichtungen der finanzverwaltung, die im rahmen ihrer aufgaben schützenswerte informationen über dritte erlangt und diese zu schützen haben. 98ausgehend von seiner abweichenden, eine auskunftspflicht des landesrechnungshofs schon grundsätzlich ausschließenden rechtsauffassung ähnlich wie im fall eines „steckengebliebenen genehmigungsverfahrens“, 99vgl. ovg nrw, urteil vom 9. februar 2012 – 5 a 166/10 –, 100hat es das beklagte land bisher an einer ausreichend substantiierten und nachvollziehbaren darlegung fehlen lassen. nicht ausreichend ist insoweit der hinweis des beklagten landes auf das in § 42 abs. 3 wdr-gesetz gesetzlich vorgesehene prüfprogramm, das in erheblichem umfang bereiche mit unmittelbarem programmbezug betreffe. das auskunftsbegehren ist nämlich darauf gerichtet, in erfahrung zu bringen, was konkret in den ergangenen prüfmitteilungen bemängelt wurde. entscheidend ist also nicht der programmbezug des abstrakten prüfprogramms, sondern allein der inhalt der ergangenen prüfmitteilungen. 101zwar liegt es in der natur der sache, dass für eine ausreichende darlegung eines journalistisch-redaktionellen inhaltes der begehrten informationen deren explizite preisgabe nicht erforderlich sein kann. denn ansonsten würde die möglicherweise nicht der auskunftspflicht unterfallende information anlässlich ihrer verteidigung zwingend bekannt. eine darlegung die zwangsläufig geheimhaltungsbedürftige vorgänge eröffnet, ist nicht geboten. 102ovg nrw, urteil vom 9. februar 2012 – 5 a 166/10 –. 103erforderlich ist aber jedenfalls eine sich mit den konkret begehrten auskünften nachvollziehbar auseinandersetzende und – ohne die begehrten informationen preiszugeben – plausible darlegung, aus welchen einzelfallbezogenen gründen die erteilung der gewünschten information umstände offenlegen würde, die dem journalistisch-redaktionellen bereich zuzuordnen sind. damit ist die sache nicht spruchreif im sinne von § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 104der kammer ist es mit rücksicht auf diejenigen gesichtspunkte, die auf grund der rundfunkfreiheit einer vertraulichen behandlung unterliegen, auch unter berücksichtigung ihrer amtsermittlungspflicht nach § 86 vwgo nicht möglich, die klärung der offenen fragen herbeizuführen. dabei könnte es nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass dem kläger auch mit rücksicht auf das ihm hinsichtlich etwaiger beigezogener unterlagen gemäß § 100 vwgo zustehende akteneinsichtsrecht umstände bekannt würden, die dem geschützten journalistisch-redaktionellen bereich des wdr zuzuordnen sind. 105hieraus folgt die verpflichtung des beklagten landes, den kläger entsprechend § 113 abs. 5 satz 2 vwgo unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden und hierbei etwaige dem anspruch nach § 4 abs. 2 presseg nrw entgegenstehende gesichtspunkte unter beachtung der vorstehenden maßstäbe darzulegen. 1064. a) in bezug auf den die prüfung der landtagsfraktionen betreffenden teil des auskunftsbegehrens ergeben sich aus den vorstehend unter 3. lit. a und b angeführten und hier ebenfalls geltenden erwägungen weder mit blick auf den aspekt der prüfungseffizienz noch aus einer einschränkung der unabhängigkeit der mitglieder des landesrechnungshofs dem auskunftsbegehren nach § 4 abs. 2 nr. 3 presseg entgegenstehende, überwiegende öffentlichen interessen. 107b) allerdings können sich solche überwiegenden öffentlichen interessen unter berücksichtigung der durch art. 30 abs. 2 verf nrw geschützten freiheit des mandats der landtagsmitglieder ergeben. art. 30 abs. 2 verf nrw regelt, dass die abgeordneten des landtags nach ihrer freien, nur durch die rücksicht auf das volkswohl bestimmten überzeugung stimmen und an aufträge nicht gebunden sind. eine im wesentlichen inhaltsgleiche aussage enthält art. 38 abs. 1 satz 2 gg. das bundesverfassungsgericht und der verfassungsgerichtshof des landes nordrhein-westfalen verstehen diese vorschriften als grundlage für den verfassungsrechtlichen status des abgeordneten. 108verfgh nrw, urteil vom 4. oktober 1993 – 15/92 – mwn. 109die mandatsfreiheit soll sicherstellen, dass der prozess der parlamentarischen willensbildung einerseits frei von staatlicher beeinträchtigung ist, damit die abgeordneten ihre politischen präferenzen zum rechtlich relevanten ausdruck bringen und so die staatliche gewalt erst legitimieren können. zugleich soll die freiheit des abgeordneten diese von allen partikularen verpflichtungen freistellen und in die lage versetzen, im interesse des gemeinwohls kompromisse mit anderen positionen einzugehen, interessen zurückzustellen und neue aufgaben anzugehen. dabei sichert der abgeordnetenstatus wesentlich auch die freiheit gegenüber gesellschaftlicher inpflichtnahme. dem einzelnen abgeordneten wächst aus dieser freiheit das recht zu, seine abgeordnetenrolle nach eigenem selbstverständnis zu interpretieren; auch die arbeitsgebiete kann er selbst festlegen. 110morlok, in dreier, grundgesetzkommentar, 1998, art. 38, rdnrn. 126, 136 und 139. 111für den abgeordneten ergibt sich hieraus u.a. das recht, sich mit anderen abgeordneten zu einer fraktion zusammenzuschließen. 112verfgh nrw, urteil vom 4. oktober 1993 – 15/92 –. 113die fraktionen sind die bestimmenden handlungseinheiten des parlaments und damit „notwendige einrichtungen des verfassungslebens“. 114bverfg, beschluss vom 14. dezember 1976 – 2 bvr 802/75 –, bverfge 43, 142 (147) und bverfg, urteil vom 16. juli 1991 – 2 bve 1/91 –, bverfge 84, 304 (324). 115durch die mitgliedschaft in einer fraktion kann der einzelne abgeordnete der enormen komplexität der parlamentarischen arbeit arbeitsteilig entgegentreten, deren hilfsdienste in anspruch nehmen, informale politische kontakte auf der basis gemeinsamer überzeugungen entwickeln und politischen einfluss etwa dadurch ausüben, dass andere im arbeitsteiligen system auf ihn angewiesen sind. 116morlok, in dreier, grundgesetzkommentar, 1998, art. 38, rdnrn. 161f. mwn. zu diesen gesichtspunkten. 117als vereinigungen von abgeordneten leiten sie ihre rechte von den abgeordneten her. 118bverfg, urteil vom 13. juni 1989 – 2 bve 1/88 –, bverfge 80, 188 (219); bverfg, urteil vom 16. juli 1991 – 2 bve 1/91 –, bverfge 84, 304 (322). 119dementsprechend ist die tätigkeit der parlamentsfraktionen ausdruck und zugleich voraussetzung effektiver mandatswahrnehmung. hieraus folgt, dass ein auf die ergebnisse der prüfungen der landtagsfraktionen nach § 9 fraktg nrw abhebendes auskunftsbegehren der presse durchaus die mandatsfreiheit einzelner abgeordneter beeinträchtigen kann. dies kommt insbesondere dann in betracht, wenn die auskunftserteilung rückschlüsse auf die mandatswahrnehmung, insbesondere auf politische aktivitäten einzelner abgeordneter zuließe. 120c) auch insoweit trifft die darlegungslast für gesichtspunkte, die dem geltend gemachten auskunftsbegehren nach § 4 abs. 2 nr. 1 bis 4 presseg entgegenstehen können das beklagte land. dieses hat es auf basis seiner grundsätzlich abweichenden rechtsauffassung bisher an einer ausreichend substantiierten und nachvollziehbaren darlegung fehlen lassen, warum konkret sich bei erteilung der gewünschten auskunft eine beeinträchtigung der mandatsrechte von landtagsmitgliedern ergeben soll. nicht ausreichend ist insoweit der pauschale hinweis des beklagten landes, die beantwortung der fragen des klägers ließe rückschlüsse auf einzelne fraktionen und personen zu. aus den bereits zum themenkomplex „wdr“ angeführten gründen ist insoweit eine sich mit den konkret begehrten auskünften nachvollziehbar auseinandersetzende und – ohne die begehrten informationen preiszugeben – plausible darlegung erforderlich, aus welchen einzelfallbezogenen gründen die erteilung der gewünschten information umstände offenlegen würde, die dem journalistisch-redaktionellen bereich zuzuordnen sind. damit ist die sache nicht spruchreif im sinne von § 113 abs. 5 satz 1 vwgo; auch in diesem zusammenhang ist es der kammer aus den bereits angeführten gründen nicht möglich, die klärung der offenen fragen herbeizuführen. 121hieraus folgt die verpflichtung des beklagten landes, den kläger entsprechend § 113 abs. 5 satz 2 vwgo unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden und hierbei etwaige dem anspruch nach § 4 abs. 2 presseg nrw entgegenstehende gesichtspunkte unter beachtung der vorstehenden maßstäbe darzulegen. soweit das beklagte land dann trotz der regelung in § 9 abs. 1 satz 3 fraktg nrw, wonach die politische erforderlichkeit und die politische zweckmäßigkeit von maßnahmen der fraktionen im rahmen ihrer aufgabenerfüllung nicht gegenstand der prüfung durch den landesrechnungshof sind, im obigen sinne plausibel darlegt, dass bei auskunftserteilung rückschlüsse auf den durch die mandatsfreiheit geschützten bereich möglich wären, wird es auch die frage des überwiegens der gegen eine auskunftserteilung sprechenden interessen zu bewerten haben. hierbei dürfte auch zu berücksichtigen sein, dass hinsichtlich der verwendung der den fraktionen nach maßgabe von § 3 fraktg nrw gewährten öffentlichen mittel ein hohes informationsinteresse der öffentlichkeit und (damit) der presse besteht und auch die gesetzlichen regelungen des fraktionsgesetzes nrw mit den in §§ 8 und 9 abs. 3 satz 2 enthaltenen veröffentlichungspflichten erkennbar hinsichtlich der mittelverwendung eine hohe transparenz anstreben. 122d) dass bei erteilung der gewünschten auskünfte nach ansicht des beklagten landes rückschlüsse u.a. auf einzelne personen möglich wären, lässt demgegenüber hier nicht die annahme zu, es könnten auch schutzwürdige private interessen im sinne des § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw verletzt werden. insoweit ist nämlich zu beachten, dass die mitglieder der landtagsfraktionen bei ihrer mandatsausübung nicht als privatpersonen, sondern als gewählte volksvertreter handeln. mögliche rückschlüsse auf einzelne personen beträfen damit nicht private sachverhalte, sondern die wahrnehmung des mandats. 123die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 3 vwgo und berücksichtigt, dass es nach maßgabe der obigen ausführungen dem beklagten land obliegt, die nach seiner ansicht dem auskunftsanspruch entgegenstehenden gesichtspunkte plausibel darzulegen. 124die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 zivilprozessordnung (zpo). 125die kammer hat die berufung gemäß §§ 124a abs. 1 satz 1, 124 abs. 2 nr. 3 vwgo zugelassen. welche einschränkungen sich für den presserechtlichen auskunftsanspruch in bezug auf angelegenheiten der externen finanzkontrolle aus der rundfunkfreiheit einer geprüften öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalt ergeben und welchen darlegungserfordernissen die ablehnung eines auskunftsersuchens insoweit unterliegt, ist in der rechtsprechung nicht abschließend geklärt. entsprechendes gilt bei der prüfung von landtagsfraktionen für einschränkungen auf grund der mandatsfreiheit der landtagsmitglieder.
Klaeger*in
1
339,783
13 K 15354/17
"2021-07-22T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Herausgabe von Positionsdaten (für zwei Tage) des Tenders „Rhein“, eines Versorgungsschiffes der Deutschen Marine, das im Rahmen der bis März 2020 laufenden Militäroperation „Sophia“, die sich u.a. gegen Schleuser im Mittelmeer richtete, tätig war. 3Mit Email vom 10. Juli 2017 beantragte der Kläger gestützt auf das IFG/UIG beim Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) die Übersendung der AIS-Daten des Tenders „Rhein“ vom 15. und 16. April 2017. 4Das BMVg gab dem Antrag mit Bescheid vom 31. Juli 2017 insoweit statt, als er sich auf die Auflistung der AIS-Daten des Tenders „Rhein“ nach Schiffstyp, Rufzeichen (Call Sign), Maritime Mobile Service Identity (MMSI) - Nummer, Abmessungen des Schiffes und Status des Tenders bezog. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab. 5Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, Zugang zu den Geokoordinaten (einschließlich Kurs und Geschwindigkeit) der durch Schiffe der Deutschen Marine durchgeführten Seenotrettung könne nicht gewährt werden, da dem die Versagungsgründe des § 3 Nr. 1 lit. b) und § 3 Nr. 4 IFG entgegenstünden. Die erbetenen Geokoordinaten seien durch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr als Verschlusssache im Sinne von § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des BMI zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) eingestuft. Die Gründe für die Einstufung bestünden fort. Aus der Kenntnis der Geokoordinaten ließen sich Rückschlüsse über die Operationsführung im Rahmen des mandatierten Auftrages zur Schleuserbekämpfung und Durchsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen, die Patrouillengebiete der Einsatzkräfte (z.B. Zeit und Ort der Aufklärung in Vorbereitung anderer militärischer Aktivitäten) sowie Fähigkeiten der Schiffe der Deutschen Marine ableiten, die im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig seien. Auch bei Anfragen nach einem einzelnen Datum müsse diese Einstufung aufrechterhalten werden, da das IFG Folgefragen nach anderen Daten zulasse und eine Verkettung der entsprechenden Einzelantworten die Erstellung einer Gesamtlage ermögliche. Letztlich seien nachteilige Auswirkungen für sicherheitsempfindliche Belange der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Partner im Rahmen EUNAVFOR MED Operation „Sophia“ bei Offenlegung zu erwarten. 6Seinen Widerspruch vom 1. August 2017 begründete der Kläger zum einen damit, dass eine formale Einstufung als Verschlusssache für die Annahme des Versagungsgrundes § 3 Nr. 4 IFG nicht ausreiche. Vielmehr komme es darauf an, ob materielle Gründe für 7———————— 8Der Begriff Automatic Identification System (AIS; zu Deutsch: Automatisches Identifikationssystem) oder Universal Automatic Identification System (UAIS) bezeichnet ein Funksystem, das durch den Austausch von Navigations- und anderen Schiffsdaten die Sicherheit und die Lenkung des Schiffsverkehrs verbessert. 9eine solche Einstufung vorlägen, was hier nicht substantiiert dargelegt worden sei. Zum anderen sei auch nicht nachvollziehbar, inwiefern bei der Herausgabe der Geokoordinaten der Versagungstatbestand des § 3 Nr. 1 lit. b) IFG vorliege. Der allgemeine Verweis auf mögliche Rückschlüsse auf die Operationsführung der Deutschen Marine sei nicht ausreichend. Nachteilige Auswirkungen seien nicht belegt worden. Schon jetzt seien im Übrigen die AIS-Daten des Tenders minutengenau über Webseiten wie marinetraffic.com für die gesamte Öffentlichkeit abrufbar. Diese Möglichkeit stehe auch Schleusern offen. Es sei daher nicht belegt, inwiefern sich die Herausgabe bestimmter historischer Daten davon unterscheide. 10Mit Bescheid vom 3. November 2017 wies das BMVg den Widerspruch zurück. Der Informationsfreigabe stehe § 3 Nr. 1 lit. b) IFG entgegen. Eine minutengenaue Nachverfolgung der Bewegungen des Tenders „Rhein“ für die Öffentlichkeit sei – anders als der Kläger meine – nicht möglich. Wie alle Einheiten des Einsatzverbundes EUNAVFOR MED Operation „Sophia“ betreibe auch der Tender „Rhein“ auf Befehl der Operationsführung das AIS während des Aufenthaltes im Operationsgebiet ausschließlich auf Empfangsmodus. Im Sendemodus und damit für die Öffentlichkeit zugänglich seien ausschließlich Bewegdaten beim Befahren der italienischen Hoheitsgewässer sowie in dicht befahrenen Seegebieten außerhalb des Einsatzgebietes. Positionsdaten würden im Schiffstagebuch händisch in regelmäßigen Abständen hinterlegt. Diese Daten unterlägen der Vertraulichkeit, um nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung des mandatierten Auftrages zu vermeiden. Solche nachteiligen Auswirkungen seien bei Bekanntgabe der Positionsdaten mit Blick auf die Operation „Sophia“ im Rahmen der mandatierten Operation zur Unterbindung der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer sowie der Durchsetzung des VN-Waffenembargos gegenüber Libyen auf Hoher See zu erwarten. Würde ein an der Operation beteiligtes Schiff seine Position übermitteln, könnten Menschenschmuggler und Embargobrecher diese Position weiträumig umfahren, um eine Entdeckung oder Verfolgung zu vermeiden. Diese sicherheitsrechtliche Gefährdungslage bestehe ebenso mit Blick auf Positionsdaten aus der Vergangenheit, da anhand dieser Informationen Operationsmuster und –verfahren der beteiligten Schiffe des Einsatzverbundes nachvollzogen und Bewegungsprognosen erstellt werden könnten. Die auf diesem Wege möglichen Wahrscheinlichkeitsprofile durch Menschenschmuggler und Embargobrecher müssten auch mit Blick auf die Effektivität des Einsatzes sowie die angestrebte Gefahrenabwehr durch die bezeichneten Personengruppen sowie aufgrund des vorgegebenen Einsatzprofils verhindert werden. Aus diesen Gründen stehe auch § 3 Nr. 4 Alt. 2 IFG der Offenlegung entgegen. Die Kenntnisnahme der Geokoordinaten durch Unbefugte führe zu Nachteilen für die Bundesrepublik Deutschland. Es handele sich hierbei um Informationen, die zu schützende Belange Dritter beträfen. Insbesondere seien aus den Positionen des deutschen Schiffes Rückschlüsse auf die Positionen der anderen Schiffe des Einsatzverbandes zu ziehen. 11Der Kläger hat am 1. Dezember 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, die Beklagte habe bezüglich des Versagungsgrundes des § 3 Nr. 4 Alt. 2 IFG bislang nicht konkret nachvollziehbar dargelegt, inwieweit konkrete materiell-rechtliche Geheimhaltungsbedürfnisse vorlägen. Von einer sicherheitsrelevanten Gefährdungslage könne bei der Bekanntgabe von Geokoordinaten zweier Tage in der Vergangenheit hinsichtlich eines Schiffes, das im Mittelmeerraum unter anderem zur Bekämpfung des Menschenhandels eingesetzt werde, nicht die Rede sein, wie sich schon daran zeige, dass die norwegische Behörde National Criminal Investigation Service (NCIS) auf eine vergleichbare Anfrage die AIS-Positionsdaten des Schiffes „Siem Pilot“, das im Zuge der EU-Rettungsmission „Triton“, die von „Frontex“ koordiniert werde, zur Bekämpfung krimineller Menschenschmugglernetzwerke im Mittelmeerraum eingesetzt gewesen sei, offengelegt habe. Die EU-Maßnahmen „Triton“ und „Sophia“ seien eng verzahnt und vergleichbar. Die „Siem Pilot“ und der Tender „Rhein“ operierten unter dem gleichen Kernauftrag. Norwegen unterstütze die Operation „Sophia“ und unterstehe damit den gleichen sicherheitspolitischen Geheimhaltungspflichten wie Deutschland. Zudem sei es allein auf der Grundlage der hier in Rede stehenden Daten gar nicht möglich, die Positionierung sämtlicher an der Operation „Sophia“ beteiligter Schiffe zu bestimmen. Das Einsatzgebiet von „Sophia“ sei ohnehin allgemein bekannt. Er, der Kläger, habe nicht vor, Folgeanträge zu stellen. Jedenfalls nach Abschluss der Operation „Sophia“ seien die Daten herauszugeben. Die Beklagte komme ihrer Substantiierungspflicht nicht nach, wenn sie sich lediglich auf die abstrakte Möglichkeit eines zukünftigen Rückgriffs auf die vom Informationsbegehren umfassten Daten berufe. Ein zeitlich unbegrenzter Geheimhaltungsschutz dieser Daten könne auf diese Weise nicht begründet werden. Dies zeige sich auch daran, dass die Bundesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage selbst die Positionsdaten von Schiffen der Operation „Sophia“ anlässlich eines Vorfalls vom 10. Mai 2017 auf libyschem Hoheitsgebiet preisgegeben habe. 12Soweit sich die Beklagte auf § 3 Nr. 1 lit. b) IFG berufe, seien schon keine militärischen Belange ersichtlich, die durch die Bekanntgabe der AIS-Daten berührt sein könnten. Die Tatsache, dass der Tender „Rhein“ auch im Bereich der Seenotrettung tätig sei, lasse nicht darauf schließen, dass dies auch Teil einer militärischen Zielsetzung der Bundeswehr sei. Jedenfalls aber lägen keine nachteiligen Auswirkungen auf solche Belange vor. Die allein begehrten Positionsdaten für die Vergangenheit ließen keine Rückschlüsse auf die aktuelle oder zukünftige Positionierung zu. Ein allgemeiner Verweis auf mögliche Rückschlüsse auf die Operationsführung der Deutschen Marine sei nicht ausreichend. Konkrete nachteilige Auswirkungen seien nicht belegt worden. 13Der Kläger beantragt, 14die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums für Verteidigung vom 1531. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2017 zu verpflichten, ihm alle Geokoordinaten (einschließlich Kurs und Geschwindigkeit) des Tenders „Rhein“ vom 15. und 16. April 2017 zu übermitteln. 16Die Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen 18Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und stellt nochmals klar, dass die vom Kläger begehrten Geokoordinaten (einschließlich Kurs und Geschwindigkeit) lediglich in Gestalt von Positionsdaten, die händisch im Abstand von etwa 15 Minuten im Schiffstagebuch hinterlegt würden, existieren. AIS-Daten würden lediglich beim Befahren der italienischen Hoheitsgewässer sowie in dicht befahrenen Seegebieten außerhalb des Einsatzgebietes gesendet. AIS-Daten in Gestalt von Sendedaten während des Aufenthaltes im Einsatzgebiet existierten folglich nicht. 19Das Schiffstagebuch des Tenders „Rhein“ sei – wie jedes Schiffstagebuch eines deutschen Kriegsschiffes – als „Verschlusssache“ eingestuft. Dies stehe gemäß § 3 Nr. 4 IFG dem Informationsanspruch des Klägers entgegen. Die angefragten Positionsdaten beträfen sowohl die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland als auch deren äußere Sicherheit. An der Operation „Sophia“ hätten 27 EU-Mitgliedsstaaten teilgenommen, von denen vier Schiffe bereitgestellt hätten. Der Tender „Rhein“ sei im fraglichen Zeitraum von europäischen Vorgesetzten geführt worden und habe als Kriegsschiff i.S.d. Art. 29 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen an der Operation teilgenommen. Sein Bewegungsmuster sei den multinationalen Vorgaben der europäischen Militäroperation gefolgt. Es seien Rückschlüsse nicht nur auf deutsche, sondern auch auf Einsatzverfahren des europäischen Marineverbandes möglich gewesen. Eine Preisgabe derartiger Informationen führe zu negativen Auswirkungen auf das Vertrauen der EU-Partner in die Bundesrepublik Deutschland. Ein Bekanntwerden der Informationen sei auch nachteilig für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik, da die Funktions- und Bündnisfähigkeit der Streitkräfte gefährdet werde. Schleuser oder Embargobrecher könnten aus den Daten nicht nur Rückschlüsse auf die Einsatztaktik deutscher Kriegsschiffe ziehen, sondern auch auf deren technische Möglichkeiten, wie z.B. die Reichweite von Radaranlagen. An dieser Einschätzung ändere auch der Umstand nichts, dass der norwegische NCIS AIS-Daten der „Siem Pilot“ an den Kläger übermittelt habe. Norwegen beteilige sich nicht an der Operation „Sophia“. Zwischen „Sophia“ und „Frontex“, an der Norwegen beteiligt gewesen sei, bestünden signifikante Unterschiede hinsichtlich Auftrag (Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Waffenschmuggel einerseits, Grenzsicherung andererseits) und Führung (militärisch/zivil). Für den NCIS und die Beklagte gälten unterschiedliche Sicherheitsstandards. Zudem sei die „Siem Pilot“ kein Kriegsschiff, sondern ein Bohrinselversorger. Auch eine Beendigung der Operation führe nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Geheimhaltungsbedürftigkeit der technischen Fähigkeiten eines Schiffes der Deutschen Marine bestehe auch nach dem Ende eines konkreten Einsatzes fort. Das gleiche gelte für Umstände, die Rückschlüsse auf einzelne, in einem konkreten Einsatz angewandte Verfahren zuließen, sofern die taktischen Vorgaben der konkreten Operation in Bezug auf taktische Vorgaben zukünftiger Operationen universellen Charakter besäßen. Die bei einer Mission gewonnenen Daten würden regelmäßig im Rahmen der Einsatzauswertung analysiert und in Bezug auf ihre Verwendung in Vorschriften und ständigen Vorgaben für vergleichbare zukünftige Operationen verwendet. 20Daneben sei der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 lit. a) IFG einschlägig. Der Einsatz des Tenders „Rhein“ sei im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union erfolgt und damit Ausdruck der Einbettung der Bundesrepublik in die Europäische Union als System gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Die militärische Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union sei auf den vertrauensvollen Umgang der Mitgliedsstaaten untereinander angewiesen. Der Schutz von Verschlusssachen richte sich dabei nach dem Ratsbeschluss 2013/488 vom 23. September 2013. Es seien nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen zu erwarten, wenn sich die Beklagte als nicht in der Lage erweise, aus militärischen Gründen geheimhaltungsbedürftige Vorgänge vor einer Offenbarung gegenüber Jedermann wirkungsvoll zu schützen. Es sei zu besorgen, dass die Beklagte von dem erforderlichen Zugang zu sensiblen Informationen abgeschnitten werde. 21Schließlich stehe dem Informationsanspruch des Kläger § 3 Nr. lit. b) IFG entgegen. Das Bekanntwerden der Positionsdaten habe nachteilige Auswirkungen auf militärische Belange der Bundeswehr. Schon die Kenntnis von der Position eines Kriegsschiffes könne dazu führen, dass Dritte mit Gefährdungsansicht sich entweder durch eigene Positionierung im Raum dem Zugriff entzögen oder sogar Kriegsschiffe zum Ziel von beispielsweise terroristischen Angriffen machten. 22Sie verweist darauf, dass im Rahmen der von der Klägerseite angeführten Kleinen Anfrage nicht die Offenlegung der Positionsdaten von an der Operation „Sophia“ beteiligten Einheiten erfolgt sei, sondern vielmehr das Positionsdatum eines Vorfalls benannt worden sei, an dem ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache beteiligt gewesen sei. 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. 24Entscheidungsgründe: 25Die Klage ist unbegründet. 26Der Bescheid des BMVg vom 31. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2017 ist – im angegriffenen Umfang - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 27Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Offenlegung der begehrten Positionsdaten. 28Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. 29Der Kläger ist als natürliche Person anspruchsberechtigt. Bei den von der Beklagten verweigerten Unterlagen handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG. Dabei ist das BMVg anspruchsverpflichtete Behörde. 30Einem Anspruch auf Zugang zu den verwehrten Positionsdaten steht aber die Regelung des § 3 Nr. 4 Alt. 2 IFG entgegen. 31Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung – VSA) geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt. Nach § 2 Abs. 2 32Nr. 4 VSA i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen, Sicherheitsüberprüfungsgesetz – SÜG - erfolgt eine Einstufung als „VS-NfD“, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. Geschützt werden insbesondere Informationen, die die innere oder äußere Sicherheit oder auswärtige Beziehungen des Bundes oder eines Landes betreffen, Anlage III Nr. 1 VSA. In erster Linie kommt eine Einstufung daher zugunsten von Schutzgütern in Betracht, die der Existenz und Funktionstüchtigkeit staatlicher Einrichtungen und Aufgaben dienen, 33vgl. Warg, in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019 § 4 SÜG Rdn. 6. 34Dabei muss nicht der sichere Nachweis eines Nachteils erbracht werden. Es genügt insofern die Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Diese Möglichkeit darf aber nicht nur eine theoretische sein. Eher fernliegende Befürchtungen scheiden aus, 35vgl. Verwaltungsgericht (VG) Berlin, Urteil vom 29. April 2021 – 2 K 262.19 -, juris Rdn. 26. 36In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die formale Einstufung als Verschlusssache nicht ausreicht. Es kommt vielmehr auf die materielle Richtigkeit der Einstufung als Verschlusssache an. Denn den öffentlichen Belangen drohen keine Nachteile, wenn eine als Verschlusssache eingestufte Information bekannt wird, es sei denn die Einstufung entspricht den materiellen Geheimhaltungsbedürfnissen, 37so: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 3829. Oktober 2009 - 7 C 22.08 -, juris Rdn. 47 ff.; BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2012 ‑ 20 F 1.11 ‑, juris Rdn. 9. 39Insoweit muss die informationspflichtige Stelle plausibel darlegen, welche konkreten Gefahren die Einstufung eines Vorgangs als Verschlusssache rechtfertigen. Die informationspflichtige Stelle ist zu der Prüfung verpflichtet, ob die materiellen Voraussetzungen für die seitens der herausgebenden Stelle (§ 15 Abs. 1 VSA) erfolgte Einstufung als Verschlusssache (noch) vorliegen, 40vgl. Schoch, IFG Kommentar, 2. Auflage 2016, 41§ 3 Rdn. 230. 42Hinsichtlich des Ausschlussgrundes gilt - wie für die anderen hier im Raum stehenden gesetzlichen Ausschlussgründe auch -, dass die informationspflichtige Stelle, soweit dies unter Wahrung der von ihr behaupteten Geheimhaltungsbedürftigkeit der Informationen möglich ist, Tatsachen darlegen muss, aus denen sich im jeweiligen Fall die Geheimhaltungsbedürftigkeit ergibt, 43vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 20.17 -, juris Rdn. 38; VG Berlin, Urteil vom 16. Juli 2013 – 2 K 282.12 -, juris Rdn. 37 f. 44Dies erfordert eine auf einzelne Teile des Aktenbestands bezogene differenzierende Darstellung, 45vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, juris Rdn. 41; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 -, juris Rdn. 33. 46Die Angaben müssen allerdings nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen geprüft werden kann, 47vgl. VG Berlin, Urteil vom 1. Juni 2012 - VG 2 K 177.11 -, juris Rdn. 31. 48Angesichts des bei materiellen Geheimhaltungsgründen aus der Natur der Sache folgenden „Darlegungsnotstands“ der Behörde ist lediglich ein Mindestmaß an Plausibilität zu fordern, 49vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 20.17 -, juris Rdn. 38. 50Es genügt demnach, wenn die zuständige Behörde ihre Wertung der Umstände, die die Geheimhaltungsbedürftigkeit begründen, so einleuchtend darlegt, dass das Gericht diese Wertung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange noch als triftig anerkennen kann, 51vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1982 – 4 B 172/82 -, juris, zur Verweigerung der Vorlage nach § 99 Abs. 2 Satz1 VwGO. 52Dies ist hier geschehen. 53Das BMVg hat zunächst plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass die angefragten Positionsdaten die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betreffen, weil sich aus der Kenntnis der begehrten Geokoordinaten Rückschlüsse über die Operationsführung im Rahmen des mandatierten Auftrages zur Schleuserbekämpfung und Durchsetzung des Waffenembargos der Vereinten Nationen, die Patrouillengebiete der Einsatzkräfte (z.B. Zeit und Ort der Aufklärung in Vorbereitung anderer militärischer Aktivitäten) sowie Fähigkeiten der Schiffe der Deutschen Marine ableiten ließen, die im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig seien. Schleuser oder Embargobrecher könnten aus den Daten nicht nur Rückschlüsse auf die Einsatztaktik deutscher Kriegsschiffe ziehen, sondern auch auf deren technische Möglichkeiten, wie z.B. die Reichweite von Radaranlagen. Die Positionsdaten unterlägen der Vertraulichkeit, um nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung des mandatierten Auftrages zu vermeiden. Solche nachteiligen Auswirkungen seien bei Bekanntgabe der Positionsdaten mit Blick auf die Operation „Sophia“ im Rahmen der mandatierten Operation zur Unterbindung der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer sowie der Durchsetzung des VN-Waffenembargos gegenüber Libyen auf Hoher See zu erwarten. Würde ein an der Operation beteiligtes Schiff seine Position übermitteln, könnten Menschenschmuggler und Embargobrecher diese Position weiträumig umfahren, um eine Entdeckung oder Verfolgung zu vermeiden. Diese sicherheitsrechtliche Gefährdungslage bestehe ebenso mit Blick auf Positionsdaten aus der Vergangenheit, da anhand dieser Informationen Operationsmuster und –verfahren der beteiligten Schiffe des Einsatzverbundes nachvollzogen und Bewegungsprognosen erstellt werden könnten. Die auf diesem Wege möglichen Wahrscheinlichkeitsprofile durch Menschenschmuggler und Embargobrecher müssten auch mit Blick auf die Effektivität des Einsatzes sowie die angestrebte Gefahrenabwehr durch die bezeichneten Personengruppen sowie aufgrund des vorgegebenen Einsatzprofils verhindert werden. Zudem ließen sich aus den Positionen des deutschen Schiffes Rückschlüsse auf die Positionen der anderen Schiffe des Einsatzverbandes ziehen, was sogar die Gefahr terroristischer Angriffe auf die Kriegsschiffe berge, 54vgl. in diesem Zusammenhang auch: Gericht der EU, das auf die Gefahr hinweist, dass Schlepper nicht zögerten, („Frontex“-)Schiffe mit Kriegswaffen anzugreifen oder Manöver durchzuführen, die die Besatzungen und die Ausrüstung gefährden könnten, Urteil vom 27. November 2019 – T-31/18 -, Rdn. 73. 55Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, die Sorge des BMVg, durch eine Verkettung von herauszugebenden Daten könnten sich Rückschlüsse auf die Operationsführung ziehen lassen, sei unbegründet, da er nicht vorhabe, Folgefragen zu stellen und ein Bewegungsprofil zu erstellen, verfängt dies nicht: 56Denn die Frage, ob Informationszugang zu gewähren ist, hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seinen Absichten bezüglich der Verwendung bekannt gewordener Informationen ab. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auszuwirken. Insoweit sind alle in Betracht kommenden Möglichkeiten zu berücksichtigen, die einmal aus der Hand gegebenen Informationen zu nutzen. Die informationspflichtige Stelle kann nur für alle Anträge einheitlich beurteilen, ob ein Ablehnungsgrund im Sinne des § 3 IFG vorliegt. Sie darf deshalb bei dem ersten gestellten Antrag die möglichen Auswirkungen einer Freigabe der Information umfassend in Betracht ziehen, 57vgl. etwa: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 19. März 2013 – 8 A 1172/11 –, juris Rdn. 80 und vom 24. Mai 2016 – 15 A 2051/14 -, juris Rdn. 83, BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 7 C 22.08 –, juris Rdn. 24. 58Vorstehende Erwägungen gelten hier auch in Ansehung des Umstandes, dass von anderen Antragstellern bislang keine weiteren vergleichbaren Auskunftsanträge beim BMVg gestellt worden sind. Denn der Kläger hat bereits zwei Auskunftsanträge bei „Frontex“ gestellt. Der eine Antrag betraf den Zugang zu einer Liste von Schiffen, die im Juni 2017 im Rahmen der Operationen „Triton“ und „Poseidon“ eingesetzt worden waren (einschließlich Namen der Schiffe, ihrer Rufzeichen, der MMSI-Nummern, der Heimathäfen, Dienstgeschwindigkeiten, des Schiffstyps und der Treibstoffkapazität). Der andere hatte Informationen über den Namen, die Flagge und den Typ jedes zwischen dem 1. Juni und dem 30. August 2017 im Rahmen der Operation „Triton“ eingesetzten Schiffe zum Gegenstand, 59vgl. Gericht der EU, Urteil vom 27. November 2019 – T-31/18 -. 60Darüberhinaus hat der Kläger beim NCIS Norwegens eine Anfrage betreffend die Geokoordinaten der „Siem Pilot“, die im Rahmen der Operation „Triton“ von „Frontex“ eingesetzt war, betreffend den 15./16. April 2017 gestellt. 61Vor diesem Hintergrund überzeugt schon der Vortrag des Klägers, er habe nicht vor, (weiterhin mögliche) Folgeanträge zu stellen, nicht. 62Eine andere Beurteilung bedingt schließlich auch nicht der Umstand, dass der Kläger – wie erwähnt - von den norwegischen Behörden die Positionsdaten vom 15./16. April 2017 des Schiffes „Siem Pilot“ – einem Bohrinselversorger - übermittelt bekommen hat: Nach den substantiierten Angaben der Beklagten operierte dieses Schiff zunächst einmal nicht im Rahmen der Operation „Sophia“, sondern im Rahmen der Operation „Triton“ bzw. „Frontex“. Zwischen „Sophia“ und der Operation „Frontex“, an der Norwegen sich beteiligt hat, bestanden signifikante Unterschiede hinsichtlich Auftrag (Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Waffenschmuggel einerseits, Grenzsicherung andererseits) und Führung (militärisch/zivil). Des Weiteren besagt die (etwaige Fehl-)Einschätzung eines anderen Staates bezüglich der Frage der Offenlegung von Positionsdaten nichts für die vom BMVg zu treffenden Prognoseentscheidung und bindet dieses nicht. Im Übrigen – träfe die Behauptung des Klägers zur Vergleichbarkeit der Aufträge des Tenders „Rhein“ und der „Siem Pilot“ zu – würden mit der Beantwortung der streitgegenständlichen Frage bereits die zweiten „verwandten“ Positionsdaten offengelegt, was wiederum die vom BMVg befürchtete Erstellung von Bewegungsprofilen „näher rücken“ ließe. 63Angesichts des Umstandes, dass die ausgelaufene Operation „Sophia“ von der - zunächst bis zum 30. April 2022 laufenden – Operation „Irini“ abgelöst worden ist, ist auch plausibel, dass die Geheimhaltungsbedürftigkeit fortbesteht. Insofern hat das BMVg plausibel ausgeführt, die Geheimhaltungsbedürftigkeit der technischen Fähigkeiten eines Schiffes der Deutschen Marine bestehe auch nach dem Ende eines konkreten Einsatzes fort. Das gleiche gelte für Umstände, die Rückschlüsse auf einzelne, in einem konkreten Einsatz angewandte Verfahren zuließen, sofern die taktischen Vorgaben der konkreten Operation in Bezug auf taktische Vorgaben zukünftiger Operationen universellen Charakter besäßen. Die bei einer Mission gewonnenen Daten würden nämlich regelmäßig im Rahmen der Einsatzauswertung analysiert und in Bezug auf ihre Verwendung in Vorschriften und ständigen Vorgaben für vergleichbare zukünftige Operationen verwendet. Zwar hatte die Operation „Sophia“ den Auftrag zur Bekämpfung des Menschenschmuggels und der Menschenhandelsnetze, der Bekämpfung von Schleusern und deren Infrastruktur im südlichen und zentralen Mittelmeer, der Unterbindung des Waffenschmuggels, zur Lagebildgewinnung über den Ölschmuggel sowie den Aufbau einer wirksamen libyschen Küstenwache, während die Operation „Irini“ zwar grundsätzlich die gleichen Aufgaben wie „Sophia“, jedoch mit unterschiedlichen Prioritäten hat. Die Kernaufgabe von „Irini“ ist die Umsetzung des Waffenembargos gegen Libyen. Zu ihren sekundären Aufgaben gehört jedoch auch die Unterbrechung des Menschenhandels, die Ausbildung der libyschen Küstenwache sowie der libyschen Marine und die Informationsgewinnung über illegale Exporte von Benzin aus Libyen. 64Damit sind die Schnittmengen so groß, dass beide Operationen vergleichbar sind. 65Des Weiteren ist auch hinreichend dargelegt, dass die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland durch eine Preisgabe derartiger Informationen, durch die sich die Beklagte als nicht in der Lage erwiese, aus militärischen Gründen geheimhaltungsbedürftige Vorgänge vor einer Offenbarung gegenüber Jedermann wirkungsvoll zu schützen, gefährdet wären bzw. dass die Offenlegung zu negativen Auswirkungen auf das Vertrauen der EU-Partner in die Bundesrepublik Deutschland führen würde. Auch erscheint die Befürchtung nicht fernliegend, dass die Beklagte künftig von dem erforderlichen Zugang zu sensiblen Informationen abgeschnitten werden könnte. 66Bei der Beurteilung der Frage, ob auswärtige Beziehungen gefährdet sind, müssen dieselben Maßstäbe gelten, wie sie bei der Prüfung des – ebenfalls einschlägigen – Versagungsgrundes des § 3 Nr. 1. lit. a) IFG gelten. 67Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben kann. 68Der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 lit. a) IFG schützt die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland und das diplomatische Vertrauensverhältnis zu ausländischen Staaten sowie zu zwischen- und überstaatlichen Organisationen, etwa der Europäischen Union oder den Vereinten Nationen. Zu den internationalen Beziehungen gehören die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu einem anderen ausländischen Staat. Für die Regelung dieser auswärtigen Beziehungen räumt das Grundgesetz der Bundesregierung einen grundsätzlich weit bemessenen Spielraum eigener Gestaltung ein. Innerhalb dieses Spielraums bestimmt die Bundesregierung die außenpolitischen Ziele und die zu ihrer Erreichung verfolgte Strategie. Welche Ziele die Bundesregierung mit Hilfe welcher Strategie verfolgen will, entzieht sich mangels hierfür bestehender rechtlicher Kriterien weithin einer gerichtlichen Kontrolle. Ob ein Nachteil für die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu einem auswärtigen Staat eintreten kann, hängt wiederum davon ab, welche außenpolitischen Ziele die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu diesem Staat verfolgt. Nur mit Blick auf diese Ziele und die insoweit verfolgte außenpolitische Strategie kann die Frage beantwortet werden, ob sich die Bekanntgabe von Informationen auf die auswärtigen Belange nachteilig auswirken kann. Nachteil ist, was den außenpolitischen Zielen und der zu ihrer Erreichung verfolgten außenpolitischen Strategie abträglich ist. Wann eine Auswirkung auf die Beziehungen zu einem ausländischen Staat ein solches Gewicht hat, dass sie in diesem Sinne als Nachteil anzusehen ist, hängt ebenfalls von der Einschätzung der Bundesregierung ab. Nur die Bundesregierung kann bestimmen, ob eine von ihr erwartete oder befürchtete Einwirkung auf die auswärtigen Beziehungen mit Blick auf die insoweit verfolgten Ziele hingenommen werden kann oder vermieden werden soll, 69BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 7 C 22.08 -, juris Rdn. 14ff., unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 7. Mai 2008 - 2 BvE 1/03 -. 70Nach § 3 Nr. 1 lit. a) IFG ist der Anspruch auf Informationszugang ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Information diese nachteiligen Auswirkungen haben „kann“. Was den Grad der Gewissheit anlangt, lässt die Vorschrift damit die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen ausreichen. Eher fernliegende Befürchtungen scheiden hingegen aus, 71BVerwG, a.a.O., Rdn 19 ff.. 72Die Beeinträchtigung muss von einem gewissen Gewicht sein, was aus dem Gebot der engen Auslegung der Ausnahmetatbestände folgt, 73BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 – 7 C 1.12 -, juris Rdn. 39 und vom 27. November 2014 – 7 C 12.13 -, juris, Rdn. 24. 74kritisch dazu: Schoch, § 3 Rdn. 18, der aber i.E. auch der Meinung ist, dem Begriff der „nachteiligen Auswirkungen“ sei eine gewisse Erheblichkeit immanent. 75Der mögliche Eintritt von Nachteilen für die internationalen Beziehungen kann nur Gegenstand einer plausiblen und nachvollziehbaren Prognose sein, die ihrerseits nur in engen Grenzen verwaltungsgerichtlich überprüfbar ist. Ob und wie sich das Bekanntwerden von Informationen auf die außenpolitischen Ziele auswirkt, hängt von auf die Zukunft bezogenen Beurteilungen ab, die notwendig mit einem gewissen Maß an Unsicherheit verbunden sind. Das Gericht kann insoweit nur nachprüfen, ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ihre Prognose einleuchtend begründet hat und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche Einschätzung getroffen hat. 76Wie bereits oben in anderem Zusammenhang ausgeführt, hängt die Frage, ob die Bekanntgabe einer Information sich auf die internationalen Beziehungen nachteilig auswirken kann, nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seinen Ansichten ab. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auf die internationalen Beziehungen auszuwirken. Dafür sind alle in Betracht kommenden Möglichkeiten zu berücksichtigen, die einmal aus der Hand gegebenen Informationen zu nutzen. Die informationspflichtige Stelle kann nur für alle Anträge einheitlich beurteilen, ob ein Ablehnungsgrund im Sinne des § 3 IFG vorliegt. Sie darf deshalb bei dem ersten gestellten Antrag die möglichen Auswirkungen einer Freigabe der Information umfassend in Betracht ziehen. 77Besteht der mögliche Nachteil für die internationalen Beziehungen in der erwarteten oder befürchteten Reaktion eines auswärtigen Staates auf das Bekanntwerden einer Information, geht es wiederum um Einschätzungen und Erwartungen, deren tatsächliche Grundlage sich regelmäßig einer gerichtlichen Beweisaufnahme entzieht. Ob ein auswärtiger Staat das Bekanntwerden einer Information gelassen hinnehmen oder hierauf verstimmt reagieren wird, kann auch die Bundesregierung regelmäßig nicht auf der Grundlage einzelner konkreter Tatsachen prognostizieren und belegen. Dasselbe gilt für die Erwartung oder Befürchtung, der auswärtige Staat werde es der Bundesregierung als unfreundliches Verhalten anlasten, wenn sie zwar an sich sachliche Informationen gegeben hat, diese aber in der Öffentlichkeit, namentlich in der Presse zu Berichten und Behauptungen verwendet werden, die einen auswärtigen Staat in ein schlechtes Licht rücken. Der Einschätzung der Bundesregierung wird in solchen Fällen eine unbestimmte Vielzahl nicht benannter und benennbarer Einzeleindrücke und -beobachtungen zugrunde liegen, die sie im diplomatischen Verkehr mit dem auswärtigen Staat in der zurückliegenden Zeit gewonnen hat. Würde von der Behörde verlangt, sie müsse wenigstens beispielhaft einzelne Vorgänge oder Beobachtungen benennen, welche ihre Einschätzung stützen könnten, gewönnen diese Einzelumstände in ihrer Isolation nachträglich eine Bedeutung, die ihnen in Wahrheit nicht zukommt. Insoweit ist es möglich und nicht zu beanstanden, dass die Prognose ihrerseits nur wieder auf andere Einschätzungen zurückgeführt werden kann, die die Bundesregierung kraft ihrer Erfahrung im Umgang mit auswärtigen Staaten gewonnen hat. Es kann deshalb letztlich an einer im strengen Sinne beweisbaren Grundlage für ihre Prognose fehlen, ohne dass diese dadurch fehlerhaft würde. 78Das Gericht muss nachprüfen, ob der Versagungsgrund auch im Zeitpunkt seiner Entscheidung der begehrten Erteilung von Auskünften (noch) entgegensteht, 79BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009, Rdn. 20ff. 80Wie dargelegt hat das BMVg ausgeführt, dass die Offenlegung der Positionsdaten zu Verstimmungen mit den EU-Partnern führen könnte. 81Diese Erwägungen halten sich gemessen an den oben dargelegten Anforderungen in dem weitgesteckten und gerichtlich nicht nachprüfbaren Spielraum außenpolitischer Gestaltung. 82Damit sind – auch - die Voraussetzungen des Versagungsgrundes des § 3 Nr. 1 lit. a) IFG auch heute noch gegeben. 83Hiernach kann dahinstehen, ob zusätzlich der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 lit. b) IFG (militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr) ein-schlägig ist. 84Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 85Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 86Anlass, die Berufung zuzulassen, bestand nicht, § 124a Abs. 1 VwGO. 87Rechtsmittelbelehrung 88Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 89901. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 912. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 923. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 934. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 945. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 95Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 96Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen. 97Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist. 98Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. 99Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften. 100Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen der 101Beschluss 102Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1035.000,-- € 104festgesetzt. 105Gründe 106Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG). 107Rechtsmittelbelehrung 108Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden. 109Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen. 110Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 111Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 ,-- € übersteigt. 112Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch die beklagte durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die beteiligten streiten um die herausgabe von positionsdaten (für zwei tage) des tenders „rhein“, eines versorgungsschiffes der deutschen marine, das im rahmen der bis märz 2020 laufenden militäroperation „sophia“, die sich u.a. gegen schleuser im mittelmeer richtete, tätig war. 3mit email vom 10. juli 2017 beantragte der kläger gestützt auf das ifg/uig beim bundesministerium für verteidigung (bmvg) die übersendung der ais-daten des tenders „rhein“ vom 15. und 16. april 2017. 4das bmvg gab dem antrag mit bescheid vom 31. juli 2017 insoweit statt, als er sich auf die auflistung der ais-daten des tenders „rhein“ nach schiffstyp, rufzeichen (call sign), maritime mobile service identity (mmsi) - nummer, abmessungen des schiffes und status des tenders bezog. im übrigen lehnte es den antrag ab. 5zur begründung führte es im wesentlichen aus, zugang zu den geokoordinaten (einschließlich kurs und geschwindigkeit) der durch schiffe der deutschen marine durchgeführten seenotrettung könne nicht gewährt werden, da dem die versagungsgründe des § 3 nr. 1 lit. b) und § 3 nr. 4 ifg entgegenstünden. die erbetenen geokoordinaten seien durch das einsatzführungskommando der bundeswehr als verschlusssache im sinne von § 3 nr. 4 ifg i.v.m. der allgemeinen verwaltungsvorschrift des bmi zum materiellen und organisatorischen schutz von verschlusssachen (vs-anweisung – vsa) eingestuft. die gründe für die einstufung bestünden fort. aus der kenntnis der geokoordinaten ließen sich rückschlüsse über die operationsführung im rahmen des mandatierten auftrages zur schleuserbekämpfung und durchsetzung des waffenembargos der vereinten nationen, die patrouillengebiete der einsatzkräfte (z.b. zeit und ort der aufklärung in vorbereitung anderer militärischer aktivitäten) sowie fähigkeiten der schiffe der deutschen marine ableiten, die im öffentlichen interesse geheimhaltungsbedürftig seien. auch bei anfragen nach einem einzelnen datum müsse diese einstufung aufrechterhalten werden, da das ifg folgefragen nach anderen daten zulasse und eine verkettung der entsprechenden einzelantworten die erstellung einer gesamtlage ermögliche. letztlich seien nachteilige auswirkungen für sicherheitsempfindliche belange der bundesrepublik deutschland und ihrer partner im rahmen eunavfor med operation „sophia“ bei offenlegung zu erwarten. 6seinen widerspruch vom 1. august 2017 begründete der kläger zum einen damit, dass eine formale einstufung als verschlusssache für die annahme des versagungsgrundes § 3 nr. 4 ifg nicht ausreiche. vielmehr komme es darauf an, ob materielle gründe für 7———————— 8der begriff automatic identification system (ais; zu deutsch: automatisches identifikationssystem) oder universal automatic identification system (uais) bezeichnet ein funksystem, das durch den austausch von navigations- und anderen schiffsdaten die sicherheit und die lenkung des schiffsverkehrs verbessert. 9eine solche einstufung vorlägen, was hier nicht substantiiert dargelegt worden sei. zum anderen sei auch nicht nachvollziehbar, inwiefern bei der herausgabe der geokoordinaten der versagungstatbestand des § 3 nr. 1 lit. b) ifg vorliege. der allgemeine verweis auf mögliche rückschlüsse auf die operationsführung der deutschen marine sei nicht ausreichend. nachteilige auswirkungen seien nicht belegt worden. schon jetzt seien im übrigen die ais-daten des tenders minutengenau über webseiten wie marinetraffic.com für die gesamte öffentlichkeit abrufbar. diese möglichkeit stehe auch schleusern offen. es sei daher nicht belegt, inwiefern sich die herausgabe bestimmter historischer daten davon unterscheide. 10mit bescheid vom 3. november 2017 wies das bmvg den widerspruch zurück. der informationsfreigabe stehe § 3 nr. 1 lit. b) ifg entgegen. eine minutengenaue nachverfolgung der bewegungen des tenders „rhein“ für die öffentlichkeit sei – anders als der kläger meine – nicht möglich. wie alle einheiten des einsatzverbundes eunavfor med operation „sophia“ betreibe auch der tender „rhein“ auf befehl der operationsführung das ais während des aufenthaltes im operationsgebiet ausschließlich auf empfangsmodus. im sendemodus und damit für die öffentlichkeit zugänglich seien ausschließlich bewegdaten beim befahren der italienischen hoheitsgewässer sowie in dicht befahrenen seegebieten außerhalb des einsatzgebietes. positionsdaten würden im schiffstagebuch händisch in regelmäßigen abständen hinterlegt. diese daten unterlägen der vertraulichkeit, um nachteilige auswirkungen auf die durchführung des mandatierten auftrages zu vermeiden. solche nachteiligen auswirkungen seien bei bekanntgabe der positionsdaten mit blick auf die operation „sophia“ im rahmen der mandatierten operation zur unterbindung der menschenschmuggel- und menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen mittelmeer sowie der durchsetzung des vn-waffenembargos gegenüber libyen auf hoher see zu erwarten. würde ein an der operation beteiligtes schiff seine position übermitteln, könnten menschenschmuggler und embargobrecher diese position weiträumig umfahren, um eine entdeckung oder verfolgung zu vermeiden. diese sicherheitsrechtliche gefährdungslage bestehe ebenso mit blick auf positionsdaten aus der vergangenheit, da anhand dieser informationen operationsmuster und –verfahren der beteiligten schiffe des einsatzverbundes nachvollzogen und bewegungsprognosen erstellt werden könnten. die auf diesem wege möglichen wahrscheinlichkeitsprofile durch menschenschmuggler und embargobrecher müssten auch mit blick auf die effektivität des einsatzes sowie die angestrebte gefahrenabwehr durch die bezeichneten personengruppen sowie aufgrund des vorgegebenen einsatzprofils verhindert werden. aus diesen gründen stehe auch § 3 nr. 4 alt. 2 ifg der offenlegung entgegen. die kenntnisnahme der geokoordinaten durch unbefugte führe zu nachteilen für die bundesrepublik deutschland. es handele sich hierbei um informationen, die zu schützende belange dritter beträfen. insbesondere seien aus den positionen des deutschen schiffes rückschlüsse auf die positionen der anderen schiffe des einsatzverbandes zu ziehen. 11der kläger hat am 1. dezember 2017 klage erhoben, zu deren begründung er im wesentlichen vorträgt, die beklagte habe bezüglich des versagungsgrundes des § 3 nr. 4 alt. 2 ifg bislang nicht konkret nachvollziehbar dargelegt, inwieweit konkrete materiell-rechtliche geheimhaltungsbedürfnisse vorlägen. von einer sicherheitsrelevanten gefährdungslage könne bei der bekanntgabe von geokoordinaten zweier tage in der vergangenheit hinsichtlich eines schiffes, das im mittelmeerraum unter anderem zur bekämpfung des menschenhandels eingesetzt werde, nicht die rede sein, wie sich schon daran zeige, dass die norwegische behörde national criminal investigation service (ncis) auf eine vergleichbare anfrage die ais-positionsdaten des schiffes „siem pilot“, das im zuge der eu-rettungsmission „triton“, die von „frontex“ koordiniert werde, zur bekämpfung krimineller menschenschmugglernetzwerke im mittelmeerraum eingesetzt gewesen sei, offengelegt habe. die eu-maßnahmen „triton“ und „sophia“ seien eng verzahnt und vergleichbar. die „siem pilot“ und der tender „rhein“ operierten unter dem gleichen kernauftrag. norwegen unterstütze die operation „sophia“ und unterstehe damit den gleichen sicherheitspolitischen geheimhaltungspflichten wie deutschland. zudem sei es allein auf der grundlage der hier in rede stehenden daten gar nicht möglich, die positionierung sämtlicher an der operation „sophia“ beteiligter schiffe zu bestimmen. das einsatzgebiet von „sophia“ sei ohnehin allgemein bekannt. er, der kläger, habe nicht vor, folgeanträge zu stellen. jedenfalls nach abschluss der operation „sophia“ seien die daten herauszugeben. die beklagte komme ihrer substantiierungspflicht nicht nach, wenn sie sich lediglich auf die abstrakte möglichkeit eines zukünftigen rückgriffs auf die vom informationsbegehren umfassten daten berufe. ein zeitlich unbegrenzter geheimhaltungsschutz dieser daten könne auf diese weise nicht begründet werden. dies zeige sich auch daran, dass die bundesregierung im rahmen einer kleinen anfrage selbst die positionsdaten von schiffen der operation „sophia“ anlässlich eines vorfalls vom 10. mai 2017 auf libyschem hoheitsgebiet preisgegeben habe. 12soweit sich die beklagte auf § 3 nr. 1 lit. b) ifg berufe, seien schon keine militärischen belange ersichtlich, die durch die bekanntgabe der ais-daten berührt sein könnten. die tatsache, dass der tender „rhein“ auch im bereich der seenotrettung tätig sei, lasse nicht darauf schließen, dass dies auch teil einer militärischen zielsetzung der bundeswehr sei. jedenfalls aber lägen keine nachteiligen auswirkungen auf solche belange vor. die allein begehrten positionsdaten für die vergangenheit ließen keine rückschlüsse auf die aktuelle oder zukünftige positionierung zu. ein allgemeiner verweis auf mögliche rückschlüsse auf die operationsführung der deutschen marine sei nicht ausreichend. konkrete nachteilige auswirkungen seien nicht belegt worden. 13der kläger beantragt, 14die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheides des bundesministeriums für verteidigung vom 1531. juli 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 3. november 2017 zu verpflichten, ihm alle geokoordinaten (einschließlich kurs und geschwindigkeit) des tenders „rhein“ vom 15. und 16. april 2017 zu übermitteln. 16die beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen 18sie verteidigt die angegriffenen bescheide und stellt nochmals klar, dass die vom kläger begehrten geokoordinaten (einschließlich kurs und geschwindigkeit) lediglich in gestalt von positionsdaten, die händisch im abstand von etwa 15 minuten im schiffstagebuch hinterlegt würden, existieren. ais-daten würden lediglich beim befahren der italienischen hoheitsgewässer sowie in dicht befahrenen seegebieten außerhalb des einsatzgebietes gesendet. ais-daten in gestalt von sendedaten während des aufenthaltes im einsatzgebiet existierten folglich nicht. 19das schiffstagebuch des tenders „rhein“ sei – wie jedes schiffstagebuch eines deutschen kriegsschiffes – als „verschlusssache“ eingestuft. dies stehe gemäß § 3 nr. 4 ifg dem informationsanspruch des klägers entgegen. die angefragten positionsdaten beträfen sowohl die auswärtigen beziehungen der bundesrepublik deutschland als auch deren äußere sicherheit. an der operation „sophia“ hätten 27 eu-mitgliedsstaaten teilgenommen, von denen vier schiffe bereitgestellt hätten. der tender „rhein“ sei im fraglichen zeitraum von europäischen vorgesetzten geführt worden und habe als kriegsschiff i.s.d. art. 29 des seerechtsübereinkommens der vereinten nationen an der operation teilgenommen. sein bewegungsmuster sei den multinationalen vorgaben der europäischen militäroperation gefolgt. es seien rückschlüsse nicht nur auf deutsche, sondern auch auf einsatzverfahren des europäischen marineverbandes möglich gewesen. eine preisgabe derartiger informationen führe zu negativen auswirkungen auf das vertrauen der eu-partner in die bundesrepublik deutschland. ein bekanntwerden der informationen sei auch nachteilig für die äußere sicherheit der bundesrepublik, da die funktions- und bündnisfähigkeit der streitkräfte gefährdet werde. schleuser oder embargobrecher könnten aus den daten nicht nur rückschlüsse auf die einsatztaktik deutscher kriegsschiffe ziehen, sondern auch auf deren technische möglichkeiten, wie z.b. die reichweite von radaranlagen. an dieser einschätzung ändere auch der umstand nichts, dass der norwegische ncis ais-daten der „siem pilot“ an den kläger übermittelt habe. norwegen beteilige sich nicht an der operation „sophia“. zwischen „sophia“ und „frontex“, an der norwegen beteiligt gewesen sei, bestünden signifikante unterschiede hinsichtlich auftrag (bekämpfung von schleuserkriminalität und waffenschmuggel einerseits, grenzsicherung andererseits) und führung (militärisch/zivil). für den ncis und die beklagte gälten unterschiedliche sicherheitsstandards. zudem sei die „siem pilot“ kein kriegsschiff, sondern ein bohrinselversorger. auch eine beendigung der operation führe nicht zu einer abweichenden bewertung. die geheimhaltungsbedürftigkeit der technischen fähigkeiten eines schiffes der deutschen marine bestehe auch nach dem ende eines konkreten einsatzes fort. das gleiche gelte für umstände, die rückschlüsse auf einzelne, in einem konkreten einsatz angewandte verfahren zuließen, sofern die taktischen vorgaben der konkreten operation in bezug auf taktische vorgaben zukünftiger operationen universellen charakter besäßen. die bei einer mission gewonnenen daten würden regelmäßig im rahmen der einsatzauswertung analysiert und in bezug auf ihre verwendung in vorschriften und ständigen vorgaben für vergleichbare zukünftige operationen verwendet. 20daneben sei der versagungsgrund des § 3 nr. 1 lit. a) ifg einschlägig. der einsatz des tenders „rhein“ sei im rahmen der gemeinsamen sicherheits- und verteidigungspolitik der europäischen union erfolgt und damit ausdruck der einbettung der bundesrepublik in die europäische union als system gegenseitiger kollektiver sicherheit. die militärische zusammenarbeit innerhalb der europäischen union sei auf den vertrauensvollen umgang der mitgliedsstaaten untereinander angewiesen. der schutz von verschlusssachen richte sich dabei nach dem ratsbeschluss 2013/488 vom 23. september 2013. es seien nachteilige auswirkungen auf internationale beziehungen zu erwarten, wenn sich die beklagte als nicht in der lage erweise, aus militärischen gründen geheimhaltungsbedürftige vorgänge vor einer offenbarung gegenüber jedermann wirkungsvoll zu schützen. es sei zu besorgen, dass die beklagte von dem erforderlichen zugang zu sensiblen informationen abgeschnitten werde. 21schließlich stehe dem informationsanspruch des kläger § 3 nr. lit. b) ifg entgegen. das bekanntwerden der positionsdaten habe nachteilige auswirkungen auf militärische belange der bundeswehr. schon die kenntnis von der position eines kriegsschiffes könne dazu führen, dass dritte mit gefährdungsansicht sich entweder durch eigene positionierung im raum dem zugriff entzögen oder sogar kriegsschiffe zum ziel von beispielsweise terroristischen angriffen machten. 22sie verweist darauf, dass im rahmen der von der klägerseite angeführten kleinen anfrage nicht die offenlegung der positionsdaten von an der operation „sophia“ beteiligten einheiten erfolgt sei, sondern vielmehr das positionsdatum eines vorfalls benannt worden sei, an dem ein patrouillenboot der libyschen küstenwache beteiligt gewesen sei. 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den sonstigen inhalt der gerichtsakten sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten bezug genommen. 24
25die klage ist unbegründet. 26der bescheid des bmvg vom 31. juli 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 3. november 2017 ist – im angegriffenen umfang - rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 27der kläger hat keinen anspruch gegen die beklagte auf offenlegung der begehrten positionsdaten. 28rechtsgrundlage für das begehren des klägers ist § 1 abs. 1 satz 1 des informationsfreiheitsgesetzes (ifg). danach hat jeder nach maßgabe des gesetzes gegenüber den behörden des bundes einen anspruch auf zugang zu amtlichen informationen. 29der kläger ist als natürliche person anspruchsberechtigt. bei den von der beklagten verweigerten unterlagen handelt es sich auch um amtliche informationen im sinne des § 2 nr. 1 ifg. dabei ist das bmvg anspruchsverpflichtete behörde. 30einem anspruch auf zugang zu den verwehrten positionsdaten steht aber die regelung des § 3 nr. 4 alt. 2 ifg entgegen. 31nach dieser vorschrift besteht der anspruch auf informationszugang nicht, wenn die information einer durch die allgemeine verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen schutz von verschlusssachen (verschlusssachenanweisung – vsa) geregelten geheimhaltungs- oder vertraulichkeitspflicht unterliegt. nach § 2 abs. 2 32nr. 4 vsa i.v.m. § 4 abs. 2 nr. 4 des gesetzes über die voraussetzungen und das verfahren von sicherheitsüberprüfungen des bundes und den schutz von verschlusssachen, sicherheitsüberprüfungsgesetz – süg - erfolgt eine einstufung als „vs-nfd“, wenn die kenntnisnahme durch unbefugte für die interessen der bundesrepublik deutschland oder eines ihrer länder nachteilig sein kann. geschützt werden insbesondere informationen, die die innere oder äußere sicherheit oder auswärtige beziehungen des bundes oder eines landes betreffen, anlage iii nr. 1 vsa. in erster linie kommt eine einstufung daher zugunsten von schutzgütern in betracht, die der existenz und funktionstüchtigkeit staatlicher einrichtungen und aufgaben dienen, 33vgl. warg, in schenke/graulich/ruthig, sicherheitsrecht des bundes, 2. aufl. 2019 § 4 süg rdn. 6. 34dabei muss nicht der sichere nachweis eines nachteils erbracht werden. es genügt insofern die möglichkeit einer beeinträchtigung. diese möglichkeit darf aber nicht nur eine theoretische sein. eher fernliegende befürchtungen scheiden aus, 35vgl. verwaltungsgericht (vg) berlin, urteil vom 29. april 2021 – 2 k 262.19 -, juris rdn. 26. 36in der rechtsprechung ist geklärt, dass die formale einstufung als verschlusssache nicht ausreicht. es kommt vielmehr auf die materielle richtigkeit der einstufung als verschlusssache an. denn den öffentlichen belangen drohen keine nachteile, wenn eine als verschlusssache eingestufte information bekannt wird, es sei denn die einstufung entspricht den materiellen geheimhaltungsbedürfnissen, 37so: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 3829. oktober 2009 - 7 c 22.08 -, juris rdn. 47 ff.; bverwg, beschluss vom 10. januar 2012 ‑ 20 f 1.11 ‑, juris rdn. 9. 39insoweit muss die informationspflichtige stelle plausibel darlegen, welche konkreten gefahren die einstufung eines vorgangs als verschlusssache rechtfertigen. die informationspflichtige stelle ist zu der prüfung verpflichtet, ob die materiellen voraussetzungen für die seitens der herausgebenden stelle (§ 15 abs. 1 vsa) erfolgte einstufung als verschlusssache (noch) vorliegen, 40vgl. schoch, ifg kommentar, 2. auflage 2016, 41§ 3 rdn. 230. 42hinsichtlich des ausschlussgrundes gilt - wie für die anderen hier im raum stehenden gesetzlichen ausschlussgründe auch -, dass die informationspflichtige stelle, soweit dies unter wahrung der von ihr behaupteten geheimhaltungsbedürftigkeit der informationen möglich ist, tatsachen darlegen muss, aus denen sich im jeweiligen fall die geheimhaltungsbedürftigkeit ergibt, 43vgl. bverwg, urteil vom 28. februar 2019 – 7 c 20.17 -, juris rdn. 38; vg berlin, urteil vom 16. juli 2013 – 2 k 282.12 -, juris rdn. 37 f. 44dies erfordert eine auf einzelne teile des aktenbestands bezogene differenzierende darstellung, 45vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2012 - 7 c 1.12 -, juris rdn. 41; bverwg, urteil vom 27. november 2014 - 7 c 12.13 -, juris rdn. 33. 46die angaben müssen allerdings nicht so detailliert sein, dass rückschlüsse auf die geschützte information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das vorliegen von ausschlussgründen geprüft werden kann, 47vgl. vg berlin, urteil vom 1. juni 2012 - vg 2 k 177.11 -, juris rdn. 31. 48angesichts des bei materiellen geheimhaltungsgründen aus der natur der sache folgenden „darlegungsnotstands“ der behörde ist lediglich ein mindestmaß an plausibilität zu fordern, 49vgl. bverwg, urteil vom 28. februar 2019 – 7 c 20.17 -, juris rdn. 38. 50es genügt demnach, wenn die zuständige behörde ihre wertung der umstände, die die geheimhaltungsbedürftigkeit begründen, so einleuchtend darlegt, dass das gericht diese wertung unter berücksichtigung rechtsstaatlicher belange noch als triftig anerkennen kann, 51vgl. auch bverwg, beschluss vom 29. oktober 1982 – 4 b 172/82 -, juris, zur verweigerung der vorlage nach § 99 abs. 2 satz1 vwgo. 52dies ist hier geschehen. 53das bmvg hat zunächst plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass die angefragten positionsdaten die äußere sicherheit der bundesrepublik deutschland betreffen, weil sich aus der kenntnis der begehrten geokoordinaten rückschlüsse über die operationsführung im rahmen des mandatierten auftrages zur schleuserbekämpfung und durchsetzung des waffenembargos der vereinten nationen, die patrouillengebiete der einsatzkräfte (z.b. zeit und ort der aufklärung in vorbereitung anderer militärischer aktivitäten) sowie fähigkeiten der schiffe der deutschen marine ableiten ließen, die im öffentlichen interesse geheimhaltungsbedürftig seien. schleuser oder embargobrecher könnten aus den daten nicht nur rückschlüsse auf die einsatztaktik deutscher kriegsschiffe ziehen, sondern auch auf deren technische möglichkeiten, wie z.b. die reichweite von radaranlagen. die positionsdaten unterlägen der vertraulichkeit, um nachteilige auswirkungen auf die durchführung des mandatierten auftrages zu vermeiden. solche nachteiligen auswirkungen seien bei bekanntgabe der positionsdaten mit blick auf die operation „sophia“ im rahmen der mandatierten operation zur unterbindung der menschenschmuggel- und menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen mittelmeer sowie der durchsetzung des vn-waffenembargos gegenüber libyen auf hoher see zu erwarten. würde ein an der operation beteiligtes schiff seine position übermitteln, könnten menschenschmuggler und embargobrecher diese position weiträumig umfahren, um eine entdeckung oder verfolgung zu vermeiden. diese sicherheitsrechtliche gefährdungslage bestehe ebenso mit blick auf positionsdaten aus der vergangenheit, da anhand dieser informationen operationsmuster und –verfahren der beteiligten schiffe des einsatzverbundes nachvollzogen und bewegungsprognosen erstellt werden könnten. die auf diesem wege möglichen wahrscheinlichkeitsprofile durch menschenschmuggler und embargobrecher müssten auch mit blick auf die effektivität des einsatzes sowie die angestrebte gefahrenabwehr durch die bezeichneten personengruppen sowie aufgrund des vorgegebenen einsatzprofils verhindert werden. zudem ließen sich aus den positionen des deutschen schiffes rückschlüsse auf die positionen der anderen schiffe des einsatzverbandes ziehen, was sogar die gefahr terroristischer angriffe auf die kriegsschiffe berge, 54vgl. in diesem zusammenhang auch: gericht der eu, das auf die gefahr hinweist, dass schlepper nicht zögerten, („frontex“-)schiffe mit kriegswaffen anzugreifen oder manöver durchzuführen, die die besatzungen und die ausrüstung gefährden könnten, urteil vom 27. november 2019 – t-31/18 -, rdn. 73. 55soweit der kläger in diesem zusammenhang geltend macht, die sorge des bmvg, durch eine verkettung von herauszugebenden daten könnten sich rückschlüsse auf die operationsführung ziehen lassen, sei unbegründet, da er nicht vorhabe, folgefragen zu stellen und ein bewegungsprofil zu erstellen, verfängt dies nicht: 56denn die frage, ob informationszugang zu gewähren ist, hängt nicht von der person des konkreten antragstellers und seinen absichten bezüglich der verwendung bekannt gewordener informationen ab. maßgeblich ist vielmehr, ob das bekanntwerden der information objektiv, also beispielsweise erst in der hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auszuwirken. insoweit sind alle in betracht kommenden möglichkeiten zu berücksichtigen, die einmal aus der hand gegebenen informationen zu nutzen. die informationspflichtige stelle kann nur für alle anträge einheitlich beurteilen, ob ein ablehnungsgrund im sinne des § 3 ifg vorliegt. sie darf deshalb bei dem ersten gestellten antrag die möglichen auswirkungen einer freigabe der information umfassend in betracht ziehen, 57vgl. etwa: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteile vom 19. märz 2013 – 8 a 1172/11 –, juris rdn. 80 und vom 24. mai 2016 – 15 a 2051/14 -, juris rdn. 83, bverwg, urteil vom 29. oktober 2009 – 7 c 22.08 –, juris rdn. 24. 58vorstehende erwägungen gelten hier auch in ansehung des umstandes, dass von anderen antragstellern bislang keine weiteren vergleichbaren auskunftsanträge beim bmvg gestellt worden sind. denn der kläger hat bereits zwei auskunftsanträge bei „frontex“ gestellt. der eine antrag betraf den zugang zu einer liste von schiffen, die im juni 2017 im rahmen der operationen „triton“ und „poseidon“ eingesetzt worden waren (einschließlich namen der schiffe, ihrer rufzeichen, der mmsi-nummern, der heimathäfen, dienstgeschwindigkeiten, des schiffstyps und der treibstoffkapazität). der andere hatte informationen über den namen, die flagge und den typ jedes zwischen dem 1. juni und dem 30. august 2017 im rahmen der operation „triton“ eingesetzten schiffe zum gegenstand, 59vgl. gericht der eu, urteil vom 27. november 2019 – t-31/18 -. 60darüberhinaus hat der kläger beim ncis norwegens eine anfrage betreffend die geokoordinaten der „siem pilot“, die im rahmen der operation „triton“ von „frontex“ eingesetzt war, betreffend den 15./16. april 2017 gestellt. 61vor diesem hintergrund überzeugt schon der vortrag des klägers, er habe nicht vor, (weiterhin mögliche) folgeanträge zu stellen, nicht. 62eine andere beurteilung bedingt schließlich auch nicht der umstand, dass der kläger – wie erwähnt - von den norwegischen behörden die positionsdaten vom 15./16. april 2017 des schiffes „siem pilot“ – einem bohrinselversorger - übermittelt bekommen hat: nach den substantiierten angaben der beklagten operierte dieses schiff zunächst einmal nicht im rahmen der operation „sophia“, sondern im rahmen der operation „triton“ bzw. „frontex“. zwischen „sophia“ und der operation „frontex“, an der norwegen sich beteiligt hat, bestanden signifikante unterschiede hinsichtlich auftrag (bekämpfung von schleuserkriminalität und waffenschmuggel einerseits, grenzsicherung andererseits) und führung (militärisch/zivil). des weiteren besagt die (etwaige fehl-)einschätzung eines anderen staates bezüglich der frage der offenlegung von positionsdaten nichts für die vom bmvg zu treffenden prognoseentscheidung und bindet dieses nicht. im übrigen – träfe die behauptung des klägers zur vergleichbarkeit der aufträge des tenders „rhein“ und der „siem pilot“ zu – würden mit der beantwortung der streitgegenständlichen frage bereits die zweiten „verwandten“ positionsdaten offengelegt, was wiederum die vom bmvg befürchtete erstellung von bewegungsprofilen „näher rücken“ ließe. 63angesichts des umstandes, dass die ausgelaufene operation „sophia“ von der - zunächst bis zum 30. april 2022 laufenden – operation „irini“ abgelöst worden ist, ist auch plausibel, dass die geheimhaltungsbedürftigkeit fortbesteht. insofern hat das bmvg plausibel ausgeführt, die geheimhaltungsbedürftigkeit der technischen fähigkeiten eines schiffes der deutschen marine bestehe auch nach dem ende eines konkreten einsatzes fort. das gleiche gelte für umstände, die rückschlüsse auf einzelne, in einem konkreten einsatz angewandte verfahren zuließen, sofern die taktischen vorgaben der konkreten operation in bezug auf taktische vorgaben zukünftiger operationen universellen charakter besäßen. die bei einer mission gewonnenen daten würden nämlich regelmäßig im rahmen der einsatzauswertung analysiert und in bezug auf ihre verwendung in vorschriften und ständigen vorgaben für vergleichbare zukünftige operationen verwendet. zwar hatte die operation „sophia“ den auftrag zur bekämpfung des menschenschmuggels und der menschenhandelsnetze, der bekämpfung von schleusern und deren infrastruktur im südlichen und zentralen mittelmeer, der unterbindung des waffenschmuggels, zur lagebildgewinnung über den ölschmuggel sowie den aufbau einer wirksamen libyschen küstenwache, während die operation „irini“ zwar grundsätzlich die gleichen aufgaben wie „sophia“, jedoch mit unterschiedlichen prioritäten hat. die kernaufgabe von „irini“ ist die umsetzung des waffenembargos gegen libyen. zu ihren sekundären aufgaben gehört jedoch auch die unterbrechung des menschenhandels, die ausbildung der libyschen küstenwache sowie der libyschen marine und die informationsgewinnung über illegale exporte von benzin aus libyen. 64damit sind die schnittmengen so groß, dass beide operationen vergleichbar sind. 65des weiteren ist auch hinreichend dargelegt, dass die auswärtigen beziehungen der bundesrepublik deutschland durch eine preisgabe derartiger informationen, durch die sich die beklagte als nicht in der lage erwiese, aus militärischen gründen geheimhaltungsbedürftige vorgänge vor einer offenbarung gegenüber jedermann wirkungsvoll zu schützen, gefährdet wären bzw. dass die offenlegung zu negativen auswirkungen auf das vertrauen der eu-partner in die bundesrepublik deutschland führen würde. auch erscheint die befürchtung nicht fernliegend, dass die beklagte künftig von dem erforderlichen zugang zu sensiblen informationen abgeschnitten werden könnte. 66bei der beurteilung der frage, ob auswärtige beziehungen gefährdet sind, müssen dieselben maßstäbe gelten, wie sie bei der prüfung des – ebenfalls einschlägigen – versagungsgrundes des § 3 nr. 1. lit. a) ifg gelten. 67nach dieser vorschrift besteht der anspruch auf informationszugang nicht, wenn das bekanntwerden der information nachteilige auswirkungen auf internationale beziehungen haben kann. 68der ausschlussgrund des § 3 nr. 1 lit. a) ifg schützt die auswärtigen belange der bundesrepublik deutschland und das diplomatische vertrauensverhältnis zu ausländischen staaten sowie zu zwischen- und überstaatlichen organisationen, etwa der europäischen union oder den vereinten nationen. zu den internationalen beziehungen gehören die beziehungen der bundesrepublik deutschland zu einem anderen ausländischen staat. für die regelung dieser auswärtigen beziehungen räumt das grundgesetz der bundesregierung einen grundsätzlich weit bemessenen spielraum eigener gestaltung ein. innerhalb dieses spielraums bestimmt die bundesregierung die außenpolitischen ziele und die zu ihrer erreichung verfolgte strategie. welche ziele die bundesregierung mit hilfe welcher strategie verfolgen will, entzieht sich mangels hierfür bestehender rechtlicher kriterien weithin einer gerichtlichen kontrolle. ob ein nachteil für die beziehungen der bundesrepublik deutschland zu einem auswärtigen staat eintreten kann, hängt wiederum davon ab, welche außenpolitischen ziele die bundesrepublik deutschland im verhältnis zu diesem staat verfolgt. nur mit blick auf diese ziele und die insoweit verfolgte außenpolitische strategie kann die frage beantwortet werden, ob sich die bekanntgabe von informationen auf die auswärtigen belange nachteilig auswirken kann. nachteil ist, was den außenpolitischen zielen und der zu ihrer erreichung verfolgten außenpolitischen strategie abträglich ist. wann eine auswirkung auf die beziehungen zu einem ausländischen staat ein solches gewicht hat, dass sie in diesem sinne als nachteil anzusehen ist, hängt ebenfalls von der einschätzung der bundesregierung ab. nur die bundesregierung kann bestimmen, ob eine von ihr erwartete oder befürchtete einwirkung auf die auswärtigen beziehungen mit blick auf die insoweit verfolgten ziele hingenommen werden kann oder vermieden werden soll, 69bverwg, urteil vom 29. oktober 2009 – 7 c 22.08 -, juris rdn. 14ff., unter verweis auf bundesverfassungsgericht (bverfg), urteil vom 7. mai 2008 - 2 bve 1/03 -. 70nach § 3 nr. 1 lit. a) ifg ist der anspruch auf informationszugang ausgeschlossen, wenn das bekanntwerden der information diese nachteiligen auswirkungen haben „kann“. was den grad der gewissheit anlangt, lässt die vorschrift damit die möglichkeit nachteiliger auswirkungen ausreichen. eher fernliegende befürchtungen scheiden hingegen aus, 71bverwg, a.a.o., rdn 19 ff.. 72die beeinträchtigung muss von einem gewissen gewicht sein, was aus dem gebot der engen auslegung der ausnahmetatbestände folgt, 73bverwg, urteile vom 15. november 2012 – 7 c 1.12 -, juris rdn. 39 und vom 27. november 2014 – 7 c 12.13 -, juris, rdn. 24. 74kritisch dazu: schoch, § 3 rdn. 18, der aber i.e. auch der meinung ist, dem begriff der „nachteiligen auswirkungen“ sei eine gewisse erheblichkeit immanent. 75der mögliche eintritt von nachteilen für die internationalen beziehungen kann nur gegenstand einer plausiblen und nachvollziehbaren prognose sein, die ihrerseits nur in engen grenzen verwaltungsgerichtlich überprüfbar ist. ob und wie sich das bekanntwerden von informationen auf die außenpolitischen ziele auswirkt, hängt von auf die zukunft bezogenen beurteilungen ab, die notwendig mit einem gewissen maß an unsicherheit verbunden sind. das gericht kann insoweit nur nachprüfen, ob die behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten sachverhalt ausgegangen ist, ihre prognose einleuchtend begründet hat und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche einschätzung getroffen hat. 76wie bereits oben in anderem zusammenhang ausgeführt, hängt die frage, ob die bekanntgabe einer information sich auf die internationalen beziehungen nachteilig auswirken kann, nicht von der person des konkreten antragstellers und seinen ansichten ab. maßgeblich ist vielmehr, ob das bekanntwerden der information objektiv, also beispielsweise erst in der hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auf die internationalen beziehungen auszuwirken. dafür sind alle in betracht kommenden möglichkeiten zu berücksichtigen, die einmal aus der hand gegebenen informationen zu nutzen. die informationspflichtige stelle kann nur für alle anträge einheitlich beurteilen, ob ein ablehnungsgrund im sinne des § 3 ifg vorliegt. sie darf deshalb bei dem ersten gestellten antrag die möglichen auswirkungen einer freigabe der information umfassend in betracht ziehen. 77besteht der mögliche nachteil für die internationalen beziehungen in der erwarteten oder befürchteten reaktion eines auswärtigen staates auf das bekanntwerden einer information, geht es wiederum um einschätzungen und erwartungen, deren tatsächliche grundlage sich regelmäßig einer gerichtlichen beweisaufnahme entzieht. ob ein auswärtiger staat das bekanntwerden einer information gelassen hinnehmen oder hierauf verstimmt reagieren wird, kann auch die bundesregierung regelmäßig nicht auf der grundlage einzelner konkreter tatsachen prognostizieren und belegen. dasselbe gilt für die erwartung oder befürchtung, der auswärtige staat werde es der bundesregierung als unfreundliches verhalten anlasten, wenn sie zwar an sich sachliche informationen gegeben hat, diese aber in der öffentlichkeit, namentlich in der presse zu berichten und behauptungen verwendet werden, die einen auswärtigen staat in ein schlechtes licht rücken. der einschätzung der bundesregierung wird in solchen fällen eine unbestimmte vielzahl nicht benannter und benennbarer einzeleindrücke und -beobachtungen zugrunde liegen, die sie im diplomatischen verkehr mit dem auswärtigen staat in der zurückliegenden zeit gewonnen hat. würde von der behörde verlangt, sie müsse wenigstens beispielhaft einzelne vorgänge oder beobachtungen benennen, welche ihre einschätzung stützen könnten, gewönnen diese einzelumstände in ihrer isolation nachträglich eine bedeutung, die ihnen in wahrheit nicht zukommt. insoweit ist es möglich und nicht zu beanstanden, dass die prognose ihrerseits nur wieder auf andere einschätzungen zurückgeführt werden kann, die die bundesregierung kraft ihrer erfahrung im umgang mit auswärtigen staaten gewonnen hat. es kann deshalb letztlich an einer im strengen sinne beweisbaren grundlage für ihre prognose fehlen, ohne dass diese dadurch fehlerhaft würde. 78das gericht muss nachprüfen, ob der versagungsgrund auch im zeitpunkt seiner entscheidung der begehrten erteilung von auskünften (noch) entgegensteht, 79bverwg, urteil vom 29. oktober 2009, rdn. 20ff. 80wie dargelegt hat das bmvg ausgeführt, dass die offenlegung der positionsdaten zu verstimmungen mit den eu-partnern führen könnte. 81diese erwägungen halten sich gemessen an den oben dargelegten anforderungen in dem weitgesteckten und gerichtlich nicht nachprüfbaren spielraum außenpolitischer gestaltung. 82damit sind – auch - die voraussetzungen des versagungsgrundes des § 3 nr. 1 lit. a) ifg auch heute noch gegeben. 83hiernach kann dahinstehen, ob zusätzlich der versagungsgrund des § 3 nr. 1 lit. b) ifg (militärische und sonstige sicherheitsempfindliche belange der bundeswehr) ein-schlägig ist. 84die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 85die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 satz 1, abs. 2 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zpo. 86anlass, die berufung zuzulassen, bestand nicht, § 124a abs. 1 vwgo. 87rechtsmittelbelehrung 88gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 89901. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 912. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 923. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 934. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 945. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 95die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem verwaltungsgericht köln, appellhofplatz, 50667 köln, schriftlich zu beantragen. der antrag auf zulassung der berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 96statt in schriftform kann die einlegung des antrags auf zulassung der berufung auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv) erfolgen. 97die gründe, aus denen die berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils darzulegen. die begründung ist schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist. 98vor dem oberverwaltungsgericht und bei prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. als prozessbevollmächtigte sind rechtsanwälte oder rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts auch eigene beschäftigte oder beschäftigte anderer behörden oder juristischer personen des öffentlichen rechts mit befähigung zum richteramt zugelassen. darüber hinaus sind die in § 67 abs. 4 der verwaltungsgerichtsordnung im übrigen bezeichneten ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. 99die antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung eines elektronischen dokuments bedarf es keiner abschriften. 100ferner ergeht ohne mitwirkung der ehrenamtlichen richterinnen der 101beschluss 102der wert des streitgegenstandes wird auf 1035.000,-- € 104festgesetzt. 105gründe 106der festgesetzte streitwert entspricht dem gesetzlichen auffangstreitwert (§ 52 abs. 2 gkg). 107rechtsmittelbelehrung 108gegen diesen beschluss kann schriftlich oder zu protokoll des urkundsbeamten der geschäftsstelle, beschwerde bei dem verwaltungsgericht köln, appellhofplatz, 50667 köln eingelegt werden. 109statt in schriftform kann die einlegung der beschwerde auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv) erfolgen. 110die beschwerde ist innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 111die beschwerde ist nur zulässig, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 ,-- € übersteigt. 112die beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung eines elektronischen dokuments bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
168,295
12 K 3033/14 F
"2015-01-29T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Feststellung des Veräußerungsgewinns gegenüber dem Kläger i. H. v. X EUR durch Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 15. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 87 v. H. und der Kläger zu 13 v. H. Die außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu 1. sind zu 13 v. H. erstattungsfähig und vom Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu 2. sind nicht erstattungsfähig. Die Revision wird zugelassen. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1 Tatbestand: 2Der Kläger war zu 18,38 % an der zum Verfahren beigeladenen T GbR (GbR, Beigeladene zu 1), einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Niederlassungen in O, S und A, beteiligt. Die Niederlassung A wurde vom Kläger geführt. 3Die GbR ermittelte ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich; im Jahr 2006 wechselte sie zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, wobei zwischen den Beteiligten strittig ist, ob der Wechsel bereits zum 1. Januar oder erst nach Ausscheiden des Klägers erfolgte. 4Der Kläger schied gemäß Vereinbarung vom 7. April / 20. April 2006 zum 31. Mai 2006 aus der GbR aus. Die GbR wurde von den verbliebenen fünf Gesellschaftern fortgeführt. Im Jahr 2005 schieden zwei Gesellschafter aus der GbR aus; nach 2006 schied der Beigeladene zu 2 aus der GbR aus. 5Das Ausscheiden des Klägers sollte gegen Sachwertabfindung steuerneutral gemäß § 6 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgen. Der dem Kläger zustehende Abfindungsanspruch wurde auf X EUR berechnet; wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 15. August 2014 (Eingang beim Finanzgericht) Bezug genommen. 6Der Kläger übernahm mit seinem Ausscheiden sämtliche Aktiva, Passiva sowie den Kundenstamm der von ihm geführten Niederlassung A. Der Kundenstamm wurde von den Gesellschaftern und dem Kläger nach Verhandlungen mit X EUR angesetzt. 7Nach einer am 07. November 2007 erstellten Abrechnung zum 31. Mai 2006 ergab sich unter Berücksichtigung des Abfindungsanspruchs sowie der übernommenen Aktiva und Passiva der Niederlassung A sowie des Kundenstamms mit dem Ausscheiden des Klägers eine Ausgleichsverbindlichkeit des Klägers i. H. v. X EUR; auf die Abrechnung (Anlagenhefter zum Schriftsatz des Bekl. vom 15. August 2014, Bl. 84 GA) wird insoweit wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. 8Wegen der Einzelheiten zur Auseinandersetzungsvereinbarung wird auf die Vereinbarung vom 7. April/20. April 2006 sowie den Inhalt des Gesellschaftsvertrags 2002 Bezug genommen. 9In 2009 wurde bei der GbR durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung O eine Betriebsprüfung durchgeführt, deren Ergebnisse im Bericht vom 27. Oktober 2009 zusammengefasst sind. 10Die Prüfer waren der Auffassung, dass der Kläger gegen Sachwertabfindung ausgeschieden sei und dass dabei ein steuerpflichtiger Aufgabegewinn entstanden sei. 11Da die GbR nach dem Ausscheiden des Klägers fortgeführt worden sei und der Abfindungsanspruch des Klägers durch Übertragung eines Teilbetriebs (Niederlassung A) erfüllt worden sei, liege weder eine Realteilung (§ 16 Abs. 3 EStG) vor, noch könne § 6 Abs. 5 EStG angewendet werden. Die Betriebsprüfer gingen von einem nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn i. S. v. § 16 EStG i.H.v. X EUR aus. 12Zudem gingen die Prüfer von einem Übergangsgewinn wegen des Wechsels von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich zum 31. Mai 2006 aus. 13Für 2005 nahmen die Prüfer weitere, nicht im Streit stehende Gewinnkorrekturen vor. 14Mit geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden stellte der Beklagte für 2005 Einkünfte aus selbständiger Arbeit der GbR i. H. v. X EUR und für den Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. H. v. X EUR fest. Für 2006 stellte der Beklagte Einkünfte aus selbständiger Arbeit der GbR i. H. v.X EUR und für den Kläger einen Anteil am Gesamtgewinn i. H. v. X EUR sowie die darin enthaltenen laufenden Einkünften i. H. v. X EUR und einen Veräußerungsgewinn i. H. v. X EUR fest. 15Der Einspruch des Klägers gegen die Änderungsbescheide wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. September 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die Gesellschafter der GbR waren zum Einspruchsverfahren hinzugezogen worden. 16Die Einspruchsentscheidung wurde an den Kläger gemäß Absendevermerk am 16. September 2011 (Freitag) abgesandt. 17Die dagegen gerichtete Klage wurde beim Beklagten am 20. Oktober 2011 angebracht. Mit der Klagebegründung machte der Kläger geltend, die Einspruchsentscheidung erst am 20. Oktober 2011 erhalten zu haben. Im Erörterungstermin am 4. September 2014 hat der Kläger geltend gemacht, die Einspruchsentscheidung am 20. September 2011 erhalten zu haben. Die Datumsangabe in der Klageschrift sei Folge eines Schreibfehlers. Er könne den Briefumschlag zur Einspruchsentscheidung sowie das Posteingangsbuch vorlegen. 18Das Klagebegehren zielte nach der Klageschrift auf eine Minderung des Gewinnanteils X um X EUR. Beim Gewinnfeststellungsbescheid 2006 wendete sich der Kläger gegen die Feststellung des Veräußerungsgewinns i. H. v. X EUR. 19Mit nach Ablauf der Klagefrist eingegangenen Schriftsätzen erweiterte der Kläger sein Klagebegehren für 2005 und 2006 jeweils hinsichtlich der Feststellung seines Anteils am laufenden Gewinn. 20Der Senat hat die Klage betreffend das Jahr 2006 durch Beschluss vom 08. September 2014 (Bl. 1 GA) vom Verfahren 12 K 3833/11 F (Gewinnfeststellung 2005) abgetrennt. 21Für 2006 machte der Kläger zuletzt geltend, sein Anteil am laufenden Gewinn 2006 sei unzutreffend festgestellt worden. Die im Rahmen der Betriebsprüfung erfolgte Erhöhung des Gewinns der GbR um X EUR sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei der Gewinn aus dem Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Ermittlung durch Betriebsvermögensvergleich unzutreffend ermittelt worden. Wegen Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 11. Juni 2012 und 24. August 2012 Bezug genommen. 22Mit seinem Ausscheiden aus der GbR sei kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstanden. Nach dem Erlass der Senatsverwaltung Berlin vom 28. Dezember 2009 sei von einer steuerneutralen Sachwertabfindung auszugehen, da die übernommenen Wirtschaftsgüter in der Einzelpraxis fortgeführt würden, so dass eine spätere Besteuerung der stillen Reserven gesichert sei. 23Der Kläger hat keinen bezifferten Antrag gestellt. 24Der Beklagte beantragt, 25die Klage abzuweisen. 26Mit Übernahme der Niederlassung A sei dem Kläger ein Teilbetrieb übertragen worden. Ein Teilbetrieb liege bei einer abgeschlossenen mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Organisationseinheit vor, mit deren Hilfe von der übrigen freiberuflichen Tätigkeit abgrenzbare freiberufliche Leistungen am Markt angeboten und erbracht werden (BFH BStBl. II 1990, 373; 1994, 373; 1994, 352; 1995, 403; 1996, 409). Eine Personengesellschaft könne mehrere Teilbetriebe unterhalten. Die Abgrenzung zu einem unselbständigen Betriebsteil könne sich aus sachlichen oder örtlichen Gesichtspunkten nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ergeben. Für das Vorliegen eines Teilbetriebs sprächen folgende Umstände: 2728für die Niederlassung A sei eine Mandantenstamm mit einem Wert von X EUR festgestellt worden, was für einen abgrenzbaren Kundenkreis spreche; 29neben dem Mandantenstamm sei das vollständige Anlagevermögen und Personal der Niederlassung vom Kläger übernommen worden; die Beendigung des Mietvertrags sei insoweit ohne Bedeutung; 30die Telefonnummern der Niederlassung seien vom Kläger übernommen worden; 31die Niederlassung A sei räumlich und organisatorisch von den Niederlassungen O und S getrennt; 32die Niederlassung sei vom Kläger ab dem 01. Juni 2006 als Einzelpraxis fortgeführt worden. 33Die Beigeladene zu 1. beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Der Beigeladene zu 2. hat keinen Antrag gestellt. 36Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie den Inhalt der beigezogenen Steuerakten Bezug genommen. 37Der Berichterstatter hat die GbR sowie den zwischenzeitlich aus der GbR ausgeschiedenen Gesellschafter E durch Beschlüsse vom 19. September 2014 zum Verfahren notwendig beigeladen. 38Der Berichterstatter hat die Sache am 04. September 2014 (Bl. 102 ff. 12 K 3833/11 F) mit dem Kläger und dem Beklagten erörtert. Der Senat hat in der Sache am 29. Januar 2015 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen. 39Entscheidungsgründe: 4041I. Zulässigkeit der Klage 42Die Klage ist überwiegend zulässig. 431. Die Klage wurde innerhalb der Klagefrist erhoben. 44Die Einspruchsentscheidung wurde gemäß Absendevermerk am 16. September 2011 (Freitag) zur Post gegeben, so dass nach der sog. Dreitagesfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) von einer Bekanntgabe am 19. September 2011 auszugehen wäre. Die Klagefrist wäre danach am 19. Oktober 2011 abgelaufen und die Klage um einen Tag verspätet beim Beklagten angebracht worden. Nach den - zwischen den Beteiligten unstrittigen - Feststellungen des Senats wurde die Einspruchsentscheidung allerdings tatsächlich erst am 20. September 2011 bekannt gegeben, so dass die Klagefrist im Ergebnis gewahrt wurde. 45Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zeitpunkt des Zugangs zu beweisen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass bereits jedes beliebige Bestreiten des Zugangszeitpunktes die Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO außer Kraft setzt. Dies gilt vielmehr nur dann, wenn der Empfänger substantiiert Tatsachen vorträgt, die schlüssig auf den verspäteten Zugang hindeuten und damit Zweifel an der Zugangsvermutung begründen (BFH-Beschlüsse vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389; vom 16. Mai 2007 V B 169/06, BFH/NV 2007, 1454 m. w. N.). 46Der Kläger hat im Erörterungstermin zum einen nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der Datumsangabe in der Klageschrift um einen Schreibfehler handelte. Zum anderen hat er erläutert, die Einspruchsentscheidung erst am 20. September 2011 erhalten zu haben und wegen des Bekanntgabezeitpunktes noch mit einem Kollegen über die von ihm zu treffenden Beweisvorkehrungen gesprochen zu haben. Die Zeitangabe deckt sich mit dem Eintrag im Posteingangsbuch sowie dem Posteingangsstempel auf der dem Kläger übermittelten Einspruchsentscheidung. Der Vortrag des Klägers wurde vom Beklagten im Erörterungstermin nicht zuletzt wegen der Erfahrungen des Beklagtenvertreters zu den Postlaufzeiten in der Praxis des Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Eine Postlaufzeit von vier Tagen stellt auch nach den Erfahrungen des Senats keine ungewöhnlich lange Postlaufzeit dar. 47Da der tatsächliche Bekanntgabezeitpunkt unstrittig einen Tag nach Ablauf der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO lag, ist es unschädlich, dass der Kläger den Briefumschlag zur Einspruchsentscheidung nicht aufbewahrt und vorlegt hat. Soweit eine derartige Obliegenheit zur Beweisvorsorge in der Rechtsprechung des BFH gefordert wurde, betrifft dies Fälle –soweit ersichtlich—Fälle mit einer ungewöhnlich langen Postlaufzeit (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Mai 2007 V B 169/06, BFH/NV 2007, 1454 (14 Tage). 48Mit dem Eingang der Klage beim Beklagten am 20. Oktober 2011 wurde die Klage dort rechtzeitig angebracht i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 FGO. Für die Fristwahrung ist allein der rechtzeitige Eingang beim Finanzamt maßgebend. 492. Die Erweiterung der Klage auf die Feststellung des Anteils des Klägers am laufenden Gewinn war hingegen nicht zulässig, da sie erst nach Ablauf der Klagefrist erfolgte. 50Im Zeitpunkt der Klageerhebung wandte sich der Kläger ausschließlich gegen die Feststellung des Veräußerungsgewinns i. H. v. X EUR. Der Klagegegenstand entsprach dem Einspruchsgegenstand. Mit Schriftsätzen vom 22. Februar 2012 (Bl. 25 GA) und vom 11. Juni 2012, Bl. 53 GA) machte der Kläger erstmals eine Herabsetzung des für ihn festgestellten Anteils am laufenden Gewinn geltend. 51Die Klageschrift kann nicht dahin ausgelegt werden, dass neben Feststellung des Veräußerungsgewinns auch weitere Feststellungen –namentlich die Feststellung des Gewinnanteils des Klägers am laufenden Gewinn der Gesamthand – angegriffen werden sollten. Die Erweiterung auf den laufenden Gewinn erfolgte erst nach Ablauf der am 20. Oktober 2011 abgelaufenen Klagefrist. Es handelt sich um eine unzulässige Erweiterung des Klagebegehrens (Klageänderung). 52Bei einer Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid führt jedes nachträglich gestellte Rechtsschutzbegehren, das nicht mit der Klage angegriffene Feststellungen betrifft, zu einer Klageänderung i.S. des § 67 FGO, die nur innerhalb der Klagefrist zulässig ist (vgl. im Einzelnen: BFH-Urteil vom 09. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764). 53Bei Gewinnfeststellungsbescheiden ist Streitgegenstand die einzeln festgestellte Besteuerungsgrundlage; dies gilt z.B. für Aussagen zur Qualifikation der Einkünfte, zum Vorliegen einer Mitunternehmerschaft, zur Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns, eines Veräußerungsgewinns oder eines Sondergewinns (vgl. BFH-Urteil vom 09. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764 m. w. N.). Insoweit stellen der vom Kläger angefochtene festgestellte Veräußerungsgewinn und der vom Kläger erst nach Ablauf der Klagefrist angefochtene Anteil am laufenden Gewinn einzeln anzufechtende Besteuerungsgrundlagen im Sinne dieser Rechtsprechung dar. 5455II. Begründetheit der Klage 561. Der zulässige Teil der Klage ist auch begründet. Die angefochtene Feststellung des Veräußerungsgewinns ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). 57Entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. ist beim Kläger mit seinem Ausscheiden aus der GbR kein zu versteuernder Veräußerungsgewinn entstanden. 58a. Nach § 18 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch die Gewinne, die bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erzielt werden 59Die Zahlung der dem Ausscheidenden nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Abfindung ist in diesem Zusammenhang als ein Entgelt anzusehen (BFH-Urteile vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786; vom 10. November 1988 IV R 70/86, BFH/NV 1990, 31; vom 28. Juli 1994 IV R 53/91, BFHE 175, 353, BStBl II 1995, 112, 114; vom 14. Dezember 1994 X R 128/92, BFHE 176, 515, BStBl II 1995, 465, 467; vom 12. Dezember 1996 IV R 77/93, BFHE 183, 379, BStBl II 1998, 180). 60Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft in der Weise aus, dass sein Gesellschaftsanteil allen verbleibenden Gesellschaftern anwächst, erlangt der Ausgeschiedene einen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft, der auf Geld gerichtet ist (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB). 61Im Streitfall erhielt der Kläger auf der Grundlage der Vereinbarung vom 7. April/20. April 2006 als Entgelt eine Sachwertabfindung in Gestalt der Niederlassung A mit sämtlichen Aktiva und Passiva sowie dem Kundenstamm. 62b. Das Ausscheiden des Klägers gegen Sachwertabfindung erfolgte steuerneutral entsprechend § 18 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG. 63Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschafsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Buchwerten anzusetzen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden (§ 18 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG). 64Umstritten ist, ob eine Realteilung in diesem Sinne erfordert, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit insgesamt einstellt (so die Auffassung der Finanzverwaltung, BMF-Schreiben vom 28.02.2006, Abschn. II, BStBl I 2006, 228; s. auch BMF-Schreiben vom 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279, Beispiel zu Tz. 17; ebenso Hörger in Littmann/Blitz/Pust, EStG, § 16 Rz. 197n; Musil, DB 2005, 1291; Schell, BB 2006, 1026; instruktiv zum Meinungsstand: FG Hamburg, Urteil vom 18. April 2012 3 K 89/12, EFG 2012, 1744, Rev. BFH III R 49/13). 65Teilweise wird im Schrifttum vertreten, dass Realteilungsgrundsätze grundsätzlich beim Ausscheiden eines Mitunternehmers gegen Gewährung von Sachwerten anwendbar seien, unabhängig davon, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst oder von den verbleibenden Mitunternehmern fortgeführt wird (so unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zur vorherigen Fassung des § 16 Abs. 3 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, BT-Drs. 14/23, S. 178, Kauffmann in Frotscher, EStG, § 16 Rz. 202b; Stahl in Korn, EStG, § 16 Rz. 171; Stuhrmann, DStR 2005, 1355). 66Nach einer vermittelnden Auffassung soll § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG bei einer Fortsetzung der Mitunternehmerschaft unter den übrigen Mitunternehmern nur bei Sachwertabfindungen mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen gelten, nicht hingegen bei einer Abfindung mit Einzelwirtschaftsgütern (FG Hamburg, Urteil vom 18. April 2012 3 K 89/12, EFG 2012, 1744, Rev. BFH III R 49/13; Wacker in Schmidt, EStG, 30. Aufl., § 16 Rz. 536 m. w. N.; Dietz, DStR 2009, 1352; Stuhrmann, DStR 2005, 1355; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 EStG Rz. 441; Rogall/Stangl, FR 2006, 345; Sonneborn, DStZ 2001, 579; für analoge Anwendung Reiß in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 16 Rz. 233). 67Teilweise wird vertreten, dass die Sachwertabfindung mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen von § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG erfasst werde (so Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Rz. 1446). 68Ferner wird eine „reziprok-analoge“ Anwendung von § 24 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) vorgeschlagen (so Hageböke, Ubg 2009, 105; Rogall, DStR 2005, 992; a. A. mangels planwidriger Regelungslücke Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KSt, § 24 UmwStG Rz. 83; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 24 Rz. 11). 69c. Der Senat schließt sich der vorgenannten vermittelnden Ansicht an. 70Gegen eine Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG spricht, dass - wie im Streitfall - neben den Aktiva auch Passiva vom Kläger übernommen wurden; bei der Mitübertragung von Verbindlichkeiten ist jedoch von einem entgeltlichen Geschäft auszugehen, so dass eine steuerneutrale Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 ausscheidet (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18. April 2012 3 K 89/12, EFG 2012, 1744, Rev. BFH III R 49/13; BMF-Schreiben vom 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279, Tz. 15; Kulosa in Schmidt, EStG, 30. Aufl., § 6 Rz. 696). Zudem kann gegen einen Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG angeführt werden, dass der Wortlaut auf die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern abzielt und nicht auf die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen bzw. betrieblichen Sachgesamtheiten (vgl. Ehmcke in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 6 EStG Rz. 1286). 71Die "reziprok-analoge" Anwendung des § 24 UmwStG erscheint wegen des dort eingeräumten Wahlrechts gegenüber der bei einer Realteilung zwingenden Buchwertfortführung nicht sachgerecht (ebenso FG Hamburg, Urteil vom 18. April 2012 3 K 89/12, EFG 2012, 1744, Rev. BFH III R 49/13). 72Für eine entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG spricht, dass eine unterschiedliche steuerliche Behandlung zweigliedriger und mehrgliedriger Personengesellschaften beim Ausscheiden eines Mitunternehmers bei Übernahme und Fortführung eines Teilbetriebs nicht gerechtfertigt ist. In beiden Fällen wird das unternehmerische Engagement fortgeführt und die Besteuerung der stillen Reserven ist sichergestellt. Als ausreichend für eine Anwendung der Realteilungsgrundsätze ist eine Teilaufgabe der Mitunternehmerschaft, die in anderer personeller Besetzung und nach Ausgliederung eines Teilbetriebs fortgesetzt wird, anzusehen (ebenso FG Hamburg, Urteil vom 18. April 2012 3 K 89/12, EFG 2012, 1744, Rev. BFH III R 49/13). 73d. Danach liegen die Voraussetzungen für eine Realteilung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vor, weil der Klägerin ein Teilbetrieb übertragen wurde und die Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist. 74Ein Teilbetrieb i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebes, der - für sich betrachtet - alle Merkmale eines Betriebes im Sinne des EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist. Maßgebend für die Annahme einer gewissen Selbständigkeit ist das Gesamtbild der Verhältnisse beim Veräußerer. Den Abgrenzungsmerkmalen - z. B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm - kommt je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches Gewicht zu. Eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung ist für die Annahme eines Teilbetriebs nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 04.07.2007 X R 44/03, BFH/NV 2007, 2093). 75Bei Dienstleistungsbetrieben ist in Abgrenzung zum Betriebsteil notwendig, dass eine organisatorische Trennung und eine örtlich abgrenzbare Zuständigkeit gegeben ist. Eine Teilpraxis eines Freiberuflers an einem entfernten Ort mit getrenntem Kundenkreis im Rahmen eines selbständigen Büros mit besonderem Personal ist danach regelmäßig als Teilbetrieb zu werten (vgl. BFH-Urteile vom 10. Oktober 1963 IV 198/62 S, BFHE 78, 303, BStBl III 1964, 120; vom 6. Dezember 1963 IV 268/63 U, BFHE 78, 346, BStBl III 1964, 135; vom 14. Mai 1970 IV 136/65, BFHE 99, 126, BStBl II 1970, 566; vom 26. Juni 1975 – VIII R 39/74 –, BFHE 116, 391, BStBl II 1975, 832). 76Die vom Kläger übernommene Niederlassung A mit ihren Aktiva und Passiva ist als Teilbetrieb in diesem Sinne zu qualifizieren. Insoweit bestand zwischen dem Kläger und Beklagten nach dem Erörterungstermin auch Einvernehmen. 77Die GbR war in drei selbständige Standorte aufgeteilt, wobei die in Rede stehende Niederlassung A von den beiden übrigen Standorten mit mehr als 200 km räumlich weit entfernt lag. Die Niederlassung A verfügte über eine eigenständige Büroorganisation, Büroeinrichtung und einen eigenständigen, von den beiden anderen Niederlassungen abgrenzbaren Kundestamm. Die von dem Kläger betreuten Mandate wurden in der Niederlassung A abgerechnet. Die Niederlassung A konnte vom Kläger nach seinem Ausscheiden aus der GbR als Einzelpraxis fortgeführt werden. 78e. Folge einer Realteilung ist, dass die Buchwerte der Wirtschaftsgüter des Teilbetriebes fortzuführen sind. Stille Reserven werden nicht aufgedeckt und ein Veräußer- rungs-/Aufgabegewinn fällt nicht an. 79Die Fortführung der in der steuerrechtlichen Stichtagsbilanz der Personengesellschaft angesetzten Buchwerte hat zur Folge, dass in den Fortführungsbilanzen der Realteiler die Kapitalkonten erfolgsneutral den Buchwerten der übernommenen Wirtschaftsgüter anzupassen - also auf- oder abzustocken - sind, soweit Differenzen bestehen. Die Kapitalkontenanpassung führt zu einer Verlagerung von stillen Reserven von einem Realteiler auf den anderen; diese Verlagerung wird hingenommen, da die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt bleibt (BFH-Urteil vom 18.05.1995 IV R 20/94, BFHE 178, 390, BStBl II 1996, 70; Musil, DB 2005, 1291; Schell, BB 2006, 1026; a. A. Buchwertanpassung: Richard/Engl, DStR 2002, 119). 80Sind allerdings die Verkehrswerte der übernommenen Wirtschaftsgüter höher oder niedriger als die Verkehrswerte der untergegangenen Gesellschaftsanteile und wird deshalb ein Wertausgleich aus dem Eigenvermögen eines Gesellschafters gezahlt (sog. Spitzenausgleich), so steht dies der gewinnneutralen Realteilung des Gesellschaftsvermögens nicht entgegen; allerdings entsteht hierdurch ein steuerpflichtiger, nicht nach § 16 Abs. 4, § 34 EStG begünstigter Gewinn (BFH-Urteil vom 01.12.1992 VIII R 57/90, BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607). 81Im Streitfall kann insoweit mit Blick auf den allein der gerichtlichen Prüfung unterliegenden Streitgegenstand (begünstigter Veräußerungsgewinn) dahin stehen, ob von einem Spitzenausgleich zu Gunsten des Klägers oder zu Lasten des Klägers hätte ergeben müssen. Nach der Abrechnung per 31. Mai 2006 (Stand: 07.11.2007) ergab sich eine Verbindlichkeit des Klägers i. H. v. X EUR, was der Kläger bestritten hat. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers ein Spitzenausgleich zu leisten gewesen wäre, beträfe ein solcher den laufenden Gewinn, der jedoch nicht Klagegegenstand ist (s. o). 8283III. 841. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Der Kläger ist mit seinem eine unzulässige Klageänderung betreffenden Begehren auf Änderung der Feststellung seines Anteils am laufenden Gewinn unterlegen. 852. Die Entscheidung zur Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen folgt aus § 139 Abs. 4 FGO. Der Beigeladene zu 2. hat im Unterschied zur Beigeladenen zu 1. keinen Sachantrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 29. Mai 2009 IV B 143/08, BFH/NV 2009, 1452). 863. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 874. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob bei einer Fortsetzung der Mitunternehmerschaft unter den übrigen Mitunternehmern im Falle einer Sachwertabfindungen durch einen Teilbetrieb Realteilungsgrundsätze (§ 18 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) Anwendung finden.
die feststellung des veräußerungsgewinns gegenüber dem kläger i. h. v. x eur durch bescheid zur gesonderten und einheitlichen feststellung der besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 15. april 2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 16. september 2011 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der beklagte zu 87 v. h. und der kläger zu 13 v. h. die außergerichtlichen aufwendungen der beigeladenen zu 1. sind zu 13 v. h. erstattungsfähig und vom kläger zu tragen. die außergerichtlichen aufwendungen des beigeladenen zu 2. sind nicht erstattungsfähig. die revision wird zugelassen. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte und die beigeladene zu 1. können die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des kostenerstattungsanspruchs des klägers abwenden, soweit nicht der kläger zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. 1
2der kläger war zu 18,38 % an der zum verfahren beigeladenen t gbr (gbr, beigeladene zu 1), einer steuerberatungs- und wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit niederlassungen in o, s und a, beteiligt. die niederlassung a wurde vom kläger geführt. 3die gbr ermittelte ihren gewinn durch betriebsvermögensvergleich; im jahr 2006 wechselte sie zur gewinnermittlung durch einnahmen-überschuss-rechnung nach § 4 abs. 3 estg, wobei zwischen den beteiligten strittig ist, ob der wechsel bereits zum 1. januar oder erst nach ausscheiden des klägers erfolgte. 4der kläger schied gemäß vereinbarung vom 7. april / 20. april 2006 zum 31. mai 2006 aus der gbr aus. die gbr wurde von den verbliebenen fünf gesellschaftern fortgeführt. im jahr 2005 schieden zwei gesellschafter aus der gbr aus; nach 2006 schied der beigeladene zu 2 aus der gbr aus. 5das ausscheiden des klägers sollte gegen sachwertabfindung steuerneutral gemäß § 6 abs. 5 einkommensteuergesetz (estg) erfolgen. der dem kläger zustehende abfindungsanspruch wurde auf x eur berechnet; wegen der einzelheiten der berechnung wird auf die anlage zum schriftsatz des beklagten vom 15. august 2014 (eingang beim finanzgericht) bezug genommen. 6der kläger übernahm mit seinem ausscheiden sämtliche aktiva, passiva sowie den kundenstamm der von ihm geführten niederlassung a. der kundenstamm wurde von den gesellschaftern und dem kläger nach verhandlungen mit x eur angesetzt. 7nach einer am 07. november 2007 erstellten abrechnung zum 31. mai 2006 ergab sich unter berücksichtigung des abfindungsanspruchs sowie der übernommenen aktiva und passiva der niederlassung a sowie des kundenstamms mit dem ausscheiden des klägers eine ausgleichsverbindlichkeit des klägers i. h. v. x eur; auf die abrechnung (anlagenhefter zum schriftsatz des bekl. vom 15. august 2014, bl. 84 ga) wird insoweit wegen der weiteren einzelheiten bezug genommen. 8wegen der einzelheiten zur auseinandersetzungsvereinbarung wird auf die vereinbarung vom 7. april/20. april 2006 sowie den inhalt des gesellschaftsvertrags 2002 bezug genommen. 9in 2009 wurde bei der gbr durch das finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung o eine betriebsprüfung durchgeführt, deren ergebnisse im bericht vom 27. oktober 2009 zusammengefasst sind. 10die prüfer waren der auffassung, dass der kläger gegen sachwertabfindung ausgeschieden sei und dass dabei ein steuerpflichtiger aufgabegewinn entstanden sei. 11da die gbr nach dem ausscheiden des klägers fortgeführt worden sei und der abfindungsanspruch des klägers durch übertragung eines teilbetriebs (niederlassung a) erfüllt worden sei, liege weder eine realteilung (§ 16 abs. 3 estg) vor, noch könne § 6 abs. 5 estg angewendet werden. die betriebsprüfer gingen von einem nach § 34 abs. 1 estg begünstigten veräußerungsgewinn i. s. v. § 16 estg i.h.v. x eur aus. 12zudem gingen die prüfer von einem übergangsgewinn wegen des wechsels von der einnahmen-überschuss-rechnung zur gewinnermittlung durch bestandsvergleich zum 31. mai 2006 aus. 13für 2005 nahmen die prüfer weitere, nicht im streit stehende gewinnkorrekturen vor. 14mit geänderten gewinnfeststellungsbescheiden stellte der beklagte für 2005 einkünfte aus selbständiger arbeit der gbr i. h. v. x eur und für den kläger einkünfte aus selbständiger arbeit i. h. v. x eur fest. für 2006 stellte der beklagte einkünfte aus selbständiger arbeit der gbr i. h. v.x eur und für den kläger einen anteil am gesamtgewinn i. h. v. x eur sowie die darin enthaltenen laufenden einkünften i. h. v. x eur und einen veräußerungsgewinn i. h. v. x eur fest. 15der einspruch des klägers gegen die änderungsbescheide wurde mit einspruchsentscheidung vom 16. september 2011 als unbegründet zurückgewiesen. die gesellschafter der gbr waren zum einspruchsverfahren hinzugezogen worden. 16die einspruchsentscheidung wurde an den kläger gemäß absendevermerk am 16. september 2011 (freitag) abgesandt. 17die dagegen gerichtete klage wurde beim beklagten am 20. oktober 2011 angebracht. mit der klagebegründung machte der kläger geltend, die einspruchsentscheidung erst am 20. oktober 2011 erhalten zu haben. im erörterungstermin am 4. september 2014 hat der kläger geltend gemacht, die einspruchsentscheidung am 20. september 2011 erhalten zu haben. die datumsangabe in der klageschrift sei folge eines schreibfehlers. er könne den briefumschlag zur einspruchsentscheidung sowie das posteingangsbuch vorlegen. 18das klagebegehren zielte nach der klageschrift auf eine minderung des gewinnanteils x um x eur. beim gewinnfeststellungsbescheid 2006 wendete sich der kläger gegen die feststellung des veräußerungsgewinns i. h. v. x eur. 19mit nach ablauf der klagefrist eingegangenen schriftsätzen erweiterte der kläger sein klagebegehren für 2005 und 2006 jeweils hinsichtlich der feststellung seines anteils am laufenden gewinn. 20der senat hat die klage betreffend das jahr 2006 durch beschluss vom 08. september 2014 (bl. 1 ga) vom verfahren 12 k 3833/11 f (gewinnfeststellung 2005) abgetrennt. 21für 2006 machte der kläger zuletzt geltend, sein anteil am laufenden gewinn 2006 sei unzutreffend festgestellt worden. die im rahmen der betriebsprüfung erfolgte erhöhung des gewinns der gbr um x eur sei nicht nachvollziehbar. im übrigen sei der gewinn aus dem übergang von der gewinnermittlung nach § 4 abs. 3 estg zur ermittlung durch betriebsvermögensvergleich unzutreffend ermittelt worden. wegen einzelheiten wird auf die schriftsätze des klägers vom 11. juni 2012 und 24. august 2012 bezug genommen. 22mit seinem ausscheiden aus der gbr sei kein steuerpflichtiger veräußerungsgewinn entstanden. nach dem erlass der senatsverwaltung berlin vom 28. dezember 2009 sei von einer steuerneutralen sachwertabfindung auszugehen, da die übernommenen wirtschaftsgüter in der einzelpraxis fortgeführt würden, so dass eine spätere besteuerung der stillen reserven gesichert sei. 23der kläger hat keinen bezifferten antrag gestellt. 24der beklagte beantragt, 25die klage abzuweisen. 26mit übernahme der niederlassung a sei dem kläger ein teilbetrieb übertragen worden. ein teilbetrieb liege bei einer abgeschlossenen mit einer gewissen selbständigkeit ausgestatteten organisationseinheit vor, mit deren hilfe von der übrigen freiberuflichen tätigkeit abgrenzbare freiberufliche leistungen am markt angeboten und erbracht werden (bfh bstbl. ii 1990, 373; 1994, 373; 1994, 352; 1995, 403; 1996, 409). eine personengesellschaft könne mehrere teilbetriebe unterhalten. die abgrenzung zu einem unselbständigen betriebsteil könne sich aus sachlichen oder örtlichen gesichtspunkten nach dem gesamtbild der verhältnisse ergeben. für das vorliegen eines teilbetriebs sprächen folgende umstände: 2728für die niederlassung a sei eine mandantenstamm mit einem wert von x eur festgestellt worden, was für einen abgrenzbaren kundenkreis spreche; 29neben dem mandantenstamm sei das vollständige anlagevermögen und personal der niederlassung vom kläger übernommen worden; die beendigung des mietvertrags sei insoweit ohne bedeutung; 30die telefonnummern der niederlassung seien vom kläger übernommen worden; 31die niederlassung a sei räumlich und organisatorisch von den niederlassungen o und s getrennt; 32die niederlassung sei vom kläger ab dem 01. juni 2006 als einzelpraxis fortgeführt worden. 33die beigeladene zu 1. beantragt, 34die klage abzuweisen. 35der beigeladene zu 2. hat keinen antrag gestellt. 36wegen der weiteren einzelheiten wird auf die gewechselten schriftsätze der beteiligten sowie den inhalt der beigezogenen steuerakten bezug genommen. 37der berichterstatter hat die gbr sowie den zwischenzeitlich aus der gbr ausgeschiedenen gesellschafter e durch beschlüsse vom 19. september 2014 zum verfahren notwendig beigeladen. 38der berichterstatter hat die sache am 04. september 2014 (bl. 102 ff. 12 k 3833/11 f) mit dem kläger und dem beklagten erörtert. der senat hat in der sache am 29. januar 2015 mündlich verhandelt. auf die sitzungsniederschriften wird bezug genommen. 39
4041i. zulässigkeit der klage 42die klage ist überwiegend zulässig. 431. die klage wurde innerhalb der klagefrist erhoben. 44die einspruchsentscheidung wurde gemäß absendevermerk am 16. september 2011 (freitag) zur post gegeben, so dass nach der sog. dreitagesfiktion des § 122 abs. 2 nr. 1 abgabenordnung (ao) von einer bekanntgabe am 19. september 2011 auszugehen wäre. die klagefrist wäre danach am 19. oktober 2011 abgelaufen und die klage um einen tag verspätet beim beklagten angebracht worden. nach den - zwischen den beteiligten unstrittigen - feststellungen des senats wurde die einspruchsentscheidung allerdings tatsächlich erst am 20. september 2011 bekannt gegeben, so dass die klagefrist im ergebnis gewahrt wurde. 45gemäß § 122 abs. 2 nr. 1 ao gilt ein schriftlicher verwaltungsakt am dritten tage nach der aufgabe zur post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren zeitpunkt zugegangen ist; im zweifel hat die behörde den zeitpunkt des zugangs zu beweisen. dies führt jedoch nicht dazu, dass bereits jedes beliebige bestreiten des zugangszeitpunktes die zugangsfiktion des § 122 abs. 2 nr. 1 ao außer kraft setzt. dies gilt vielmehr nur dann, wenn der empfänger substantiiert tatsachen vorträgt, die schlüssig auf den verspäteten zugang hindeuten und damit zweifel an der zugangsvermutung begründen (bfh-beschlüsse vom 30. november 2006 xi b 13/06, bfh/nv 2007, 389; vom 16. mai 2007 v b 169/06, bfh/nv 2007, 1454 m. w. n.). 46der kläger hat im erörterungstermin zum einen nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei der datumsangabe in der klageschrift um einen schreibfehler handelte. zum anderen hat er erläutert, die einspruchsentscheidung erst am 20. september 2011 erhalten zu haben und wegen des bekanntgabezeitpunktes noch mit einem kollegen über die von ihm zu treffenden beweisvorkehrungen gesprochen zu haben. die zeitangabe deckt sich mit dem eintrag im posteingangsbuch sowie dem posteingangsstempel auf der dem kläger übermittelten einspruchsentscheidung. der vortrag des klägers wurde vom beklagten im erörterungstermin nicht zuletzt wegen der erfahrungen des beklagtenvertreters zu den postlaufzeiten in der praxis des beklagten nicht in zweifel gezogen. eine postlaufzeit von vier tagen stellt auch nach den erfahrungen des senats keine ungewöhnlich lange postlaufzeit dar. 47da der tatsächliche bekanntgabezeitpunkt unstrittig einen tag nach ablauf der bekanntgabefiktion des § 122 abs. 2 nr. 1 ao lag, ist es unschädlich, dass der kläger den briefumschlag zur einspruchsentscheidung nicht aufbewahrt und vorlegt hat. soweit eine derartige obliegenheit zur beweisvorsorge in der rechtsprechung des bfh gefordert wurde, betrifft dies fälle –soweit ersichtlich—fälle mit einer ungewöhnlich langen postlaufzeit (vgl. bfh-beschluss vom 16. mai 2007 v b 169/06, bfh/nv 2007, 1454 (14 tage). 48mit dem eingang der klage beim beklagten am 20. oktober 2011 wurde die klage dort rechtzeitig angebracht i. s. v. § 47 abs. 2 satz 1 fgo. für die fristwahrung ist allein der rechtzeitige eingang beim finanzamt maßgebend. 492. die erweiterung der klage auf die feststellung des anteils des klägers am laufenden gewinn war hingegen nicht zulässig, da sie erst nach ablauf der klagefrist erfolgte. 50im zeitpunkt der klageerhebung wandte sich der kläger ausschließlich gegen die feststellung des veräußerungsgewinns i. h. v. x eur. der klagegegenstand entsprach dem einspruchsgegenstand. mit schriftsätzen vom 22. februar 2012 (bl. 25 ga) und vom 11. juni 2012, bl. 53 ga) machte der kläger erstmals eine herabsetzung des für ihn festgestellten anteils am laufenden gewinn geltend. 51die klageschrift kann nicht dahin ausgelegt werden, dass neben feststellung des veräußerungsgewinns auch weitere feststellungen –namentlich die feststellung des gewinnanteils des klägers am laufenden gewinn der gesamthand – angegriffen werden sollten. die erweiterung auf den laufenden gewinn erfolgte erst nach ablauf der am 20. oktober 2011 abgelaufenen klagefrist. es handelt sich um eine unzulässige erweiterung des klagebegehrens (klageänderung). 52bei einer klage gegen einen gewinnfeststellungsbescheid führt jedes nachträglich gestellte rechtsschutzbegehren, das nicht mit der klage angegriffene feststellungen betrifft, zu einer klageänderung i.s. des § 67 fgo, die nur innerhalb der klagefrist zulässig ist (vgl. im einzelnen: bfh-urteil vom 09. februar 2011 iv r 15/08, bfhe 233, 290, bstbl ii 2011, 764). 53bei gewinnfeststellungsbescheiden ist streitgegenstand die einzeln festgestellte besteuerungsgrundlage; dies gilt z.b. für aussagen zur qualifikation der einkünfte, zum vorliegen einer mitunternehmerschaft, zur höhe des gesamtgewinns, des laufenden gewinns, eines veräußerungsgewinns oder eines sondergewinns (vgl. bfh-urteil vom 09. februar 2011 iv r 15/08, bfhe 233, 290, bstbl ii 2011, 764 m. w. n.). insoweit stellen der vom kläger angefochtene festgestellte veräußerungsgewinn und der vom kläger erst nach ablauf der klagefrist angefochtene anteil am laufenden gewinn einzeln anzufechtende besteuerungsgrundlagen im sinne dieser rechtsprechung dar. 5455ii. begründetheit der klage 561. der zulässige teil der klage ist auch begründet. die angefochtene feststellung des veräußerungsgewinns ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo). 57entgegen der ansicht des beklagten und der beigeladenen zu 1. ist beim kläger mit seinem ausscheiden aus der gbr kein zu versteuernder veräußerungsgewinn entstanden. 58a. nach § 18 abs. 3 satz 2 i. v. m. § 16 abs. 1 satz 1 nr. 2 estg gehören zu den einkünften aus selbständiger arbeit auch die gewinne, die bei der veräußerung eines mitunternehmeranteils erzielt werden 59die zahlung der dem ausscheidenden nach dem gesellschaftsvertrag zustehenden abfindung ist in diesem zusammenhang als ein entgelt anzusehen (bfh-urteile vom 26. juli 1984 iv r 10/83, bfhe 141, 488, bstbl ii 1984, 786; vom 10. november 1988 iv r 70/86, bfh/nv 1990, 31; vom 28. juli 1994 iv r 53/91, bfhe 175, 353, bstbl ii 1995, 112, 114; vom 14. dezember 1994 x r 128/92, bfhe 176, 515, bstbl ii 1995, 465, 467; vom 12. dezember 1996 iv r 77/93, bfhe 183, 379, bstbl ii 1998, 180). 60scheidet ein gesellschafter aus einer personengesellschaft in der weise aus, dass sein gesellschaftsanteil allen verbleibenden gesellschaftern anwächst, erlangt der ausgeschiedene einen abfindungsanspruch gegen die gesellschaft, der auf geld gerichtet ist (§ 738 abs. 1 satz 2 bgb). 61im streitfall erhielt der kläger auf der grundlage der vereinbarung vom 7. april/20. april 2006 als entgelt eine sachwertabfindung in gestalt der niederlassung a mit sämtlichen aktiva und passiva sowie dem kundenstamm. 62b. das ausscheiden des klägers gegen sachwertabfindung erfolgte steuerneutral entsprechend § 18 abs. 3 satz 2 i. v. m. § 16 abs. 3 satz 2 estg. 63werden im zuge der realteilung einer mitunternehmerschaft teilbetriebe, mitunternehmeranteile oder einzelne wirtschafsgüter in das jeweilige betriebsvermögen der einzelnen mitunternehmer übertragen, so sind bei der ermittlung des gewinns der mitunternehmerschaft die wirtschaftsgüter mit den buchwerten anzusetzen, sofern die besteuerung der stillen reserven sichergestellt ist; der übernehmende mitunternehmer ist an diese werte gebunden (§ 18 abs. 3 satz 2 i. v. m. § 16 abs. 3 satz 2 estg). 64umstritten ist, ob eine realteilung in diesem sinne erfordert, dass die gesellschaft ihre tätigkeit insgesamt einstellt (so die auffassung der finanzverwaltung, bmf-schreiben vom 28.02.2006, abschn. ii, bstbl i 2006, 228; s. auch bmf-schreiben vom 08.12.2011, bstbl i 2011, 1279, beispiel zu tz. 17; ebenso hörger in littmann/blitz/pust, estg, § 16 rz. 197n; musil, db 2005, 1291; schell, bb 2006, 1026; instruktiv zum meinungsstand: fg hamburg, urteil vom 18. april 2012 3 k 89/12, efg 2012, 1744, rev. bfh iii r 49/13). 65teilweise wird im schrifttum vertreten, dass realteilungsgrundsätze grundsätzlich beim ausscheiden eines mitunternehmers gegen gewährung von sachwerten anwendbar seien, unabhängig davon, ob die mitunternehmerschaft aufgelöst oder von den verbleibenden mitunternehmern fortgeführt wird (so unter hinweis auf die gesetzesbegründung zur vorherigen fassung des § 16 abs. 3 estg durch das steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, bt-drs. 14/23, s. 178, kauffmann in frotscher, estg, § 16 rz. 202b; stahl in korn, estg, § 16 rz. 171; stuhrmann, dstr 2005, 1355). 66nach einer vermittelnden auffassung soll § 16 abs. 3 satz 2 estg bei einer fortsetzung der mitunternehmerschaft unter den übrigen mitunternehmern nur bei sachwertabfindungen mit teilbetrieben oder mitunternehmeranteilen gelten, nicht hingegen bei einer abfindung mit einzelwirtschaftsgütern (fg hamburg, urteil vom 18. april 2012 3 k 89/12, efg 2012, 1744, rev. bfh iii r 49/13; wacker in schmidt, estg, 30. aufl., § 16 rz. 536 m. w. n.; dietz, dstr 2009, 1352; stuhrmann, dstr 2005, 1355; kulosa in herrmann/heuer/raupach, estg/kstg, § 16 estg rz. 441; rogall/stangl, fr 2006, 345; sonneborn, dstz 2001, 579; für analoge anwendung reiß in kirchhof, estg, 10. aufl., § 16 rz. 233). 67teilweise wird vertreten, dass die sachwertabfindung mit teilbetrieben oder mitunternehmeranteilen von § 6 abs. 5 satz 3 nr. 1 estg erfasst werde (so niehus/wilke in herrmann/heuer/raupach, estg/kstg, § 6 estg rz. 1446). 68ferner wird eine „reziprok-analoge“ anwendung von § 24 umwandlungssteuergesetz (umwstg) vorgeschlagen (so hageböke, ubg 2009, 105; rogall, dstr 2005, 992; a. a. mangels planwidriger regelungslücke patt in dötsch/jost/pung/witt, kst, § 24 umwstg rz. 83; rasche in rödder/herlinghaus/van lishaut, umwstg, § 24 rz. 11). 69c. der senat schließt sich der vorgenannten vermittelnden ansicht an. 70gegen eine anwendung von § 6 abs. 5 satz 3 nr. 1 estg spricht, dass - wie im streitfall - neben den aktiva auch passiva vom kläger übernommen wurden; bei der mitübertragung von verbindlichkeiten ist jedoch von einem entgeltlichen geschäft auszugehen, so dass eine steuerneutrale übertragung nach § 6 abs. 5 satz 2 nr. 1 ausscheidet (vgl. fg hamburg, urteil vom 18. april 2012 3 k 89/12, efg 2012, 1744, rev. bfh iii r 49/13; bmf-schreiben vom 08.12.2011, bstbl i 2011, 1279, tz. 15; kulosa in schmidt, estg, 30. aufl., § 6 rz. 696). zudem kann gegen einen anwendung von § 6 abs. 5 satz 3 nr. 1 estg angeführt werden, dass der wortlaut auf die übertragung von einzelwirtschaftsgütern abzielt und nicht auf die übertragung von betrieben, teilbetrieben oder mitunternehmeranteilen bzw. betrieblichen sachgesamtheiten (vgl. ehmcke in blümich, estg/kstg/gewstg, § 6 estg rz. 1286). 71die "reziprok-analoge" anwendung des § 24 umwstg erscheint wegen des dort eingeräumten wahlrechts gegenüber der bei einer realteilung zwingenden buchwertfortführung nicht sachgerecht (ebenso fg hamburg, urteil vom 18. april 2012 3 k 89/12, efg 2012, 1744, rev. bfh iii r 49/13). 72für eine entsprechende anwendung des § 18 abs. 3 satz 2 i. v. m. § 16 abs. 3 satz 2 estg spricht, dass eine unterschiedliche steuerliche behandlung zweigliedriger und mehrgliedriger personengesellschaften beim ausscheiden eines mitunternehmers bei übernahme und fortführung eines teilbetriebs nicht gerechtfertigt ist. in beiden fällen wird das unternehmerische engagement fortgeführt und die besteuerung der stillen reserven ist sichergestellt. als ausreichend für eine anwendung der realteilungsgrundsätze ist eine teilaufgabe der mitunternehmerschaft, die in anderer personeller besetzung und nach ausgliederung eines teilbetriebs fortgesetzt wird, anzusehen (ebenso fg hamburg, urteil vom 18. april 2012 3 k 89/12, efg 2012, 1744, rev. bfh iii r 49/13). 73d. danach liegen die voraussetzungen für eine realteilung gemäß § 16 abs. 3 satz 2 estg vor, weil der klägerin ein teilbetrieb übertragen wurde und die besteuerung der stillen reserven gesichert ist. 74ein teilbetrieb i. s. des § 16 abs. 1 nr. 1 estg ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen selbständigkeit ausgestatteter teil eines gesamtbetriebes, der - für sich betrachtet - alle merkmale eines betriebes im sinne des estg aufweist und als solcher lebensfähig ist. maßgebend für die annahme einer gewissen selbständigkeit ist das gesamtbild der verhältnisse beim veräußerer. den abgrenzungsmerkmalen - z. b. räumliche trennung vom hauptbetrieb, gesonderte buchführung, eigenes personal, eigene verwaltung, selbständige organisation, eigenes anlagevermögen, ungleichartige betriebliche tätigkeit, eigener kundenstamm - kommt je nachdem, ob es sich um einen fertigungs-, handels- oder dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches gewicht zu. eine völlig selbständige organisation mit eigener buchführung ist für die annahme eines teilbetriebs nicht erforderlich (bfh-urteil vom 04.07.2007 x r 44/03, bfh/nv 2007, 2093). 75bei dienstleistungsbetrieben ist in abgrenzung zum betriebsteil notwendig, dass eine organisatorische trennung und eine örtlich abgrenzbare zuständigkeit gegeben ist. eine teilpraxis eines freiberuflers an einem entfernten ort mit getrenntem kundenkreis im rahmen eines selbständigen büros mit besonderem personal ist danach regelmäßig als teilbetrieb zu werten (vgl. bfh-urteile vom 10. oktober 1963 iv 198/62 s, bfhe 78, 303, bstbl iii 1964, 120; vom 6. dezember 1963 iv 268/63 u, bfhe 78, 346, bstbl iii 1964, 135; vom 14. mai 1970 iv 136/65, bfhe 99, 126, bstbl ii 1970, 566; vom 26. juni 1975 – viii r 39/74 –, bfhe 116, 391, bstbl ii 1975, 832). 76die vom kläger übernommene niederlassung a mit ihren aktiva und passiva ist als teilbetrieb in diesem sinne zu qualifizieren. insoweit bestand zwischen dem kläger und beklagten nach dem erörterungstermin auch einvernehmen. 77die gbr war in drei selbständige standorte aufgeteilt, wobei die in rede stehende niederlassung a von den beiden übrigen standorten mit mehr als 200 km räumlich weit entfernt lag. die niederlassung a verfügte über eine eigenständige büroorganisation, büroeinrichtung und einen eigenständigen, von den beiden anderen niederlassungen abgrenzbaren kundestamm. die von dem kläger betreuten mandate wurden in der niederlassung a abgerechnet. die niederlassung a konnte vom kläger nach seinem ausscheiden aus der gbr als einzelpraxis fortgeführt werden. 78e. folge einer realteilung ist, dass die buchwerte der wirtschaftsgüter des teilbetriebes fortzuführen sind. stille reserven werden nicht aufgedeckt und ein veräußer- rungs-/aufgabegewinn fällt nicht an. 79die fortführung der in der steuerrechtlichen stichtagsbilanz der personengesellschaft angesetzten buchwerte hat zur folge, dass in den fortführungsbilanzen der realteiler die kapitalkonten erfolgsneutral den buchwerten der übernommenen wirtschaftsgüter anzupassen - also auf- oder abzustocken - sind, soweit differenzen bestehen. die kapitalkontenanpassung führt zu einer verlagerung von stillen reserven von einem realteiler auf den anderen; diese verlagerung wird hingenommen, da die besteuerung der stillen reserven sichergestellt bleibt (bfh-urteil vom 18.05.1995 iv r 20/94, bfhe 178, 390, bstbl ii 1996, 70; musil, db 2005, 1291; schell, bb 2006, 1026; a. a. buchwertanpassung: richard/engl, dstr 2002, 119). 80sind allerdings die verkehrswerte der übernommenen wirtschaftsgüter höher oder niedriger als die verkehrswerte der untergegangenen gesellschaftsanteile und wird deshalb ein wertausgleich aus dem eigenvermögen eines gesellschafters gezahlt (sog. spitzenausgleich), so steht dies der gewinnneutralen realteilung des gesellschaftsvermögens nicht entgegen; allerdings entsteht hierdurch ein steuerpflichtiger, nicht nach § 16 abs. 4, § 34 estg begünstigter gewinn (bfh-urteil vom 01.12.1992 viii r 57/90, bfhe 170, 320, bstbl ii 1994, 607). 81im streitfall kann insoweit mit blick auf den allein der gerichtlichen prüfung unterliegenden streitgegenstand (begünstigter veräußerungsgewinn) dahin stehen, ob von einem spitzenausgleich zu gunsten des klägers oder zu lasten des klägers hätte ergeben müssen. nach der abrechnung per 31. mai 2006 (stand: 07.11.2007) ergab sich eine verbindlichkeit des klägers i. h. v. x eur, was der kläger bestritten hat. selbst wenn zu gunsten des klägers ein spitzenausgleich zu leisten gewesen wäre, beträfe ein solcher den laufenden gewinn, der jedoch nicht klagegegenstand ist (s. o). 8283iii. 841. die kostenentscheidung folgt aus § 136 abs. 1 fgo. der kläger ist mit seinem eine unzulässige klageänderung betreffenden begehren auf änderung der feststellung seines anteils am laufenden gewinn unterlegen. 852. die entscheidung zur erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen aufwendungen der beigeladenen folgt aus § 139 abs. 4 fgo. der beigeladene zu 2. hat im unterschied zur beigeladenen zu 1. keinen sachantrag gestellt oder das verfahren wesentlich gefördert (vgl. dazu bfh-beschluss vom 29. mai 2009 iv b 143/08, bfh/nv 2009, 1452). 863. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 874. die revision war nach § 115 abs. 2 nr. 1 fgo wegen grundsätzlicher bedeutung der frage zuzulassen, ob bei einer fortsetzung der mitunternehmerschaft unter den übrigen mitunternehmern im falle einer sachwertabfindungen durch einen teilbetrieb realteilungsgrundsätze (§ 18 abs. 3 satz 2 i. v. m. § 16 abs. 3 satz 2 estg) anwendung finden.
Klaeger*in
1
121,130
7 D 96/14.NE
"2016-09-28T00:00:00"
Urteil
Tenor Der Bebauungsplan Nr. 109 Q. der Stadt Q. in den Fassungen der Bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015 ist unwirksam. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldnerinnen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 109 Q. der Antragsgegnerin in den Fassungen der Bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015. 3Die Antragstellerin ist Kreisstadt des S. -F. -Kreises und direkte Nachbargemeinde der ebenfalls im S. -F. -Kreis liegenden Antragsgegnerin. 4Die Beigeladene betreibt sieben Einrichtungshäuser und mehrere Möbeldiscountmärkte in Süddeutschland. 5Das Plangebiet befindet sich am südöstlichen Rand der Kernstadt in Sichtbeziehung zur Bundesstraße B 59 (Ortsumgehung Q. ) und wird über die Landesstraße L 183 erschlossen. Im Norden wird das Plangebiet durch die DB-Strecke L. -N. begrenzt. Im Osten grenzen die gewerblich genutzten Flächen einer Spedition an das Plangebiet, im Nordwesten die Gelände des städtischen Bauhofes und der Feuerwehr Q. , die ihrerseits nördlich an die Kreisstraße 9 (K 9) grenzen. Westlich wird das Plangebiet durch die Kreisstraße 6 (K 6) begrenzt. Der Bebauungsplan setzt für das Plangebiet ein Sondergebiet Möbelhaus mit einer Gesamtverkaufsfläche von 43.000 m² und einem zentrenrelevanten Randsortiment von maximal 2.500 m² fest. Das Sondergebiet ist unterteilt in eine für das Parken (insgesamt 1.800 Stellplätze) und eine für das Möbelhaus vorgesehene Grundstücksfläche. Im südlichen Bereich setzt der Bebauungsplan Nr. 109 Q. 1301 in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.12.2015 jenseits der N1. -Q1. -Straße eine private Grünfläche fest. 6Die Antragsgegnerin verfolgt schon seit längerem das Ziel, ein Möbelhaus in dem streitgegenständlichen Planbereich anzusiedeln. Bereits mit Schreiben vom 10.3.2008 beantragte sie bei der Bezirksregierung L. die Änderung des Regionalplanes für den Regierungsbezirk L. , Teilabschnitt Region L. . Zur Begründung führte sie aus, planerische Absicht sei es, eine ca. 5 ha große Gewerbegebietsfläche zwischen der Bahnlinie, K 6 und B 59 zu einem Sondergebiet zur Ansiedlung eines Möbelhauses umzuplanen. Am 12.12.2008 beschloss der Regionalrat des Regierungsbezirks L. die 17. Planänderung des Regionalplanes. In der Vorlagebegründung (Drucksache Nr.: ) heißt es unter anderem: „Die mit der Regionalplanänderung verbundene Umwandlung von Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich (GIB) in Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) (ca. 5 ha) erreicht keine Größenordnung, die aus landesplanerischer Sicht die insgesamt in der Stadt bzw. im S. -F. -Kreis zur Verfügung stehenden industriellen Reserveflächen erheblich verkleinern würden.“ In der Planbegründung wird schließlich ausgeführt, dass Anlass der Regionalplanänderung die städtebaulichen Zielsetzungen der Stadt Q. für einen ca. 5 ha großen Bereich am südlichen Ortsrand von Q. seien. Aus der zeichnerischen Darstellung im Maßstab von 1:50.000 ergibt sich, dass ein GIB in einen ASB umgewandelt worden ist. Die 17. Änderung des Regionalplanes wurde am 24.7.2009 bekannt gemacht (GV. NRW., S. 428). 7Der Bebauungsplan Nr. 109 „Q. “, der noch eine Verkaufsfläche von 45.000 m² und ein zentrenrelevantes Randsortiment von maximal 4.500 m² festsetzte, wurde mit rechtskräftigen Senatsurteilen vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE - (BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221) und - 7 D 19/13.NE - (juris) für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin führte daraufhin ein ergänzendes Verfahren mit dem Ziel durch, die bauleitplanerischen Voraussetzungen für den Bau eines Möbelhauses mit maximal 43.000 m² Verkaufsfläche zu schaffen. Dieses Verfahren für den Bebauungsplan nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: 8Der Umwelt- und Planungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 25.2.2014 die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB durch Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans Nr. 109 Q. . Diese erfolgte - nach entsprechender Bekanntmachung des Termins im Amtsblatt des S. -F. -Kreises vom 26.2.2014 - durch Auslegung des Planentwurfes mit Umweltbericht und Begründung, Artenschutzprüfung, Einzelhandel-Verträglichkeitsanalysen vom 10./11.2.2014, einer Verkehrsuntersuchung sowie einer schalltechnischen Untersuchung in der Zeit vom 6.3.2014 bis einschließlich zum 7.4.2014 im Rathaus der Antragsgegnerin. In der Bekanntmachung werden die verfügbaren umweltbezogenen Informationen im Einzelnen aufgeführt. 9Daraufhin wandte die Antragstellerin mit Schreiben vom 7.4.2014 unter Bezugnahme auf ihre früheren Einwendungen im Wesentlichen ein, der streitgegenständliche Bebauungsplan gehe mit den Zielen der Raumordnung, insbesondere dem Regionalplan der Bezirksregierung L. , nicht konform. Es habe sich um eine vorhabenbezogene Änderung des Regionalplans zur Ansiedlung eines Möbelmarktes mit einer Verkaufsfläche von max. 20.000 m² gehandelt. Auch stelle der geänderte Regionalplan nur einen um 5 ha erweiterten ASB dar, demgegenüber werde für das Sondergebiet eine Gesamtfläche von ca. 8 ha in Anspruch genommen. Die neue Verträglichkeitsanalyse von T. leide an erheblichen Fehlern und Mängeln. Die Methodik sei zur Ermittlung der Bestandsumsätze im Untersuchungsraum unzureichend. Der Gutachter habe sich mit der zu erwartenden Flächenproduktivität des konkret geplanten Vorhabens der Firma T. nicht auseinandergesetzt. Die vor das Marktanteilskonzept gezogene Begründung des Gutachters, aufgrund der nicht vergleichbaren Standortrahmenbedingungen an den Bestandsstandorten die durch die Firma T. regelmäßig erzielten Umsätze und Flächenproduktivitäten nicht zu berücksichtigen und stattdessen auf deutschlandweite Kennwerte zum Marktanteil größerer Möbelhäuser zurückzugreifen, entspreche nicht der obergerichtlich geforderten realitätsnahen Betrachtung des worst-case. Die dokumentierte Umsatzstärke der Firma T. werde durch das Gutachten in Gänze ausgeblendet. Mit der Ansiedlung des geplanten Vorhabens sei eine empfindliche Störung ihrer städtebaulichen Entwicklung zu befürchten. K. und L1. hätten in ihrer städtebaulichen Wirkungsanalyse von Oktober 2012 bereits ausgeführt, dass der C. Standort von „Möbel I. “ künftig in seiner Existenz gefährdet sei. Auch komme es bei der Ansiedlung des Vorhabens zu einer massiven Verschärfung der Konkurrenzsituation mit raumbedeutsamen Umsatzverteilungen in zentrenrelevanten Branchen (z.B. die GPK Haushaltswaren 14 %, Leuchten 32 %). 10Die Antragsgegnerin holte in Vorbereitung der Beschlussfassung weitere gutachterliche Stellungnahmen der T. vom 30.4.2014 ein. 11Der Rat beschloss am 13.5.2014 den streitgegenständlichen Bebauungsplan Nr. 109 Q. mit Begründung als Satzung. Am 10.7.2014 unterzeichnete der Bürgermeister den Text der Bekanntmachung. Die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses des Bebauungsplanes im Amtsblatt des S. -F. -Kreises erfolgte am 14.7.2014. 12Am 11.8.2014 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt. 13Sie trägt im Wesentlichen vor: Der Normenkontrollantrag sei wegen einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes gemäß § 2 Abs. 2 BauGB und einer Verletzung des Abwägungsgebotes zulässig. Ein Umschlagen der absatzwirtschaftlichen negativen städtebaulichen Auswirkungen in ihren zentralen Versorgungsbereichen als Folge der Vorhabenrealisierung des Möbelhauses sei nicht auszuschließen. Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Der angefochtene Bebauungsplan sei unwirksam. Es fehle schon an der städtebaulichen Rechtfertigung. Zudem gehe der angefochtene Bebauungsplan mit den Zielen der Raumordnung, insbesondere dem Regionalplan für den Regierungsbezirk L. , nicht konform, weil die 17. Änderung des Regionalplans für den Regierungsbezirk L. unwirksam sei. Spätestens seit der Feststellung der mangelnden Zielqualität des § 24a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 LEPro sei dem planerischen Wirkungsverbund ein tragendes Element verloren gegangen. Selbst wenn die 17. Änderung des Regionalplans wirksam wäre, verstieße der angefochtene Bebauungsplan wegen der deutlichen Überschreitung des für die großflächigen Einzelhandelsbetriebe vorbehaltenen ASB (statt ca. 5 ha nun 8 ha) gegen die Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB. Der angefochtene Bebauungsplan leide darüber hinaus an einem schwerwiegenden Abwägungsfehler im Sinne der §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 2 BauGB. Das Gutachten von T. einschließlich seiner Ergänzungen berücksichtige nicht die zu erwartende Umsatzleistung des geplanten Möbelhauses. Das Gutachten nenne keine betreiberspezifischen Umsatzzahlen. Bei dem geplanten Möbelhaus handele es sich um einen so genannten „Giganten“, wie die Beigeladene sie bereits an den Standorten X. und Q2. betreibe. Nach brancheninternen Schätzungen erzielten diese Häuser Umsätze von über 300 Millionen Euro (X. ) bzw. von knapp unter 240 Millionen Euro (Q2. ), was - unter Berücksichtigung der Gesamtverkaufsfläche an diesen beiden Standorten von 90.000 m² - auf eine durchschnittliche betreiberspezifische Flächenproduktivität von bis zu 6.000 Euro/m² schließen lasse. Bei dem geplanten Vorhaben handele es sich um ein Möbelhaus mit vergleichbarer Größenordnung und ähnlichem Sortimentskonzept. Aufgrund der fehlenden Betreiberangaben sei das Büro K. und L1. für die Ermittlung der Flächenproduktivität am Standort des Vorhabens von der maximalen durchschnittlichen Flächenproduktivität an den umsatzstärksten Standorten der Beigeladenen von bis zu 5.500 Euro/m² ausgegangen. Dabei sei diese maximale durchschnittliche Flächenproduktivität nicht einfach auf den Standort des Vorhabens übertragen worden. Vielmehr seien die Standortbedingungen in X. und Q2. sowie in Q. unter Einbeziehung des Kaufkraftniveaus, der Bevölkerungsentwicklung und der Wettbewerbssituation in der jeweiligen Region in die Prognose einbezogen worden. In ihrem Gutachten von Mai 2014 seien K. und L1. zu dem Ergebnis gelangt, dass der maximal erzielbare realitätsnahe Umsatz eines T. Möbelhauses am Standort Q. ca. 30 % - 40 % unter den Umsätzen der umsatzstärksten T. Häuser liegen werde. Dies führe zu einer Flächenproduktivität für den Vorhabenstandort Q. von 3.300-3.900 Euro/m². Das Büro Stadt und Handel stelle dagegen auf die durchschnittliche Flächenproduktivität aller Möbelbetriebe der Firma T. ab. Dies entspreche nicht der gebotenen realitätsnahen Betrachtung. 14Am 16.12.2014 hat der Rat der Antragsgegnerin die gemäß § 13 BauGB durchgeführte vereinfachte Änderung 1301 des Bebauungsplans Nr. 109 Q. als Satzung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.12.2015 beschlossen. Gegenstand dieser Änderung ist die Erweiterung des Plangebietes nach Süden und dessen Vergrößerung auf insgesamt ca. 9 ha. Dies dient der Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Überbauung des Bodendenkmals durch ebenerdige Stellplätze und den Wegfall der bislang vorgesehenen Parkpalette. Südlich der N1. -Q1. -Straße wird ein ca. 5.964 m² großer Bereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. 69, der dort bislang ein Gewerbegebiet festsetzte, als private Grünfläche festgesetzt. Im Flächennutzungsplan wird diese Fläche als Gewerbegebiet dargestellt. Die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses des Bebauungsplans Nr. 109 Q. 1301 im Amtsblatt des S. ‑F1. erfolgte am 15.12.2015. 15Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 25.1.2016 den Änderungsplan zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht und trägt unter anderem vor: Der geänderte Bebauungsplan sei materiell unwirksam. Es liege ebenfalls ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB vor. Durch den Änderungsplan nehme die Überschreitung des ausgewiesenen ASB noch größere Ausmaße an. Zudem gehe mit der Veränderung der gesamten Stellplatzanlage eine höhere Attraktivität des Vorhabens einher. Dies führe zu einer höheren Akzeptanz mit der Folge, dass die Kundenfrequenz in noch stärkerem Maße steigen werde. Dieser Aspekt sei von der Antragsgegnerin ausgeblendet worden. 16Die Antragstellerin beantragt, 17festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 109 Q. der Stadt Q. in den Fassungen der Bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015 unwirksam ist. 18Die Antragsgegnerin beantragt, 19den Normenkontrollantrag zurückzuweisen. 20Zur Begründung führt sie unter Vorlage einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme von T. vom 23.8.2016 im Wesentlichen aus: Der Normenkontrollantrag sei jedenfalls unbegründet. Der angefochtene Bebauungsplan verstoße nicht gegen das Zielanpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB. Die 17. Änderung des Regionalplans enthalte keine Begrenzung der Verkaufsfläche. Auch könne von der Ungültigkeit des § 24a LEPro nicht auf die Unwirksamkeit der 17. Änderung des Regionalplans geschlossen werden. Die Belange der Antragstellerin seien auch im Hinblick auf die Anforderungen an die interkommunale Abstimmungspflicht im Sinne des § 2 Abs. 2 BauGB ordnungsgemäß abgewogen worden. Durch das geplante Vorhaben entstünden keine durch die Antragstellerin nicht hinzunehmenden städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Nachteile. Nach dem Gutachten von T. vom 2.10.2014 existierten keine Hinweise auf versorgungsstrukturelle Auswirkungen im Sinne vorhabenbedingter Betriebsaufgaben im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Die Möglichkeit der wohnortnahen Versorgung der Einwohner der Antragsgegnerin im Möbelbereich werde nicht negativ berührt und bliebe selbst bei einer nicht zu erwartenden vorhabenbedingten Betriebsaufgabe von „Möbel I. “ in zumutbarer Distanz gewahrt. 21Die Beigeladene beantragt, 22den Antrag abzulehnen. 23Die Beigeladene führt unter anderem aus: Der Normenkontrollantrag sei bereits mangels Antragsbefugnis unzulässig. Der durch § 2 Abs. 2 BauGB gewährte Schutz zentraler Versorgungsbereiche werde durch das Vorhaben nicht tangiert. Selbst bei einer unterstellten Aufgabe des Möbelhauses I. würde die städtebauliche Ordnung und Entwicklung im Gebiet der Antragsgegnerin nicht infrage gestellt. Der Normenkontrollantrag sei zudem unbegründet. Es liege kein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB vor. Es bestünden keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der 17. Änderung des Regionalplans. Die Tatsache, dass der Bebauungsplan in seiner Ausgangsfassung mit einer Fläche von ca. 2 ha über die zeichnerische Darstellung des ASB im Regionalplan hinausreiche, bedeute keinen Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB. Durch den Regionalplan festgesetzte oder zumindest vorausgesetzte Grenzverläufe würden nicht missachtet. Der Geltungsbereich der Regionalplanänderung könne auch nicht isoliert, sondern nur als Bestandteil des gesamten ASB Q. betrachtet werden. Gegenstand der Betrachtung sei daher der Vergleich zwischen dem durch die 17. Änderung entstandenen mehrere 100 ha großen und die Bahnlinie überspringenden ASB und der Maßüberschreitung, die sich ergeben würde, wenn man den Regionalplan vorliegend als parzellenscharf verstehen wolle. Eine derartige Abweichung habe regelmäßig keine Relevanz. Dies ergebe sich aus Ziffer A.2 (2) der textlichen Festsetzung des Regionalplans i.V.m. Ziffer A.2 (9) lit. a) der textlichen Festsetzung. Gemessen am Zweck, den der Landesentwicklungsplan mit Ziel 1 verfolge, sei eine Auslegung nicht gerechtfertigt und auch nicht erforderlich, die bei der hier in Rede stehenden Überschreitung der Grenzen des ASB die Einhaltung von Ziel 1 infrage stelle. Vielmehr müsse zwischen der Größenordnung einerseits und den Gebietsgrenzen andererseits unterschieden werden. Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sei hinsichtlich der Größenordnung eine parzellenscharfe Ausweisung nicht geboten. Dem entspreche es, wenn sich der Regionalplan unter Ziffer A.2 (2) der textlichen Festsetzungen des Regionalplans nur eine gebietsscharfe, nicht aber eine parzellenscharfe Abgrenzungsfunktion beimesse. Insbesondere komme der Flächengröße der Regionalplanänderung keine die Größe des Vorhabens bzw. die Verkaufsfläche begrenzende Bedeutung zu. Es hätte naturgemäß die Möglichkeit bestanden, in der ASB Fläche von ca. 6 ha ein Möbelhaus mit 43.000 m² Verkaufsfläche und die hierzu erforderlichen Stellplätze - gegebenenfalls in einer Tiefgarage - unterzubringen. Der bei einem Maßstab von 1:50.000 gegebene Interpretationsspielraum von mindestens 100 m sei hier eingehalten. Die von T. vorgelegten Verträglichkeitsgutachten seien nicht zu beanstanden. Die Hinweise von K. und L1. zur Vorlage der Umsatzechtzahlen dürften sich durch die Erläuterungen von T. und die dort mitgeteilten und durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigten Echtzahlen erledigt haben. Das dem streitgegenständlichen Bebauungsplan zugrunde liegende Gutachten von T. habe sich nicht ausdrücklich mit der Möglichkeit befassen müssen, dass einzelne Wettbewerber der Beigeladenen den Verkauf einstellen könnten. Diese Möglichkeit wäre nur dann abwägungsrelevant, wenn sich aus den wettbewerblichen Auswirkungen städtebaulich relevante Auswirkungen ergeben könnten. Selbst für den relativ schwach aufgestellten Wettbewerber Möbel I. hätten die Gutachter aber keine vorhabenbedingte Betriebsaufgabe prognostiziert. Selbst wenn eine Betriebsaufgabe erfolgen sollte, würde dies die wohnraumnahe Versorgung der Bevölkerung bei der hier bestehenden Dichte an Möbelhäusern und den von den Nachfragern akzeptierten Fahrdistanzen nicht beeinträchtigen und zu keinem Versorgungsengpass führen. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und dem Verfahren 7 D 89/14.NE, der Gerichtsakten in den abgeschlossenen Verfahren 7 D 18/13.NE, 7 D 19/13.NE und 7 B 323/13.NE, der in diesen Verfahren beigezogenen Planaufstellungsvorgänge, der Planurkunden des jeweiligen Bebauungsplanes, der Planurkunde des Flächennutzungsplans Nr. 17.3 und der Verwaltungsvorgänge zur 17. Änderung des Regionalplanes Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Der schon unter dem Gesichtspunkt der Sachdienlichkeit zulässigerweise auf den Bebauungsplan Nr. 109 Q. in den Fassungen der Bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015 erstreckte Normenkontrollantrag hat Erfolg. 27Der Antrag ist zulässig. 28Die Antragstellerin ist im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. 29Nach dieser Vorschrift kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keine höheren Anforderungen zu stellen als § 42 Abs. 2 VwGO es tut. Es genügt, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. 30Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 8.6.2011 ‑ 4 BN 42.10 -, BRS 78 Nr. 70 = BauR 2011, 1641, m. w. N. 31Ausgehend davon kann die Antragstellerin als Nachbargemeinde der Antragsgegnerin und juristische Person im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. VwGO ihre Antragsbefugnis aus dem interkommunalen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ableiten. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB, der als gesetzliche Ausformung des verfassungsrechtlich gewährleisteten kommunalen Selbstverwaltungsrechts und als besondere Ausprägung des Abwägungsgebots zu verstehen ist, sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Die Bestimmung verlangt einen Interessenausgleich zwischen der planenden Gemeinde und der von dieser Planung möglicherweise betroffenen Nachbargemeinde und fordert eine Koordination der gemeindlichen Belange. Die planende Gemeinde unterliegt einem erhöhten Rechtfertigungszwang in Gestalt der Verpflichtung zur (formellen und materiellen) Abstimmung im Rahmen einer förmlichen Planung. Daraus folgt, dass sich eine Gemeinde gegen unmittelbare Auswirkungen hinreichend gewichtiger Art durch Bauleitpläne auf dem benachbarten Gemeindegebiet prozessual zur Wehr setzen kann. Maßgebend dafür sind die Reichweite der Auswirkungen und ihr Einfluss auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde. 32Vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = BRS 65 Nr. 10 = BauR 2003, 55; OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 33Hiervon ausgehend genügt es für die Annahme der Antragsbefugnis unter dem Blickwinkel des § 2 Abs. 2 BauGB, dass unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde nach dem Antragsvorbringen in Betracht kommen. 34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.1.1995 - 4 NB 42.94 -, BRS 57 Nr. 5 = BauR 1995, 354, sowie BVerwG, Beschluss vom 8.6.2011 ‑ 4 BN 42.10 -, BRS 78 Nr. 70 = BauR 2011, 1641. 35Derartige Auswirkungen erscheinen hier hinsichtlich der Antragstellerin nach ihrem Vortrag zumindest als möglich. Dies gilt - ungeachtet weiterer versorgungsstruktureller Auswirkungen - schon im Hinblick auf negative städtebauliche Auswirkungen in dem zentralen Versorgungsbereich der Antragstellerin, auf die sich die Antragstellerin nach § 2 Abs. Satz 2 BauGB berufen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Schutzgut des § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB - anders als im Rahmen von § 34 Abs. 3 BauGB - nicht nur die in der jeweiligen Nachbarkommune vorhandenen zentralen Versorgungsbereiche sind, sondern darüber hinaus auch die von der Nachbargemeinde geplante weitere Entwicklung dieser Bereiche. 36vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 2 Rn. 131 ff., m. w. N. 37Im Bereich der Antragstellerin ist etwa hinsichtlich der Sortimentsgruppe Leuchten nach dem von ihr vorgelegten Gutachten von K. und L1. von Oktober 2012 ein Umsatzrückgang von 32 % zu erwarten (Seite 45 des Gutachtens). Zwar ist das dort als zentrenrelevant eingestufte Sortiment Leuchten in dem vorhandenen zentralen Versorgungsbereich der Antragstellerin nach den Feststellungen des Gutachtens nur untergeordnet repräsentiert; das Angebot in dieser Sortimentsgruppe soll aber nach den Ausführungen der Gutachter (Seite 46 des Gutachtens) ausweislich des Einzelhandelskonzepts der Antragstellerin gestärkt werden, so dass hier jedenfalls das Schutzgut „Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs“ betroffen ist. Dass die im Gutachten von K. und L1. aus Oktober 2012 angestellten Überlegungen den alten, vom Senat in 2013 für unwirksam erklärten Bebauungsplan, betreffen, ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung. Sie sind auf den hier zu prüfenden Bebauungsplan jedenfalls bezogen auf die Sortimentsgruppen Leuchten übertragbar, weil auch der neue Bebauungsplan unverändert für Leuchten eine Verkaufsfläche von 1.500 m² vorsieht. 38Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen dem entgegenhält, auch ein in C1. außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs ansässiges Möbelhaus biete Leuchten auf einer ähnlich großen Verkaufsfläche wie das geplante Vorhaben an, so dass nicht erkennbar sei, welche städtebaulichen Auswirkungen das geplante Vorhaben für den zentralen Versorgungsbereich der Antragstellerin haben könnte, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Senat vermag nicht zu ersehen, dass und inwieweit dadurch die nach dem genannten Gutachten zu erwartenden erheblichen Einwirkungen auf die Entwicklung des zentralen Versorgungsbereichs in hier wesentlicher Weise vermindert werden. Allein der Umstand, dass in der betroffenen Gemeinde selbst die fragliche Sortimentsgruppe an einem nicht integrierten Standort angeboten wird, hindert die Gemeinde im Regelfall und auch vorliegend nicht, sich gegen weitere Entwicklungen zu wenden, die sich negativ auf ihre zentralen Versorgungsbereiche auswirken. 39Der Hinweis der Beigeladenen auf das Urteil des 10. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1.12.2015 - 10 D 92/13.NE - (juris) führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Die dortigen Ausführungen betreffen die Begründetheit des Normenkontrollantrages und stellen den dort maßgeblichen Prüfungsmaßstab dar. 40Die Antragstellerin ist mit ihren Einwendungen auch nicht gemäß § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert. Nach § 47 Abs. 2a VwGO in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2006 ( BGBl. I S. 3316) ist der Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, der einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, unzulässig, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist. Die Antragstellerin hat während der öffentlichen Auslegungen des jeweiligen Planentwurfes gemäß § 3 Abs. 2 BauGB rechtzeitig, nämlich mit Schreiben vom 7.4.2014 und vom 14.11.2014, Einwendungen - u. a. wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 BauGB und einer zu gering veranschlagten Flächenproduktivität - gegen den Bebauungsplan erhoben. Mit der Antragsschrift hat die Antragstellerin ebenfalls einen Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB und die zu gering angesetzte Umsatzerwartung und damit zusammenhängende Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung gerügt. 41§ 47 Abs. 2a VwGO verlangt nur, dass der Antragsteller bei der Planaufstellung überhaupt rechtzeitig Einwendungen erhebt und jedenfalls eine dieser Einwendungen im Normenkontrollverfahren geltend macht. Er ist nicht gehindert, sich im Normenkontrollverfahren zudem auch auf solche Einwendungen zu berufen, die er zuvor nicht geltend gemacht hat. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.3.2010 - 4 CN 3.09 -, BRS 76 Nr. 66 = BauR 2010, 1051; OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 43Es fehlt der Antragstellerin nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass das Vorhaben aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung tatsächlich vollständig realisiert oder eine Entscheidung im Normenkontrollverfahren für die Antragstellerin aus anderen Gründen nutzlos wäre. 44Vgl OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 45Mit der Bauausführung wurde zwar begonnen und noch dieses Jahr soll ein Möbelmarkt mit einer Verkaufsfläche von unter 30.000 m² eröffnet werden. Damit ist aber weder die streitgegenständliche Planung ausgeschöpft, noch ist die zugrundeliegende Baugenehmigung bestandskräftig. 46Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan ist unwirksam. 47Der Bebauungsplan verstößt im Hinblick auf den einschlägigen Regionalplan gegen das Anpassungsgebot aus § 1 Abs. 4 BauGB. 48Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Raumordnungspläne i. S. d. § 1 Abs. 1 ROG sind gemäß § 2 Abs. 1 LPlG u.a. die Regionalpläne. 49Der Regionalplan für den Regierungsbezirk L. , Teilabschnitt Region L. , bestimmt in Ziffer B. 2.1 als Ziel 1, dass in der Bauleitplanung Sondergebiete für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und Handelsbetriebe im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB) geplant werden dürfen. Der Senat hat keinen Zweifel, dass es sich dabei nicht nur der Bezeichnung, sondern auch der Sache nach um ein Ziel der Raumordnung und Landesplanung im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB handelt. Mit diesem Ziel steht die in dem Bebauungsplan vorgenommene Sondergebietsfestsetzung nicht in Einklang. 50Der hier einschlägige Regionalplan für den Regierungsbezirk L. , Teilabschnitt Region L. , in der Fassung der 17. Änderung - Umwandlung von Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich in Allgemeinen Siedlungsbereich - (GV. NRW., Seite 428), deren Wirksamkeit der Senat zugunsten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen unterstellt, sieht zwar ausweislich der zeichnerischen Darstellung im Bereich des Bebauungsplans einen ASB vor. Jedoch überschreitet das festgesetzte Sondergebiet, das einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO in Form eines Möbelhauses mit 43.000 m² Verkaufsfläche an diesem Standort ermöglichen soll, die Grenze des als ASB ausgewiesenen Bereichs in erheblicher Weise und liegt mit mindestens ca. 2 ha in einem Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereich (GIB), der schon nach dem Regionalplan - wie ausgeführt - für eine derartige Festsetzung nicht zur Verfügung steht. 51Entgegen der Begründung des Bebauungsplans, das geplante Sondergebiet stehe deshalb nicht im Widerspruch zum Regionalplan, weil dieser nicht parzellenscharf und die außerhalb des ASB liegende Fläche von weniger als 10 ha nicht darstellungsrelevant sei, enthält die Darstellung in der 17. Änderung des Regionalplans im fraglichen Bereich eine hinreichend genaue Festlegung der Grenzen des ASB. Der Planzeichnung der 17. Änderung des Regionalplans für den Regierungsbezirk L. , Teilabschnitt Region L. , ist in Verbindung mit seiner Begründung und den Aufstellungsvorgängen die Grenze des dort festgesetzten ASB hinreichend deutlich zu entnehmen. 52Nach Ziffer A.2 (2) Satz 1 der textlichen Darstellung des Regionalplans für den Regierungsbezirk L. , Teilabschnitt Region L. , sind die Bereichsabgrenzungen in der zeichnerischen Darstellung gebietsscharf aber nicht parzellenscharf; d.h. sie sind ohne Ansehen der Grundstücksgrenzen so generalisiert, dass die Zuordnung einzelner Grundstücke in den Randbereichen in der Regel noch interpretierbar bleibt. Nach Satz 2 der Ziffer A.2 (2) Satz 1 der textlichen Darstellung beginnt die regionalplanerische Darstellungsfähigkeit - von Ausnahmen abgesehen - bei einer Größenordnung von 10 ha. 53Eine solche Ausnahme liegt hier vor. Ein "Interpretationsspielraum" kommt jedenfalls dort nicht in Betracht, wo sich jenseits einer maßstabsbedingten Unschärfe der zeichnerischen Darstellung aus anderen Umständen der Grenzverlauf genauer ergibt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Gebietsgrenze sich erkennbar an natürlichen Gegebenheiten wie einem Flusslauf, an bereits vorhandener Infrastruktur oder an einer geographischen Grenze orientiert. Entsprechende Hinweise können sich nicht nur aus der zeichnerischen Darstellung, sondern auch aus den Planerläuterungen oder Aufstellungsunterlagen ergeben. 54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.9.2014 - 8 A 460/13 -, BRS 82 Nr. 111. 55Hier wird der festgesetzte ASB in drei Himmelsrichtungen durch entsprechende Infrastruktureinrichtungen, nämlich durch die Eisenbahnstrecke L. -N. im Nordosten, die K6 im Westen und die K9 im Nordwesten begrenzt. Seine Ausdehnung nach Süden lässt sich auch unter Zugrundelegung eines Maßstabes von 1: 50.000 mit Blick auf die farbige Kennzeichnung durch Abgreifen auf der Karte jedenfalls in der Weise bestimmen, dass sich eine Gesamtflächengröße von ca. 5 ha ergibt. Entsprechendes ergibt sich aus den Aufstellungsvorgängen und der Planbegründung. Bereits im Antrag der Antragsgegnerin vom 10.3.2008 wird ausgeführt, dass es planerische Absicht sei, im Flächennutzungsplan eine ca. 5 ha große Gewerbegebietsfläche zu einem Sondergebiet umzuplanen. Der Regionalrat werde gebeten, eine Beschlussvorlage zu unterbreiten, der zufolge der Regionalrat der Bezirksplanungsbehörde den Auftrag erteile, den für den Ansiedlungsstandort ausgewiesenen GIB im regionalplanerisch erforderlichen Umfang in einen ASB umzuwandeln. In der Vorlagebegründung zum Beschluss des Regionalrates vom 12.12.2008 wird dann unter der Überschrift „Regionalplanerische Bewertung“ ausdrücklich ausgeführt, dass mit der Regionalplanänderung die Umwandlung von GIB in ASB mit einer Größenordnung von ca. 5 ha beabsichtigt ist. In der Planbegründung wird schließlich ausgeführt, dass Anlass der Regionalplanänderung die städtebaulichen Zielsetzungen der Stadt Q. für einen ca. 5 ha großen Bereich am südlichen Ortsrand von Q. seien. Im Hinblick auf diese Feststellungen erscheint es dem Senat ausgeschlossen, die „10 ha-Regel“ oder aus anderen Gründen einen Interpretationsspielraum zugrunde zu legen, der das mindestens 7 ha große Sondergebiet in dem streitigen Bebauungsplan ausreichend rechtfertigen könnte. 56Soweit die Beigeladene dem entgegen hält, maßgeblich müsse der Vergleich zwischen dem für Q. insgesamt ausgewiesenen mehrere 100 ha erfassenden ASB und der festgestellten Bereichsüberschreitung sein, vermag der Senat dem mit Blick auf die vorstehend aufgeführten Besonderheiten nicht zu folgen. Ebenso ist es aus Sicht des Senats nicht von durchgreifender Bedeutung, ob die Beigeladene auf der Fläche des mit der 17. Änderung des Regionalplans für den Regierungsbezirk L. , Teilabschnitt Region L. , festgesetzten ASB ein Möbelhaus mit der streitgegenständlichen Verkaufsfläche - z. B. durch Schaffung einer Tiefgarage - verwirklichen könnte. Der Einwand der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, das Plangebiet liege nur mit einem „untergeordneten“ Teil des Gebäudes und der Park- und Grünfläche außerhalb des ASB, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Ziel 1 des Regionalplans stellt klar, dass das hier zu beurteilende Sondergebiet nur in einem ASB festgesetzt werden darf. 57Zudem leidet der Bebauungsplan an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden Abwägungsmangel. 58Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB), inhaltlich stellt es Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. In die Abwägung ist all das an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Unbeachtlich sind Belange (nur), wenn sie für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keinen städtebaulichen Bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht. 59Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, BRS 73 Nr. 31; OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 60Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB). Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich als eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots dar. 61Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 62Den aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgenden Anforderungen genügt die strittige Planung nicht. 63Die Bedeutung des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots liegt darin, dass eine Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, bei ihrer Planung einem erhöhten Rechtfertigungszwang unterliegt. Die Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Sie verlangt einen Interessenausgleich zwischen den beteiligten Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Interessen. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen. Umgekehrt lässt sich § 2 Abs. 2 BauGB aber nicht entnehmen, dass eine Planung, die durch Auswirkungen gewichtiger Art gekennzeichnet ist, bereits aus diesem Grund zugleich gegen das Abwägungsgebot verstieße, wenn sie nicht in Koordination mit der benachbarten Gemeinde erfolgt. Auch hier gilt, dass selbst gewichtige Belange im Wege der Abwägung überwunden werden dürfen, wenn noch gewichtigere ihnen im Rang vorgehen. Maßgebend bleibt die Reichweite der Auswirkungen. Rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Auswirkungen reichen hierfür nicht aus. Das interkommunale Abstimmungsgebot schützt nicht den in der Nachbargemeinde vorhandenen Einzelhandel vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und Trägerin eigener Planungshoheit. Die befürchteten Auswirkungen müssen sich gerade auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in der Nachbargemeinde beziehen. 64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.4.2010 - 4 B 78.09 -, DVBl. 2010, 839, und Urteil vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 -, BRS 65 Nr. 10.; OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 65Ob sich die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs oder mehrerer Einzelhandelsbetriebe unmittelbar und gewichtig auf die Nachbargemeinde auswirkt und dabei rücksichtslos ist, ist im jeweiligen Einzelfall anhand verschiedener Faktoren zu beurteilen. Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert. Im Zusammenhang mit der Planung von Einzelhandelsprojekten kann insoweit der Abfluss bislang in der Nachbargemeinde absorbierter Kaufkraft einen wesentlichen - wenn auch nicht den einzigen - Indikator darstellen. Der - gutachterlich prognostizierte - Kaufkraftabfluss ist typischerweise die Kenngröße, anhand derer die Intensität der Belastung der Nachbarkommunen ermittelt werden kann. Allerdings handelt es sich bei dem Kriterium „Kaufkraftabfluss“ zunächst um eine wirtschaftliche Bezugsgröße, deren städtebauliche Bedeutung sich erst bei Überschreiten der städtebaulichen Relevanzschwelle ergibt. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass sich das wirtschaftliche Umfeld des Einzelhandels in der Nachbargemeinde verändert und sich dessen Konkurrenzsituation verschlechtert. Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlag von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht. 66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 67Ein bestimmter „Schwellenwert“ für einen städtebaulich beachtlichen Kaufkraftabfluss ist gesetzlich nicht vorgegeben. Prozentual ermittelte - und prognostisch nur bedingt verlässlich greifbare - Umsatzumverteilungssätze lassen nicht lediglich einen einzigen „logischen“ Schluss zu. In der Tendenz kann - faustformelartig - davon ausgegangen werden, dass erst Umsatzverluste ab einer Größenordnung von mehr als 10 % als gewichtig anzusehen sind. Allerdings bietet das 10 %-Kriterium nicht mehr als einen Anhalt. Es muss im Zusammenhang mit den sonstigen Einzelfallumständen gewertet werden. 68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 69Im Hinblick auf die Größe des vorliegend geplanten Einzelhandelsbetriebes einerseits und die Einwohnerzahl der Antragsgegnerin andererseits bestand hier in besonderem Maße Anlass, sachgerecht zu ermitteln, ob die geplante Ansiedlung des Möbelhauses der Beigeladenen für die Nachbargemeinden mit relevanten Kaufkraftabflüssen und infolgedessen mit unzumutbaren städtebaulichen Auswirkungen verbunden ist. Dieser Anforderung hat die Antragsgegnerin erneut nicht genügt. Die von T. erstellten Verträglichkeitsanalysen und Stellungnahmen vom 10.2.2014, 11.2.2014 und 30.4.2014, auf die sich die Antragsgegnerin bei ihrem Satzungsbeschluss gestützt hat und die deshalb für die rechtliche Bewertung allein maßgeblich sind, 70vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Senatsurteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, 71genügen nicht den rechtlichen Anforderungen. Dies gilt auch bei Berücksichtigung der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme von T. vom 23.8.2016. 72In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Marktgutachten grundsätzlich eine taugliche Methode sind, um den durch das Vorhaben bedingten voraussichtlichen Kaufkraftabfluss anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zur üblichen Flächenproduktivität zu prognostizieren. 73Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.8.2011 - 4 BN 15.11 -, BRS 78 Nr. 49. 74Im Rahmen solcher Untersuchungen lassen sich die Auswirkungen allerdings naturgemäß nicht exakt vorherbestimmen und qualifizieren. Derartige Gutachten stellen lediglich eine Prognose dar, die das Gericht nur darauf zu prüfen hat, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Gerichts, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht erarbeiteten Prognose als solches darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte Entwicklung mit Sicherheit bzw. größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann. 75Vgl. BVerwG, Urteil v. 8.7.1998 - 11 A 53.97 -, DVBl. 1998, 1188; OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 76Die vorbeschriebenen Anforderungen erfüllen die vorbezeichneten Gutachten von T. nicht. Es fehlt an einer hinreichend sachgerechten Ermittlung der voraussichtlichen Flächenproduktivität des Vorhabens, die Grundlage für die Prognose der Kaufkraftabflüsse ist. 77Vorliegend handelt es sich um einen Angebotsbebauungsplan, der auf die Verwirklichung eines konkreten Vorhabens ‑ hier eines Möbelhauses der Beigeladenen mit den in den Planbegründungen genannten Eckdaten - ausgerichtet ist. Zwar konnte der Plangeber davon absehen, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan i. S. d. § 12 BauGB zu erlassen, 78vgl. zur Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise: OVG NRW, Urteile vom 13.9.2012 - 2 D 38/11.NE, juris, und vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, 79jedoch war die Antragsgegnerin gehalten, die Auswirkungen gerade eines solchen Vorhabens hinreichend in Rechnung zu stellen, wie es von der Beigeladenen für das Plangebiet konkret vorgesehen ist. Maßgeblich für die Beurteilung der infolge dieses Vorhabens zu erwartenden Kaufkraftverluste im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes ist eine - realitätsnahe - Betrachtung des worst-case, also des aus Sicht der Nachbargemeinden unter realistischen Annahmen ungünstigsten Falles. 80Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.3.2013 - 4 CN 6.11 -, BauR 2013, 1402; OVG NRW, Urteil vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, m. w. N. 81Dies ist auf Grundlage der Gutachten von T. nicht ausreichend geschehen, die im Rahmen eines worst-case-Szenarios lediglich von einer Flächenproduktivität des geplanten Möbelmarktes von 2.700 Euro pro qm Verkaufsfläche und damit von einem Wert ausgehen, der nach dem Inhalt der Akten weit hinter dem Durchschnitt der entsprechenden Werte der übrigen „großen“ Möbelmärkte der Beigeladenen zurückbleibt. Diese Differenz wird in den Gutachten von T. nicht hinreichend erklärt, wobei der Senat berücksichtigt, dass einer der bestehenden „großen“ Märkte, nämlich jener in X. , eine noch größere Verkaufsfläche aufweist als der geplante Markt, wie der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat. Die gutachterlichen Stellungnahmen von T. stellen zur Begründung ihrer Annahme, der geplante weitere „große“ Markt werde ein weitaus geringeres Betriebsergebnis erzielen, im Wesentlichen auf das an dem neuen Standort bestehende Wettbewerbsumfeld ab. Das genügt nicht den Anforderungen an ein Marktgutachten. 82Der Senat hat schon in den Urteilen vom 2.10.2013 ausgeführt, dass bei einer realitätsnahen worst-case Betrachtung zu berücksichtigen ist, dass die für die Beurteilung von Kaufkraftverlusten relevanten Wettbewerbsumfelder nicht statisch sind, sondern Veränderungen unterliegen, und in Rechnung zu stellen ist, dass die Ansiedlung eines neuen großen Einzelhandelsbetriebes zu einer nicht unwesentlichen Lichtung der Wettbewerbsdichte führen kann. 83Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2.10.2013 - 7 D 18/13.NE -, BRS 81 Nr. 11 = BauR 2014, 221, und - 7 D 19/13.NE -, juris. 84Dies ist gerade dann zu beachten, wenn die Ansiedlung eines Einzelhandelsbetriebes geplant wird, der bekanntermaßen im Verhältnis zur großen Mehrzahl seiner Konkurrenten eine überlegene Leistungsfähigkeit aufweist, wie das hier nach den vorliegenden Unterlagen für das Möbelhaus T. anzunehmen ist. Eine entsprechende Beurteilung ist in den Gutachten von T. vom 10./11.2.2014 und 30.4.2014 nicht erfolgt. Im Gegenteil haben die Gutachter in ihrer Stellungnahme vom 23.8.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht branchenüblich sei, solche möglichen Veränderungen von Wettbewerbsumfeldern zu berücksichtigen. Das Szenario sei „als hypothetisches Modell für die gutachterliche Arbeit als grundsätzliche Arbeitsgrundlage bürointern geprüft und als für eine Prognose nicht hinreichend realitätsnah verworfen“ worden. Solch ein Szenario werde in der Regel nur dann verwendet, wenn perspektivische Betriebsaufgaben zum Prognosezeitpunkt konkret bekannt seien. Mit diesen Erwägungen setzen sich die Gutachter in Widerspruch zu den in den Senatsentscheidungen aus 2013 formulierten Anforderungen, von denen auch die vom Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des 10. Senats des erkennenden Gerichts, 85vgl. Urteil vom 1.12.2015 - 10 D 92/13.NE -, juris, 86nicht abweicht. Soweit dem Standpunkt von T. die Erwägung zugrunde liegt, das Ausscheiden oder Hinzutreten von Wettbewerbern sei - über bereits angekündigte Betriebsschließungen oder Neueröffnungen hinaus - schwer vorherzusagen, ist dem entgegenzuhalten, dass Prognoseschwierigkeiten regelmäßig und auch in diesem Zusammenhang mit der Zugrundelegung einer Bandbreite von Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung zu tragen ist, die die gegebene Ungewissheit im Sinn einer realitätsnahen worst-case-Betrachtung abdeckt. Derartige Prognoseschwierigkeiten rechtfertigen es nicht, der Prognose hinsichtlich des Wettbewerbsumfeldes im Wesentlichen den Status quo zugrunde zu legen. Der Senat hat auch nicht nachvollziehen können, dass das Ausscheiden einzelner Mitbewerber regelmäßig nicht zu unter dem Blickwinkel des § 2 Abs. 2 BauGB relevanten städtebaulichen Auswirkungen führt, wie es sinngemäß auf Seite 32 ff. der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme von T. vom 23.8.2016 und auch vom Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden ist. Schon das Ausscheiden eines einzelnen Mitbewerbers kann gegebenenfalls in einer Nachbargemeinde die wohnortnahe Versorgung mit Möbeln gefährden und ist jedenfalls dann versorgungsstrukturell relevant. 87Vgl. zur Relevanz versorgungsstruktureller Auswirkungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 28.10.2011 - 2 B 1037/11 -, BRS 78 Nr. 51. 88Ungeachtet dessen vermag es der Senat nach dem Maßstab einer realitätsnahen worst-case Betrachtung nicht als hinreichend gerechtfertigt anzusehen, - wie in der Modellrechnung von T. a.a.O., Seite 34, geschehen - davon auszugehen, dass sich die mit einem Marktaustritt frei werdende Nachfrage in absolut gleichen Beträgen (jeweils + 10) auf unterschiedlich umsatzstarke Konkurrenten im näheren Umfeld verteilt. Bei einer realitätsnahen worst-case Betrachtung wird nicht nur eine - gemessen an den gegebenen Umsatzstärken - proportionale Verteilung der frei werdenden Nachfrage zu prüfen sein, sondern auch eine disproportionale Entwicklung zu Gunsten eines besonders leistungsfähigen Markteilnehmers, um den es sich bei der Beigeladenen wie bereits ausgeführt handelt. Eine derartige „Umsatzverschiebung“ dürfte dann auch nicht mehr die Annahme ausschließen, dass sich möglicherweise auch mehr als ein Mitbewerber in dem betroffenen Bereich zurückzieht. 89Der mithin gegebene Abwägungsmangel ist auch gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB erheblich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Die Offensichtlichkeit des Mangels folgt daraus, dass er sich aus den Planungsunterlagen ergibt. Er ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, weil die konkrete Möglichkeit in Rechnung zu stellen ist, dass die Planung ohne den Mangel, also bei Berücksichtigung einer wesentlich höheren Flächenproduktivität, anders ausgefallen wäre. 90Der Mangel ist gemessen an § 215 BauGB auch nicht wegen Fristablaufs unbeachtlich geworden und führt ersichtlich zur Gesamtunwirksamkeit des Plans. 91Unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen war der Senat nicht gehalten, den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen der Antragsgegnerin nachzugehen. Der Beweisantrag zu 1. ist auf die Beantwortung einer Rechtsfrage gerichtet; zudem ist das Beweismittel „Ortsbesichtigung“ untauglich zur Feststellung der Lage und Ausdehnung des ASB. Der Beweisantrag zu 2. war ebenfalls abzulehnen. Soweit er die Anforderungen an ein Marktgutachten thematisiert, betrifft er ebenfalls eine Rechtsfrage. Ob es sich bei den von T. zugrunde gelegten Marktabschöpfungsquoten um „gesetzte Werte“ handelt, ist nach obigen Ausführungen nicht entscheidungserheblich. Ebenso ist es nicht entscheidungsrelevant, ob das Vorhaben der Beigeladenen dem in der Werbung der Beigeladenen geprägten Begriff des „Giganten“ unterfällt. Ob in den Gutachten von Stadt und Handel mögliche Veränderungen des Wettbewerbsumfeldes behandelt werden, bedarf keines Sachverständigenbeweises, sondern kann vom Senat selbst beurteilt werden. Schließlich bedarf es auch nicht der Erhebung eines Sachverständigenbeweises zu der Behauptung, dass die Ansiedlung nicht zu einer erheblichen Lichtung der Wettbewerbsdichte am Standort Q. führt. Der Senat hat bereits in seinen Urteilen vom 2.10.2013 dazu ausgeführt, dass, um den Anforderungen aus dem Abwägungsgebot zu genügen, dem Satzungsgeber zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses in Fällen der vorliegenden Art gutachterliche Feststellungen vorliegen müssen, die die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismittel unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet haben und die Prognoseergebnisse einleuchtend begründen. Diesen Anforderungen genügen die gutachterlichen Äußerungen von T. auch dann nicht, wenn sich die unter Beweis gestellte Annahme im Ergebnis als zutreffend erweist. 92Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Beigeladene an den Kosten zu beteiligen, da ihr Antrag keinen Erfolg hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 93Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
der bebauungsplan nr. 109 q. der stadt q. in den fassungen der bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015 ist unwirksam. die antragsgegnerin und die beigeladene tragen die kosten des verfahrens als gesamtschuldnerinnen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die jeweilige kostenschuldnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die kostengläubigerin zuvor sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die antragstellerin wendet sich gegen den bebauungsplan nr. 109 q. der antragsgegnerin in den fassungen der bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015. 3die antragstellerin ist kreisstadt des s. -f. -kreises und direkte nachbargemeinde der ebenfalls im s. -f. -kreis liegenden antragsgegnerin. 4die beigeladene betreibt sieben einrichtungshäuser und mehrere möbeldiscountmärkte in süddeutschland. 5das plangebiet befindet sich am südöstlichen rand der kernstadt in sichtbeziehung zur bundesstraße b 59 (ortsumgehung q. ) und wird über die landesstraße l 183 erschlossen. im norden wird das plangebiet durch die db-strecke l. -n. begrenzt. im osten grenzen die gewerblich genutzten flächen einer spedition an das plangebiet, im nordwesten die gelände des städtischen bauhofes und der feuerwehr q. , die ihrerseits nördlich an die kreisstraße 9 (k 9) grenzen. westlich wird das plangebiet durch die kreisstraße 6 (k 6) begrenzt. der bebauungsplan setzt für das plangebiet ein sondergebiet möbelhaus mit einer gesamtverkaufsfläche von 43.000 m² und einem zentrenrelevanten randsortiment von maximal 2.500 m² fest. das sondergebiet ist unterteilt in eine für das parken (insgesamt 1.800 stellplätze) und eine für das möbelhaus vorgesehene grundstücksfläche. im südlichen bereich setzt der bebauungsplan nr. 109 q. 1301 in der fassung der bekanntmachung vom 8.12.2015 jenseits der n1. -q1. -straße eine private grünfläche fest. 6die antragsgegnerin verfolgt schon seit längerem das ziel, ein möbelhaus in dem streitgegenständlichen planbereich anzusiedeln. bereits mit schreiben vom 10.3.2008 beantragte sie bei der bezirksregierung l. die änderung des regionalplanes für den regierungsbezirk l. , teilabschnitt region l. . zur begründung führte sie aus, planerische absicht sei es, eine ca. 5 ha große gewerbegebietsfläche zwischen der bahnlinie, k 6 und b 59 zu einem sondergebiet zur ansiedlung eines möbelhauses umzuplanen. am 12.12.2008 beschloss der regionalrat des regierungsbezirks l. die 17. planänderung des regionalplanes. in der vorlagebegründung (drucksache nr.: ) heißt es unter anderem: „die mit der regionalplanänderung verbundene umwandlung von gewerbe- und industrieansiedlungsbereich (gib) in allgemeinen siedlungsbereich (asb) (ca. 5 ha) erreicht keine größenordnung, die aus landesplanerischer sicht die insgesamt in der stadt bzw. im s. -f. -kreis zur verfügung stehenden industriellen reserveflächen erheblich verkleinern würden.“ in der planbegründung wird schließlich ausgeführt, dass anlass der regionalplanänderung die städtebaulichen zielsetzungen der stadt q. für einen ca. 5 ha großen bereich am südlichen ortsrand von q. seien. aus der zeichnerischen darstellung im maßstab von 1:50.000 ergibt sich, dass ein gib in einen asb umgewandelt worden ist. die 17. änderung des regionalplanes wurde am 24.7.2009 bekannt gemacht (gv. nrw., s. 428). 7der bebauungsplan nr. 109 „q. “, der noch eine verkaufsfläche von 45.000 m² und ein zentrenrelevantes randsortiment von maximal 4.500 m² festsetzte, wurde mit rechtskräftigen senatsurteilen vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne - (brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221) und - 7 d 19/13.ne - (juris) für unwirksam erklärt. die antragsgegnerin führte daraufhin ein ergänzendes verfahren mit dem ziel durch, die bauleitplanerischen voraussetzungen für den bau eines möbelhauses mit maximal 43.000 m² verkaufsfläche zu schaffen. dieses verfahren für den bebauungsplan nahm im wesentlichen folgenden verlauf: 8der umwelt- und planungsausschuss der antragsgegnerin beschloss am 25.2.2014 die öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 abs. 2 baugb durch auslegung des entwurfs des bebauungsplans nr. 109 q. . diese erfolgte - nach entsprechender bekanntmachung des termins im amtsblatt des s. -f. -kreises vom 26.2.2014 - durch auslegung des planentwurfes mit umweltbericht und begründung, artenschutzprüfung, einzelhandel-verträglichkeitsanalysen vom 10./11.2.2014, einer verkehrsuntersuchung sowie einer schalltechnischen untersuchung in der zeit vom 6.3.2014 bis einschließlich zum 7.4.2014 im rathaus der antragsgegnerin. in der bekanntmachung werden die verfügbaren umweltbezogenen informationen im einzelnen aufgeführt. 9daraufhin wandte die antragstellerin mit schreiben vom 7.4.2014 unter bezugnahme auf ihre früheren einwendungen im wesentlichen ein, der streitgegenständliche bebauungsplan gehe mit den zielen der raumordnung, insbesondere dem regionalplan der bezirksregierung l. , nicht konform. es habe sich um eine vorhabenbezogene änderung des regionalplans zur ansiedlung eines möbelmarktes mit einer verkaufsfläche von max. 20.000 m² gehandelt. auch stelle der geänderte regionalplan nur einen um 5 ha erweiterten asb dar, demgegenüber werde für das sondergebiet eine gesamtfläche von ca. 8 ha in anspruch genommen. die neue verträglichkeitsanalyse von t. leide an erheblichen fehlern und mängeln. die methodik sei zur ermittlung der bestandsumsätze im untersuchungsraum unzureichend. der gutachter habe sich mit der zu erwartenden flächenproduktivität des konkret geplanten vorhabens der firma t. nicht auseinandergesetzt. die vor das marktanteilskonzept gezogene begründung des gutachters, aufgrund der nicht vergleichbaren standortrahmenbedingungen an den bestandsstandorten die durch die firma t. regelmäßig erzielten umsätze und flächenproduktivitäten nicht zu berücksichtigen und stattdessen auf deutschlandweite kennwerte zum marktanteil größerer möbelhäuser zurückzugreifen, entspreche nicht der obergerichtlich geforderten realitätsnahen betrachtung des worst-case. die dokumentierte umsatzstärke der firma t. werde durch das gutachten in gänze ausgeblendet. mit der ansiedlung des geplanten vorhabens sei eine empfindliche störung ihrer städtebaulichen entwicklung zu befürchten. k. und l1. hätten in ihrer städtebaulichen wirkungsanalyse von oktober 2012 bereits ausgeführt, dass der c. standort von „möbel i. “ künftig in seiner existenz gefährdet sei. auch komme es bei der ansiedlung des vorhabens zu einer massiven verschärfung der konkurrenzsituation mit raumbedeutsamen umsatzverteilungen in zentrenrelevanten branchen (z.b. die gpk haushaltswaren 14 %, leuchten 32 %). 10die antragsgegnerin holte in vorbereitung der beschlussfassung weitere gutachterliche stellungnahmen der t. vom 30.4.2014 ein. 11der rat beschloss am 13.5.2014 den streitgegenständlichen bebauungsplan nr. 109 q. mit begründung als satzung. am 10.7.2014 unterzeichnete der bürgermeister den text der bekanntmachung. die öffentliche bekanntmachung des beschlusses des bebauungsplanes im amtsblatt des s. -f. -kreises erfolgte am 14.7.2014. 12am 11.8.2014 hat die antragstellerin den normenkontrollantrag gestellt. 13sie trägt im wesentlichen vor: der normenkontrollantrag sei wegen einer verletzung des interkommunalen abstimmungsgebotes gemäß § 2 abs. 2 baugb und einer verletzung des abwägungsgebotes zulässig. ein umschlagen der absatzwirtschaftlichen negativen städtebaulichen auswirkungen in ihren zentralen versorgungsbereichen als folge der vorhabenrealisierung des möbelhauses sei nicht auszuschließen. der normenkontrollantrag sei auch begründet. der angefochtene bebauungsplan sei unwirksam. es fehle schon an der städtebaulichen rechtfertigung. zudem gehe der angefochtene bebauungsplan mit den zielen der raumordnung, insbesondere dem regionalplan für den regierungsbezirk l. , nicht konform, weil die 17. änderung des regionalplans für den regierungsbezirk l. unwirksam sei. spätestens seit der feststellung der mangelnden zielqualität des § 24a abs. 1 satz 3, abs. 3 lepro sei dem planerischen wirkungsverbund ein tragendes element verloren gegangen. selbst wenn die 17. änderung des regionalplans wirksam wäre, verstieße der angefochtene bebauungsplan wegen der deutlichen überschreitung des für die großflächigen einzelhandelsbetriebe vorbehaltenen asb (statt ca. 5 ha nun 8 ha) gegen die ziele der raumordnung gemäß § 1 abs. 4 baugb. der angefochtene bebauungsplan leide darüber hinaus an einem schwerwiegenden abwägungsfehler im sinne der §§ 1 abs. 7, 2 abs. 2 baugb. das gutachten von t. einschließlich seiner ergänzungen berücksichtige nicht die zu erwartende umsatzleistung des geplanten möbelhauses. das gutachten nenne keine betreiberspezifischen umsatzzahlen. bei dem geplanten möbelhaus handele es sich um einen so genannten „giganten“, wie die beigeladene sie bereits an den standorten x. und q2. betreibe. nach brancheninternen schätzungen erzielten diese häuser umsätze von über 300 millionen euro (x. ) bzw. von knapp unter 240 millionen euro (q2. ), was - unter berücksichtigung der gesamtverkaufsfläche an diesen beiden standorten von 90.000 m² - auf eine durchschnittliche betreiberspezifische flächenproduktivität von bis zu 6.000 euro/m² schließen lasse. bei dem geplanten vorhaben handele es sich um ein möbelhaus mit vergleichbarer größenordnung und ähnlichem sortimentskonzept. aufgrund der fehlenden betreiberangaben sei das büro k. und l1. für die ermittlung der flächenproduktivität am standort des vorhabens von der maximalen durchschnittlichen flächenproduktivität an den umsatzstärksten standorten der beigeladenen von bis zu 5.500 euro/m² ausgegangen. dabei sei diese maximale durchschnittliche flächenproduktivität nicht einfach auf den standort des vorhabens übertragen worden. vielmehr seien die standortbedingungen in x. und q2. sowie in q. unter einbeziehung des kaufkraftniveaus, der bevölkerungsentwicklung und der wettbewerbssituation in der jeweiligen region in die prognose einbezogen worden. in ihrem gutachten von mai 2014 seien k. und l1. zu dem ergebnis gelangt, dass der maximal erzielbare realitätsnahe umsatz eines t. möbelhauses am standort q. ca. 30 % - 40 % unter den umsätzen der umsatzstärksten t. häuser liegen werde. dies führe zu einer flächenproduktivität für den vorhabenstandort q. von 3.300-3.900 euro/m². das büro stadt und handel stelle dagegen auf die durchschnittliche flächenproduktivität aller möbelbetriebe der firma t. ab. dies entspreche nicht der gebotenen realitätsnahen betrachtung. 14am 16.12.2014 hat der rat der antragsgegnerin die gemäß § 13 baugb durchgeführte vereinfachte änderung 1301 des bebauungsplans nr. 109 q. als satzung in der fassung der bekanntmachung vom 8.12.2015 beschlossen. gegenstand dieser änderung ist die erweiterung des plangebietes nach süden und dessen vergrößerung auf insgesamt ca. 9 ha. dies dient der schaffung der planungsrechtlichen voraussetzungen für die überbauung des bodendenkmals durch ebenerdige stellplätze und den wegfall der bislang vorgesehenen parkpalette. südlich der n1. -q1. -straße wird ein ca. 5.964 m² großer bereich des rechtsverbindlichen bebauungsplans nr. 69, der dort bislang ein gewerbegebiet festsetzte, als private grünfläche festgesetzt. im flächennutzungsplan wird diese fläche als gewerbegebiet dargestellt. die öffentliche bekanntmachung des beschlusses des bebauungsplans nr. 109 q. 1301 im amtsblatt des s. ‑f1. erfolgte am 15.12.2015. 15die antragstellerin hat mit schriftsatz vom 25.1.2016 den änderungsplan zum gegenstand dieses verfahrens gemacht und trägt unter anderem vor: der geänderte bebauungsplan sei materiell unwirksam. es liege ebenfalls ein verstoß gegen § 1 abs. 4 baugb vor. durch den änderungsplan nehme die überschreitung des ausgewiesenen asb noch größere ausmaße an. zudem gehe mit der veränderung der gesamten stellplatzanlage eine höhere attraktivität des vorhabens einher. dies führe zu einer höheren akzeptanz mit der folge, dass die kundenfrequenz in noch stärkerem maße steigen werde. dieser aspekt sei von der antragsgegnerin ausgeblendet worden. 16die antragstellerin beantragt, 17festzustellen, dass der bebauungsplan nr. 109 q. der stadt q. in den fassungen der bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015 unwirksam ist. 18die antragsgegnerin beantragt, 19den normenkontrollantrag zurückzuweisen. 20zur begründung führt sie unter vorlage einer weiteren gutachterlichen stellungnahme von t. vom 23.8.2016 im wesentlichen aus: der normenkontrollantrag sei jedenfalls unbegründet. der angefochtene bebauungsplan verstoße nicht gegen das zielanpassungsgebot des § 1 abs. 4 baugb. die 17. änderung des regionalplans enthalte keine begrenzung der verkaufsfläche. auch könne von der ungültigkeit des § 24a lepro nicht auf die unwirksamkeit der 17. änderung des regionalplans geschlossen werden. die belange der antragstellerin seien auch im hinblick auf die anforderungen an die interkommunale abstimmungspflicht im sinne des § 2 abs. 2 baugb ordnungsgemäß abgewogen worden. durch das geplante vorhaben entstünden keine durch die antragstellerin nicht hinzunehmenden städtebaulichen und versorgungsstrukturellen nachteile. nach dem gutachten von t. vom 2.10.2014 existierten keine hinweise auf versorgungsstrukturelle auswirkungen im sinne vorhabenbedingter betriebsaufgaben im stadtgebiet der antragsgegnerin. die möglichkeit der wohnortnahen versorgung der einwohner der antragsgegnerin im möbelbereich werde nicht negativ berührt und bliebe selbst bei einer nicht zu erwartenden vorhabenbedingten betriebsaufgabe von „möbel i. “ in zumutbarer distanz gewahrt. 21die beigeladene beantragt, 22den antrag abzulehnen. 23die beigeladene führt unter anderem aus: der normenkontrollantrag sei bereits mangels antragsbefugnis unzulässig. der durch § 2 abs. 2 baugb gewährte schutz zentraler versorgungsbereiche werde durch das vorhaben nicht tangiert. selbst bei einer unterstellten aufgabe des möbelhauses i. würde die städtebauliche ordnung und entwicklung im gebiet der antragsgegnerin nicht infrage gestellt. der normenkontrollantrag sei zudem unbegründet. es liege kein verstoß gegen § 1 abs. 4 baugb vor. es bestünden keine durchgreifenden rechtlichen bedenken gegen die wirksamkeit der 17. änderung des regionalplans. die tatsache, dass der bebauungsplan in seiner ausgangsfassung mit einer fläche von ca. 2 ha über die zeichnerische darstellung des asb im regionalplan hinausreiche, bedeute keinen verstoß gegen § 1 abs. 4 baugb. durch den regionalplan festgesetzte oder zumindest vorausgesetzte grenzverläufe würden nicht missachtet. der geltungsbereich der regionalplanänderung könne auch nicht isoliert, sondern nur als bestandteil des gesamten asb q. betrachtet werden. gegenstand der betrachtung sei daher der vergleich zwischen dem durch die 17. änderung entstandenen mehrere 100 ha großen und die bahnlinie überspringenden asb und der maßüberschreitung, die sich ergeben würde, wenn man den regionalplan vorliegend als parzellenscharf verstehen wolle. eine derartige abweichung habe regelmäßig keine relevanz. dies ergebe sich aus ziffer a.2 (2) der textlichen festsetzung des regionalplans i.v.m. ziffer a.2 (9) lit. a) der textlichen festsetzung. gemessen am zweck, den der landesentwicklungsplan mit ziel 1 verfolge, sei eine auslegung nicht gerechtfertigt und auch nicht erforderlich, die bei der hier in rede stehenden überschreitung der grenzen des asb die einhaltung von ziel 1 infrage stelle. vielmehr müsse zwischen der größenordnung einerseits und den gebietsgrenzen andererseits unterschieden werden. nach der rechtsprechung des 8. senats des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen sei hinsichtlich der größenordnung eine parzellenscharfe ausweisung nicht geboten. dem entspreche es, wenn sich der regionalplan unter ziffer a.2 (2) der textlichen festsetzungen des regionalplans nur eine gebietsscharfe, nicht aber eine parzellenscharfe abgrenzungsfunktion beimesse. insbesondere komme der flächengröße der regionalplanänderung keine die größe des vorhabens bzw. die verkaufsfläche begrenzende bedeutung zu. es hätte naturgemäß die möglichkeit bestanden, in der asb fläche von ca. 6 ha ein möbelhaus mit 43.000 m² verkaufsfläche und die hierzu erforderlichen stellplätze - gegebenenfalls in einer tiefgarage - unterzubringen. der bei einem maßstab von 1:50.000 gegebene interpretationsspielraum von mindestens 100 m sei hier eingehalten. die von t. vorgelegten verträglichkeitsgutachten seien nicht zu beanstanden. die hinweise von k. und l1. zur vorlage der umsatzechtzahlen dürften sich durch die erläuterungen von t. und die dort mitgeteilten und durch einen wirtschaftsprüfer bestätigten echtzahlen erledigt haben. das dem streitgegenständlichen bebauungsplan zugrunde liegende gutachten von t. habe sich nicht ausdrücklich mit der möglichkeit befassen müssen, dass einzelne wettbewerber der beigeladenen den verkauf einstellen könnten. diese möglichkeit wäre nur dann abwägungsrelevant, wenn sich aus den wettbewerblichen auswirkungen städtebaulich relevante auswirkungen ergeben könnten. selbst für den relativ schwach aufgestellten wettbewerber möbel i. hätten die gutachter aber keine vorhabenbedingte betriebsaufgabe prognostiziert. selbst wenn eine betriebsaufgabe erfolgen sollte, würde dies die wohnraumnahe versorgung der bevölkerung bei der hier bestehenden dichte an möbelhäusern und den von den nachfragern akzeptierten fahrdistanzen nicht beeinträchtigen und zu keinem versorgungsengpass führen. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte in diesem verfahren und dem verfahren 7 d 89/14.ne, der gerichtsakten in den abgeschlossenen verfahren 7 d 18/13.ne, 7 d 19/13.ne und 7 b 323/13.ne, der in diesen verfahren beigezogenen planaufstellungsvorgänge, der planurkunden des jeweiligen bebauungsplanes, der planurkunde des flächennutzungsplans nr. 17.3 und der verwaltungsvorgänge zur 17. änderung des regionalplanes bezug genommen. 25
26der schon unter dem gesichtspunkt der sachdienlichkeit zulässigerweise auf den bebauungsplan nr. 109 q. in den fassungen der bekanntmachungen vom 10.7.2014 und vom 8.12.2015 erstreckte normenkontrollantrag hat erfolg. 27der antrag ist zulässig. 28die antragstellerin ist im sinne von § 47 abs. 2 satz 1 vwgo antragsbefugt. 29nach dieser vorschrift kann den normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische person stellen, die geltend macht, durch die rechtsvorschrift, die gegenstand des normenkontrollantrags ist, oder deren anwendung in ihren rechten verletzt zu sein oder in absehbarer zeit verletzt zu werden. dabei sind an die geltendmachung einer rechtsverletzung keine höheren anforderungen zu stellen als § 42 abs. 2 vwgo es tut. es genügt, wenn der antragsteller hinreichend substantiiert tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die festsetzungen des bebauungsplans in einem recht verletzt wird. 30vgl. etwa bverwg, beschluss vom 8.6.2011 ‑ 4 bn 42.10 -, brs 78 nr. 70 = baur 2011, 1641, m. w. n. 31ausgehend davon kann die antragstellerin als nachbargemeinde der antragsgegnerin und juristische person im sinne von § 47 abs. 2 satz 1 1. alt. vwgo ihre antragsbefugnis aus dem interkommunalen abstimmungsgebot des § 2 abs. 2 baugb ableiten. nach § 2 abs. 2 satz 1 baugb, der als gesetzliche ausformung des verfassungsrechtlich gewährleisteten kommunalen selbstverwaltungsrechts und als besondere ausprägung des abwägungsgebots zu verstehen ist, sind die bauleitpläne benachbarter gemeinden aufeinander abzustimmen. die bestimmung verlangt einen interessenausgleich zwischen der planenden gemeinde und der von dieser planung möglicherweise betroffenen nachbargemeinde und fordert eine koordination der gemeindlichen belange. die planende gemeinde unterliegt einem erhöhten rechtfertigungszwang in gestalt der verpflichtung zur (formellen und materiellen) abstimmung im rahmen einer förmlichen planung. daraus folgt, dass sich eine gemeinde gegen unmittelbare auswirkungen hinreichend gewichtiger art durch bauleitpläne auf dem benachbarten gemeindegebiet prozessual zur wehr setzen kann. maßgebend dafür sind die reichweite der auswirkungen und ihr einfluss auf die städtebauliche ordnung und entwicklung der nachbargemeinde. 32vgl. insoweit bverwg, urteil vom 1.8.2002 - 4 c 5.01 -, bverwge 117, 25 = brs 65 nr. 10 = baur 2003, 55; ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 33hiervon ausgehend genügt es für die annahme der antragsbefugnis unter dem blickwinkel des § 2 abs. 2 baugb, dass unmittelbare auswirkungen gewichtiger art auf die städtebauliche ordnung und entwicklung der nachbargemeinde nach dem antragsvorbringen in betracht kommen. 34vgl. bverwg, beschluss vom 9.1.1995 - 4 nb 42.94 -, brs 57 nr. 5 = baur 1995, 354, sowie bverwg, beschluss vom 8.6.2011 ‑ 4 bn 42.10 -, brs 78 nr. 70 = baur 2011, 1641. 35derartige auswirkungen erscheinen hier hinsichtlich der antragstellerin nach ihrem vortrag zumindest als möglich. dies gilt - ungeachtet weiterer versorgungsstruktureller auswirkungen - schon im hinblick auf negative städtebauliche auswirkungen in dem zentralen versorgungsbereich der antragstellerin, auf die sich die antragstellerin nach § 2 abs. satz 2 baugb berufen kann. dabei ist zu berücksichtigen, dass schutzgut des § 2 abs. 2 satz 2 baugb - anders als im rahmen von § 34 abs. 3 baugb - nicht nur die in der jeweiligen nachbarkommune vorhandenen zentralen versorgungsbereiche sind, sondern darüber hinaus auch die von der nachbargemeinde geplante weitere entwicklung dieser bereiche. 36vgl. söfker, in ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, § 2 rn. 131 ff., m. w. n. 37im bereich der antragstellerin ist etwa hinsichtlich der sortimentsgruppe leuchten nach dem von ihr vorgelegten gutachten von k. und l1. von oktober 2012 ein umsatzrückgang von 32 % zu erwarten (seite 45 des gutachtens). zwar ist das dort als zentrenrelevant eingestufte sortiment leuchten in dem vorhandenen zentralen versorgungsbereich der antragstellerin nach den feststellungen des gutachtens nur untergeordnet repräsentiert; das angebot in dieser sortimentsgruppe soll aber nach den ausführungen der gutachter (seite 46 des gutachtens) ausweislich des einzelhandelskonzepts der antragstellerin gestärkt werden, so dass hier jedenfalls das schutzgut „entwicklung des zentralen versorgungsbereichs“ betroffen ist. dass die im gutachten von k. und l1. aus oktober 2012 angestellten überlegungen den alten, vom senat in 2013 für unwirksam erklärten bebauungsplan, betreffen, ändert nichts an der rechtlichen beurteilung. sie sind auf den hier zu prüfenden bebauungsplan jedenfalls bezogen auf die sortimentsgruppen leuchten übertragbar, weil auch der neue bebauungsplan unverändert für leuchten eine verkaufsfläche von 1.500 m² vorsieht. 38soweit der prozessbevollmächtigte der beigeladenen dem entgegenhält, auch ein in c1. außerhalb des zentralen versorgungsbereichs ansässiges möbelhaus biete leuchten auf einer ähnlich großen verkaufsfläche wie das geplante vorhaben an, so dass nicht erkennbar sei, welche städtebaulichen auswirkungen das geplante vorhaben für den zentralen versorgungsbereich der antragstellerin haben könnte, führt dies zu keinem anderen ergebnis. denn der senat vermag nicht zu ersehen, dass und inwieweit dadurch die nach dem genannten gutachten zu erwartenden erheblichen einwirkungen auf die entwicklung des zentralen versorgungsbereichs in hier wesentlicher weise vermindert werden. allein der umstand, dass in der betroffenen gemeinde selbst die fragliche sortimentsgruppe an einem nicht integrierten standort angeboten wird, hindert die gemeinde im regelfall und auch vorliegend nicht, sich gegen weitere entwicklungen zu wenden, die sich negativ auf ihre zentralen versorgungsbereiche auswirken. 39der hinweis der beigeladenen auf das urteil des 10. senats des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen vom 1.12.2015 - 10 d 92/13.ne - (juris) führt ebenfalls nicht zu einer anderen beurteilung. die dortigen ausführungen betreffen die begründetheit des normenkontrollantrages und stellen den dort maßgeblichen prüfungsmaßstab dar. 40die antragstellerin ist mit ihren einwendungen auch nicht gemäß § 47 abs. 2a vwgo präkludiert. nach § 47 abs. 2a vwgo in der fassung des gesetzes vom 21.12.2006 ( bgbl. i s. 3316) ist der antrag einer natürlichen oder juristischen person, der einen bebauungsplan zum gegenstand hat, unzulässig, wenn die den antrag stellende person nur einwendungen geltend macht, die sie im rahmen der öffentlichen auslegung (§ 3 abs. 2 baugb) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese rechtsfolge im rahmen der beteiligung hingewiesen worden ist. die antragstellerin hat während der öffentlichen auslegungen des jeweiligen planentwurfes gemäß § 3 abs. 2 baugb rechtzeitig, nämlich mit schreiben vom 7.4.2014 und vom 14.11.2014, einwendungen - u. a. wegen eines verstoßes gegen § 1 abs. 4 baugb und einer zu gering veranschlagten flächenproduktivität - gegen den bebauungsplan erhoben. mit der antragsschrift hat die antragstellerin ebenfalls einen verstoß gegen § 1 abs. 4 baugb und die zu gering angesetzte umsatzerwartung und damit zusammenhängende auswirkungen auf die städtebauliche ordnung gerügt. 41§ 47 abs. 2a vwgo verlangt nur, dass der antragsteller bei der planaufstellung überhaupt rechtzeitig einwendungen erhebt und jedenfalls eine dieser einwendungen im normenkontrollverfahren geltend macht. er ist nicht gehindert, sich im normenkontrollverfahren zudem auch auf solche einwendungen zu berufen, die er zuvor nicht geltend gemacht hat. 42vgl. bverwg, urteil vom 24.3.2010 - 4 cn 3.09 -, brs 76 nr. 66 = baur 2010, 1051; ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 43es fehlt der antragstellerin nicht am rechtsschutzbedürfnis. insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass das vorhaben aufgrund einer bestandskräftigen baugenehmigung tatsächlich vollständig realisiert oder eine entscheidung im normenkontrollverfahren für die antragstellerin aus anderen gründen nutzlos wäre. 44vgl ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 45mit der bauausführung wurde zwar begonnen und noch dieses jahr soll ein möbelmarkt mit einer verkaufsfläche von unter 30.000 m² eröffnet werden. damit ist aber weder die streitgegenständliche planung ausgeschöpft, noch ist die zugrundeliegende baugenehmigung bestandskräftig. 46der normenkontrollantrag ist auch begründet. der bebauungsplan ist unwirksam. 47der bebauungsplan verstößt im hinblick auf den einschlägigen regionalplan gegen das anpassungsgebot aus § 1 abs. 4 baugb. 48gemäß § 1 abs. 4 baugb sind die bauleitpläne den zielen der raumordnung anzupassen. gemäß § 3 abs. 1 nr. 2 rog sind ziele der raumordnung verbindliche vorgaben in form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom träger der landes- oder regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen festlegungen in raumordnungsplänen zur entwicklung, ordnung und sicherung des raums. raumordnungspläne i. s. d. § 1 abs. 1 rog sind gemäß § 2 abs. 1 lplg u.a. die regionalpläne. 49der regionalplan für den regierungsbezirk l. , teilabschnitt region l. , bestimmt in ziffer b. 2.1 als ziel 1, dass in der bauleitplanung sondergebiete für einkaufszentren, großflächige einzelhandelsbetriebe und handelsbetriebe im sinne von § 11 abs. 3 baunvo nur in allgemeinen siedlungsbereichen (asb) geplant werden dürfen. der senat hat keinen zweifel, dass es sich dabei nicht nur der bezeichnung, sondern auch der sache nach um ein ziel der raumordnung und landesplanung im sinne von § 1 abs. 4 baugb handelt. mit diesem ziel steht die in dem bebauungsplan vorgenommene sondergebietsfestsetzung nicht in einklang. 50der hier einschlägige regionalplan für den regierungsbezirk l. , teilabschnitt region l. , in der fassung der 17. änderung - umwandlung von gewerbe- und industrieansiedlungsbereich in allgemeinen siedlungsbereich - (gv. nrw., seite 428), deren wirksamkeit der senat zugunsten der antragsgegnerin und der beigeladenen unterstellt, sieht zwar ausweislich der zeichnerischen darstellung im bereich des bebauungsplans einen asb vor. jedoch überschreitet das festgesetzte sondergebiet, das einen großflächigen einzelhandelsbetrieb i. s. d. § 11 abs. 3 baunvo in form eines möbelhauses mit 43.000 m² verkaufsfläche an diesem standort ermöglichen soll, die grenze des als asb ausgewiesenen bereichs in erheblicher weise und liegt mit mindestens ca. 2 ha in einem gewerbe- und industrieansiedlungsbereich (gib), der schon nach dem regionalplan - wie ausgeführt - für eine derartige festsetzung nicht zur verfügung steht. 51entgegen der begründung des bebauungsplans, das geplante sondergebiet stehe deshalb nicht im widerspruch zum regionalplan, weil dieser nicht parzellenscharf und die außerhalb des asb liegende fläche von weniger als 10 ha nicht darstellungsrelevant sei, enthält die darstellung in der 17. änderung des regionalplans im fraglichen bereich eine hinreichend genaue festlegung der grenzen des asb. der planzeichnung der 17. änderung des regionalplans für den regierungsbezirk l. , teilabschnitt region l. , ist in verbindung mit seiner begründung und den aufstellungsvorgängen die grenze des dort festgesetzten asb hinreichend deutlich zu entnehmen. 52nach ziffer a.2 (2) satz 1 der textlichen darstellung des regionalplans für den regierungsbezirk l. , teilabschnitt region l. , sind die bereichsabgrenzungen in der zeichnerischen darstellung gebietsscharf aber nicht parzellenscharf; d.h. sie sind ohne ansehen der grundstücksgrenzen so generalisiert, dass die zuordnung einzelner grundstücke in den randbereichen in der regel noch interpretierbar bleibt. nach satz 2 der ziffer a.2 (2) satz 1 der textlichen darstellung beginnt die regionalplanerische darstellungsfähigkeit - von ausnahmen abgesehen - bei einer größenordnung von 10 ha. 53eine solche ausnahme liegt hier vor. ein "interpretationsspielraum" kommt jedenfalls dort nicht in betracht, wo sich jenseits einer maßstabsbedingten unschärfe der zeichnerischen darstellung aus anderen umständen der grenzverlauf genauer ergibt. dies kann etwa der fall sein, wenn die gebietsgrenze sich erkennbar an natürlichen gegebenheiten wie einem flusslauf, an bereits vorhandener infrastruktur oder an einer geographischen grenze orientiert. entsprechende hinweise können sich nicht nur aus der zeichnerischen darstellung, sondern auch aus den planerläuterungen oder aufstellungsunterlagen ergeben. 54vgl. ovg nrw, urteil vom 30.9.2014 - 8 a 460/13 -, brs 82 nr. 111. 55hier wird der festgesetzte asb in drei himmelsrichtungen durch entsprechende infrastruktureinrichtungen, nämlich durch die eisenbahnstrecke l. -n. im nordosten, die k6 im westen und die k9 im nordwesten begrenzt. seine ausdehnung nach süden lässt sich auch unter zugrundelegung eines maßstabes von 1: 50.000 mit blick auf die farbige kennzeichnung durch abgreifen auf der karte jedenfalls in der weise bestimmen, dass sich eine gesamtflächengröße von ca. 5 ha ergibt. entsprechendes ergibt sich aus den aufstellungsvorgängen und der planbegründung. bereits im antrag der antragsgegnerin vom 10.3.2008 wird ausgeführt, dass es planerische absicht sei, im flächennutzungsplan eine ca. 5 ha große gewerbegebietsfläche zu einem sondergebiet umzuplanen. der regionalrat werde gebeten, eine beschlussvorlage zu unterbreiten, der zufolge der regionalrat der bezirksplanungsbehörde den auftrag erteile, den für den ansiedlungsstandort ausgewiesenen gib im regionalplanerisch erforderlichen umfang in einen asb umzuwandeln. in der vorlagebegründung zum beschluss des regionalrates vom 12.12.2008 wird dann unter der überschrift „regionalplanerische bewertung“ ausdrücklich ausgeführt, dass mit der regionalplanänderung die umwandlung von gib in asb mit einer größenordnung von ca. 5 ha beabsichtigt ist. in der planbegründung wird schließlich ausgeführt, dass anlass der regionalplanänderung die städtebaulichen zielsetzungen der stadt q. für einen ca. 5 ha großen bereich am südlichen ortsrand von q. seien. im hinblick auf diese feststellungen erscheint es dem senat ausgeschlossen, die „10 ha-regel“ oder aus anderen gründen einen interpretationsspielraum zugrunde zu legen, der das mindestens 7 ha große sondergebiet in dem streitigen bebauungsplan ausreichend rechtfertigen könnte. 56soweit die beigeladene dem entgegen hält, maßgeblich müsse der vergleich zwischen dem für q. insgesamt ausgewiesenen mehrere 100 ha erfassenden asb und der festgestellten bereichsüberschreitung sein, vermag der senat dem mit blick auf die vorstehend aufgeführten besonderheiten nicht zu folgen. ebenso ist es aus sicht des senats nicht von durchgreifender bedeutung, ob die beigeladene auf der fläche des mit der 17. änderung des regionalplans für den regierungsbezirk l. , teilabschnitt region l. , festgesetzten asb ein möbelhaus mit der streitgegenständlichen verkaufsfläche - z. b. durch schaffung einer tiefgarage - verwirklichen könnte. der einwand der beigeladenen in der mündlichen verhandlung, das plangebiet liege nur mit einem „untergeordneten“ teil des gebäudes und der park- und grünfläche außerhalb des asb, rechtfertigt kein anderes ergebnis. ziel 1 des regionalplans stellt klar, dass das hier zu beurteilende sondergebiet nur in einem asb festgesetzt werden darf. 57zudem leidet der bebauungsplan an einem zu seiner unwirksamkeit führenden abwägungsmangel. 58gemäß § 1 abs. 7 baugb sind die öffentlichen und privaten belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. das abwägungsgebot umfasst als verfahrensnorm das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials (vgl. § 2 abs. 3 baugb), inhaltlich stellt es anforderungen an den abwägungsvorgang und an das abwägungsergebnis. in die abwägung ist all das an belangen einzustellen, was nach lage der dinge in sie eingestellt werden muss. unbeachtlich sind belange (nur), wenn sie für die gemeinde bei der entscheidung über den plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keinen städtebaulichen bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren fortbestand kein schutzwürdiges vertrauen besteht. 59vgl. etwa bverwg, urteil vom 9.4.2008 - 4 cn 1.07 -, brs 73 nr. 31; ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 60gemäß § 2 abs. 2 satz 1 baugb sind die bauleitpläne benachbarter gemeinden aufeinander abzustimmen. dabei können sich gemeinden auch auf die ihnen durch ziele der raumordnung zugewiesenen funktionen sowie auf auswirkungen auf ihre zentralen versorgungsbereiche berufen (§ 2 abs. 2 satz 2 baugb). das interkommunale abstimmungsgebot stellt sich als eine besondere ausprägung des abwägungsgebots dar. 61vgl. ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 62den aus diesen gesetzlichen vorgaben folgenden anforderungen genügt die strittige planung nicht. 63die bedeutung des § 2 abs. 2 baugb im rahmen des allgemeinen abwägungsgebots liegt darin, dass eine gemeinde, die ihre eigenen vorstellungen selbst um den preis von gewichtigen auswirkungen für die nachbargemeinde durchsetzen möchte, bei ihrer planung einem erhöhten rechtfertigungszwang unterliegt. die bestimmung verleiht dem interesse der nachbargemeinde, vor nachteilen bewahrt zu werden, besonderes gewicht. sie verlangt einen interessenausgleich zwischen den beteiligten gemeinden und fordert dazu eine koordination der gemeindlichen interessen. die nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen absichten sie für ihr gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare auswirkungen gewichtiger art auf dem benachbarten gemeindegebiet zur wehr setzen. umgekehrt lässt sich § 2 abs. 2 baugb aber nicht entnehmen, dass eine planung, die durch auswirkungen gewichtiger art gekennzeichnet ist, bereits aus diesem grund zugleich gegen das abwägungsgebot verstieße, wenn sie nicht in koordination mit der benachbarten gemeinde erfolgt. auch hier gilt, dass selbst gewichtige belange im wege der abwägung überwunden werden dürfen, wenn noch gewichtigere ihnen im rang vorgehen. maßgebend bleibt die reichweite der auswirkungen. rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche auswirkungen reichen hierfür nicht aus. das interkommunale abstimmungsgebot schützt nicht den in der nachbargemeinde vorhandenen einzelhandel vor konkurrenz, sondern nur die nachbargemeinde als selbstverwaltungskörperschaft und trägerin eigener planungshoheit. die befürchteten auswirkungen müssen sich gerade auf die städtebauliche ordnung und entwicklung in der nachbargemeinde beziehen. 64vgl. bverwg, beschluss vom 14.4.2010 - 4 b 78.09 -, dvbl. 2010, 839, und urteil vom 1.8.2002 - 4 c 5.01 -, brs 65 nr. 10.; ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 65ob sich die zulassung eines einzelhandelsbetriebs oder mehrerer einzelhandelsbetriebe unmittelbar und gewichtig auf die nachbargemeinde auswirkt und dabei rücksichtslos ist, ist im jeweiligen einzelfall anhand verschiedener faktoren zu beurteilen. städtebauliche konsequenzen einer planung zeigen sich etwa dann, wenn eine schädigung des einzelhandels in der nachbargemeinde die verbrauchernahe versorgung der dortigen bevölkerung in frage stellt oder die zentrenstruktur der nachbargemeinde nachteilig verändert. im zusammenhang mit der planung von einzelhandelsprojekten kann insoweit der abfluss bislang in der nachbargemeinde absorbierter kaufkraft einen wesentlichen - wenn auch nicht den einzigen - indikator darstellen. der - gutachterlich prognostizierte - kaufkraftabfluss ist typischerweise die kenngröße, anhand derer die intensität der belastung der nachbarkommunen ermittelt werden kann. allerdings handelt es sich bei dem kriterium „kaufkraftabfluss“ zunächst um eine wirtschaftliche bezugsgröße, deren städtebauliche bedeutung sich erst bei überschreiten der städtebaulichen relevanzschwelle ergibt. nichts anderes gilt für den umstand, dass sich das wirtschaftliche umfeld des einzelhandels in der nachbargemeinde verändert und sich dessen konkurrenzsituation verschlechtert. überschritten ist die städtebauliche relevanzschwelle erst dann, wenn ein umschlag von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen auswirkungen stattzufinden droht. 66vgl. ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 67ein bestimmter „schwellenwert“ für einen städtebaulich beachtlichen kaufkraftabfluss ist gesetzlich nicht vorgegeben. prozentual ermittelte - und prognostisch nur bedingt verlässlich greifbare - umsatzumverteilungssätze lassen nicht lediglich einen einzigen „logischen“ schluss zu. in der tendenz kann - faustformelartig - davon ausgegangen werden, dass erst umsatzverluste ab einer größenordnung von mehr als 10 % als gewichtig anzusehen sind. allerdings bietet das 10 %-kriterium nicht mehr als einen anhalt. es muss im zusammenhang mit den sonstigen einzelfallumständen gewertet werden. 68vgl. ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 69im hinblick auf die größe des vorliegend geplanten einzelhandelsbetriebes einerseits und die einwohnerzahl der antragsgegnerin andererseits bestand hier in besonderem maße anlass, sachgerecht zu ermitteln, ob die geplante ansiedlung des möbelhauses der beigeladenen für die nachbargemeinden mit relevanten kaufkraftabflüssen und infolgedessen mit unzumutbaren städtebaulichen auswirkungen verbunden ist. dieser anforderung hat die antragsgegnerin erneut nicht genügt. die von t. erstellten verträglichkeitsanalysen und stellungnahmen vom 10.2.2014, 11.2.2014 und 30.4.2014, auf die sich die antragsgegnerin bei ihrem satzungsbeschluss gestützt hat und die deshalb für die rechtliche bewertung allein maßgeblich sind, 70vgl. zum maßgeblichen zeitpunkt senatsurteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, 71genügen nicht den rechtlichen anforderungen. dies gilt auch bei berücksichtigung der ergänzenden gutachterlichen stellungnahme von t. vom 23.8.2016. 72in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass marktgutachten grundsätzlich eine taugliche methode sind, um den durch das vorhaben bedingten voraussichtlichen kaufkraftabfluss anhand von branchenspezifischen erfahrungswerten zur üblichen flächenproduktivität zu prognostizieren. 73vgl. bverwg, beschluss vom 3.8.2011 - 4 bn 15.11 -, brs 78 nr. 49. 74im rahmen solcher untersuchungen lassen sich die auswirkungen allerdings naturgemäß nicht exakt vorherbestimmen und qualifizieren. derartige gutachten stellen lediglich eine prognose dar, die das gericht nur darauf zu prüfen hat, ob diese mit den im maßgebenden zeitpunkt verfügbaren erkenntnismitteln unter beachtung der für sie erheblichen umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. das gericht überprüft insoweit die wahl einer geeigneten fachspezifischen methode, die zutreffende ermittlung des der prognose zugrunde liegenden sachverhalts und ob das ergebnis einleuchtend begründet worden ist. ferner ist zu fragen, ob die mit jeder prognose verbundene ungewissheit künftiger entwicklungen in einem angemessenen verhältnis zu den eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. es ist hingegen nicht aufgabe des gerichts, das ergebnis einer auf diese weise sachgerecht erarbeiteten prognose als solches darauf zu überprüfen, ob die prognostizierte entwicklung mit sicherheit bzw. größerer oder geringerer wahrscheinlichkeit eintreten wird oder kann. 75vgl. bverwg, urteil v. 8.7.1998 - 11 a 53.97 -, dvbl. 1998, 1188; ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 76die vorbeschriebenen anforderungen erfüllen die vorbezeichneten gutachten von t. nicht. es fehlt an einer hinreichend sachgerechten ermittlung der voraussichtlichen flächenproduktivität des vorhabens, die grundlage für die prognose der kaufkraftabflüsse ist. 77vorliegend handelt es sich um einen angebotsbebauungsplan, der auf die verwirklichung eines konkreten vorhabens ‑ hier eines möbelhauses der beigeladenen mit den in den planbegründungen genannten eckdaten - ausgerichtet ist. zwar konnte der plangeber davon absehen, einen vorhabenbezogenen bebauungsplan i. s. d. § 12 baugb zu erlassen, 78vgl. zur zulässigkeit einer derartigen vorgehensweise: ovg nrw, urteile vom 13.9.2012 - 2 d 38/11.ne, juris, und vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, 79jedoch war die antragsgegnerin gehalten, die auswirkungen gerade eines solchen vorhabens hinreichend in rechnung zu stellen, wie es von der beigeladenen für das plangebiet konkret vorgesehen ist. maßgeblich für die beurteilung der infolge dieses vorhabens zu erwartenden kaufkraftverluste im rahmen des interkommunalen abstimmungsgebotes ist eine - realitätsnahe - betrachtung des worst-case, also des aus sicht der nachbargemeinden unter realistischen annahmen ungünstigsten falles. 80vgl. bverwg, urteil vom 27.3.2013 - 4 cn 6.11 -, baur 2013, 1402; ovg nrw, urteil vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, m. w. n. 81dies ist auf grundlage der gutachten von t. nicht ausreichend geschehen, die im rahmen eines worst-case-szenarios lediglich von einer flächenproduktivität des geplanten möbelmarktes von 2.700 euro pro qm verkaufsfläche und damit von einem wert ausgehen, der nach dem inhalt der akten weit hinter dem durchschnitt der entsprechenden werte der übrigen „großen“ möbelmärkte der beigeladenen zurückbleibt. diese differenz wird in den gutachten von t. nicht hinreichend erklärt, wobei der senat berücksichtigt, dass einer der bestehenden „großen“ märkte, nämlich jener in x. , eine noch größere verkaufsfläche aufweist als der geplante markt, wie der prozessbevollmächtigte der beigeladenen in der mündlichen verhandlung hervorgehoben hat. die gutachterlichen stellungnahmen von t. stellen zur begründung ihrer annahme, der geplante weitere „große“ markt werde ein weitaus geringeres betriebsergebnis erzielen, im wesentlichen auf das an dem neuen standort bestehende wettbewerbsumfeld ab. das genügt nicht den anforderungen an ein marktgutachten. 82der senat hat schon in den urteilen vom 2.10.2013 ausgeführt, dass bei einer realitätsnahen worst-case betrachtung zu berücksichtigen ist, dass die für die beurteilung von kaufkraftverlusten relevanten wettbewerbsumfelder nicht statisch sind, sondern veränderungen unterliegen, und in rechnung zu stellen ist, dass die ansiedlung eines neuen großen einzelhandelsbetriebes zu einer nicht unwesentlichen lichtung der wettbewerbsdichte führen kann. 83vgl. ovg nrw, urteile vom 2.10.2013 - 7 d 18/13.ne -, brs 81 nr. 11 = baur 2014, 221, und - 7 d 19/13.ne -, juris. 84dies ist gerade dann zu beachten, wenn die ansiedlung eines einzelhandelsbetriebes geplant wird, der bekanntermaßen im verhältnis zur großen mehrzahl seiner konkurrenten eine überlegene leistungsfähigkeit aufweist, wie das hier nach den vorliegenden unterlagen für das möbelhaus t. anzunehmen ist. eine entsprechende beurteilung ist in den gutachten von t. vom 10./11.2.2014 und 30.4.2014 nicht erfolgt. im gegenteil haben die gutachter in ihrer stellungnahme vom 23.8.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht branchenüblich sei, solche möglichen veränderungen von wettbewerbsumfeldern zu berücksichtigen. das szenario sei „als hypothetisches modell für die gutachterliche arbeit als grundsätzliche arbeitsgrundlage bürointern geprüft und als für eine prognose nicht hinreichend realitätsnah verworfen“ worden. solch ein szenario werde in der regel nur dann verwendet, wenn perspektivische betriebsaufgaben zum prognosezeitpunkt konkret bekannt seien. mit diesen erwägungen setzen sich die gutachter in widerspruch zu den in den senatsentscheidungen aus 2013 formulierten anforderungen, von denen auch die vom prozessbevollmächtigten der beigeladenen zitierte rechtsprechung des 10. senats des erkennenden gerichts, 85vgl. urteil vom 1.12.2015 - 10 d 92/13.ne -, juris, 86nicht abweicht. soweit dem standpunkt von t. die erwägung zugrunde liegt, das ausscheiden oder hinzutreten von wettbewerbern sei - über bereits angekündigte betriebsschließungen oder neueröffnungen hinaus - schwer vorherzusagen, ist dem entgegenzuhalten, dass prognoseschwierigkeiten regelmäßig und auch in diesem zusammenhang mit der zugrundelegung einer bandbreite von entwicklungsmöglichkeiten rechnung zu tragen ist, die die gegebene ungewissheit im sinn einer realitätsnahen worst-case-betrachtung abdeckt. derartige prognoseschwierigkeiten rechtfertigen es nicht, der prognose hinsichtlich des wettbewerbsumfeldes im wesentlichen den status quo zugrunde zu legen. der senat hat auch nicht nachvollziehen können, dass das ausscheiden einzelner mitbewerber regelmäßig nicht zu unter dem blickwinkel des § 2 abs. 2 baugb relevanten städtebaulichen auswirkungen führt, wie es sinngemäß auf seite 32 ff. der ergänzenden gutachterlichen stellungnahme von t. vom 23.8.2016 und auch vom prozessbevollmächtigten der beigeladenen in der mündlichen verhandlung ausgeführt worden ist. schon das ausscheiden eines einzelnen mitbewerbers kann gegebenenfalls in einer nachbargemeinde die wohnortnahe versorgung mit möbeln gefährden und ist jedenfalls dann versorgungsstrukturell relevant. 87vgl. zur relevanz versorgungsstruktureller auswirkungen etwa ovg nrw, beschluss vom 28.10.2011 - 2 b 1037/11 -, brs 78 nr. 51. 88ungeachtet dessen vermag es der senat nach dem maßstab einer realitätsnahen worst-case betrachtung nicht als hinreichend gerechtfertigt anzusehen, - wie in der modellrechnung von t. a.a.o., seite 34, geschehen - davon auszugehen, dass sich die mit einem marktaustritt frei werdende nachfrage in absolut gleichen beträgen (jeweils + 10) auf unterschiedlich umsatzstarke konkurrenten im näheren umfeld verteilt. bei einer realitätsnahen worst-case betrachtung wird nicht nur eine - gemessen an den gegebenen umsatzstärken - proportionale verteilung der frei werdenden nachfrage zu prüfen sein, sondern auch eine disproportionale entwicklung zu gunsten eines besonders leistungsfähigen markteilnehmers, um den es sich bei der beigeladenen wie bereits ausgeführt handelt. eine derartige „umsatzverschiebung“ dürfte dann auch nicht mehr die annahme ausschließen, dass sich möglicherweise auch mehr als ein mitbewerber in dem betroffenen bereich zurückzieht. 89der mithin gegebene abwägungsmangel ist auch gemäß § 214 abs. 3 satz 2 halbsatz 2 baugb erheblich, weil er offensichtlich und auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen ist. die offensichtlichkeit des mangels folgt daraus, dass er sich aus den planungsunterlagen ergibt. er ist auch auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen, weil die konkrete möglichkeit in rechnung zu stellen ist, dass die planung ohne den mangel, also bei berücksichtigung einer wesentlich höheren flächenproduktivität, anders ausgefallen wäre. 90der mangel ist gemessen an § 215 baugb auch nicht wegen fristablaufs unbeachtlich geworden und führt ersichtlich zur gesamtunwirksamkeit des plans. 91unter zugrundelegung der vorstehenden erwägungen war der senat nicht gehalten, den in der mündlichen verhandlung gestellten beweisanträgen der antragsgegnerin nachzugehen. der beweisantrag zu 1. ist auf die beantwortung einer rechtsfrage gerichtet; zudem ist das beweismittel „ortsbesichtigung“ untauglich zur feststellung der lage und ausdehnung des asb. der beweisantrag zu 2. war ebenfalls abzulehnen. soweit er die anforderungen an ein marktgutachten thematisiert, betrifft er ebenfalls eine rechtsfrage. ob es sich bei den von t. zugrunde gelegten marktabschöpfungsquoten um „gesetzte werte“ handelt, ist nach obigen ausführungen nicht entscheidungserheblich. ebenso ist es nicht entscheidungsrelevant, ob das vorhaben der beigeladenen dem in der werbung der beigeladenen geprägten begriff des „giganten“ unterfällt. ob in den gutachten von stadt und handel mögliche veränderungen des wettbewerbsumfeldes behandelt werden, bedarf keines sachverständigenbeweises, sondern kann vom senat selbst beurteilt werden. schließlich bedarf es auch nicht der erhebung eines sachverständigenbeweises zu der behauptung, dass die ansiedlung nicht zu einer erheblichen lichtung der wettbewerbsdichte am standort q. führt. der senat hat bereits in seinen urteilen vom 2.10.2013 dazu ausgeführt, dass, um den anforderungen aus dem abwägungsgebot zu genügen, dem satzungsgeber zum zeitpunkt des satzungsbeschlusses in fällen der vorliegenden art gutachterliche feststellungen vorliegen müssen, die die im maßgeblichen zeitpunkt verfügbaren erkenntnismittel unter beachtung der für sie erheblichen umstände sachgerecht erarbeitet haben und die prognoseergebnisse einleuchtend begründen. diesen anforderungen genügen die gutachterlichen äußerungen von t. auch dann nicht, wenn sich die unter beweis gestellte annahme im ergebnis als zutreffend erweist. 92die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1 und abs. 3, 159 satz 2 vwgo. es entspricht der billigkeit, die beigeladene an den kosten zu beteiligen, da ihr antrag keinen erfolg hat. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo und den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 93die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
329,672
1 O 448/19
"2020-07-01T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Amtshaftungsansprüche im Hinblick auf den sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ geltend. 3Die Klägerin, wohnhaft in X, erwarb am 30.07.2015 den streitgegenständlichen Pkw der Marke W Y 2,0 $$$ zum Kaufpreis von 30.051,76 € (Anlage K3). 4Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs $$### ausgestattet und mit der Abgasnorm EURO 5 zertifiziert. Die ursprünglich verbaute Software der Motorsteuergeräte verfügte über eine Umschaltlogik, die erkennt, wenn das Fahrzeug den sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. 5Bei dem NEFZ handelt es sich um einen gesetzlich vorgegebenen Testlauf, der aus fünf synthetischen Fahrkurven besteht. Im NEFZ werden bei Testfahrzeugen unter Laborbedingungen die für die Erlangung einer Typengenehmigung maßgeblichen Abgaswerte gemessen. Denn Hersteller von Fahrzeugen müssen nach der VO (EG) Nr.715/2007 (Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge nachweisen, dass die von ihnen produzierten (Neu-) Fahrzeuge über eine Typengenehmigung verfügen. Zur Erlangung dieser Typengenehmigung müssen die Fahrzeuge bestimmte, unter diesen Laborbedingungen gemessene, Emissionsgrenzwerte einhalten. 6Erkennt die im streitgegenständlichen Fahrzeug ursprünglich installierte Software diese Testbedingungen des NEFZ, so wird die Abgasrückführung des Fahrzeuges so gesteuert, dass möglichst wenig Stickoxide (NOx) ausgestoßen werden („NOx-optimierter Modus 1“). Im normalen Fahrbetrieb und Straßenverkehr ist hingegen der „Abgasrückführungs-Modus 0“ aktiv, weshalb die NOx-Emissionen dann höher sind. 7Am 22.09.2015 informierte die I AG die Öffentlichkeit per Ad-Hoc-Mitteilung über Unregelmäßigkeiten bei der verwendeten Motorsteuerungssoftware und eine festgestellte auffällige Abweichung zwischen Emissionswerten auf dem Prüfstand und realem Fahrbetrieb. Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete mit Bescheid vom 15.10.2015 zunächst den Rückruf aller mit dem Motortyp $$### EU5 und der beschrieben Umschaltlogik versehenen Fahrzeuge an, wobei es der I AG aufgab nachzuweisen, dass die beschriebene Umschaltlogik, welche als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft werde, entfernt worden sei. Dies machte das Kraftfahrt-Bundesamt durch Pressemitteilung vom 16.10.2015 öffentlich. Später genehmigte das Kraftfahrt-Bundesamt ein von der I AG für diesen Motortyp entwickeltes Softwareupdate, welches die Klägerin in der Folgezeit auch aufspielen ließ. 8Die Klägerin behauptet, Halterin und Eigentümerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu sein. Ein bei dem Landgericht Bonn unter dem Aktenzeichen 17 O 382/19 anhängiges Klageverfahren vom 10.12.2019 sei noch nicht abgeschlossen und eine Ausgleichszahlung und Rückabwicklung noch nicht vorgenommen worden. Durch das Aufspielen des Software-Updates drohten der Klägerin erhebliche Nachteile, etwa in Form des Mehrverbrauchs von Kraftstoff, einer Minderleistung, höheren Partikelausstoßes, Verkürzung der Lebenszeit des Dieselpartikelfilters sowie des Motors und sonstiger Teile, sowie eine höhere Geräuschentwicklung. Insoweit entstünden der Klägerin nicht vorgesehene zusätzliche Kosten von ca. 3.000,00 € bis 4.000,00 €. Außerdem weise das streitgegenständliche Fahrzeug infolge der Manipulation einen merkantilen Minderwert von mindestens 10 Prozent auf, es sei nur noch mit erheblichen Abschlägen verkäuflich. Zudem sei die Klägerin infolge der Manipulation Kfz-Steuernachforderungen ausgesetzt. Hätte die Klägerin von der Manipulation des Fahrzeugs gewusst, hätte sie es nicht erworben. Sie hätte den behaupteten Schaden nicht erlitten, wenn die Beklagte wirksame und abschreckende Sanktionen im Sinne des Art. 46 der RL 46/2007/EG in Umsetzung der Richtlinie geschaffen und nicht rechtswidrig eine Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erteilt hätte. Hätte die Beklagte eine entsprechende Umsetzung vorgenommen, wäre die Herstellerin des steitgegenständlichen Fahrzeugs das Risiko der Manipulation nicht eingegangen. Die Typengenehmigung wäre zu versagen gewesen, wenn die Beklagte ihren Überwachungspflichten gegenüber der Automobilindustrie ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Auch sei der Beklagten bereits lange Zeit vor Bekanntwerden des Dieselskandals in 2015, spätestens ab 2007 bzw. 2008 infolge des Vorliegens von Anhaltspunkten für Manipulationen in der Automobilindustrie, das Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen bekannt gewesen. Auch nach dem öffentlichen Bekanntwerden des Abgasskandals in 2015 habe die Beklagte unzureichende Kontrollen vorgenommen und den weiteren Verkauf von manipulierten Fahrzeugen erst ermöglicht. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, ohnehin liege infolge der Einleitung eines europäischen Vertragsverletzungsverfahrens ein hinreichend qualifizierter Verstoß der Beklagten gegen Unionsrecht vor. 9Die Klägerin beantragt, 10festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr bezüglich des Fahrzeugs W Y 2,0 $$$ mit der FIN $$$$$$#$$$$###### die Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstehen, 11a. dass es die Beklagtenpartei unterlassen hat, aufgrund Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu erlassen; 12b. hilfsweise: dass die Beklagtenpartei die Typengenehmigung vom 29.09.2014 mit der Typengenehmigungsnummer e1*2001/116*0450*20 erteilt hat. 13Die Beklagte beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Sie behauptet, die I AG habe bereits im Jahr 2015 zugesagt, etwaige Nachzahlungen bei der KfZ-Steuer zu übernehmen und insoweit auch die EU-Finanzminister darum ersucht, mögliche Steuernachzahlungen direkt dem Konzern in Rechnung zu stellen. Das Fahrzeug entspreche durch Aufspielen des Software-Updates den Vorgaben der EG-Typengenehmigung und es bestehe aus diesem Grund kein Risiko der Fahrzeugstillegung. Sie ist der Auffassung, die Klägerin könne einen erstattungsfähigen Schaden nicht geltend machen, da sie sich bei dem Hersteller bzw. Verkäufer des Fahrzeugs schadlos halten könne. Ohnehin bezwecke das harmonisierte Typengenehmigungsrecht nicht die Verleihung individueller Rechte für einzelne Fahrzeugkäufer. Auch habe die Beklagte die genannte Richtlinie ermessensfehlerfrei umgesetzt, insbesondere unionsrechtskonforme Sanktionen in Form von Geldbußen sowie straf- und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen vorgehalten, bzgl. derer die Beklagte behauptet, dass sie auch tatsächlich verhängt worden seien. Weiter gehe ohnehin der Kauf des manipulierten Fahrzeugs auf das fehlerhafte Verhalten des Herstellers und nicht auf eine vermeintlich unzureichende Richtlinienumsetzung zurück. Auch seien die Prüf- und Überwachungspflichten eingehalten worden. Des Weiteren hätten weder das Kraftfahrtbundesamt noch die Beklagte Kenntnis oder einen begründeten Verdacht betreffend der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen gehabt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die diesen beigefügten Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 10.06.2020 Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18I. 19Die zulässige Klage ist sowohl betreffend des Haupt- als auch des Hilfsantrags unbegründet. 20Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch der Klägerin ergibt sich unabhängig von der Frage ihrer Eigentümerstellung weder aus einer rechtswidrigen Umsetzung des Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG, noch aus einer rechtswidrigen Erteilung der Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug. 21Denn sowohl bei der Umsetzung der genannten Richtlinie, als auch bei der Erteilung der Typengenehmigung fehlt es ungeachtet der Frage, ob die zugrunde liegenden Regelungen überhaupt dem Individualschutz dienen, nach Auffassung der Kammer jedenfalls an einem erforderlichen hinreichend qualifizierten Verstoß. 22Mit Rücksicht auf das in der Regel unerlässlich weite Ermessen bei der Durchführung einer Gemeinschaftspolitik wird eine Haftung der Union insoweit nur dann ausgelöst, wenn das betreffende Organ die Grenzen seiner Befugnisse offenkundig und erheblich überschreitet (vgl. BeckOGK/Dörr, 15.4.2020, BGB § 839 Rn. 901; EuGH Urt. v. 5.3.1996 –C-46/93 u. EUGH n C-48/93). Zur Beurteilung, wann ein solcher qualifizierter Verstoß vorliegt, haben die nationalen Gerichte das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, den Umfang des Ermessensspielraums, die Frage, ob der Schaden vorsätzlich oder nicht vorsätzlich zugefügt wurde, die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums und den Umstand, dass möglicherweise ein Verhalten eines Unionsorgans zu dem unionsrechtswidrigen Verhalten des Mitgliedstaates beigetragen hat, heranzuziehen (MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl. 2017 Rn. 100b, BGB § 839 Rn. 100b-100c; EuGH Slg. 1996, I-1029 = NJW 1996, 1267 Rn. 56). 231. 24Die Beklagte hat das ihr bei der Umsetzung des Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG gemäß Art. 288 AEUV zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Art. 288 AEUV sieht insoweit für die Umsetzungspflicht vor, dass die Richtlinie für jeden Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, sie überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel. Nach Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG legen die Mitgliedstaaten die Sanktionen fest, die bei Verstößen gegen diese Richtlinie, insbesondere gegen die in Artikel 31 vorgesehenen oder sich daraus ergebenden Verbote und die in Anhang IV Teil I aufgeführten Rechtsakte, anzuwenden sind, und ergreifen alle für ihre Durchführung erforderlichen Maßnahmen, wobei diese Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. 25Die Beklagte hat zum Zwecke der Umsetzung der genannten Richtlinie die folgenden Sanktionen geschaffen, die nach Auffassung der Kammer die soeben genannten Kriterien in hinreichendem Umfang erfüllen: 26Zum einen hat sie in § 25 EG-FGV umfassende verwaltungsrechtliche Sanktionen geschaffen, die insbesondere einen Widerruf sowie die Rücknahme der Typengenehmigung ermöglichen. 27Zum anderen hat die Beklagte in § 37 EG-FGV einen Ordnungswidrigkeitentatbestand geschaffen, nach dessen Abs. 1 ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 27 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, 2 oder 4, Absatz 3 Satz 1, Absatz 4, 5 oder § 28 Absatz 2 Satz 2 ein Fahrzeug, eine selbstständige technische Einheit, ein Bauteil, ein Teil oder eine Ausrüstung feilbietet, veräußert oder in den Verkehr bringt und nach dessen Abs. 2 wiederum ordnungswidrig im Sinne des § 23 Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Handlung nach Absatz 1 begeht, indem er ein Fahrzeug, eine selbstständige technische Einheit, ein Bauteil, ein Teil oder eine Ausrüstung gewerbsmäßig feilbietet. 28Des Weiteren können Manipulationen im Hinblick auf die Erlangung der Typengenehmigung als Straftaten nach den allgemeinen Straftatbeständen der §§ 263, 267 StGB Sanktionierung finden. 29Dieses differenzierte Sanktionsinstrumentarium ist nach Auffassung der Kammer auch wirksam, verhältnismäßig und abschreckend im Sinne des Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG. Hiergegen spricht insbesondere nicht, wie die Klägerin meint, dass das Sanktionskonzept in den USA ihrer Auffassung nach drastischer und damit abschreckendender und wirksamer erscheine. Denn zum einen unterliegt das US-amerikanische Recht bereits einem anderen als dem hier allein entscheidenden unionsrechtlichen Maßstab. Zum anderen müssen nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG die Sanktionen nicht nur wirksam und abschreckend, sondern eben auch verhältnismäßig sein. Nicht zuletzt ist insoweit auch der erforderliche Kausalzusammenhang nicht herzustellen, da die Klägerin ihre Vermutung, die I AG hätte bei Vorliegen effektiverer Sanktionen im Rahmen ihrer Kosten-Nutzen-Rechnung bzw. der entsprechenden Risikoabwägung von dem Einbau der Manipulationssoftware abgesehen, zum einen mit keinerlei Tatsachen belegt und zum anderen auch die entsprechend eingeleiteten Ermittlungsverfahren in den USA jedenfalls nicht für deren Richtigkeit streiten. 30Aus den genannten Gründen liegt jedenfalls eine offenkundige und erhebliche Ermessensüberschreitung durch die Beklagte nicht vor. Hieran vermag auch die Einleitung eines etwaigen Vertragsverletzungsverfahrens nichts zu ändern. 312. 32Des Weiteren fehlt es nach Auffassung der Kammer an einem hinreichend qualifizierten Verstoß der Beklagten bei der Erteilung der Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug durch das Kraftfahrtbundesamt. 33Öffentlich bekannt wurde das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Fahrzeugen der Herstellerin I AG erst mit deren Ad-hoc-Mitteilung im Herbst 2015, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug bereits zuvor im Sommer 2015 erworben hat und dieses über eine entsprechende Abschalteinrichtung verfügte. 34Da die Klägerin das Fahrzeug vor der genannten Veröffentlichung erworben hat, kommt es im Hinblick auf den Hilfsantrag zu 1b. allein darauf an, ob der Beklagten die fehlende objektive Genehmigungsfähigkeit infolge des Vorliegens der Abgasmanipulationssoftware bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Typengenehmigung für das hier streitgegenständliche Fahrzeug bekannt war bzw. bis zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin am 30.07.2015 bekannt geworden ist. Ein etwaig ordnungswidriges Verhalten der Beklagten nach dem öffentlichen Bekanntwerden des sog. Dieselabgasskandals ist mit Blick auf den Erwerbszeitpunkt des Fahrzeugs ohne Relevanz, wobei sich der diesbezügliche klägerische Vortrag ohnehin ausschließlich auf Fahrzeuge der Marke B bezieht. 35Gemäß § 4 Abs. 4 EG-FGV i.V.m. Art 8 der Richtlinie 2007/46/EG ist das Kraftfahrtbundesamt verpflichtet, die Angaben der Hersteller auf Vollständigkeit und Vereinbarkeit mit den unionsrechtlichen Vorgaben zu prüfen. Unstreitig hat die I AG jedoch bei Beantragung der streitgegenständlichen Typengenehmigung nicht angegeben, dass in das Fahrzeug der Klägerin eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut worden ist. Dass die Beklagte demgegenüber in allgemeiner Hinsicht anderweitig von diesem Umstand Kenntnis erlangt hätte, ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus den in den Anlagen K11 bis K14 enthaltenen Protokollen des 5. Untersuchungsausschusses bereits nicht. Insoweit bemühen beide Parteien schriftsätzlich zur Untermauerung ihrer jeweiligen Ansicht jeweils unterschiedliche Auszüge des genannten Protokolls, die jedoch ein eindeutiges Ergebnis in die ein oder andere Richtung nicht zulassen. Ohnehin enthält der diesbezügliche klägerische Vortrag keinerlei fahrzeugspezifische Angaben betreffend des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sondern vielmehr lediglich umfangreiche Ausführungen zu etwaigen Verdachtsmomenten betreffend der „Automobilindustrie“ im Allgemeinen. Dies kann zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen der vermeintlich zu Unrecht erfolgten Erteilung der Typengenehmigung für das konkrete streitgegenständliche Fahrzeug nicht ausreichen. 36Etwaige Ansprüche gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 34 GG sind zudem nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Denn nach dem vorgetragenen Sachverhalt kommt eine Haftung der Herstellerin gemäß § 826 BGB in Betracht. Das diesbezügliche Verfahren vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Bonn ist schon nach dem klägerischen Vortrag nicht abgeschlossen. 37II. 38Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO. 39IV. 40Der Streitwert wird auf 12.020,70 € festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin macht gegenüber der beklagten amtshaftungsansprüche im hinblick auf den sogenannten „diesel-abgasskandal“ geltend. 3die klägerin, wohnhaft in x, erwarb am 30.07.2015 den streitgegenständlichen pkw der marke w y 2,0 $$$ zum kaufpreis von 30.051,76 € (anlage k3). 4das streitgegenständliche fahrzeug ist mit einem von der beklagten hergestellten dieselmotor des typs $$### ausgestattet und mit der abgasnorm euro 5 zertifiziert. die ursprünglich verbaute software der motorsteuergeräte verfügte über eine umschaltlogik, die erkennt, wenn das fahrzeug den sogenannten neuen europäischen fahrzyklus (nefz) durchfährt. 5bei dem nefz handelt es sich um einen gesetzlich vorgegebenen testlauf, der aus fünf synthetischen fahrkurven besteht. im nefz werden bei testfahrzeugen unter laborbedingungen die für die erlangung einer typengenehmigung maßgeblichen abgaswerte gemessen. denn hersteller von fahrzeugen müssen nach der vo (eg) nr.715/2007 (verordnung (eg) nr. 715/2007 des europäischen parlaments und des rates vom 20.06.2007 über die typgenehmigung von kraftfahrzeugen hinsichtlich der emissionen von leichten personenkraftwagen und nutzfahrzeugen (euro 5 und euro 6) und über den zugang zu reparatur- und wartungsinformationen für fahrzeuge nachweisen, dass die von ihnen produzierten (neu-) fahrzeuge über eine typengenehmigung verfügen. zur erlangung dieser typengenehmigung müssen die fahrzeuge bestimmte, unter diesen laborbedingungen gemessene, emissionsgrenzwerte einhalten. 6erkennt die im streitgegenständlichen fahrzeug ursprünglich installierte software diese testbedingungen des nefz, so wird die abgasrückführung des fahrzeuges so gesteuert, dass möglichst wenig stickoxide (nox) ausgestoßen werden („nox-optimierter modus 1“). im normalen fahrbetrieb und straßenverkehr ist hingegen der „abgasrückführungs-modus 0“ aktiv, weshalb die nox-emissionen dann höher sind. 7am 22.09.2015 informierte die i ag die öffentlichkeit per ad-hoc-mitteilung über unregelmäßigkeiten bei der verwendeten motorsteuerungssoftware und eine festgestellte auffällige abweichung zwischen emissionswerten auf dem prüfstand und realem fahrbetrieb. das kraftfahrt-bundesamt ordnete mit bescheid vom 15.10.2015 zunächst den rückruf aller mit dem motortyp $$### eu5 und der beschrieben umschaltlogik versehenen fahrzeuge an, wobei es der i ag aufgab nachzuweisen, dass die beschriebene umschaltlogik, welche als unzulässige abschalteinrichtung eingestuft werde, entfernt worden sei. dies machte das kraftfahrt-bundesamt durch pressemitteilung vom 16.10.2015 öffentlich. später genehmigte das kraftfahrt-bundesamt ein von der i ag für diesen motortyp entwickeltes softwareupdate, welches die klägerin in der folgezeit auch aufspielen ließ. 8die klägerin behauptet, halterin und eigentümerin des streitgegenständlichen fahrzeugs zu sein. ein bei dem landgericht bonn unter dem aktenzeichen 17 o 382/19 anhängiges klageverfahren vom 10.12.2019 sei noch nicht abgeschlossen und eine ausgleichszahlung und rückabwicklung noch nicht vorgenommen worden. durch das aufspielen des software-updates drohten der klägerin erhebliche nachteile, etwa in form des mehrverbrauchs von kraftstoff, einer minderleistung, höheren partikelausstoßes, verkürzung der lebenszeit des dieselpartikelfilters sowie des motors und sonstiger teile, sowie eine höhere geräuschentwicklung. insoweit entstünden der klägerin nicht vorgesehene zusätzliche kosten von ca. 3.000,00 € bis 4.000,00 €. außerdem weise das streitgegenständliche fahrzeug infolge der manipulation einen merkantilen minderwert von mindestens 10 prozent auf, es sei nur noch mit erheblichen abschlägen verkäuflich. zudem sei die klägerin infolge der manipulation kfz-steuernachforderungen ausgesetzt. hätte die klägerin von der manipulation des fahrzeugs gewusst, hätte sie es nicht erworben. sie hätte den behaupteten schaden nicht erlitten, wenn die beklagte wirksame und abschreckende sanktionen im sinne des art. 46 der rl 46/2007/eg in umsetzung der richtlinie geschaffen und nicht rechtswidrig eine typengenehmigung für das streitgegenständliche fahrzeug erteilt hätte. hätte die beklagte eine entsprechende umsetzung vorgenommen, wäre die herstellerin des steitgegenständlichen fahrzeugs das risiko der manipulation nicht eingegangen. die typengenehmigung wäre zu versagen gewesen, wenn die beklagte ihren überwachungspflichten gegenüber der automobilindustrie ordnungsgemäß nachgekommen wäre. auch sei der beklagten bereits lange zeit vor bekanntwerden des dieselskandals in 2015, spätestens ab 2007 bzw. 2008 infolge des vorliegens von anhaltspunkten für manipulationen in der automobilindustrie, das vorliegen unzulässiger abschalteinrichtungen bekannt gewesen. auch nach dem öffentlichen bekanntwerden des abgasskandals in 2015 habe die beklagte unzureichende kontrollen vorgenommen und den weiteren verkauf von manipulierten fahrzeugen erst ermöglicht. die klägerin ist weiter der auffassung, ohnehin liege infolge der einleitung eines europäischen vertragsverletzungsverfahrens ein hinreichend qualifizierter verstoß der beklagten gegen unionsrecht vor. 9die klägerin beantragt, 10festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, ihr bezüglich des fahrzeugs w y 2,0 $$$ mit der fin $$$$$$#$$$$###### die schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstehen, 11a. dass es die beklagtenpartei unterlassen hat, aufgrund art. 46 der richtlinie 2007/46/eg wirksame, verhältnismäßige und abschreckende sanktionen zu erlassen; 12b. hilfsweise: dass die beklagtenpartei die typengenehmigung vom 29.09.2014 mit der typengenehmigungsnummer e1*2001/116*0450*20 erteilt hat. 13die beklagte beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15sie behauptet, die i ag habe bereits im jahr 2015 zugesagt, etwaige nachzahlungen bei der kfz-steuer zu übernehmen und insoweit auch die eu-finanzminister darum ersucht, mögliche steuernachzahlungen direkt dem konzern in rechnung zu stellen. das fahrzeug entspreche durch aufspielen des software-updates den vorgaben der eg-typengenehmigung und es bestehe aus diesem grund kein risiko der fahrzeugstillegung. sie ist der auffassung, die klägerin könne einen erstattungsfähigen schaden nicht geltend machen, da sie sich bei dem hersteller bzw. verkäufer des fahrzeugs schadlos halten könne. ohnehin bezwecke das harmonisierte typengenehmigungsrecht nicht die verleihung individueller rechte für einzelne fahrzeugkäufer. auch habe die beklagte die genannte richtlinie ermessensfehlerfrei umgesetzt, insbesondere unionsrechtskonforme sanktionen in form von geldbußen sowie straf- und verwaltungsrechtlichen maßnahmen vorgehalten, bzgl. derer die beklagte behauptet, dass sie auch tatsächlich verhängt worden seien. weiter gehe ohnehin der kauf des manipulierten fahrzeugs auf das fehlerhafte verhalten des herstellers und nicht auf eine vermeintlich unzureichende richtlinienumsetzung zurück. auch seien die prüf- und überwachungspflichten eingehalten worden. des weiteren hätten weder das kraftfahrtbundesamt noch die beklagte kenntnis oder einen begründeten verdacht betreffend der verwendung unzulässiger abschalteinrichtungen gehabt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien und die diesen beigefügten anlagen sowie auf das protokoll des termins zur mündlichen verhandlung vom 10.06.2020 bezug genommen. 17
18i. 19die zulässige klage ist sowohl betreffend des haupt- als auch des hilfsantrags unbegründet. 20ein unionsrechtlicher staatshaftungsanspruch der klägerin ergibt sich unabhängig von der frage ihrer eigentümerstellung weder aus einer rechtswidrigen umsetzung des art. 46 der richtlinie 2007/46/eg, noch aus einer rechtswidrigen erteilung der typengenehmigung für das streitgegenständliche fahrzeug. 21denn sowohl bei der umsetzung der genannten richtlinie, als auch bei der erteilung der typengenehmigung fehlt es ungeachtet der frage, ob die zugrunde liegenden regelungen überhaupt dem individualschutz dienen, nach auffassung der kammer jedenfalls an einem erforderlichen hinreichend qualifizierten verstoß. 22mit rücksicht auf das in der regel unerlässlich weite ermessen bei der durchführung einer gemeinschaftspolitik wird eine haftung der union insoweit nur dann ausgelöst, wenn das betreffende organ die grenzen seiner befugnisse offenkundig und erheblich überschreitet (vgl. beckogk/dörr, 15.4.2020, bgb § 839 rn. 901; eugh urt. v. 5.3.1996 –c-46/93 u. eugh n c-48/93). zur beurteilung, wann ein solcher qualifizierter verstoß vorliegt, haben die nationalen gerichte das maß an klarheit und genauigkeit der verletzten vorschrift, den umfang des ermessensspielraums, die frage, ob der schaden vorsätzlich oder nicht vorsätzlich zugefügt wurde, die entschuldbarkeit oder unentschuldbarkeit eines etwaigen rechtsirrtums und den umstand, dass möglicherweise ein verhalten eines unionsorgans zu dem unionsrechtswidrigen verhalten des mitgliedstaates beigetragen hat, heranzuziehen (mükobgb/papier/shirvani, 7. aufl. 2017 rn. 100b, bgb § 839 rn. 100b-100c; eugh slg. 1996, i-1029 = njw 1996, 1267 rn. 56). 231. 24die beklagte hat das ihr bei der umsetzung des art. 46 der richtlinie 2007/46/eg gemäß art. 288 aeuv zustehende ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. art. 288 aeuv sieht insoweit für die umsetzungspflicht vor, dass die richtlinie für jeden mitgliedsstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden ziels verbindlich ist, sie überlässt jedoch den innerstaatlichen stellen die wahl der form und mittel. nach art. 46 der richtlinie 2007/46/eg legen die mitgliedstaaten die sanktionen fest, die bei verstößen gegen diese richtlinie, insbesondere gegen die in artikel 31 vorgesehenen oder sich daraus ergebenden verbote und die in anhang iv teil i aufgeführten rechtsakte, anzuwenden sind, und ergreifen alle für ihre durchführung erforderlichen maßnahmen, wobei diese sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. 25die beklagte hat zum zwecke der umsetzung der genannten richtlinie die folgenden sanktionen geschaffen, die nach auffassung der kammer die soeben genannten kriterien in hinreichendem umfang erfüllen: 26zum einen hat sie in § 25 eg-fgv umfassende verwaltungsrechtliche sanktionen geschaffen, die insbesondere einen widerruf sowie die rücknahme der typengenehmigung ermöglichen. 27zum anderen hat die beklagte in § 37 eg-fgv einen ordnungswidrigkeitentatbestand geschaffen, nach dessen abs. 1 ordnungswidrig im sinne des § 24 absatz 1 satz 1 des straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 27 absatz 1 satz 1, absatz 2 satz 1, 2 oder 4, absatz 3 satz 1, absatz 4, 5 oder § 28 absatz 2 satz 2 ein fahrzeug, eine selbstständige technische einheit, ein bauteil, ein teil oder eine ausrüstung feilbietet, veräußert oder in den verkehr bringt und nach dessen abs. 2 wiederum ordnungswidrig im sinne des § 23 absatz 2 des straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine handlung nach absatz 1 begeht, indem er ein fahrzeug, eine selbstständige technische einheit, ein bauteil, ein teil oder eine ausrüstung gewerbsmäßig feilbietet. 28des weiteren können manipulationen im hinblick auf die erlangung der typengenehmigung als straftaten nach den allgemeinen straftatbeständen der §§ 263, 267 stgb sanktionierung finden. 29dieses differenzierte sanktionsinstrumentarium ist nach auffassung der kammer auch wirksam, verhältnismäßig und abschreckend im sinne des art. 46 der richtlinie 2007/46/eg. hiergegen spricht insbesondere nicht, wie die klägerin meint, dass das sanktionskonzept in den usa ihrer auffassung nach drastischer und damit abschreckendender und wirksamer erscheine. denn zum einen unterliegt das us-amerikanische recht bereits einem anderen als dem hier allein entscheidenden unionsrechtlichen maßstab. zum anderen müssen nach dem ausdrücklichen wortlaut des art. 46 der richtlinie 2007/46/eg die sanktionen nicht nur wirksam und abschreckend, sondern eben auch verhältnismäßig sein. nicht zuletzt ist insoweit auch der erforderliche kausalzusammenhang nicht herzustellen, da die klägerin ihre vermutung, die i ag hätte bei vorliegen effektiverer sanktionen im rahmen ihrer kosten-nutzen-rechnung bzw. der entsprechenden risikoabwägung von dem einbau der manipulationssoftware abgesehen, zum einen mit keinerlei tatsachen belegt und zum anderen auch die entsprechend eingeleiteten ermittlungsverfahren in den usa jedenfalls nicht für deren richtigkeit streiten. 30aus den genannten gründen liegt jedenfalls eine offenkundige und erhebliche ermessensüberschreitung durch die beklagte nicht vor. hieran vermag auch die einleitung eines etwaigen vertragsverletzungsverfahrens nichts zu ändern. 312. 32des weiteren fehlt es nach auffassung der kammer an einem hinreichend qualifizierten verstoß der beklagten bei der erteilung der typengenehmigung für das streitgegenständliche fahrzeug durch das kraftfahrtbundesamt. 33öffentlich bekannt wurde das vorliegen einer unzulässigen abschalteinrichtung in den fahrzeugen der herstellerin i ag erst mit deren ad-hoc-mitteilung im herbst 2015, wobei zwischen den parteien unstreitig ist, dass die klägerin das streitgegenständliche fahrzeug bereits zuvor im sommer 2015 erworben hat und dieses über eine entsprechende abschalteinrichtung verfügte. 34da die klägerin das fahrzeug vor der genannten veröffentlichung erworben hat, kommt es im hinblick auf den hilfsantrag zu 1b. allein darauf an, ob der beklagten die fehlende objektive genehmigungsfähigkeit infolge des vorliegens der abgasmanipulationssoftware bereits zum zeitpunkt der erteilung der typengenehmigung für das hier streitgegenständliche fahrzeug bekannt war bzw. bis zum zeitpunkt des erwerbs durch die klägerin am 30.07.2015 bekannt geworden ist. ein etwaig ordnungswidriges verhalten der beklagten nach dem öffentlichen bekanntwerden des sog. dieselabgasskandals ist mit blick auf den erwerbszeitpunkt des fahrzeugs ohne relevanz, wobei sich der diesbezügliche klägerische vortrag ohnehin ausschließlich auf fahrzeuge der marke b bezieht. 35gemäß § 4 abs. 4 eg-fgv i.v.m. art 8 der richtlinie 2007/46/eg ist das kraftfahrtbundesamt verpflichtet, die angaben der hersteller auf vollständigkeit und vereinbarkeit mit den unionsrechtlichen vorgaben zu prüfen. unstreitig hat die i ag jedoch bei beantragung der streitgegenständlichen typengenehmigung nicht angegeben, dass in das fahrzeug der klägerin eine unzulässige abschalteinrichtung eingebaut worden ist. dass die beklagte demgegenüber in allgemeiner hinsicht anderweitig von diesem umstand kenntnis erlangt hätte, ergibt sich nach auffassung der kammer aus den in den anlagen k11 bis k14 enthaltenen protokollen des 5. untersuchungsausschusses bereits nicht. insoweit bemühen beide parteien schriftsätzlich zur untermauerung ihrer jeweiligen ansicht jeweils unterschiedliche auszüge des genannten protokolls, die jedoch ein eindeutiges ergebnis in die ein oder andere richtung nicht zulassen. ohnehin enthält der diesbezügliche klägerische vortrag keinerlei fahrzeugspezifische angaben betreffend des streitgegenständlichen fahrzeugs, sondern vielmehr lediglich umfangreiche ausführungen zu etwaigen verdachtsmomenten betreffend der „automobilindustrie“ im allgemeinen. dies kann zur begründung eines schadensersatzanspruchs wegen der vermeintlich zu unrecht erfolgten erteilung der typengenehmigung für das konkrete streitgegenständliche fahrzeug nicht ausreichen. 36etwaige ansprüche gemäß § 839 abs. 1 s. 1 bgb, art. 34 gg sind zudem nach § 839 abs. 1 satz 2 bgb ausgeschlossen. denn nach dem vorgetragenen sachverhalt kommt eine haftung der herstellerin gemäß § 826 bgb in betracht. das diesbezügliche verfahren vor der 17. zivilkammer des landgerichts bonn ist schon nach dem klägerischen vortrag nicht abgeschlossen. 37ii. 38die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 zpo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 s. 1, 2 zpo. 39iv. 40der streitwert wird auf 12.020,70 € festgesetzt.
Verklagte*r
0
120,867
2 K 9062/16.A
"2016-10-11T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. 3Sie sind syrische Staatsangehörige, arabischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Die Kläger beantragten am 20. Juli 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Sie gaben an, am 28. Februar 2014 ihr Heimatland verlassen zu haben. Zuletzt hätten sie in A. gelebt. Nach ihrer Ausreise hätten sie sich sieben Monate im Libanon aufgehalten. Am 24. Oktober 2015 seien sie in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Bei ihrer am 21. Juli 2016 erfolgten persönlichen Anhörung führte die Klägerin zu 1 aus, ihre Heimatstadt sei bombardiert und völlig zerstört worden. Es habe weder Schulen noch Arbeit gegeben. Sie hätten innerhalb Syriens zunächst umziehen müssen. Anschließend hätten sie sich entschlossen, Syrien zu verlassen, insbesondere weil ihr Sohn - der Kläger zu 4 - große Angst gehabt habe. 4Mit Bescheid vom 25. Juli 2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Klägern den subsidiären Schutzstatus zu. Im Übrigen lehnte es den Asylantrag ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, für die Feststellung des Flüchtlingsstatus müsse zwischen den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen und den in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründen eine Verknüpfung bestehen. Die Verfolgung müsse den Asylsuchenden gerade wegen mindestens einem dieser Verfolgungsgründe drohen. Dies sei hier nicht der Fall. 5Dagegen haben die Kläger am 5. August 2016 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, sie seien aufgrund ihrer illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und ihrem Auslandsaufenthalt bei einer Rückkehr nach Syrien von Verfolgung bedroht, weil der syrische Staat dies als Ausdruck einer regimekritischen Gesinnung auffasse. Bei einer Rückkehr hätten sie mit Verfolgungsmaßnahmen des Regimes, der Rebellen oder des IS zu rechnen. 6Die Kläger beantragen, 7die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Juli 2016 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 8Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. 9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Erkenntnisliste verwiesen. 10Entscheidungsgründe: 11Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung mit Beschluss vom 14. September 2016 übertragen hat. 12Die Klage ist unbegründet. Das Gericht folgt den Feststellungen in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes, mit dem die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes im Sinne der §§ 3 bis 3e Asylgesetz (AsylG) abgelehnt worden ist, macht sie sich zu eigen und sieht deshalb – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Hinweise – von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). 13Ergänzend weist die Kammer auf Folgendes hin: 14Soweit die Kläger sich pauschal darauf berufen, dass ihnen allein wegen ihrer (illegalen) Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und des Aufenthaltes im Ausland bei einer Rückkehr nach Syrien eine politische Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG drohe, weil allein dieses Verhalten vom syrischen Staat als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst und verfolgt werde, vermag das Gericht in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) nicht festzustellen, dass diese Gefahr mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit bestünde. 15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2016 - 14 A 1802/16.A -, juris, vorangegangen: VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2016 - 5 K 5853/16.A -; so auch VG Trier, Urteil vom 10. Mai 2016 – 1 K 771/16.TR -. 16Nach der angeführten obergerichtlichen Rechtsprechung belegt der Hinweis darauf, dass rückkehrende regimenahe Geheimdienstmitarbeiter oder Asylbewerber, die bereits während ihres Auslandsaufenthalts Informationen an syrische Dienststellen weitergeleitet haben, nicht mit einer informatorischen Befragung unter Folter zu rechnen hätten, nicht, dass andere Rückkehrer vom syrischen Staat unterschiedslos der Gegenseite oder einer anderen Person, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist, zugerechnet werden. Dies anzunehmen ist – so hat das OVG NRW weiter festgestellt – lebensfremd, da auch dem syrischen Staat bekannt sein dürfte, dass die übergroße Zahl der Asylbewerber vor dem Bürgerkrieg und nicht vor politischer Verfolgung flieht. 17Vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. September 2016 - 1 A 10786/16.OVG -, wonach angesichts der massenhaften Ausreise seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien einiges dafür spricht, dass für die Annahme einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit neben der illegalen Ausreise, der Asylantragstellung und dem längerem Auslandsaufenthalt noch „individuelle Gründe“ für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hinzutreten müssen. 18Hinreichende Erkenntnisse, die eine abweichende rechtliche Bewertung stützen, liegen nicht vor. Der letzte Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien stammt vom 27. September 2010. Dort wird auf Blatt 21 ausgeführt, dass die Asylantragstellung oder ein längerfristiger Auslandsaufenthalt für sich allein kein Grund für Verhaftungen oder Repressalien sind. Danach ist den syrischen Behörden bekannt, dass der Aufenthalt in der Bundesrepublik oft (lediglich) auf der Basis behaupteter politischer Verfolgung erfolgt. Nur vereinzelt gab es Fälle, in denen aus Deutschland abgeschobene abgelehnte Asylbewerber bei der Einreise wegen politischer Aktivitäten (Hervorhebung durch die Kammer) verhaftet wurden. In der Regel erfolgt nach der Einreise zurückgeführter Personen eine Befragung durch die syrische Einwanderungsbehörde und die Sicherheitsdienste. In Einzelfällen werden Personen dabei für die Dauer einer Identitätsüberprüfung durch die Einreisebehörden festgehalten. 19Vgl. Ad-hoc Ergänzungsbericht zum Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 7. April 2010. 20Noch am 3. Februar 2016 hat die Deutsche Botschaft Beirut mitgeteilt, dass zwar Fälle bekannt seien, bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden seien. Dies stünde aber überwiegend in Zusammenhang mit „oppositionsnahen Aktivitäten“. 21Die gegenteilige Einschätzung, dass der syrische Staat gegenwärtig das Stellen eines Asylantrages im Zusammenhang mit der (illegalen) Ausreise und dem entsprechenden Aufenthalt im Ausland als Ausdruck einer politisch missliebigen Gesinnung und damit als Kritik am herrschenden System ansieht, die das Gebot der Loyalität gegenüber diesem mit der Folge verletzt, dass Rückkehrer aus dem westlichen Ausland – ungeachtet einer tatsächlichen oppositionellen Haltung des Einzelnen – in der Regel mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, teilt die Kammer nicht. 22Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 2013 - A 11 S 927/13 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 3 A 917/13.Z.A -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 29. Juni 2016 - RO 11 K 16.30707 -, juris, Rn. 30. 23Die vorangestellte Auffassung beruht mangels Referenzfällen, die es wegen ausgesetzter Abschiebungen nicht gibt, notwendigerweise auf einer wertenden Gesamtschau aller Umstände. Dieser Wertung schließt sich die Kammer nicht an. Denn es liegt fern anzunehmen, der syrische Staat, dessen Machthaber gegen Aufständische um das politische und physische Überleben kämpfen und dabei die Kontrolle über erhebliche Landesteile verloren haben, hätte Veranlassung und Ressourcen, alle zurückgeführten unpolitischen Asylbewerber ohne erkennbaren individuellen Grund aus den in § 3b AsylG genannten Gründen zu verfolgen. Für die Annahme, dass die syrischen Sicherheitsorgane eine solche auf jeden Asylbewerber bezogene, an asylerhebliche Merkmale anknüpfende Verfolgungstätigkeit entfalten, gibt es keinen hinreichenden Anhalt. 24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 14 A 215/14.A - (zu § 60 Abs. 1 AufenthG); VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Januar 2014 - 17 K 804/13.A -, juris, wonach sich belastbare Erkenntnisse, die die Annahme rechtfertigen, der syrische Staat erkenne in unpolitischen erfolglosen Asylbewerbern grundsätzlich eine erhöhte Gefahr und habe anders als vor Ausbruch des Konflikts eine entsprechende Handlungsmotivation dieser Personengruppe gegenüber entwickelt, so dass nunmehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung bestehe, derzeit nicht ausmachen lassen. 25Angesichts des weit verbreiteten und wahllosen Einsatzes der Folter durch den syrischen Staat besteht zwar für jeden rückgeführten Asylbewerber die beachtliche Wahrscheinlichkeit, auch ohne individuellen Bezug zu Gruppen oder Personen der Exilszene über sein Wissen darüber während seines Aufenthaltes etwa in der Bundesrepublik Deutschland unter Einsatz der Folter abgeschöpft zu werden. 26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 14 A 215/14.A -, Urteil vom 14. Februar 2012 - 14 A 2708/10.A -; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juli 2016 - 5 K 5853/16.A -. 27Die allgemeine Gefahr informatorischer Befragung unter Folter ohne erkennbaren individuellen – und sei es auch nur gruppenabgeleiteten – Grund knüpft aber nicht an asylerhebliche Merkmale an. Folter kann ein Indiz für eine asylrechtsrelevante Gerichtetheit der Verfolgung sein, führt aber nicht als solche zur Annahme einer politischen Verfolgung, sondern auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes. Zur Annahme der politischen Verfolgung eines durch Folter Bedrohten ist, wenn nicht in seiner Person an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, jedenfalls dessen Zurechnung zur Gegenseite des Verfolgungsstaates oder zu einer anderen Person, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist, erforderlich. 28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 14 A 215/14.A -, mit weiteren Nachweisen. 29Daran fehlt es, wenn (lediglich) die beachtliche Wahrscheinlichkeit für jeden Asylbewerber besteht, bei seiner Rückkehr routinemäßig auch unter Einsatz der Folter befragt zu werden. 30Im Streitfall ist hervorzuheben, dass die Klägerin zu 1 - die Mutter der Kläger zu 2 bis 4 - noch im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 21. Juli 2016 angegeben hat, bei einer Rückkehr nach Syrien persönlich „nichts“ zu befürchten. Die Kläger haben im Übrigen im Termin zur mündlichen Verhandlung keinerlei Anknüpfungspunkte für eine politisch motivierte Verfolgung dargetan. Im Gegenteil haben sie angegeben, sich zwecks Beschaffung von Reisepässen nach Damaskus begeben und auf dem Weg dorthin nahezu 100 Kontrollpunkte der syrischen Armee passiert zu haben. Auf der Hinfahrt habe es keinerlei Schwierigkeiten gegeben. Zwar sei der Ehemann der Klägerin zu 1 bei der Rückfahrt für die Dauer von fünf Tagen festgenommen worden. Dies sei aber auf eine Personenverwechselung zurückzuführen, weil Angehörige der syrischen Armee ihn aufgrund einer Namensähnlichkeit für einen syrischen Rebellen gehalten hätten. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt waren, die an asylrechtsrelevante Merkmale anknüpfen und über die Beeinträchtigungen hinausgehen, denen die Bevölkerung aufgrund der Lage in Syrien allgemein ausgesetzt ist, sind nicht erkennbar. Nichts anderes gilt im Ergebnis im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland. 31Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2die kläger begehren die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. 3sie sind syrische staatsangehörige, arabischer volks- und islamischer religionszugehörigkeit. die kläger beantragten am 20. juli 2016 ihre anerkennung als asylberechtigte. sie gaben an, am 28. februar 2014 ihr heimatland verlassen zu haben. zuletzt hätten sie in a. gelebt. nach ihrer ausreise hätten sie sich sieben monate im libanon aufgehalten. am 24. oktober 2015 seien sie in die bundesrepublik deutschland eingereist. bei ihrer am 21. juli 2016 erfolgten persönlichen anhörung führte die klägerin zu 1 aus, ihre heimatstadt sei bombardiert und völlig zerstört worden. es habe weder schulen noch arbeit gegeben. sie hätten innerhalb syriens zunächst umziehen müssen. anschließend hätten sie sich entschlossen, syrien zu verlassen, insbesondere weil ihr sohn - der kläger zu 4 - große angst gehabt habe. 4mit bescheid vom 25. juli 2016 erkannte das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) den klägern den subsidiären schutzstatus zu. im übrigen lehnte es den asylantrag ab. zur begründung führte es unter anderem aus, für die feststellung des flüchtlingsstatus müsse zwischen den als verfolgung eingestuften handlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen und den in § 3 abs. 1 asylg genannten verfolgungsgründen eine verknüpfung bestehen. die verfolgung müsse den asylsuchenden gerade wegen mindestens einem dieser verfolgungsgründe drohen. dies sei hier nicht der fall. 5dagegen haben die kläger am 5. august 2016 klage erhoben. zur begründung tragen sie vor, sie seien aufgrund ihrer illegalen ausreise aus syrien, der asylantragstellung und ihrem auslandsaufenthalt bei einer rückkehr nach syrien von verfolgung bedroht, weil der syrische staat dies als ausdruck einer regimekritischen gesinnung auffasse. bei einer rückkehr hätten sie mit verfolgungsmaßnahmen des regimes, der rebellen oder des is zu rechnen. 6die kläger beantragen, 7die beklagte unter aufhebung von ziffer 2 des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 25. juli 2016 zu verpflichten, ihnen die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. 8die beklagte hat keinen antrag gestellt. 9wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte, den verwaltungsvorgang der beklagten und die erkenntnisliste verwiesen. 10
11die kammer konnte durch den einzelrichter (§ 76 abs. 1 asylg) entscheiden, weil sie ihm den rechtsstreit zur entscheidung mit beschluss vom 14. september 2016 übertragen hat. 12die klage ist unbegründet. das gericht folgt den feststellungen in dem angefochtenen bescheid des bundesamtes, mit dem die zuerkennung des flüchtlingsschutzes im sinne der §§ 3 bis 3e asylgesetz (asylg) abgelehnt worden ist, macht sie sich zu eigen und sieht deshalb – mit ausnahme der folgenden ergänzenden hinweise – von einer weiteren darstellung der entscheidungsgründe ab (§ 77 abs. 2 asylg). 13ergänzend weist die kammer auf folgendes hin: 14soweit die kläger sich pauschal darauf berufen, dass ihnen allein wegen ihrer (illegalen) ausreise aus syrien, der asylantragstellung und des aufenthaltes im ausland bei einer rückkehr nach syrien eine politische verfolgung im sinne der §§ 3 ff. asylg drohe, weil allein dieses verhalten vom syrischen staat als ausdruck regimefeindlicher gesinnung aufgefasst und verfolgt werde, vermag das gericht in anknüpfung an die rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) nicht festzustellen, dass diese gefahr mit der erforderlichen beachtlichen wahrscheinlichkeit bestünde. 15vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. september 2016 - 14 a 1802/16.a -, juris, vorangegangen: vg düsseldorf, urteil vom 12. juli 2016 - 5 k 5853/16.a -; so auch vg trier, urteil vom 10. mai 2016 – 1 k 771/16.tr -. 16nach der angeführten obergerichtlichen rechtsprechung belegt der hinweis darauf, dass rückkehrende regimenahe geheimdienstmitarbeiter oder asylbewerber, die bereits während ihres auslandsaufenthalts informationen an syrische dienststellen weitergeleitet haben, nicht mit einer informatorischen befragung unter folter zu rechnen hätten, nicht, dass andere rückkehrer vom syrischen staat unterschiedslos der gegenseite oder einer anderen person, die ihrerseits objekt politischer verfolgung ist, zugerechnet werden. dies anzunehmen ist – so hat das ovg nrw weiter festgestellt – lebensfremd, da auch dem syrischen staat bekannt sein dürfte, dass die übergroße zahl der asylbewerber vor dem bürgerkrieg und nicht vor politischer verfolgung flieht. 17vgl. auch ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 16. september 2016 - 1 a 10786/16.ovg -, wonach angesichts der massenhaften ausreise seit beginn des bürgerkrieges in syrien einiges dafür spricht, dass für die annahme einer beachtlichen verfolgungswahrscheinlichkeit neben der illegalen ausreise, der asylantragstellung und dem längerem auslandsaufenthalt noch „individuelle gründe“ für die begehrte zuerkennung der flüchtlingseigenschaft hinzutreten müssen. 18hinreichende erkenntnisse, die eine abweichende rechtliche bewertung stützen, liegen nicht vor. der letzte bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der arabischen republik syrien stammt vom 27. september 2010. dort wird auf blatt 21 ausgeführt, dass die asylantragstellung oder ein längerfristiger auslandsaufenthalt für sich allein kein grund für verhaftungen oder repressalien sind. danach ist den syrischen behörden bekannt, dass der aufenthalt in der bundesrepublik oft (lediglich) auf der basis behaupteter politischer verfolgung erfolgt. nur vereinzelt gab es fälle, in denen aus deutschland abgeschobene abgelehnte asylbewerber bei der einreise wegen politischer aktivitäten (hervorhebung durch die kammer) verhaftet wurden. in der regel erfolgt nach der einreise zurückgeführter personen eine befragung durch die syrische einwanderungsbehörde und die sicherheitsdienste. in einzelfällen werden personen dabei für die dauer einer identitätsüberprüfung durch die einreisebehörden festgehalten. 19vgl. ad-hoc ergänzungsbericht zum bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der arabischen republik syrien vom 7. april 2010. 20noch am 3. februar 2016 hat die deutsche botschaft beirut mitgeteilt, dass zwar fälle bekannt seien, bei denen rückkehrer nach syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden seien. dies stünde aber überwiegend in zusammenhang mit „oppositionsnahen aktivitäten“. 21die gegenteilige einschätzung, dass der syrische staat gegenwärtig das stellen eines asylantrages im zusammenhang mit der (illegalen) ausreise und dem entsprechenden aufenthalt im ausland als ausdruck einer politisch missliebigen gesinnung und damit als kritik am herrschenden system ansieht, die das gebot der loyalität gegenüber diesem mit der folge verletzt, dass rückkehrer aus dem westlichen ausland – ungeachtet einer tatsächlichen oppositionellen haltung des einzelnen – in der regel mit beachtlicher wahrscheinlichkeit mit verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, teilt die kammer nicht. 22vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 19. juni 2013 - a 11 s 927/13 -, juris; hessischer vgh, beschluss vom 27. januar 2014 - 3 a 917/13.z.a -, juris; vg regensburg, urteil vom 29. juni 2016 - ro 11 k 16.30707 -, juris, rn. 30. 23die vorangestellte auffassung beruht mangels referenzfällen, die es wegen ausgesetzter abschiebungen nicht gibt, notwendigerweise auf einer wertenden gesamtschau aller umstände. dieser wertung schließt sich die kammer nicht an. denn es liegt fern anzunehmen, der syrische staat, dessen machthaber gegen aufständische um das politische und physische überleben kämpfen und dabei die kontrolle über erhebliche landesteile verloren haben, hätte veranlassung und ressourcen, alle zurückgeführten unpolitischen asylbewerber ohne erkennbaren individuellen grund aus den in § 3b asylg genannten gründen zu verfolgen. für die annahme, dass die syrischen sicherheitsorgane eine solche auf jeden asylbewerber bezogene, an asylerhebliche merkmale anknüpfende verfolgungstätigkeit entfalten, gibt es keinen hinreichenden anhalt. 24vgl. ovg nrw, beschluss vom 13. februar 2014 - 14 a 215/14.a - (zu § 60 abs. 1 aufenthg); vg düsseldorf, urteil vom 7. januar 2014 - 17 k 804/13.a -, juris, wonach sich belastbare erkenntnisse, die die annahme rechtfertigen, der syrische staat erkenne in unpolitischen erfolglosen asylbewerbern grundsätzlich eine erhöhte gefahr und habe anders als vor ausbruch des konflikts eine entsprechende handlungsmotivation dieser personengruppe gegenüber entwickelt, so dass nunmehr die beachtliche wahrscheinlichkeit einer politischen verfolgung bestehe, derzeit nicht ausmachen lassen. 25angesichts des weit verbreiteten und wahllosen einsatzes der folter durch den syrischen staat besteht zwar für jeden rückgeführten asylbewerber die beachtliche wahrscheinlichkeit, auch ohne individuellen bezug zu gruppen oder personen der exilszene über sein wissen darüber während seines aufenthaltes etwa in der bundesrepublik deutschland unter einsatz der folter abgeschöpft zu werden. 26vgl. ovg nrw, beschluss vom 13. februar 2014 - 14 a 215/14.a -, urteil vom 14. februar 2012 - 14 a 2708/10.a -; vg düsseldorf, urteil vom 12. juli 2016 - 5 k 5853/16.a -. 27die allgemeine gefahr informatorischer befragung unter folter ohne erkennbaren individuellen – und sei es auch nur gruppenabgeleiteten – grund knüpft aber nicht an asylerhebliche merkmale an. folter kann ein indiz für eine asylrechtsrelevante gerichtetheit der verfolgung sein, führt aber nicht als solche zur annahme einer politischen verfolgung, sondern auf die zuerkennung subsidiären schutzes. zur annahme der politischen verfolgung eines durch folter bedrohten ist, wenn nicht in seiner person an asylerhebliche merkmale angeknüpft wird, jedenfalls dessen zurechnung zur gegenseite des verfolgungsstaates oder zu einer anderen person, die ihrerseits objekt politischer verfolgung ist, erforderlich. 28vgl. ovg nrw, beschluss vom 13. februar 2014 - 14 a 215/14.a -, mit weiteren nachweisen. 29daran fehlt es, wenn (lediglich) die beachtliche wahrscheinlichkeit für jeden asylbewerber besteht, bei seiner rückkehr routinemäßig auch unter einsatz der folter befragt zu werden. 30im streitfall ist hervorzuheben, dass die klägerin zu 1 - die mutter der kläger zu 2 bis 4 - noch im rahmen ihrer persönlichen anhörung vor dem bundesamt am 21. juli 2016 angegeben hat, bei einer rückkehr nach syrien persönlich „nichts“ zu befürchten. die kläger haben im übrigen im termin zur mündlichen verhandlung keinerlei anknüpfungspunkte für eine politisch motivierte verfolgung dargetan. im gegenteil haben sie angegeben, sich zwecks beschaffung von reisepässen nach damaskus begeben und auf dem weg dorthin nahezu 100 kontrollpunkte der syrischen armee passiert zu haben. auf der hinfahrt habe es keinerlei schwierigkeiten gegeben. zwar sei der ehemann der klägerin zu 1 bei der rückfahrt für die dauer von fünf tagen festgenommen worden. dies sei aber auf eine personenverwechselung zurückzuführen, weil angehörige der syrischen armee ihn aufgrund einer namensähnlichkeit für einen syrischen rebellen gehalten hätten. anhaltspunkte dafür, dass die kläger konkreten verfolgungshandlungen ausgesetzt waren, die an asylrechtsrelevante merkmale anknüpfen und über die beeinträchtigungen hinausgehen, denen die bevölkerung aufgrund der lage in syrien allgemein ausgesetzt ist, sind nicht erkennbar. nichts anderes gilt im ergebnis im falle einer rückkehr in ihr heimatland. 31die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo und § 83 b asylg und die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus §§ 167 abs. 2 und 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. der gegenstandswert ergibt sich aus § 30 rvg.
Verklagte*r
0
329,326
22 K 12322/17.A
"2020-05-26T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.1970 geborene Kläger zu 1. und die am 00.00.1978 geborene Klägerin zu 2. sind die Eltern des am 00.00.2001 geborenen Klägers zu 3. und des am 00.00.2007 geborenen Klägers zu 4. Alle Kläger sind iranische Staatsangehörige. 3Ihren Angaben zufolge reisten die Kläger am 4. April 2017 aus dem Iran aus und am 7. April 2017 in die Bundesrepublik ein. Sie meldeten sich am 18. April 2017 (unter anderen Namen) als Asylsuchende und stellten am 20. April 2017 förmliche Asylanträge. 4Ausweislich der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) am 20. April 2017 eingeholten Auszüge aus dem Visainformationssystem wurde den Klägern zu 1. bis 3. am 00.00.2017 von der französischen Auslandsvertretung in Teheran ein Schengen-Visum mit Gültigkeit vom 20. März 2017 bis zum 14. April 2017 erteilt. Noch am gleichen Tag richtete das Bundesamt Aufnahmegesuche an Frankreich bezüglich aller vier Kläger, die von der französischen Dublin-Behörde mit Schreiben vom 23. Juni 2017 angenommen wurden. 5Mit Bescheid vom 29. Juni 2017 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung der Kläger nach Frankreich an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Auf die Gründe des Bescheides wird verwiesen. Der Bescheid wurde den Klägern am 3. Juli 2017 zugestellt. 6Die Kläger haben am 7. Juli 2017 Klage erhoben. Am gleichen Tag haben die Kläger einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (22 L 3424/17.A), den das Gericht mit Beschluss vom 31. Juli 2017 abgelehnt hat. 7Am 30. November 2017 sind die Kläger nach Frankreich (Ankunftsflughafen: Nizza) überstellt worden. Nach anschließender Wiedereinreise in das Bundesgebiet haben sie sich am 7. Dezember 2017 bei der Stadt F. gemeldet. Das Bundesamt hat am 5. Januar 2018 erneut Frankreich um Übernahme der Kläger ersucht. Diesem Ersuchen hat Frankreich am 9. Januar 2018 zugestimmt. Mit Bescheid vom 18. April 2018 (Gz. 0000000-439) hat das Bundesamt erneut die Abschiebung der Kläger nach Frankreich angeordnet und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG nunmehr auf 18 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 27. April 2018 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben (22 K 3866/18.A). Mit Schriftsatz vom 28. September 2018 hat die Beklagte den Bescheid vom 18. April 2018 (Gz. 0000000-439) aufgehoben, da die Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin III‑VO abgelaufen sei. Daraufhin haben die Beteiligten das gegen jenen Bescheid gerichtete Klageverfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärung im November 2018 beendet. 8Eine Aufhebung des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Bescheides hat die Beklagte ausdrücklich abgelehnt, jedoch mit Schriftsatz vom 28. September 2018 versichert, dass es zu keiner erneuten Vollstreckung aus diesem Bescheid kommen werde. 9Zur Begründung der Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend: 10Der hier streitgegenständliche Bescheid, aus dem die Beklagte nicht vollstrecken könne und dies auch nicht wolle, sei schon mangels Durchsetzbarkeit rechtswidrig. 11Davon abgesehen sei der Bescheid aufzuheben, weil den Klägern im Falle einer Abschiebung nach Frankreich eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung drohe. Dies zeige sich schon an ihren Erfahrungen nach ihrer Überstellung nach Frankreich am 30. November 2017. Sie hätten sich am 1. Dezember 2017 in Paris bei den Asylbehörden gemeldet und ihnen sei ein Termin am 12. Januar 2018 zwecks Registrierung und Asylantragstellung genannt worden. Eine soziale Absicherung habe es nicht gegeben. Sie seien in Paris auf sich allein gestellt gewesen. Ihnen seien weder eine Unterkunft noch Lebensmittel zur Verfügung gestellt worden. Bei eisiger Kälte habe ihnen bis zum 12. Januar 2018 in Paris Obdachlosigkeit und Hunger gedroht. Ihnen hätten eigene Mittel lediglich in Höhe von 50,00 Euro zur Verfügung gestanden, was weder für ein Hotel noch für Essen ausgereicht habe. Sie hätten eine Nacht auf der Straße übernachten müssen und seien am Folgetag von Paris aus mit dem Zug wieder in das Bundesgebiet eingereist. 12Die Kläger haben hierzu zwei am 1. Dezember 2017 in Nizza durch das dortige „Centre Administratif Départemental“ ausgestellte Bescheinigungen vorgelegt, mit denen sie für den 12. Januar 2018 um 9.00 Uhr zur Registrierung ihrer Asylanträge bei der Präfektur Nizza geladen wurden. 13Die Klägerin zu 2. leide zudem unter psychischen Störungen. Die hohen Belastungen und der Druck der letzten Jahre hätten bei ihr u.a. zu einer Essstörung geführt; sie habe zudem suizidale Gedanken. Eine weitere Abschiebung / Ungewissheit werde ihren Gesundheitszustand erheblich verschlimmern. 14Hierzu haben die Kläger einen Psychologischen Bericht des Psychologischen Psychotherapeuten Dr. S. T. aus N. vom 4. August 2017 vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass sich die Klägerin zu 2. seit dem 4. Mai 2017 wegen mittelgradiger depressiver Episode (F32.1) bei zugrundeliegender schwerer posttraumatischer Belastungsstörung (F43.1) in psychotherapeutischer Behandlung befinde (verhaltenstherapeutische Sitzungen). Sie sei im Iran mit Antidepressiva (Citalopram) behandelt worden und habe seit Jahren Magenbeschwerden. Im Falle einer Abschiebung nach Frankreich sei mit einer erheblichen Verschlechterung der Erkrankung und einem Suizid der Patientin zu rechnen. Sie sei wegen ihrer hohen Belastung stark suizidgefährdet. 15Die Kläger beantragen schriftsätzlich, 16den Bescheid des Bundesamtes vom 29. Juni 2017 aufzuheben. 17Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 18die Klage abzuweisen. 19Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. 20Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 27. April 2020 auf die Vorsitzende als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden. 21Zur mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten nicht erschienen 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgericht Düsseldorf zu den Aktenzeichen 22 L 3424/17.A und 22 K 3866/18.A und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch die Einzelrichterin. 25Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten zum Termin der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten hierauf in der ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen wurden, § 102 Abs. 1 und 2 VwGO. 26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 27Die Klage ist zulässig. 28Insbesondere ist sie als Anfechtungsklage statthaft. 29Vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 ‑ 1 C 32.14 ‑, Rdn. 13 ff., juris, und vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, Rdn. 16 f. (in Bezug auf eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG), juris; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A ‑, Rdn. 28 ff., und vom 16. September 2015 ‑ 13 A 800/15.A ‑, Rdn. 22 ff. m.w.N., juris. 30Die isolierte Aufhebung der angefochtenen Regelungen führt auf die weitere Prüfung der von den Klägern im April 2017 im Bundesgebiet gestellten Asylanträge durch die Beklagte und damit zu dem erstrebten Rechtsschutzziel. Denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wird das Verwaltungsverfahren in den Verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen war. Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung des Bescheides gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen. 31Es fehlt den Klägern auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Regelungen des streitgegenständlichen Bescheides haben sich nicht erledigt. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass die Abschiebungsanordnung vollzogen wurde, die Kläger anschließend wieder in das Bundesgebiet eingereist sind und die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass mittlerweile eine Überstellung der Kläger nach Frankreich auf der Grundlage der Dublin III‑VO nicht mehr in Betracht kommt. 32Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist, 33BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 C 11/15 –, Rn. 29, juris m.w.N.. 34Eine Erledigung ist nur anzunehmen, wenn von dem Verwaltungsakt sowohl unmittelbar als auch mit Blick auf darauf aufbauende Rechtsfolgen keine rechtlichen Wirkungen mehr ausgehen, 35vgl. zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG bei bereits erfolgter Abschiebung: BVerwG, Urteil vom 27. März 2018 – 1 A 4/17 –, Rn. 15, juris. 36Diese Voraussetzungen für eine Erledigung sind hier bei keiner der Regelungen des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt. Vielmehr sind diese sämtlich weiterhin geeignet, die Kläger belastende rechtliche Wirkungen zu entfalten. 37Zwar dürfte den Klägern keine erneute Abschiebung auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bescheides drohen. Denn die Wiedereinreise eines zuvor nach der Dublin III‑VO überstellten Asylantragstellers hat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Folge, dass eine neue Überstellung erst erfolgen darf, wenn überprüft wurde, ob die Zuständigkeit zur asylrechtlichen Prüfung nach der Überstellung nicht auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist, 38vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn. 41 ff., juris; VG Trier, Urteil vom 3. April 2019 ‑ 7 K 5601/18.TR ‑, Rn. 25, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 ‑ 12 L 950/18.A ‑, Rn. 25 ff, juris; VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2018 ‑ 6 K 4516/17.GI.A ‑, Rn. 2, juris. 39Die Beklagte geht auch selbst nicht davon aus, dass der streitgegenständliche Bescheid als Rechtsgrundlage für eine erneute Überstellung der Kläger taugt. Vielmehr hat das Bundesamt mit dem Bescheid vom 18. April 2018 eine neue Abschiebungsanordnung erlassen und darüber hinaus im vorliegenden Verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine weitere Überstellung auf Grundlage der hier streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung nicht erfolge. 40In den Blick zu nehmen, sind jedoch auch mittelbare Rechtswirkungen des streitgegenständlichen Bescheides, das heißt solche, die auf der Rechtmäßigkeit des Bescheides aufbauen, wie etwa die Haftung des betreffenden Ausländers für die durch seine Abschiebung entstandenen Kosten 41vgl. in Bezug auf eine Abschiebungsanordnung gemäß § 58a AufenthG nach vollzogener Abschiebung: BVerwG, Urteil vom 27. März 2018 ‑ 1 A 4/17 ‑, Rn. 15, juris. 42Vorliegend scheidet eine fortdauernde Rechtswirkung des streitgegenständlichen Bescheides im Hinblick auf eine Haftung für Abschiebungskosten aus, da die Kläger gemäß Art. 30 Abs. 3 Dublin III‑VO für die Kosten ihrer Überstellung nach Frankreich nicht in Anspruch genommen werden können, 43ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 ‑ 12 L 950/18.A ‑, Rn. 29 - 42, juris. 44Auch vermag der streitgegenständliche Bescheid keine Wirkungen mehr mit Blick darauf zu entfalten, dass er einem etwaigen Folgenbeseitigungsanspruch der Kläger (vgl. Art. 29 Abs. 3 und 30 Abs. 2 Dublin III‑VO) entgegenstehen könnte. Denn für einen Folgenbeseitigungsanspruch der Kläger ist kein Raum mehr, nachdem sie mit ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet die Überstellung faktisch rückgängig gemacht haben, 45ebenso: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. April 2018 ‑ 12 L 950/18.A ‑, Rn. 23 - 25, juris. 46Darüber hinaus entfaltet der streitgegenständliche Bescheid im vorliegenden Fall auch keine belastenden Wirkungen mehr im Hinblick auf die Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen der Kläger nach der Dublin III‑VO zuständigen Staates. Denn es ist im Einklang mit der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten davon auszugehen, dass mittlerweile die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylanträgen der Kläger auf die Beklagte übergegangen ist, nachdem die Überstellungsfrist in dem nach der Wiedereinreise der Kläger durchgeführten Zuständigkeitsbestimmungsverfahren fruchtlos verstrichen ist. Dies hat zur Aufhebung des (hier nicht streitgegenständlichen) Bescheides des Bundesamts vom 18. April 2018 durch Schriftsatz der Beklagten vom 28. September 2018 zum Verfahren 22 K 3866/18.A geführt. Ob die Beklagte aus hier streitgegenständlichen Gründen für die Prüfung zuständig ist, ob den Klägern Asyl und / oder internationaler Schutz zu gewähren ist, hat bei dieser Sachlage keine rechtlichen Wirkungen mehr. 47Anders in Fällen, in denen die Beklagte weiterhin von einer Zuständigkeit des im streitgegenständlichen Bescheid genannten anderen Mitgliedstaats ausgeht: VG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2019, ‑ 12 K 14671/17 ‑, Rn. 30 – 35. juris. 48Denn den Klägern ist wegen des eingetretenen Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte Gelegenheit zur Stellung neuer Anträge auf internationalen Schutz zu geben, die sodann von der Beklagten zu prüfen sind, 49vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – C-360/16 –, Rn. 77, juris. 50Gleichwohl entfaltet der streitgegenständliche Bescheid hier noch (mittelbare) belastende Wirkungen. Dies folgt aus den fortdauernden Wirkungen des in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides bestimmten Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 AufenthG, das auf der Rechtmäßigkeit der Regelungen in Ziffern 1 bis 3 des Bescheides aufbaut, 51vgl. zur Berücksichtigung dieser fortdauernden Wirkung im Fall einer Abschiebungsandrohung: VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 9. April 2020 ‑ 4 K 3025/18 ‑, Rn. 50, juris; nicht angesprochen von VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2018 ‑ 6 K 4516/17.GI.A ‑, juris sowie VG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2019 ‑ 12 K 14671/17.A ‑, juris. 52Die die Kläger belastende Wirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes begann mit ihrer Abschiebung nach Frankreich am 30. November 2017 und dauert fort. Insbesondere ist die in Ziffer 4 des Bescheides bestimmte Frist von 9 Monaten nicht abgelaufen. Denn diese wurde mit Wiedereinreise der Kläger in das Bundesgebiet Anfang Dezember 2017 gehemmt, § 11 Abs. 9 Satz 1 AufenthG. Bis zum Ablauf der Frist dürfen die Kläger (nach einer Ausreise) nicht wieder in das Bundesgebiet einreisen und ihnen darf auch bei einem fortdauernden Aufenthalt im Bundesgebiet kein Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden, selbst wenn sie im Übrigen die Voraussetzungen für einen hierauf gerichteten Anspruch erfüllen, § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. 53Der fortdauernden Beschwer der Kläger mit dem in Ziffer 4 des Bescheides ausgesprochenen Einreise- und Aufenthaltsverbot steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 11 Abs. 4 AufenthG eine nachträgliche Verkürzung oder Aufhebung der Frist unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht kommt. Denn dies eröffnet nur die rechtliche Möglichkeit, die Wirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die Zukunft zu beseitigen. Es bliebe auch in einem solchen Fall bei den Rechtswirkungen des Einreise- und Aufenthaltsverbotes zum Zeitpunkt der Wiedereinreise der Kläger in das Bundesgebiet, so dass ihnen auch zukünftig entgegengehalten werden könnte, ihre Wiedereinreise sei im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG illegal gewesen oder habe gar den Straftatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG erfüllt. Belastende Folgerungen erheben sich daraus, dass dies ein Ausweisungsinteresse begründen würde, das gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG regelmäßig der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegensteht oder im Rahmen einer Ausweisung nach § 53 AufenthG berücksichtigt werden könnte. 54Die dargestellte fortdauernde rechtliche Belastung der Kläger mit dem in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochene Einreise- und Aufenthaltsverbot baut auf der Rechtmäßigkeit sämtlicher Regelungen des Bescheides auf. Denn die Zuständigkeit des Bundesamtes für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots besteht nach der insoweit allein in Betracht kommenden Zuständigkeitszuweisung in § 75 Nr. 12, 2. Alt. AufenthG in Fällen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AufenthG. Wäre diese (Ziffer 3 des Bescheides) rechtswidrig, so wäre auch die Regelung in Ziffer 4 des Bescheides aufzuheben. Die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung nach § 34a AufenthG baut wiederum auf der Rechtsmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 sowie der Negativ-Feststellung zu Abschiebungsverboten in Ziffer 2 des Bescheides auf. Denn die hier vorliegende Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach Frankreich knüpft an die Zuständigkeit Frankreichs für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger an und setzt voraus, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, also kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt. 55Bei dieser Sachlage ist auch die Steuerungsfunktion, die dem streitgegenständlichen Bescheid ursprünglich innewohnte, nämlich die Verweisung der Kläger auf die Durchführung ihrer Asylverfahren in Frankreich bei gleichzeitiger Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots für das Bundesgebiet, nicht gänzlich entfallen. Denn selbst im Falle eines nachträglichen asylrechtlichen Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte bleibt es bei der oben dargelegten ausländerrechtlichen Steuerungsfunktion des Einreise- und Aufenthaltsverbots. 56Offen bleiben kann, ob diese ausländerrechtliche Steuerungsfunktion so weit geht, dass der Verstoß gegen eine Einreisesperre nach einer Dublin-Überstellung auch einem Anspruch auf Ausbildungsduldung entgegensteht, so OVG Saarland, Beschluss vom 26. September 2017 ‑ 2 B 467/17 ‑, Rn. 9, juris. 57Die Klage wurde im Übrigen auch fristgerecht gemäß § 74 Abs. 1, 2. Alt. AsylG i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG erhoben. 58Die Klage ist jedoch unbegründet. 59Die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 60Abweichend von § 77 Abs. 1 AsylG ist für die rechtliche Bewertung auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung, das heißt hier auf den 30. November 2017 abzustellen. Dies beruht auf folgenden Überlegungen: 61Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, 62vgl. Urteil vom 25. Januar 2018 ‑ C-​360/16 ‑, Rn. 54, juris. 63sind in dem (neuen) Zuständigkeitsbestimmungsverfahren, das nach der Rückkehr des Asylantragstellers in den überstellenden Mitgliedstaat einzuleiten ist, nur Änderungen zu berücksichtigen, die seit dem Erlass der vorangegangenen Überstellungsentscheidung eingetreten sind. Diesen Ausführungen lässt sich im Umkehrschluss entnehmen, dass im vorangegangenen Zuständigkeitsbestimmungsverfahren lediglich die Umstände zu berücksichtigen sind, die vor dem Erlass der dieses Verfahren abschließenden Überstellungsentscheidung eingetreten sind. 64Vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 ‑ 5 A 427/17 ‑, Rn. 25, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 28. November 2019 – 12 K 14671 ‑, Rn. 31 – 34, juris. 65Dabei meint die Formulierung „Überstellungsentscheidung“ in diesem Zusammenhang nicht die Bekanntgabe des Bescheides im vorangegangenen Zuständigkeitsbestimmungsverfahren des überstellenden Mitgliedstaates, sondern die endgültige Entscheidung des überstellenden Mitgliedstaates, den Antragsteller tatsächlich in den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, mithin den Vollzug der Überstellung. Dies ergibt sich aus den vorangestellten Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 25. Januar 2018, a.a.O., Rn. 53, nach denen eine erneute Überstellung erst in Betracht kommt, wenn die Situation des Antragstellers überprüft wurde, um zu klären, ob die Zuständigkeit nicht „nach ihrer Überstellung“ auf einen anderen Mitgliedstaat übergegangen ist und wird auch durch die dortige Bezugnahme auf die Erwägungen in den Randnummern 35-​39 des genannten Urteils deutlich, die sämtlich den Zeitpunkt des Vollzugs der Überstellung betreffen. 66VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 ‑ 5 A 427/17 ‑, Rn. 26, juris. 67Nach dieser Systematik sind in dem gerichtlichen Verfahren gegen die Rechtsgrundlage der Überstellung ausschließlich diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die bereits im Zeitpunkt dieser Überstellung vorlagen. Danach eintretende Umstände sind in einem in dem überstellenden Mitgliedstaat nach der Rückkehr des Antragstellers einzuleitenden weiteren behördlichen Verfahren zu beachten und unterliegen in einem gegen die dort getroffene Entscheidung vom Antragsteller eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren einer gerichtlichen Kontrolle. Diese strikte Aufteilung des Streitstoffes bei der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Entscheidungen vermeidet sich überschneidende Prüfbereiche in den einzelnen Zuständigkeitsbestimmungsverfahren und damit divergierende gerichtliche Entscheidungen. 68Vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 ‑ 5 A 427/17 ,‑ Rn. 23 f., juris. 69Dieser Trennung der Prüfbereiche steht auch die Regelung des § 77 AsylG nicht entgegen, nach der das Gericht in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abstellt. Diese Vorschrift ist im Lichte der vorzitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Regelungen der Dublin III-​VO dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie im Fall einer Rückkehr des überstellten Antragstellers in den überstellenden Mitgliedstaat vor einer erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung dieses Mitgliedstaates über die Überstellungsentscheidung keine Anwendung findet, weil sie in dieser Konstellation den ihr zugedachten Zweck aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht erreichen kann. So soll die Regelung nach der Gesetzesbegründung (BT-​Drucks. 12/2062, S. 41) dazu beitragen, den Streit über das Asyl- und Bleiberecht des Ausländers umfassend zu beenden und neue Verwaltungsverfahren möglichst zu vermeiden. Dieser Zweck kann im Fall der Rückkehr eines überstellten Antragstellers in den überstellenden Mitgliedstaat vor der erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung aber nicht erfüllt werden, da in dieser Situation nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, 70Urteil vom 25. Januar 2018 ‑ C-​360/16 ‑, Rn. 41 ff., juris, 71zu den europarechtlichen Regelungen des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens in der Dublin III-​VO zwingend in diesem Mitgliedstaat ein neues behördliches Verfahren vor einer erneuten Überstellung durchzuführen ist, es also zwangsläufig – auch bei Abstellen auf den Zeitpunkt der Entscheidung – zu einem weiteren Asylverfahren käme. Die teleologische Reduktion im hiesigen Verfahren steht auch im Einklang mit den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs, 72Urteil vom 25. Januar 2018 ‑ C-​360/16 ‑, Rn. 27 ff., juris, 73zu der die Regelung des § 77 AsylG betreffenden Vorlagefrage 1 a), nach denen sich der Antragsteller auch auf Umstände berufen können muss, die nach Erlass der Überstellungsentscheidung oder auch erst nach der Überstellung eingetreten sind, da der Antragsteller bis zur Überstellung eintretende Umstände im hiesigen und danach eintretende Umstände in einem weiteren Rechtsbehelfsverfahren gegen die erneute behördliche Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung zuführen kann, ihm mithin ein wirksamer Rechtsschutz im Sinne der europarechtlichen Vorgaben sowie der grundgesetzlichen Gewährleistungen gem. Art. 19 Abs. 4 GG zur Verfügung steht. 74VG Osnabrück, Urteil vom 15. April 2019 ‑ 5 A 427/17 ‑, Rn. 27, juris. 75Dass es für die rechtliche Überprüfung auf den Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich ankommt, steht zudem im Einklang damit, dass die hier allein noch fortbestehenden (mittelbaren) rechtlichen Wirkungen der Unzulässigkeitsentscheidung davon abhängen, dass diese gerade zum Zeitpunkt der Abschiebung der Kläger rechtmäßig war. Denn nur wenn die Unzulässigkeitsentscheidung (schon) zum Zeitpunkt der Überstellung rechtswidrig war, schlägt dies auf die (damalige) Rechtmäßigkeit der weiteren Regelungen im streitgegenständlichen Bescheid und damit letztlich auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch, gegen das die Kläger bei ihrer Wiedereinreise Anfang Dezember 2017 verstoßen haben könnten. 76Bezogen auf den nach alledem entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 findet die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ihre Ermächtigungsgrundlage in der zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger gültigen und bis heute in unveränderter Fassung fortgeltenden Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III‑VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Dublin III-VO findet gemäß ihres Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 auf Schutzgesuche Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 gestellt werden, mithin auch auf den vom Kläger im April 2017 gestellten Asylantrag. 77Nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III‑VO ist Frankreich für die Prüfung des Asylantrages der Kläger zu 1. bis 3. zuständig. Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz Dublin III‑VO ist in den Fällen, in denen der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig, der das Visum erteilt hat. Dies gilt gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO auch, wenn das Visum, aufgrund dessen ein Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, bei Stellung des Asylantrages (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. So liegt der Fall hier. Die Gültigkeit des den Klägern zu 1. bis 3. erteilten Visums, aufgrund dessen die Kläger in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnten, war bei förmlicher Asylbeantragung am 20. April 2017 noch weniger als sechs Monate abgelaufen, und die Kläger hatten nach eigenem Vortrag das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen. 78Offen bleiben kann, ob auch für den Kläger zu 4. eine Zuständigkeit Frankreichs nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III‑VO gegeben ist. Dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes lässt sich nicht entnehmen, ob auch diesem ein Schengen-Visum durch eine französische Auslandsvertretung ausgestellt wurde. Sollte dies nicht der Fall sein, ergibt sich die Zuständigkeit Frankreichs für die Prüfung des Asylgesuchs des Klägers zu 4. aus Art. 11 Buchst. a) Dublin III-VO. Die Kläger sind Familienangehörige im Sinne der Dublin III-VO und haben gemeinsam einen Asylantrag gestellt. Zur Vermeidung einer Trennung der Familienangehörigen ist daher der Mitgliedstaat für die Prüfung des Schutzgesuchs sämtlicher Familienangehörigen zuständig, der für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist. Dies ist hier Frankreich aufgrund der Zuständigkeit nach Art. 12 Abs. 4 der Dublin III‑VO für die Kläger zu 1. bis 3. 79Die damit nach Art. 12 Dublin III‑VO für Frankreich anzunehmende Zuständigkeit war bis zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 auch nicht entfallen. 80Das Bundesamt hat innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO genannten Frist am 20. Juni 2017 ein Aufnahmegesuch an Frankreich gerichtet, das von der französischen Dublin-Behörde mit Schreiben vom 23. Juni 2017 angenommen wurde. 81Ferner ist die Zuständigkeit auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen. Nach dieser Vorschrift ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Dublin III-VO genannten Frist von sechs Monaten, die unter bestimmten Voraussetzungen auf höchstens 18 Monate verlängert werden kann, durchgeführt wird. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III‑VO mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. 82Die Frist begann nach diesen Maßstäben hier mit der Annahme des Übernahmeersuchens durch Frankreich am 23. Juni 2017. Die Frist wurde durch den fristgerechten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vom 10. Juli 2017 (22 L 3424/17.A) unterbrochen und mit Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 31. Juli 2017 am 2. August 2017 neu in Lauf gesetzt, 83vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 – 1 C 15.15 –, Rdn. 11, juris. 84Bei Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 waren seit dem 2. August 2017 noch nicht sechs Monate vergangen. 85Eine Zuständigkeit der Beklagten – anstelle der Republik Frankreich – ergibt sich schließlich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO. Denn die Beklagte war nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO gehindert, die Kläger nach Frankreich zu überstellen. 86Nach dieser Vorschrift steht es der Überstellung eines Antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten Staat entgegen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCh) bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs, 87EuGH, Urteile vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 87 und vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413, 88der Fall wäre, liegen hier nicht vor. 89Zwar bezieht sich Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-Verordnung nur auf die Situation, in der sich die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh aus systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Personen, die internationalen Schutz beantragen, in dem Mitgliedstaat ergibt, der nach dieser Verordnung als für die Prüfung des Antrags zuständig bestimmt ist. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 EU-GRCh geht jedoch hervor, dass die Überstellung eines Antragstellers in diesen Mitgliedstaat in all jenen Situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller bei seiner Überstellung oder infolge seiner Überstellung eine solche Gefahr laufen wird. 90Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 87. 91Dabei ist für die Anwendung von Art. 4 GRCh gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss, das heißt im Falle der Gewährung internationalen Schutzes, dazu kommt, dass die betreffende Person aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin III-Verordnung einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. 92Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 88, 76. 93Insoweit ist das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen. 94Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 90, unter Bezugnahme auf Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C‑404/15 und C‑659/15 PPU, EU:C:2016:198, Rn. 89. 95Schwachstellen fallen nur dann unter Art. 4 EU-GRCh, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 EU-GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. 96Vgl. EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, § 254. 97Denn im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und insbesondere der Dublin III-VO, die auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruht und durch eine Rationalisierung der Anträge auf internationalen Schutz deren Bearbeitung im Interesse sowohl der Antragsteller als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigen soll, gilt die Vermutung, dass die Behandlung dieser Antragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GRCh, der GFK und der EMRK steht. 98Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S. u. a., C-411/10 und C-493/10, EU:C:2011:865, Rn. 78 bis 80. 99Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. 100Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019, Jawo, C-163/17, EU:C:2019:218, Rn. 89 ff.; unter Bezugnahme auf EGMR, 21. Januar 2011, M.S.S./Belgien und Griechenland, CE:ECHR:2011:0121JUD003069609, §§ 252 bis 263. 101Unter Anwendung dieser Maßstäbe fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Frankreich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überstellung der Kläger mit systemischen Mängeln behaftet gewesen wären, die eine beachtliche Gefahr einer den Klägern drohenden unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss hätten nach sich ziehen könnten. Es wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den ablehnenden Eilbeschluss vom 31. Juli 2017 im Verfahren 22 L 3424/17.A verwiesen, an denen das Gericht auch nach dem Maßstab des vorliegenden Klageverfahrens für den entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Überstellung festhält. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Angaben der Kläger zu ihren Erfahrungen in Frankreich unmittelbar nach ihrer Überstellung am 30. November 2017. Soweit sie vortragen, sie seien in Paris ohne soziale Absicherung auf sich allein gestellt gewesen, ihnen seien weder eine Unterkunft noch Lebensmittel zur Verfügung gestellt worden und ihnen habe bei eisiger Kälte bis zu dem behördlich benannten Termin am 12. Januar 2018 in Paris Obdachlosigkeit und Hunger gedroht, lässt sich dies schon nicht mit den von ihnen zur Glaubhaftmachung vorgelegten Dokumenten in Einklang bringen. Denn diese beziehen sich auf Kontakte der Kläger zu Behörden in Nizza. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger aufgefordert worden wären, sich nach Paris zu begeben, oder dies aufgrund eigener Entscheidung getan haben, lässt sich den Dokumenten nicht entnehmen. Zudem ist weder dargelegt noch im Übrigen erkennbar, dass und wie sich die Kläger in Nizza (oder Paris) um eine Versorgung mit Unterkunft und Lebensmitteln bemüht hätten, bevor sie am 2. Dezember 2017 wieder in das Bundesgebiet einreisten. 102Sonstige individuelle, in der jeweiligen Person der Kläger liegende besondere Gründe, die eine Überstellung der Kläger am 30. November 2017 als menschenrechtswidrig erscheinen ließen, sind ebenfalls weder substantiiert vorgetragen noch im Übrigen ersichtlich. Insbesondere kann aus den vorgenannten Gründen nicht festgestellt werden, dass die zum Zeitpunkt der Überstellung 15 bzw. 10 Jahre alten Kläger zu 3. und 4. in Frankreich unabhängig vom Willen der Kläger und ihren persönlichen Entscheidungen eine mit ihrem erhöhten Schutzbedarf unvereinbare menschenrechtswidrige Behandlung drohte. 103Soweit psychische Beeinträchtigungen der Klägerin zu 2. geltend gemacht wurden, fehlt es auch unter Berücksichtigung des erst im März 2018 zur Gerichtsakte gereichten Psychologischen Berichts des Diplom-Psychologen Dr. T. aus N. vom 4. August 2017 an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Frankreich für die Klägerin zu 2. die ernsthafte Gefahr begründete, dass sie wegen einer besonderer Vulnerabilität einer menschenrechtswidrigen Situation ausgesetzt wäre. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass ihr eine Fortsetzung der Behandlung in Frankreich nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Entsprechendes haben die Kläger nicht dargelegt. Insbesondere lässt sich dem vorgelegten Psychologischen Bericht solches nicht entnehmen. Selbst wenn eine Rückkehr nach Frankreich sich negativ auf die Erkrankung der Klägerin zu 2. auswirken sollte, stünde dies einer Zumutbarkeit der Fortsetzung der Behandlung in Frankreich nicht entgegen. Denn die Klägerin zu 2. kann nicht beanspruchen, sich in dem Land aufzuhalten, in dem die besten Heilungschancen für ihre Erkrankung zu erwarten sind. Im Übrigen haben sich die von Dr.T. im Falle einer Abschiebung der Klägerin zu 2. nach Frankreich befürchteten Gesundheitsverschlechterungen bis hin zu Suizidhandlungen jedenfalls im Zusammenhang mit der Abschiebung im November 2017 nicht realisiert, wobei die Klägerin zu 2. ‑ soweit ersichtlich ‑ auch keine Versuche unternommen hat, eine Gesundheitsverschlechterung durch ärztliche oder psychologische Hilfe in Frankreich abzumildern. Auch aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin zu 2. eine zur Vermeidung erheblicher Gesundheitsgefahren erforderliche ärztliche oder psychologische Behandlung in Frankreich nicht gewährt worden wäre. Vielmehr erhielten Asylbewerber im November 2017 in Frankreich eine Gesundheitsversorgung (AME oder PUMA), die sie auch berechtigte, psychiatrische oder psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen, 104vgl. aida, Länderbericht Frankreich, 2017 update (Stand: 31. Dezember 2017). abrufbar unter: https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2017update.pdf. 105Unter diesen Umständen ist auch die Feststellung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Hierbei ist aus den vorgenannten Gründen ebenfalls maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 abzustellen. 106Die Feststellung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in der zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger gültigen und bis heute in unveränderter Fassung fortgeltenden Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ist in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. Aus den vorgenannten Gründen ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig sind. 107Ob der (Negativ-)Feststellung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides ein eventueller Anspruch der Kläger auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (etwa in Bezug auf Frankreich) entgegenstand, ist hier gerichtlich nicht zu prüfen. Denn die Kläger haben im vorliegenden Verfahren nicht (auch nicht hilfsweise) beantragt, die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes zu verpflichten. Ohne einen entsprechenden Antrag ist ein Anspruch, der (im Falle seines Vorliegens) gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO zur Aufhebung der behördlichen Versagungsentscheidung führt, nicht zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. 108Im Übrigen liegen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass in der jeweiligen Person der Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Frankreich vorlag. Es wird insoweit auf die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung verwiesen. 109Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 110Wegen der allein noch fortbestehenden mittelbaren Rechtswirkungen der Abschiebungsanordnung kommt es auch diesbezüglich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 an, 111vgl. ebenso im Falle einer vollzogenen Abschiebungsandrohung: BayVGH, Beschluss vom 30. Juli 2018 ‑ 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 ‑, Rn. 23, juris. 112Inländische Abschiebungshindernisse, die die Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung zu begründen vermögen, 113vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rdn. 4; OVG Niedersachsen, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, juris, Rdn. 41; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 ‑ OVG 2 S 6.12 -, juris, Rdn. 4 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rdn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rdn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, juris, Rdn. 4 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris, Rdn. 9 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04 -, juris, Rdn. 9 ff, 114können denklogisch nur in Bezug auf die Sach- und Rechtslage geprüft werden, wie sie sich unmittelbar vor der Abschiebung darstellte, als sich der betreffende Ausländer noch im Inland befand. 115Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des hier streitgegenständlichen Bescheides war zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Überstellung der Kläger am 30. November 2017 rechtmäßig. 116Sie findet ihre Rechtsgrundlage in der zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger gültigen und bis heute in unveränderter Fassung fortgeltenden Regelung des § 34a Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. 117Frankreich war – wie zuvor ausgeführt – für die Durchführung der Asylverfahren der Kläger zuständig. Es stand auch im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden konnte. Insbesondere standen der Abschiebung der Kläger weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegen. 118Die Anordnung des auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 119Es kann offen bleiben, ob insoweit ebenfalls die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Überstellung der Kläger nach Frankreich am 30. November 2017 maßgeblich ist oder mit Blick auf die fortbestehende unmittelbare Wirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (auch) die Sach- und Rechtslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu beachten ist. Denn die Anordnung ist bezogen auf beide Zeitpunkte rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage entweder in § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl. I 1386 (AufenthG a.F.) oder in § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG in der aktuellen Fassung. 120Die Zuständigkeit des Bundesamtes ergibt sich aus der im Wesentlichen unverändert gebliebenen Vorschrift des § 75 Nr. 12 AufenthG. 121Ferner ist es ungeachtet der Frage, in welcher Gesetzesfassung die Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG heranzuziehen ist, unschädlich, dass das Bundesamt seine Ermessensausübung an § 11 AufenthG a.F. orientiert. Denn durch die Neufassung des § 11 AufenthG haben sich die für die behördliche Fristbestimmung zu berücksichtigenden Umstände nicht geändert. Der Gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige Rechtslage an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 122vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3/17 -, juris, Rn. 70 ff., 123angepasst. 124Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. April 2020 – 2 L 30/20 –, Rn. 17 m.w.N., juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 - A 19 K 1718/17 -, juris, Rn. 38; VG Düsseldorf, Urteil vom 25. November 2019 – 27 K 1769/18.A –, Rn. 33 - 36, juris 125Die Ermessensentscheidung des Bundesamtes begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die Behörde das Ermessen in seiner Reichweite erkannt, ihre Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten hat, § 114 Satz 1 VwGO, § 40 VwVfG. Mit einer Befristung auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung hat das Bundesamt die Reichweite seines Ermessens nicht überschritten. Aus der Begründung ist zudem erkennbar, dass es seine Erwägungen am Zweck der Ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche Interesse an dem Verbot einer kurzfristigen Wiedereinreise der Kläger mit deren Interesse an einer erneuten Einreise in das Bundesgebiet abgewogen hat. Dabei hat es mit Hinweis darauf, dass besondere schutzwürdige Interessen der Kläger an einer kurzfristigen Wiedereinreise nicht ersichtlich sind, das öffentliche Interesse in nicht zu beanstandender Weise entsprechend seiner ständigen Verwaltungspraxis für vergleichbare Fälle gewichtet. 126Vgl. zur Überprüfung der Ermessensentscheidung nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG auch: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2017 ‑ 11 A 52/17.A ‑, Rn. 110, juris. 127Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Bundesamt diese Abwägung auf der Grundlage eines falschen Sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt nachträglich in einer Weise verändert hätte, die eine Ergänzung der Ermessensausübung erfordern würde. Entsprechendes wird von den Klägern auch nicht vorgetragen. 128Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, §§ 83b, 83c AsylG. 129Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. 130Rechtsmittelbelehrung: 131Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 132Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1331. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 1342. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1353. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 136Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 137Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 138In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 139Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 140Die Antragsschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2der am 00.00.1970 geborene kläger zu 1. und die am 00.00.1978 geborene klägerin zu 2. sind die eltern des am 00.00.2001 geborenen klägers zu 3. und des am 00.00.2007 geborenen klägers zu 4. alle kläger sind iranische staatsangehörige. 3ihren angaben zufolge reisten die kläger am 4. april 2017 aus dem iran aus und am 7. april 2017 in die bundesrepublik ein. sie meldeten sich am 18. april 2017 (unter anderen namen) als asylsuchende und stellten am 20. april 2017 förmliche asylanträge. 4ausweislich der vom bundesamt für migration und flüchtlinge (nachfolgend: bundesamt) am 20. april 2017 eingeholten auszüge aus dem visainformationssystem wurde den klägern zu 1. bis 3. am 00.00.2017 von der französischen auslandsvertretung in teheran ein schengen-visum mit gültigkeit vom 20. märz 2017 bis zum 14. april 2017 erteilt. noch am gleichen tag richtete das bundesamt aufnahmegesuche an frankreich bezüglich aller vier kläger, die von der französischen dublin-behörde mit schreiben vom 23. juni 2017 angenommen wurden. 5mit bescheid vom 29. juni 2017 lehnte das bundesamt die asylanträge der kläger gemäß § 29 abs. 1 nr. 1 asylg als unzulässig ab (ziffer 1), stellte fest, dass keine abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg vorliegen (ziffer 2), ordnete die abschiebung der kläger nach frankreich an (ziffer 3) und befristete das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot auf 9 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 4). auf die gründe des bescheides wird verwiesen. der bescheid wurde den klägern am 3. juli 2017 zugestellt. 6die kläger haben am 7. juli 2017 klage erhoben. am gleichen tag haben die kläger einen antrag auf anordnung der aufschiebenden wirkung der klage gestellt (22 l 3424/17.a), den das gericht mit beschluss vom 31. juli 2017 abgelehnt hat. 7am 30. november 2017 sind die kläger nach frankreich (ankunftsflughafen: nizza) überstellt worden. nach anschließender wiedereinreise in das bundesgebiet haben sie sich am 7. dezember 2017 bei der stadt f. gemeldet. das bundesamt hat am 5. januar 2018 erneut frankreich um übernahme der kläger ersucht. diesem ersuchen hat frankreich am 9. januar 2018 zugestimmt. mit bescheid vom 18. april 2018 (gz. 0000000-439) hat das bundesamt erneut die abschiebung der kläger nach frankreich angeordnet und das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg nunmehr auf 18 monate ab dem tag der abschiebung befristet. gegen diesen bescheid haben die kläger am 27. april 2018 beim verwaltungsgericht düsseldorf klage erhoben (22 k 3866/18.a). mit schriftsatz vom 28. september 2018 hat die beklagte den bescheid vom 18. april 2018 (gz. 0000000-439) aufgehoben, da die überstellungsfrist nach art. 29 dublin iii‑vo abgelaufen sei. daraufhin haben die beteiligten das gegen jenen bescheid gerichtete klageverfahren durch übereinstimmende erledigungserklärung im november 2018 beendet. 8eine aufhebung des im vorliegenden verfahren streitgegenständlichen bescheides hat die beklagte ausdrücklich abgelehnt, jedoch mit schriftsatz vom 28. september 2018 versichert, dass es zu keiner erneuten vollstreckung aus diesem bescheid kommen werde. 9zur begründung der klage machen die kläger im wesentlichen geltend: 10der hier streitgegenständliche bescheid, aus dem die beklagte nicht vollstrecken könne und dies auch nicht wolle, sei schon mangels durchsetzbarkeit rechtswidrig. 11davon abgesehen sei der bescheid aufzuheben, weil den klägern im falle einer abschiebung nach frankreich eine unmenschliche und erniedrigende behandlung drohe. dies zeige sich schon an ihren erfahrungen nach ihrer überstellung nach frankreich am 30. november 2017. sie hätten sich am 1. dezember 2017 in paris bei den asylbehörden gemeldet und ihnen sei ein termin am 12. januar 2018 zwecks registrierung und asylantragstellung genannt worden. eine soziale absicherung habe es nicht gegeben. sie seien in paris auf sich allein gestellt gewesen. ihnen seien weder eine unterkunft noch lebensmittel zur verfügung gestellt worden. bei eisiger kälte habe ihnen bis zum 12. januar 2018 in paris obdachlosigkeit und hunger gedroht. ihnen hätten eigene mittel lediglich in höhe von 50,00 euro zur verfügung gestanden, was weder für ein hotel noch für essen ausgereicht habe. sie hätten eine nacht auf der straße übernachten müssen und seien am folgetag von paris aus mit dem zug wieder in das bundesgebiet eingereist. 12die kläger haben hierzu zwei am 1. dezember 2017 in nizza durch das dortige „centre administratif départemental“ ausgestellte bescheinigungen vorgelegt, mit denen sie für den 12. januar 2018 um 9.00 uhr zur registrierung ihrer asylanträge bei der präfektur nizza geladen wurden. 13die klägerin zu 2. leide zudem unter psychischen störungen. die hohen belastungen und der druck der letzten jahre hätten bei ihr u.a. zu einer essstörung geführt; sie habe zudem suizidale gedanken. eine weitere abschiebung / ungewissheit werde ihren gesundheitszustand erheblich verschlimmern. 14hierzu haben die kläger einen psychologischen bericht des psychologischen psychotherapeuten dr. s. t. aus n. vom 4. august 2017 vorgelegt. aus diesem geht hervor, dass sich die klägerin zu 2. seit dem 4. mai 2017 wegen mittelgradiger depressiver episode (f32.1) bei zugrundeliegender schwerer posttraumatischer belastungsstörung (f43.1) in psychotherapeutischer behandlung befinde (verhaltenstherapeutische sitzungen). sie sei im iran mit antidepressiva (citalopram) behandelt worden und habe seit jahren magenbeschwerden. im falle einer abschiebung nach frankreich sei mit einer erheblichen verschlechterung der erkrankung und einem suizid der patientin zu rechnen. sie sei wegen ihrer hohen belastung stark suizidgefährdet. 15die kläger beantragen schriftsätzlich, 16den bescheid des bundesamtes vom 29. juni 2017 aufzuheben. 17die beklagte beantragt schriftsätzlich, 18die klage abzuweisen. 19zur begründung bezieht sie sich auf die angefochtene entscheidung. 20der rechtsstreit ist mit beschluss der kammer vom 27. april 2020 auf die vorsitzende als einzelrichterin zur entscheidung übertragen worden. 21zur mündlichen verhandlung sind die beteiligten nicht erschienen 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten, der beigezogenen gerichtsakten des verwaltungsgericht düsseldorf zu den aktenzeichen 22 l 3424/17.a und 22 k 3866/18.a und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 23
24die entscheidung ergeht gemäß § 76 abs. 1 asylg durch die einzelrichterin. 25das gericht konnte trotz ausbleibens der beteiligten zum termin der mündlichen verhandlung verhandeln und entscheiden, da die beteiligten hierauf in der ordnungsgemäßen ladung hingewiesen wurden, § 102 abs. 1 und 2 vwgo. 26die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 27die klage ist zulässig. 28insbesondere ist sie als anfechtungsklage statthaft. 29vgl. im einzelnen: bverwg, urteile vom 27. oktober 2015 ‑ 1 c 32.14 ‑, rdn. 13 ff., juris, und vom 14. dezember 2016 - 1 c 4.16 -, rdn. 16 f. (in bezug auf eine unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 abs. 1 nr. 5 asylg), juris; ovg nrw, urteile vom 7. märz 2014 ‑ 1 a 21/12.a ‑, rdn. 28 ff., und vom 16. september 2015 ‑ 13 a 800/15.a ‑, rdn. 22 ff. m.w.n., juris. 30die isolierte aufhebung der angefochtenen regelungen führt auf die weitere prüfung der von den klägern im april 2017 im bundesgebiet gestellten asylanträge durch die beklagte und damit zu dem erstrebten rechtsschutzziel. denn mit der aufhebung des streitgegenständlichen bescheids wird das verwaltungsverfahren in den verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor erlass der streitgegenständlichen regelungen war. das bundesamt ist im falle einer aufhebung des bescheides gemäß §§ 24, 31 asylg gesetzlich verpflichtet, das asylverfahren weiterzuführen. 31es fehlt den klägern auch nicht an dem erforderlichen rechtsschutzbedürfnis. die regelungen des streitgegenständlichen bescheides haben sich nicht erledigt. dies gilt auch in ansehung der tatsache, dass die abschiebungsanordnung vollzogen wurde, die kläger anschließend wieder in das bundesgebiet eingereist sind und die beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass mittlerweile eine überstellung der kläger nach frankreich auf der grundlage der dublin iii‑vo nicht mehr in betracht kommt. 32die erledigung eines verwaltungsaktes tritt erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche wirkungen zu erzeugen oder wenn die steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist, 33bverwg, urteil vom 14. dezember 2016 – 1 c 11/15 –, rn. 29, juris m.w.n.. 34eine erledigung ist nur anzunehmen, wenn von dem verwaltungsakt sowohl unmittelbar als auch mit blick auf darauf aufbauende rechtsfolgen keine rechtlichen wirkungen mehr ausgehen, 35vgl. zu einer abschiebungsanordnung nach § 58a aufenthg bei bereits erfolgter abschiebung: bverwg, urteil vom 27. märz 2018 – 1 a 4/17 –, rn. 15, juris. 36diese voraussetzungen für eine erledigung sind hier bei keiner der regelungen des streitgegenständlichen bescheides erfüllt. vielmehr sind diese sämtlich weiterhin geeignet, die kläger belastende rechtliche wirkungen zu entfalten. 37zwar dürfte den klägern keine erneute abschiebung auf der grundlage des streitgegenständlichen bescheides drohen. denn die wiedereinreise eines zuvor nach der dublin iii‑vo überstellten asylantragstellers hat nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs zur folge, dass eine neue überstellung erst erfolgen darf, wenn überprüft wurde, ob die zuständigkeit zur asylrechtlichen prüfung nach der überstellung nicht auf einen anderen mitgliedstaat übergegangen ist, 38vgl. eugh, urteil vom 25. januar 2018 – c-360/16 –, rn. 41 ff., juris; vg trier, urteil vom 3. april 2019 ‑ 7 k 5601/18.tr ‑, rn. 25, juris; vg düsseldorf, beschluss vom 17. april 2018 ‑ 12 l 950/18.a ‑, rn. 25 ff, juris; vg gießen, beschluss vom 20. märz 2018 ‑ 6 k 4516/17.gi.a ‑, rn. 2, juris. 39die beklagte geht auch selbst nicht davon aus, dass der streitgegenständliche bescheid als rechtsgrundlage für eine erneute überstellung der kläger taugt. vielmehr hat das bundesamt mit dem bescheid vom 18. april 2018 eine neue abschiebungsanordnung erlassen und darüber hinaus im vorliegenden verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine weitere überstellung auf grundlage der hier streitgegenständlichen abschiebungsanordnung nicht erfolge. 40in den blick zu nehmen, sind jedoch auch mittelbare rechtswirkungen des streitgegenständlichen bescheides, das heißt solche, die auf der rechtmäßigkeit des bescheides aufbauen, wie etwa die haftung des betreffenden ausländers für die durch seine abschiebung entstandenen kosten 41vgl. in bezug auf eine abschiebungsanordnung gemäß § 58a aufenthg nach vollzogener abschiebung: bverwg, urteil vom 27. märz 2018 ‑ 1 a 4/17 ‑, rn. 15, juris. 42vorliegend scheidet eine fortdauernde rechtswirkung des streitgegenständlichen bescheides im hinblick auf eine haftung für abschiebungskosten aus, da die kläger gemäß art. 30 abs. 3 dublin iii‑vo für die kosten ihrer überstellung nach frankreich nicht in anspruch genommen werden können, 43ebenso: vg düsseldorf, beschluss vom 17. april 2018 ‑ 12 l 950/18.a ‑, rn. 29 - 42, juris. 44auch vermag der streitgegenständliche bescheid keine wirkungen mehr mit blick darauf zu entfalten, dass er einem etwaigen folgenbeseitigungsanspruch der kläger (vgl. art. 29 abs. 3 und 30 abs. 2 dublin iii‑vo) entgegenstehen könnte. denn für einen folgenbeseitigungsanspruch der kläger ist kein raum mehr, nachdem sie mit ihrer wiedereinreise in das bundesgebiet die überstellung faktisch rückgängig gemacht haben, 45ebenso: vg düsseldorf, beschluss vom 17. april 2018 ‑ 12 l 950/18.a ‑, rn. 23 - 25, juris. 46darüber hinaus entfaltet der streitgegenständliche bescheid im vorliegenden fall auch keine belastenden wirkungen mehr im hinblick auf die bestimmung des für die prüfung von asylanträgen der kläger nach der dublin iii‑vo zuständigen staates. denn es ist im einklang mit der übereinstimmenden auffassung der beteiligten davon auszugehen, dass mittlerweile die zuständigkeit für die prüfung von asylanträgen der kläger auf die beklagte übergegangen ist, nachdem die überstellungsfrist in dem nach der wiedereinreise der kläger durchgeführten zuständigkeitsbestimmungsverfahren fruchtlos verstrichen ist. dies hat zur aufhebung des (hier nicht streitgegenständlichen) bescheides des bundesamts vom 18. april 2018 durch schriftsatz der beklagten vom 28. september 2018 zum verfahren 22 k 3866/18.a geführt. ob die beklagte aus hier streitgegenständlichen gründen für die prüfung zuständig ist, ob den klägern asyl und / oder internationaler schutz zu gewähren ist, hat bei dieser sachlage keine rechtlichen wirkungen mehr. 47anders in fällen, in denen die beklagte weiterhin von einer zuständigkeit des im streitgegenständlichen bescheid genannten anderen mitgliedstaats ausgeht: vg düsseldorf, urteil vom 28. november 2019, ‑ 12 k 14671/17 ‑, rn. 30 – 35. juris. 48denn den klägern ist wegen des eingetretenen zuständigkeitsübergangs auf die beklagte gelegenheit zur stellung neuer anträge auf internationalen schutz zu geben, die sodann von der beklagten zu prüfen sind, 49vgl. eugh, urteil vom 25. januar 2018 – c-360/16 –, rn. 77, juris. 50gleichwohl entfaltet der streitgegenständliche bescheid hier noch (mittelbare) belastende wirkungen. dies folgt aus den fortdauernden wirkungen des in ziffer 4 des streitgegenständlichen bescheides bestimmten einreise- und aufenthaltsverbotes nach § 11 aufenthg, das auf der rechtmäßigkeit der regelungen in ziffern 1 bis 3 des bescheides aufbaut, 51vgl. zur berücksichtigung dieser fortdauernden wirkung im fall einer abschiebungsandrohung: vg bremen, gerichtsbescheid vom 9. april 2020 ‑ 4 k 3025/18 ‑, rn. 50, juris; nicht angesprochen von vg gießen, beschluss vom 20. märz 2018 ‑ 6 k 4516/17.gi.a ‑, juris sowie vg düsseldorf, urteil vom 28. november 2019 ‑ 12 k 14671/17.a ‑, juris. 52die die kläger belastende wirkung des einreise- und aufenthaltsverbotes begann mit ihrer abschiebung nach frankreich am 30. november 2017 und dauert fort. insbesondere ist die in ziffer 4 des bescheides bestimmte frist von 9 monaten nicht abgelaufen. denn diese wurde mit wiedereinreise der kläger in das bundesgebiet anfang dezember 2017 gehemmt, § 11 abs. 9 satz 1 aufenthg. bis zum ablauf der frist dürfen die kläger (nach einer ausreise) nicht wieder in das bundesgebiet einreisen und ihnen darf auch bei einem fortdauernden aufenthalt im bundesgebiet kein aufenthaltstitel nach dem aufenthaltsgesetz erteilt werden, selbst wenn sie im übrigen die voraussetzungen für einen hierauf gerichteten anspruch erfüllen, § 11 abs. 1 satz 2 aufenthg. 53der fortdauernden beschwer der kläger mit dem in ziffer 4 des bescheides ausgesprochenen einreise- und aufenthaltsverbot steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 11 abs. 4 aufenthg eine nachträgliche verkürzung oder aufhebung der frist unter den dort genannten voraussetzungen in betracht kommt. denn dies eröffnet nur die rechtliche möglichkeit, die wirkungen des einreise- und aufenthaltsverbots für die zukunft zu beseitigen. es bliebe auch in einem solchen fall bei den rechtswirkungen des einreise- und aufenthaltsverbotes zum zeitpunkt der wiedereinreise der kläger in das bundesgebiet, so dass ihnen auch zukünftig entgegengehalten werden könnte, ihre wiedereinreise sei im sinne des § 14 abs. 1 nr. 3 aufenthg illegal gewesen oder habe gar den straftatbestand des § 95 abs. 2 nr. 1 aufenthg erfüllt. belastende folgerungen erheben sich daraus, dass dies ein ausweisungsinteresse begründen würde, das gemäß § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg regelmäßig der erteilung eines aufenthaltstitels entgegensteht oder im rahmen einer ausweisung nach § 53 aufenthg berücksichtigt werden könnte. 54die dargestellte fortdauernde rechtliche belastung der kläger mit dem in ziffer 4 des streitgegenständlichen bescheides ausgesprochene einreise- und aufenthaltsverbot baut auf der rechtmäßigkeit sämtlicher regelungen des bescheides auf. denn die zuständigkeit des bundesamtes für die anordnung des einreise- und aufenthaltsverbots besteht nach der insoweit allein in betracht kommenden zuständigkeitszuweisung in § 75 nr. 12, 2. alt. aufenthg in fällen einer abschiebungsanordnung nach § 34a aufenthg. wäre diese (ziffer 3 des bescheides) rechtswidrig, so wäre auch die regelung in ziffer 4 des bescheides aufzuheben. die rechtmäßigkeit der abschiebungsanordnung nach § 34a aufenthg baut wiederum auf der rechtsmäßigkeit der unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 sowie der negativ-feststellung zu abschiebungsverboten in ziffer 2 des bescheides auf. denn die hier vorliegende abschiebungsanordnung gemäß § 34a abs. 1 satz 1 aufenthg nach frankreich knüpft an die zuständigkeit frankreichs für die durchführung des asylverfahrens der kläger an und setzt voraus, dass die abschiebung durchgeführt werden kann, also kein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 und 7 aufenthg vorliegt. 55bei dieser sachlage ist auch die steuerungsfunktion, die dem streitgegenständlichen bescheid ursprünglich innewohnte, nämlich die verweisung der kläger auf die durchführung ihrer asylverfahren in frankreich bei gleichzeitiger anordnung eines einreise- und aufenthaltsverbots für das bundesgebiet, nicht gänzlich entfallen. denn selbst im falle eines nachträglichen asylrechtlichen zuständigkeitsübergangs auf die beklagte bleibt es bei der oben dargelegten ausländerrechtlichen steuerungsfunktion des einreise- und aufenthaltsverbots. 56offen bleiben kann, ob diese ausländerrechtliche steuerungsfunktion so weit geht, dass der verstoß gegen eine einreisesperre nach einer dublin-überstellung auch einem anspruch auf ausbildungsduldung entgegensteht, so ovg saarland, beschluss vom 26. september 2017 ‑ 2 b 467/17 ‑, rn. 9, juris. 57die klage wurde im übrigen auch fristgerecht gemäß § 74 abs. 1, 2. alt. asylg i.v.m. § 34a abs. 2 satz 1 asylg erhoben. 58die klage ist jedoch unbegründet. 59die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides ist nicht rechtswidrig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 60abweichend von § 77 abs. 1 asylg ist für die rechtliche bewertung auf die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der überstellung, das heißt hier auf den 30. november 2017 abzustellen. dies beruht auf folgenden überlegungen: 61nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs, 62vgl. urteil vom 25. januar 2018 ‑ c-​360/16 ‑, rn. 54, juris. 63sind in dem (neuen) zuständigkeitsbestimmungsverfahren, das nach der rückkehr des asylantragstellers in den überstellenden mitgliedstaat einzuleiten ist, nur änderungen zu berücksichtigen, die seit dem erlass der vorangegangenen überstellungsentscheidung eingetreten sind. diesen ausführungen lässt sich im umkehrschluss entnehmen, dass im vorangegangenen zuständigkeitsbestimmungsverfahren lediglich die umstände zu berücksichtigen sind, die vor dem erlass der dieses verfahren abschließenden überstellungsentscheidung eingetreten sind. 64vgl. vg osnabrück, urteil vom 15. april 2019 ‑ 5 a 427/17 ‑, rn. 25, juris; vg düsseldorf, urteil vom 28. november 2019 – 12 k 14671 ‑, rn. 31 – 34, juris. 65dabei meint die formulierung „überstellungsentscheidung“ in diesem zusammenhang nicht die bekanntgabe des bescheides im vorangegangenen zuständigkeitsbestimmungsverfahren des überstellenden mitgliedstaates, sondern die endgültige entscheidung des überstellenden mitgliedstaates, den antragsteller tatsächlich in den zuständigen mitgliedstaat zu überstellen, mithin den vollzug der überstellung. dies ergibt sich aus den vorangestellten erwägungen des europäischen gerichtshofs im urteil vom 25. januar 2018, a.a.o., rn. 53, nach denen eine erneute überstellung erst in betracht kommt, wenn die situation des antragstellers überprüft wurde, um zu klären, ob die zuständigkeit nicht „nach ihrer überstellung“ auf einen anderen mitgliedstaat übergegangen ist und wird auch durch die dortige bezugnahme auf die erwägungen in den randnummern 35-​39 des genannten urteils deutlich, die sämtlich den zeitpunkt des vollzugs der überstellung betreffen. 66vg osnabrück, urteil vom 15. april 2019 ‑ 5 a 427/17 ‑, rn. 26, juris. 67nach dieser systematik sind in dem gerichtlichen verfahren gegen die rechtsgrundlage der überstellung ausschließlich diejenigen umstände zu berücksichtigen, die bereits im zeitpunkt dieser überstellung vorlagen. danach eintretende umstände sind in einem in dem überstellenden mitgliedstaat nach der rückkehr des antragstellers einzuleitenden weiteren behördlichen verfahren zu beachten und unterliegen in einem gegen die dort getroffene entscheidung vom antragsteller eingeleiteten rechtsbehelfsverfahren einer gerichtlichen kontrolle. diese strikte aufteilung des streitstoffes bei der gerichtlichen überprüfung der behördlichen entscheidungen vermeidet sich überschneidende prüfbereiche in den einzelnen zuständigkeitsbestimmungsverfahren und damit divergierende gerichtliche entscheidungen. 68vgl. vg osnabrück, urteil vom 15. april 2019 ‑ 5 a 427/17 ,‑ rn. 23 f., juris. 69dieser trennung der prüfbereiche steht auch die regelung des § 77 asylg nicht entgegen, nach der das gericht in streitigkeiten nach dem asylgesetz auf die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung abstellt. diese vorschrift ist im lichte der vorzitierten rechtsprechung des europäischen gerichtshofs zu den regelungen der dublin iii-​vo dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie im fall einer rückkehr des überstellten antragstellers in den überstellenden mitgliedstaat vor einer erstinstanzlichen gerichtsentscheidung dieses mitgliedstaates über die überstellungsentscheidung keine anwendung findet, weil sie in dieser konstellation den ihr zugedachten zweck aufgrund europarechtlicher vorgaben nicht erreichen kann. so soll die regelung nach der gesetzesbegründung (bt-​drucks. 12/2062, s. 41) dazu beitragen, den streit über das asyl- und bleiberecht des ausländers umfassend zu beenden und neue verwaltungsverfahren möglichst zu vermeiden. dieser zweck kann im fall der rückkehr eines überstellten antragstellers in den überstellenden mitgliedstaat vor der erstinstanzlichen gerichtsentscheidung aber nicht erfüllt werden, da in dieser situation nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs, 70urteil vom 25. januar 2018 ‑ c-​360/16 ‑, rn. 41 ff., juris, 71zu den europarechtlichen regelungen des zuständigkeitsbestimmungsverfahrens in der dublin iii-​vo zwingend in diesem mitgliedstaat ein neues behördliches verfahren vor einer erneuten überstellung durchzuführen ist, es also zwangsläufig – auch bei abstellen auf den zeitpunkt der entscheidung – zu einem weiteren asylverfahren käme. die teleologische reduktion im hiesigen verfahren steht auch im einklang mit den ausführungen des europäischen gerichtshofs, 72urteil vom 25. januar 2018 ‑ c-​360/16 ‑, rn. 27 ff., juris, 73zu der die regelung des § 77 asylg betreffenden vorlagefrage 1 a), nach denen sich der antragsteller auch auf umstände berufen können muss, die nach erlass der überstellungsentscheidung oder auch erst nach der überstellung eingetreten sind, da der antragsteller bis zur überstellung eintretende umstände im hiesigen und danach eintretende umstände in einem weiteren rechtsbehelfsverfahren gegen die erneute behördliche entscheidung einer gerichtlichen überprüfung zuführen kann, ihm mithin ein wirksamer rechtsschutz im sinne der europarechtlichen vorgaben sowie der grundgesetzlichen gewährleistungen gem. art. 19 abs. 4 gg zur verfügung steht. 74vg osnabrück, urteil vom 15. april 2019 ‑ 5 a 427/17 ‑, rn. 27, juris. 75dass es für die rechtliche überprüfung auf den zeitpunkt der überstellung der kläger nach frankreich ankommt, steht zudem im einklang damit, dass die hier allein noch fortbestehenden (mittelbaren) rechtlichen wirkungen der unzulässigkeitsentscheidung davon abhängen, dass diese gerade zum zeitpunkt der abschiebung der kläger rechtmäßig war. denn nur wenn die unzulässigkeitsentscheidung (schon) zum zeitpunkt der überstellung rechtswidrig war, schlägt dies auf die (damalige) rechtmäßigkeit der weiteren regelungen im streitgegenständlichen bescheid und damit letztlich auf die rechtmäßigkeit der anordnung des einreise- und aufenthaltsverbots durch, gegen das die kläger bei ihrer wiedereinreise anfang dezember 2017 verstoßen haben könnten. 76bezogen auf den nach alledem entscheidungserheblichen zeitpunkt der überstellung der kläger nach frankreich am 30. november 2017 findet die unzulässigkeitsentscheidung in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheides ihre ermächtigungsgrundlage in der zum zeitpunkt der überstellung der kläger gültigen und bis heute in unveränderter fassung fortgeltenden regelung des § 29 abs. 1 nr. 1 buchst. a) asylg. danach ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat nach maßgabe der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist (dublin iii‑vo), für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. die dublin iii-vo findet gemäß ihres art. 49 unterabs. 2 satz 1 auf schutzgesuche anwendung, die nach dem 31. dezember 2013 gestellt werden, mithin auch auf den vom kläger im april 2017 gestellten asylantrag. 77nach art. 12 abs. 4 der dublin iii‑vo ist frankreich für die prüfung des asylantrages der kläger zu 1. bis 3. zuständig. nach art. 12 abs. 2 satz 1, 1. halbsatz dublin iii‑vo ist in den fällen, in denen der antragsteller ein gültiges visum besitzt, der mitgliedstaat für die prüfung des antrages auf internationalen schutz zuständig, der das visum erteilt hat. dies gilt gemäß art. 12 abs. 4 dublin iii-vo auch, wenn das visum, aufgrund dessen ein antragsteller in das hoheitsgebiet eines mitgliedstaats einreisen konnte, bei stellung des asylantrages (vgl. art. 7 abs. 2 dublin iii-vo) zwar nicht mehr gültig ist, aber seit weniger als sechs monaten abgelaufen ist, solange der antragsteller das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten nicht verlassen hat. so liegt der fall hier. die gültigkeit des den klägern zu 1. bis 3. erteilten visums, aufgrund dessen die kläger in das hoheitsgebiet eines mitgliedstaates einreisen konnten, war bei förmlicher asylbeantragung am 20. april 2017 noch weniger als sechs monate abgelaufen, und die kläger hatten nach eigenem vortrag das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten seither nicht verlassen. 78offen bleiben kann, ob auch für den kläger zu 4. eine zuständigkeit frankreichs nach art. 12 abs. 4 der dublin iii‑vo gegeben ist. dem verwaltungsvorgang des bundesamtes lässt sich nicht entnehmen, ob auch diesem ein schengen-visum durch eine französische auslandsvertretung ausgestellt wurde. sollte dies nicht der fall sein, ergibt sich die zuständigkeit frankreichs für die prüfung des asylgesuchs des klägers zu 4. aus art. 11 buchst. a) dublin iii-vo. die kläger sind familienangehörige im sinne der dublin iii-vo und haben gemeinsam einen asylantrag gestellt. zur vermeidung einer trennung der familienangehörigen ist daher der mitgliedstaat für die prüfung des schutzgesuchs sämtlicher familienangehörigen zuständig, der für die aufnahme des größten teils von ihnen zuständig ist. dies ist hier frankreich aufgrund der zuständigkeit nach art. 12 abs. 4 der dublin iii‑vo für die kläger zu 1. bis 3. 79die damit nach art. 12 dublin iii‑vo für frankreich anzunehmende zuständigkeit war bis zum zeitpunkt der überstellung der kläger nach frankreich am 30. november 2017 auch nicht entfallen. 80das bundesamt hat innerhalb der in art. 21 abs. 1 dublin iii-vo genannten frist am 20. juni 2017 ein aufnahmegesuch an frankreich gerichtet, das von der französischen dublin-behörde mit schreiben vom 23. juni 2017 angenommen wurde. 81ferner ist die zuständigkeit auch nicht gemäß art. 29 abs. 2 dublin iii-vo auf die beklagte übergegangen. nach dieser vorschrift ist der zuständige mitgliedstaat nicht mehr zur aufnahme oder wiederaufnahme der betreffenden person verpflichtet und die zuständigkeit geht auf den ersuchenden mitgliedstaat über, wenn die überstellung nicht innerhalb der in art. 29 abs. 1 satz 1, abs. 2 dublin iii-vo genannten frist von sechs monaten, die unter bestimmten voraussetzungen auf höchstens 18 monate verlängert werden kann, durchgeführt wird. die sechsmonatige frist beginnt nach art. 29 abs. 1 satz 1 dublin iii‑vo mit der annahme des aufnahme- oder wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen mitgliedstaat oder der endgültigen entscheidung über einen rechtsbehelf, wenn dieser gemäß art. 27 abs. 3 dublin iii-vo aufschiebende wirkung hat. 82die frist begann nach diesen maßstäben hier mit der annahme des übernahmeersuchens durch frankreich am 23. juni 2017. die frist wurde durch den fristgerechten antrag auf anordnung der aufschiebenden wirkung vom 10. juli 2017 (22 l 3424/17.a) unterbrochen und mit bekanntgabe des ablehnenden eilbeschlusses vom 31. juli 2017 am 2. august 2017 neu in lauf gesetzt, 83vgl. hierzu: bverwg, urteil vom 26. mai 2016 – 1 c 15.15 –, rdn. 11, juris. 84bei überstellung der kläger nach frankreich am 30. november 2017 waren seit dem 2. august 2017 noch nicht sechs monate vergangen. 85eine zuständigkeit der beklagten – anstelle der republik frankreich – ergibt sich schließlich auch nicht aus art. 3 abs. 2 unterabs. 2 und 3 dublin iii-vo. denn die beklagte war nicht gemäß art. 3 abs. 2 unterabs. 2 dublin iii-vo gehindert, die kläger nach frankreich zu überstellen. 86nach dieser vorschrift steht es der überstellung eines antragstellers in den zunächst als zuständig bestimmten staat entgegen, wenn es wesentliche gründe für die annahme gibt, dass das asylverfahren und die aufnahmebedingungen für antragsteller in diesem mitgliedstaat systemische schwachstellen aufwiesen, die eine gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden behandlung im sinne des art. 4 der charta der grundrechte der europäischen union (eu-grch) bzw. art. 3 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) mit sich bringen. die voraussetzungen, unter denen dies nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte und des europäischen gerichtshofs, 87eugh, urteile vom 19. märz 2019, jawo, c-163/17, eu:c:2019:218, rn. 87 und vom 21. dezember 2011 - c-411/10 et al. -, juris, rn. 83 ff., 99; egmr, urteil vom 21. januar 2011 - 30696/09 -, nvwz 2011, 413, 88der fall wäre, liegen hier nicht vor. 89zwar bezieht sich art. 3 abs. 2 unterabs. 2 dublin iii-verordnung nur auf die situation, in der sich die tatsächliche gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 eu-grch aus systemischen schwachstellen des asylverfahrens und der aufnahmebedingungen für personen, die internationalen schutz beantragen, in dem mitgliedstaat ergibt, der nach dieser verordnung als für die prüfung des antrags zuständig bestimmt ist. aus der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes sowie aus dem allgemeinen und absoluten charakter des verbots in art. 4 eu-grch geht jedoch hervor, dass die überstellung eines antragstellers in diesen mitgliedstaat in all jenen situationen ausgeschlossen ist, in denen ernsthafte und durch tatsachen bestätigte gründe für die annahme vorliegen, dass der antragsteller bei seiner überstellung oder infolge seiner überstellung eine solche gefahr laufen wird. 90vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, c-163/17, eu:c:2019:218, rn. 87. 91dabei ist für die anwendung von art. 4 grch gleichgültig, ob es zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss, das heißt im falle der gewährung internationalen schutzes, dazu kommt, dass die betreffende person aufgrund ihrer überstellung an den zuständigen mitgliedstaat im sinne der dublin iii-verordnung einem ernsthaften risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zu erfahren. 92vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, c-163/17, eu:c:2019:218, rn. 88, 76. 93insoweit ist das mit einem rechtsbehelf gegen eine überstellungsentscheidung befasste gericht in dem fall, dass es über angaben verfügt, die die betreffende person zum nachweis des vorliegens eines solchen risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf der grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter angaben und im hinblick auf den durch das unionsrecht gewährleisteten schutzstandard der grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte personengruppen betreffende schwachstellen vorliegen. 94vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, c-163/17, eu:c:2019:218, rn. 90, unter bezugnahme auf urteil vom 5. april 2016, aranyosi und căldăraru, c‑404/15 und c‑659/15 ppu, eu:c:2016:198, rn. 89. 95schwachstellen fallen nur dann unter art. 4 eu-grch, der art. 3 emrk entspricht und nach art. 52 abs. 3 eu-grch die gleiche bedeutung und tragweite hat, wie sie ihm in der emrk verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe schwelle der erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen umständen des falles abhängt. 96vgl. egmr, 21. januar 2011, m.s.s./belgien und griechenland, ce:echr:2011:0121jud003069609, § 254. 97denn im kontext des gemeinsamen europäischen asylsystems und insbesondere der dublin iii-vo, die auf dem grundsatz des gegenseitigen vertrauens beruht und durch eine rationalisierung der anträge auf internationalen schutz deren bearbeitung im interesse sowohl der antragsteller als auch der teilnehmenden staaten beschleunigen soll, gilt die vermutung, dass die behandlung dieser antragsteller in jedem einzelnen mitgliedstaat in einklang mit den erfordernissen der eu-grch, der gfk und der emrk steht. 98vgl. eugh, urteil vom 21. dezember 2011, n. s. u. a., c-411/10 und c-493/10, eu:c:2011:865, rn. 78 bis 80. 99diese besonders hohe schwelle der erheblichkeit wäre erreicht, wenn die gleichgültigkeit der behörden eines mitgliedstaats zur folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher unterstützung abhängige person sich unabhängig von ihrem willen und ihren persönlichen entscheidungen in einer situation extremer materieller not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen zustand der verelendung versetzte, der mit der menschenwürde unvereinbar wäre. diese schwelle ist daher selbst in durch große armut oder eine starke verschlechterung der lebensverhältnisse der betreffenden person gekennzeichneten situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller not verbunden sind, aufgrund deren sich diese person in einer solch schwerwiegenden lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung gleichgestellt werden kann. 100vgl. eugh, urteil vom 19. märz 2019, jawo, c-163/17, eu:c:2019:218, rn. 89 ff.; unter bezugnahme auf egmr, 21. januar 2011, m.s.s./belgien und griechenland, ce:echr:2011:0121jud003069609, §§ 252 bis 263. 101unter anwendung dieser maßstäbe fehlt es an hinreichenden anhaltspunkten dafür, dass das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen in frankreich zum maßgeblichen zeitpunkt der überstellung der kläger mit systemischen mängeln behaftet gewesen wären, die eine beachtliche gefahr einer den klägern drohenden unmenschlichen behandlung im sinne von art. 4 eu-grch bzw. art. 3 emrk zum zeitpunkt der überstellung, während des asylverfahrens oder nach dessen abschluss hätten nach sich ziehen könnten. es wird zur vermeidung von wiederholungen auf den ablehnenden eilbeschluss vom 31. juli 2017 im verfahren 22 l 3424/17.a verwiesen, an denen das gericht auch nach dem maßstab des vorliegenden klageverfahrens für den entscheidungserheblichen zeitpunkt der überstellung festhält. etwas anderes folgt auch nicht aus den angaben der kläger zu ihren erfahrungen in frankreich unmittelbar nach ihrer überstellung am 30. november 2017. soweit sie vortragen, sie seien in paris ohne soziale absicherung auf sich allein gestellt gewesen, ihnen seien weder eine unterkunft noch lebensmittel zur verfügung gestellt worden und ihnen habe bei eisiger kälte bis zu dem behördlich benannten termin am 12. januar 2018 in paris obdachlosigkeit und hunger gedroht, lässt sich dies schon nicht mit den von ihnen zur glaubhaftmachung vorgelegten dokumenten in einklang bringen. denn diese beziehen sich auf kontakte der kläger zu behörden in nizza. anhaltspunkte dafür, dass die kläger aufgefordert worden wären, sich nach paris zu begeben, oder dies aufgrund eigener entscheidung getan haben, lässt sich den dokumenten nicht entnehmen. zudem ist weder dargelegt noch im übrigen erkennbar, dass und wie sich die kläger in nizza (oder paris) um eine versorgung mit unterkunft und lebensmitteln bemüht hätten, bevor sie am 2. dezember 2017 wieder in das bundesgebiet einreisten. 102sonstige individuelle, in der jeweiligen person der kläger liegende besondere gründe, die eine überstellung der kläger am 30. november 2017 als menschenrechtswidrig erscheinen ließen, sind ebenfalls weder substantiiert vorgetragen noch im übrigen ersichtlich. insbesondere kann aus den vorgenannten gründen nicht festgestellt werden, dass die zum zeitpunkt der überstellung 15 bzw. 10 jahre alten kläger zu 3. und 4. in frankreich unabhängig vom willen der kläger und ihren persönlichen entscheidungen eine mit ihrem erhöhten schutzbedarf unvereinbare menschenrechtswidrige behandlung drohte. 103soweit psychische beeinträchtigungen der klägerin zu 2. geltend gemacht wurden, fehlt es auch unter berücksichtigung des erst im märz 2018 zur gerichtsakte gereichten psychologischen berichts des diplom-psychologen dr. t. aus n. vom 4. august 2017 an hinreichenden anhaltspunkten dafür, dass das asylverfahren oder die aufnahmebedingungen in frankreich für die klägerin zu 2. die ernsthafte gefahr begründete, dass sie wegen einer besonderer vulnerabilität einer menschenrechtswidrigen situation ausgesetzt wäre. denn es lässt sich nicht feststellen, dass ihr eine fortsetzung der behandlung in frankreich nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. entsprechendes haben die kläger nicht dargelegt. insbesondere lässt sich dem vorgelegten psychologischen bericht solches nicht entnehmen. selbst wenn eine rückkehr nach frankreich sich negativ auf die erkrankung der klägerin zu 2. auswirken sollte, stünde dies einer zumutbarkeit der fortsetzung der behandlung in frankreich nicht entgegen. denn die klägerin zu 2. kann nicht beanspruchen, sich in dem land aufzuhalten, in dem die besten heilungschancen für ihre erkrankung zu erwarten sind. im übrigen haben sich die von dr.t. im falle einer abschiebung der klägerin zu 2. nach frankreich befürchteten gesundheitsverschlechterungen bis hin zu suizidhandlungen jedenfalls im zusammenhang mit der abschiebung im november 2017 nicht realisiert, wobei die klägerin zu 2. ‑ soweit ersichtlich ‑ auch keine versuche unternommen hat, eine gesundheitsverschlechterung durch ärztliche oder psychologische hilfe in frankreich abzumildern. auch aus den dem gericht vorliegenden erkenntnissen ergeben sich keine anhaltspunkte dafür, dass der klägerin zu 2. eine zur vermeidung erheblicher gesundheitsgefahren erforderliche ärztliche oder psychologische behandlung in frankreich nicht gewährt worden wäre. vielmehr erhielten asylbewerber im november 2017 in frankreich eine gesundheitsversorgung (ame oder puma), die sie auch berechtigte, psychiatrische oder psychologische beratung in anspruch zu nehmen, 104vgl. aida, länderbericht frankreich, 2017 update (stand: 31. dezember 2017). abrufbar unter: https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2017update.pdf. 105unter diesen umständen ist auch die feststellung in ziffer 2 des angefochtenen bescheides, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg nicht vorliegen, rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. hierbei ist aus den vorgenannten gründen ebenfalls maßgeblich auf die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der überstellung der kläger nach frankreich am 30. november 2017 abzustellen. 106die feststellung findet ihre ermächtigungsgrundlage in der zum zeitpunkt der überstellung der kläger gültigen und bis heute in unveränderter fassung fortgeltenden regelung des § 31 abs. 3 satz 1 alt. 2 asylg. danach ist in entscheidungen über unzulässige asylanträge festzustellen, ob die voraussetzungen des § 60 abs. 5 und 7 aufenthg vorliegen. aus den vorgenannten gründen ist das bundesamt zu recht davon ausgegangen, dass die asylanträge der kläger unzulässig sind. 107ob der (negativ-)feststellung in ziffer 2 des angefochtenen bescheides ein eventueller anspruch der kläger auf feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 aufenthg (etwa in bezug auf frankreich) entgegenstand, ist hier gerichtlich nicht zu prüfen. denn die kläger haben im vorliegenden verfahren nicht (auch nicht hilfsweise) beantragt, die beklagte zur feststellung eines abschiebungsverbotes zu verpflichten. ohne einen entsprechenden antrag ist ein anspruch, der (im falle seines vorliegens) gemäß § 113 abs. 5 satz 1 vwgo zur aufhebung der behördlichen versagungsentscheidung führt, nicht zur gerichtlichen überprüfung gestellt. 108im übrigen liegen auch keine greifbaren anhaltspunkte dafür vor, dass in der jeweiligen person der kläger ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg in bezug auf frankreich vorlag. es wird insoweit auf die ausführungen zur rechtmäßigkeit der unzulässigkeitsentscheidung verwiesen. 109die abschiebungsanordnung in ziffer 3 des bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 110wegen der allein noch fortbestehenden mittelbaren rechtswirkungen der abschiebungsanordnung kommt es auch diesbezüglich auf die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der überstellung der kläger nach frankreich am 30. november 2017 an, 111vgl. ebenso im falle einer vollzogenen abschiebungsandrohung: bayvgh, beschluss vom 30. juli 2018 ‑ 10 ce 18.769, 10 cs 18.773 ‑, rn. 23, juris. 112inländische abschiebungshindernisse, die die rechtswidrigkeit der abschiebungsanordnung zu begründen vermögen, 113vgl. bverfg, beschluss vom 17. september 2014 - 2 bvr 1795/14 -, juris; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 30. august 2011 - 18 b 1060/11 -, juris, rdn. 4; ovg niedersachsen, urteil vom 4. juli 2012 - 2 lb 163/10 -, juris, rdn. 41; ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 1. februar 2012 ‑ ovg 2 s 6.12 -, juris, rdn. 4 ff.; vgh bayern, beschluss vom 12. märz 2014 - 10 ce 14.427 -, juris, rdn. 4; ovg des saarlandes, beschluss vom 25. april 2014 - 2 b 215/14 -, juris, rdn. 7; vgh baden-württemberg, beschluss vom 31. mai 2011 - a 11 s 1523/11 -, juris, rdn. 4 ff.; ovg hamburg, beschluss vom 3. dezember 2010 - 4 bs 223/10 -, juris, rdn. 9 ff.; ovg mecklenburg-vorpommern, beschluss vom 29. november 2004 - 2 m 299/04 -, juris, rdn. 9 ff, 114können denklogisch nur in bezug auf die sach- und rechtslage geprüft werden, wie sie sich unmittelbar vor der abschiebung darstellte, als sich der betreffende ausländer noch im inland befand. 115die abschiebungsanordnung in ziffer 3 des hier streitgegenständlichen bescheides war zum insoweit maßgeblichen zeitpunkt der überstellung der kläger am 30. november 2017 rechtmäßig. 116sie findet ihre rechtsgrundlage in der zum zeitpunkt der überstellung der kläger gültigen und bis heute in unveränderter fassung fortgeltenden regelung des § 34a abs. 1 satz 1, 2. alt. asylg. danach ordnet das bundesamt die abschiebung in einen für die durchführung des asylverfahrens zuständigen staat (§ 29 abs. 1 nr. 1 asylg) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. diese voraussetzungen waren hier erfüllt. 117frankreich war – wie zuvor ausgeführt – für die durchführung der asylverfahren der kläger zuständig. es stand auch im sinne von § 34a abs. 1 satz 1 asylg fest, dass die abschiebung durchgeführt werden konnte. insbesondere standen der abschiebung der kläger weder zielstaatsbezogene abschiebungsverbote noch inlandsbezogene vollzugshindernisse entgegen. 118die anordnung des auf 9 monate ab dem tag der abschiebung befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes in ziffer 4 des streitgegenständlichen bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 119es kann offen bleiben, ob insoweit ebenfalls die sach- und rechtslage zum zeitpunkt der überstellung der kläger nach frankreich am 30. november 2017 maßgeblich ist oder mit blick auf die fortbestehende unmittelbare wirkung des einreise- und aufenthaltsverbots (auch) die sach- und rechtslage zum gegenwärtigen zeitpunkt zu beachten ist. denn die anordnung ist bezogen auf beide zeitpunkte rechtlich nicht zu beanstanden. sie findet ihre rechtsgrundlage entweder in § 11 abs. 1 und 2 aufenthg in der fassung des art. 1 nr. 5 des gesetzes zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung vom 27. juli 2015, bgbl. i 1386 (aufenthg a.f.) oder in § 11 abs. 1 und 2 aufenthg in der aktuellen fassung. 120die zuständigkeit des bundesamtes ergibt sich aus der im wesentlichen unverändert gebliebenen vorschrift des § 75 nr. 12 aufenthg. 121ferner ist es ungeachtet der frage, in welcher gesetzesfassung die ermächtigungsgrundlage des § 11 abs. 1 und 2 aufenthg heranzuziehen ist, unschädlich, dass das bundesamt seine ermessensausübung an § 11 aufenthg a.f. orientiert. denn durch die neufassung des § 11 aufenthg haben sich die für die behördliche fristbestimmung zu berücksichtigenden umstände nicht geändert. der gesetzgeber hat lediglich klarstellend die bisherige rechtslage an die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, wonach die befristung des gesetzlichen einreise- und aufenthaltsverbotes unionsrechtskonform als behördliche anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbotes zu verstehen ist, 122vgl. bverwg, beschluss vom 13. juli 2017 - 1 vr 3/17 -, juris, rn. 70 ff., 123angepasst. 124vgl. ovg sachsen-anhalt, beschluss vom 23. april 2020 – 2 l 30/20 –, rn. 17 m.w.n., juris; vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 - a 19 k 1718/17 -, juris, rn. 38; vg düsseldorf, urteil vom 25. november 2019 – 27 k 1769/18.a –, rn. 33 - 36, juris 125die ermessensentscheidung des bundesamtes begegnet auch im übrigen keinen bedenken. diese ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob die behörde das ermessen in seiner reichweite erkannt, ihre erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet und die gesetzlichen grenzen ihres ermessens nicht überschritten hat, § 114 satz 1 vwgo, § 40 vwvfg. mit einer befristung auf 9 monate ab dem tag der abschiebung hat das bundesamt die reichweite seines ermessens nicht überschritten. aus der begründung ist zudem erkennbar, dass es seine erwägungen am zweck der ermessensermächtigung ausgerichtet hat, indem es das öffentliche interesse an dem verbot einer kurzfristigen wiedereinreise der kläger mit deren interesse an einer erneuten einreise in das bundesgebiet abgewogen hat. dabei hat es mit hinweis darauf, dass besondere schutzwürdige interessen der kläger an einer kurzfristigen wiedereinreise nicht ersichtlich sind, das öffentliche interesse in nicht zu beanstandender weise entsprechend seiner ständigen verwaltungspraxis für vergleichbare fälle gewichtet. 126vgl. zur überprüfung der ermessensentscheidung nach § 11 abs. 2 und 3 aufenthg auch: ovg nrw, urteil vom 19. mai 2017 ‑ 11 a 52/17.a ‑, rn. 110, juris. 127schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das bundesamt diese abwägung auf der grundlage eines falschen sachverhalts vorgenommen hätte oder sich der entscheidungserhebliche sachverhalt nachträglich in einer weise verändert hätte, die eine ergänzung der ermessensausübung erfordern würde. entsprechendes wird von den klägern auch nicht vorgetragen. 128die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, §§ 83b, 83c asylg. 129die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 zpo. 130rechtsmittelbelehrung: 131gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 132die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1331. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 1342. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1353. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 136der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 137der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 138in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 139im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 140die antragsschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften.
Verklagte*r
0
179,515
L 17 U 482/13
"2014-04-30T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 19.06.2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 86.156,08EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger der Beklagten von dieser erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 86.156,08EUR zu erstatten hat. 3Der 1968 geborene Kläger beantragte im Juli 2009 unter Vorlage einer von ihm gefälschten Todesbescheinigung, einer gefälschten Bestatterrechnung, eines gefälschten "offiziellen" Unfallaufnahmeprotokolls, eines gefälschten Auszugs aus der Akte der - im Übrigen in der Realität nicht existierenden - "Staatsanwaltschaft H" und einer gefälschten Abschrift aus dem Familienbuch bei der Beklagten für seine tatsächlich nicht existente Ehefrau "C F" Hinterbliebenenrente und Sterbegeld. Auf diesen Antrag erließ die Beklagte am 03.11.2009 einen an "C F" adressierten Bescheid, worin sie deren Anspruch auf Sterbegeld in Höhe von einmalig 4.320,00EUR, Hinterbliebenenrente ab dem Todestag des Klägers in Höhe von monatlich 4.000,00EUR bis zum 31.10.2009, anschließend in Höhe von monatlich 2.400,00EUR bis zum Ende des Monats einer etwaigen Wiederheirat und auf Überführungskosten in Höhe von einmalig 46,00EUR anerkannte. Ausweislich ihrer Forderungsaufstellung zum Forderungsschreiben vom 21.03.2012 erbrachte die Klägerin aufgrund dessen Leistungen in Form von Hinterbliebenenrente, Sterbegeld und Überführungskosten betreffend den Zeitraum vom 14.07.2009 bis zum 28.02.2012 in Höhe von 86.156,08EUR. Diese Beträge zahlte die Beklagte auf das tatsächlich ihr vom Kläger angegebene Konto eines angeblichen - frei erfundenen - Onkels der frei erfundenen Ehefrau des Klägers "C F". Auf dieses Konto hatte tatsächlich allein der Kläger Zugriff. 4Aus einer Versicherungsfall-Übersicht der Rehabilitationsabteilung der Beklagten vom 24.11.2011 ging ein Heilverfahrens-Endtermin des angeblich verstorbenen Klägers noch am 01.09.2009 - also nach dessen angeblichem Versterben - hervor, woraufhin die Beklagte noch am selben Tag die Prüfung eines Regresses gegen den Kläger veranlasste. Ausweislich eines von der Beklagten im Klageverfahren vorgelegten Zwischenberichts der Kreispolizeibehörde E vom 02.12.2011 vereinbarte die Polizei mit der Beklagten unmittelbar nach der Feststellung des obengenannten Sachverhalts, dass die Beklagte die Rente vorläufig weiter an den Kläger zahlen solle, um dessen Festnahme nicht zu gefährden. Am 20.03.2012 erhielt die Beklagte über die Polizei in E die Mitteilung, dass sich der Kläger in Belgien in Untersuchungshaft befinde. Letztlich erfolgte dessen Verlegung in die Justizvollzugsanstalt B. 5Mit Bescheid vom 26.03.2012 stellte die Beklagte fest, dass der Bescheid vom 03.11.2009 über die Gewährung von Witwenrente und Sterbegeld gemäß § 39 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unwirksam sei. Der Bescheid sei nicht wirksam bekannt gegeben worden, da eine "hinterbliebene Witwe" nie existiert habe. Wegen der Unwirksamkeit des Bescheides seien die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 86.156,08EUR zu erstatten. Der hiergegen am 04.04.2012 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid war adressiert an das Gefängnis in W in Belgien, weil die Beklagte seinerzeit davon ausging, dass der Kläger dort noch in Untersuchungshaft einsaß. Aufgrund der Annahme einer Zustellung im Ausland enthielt der Widerspruchsbescheid die Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von drei Monaten nach Zustellung Klage erhoben werden könne. Nachdem der Widerspruchsbescheid dem Kläger in Belgien nicht zugestellt werden konnte, wandte sich die Beklagte diesbezüglich mit Schreiben vom 19.07.2012 an die Staatsanwaltschaft B, die ihr mit Schreiben vom 26.07.2012 mitteilte, dass der Kläger sich in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) B befinde. Dort wurde dem Kläger der Widerspruchsbescheid am 09.08.2012 zugestellt. 6Den zu S 10 U 272/12 ER gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aus dem Widerspruchsbescheid hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 16.11.2012 abgewiesen, die zu L 17 U 758/12 B ER hiergegen eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 15.02.2013 zurückgewiesen. Auf den Inhalt dieser Beschlüsse wird Bezug genommen. 7Gegen den Bescheid vom 26.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2012 hat der Kläger am 01.11.2012 Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte hätte bei ordnungsgemäßer Antragsbearbeitung erkennen können, dass er Leistungen unberechtigt bezogen habe. Da insoweit zumindest von grober Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten auszugehen sei, läge die Haftung ebenfalls auf deren Seite. Des Weiteren habe die Beklagte bereits seit August 2011 gewusst, dass der Fall "manipuliert" sei. Trotzdem habe sie noch Leistungen bis Februar 2012 gezahlt. Demzufolge habe die Beklagte vorsätzlich ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Zudem sei die bezifferte Rückforderungssumme nicht schlüssig, da im Strafverfahren beim Landgericht B lediglich von einer Summe von 81.786,19EUR ausgegangen werde. 8Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 9den Bescheid der Beklagten vom 26.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2012 aufzuheben. 10Die Beklagte hat beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie hat die getroffene Verwaltungsentscheidung für zutreffend gehalten und insbesondere geltend gemacht, der Kläger habe durch seine erfolgreiche Täuschung keine schutzwürdige Position erworben. Die Leistungsvoraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung seien von ihr umfassend geprüft worden. Eine Prüfung, ob eingereichte Unterlagen, insbesondere vermeintliche amtliche Unterlagen, nicht der Wahrheit entsprächen, würde bei Fehlen eines Verdachts nicht durchgeführt. Darüber hinaus habe die Beklagte zwar bereits vor März 2012 von den Strafermittlungsbehörden Hinweise auf einen möglichen Betrug erhalten, sei jedoch im Rahmen der Amtshilfe gebeten worden, die monatliche Hinterbliebenenrente aus ermittlungstaktischen Gründen weiterzuzahlen. Der Kläger habe keinen Verdacht schöpfen sollen, dass die Strafermittlungsbehörden seine Handlungen verfolgen und überprüfen. Auf Grund der erbrachten Zahlungen in Form von Renten im Sterbevierteljahr, Sterbegeld, Überführungskosten sowie Hinterbliebenenrente seien insgesamt Zahlungen in Höhe von 86.156,08EUR erfolgt. 13Das Sozialgericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und mit Gerichtsbescheid vom 19.06.2013 die Klage abgewiesen. 14Die Beklagte sei dazu berechtigt gewesen, die ohne Verwaltungsakt erbrachten Leistungen in Form von Witwenrente und Sterbegeld in Höhe von 86.165,08EUR zurückzufordern. Sie habe zutreffend mit dem angefochtenen Bescheid die auch der Summe nach korrekt berechnete Rückforderung auf § 50 Abs 2 SGB X gestützt, weil sie die zurückgeforderten Leistungen ohne Verwaltungsakt erbracht habe. Denn der die zurückfordernden Leistungen bewilligende Bescheid vom 03.11.2009 sei an die vom Kläger frei erfundene angebliche Ehefrau gerichtet gewesen, so dass es - wie die Beklagte mit ihrem Rückforderungsbescheid ebenfalls zutreffend festgestellt habe - an der erforderlichen Bekanntgabe dieses Verwaltungsaktes gefehlt habe, weil die Person, an die er gerichtet war, schlichtweg niemals existiert habe. Damit aber habe kein wirksamer Verwaltungsakt vorgelegen und die zurückgeforderten Leistungen seien ohne Verwaltungsakt erbracht worden. 15Soweit der Kläger gegen die von der Beklagten auf die §§ 50 Abs 2 Satz 2, 45 Abs 4, 45 Abs 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X gestützte Rückforderung einwende, er sei deshalb nicht zur Rückzahlung verpflichtet, weil die Beklagte den Betrug früher hätte bemerken müssen, verkenne er, dass Leistungen der Beklagten teilweise im Hinblick auf das anhängige staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren erfolgt seien und die Beklagte hinsichtlich der die vorherigen Zeiträume betreffenden Leistungen keinerlei Veranlassung gehabt habe, fortlaufend zu prüfen, ob die Leistungserbringung auf Grund strafbarer oder jedenfalls unter § 45 Abs 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB X fallende Handlungen des Klägers zu Unrecht erfolgt sei. Angesichts von Intensität und Dreistigkeit der durch den Kläger verübten Täuschung handele es sich überdies um einen besonders gelagerten Ausnahmefall, in dem das Ermessen der Beklagten auf null, nämlich auf die Pflicht zur Rückforderung der gezahlten Leistungen geschrumpft gewesen sei. Die Kostenentscheidung hat das Sozialgericht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützt. 16Gegen das ihm am 25.06.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 22.07.2013 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt und gemeint hat, der ihn verurteilende Richter am Landgericht sei als Zeuge zur Frage der Höhe der Schadenssumme zu laden, die das Landgericht niedriger angenommen habe. 17Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 18den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 19.06.2013 zu ändern und den Bescheid vom 26.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2012 aufzuheben. 19Die Beklagte beantragt, 20die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 19.06.2013 zurückzuweisen. 21Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. 22Mit Schriftsatz vom 25.03.2014 hat der nunmehr prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt des Klägers unter Vollmachtvorlage dessen Vertretung angezeigt, Akteneinsicht erbeten und seinerseits für den Kläger PKH beantragt. PKH hat der erkennende Senat mangels hinreichender Erfolgsaussicht mit Beschluss vom 26.03.2014 abgelehnt, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird. 23Nach gewährter Akteneinsicht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Vorlage eines gegen den Kläger ergangenen Beschlusses der Fünften Großen Strafkammer des Landgerichts B vom 07.03.2012, in dem u.a. ausgeführt ist, die Beklagte habe an den Kläger zu Unrecht Leistungen in Höhe von "mindestens" 81.786,19EUR erbracht, die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung der Höhe nach für nicht nachvollziehbar gehalten. 24Den alsdann mit Schriftsatz vom 31.03.2014 gestellten Antrag des Klägers, den erkennenden Senat in der Besetzung mit dem Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht X, dem Richter am Landessozialgericht Dr. C und der Richterin am Landessozialgericht P wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat mit Beschlüssen vom 03.04.2014 (L 17 SF 290/14 AB, L 17 SF 291/14 AB und L 17 SF 292/14 AB), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt hat der Senat den mit Schriftsatz vom 28.04.2014 gestellten Antrag des Klägers, den 17. Senat des Landessozialgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, mit Beschluss vom 29.04.2014, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird. 25Letztgenannter Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers noch am 29.04.2014 per Fax zugestellt worden. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Prozessakte zu L 17 U 758/12 B ER sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 27Entscheidungsgründe: 28Der Senat konnte die Sache in Abwesenheit des Klägers, dessen persönliches Erscheinen auch nicht angeordnet war, entscheiden, weil der Kläger mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG). 29Die zulässige Berufung ist unbegründet. 30Der Senat ist nicht wegen einer Unzulässigkeit der Klage an einer materiellen Prüfung der angefochtenen Bescheide gehindert. Die Klage ist vielmehr zulässig. Insbesondere hat der Kläger sie fristgerecht erhoben. Da der Widerspruchsbescheid dem Kläger im Inland, nämlich unter der Adresse der JVA B, tatsächlich zugestellt worden ist, betrug die Klagefrist gemäß § 87 Abs 1 Satz 1 SGG einen Monat ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides und nicht, wie die Beklagte unter Annahme einer Zustellungsnotwendigkeit im Ausland (Belgien) gemäß der Rechtsmittelbelehrung des Widerspruchsbescheides angenommen hat, drei Monate nach § 87 Abs 1 Satz 2 SGG. Somit hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid die Rechtsmittelbelehrung unrichtig erteilt, weshalb gemäß § 66 Abs 2 SGG die Jahresfrist gilt. Diese aber hat der Kläger mit seiner Klageerhebung knapp drei Monate nach Zustellung des Widerspruchsbescheides gewahrt, so dass die Klage zulässig ist. 31Die Berufung ist unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Vielmehr hat das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte zu Recht und gestützt auf die richtige Rechtsgrundlage mit den angefochtenen Bescheiden gegen den Kläger einen Erstattungsanspruch in Höhe von 86.156,08EUR geltend gemacht hat. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst auf die in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zu "II." angeführten Gründe der sozialgerichtlichen Entscheidung, die der Senat nach eigener Überprüfung für überzeugend hält, zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs 2 Bezug. 32Ergänzend weist der Senat noch auf Folgendes hin: Soweit der Kläger die Höhe der Erstattungsforderung anzweifelt, ergibt sich diese für den Senat zweifelsfrei aus der Forderungsaufstellung der Beklagten zum Forderungsschreiben vom 21.03.2012 (Bl. 73 - 75 der Verwaltungsakte). Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung, den Vorsitzenden Richter am Landgericht B C als Zeugen zur Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Erstattungsforderung zu laden. 33Auch der Senat geht mit dem Sozialgericht davon aus, dass hier im Hinblick auf die erhebliche Dreistigkeit und enorme kriminelle Energie des Klägers die Annahme eines besonders gelagerten Ausnahmefalls gerechtfertigt ist, der das Ermessen der Beklagten auf null reduziert hat (vgl. dazu Schütze in von Wulffen u.a., Kommentar zu SGB X, 8. Aufl., 2014, Rn. 91 zu § 45 SGB X m.w.N.). Daran, dass die Beklagte sich auch im Bescheid vom 26.03.2012, auf den die Beklagte sich im Widerspruchsbescheid vom 26.06.2012 bezieht, auch mit einem etwaigen Vertrauensschutz des Klägers befasst hat, wie in der Formulierung deutlich wird: "Aus diesen Gründen besteht auch kein Vertrauen in den Bestand des Bescheides vom 03.11.2009", ist auch ersichtlich, dass die Beklagte durchaus erkannt hat, dass § 45 SGB X hier grundsätzlich Ermessen einräumt. Die Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null scheitert somit auch nicht an einem Ermessensnichtgebrauch der Beklagten (vgl. dazu Engelmann in von Wulffen u.a., aaO. Rn. 7 zu § 35 SGB X m.w.N.). 34Da die Beklagte vom Betrug des Klägers zu ihren Lasten erst im November 2011 Kenntnis erlangt und den Erstattungsbetrag bereits mit Bescheid von März 2012 geltend gemacht hat, hat sie auch die Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X eingehalten. 35Abzuändern ist allein die sozialgerichtliche Kostenentscheidung. Diese hat nicht nach § 193 SGG zu erfolgen. Vielmehr ist der Kläger gemäß § 197a SGG gerichtskostenpflichtig. Von Bedeutung ist insoweit, dass der Kläger nicht im Sinne des § 183 Satz 1 SGG als kostenprivilgierter Hinterbliebenenleistungsempfänger klagt. Derartige Leistungen sind vielmehr an seine - nicht existente - Ehefrau erbracht worden. Der Kläger macht auch gar nicht geltend, er sei Leistungsempfänger, weshalb auch die Gleichstellungsregelung des § 183 Satz 3 SGG nicht greift (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 10. Aufl. 2012, Rn. 9 zu § 183 SGG). Vielmehr vertritt der Kläger lediglich die - unzutreffende - Auffassung, für ihn bestehe Vertrauensschutz bzw. die Rückforderung sei ausgeschlossen oder wenigstens zu reduzieren, weil die Beklagte den von ihm verübten Betrug hätte bemerken müssen. Damit ist der Kläger nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtig. Eine entsprechende Kostenentscheidung sowie Streitwertfestsetzung ist somit für beide Rechtszüge erforderlich. Der Kläger trägt gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 a.E. SGG i.V.m. § 154 Abs 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Streitwert ist gemäß §§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG, 63 Gerichtskostengesetz (GKG) für beide Instanzen auf jeweils 86.156,08EUR festzusetzen. 36Gründe für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts aachen vom 19.06.2013 wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen. der streitwert wird für beide rechtszüge auf jeweils 86.156,08eur festgesetzt. die revision wird nicht zugelassen. 1
2zwischen den beteiligten ist streitig, ob der kläger der beklagten von dieser erbrachte leistungen in höhe von insgesamt 86.156,08eur zu erstatten hat. 3der 1968 geborene kläger beantragte im juli 2009 unter vorlage einer von ihm gefälschten todesbescheinigung, einer gefälschten bestatterrechnung, eines gefälschten "offiziellen" unfallaufnahmeprotokolls, eines gefälschten auszugs aus der akte der - im übrigen in der realität nicht existierenden - "staatsanwaltschaft h" und einer gefälschten abschrift aus dem familienbuch bei der beklagten für seine tatsächlich nicht existente ehefrau "c f" hinterbliebenenrente und sterbegeld. auf diesen antrag erließ die beklagte am 03.11.2009 einen an "c f" adressierten bescheid, worin sie deren anspruch auf sterbegeld in höhe von einmalig 4.320,00eur, hinterbliebenenrente ab dem todestag des klägers in höhe von monatlich 4.000,00eur bis zum 31.10.2009, anschließend in höhe von monatlich 2.400,00eur bis zum ende des monats einer etwaigen wiederheirat und auf überführungskosten in höhe von einmalig 46,00eur anerkannte. ausweislich ihrer forderungsaufstellung zum forderungsschreiben vom 21.03.2012 erbrachte die klägerin aufgrund dessen leistungen in form von hinterbliebenenrente, sterbegeld und überführungskosten betreffend den zeitraum vom 14.07.2009 bis zum 28.02.2012 in höhe von 86.156,08eur. diese beträge zahlte die beklagte auf das tatsächlich ihr vom kläger angegebene konto eines angeblichen - frei erfundenen - onkels der frei erfundenen ehefrau des klägers "c f". auf dieses konto hatte tatsächlich allein der kläger zugriff. 4aus einer versicherungsfall-übersicht der rehabilitationsabteilung der beklagten vom 24.11.2011 ging ein heilverfahrens-endtermin des angeblich verstorbenen klägers noch am 01.09.2009 - also nach dessen angeblichem versterben - hervor, woraufhin die beklagte noch am selben tag die prüfung eines regresses gegen den kläger veranlasste. ausweislich eines von der beklagten im klageverfahren vorgelegten zwischenberichts der kreispolizeibehörde e vom 02.12.2011 vereinbarte die polizei mit der beklagten unmittelbar nach der feststellung des obengenannten sachverhalts, dass die beklagte die rente vorläufig weiter an den kläger zahlen solle, um dessen festnahme nicht zu gefährden. am 20.03.2012 erhielt die beklagte über die polizei in e die mitteilung, dass sich der kläger in belgien in untersuchungshaft befinde. letztlich erfolgte dessen verlegung in die justizvollzugsanstalt b. 5mit bescheid vom 26.03.2012 stellte die beklagte fest, dass der bescheid vom 03.11.2009 über die gewährung von witwenrente und sterbegeld gemäß § 39 abs 1 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) unwirksam sei. der bescheid sei nicht wirksam bekannt gegeben worden, da eine "hinterbliebene witwe" nie existiert habe. wegen der unwirksamkeit des bescheides seien die zu unrecht erbrachten leistungen in höhe von 86.156,08eur zu erstatten. der hiergegen am 04.04.2012 eingelegte widerspruch wurde mit widerspruchsbescheid vom 26.06.2012 als unbegründet zurückgewiesen. der widerspruchsbescheid war adressiert an das gefängnis in w in belgien, weil die beklagte seinerzeit davon ausging, dass der kläger dort noch in untersuchungshaft einsaß. aufgrund der annahme einer zustellung im ausland enthielt der widerspruchsbescheid die rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen diesen bescheid innerhalb von drei monaten nach zustellung klage erhoben werden könne. nachdem der widerspruchsbescheid dem kläger in belgien nicht zugestellt werden konnte, wandte sich die beklagte diesbezüglich mit schreiben vom 19.07.2012 an die staatsanwaltschaft b, die ihr mit schreiben vom 26.07.2012 mitteilte, dass der kläger sich in untersuchungshaft in der justizvollzugsanstalt (jva) b befinde. dort wurde dem kläger der widerspruchsbescheid am 09.08.2012 zugestellt. 6den zu s 10 u 272/12 er gestellten antrag auf aussetzung der vollziehung aus dem widerspruchsbescheid hat das sozialgericht mit beschluss vom 16.11.2012 abgewiesen, die zu l 17 u 758/12 b er hiergegen eingelegte beschwerde hat der erkennende senat mit beschluss vom 15.02.2013 zurückgewiesen. auf den inhalt dieser beschlüsse wird bezug genommen. 7gegen den bescheid vom 26.03.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.06.2012 hat der kläger am 01.11.2012 klage erhoben und geltend gemacht, die beklagte hätte bei ordnungsgemäßer antragsbearbeitung erkennen können, dass er leistungen unberechtigt bezogen habe. da insoweit zumindest von grober fahrlässigkeit auf seiten der beklagten auszugehen sei, läge die haftung ebenfalls auf deren seite. des weiteren habe die beklagte bereits seit august 2011 gewusst, dass der fall "manipuliert" sei. trotzdem habe sie noch leistungen bis februar 2012 gezahlt. demzufolge habe die beklagte vorsätzlich ihre schadensminderungspflicht verletzt. zudem sei die bezifferte rückforderungssumme nicht schlüssig, da im strafverfahren beim landgericht b lediglich von einer summe von 81.786,19eur ausgegangen werde. 8der kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 9den bescheid der beklagten vom 26.03.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.06.2012 aufzuheben. 10die beklagte hat beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie hat die getroffene verwaltungsentscheidung für zutreffend gehalten und insbesondere geltend gemacht, der kläger habe durch seine erfolgreiche täuschung keine schutzwürdige position erworben. die leistungsvoraussetzungen für die hinterbliebenenversorgung seien von ihr umfassend geprüft worden. eine prüfung, ob eingereichte unterlagen, insbesondere vermeintliche amtliche unterlagen, nicht der wahrheit entsprächen, würde bei fehlen eines verdachts nicht durchgeführt. darüber hinaus habe die beklagte zwar bereits vor märz 2012 von den strafermittlungsbehörden hinweise auf einen möglichen betrug erhalten, sei jedoch im rahmen der amtshilfe gebeten worden, die monatliche hinterbliebenenrente aus ermittlungstaktischen gründen weiterzuzahlen. der kläger habe keinen verdacht schöpfen sollen, dass die strafermittlungsbehörden seine handlungen verfolgen und überprüfen. auf grund der erbrachten zahlungen in form von renten im sterbevierteljahr, sterbegeld, überführungskosten sowie hinterbliebenenrente seien insgesamt zahlungen in höhe von 86.156,08eur erfolgt. 13das sozialgericht hat die beteiligten zu einer entscheidung durch gerichtsbescheid angehört und mit gerichtsbescheid vom 19.06.2013 die klage abgewiesen. 14die beklagte sei dazu berechtigt gewesen, die ohne verwaltungsakt erbrachten leistungen in form von witwenrente und sterbegeld in höhe von 86.165,08eur zurückzufordern. sie habe zutreffend mit dem angefochtenen bescheid die auch der summe nach korrekt berechnete rückforderung auf § 50 abs 2 sgb x gestützt, weil sie die zurückgeforderten leistungen ohne verwaltungsakt erbracht habe. denn der die zurückfordernden leistungen bewilligende bescheid vom 03.11.2009 sei an die vom kläger frei erfundene angebliche ehefrau gerichtet gewesen, so dass es - wie die beklagte mit ihrem rückforderungsbescheid ebenfalls zutreffend festgestellt habe - an der erforderlichen bekanntgabe dieses verwaltungsaktes gefehlt habe, weil die person, an die er gerichtet war, schlichtweg niemals existiert habe. damit aber habe kein wirksamer verwaltungsakt vorgelegen und die zurückgeforderten leistungen seien ohne verwaltungsakt erbracht worden. 15soweit der kläger gegen die von der beklagten auf die §§ 50 abs 2 satz 2, 45 abs 4, 45 abs 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x gestützte rückforderung einwende, er sei deshalb nicht zur rückzahlung verpflichtet, weil die beklagte den betrug früher hätte bemerken müssen, verkenne er, dass leistungen der beklagten teilweise im hinblick auf das anhängige staatsanwaltschaftliche ermittlungsverfahren erfolgt seien und die beklagte hinsichtlich der die vorherigen zeiträume betreffenden leistungen keinerlei veranlassung gehabt habe, fortlaufend zu prüfen, ob die leistungserbringung auf grund strafbarer oder jedenfalls unter § 45 abs 2 satz 3 nr. 1 bis 3 sgb x fallende handlungen des klägers zu unrecht erfolgt sei. angesichts von intensität und dreistigkeit der durch den kläger verübten täuschung handele es sich überdies um einen besonders gelagerten ausnahmefall, in dem das ermessen der beklagten auf null, nämlich auf die pflicht zur rückforderung der gezahlten leistungen geschrumpft gewesen sei. die kostenentscheidung hat das sozialgericht auf § 193 sozialgerichtsgesetz (sgg) gestützt. 16gegen das ihm am 25.06.2013 zugestellte urteil richtet sich die am 22.07.2013 eingelegte berufung des klägers, mit der er prozesskostenhilfe (pkh) beantragt und gemeint hat, der ihn verurteilende richter am landgericht sei als zeuge zur frage der höhe der schadenssumme zu laden, die das landgericht niedriger angenommen habe. 17der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 18den gerichtsbescheid des sozialgerichts aachen vom 19.06.2013 zu ändern und den bescheid vom 26.03.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 26.06.2012 aufzuheben. 19die beklagte beantragt, 20die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts aachen vom 19.06.2013 zurückzuweisen. 21sie hält die angefochtenen bescheide für rechtmäßig. 22mit schriftsatz vom 25.03.2014 hat der nunmehr prozessbevollmächtigte rechtsanwalt des klägers unter vollmachtvorlage dessen vertretung angezeigt, akteneinsicht erbeten und seinerseits für den kläger pkh beantragt. pkh hat der erkennende senat mangels hinreichender erfolgsaussicht mit beschluss vom 26.03.2014 abgelehnt, auf dessen weiteren inhalt bezug genommen wird. 23nach gewährter akteneinsicht hat der prozessbevollmächtigte des klägers unter vorlage eines gegen den kläger ergangenen beschlusses der fünften großen strafkammer des landgerichts b vom 07.03.2012, in dem u.a. ausgeführt ist, die beklagte habe an den kläger zu unrecht leistungen in höhe von "mindestens" 81.786,19eur erbracht, die von der beklagten geltend gemachte erstattungsforderung der höhe nach für nicht nachvollziehbar gehalten. 24den alsdann mit schriftsatz vom 31.03.2014 gestellten antrag des klägers, den erkennenden senat in der besetzung mit dem vorsitzenden richter am landessozialgericht x, dem richter am landessozialgericht dr. c und der richterin am landessozialgericht p wegen besorgnis der befangenheit abzulehnen, hat der senat mit beschlüssen vom 03.04.2014 (l 17 sf 290/14 ab, l 17 sf 291/14 ab und l 17 sf 292/14 ab), auf deren inhalt bezug genommen wird, abgelehnt. ebenfalls abgelehnt hat der senat den mit schriftsatz vom 28.04.2014 gestellten antrag des klägers, den 17. senat des landessozialgerichts wegen besorgnis der befangenheit abzulehnen, mit beschluss vom 29.04.2014, auf dessen inhalt ebenfalls bezug genommen wird. 25letztgenannter beschluss ist dem prozessbevollmächtigten des klägers noch am 29.04.2014 per fax zugestellt worden. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes nimmt der senat auf den inhalt der gerichtsakte, der beigezogenen prozessakte zu l 17 u 758/12 b er sowie der verwaltungsakte der beklagten bezug, die vorgelegen haben und gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 27
28der senat konnte die sache in abwesenheit des klägers, dessen persönliches erscheinen auch nicht angeordnet war, entscheiden, weil der kläger mit der ladung auf diese möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 abs 1 satz 2 sgg). 29die zulässige berufung ist unbegründet. 30der senat ist nicht wegen einer unzulässigkeit der klage an einer materiellen prüfung der angefochtenen bescheide gehindert. die klage ist vielmehr zulässig. insbesondere hat der kläger sie fristgerecht erhoben. da der widerspruchsbescheid dem kläger im inland, nämlich unter der adresse der jva b, tatsächlich zugestellt worden ist, betrug die klagefrist gemäß § 87 abs 1 satz 1 sgg einen monat ab bekanntgabe des widerspruchsbescheides und nicht, wie die beklagte unter annahme einer zustellungsnotwendigkeit im ausland (belgien) gemäß der rechtsmittelbelehrung des widerspruchsbescheides angenommen hat, drei monate nach § 87 abs 1 satz 2 sgg. somit hat die beklagte im widerspruchsbescheid die rechtsmittelbelehrung unrichtig erteilt, weshalb gemäß § 66 abs 2 sgg die jahresfrist gilt. diese aber hat der kläger mit seiner klageerhebung knapp drei monate nach zustellung des widerspruchsbescheides gewahrt, so dass die klage zulässig ist. 31die berufung ist unbegründet, weil die angefochtenen bescheide rechtmäßig sind und den kläger nicht in seinen rechten verletzen (§ 54 abs 2 satz 1 sgg). vielmehr hat das sozialgericht die klage zu recht abgewiesen, weil die beklagte zu recht und gestützt auf die richtige rechtsgrundlage mit den angefochtenen bescheiden gegen den kläger einen erstattungsanspruch in höhe von 86.156,08eur geltend gemacht hat. zur begründung nimmt der senat zunächst auf die in dem angefochtenen gerichtsbescheid zu "ii." angeführten gründe der sozialgerichtlichen entscheidung, die der senat nach eigener überprüfung für überzeugend hält, zur vermeidung von wiederholungen gemäß § 153 abs 2 bezug. 32ergänzend weist der senat noch auf folgendes hin: soweit der kläger die höhe der erstattungsforderung anzweifelt, ergibt sich diese für den senat zweifelsfrei aus der forderungsaufstellung der beklagten zum forderungsschreiben vom 21.03.2012 (bl. 73 - 75 der verwaltungsakte). deshalb sieht der senat keine veranlassung, den vorsitzenden richter am landgericht b c als zeugen zur höhe der von der beklagten geltend gemachten erstattungsforderung zu laden. 33auch der senat geht mit dem sozialgericht davon aus, dass hier im hinblick auf die erhebliche dreistigkeit und enorme kriminelle energie des klägers die annahme eines besonders gelagerten ausnahmefalls gerechtfertigt ist, der das ermessen der beklagten auf null reduziert hat (vgl. dazu schütze in von wulffen u.a., kommentar zu sgb x, 8. aufl., 2014, rn. 91 zu § 45 sgb x m.w.n.). daran, dass die beklagte sich auch im bescheid vom 26.03.2012, auf den die beklagte sich im widerspruchsbescheid vom 26.06.2012 bezieht, auch mit einem etwaigen vertrauensschutz des klägers befasst hat, wie in der formulierung deutlich wird: "aus diesen gründen besteht auch kein vertrauen in den bestand des bescheides vom 03.11.2009", ist auch ersichtlich, dass die beklagte durchaus erkannt hat, dass § 45 sgb x hier grundsätzlich ermessen einräumt. die annahme einer ermessensreduzierung auf null scheitert somit auch nicht an einem ermessensnichtgebrauch der beklagten (vgl. dazu engelmann in von wulffen u.a., aao. rn. 7 zu § 35 sgb x m.w.n.). 34da die beklagte vom betrug des klägers zu ihren lasten erst im november 2011 kenntnis erlangt und den erstattungsbetrag bereits mit bescheid von märz 2012 geltend gemacht hat, hat sie auch die jahresfrist des § 45 abs 4 satz 2 sgb x eingehalten. 35abzuändern ist allein die sozialgerichtliche kostenentscheidung. diese hat nicht nach § 193 sgg zu erfolgen. vielmehr ist der kläger gemäß § 197a sgg gerichtskostenpflichtig. von bedeutung ist insoweit, dass der kläger nicht im sinne des § 183 satz 1 sgg als kostenprivilgierter hinterbliebenenleistungsempfänger klagt. derartige leistungen sind vielmehr an seine - nicht existente - ehefrau erbracht worden. der kläger macht auch gar nicht geltend, er sei leistungsempfänger, weshalb auch die gleichstellungsregelung des § 183 satz 3 sgg nicht greift (vgl. leitherer in meyer-ladewig u.a., kommentar zum sgg, 10. aufl. 2012, rn. 9 zu § 183 sgg). vielmehr vertritt der kläger lediglich die - unzutreffende - auffassung, für ihn bestehe vertrauensschutz bzw. die rückforderung sei ausgeschlossen oder wenigstens zu reduzieren, weil die beklagte den von ihm verübten betrug hätte bemerken müssen. damit ist der kläger nach § 197a sgg gerichtskostenpflichtig. eine entsprechende kostenentscheidung sowie streitwertfestsetzung ist somit für beide rechtszüge erforderlich. der kläger trägt gemäß § 197a abs 1 satz 1 a.e. sgg i.v.m. § 154 abs 1 und 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) die kosten des verfahrens in beiden rechtszügen. der streitwert ist gemäß §§ 197a abs 1 satz 1 sgg, 63 gerichtskostengesetz (gkg) für beide instanzen auf jeweils 86.156,08eur festzusetzen. 36gründe für die revisionszulassung nach § 160 abs 2 sgg liegen nicht vor.
Verklagte*r
0
188,926
7 K 3863/12
"2013-10-16T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet. 1 Tatbestand:2Der Kläger begehrt die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen D1, D1E, D und DE.3Der 1962 geborene Kläger ist seit 1980 Inhaber der Fahrerlaubnis für die Klassen A, A1, B, BE, M, L, S, C1 und C1E. Vor ca. fünf Jahren wurde bei ihm Diabetes mellitus Typ I diagnostiziert. Er ist aktuell auf eine Insulinpumpentherapie eingestellt.4Am 18. Januar 2012 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen D und DE. Das von ihm dazu vorgelegte Eignungsgutachten zur Überprüfung der Orientierungsleistung, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie Belastbarkeit und Reaktionsfähigkeit des TÜV Nord vom 27. August 2011 kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Anforderungen an Bewerber und Inhaber der Klassen D, D1 und der zugehörigen Anhängerklassen E erfüllt. In der ebenfalls von ihm vorgelegten Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung vom 27. August 2011 wurde eine weitergehende Untersuchung der Diabetes-Erkrankung empfohlen.5Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger auf, ein Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin mit verkehrsmedizinischer Qualifikation beizubringen. Der Kläger reichte zunächst ein arbeits- und sozialmedizinisches Gutachten des Dr. med. Q. , Arzt für Innere Medizin, Betriebsmedizin, Sozialmedizin und Verkehrsmedizin, vom 5. August 2011 ein, in dem zum Untersuchungszeitpunkt ein HbA1c-Wert von 8,9 % festgestellt wird. Weiter heißt es: „Der vorbekannte, insulinpflichtige Diabetes mellitus war unter Pumpentherapie befriedigend eingestellt, Sekundärkomplikationen bestanden bisher nicht.“ (Bl. 43 Gerichtsakte). Weiter führt das Gutachten aus, der Kläger könne „auch ein Kraftfahrzeug steuern, was er auch tut“ (Bl. 49 Gerichtsakte).6Der Beklagte hielt jedoch an seiner Gutachtenaufforderung fest. Der Kläger ließ sich daraufhin am 8. Mai 2012 von Dr. med. E. , Facharzt für Innere Medizin, begutachten. Das Gutachten des Facharztes stellt fest, dass der HbA1c-Wert des Klägers zum Zeitpunkt der Begutachtung bei 11,2 % gelegen habe und der Diabetes des Klägers daher unbefriedigend eingestellt sei. Es seien keine gravierenden Hinweise auf diabetische Folgeschäden erfassbar; Unterzuckerungen bzw. gravierende Hypoglykämien seien im Beobachtungszeitraum ebenfalls nicht erfasst. Der Kläger zeige zufriedenstellende Grundkenntnisse über sein Krankheitsbild und ein krankheitsbedingtes Zusatzrisiko sei aus verkehrsmedizinischer Sicht nicht erkennbar. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass einer weiteren Gewährung der Fahrerlaubnis für die Gruppe 1 einschließlich der Unterklassen C1 und C1E zugestimmt werden könne. Außergewöhnliche Umstände, die eine Gewährung der ergänzend beantragten Fahrerlaubnis für die Klassen D1, D1E, D und DE begründen könnten, lägen jedoch nicht vor und auch die Voraussetzungen für eine Fahrgastbeförderung seien nicht gegeben.7Der Beklagte lehnte daraufhin nach Anhörung den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis für die Klassen D1, D1E, D und DE mit Ordnungsverfügung vom 28. Juni 2012, zugestellt in der berichtigten Fassung am 26. Juli 2012, ab. Als mit Insulin behandelter Diabetiker erfülle der Kläger die besonderen gesundheitlichen Anforderungen für die beantragten Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2 nicht. Außergewöhnliche Umstände, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten, seien im Gutachten vom 8. Mai 2012 nicht festgestellt worden. Das Gutachten habe einen HbA1c-Wert von 11,2 % festgestellt, so dass eine nur unbefriedigende Stoffwechsellage vorliege. Voraussetzung, um den gesundheitlichen Anforderungen gerecht zu werden, sei jedoch eine ausgeglichene Stoffwechsellage.8Der Kläger hat am 24. August 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Ordnungsverfügung sei rechtswidrig. Er sei trotz seiner Diabetes-Erkrankung gesundheitlich in der Lage, Fahrzeuge der beantragten Fahrerlaubnisklassen zu führen. Sowohl das arbeits- und sozialmedizinische Gutachten vom 5. August 2011 als auch das Gutachten den TÜV Nord vom 27. August 2011 bestätigten dies. Bei ihm lägen zudem außergewöhnliche Umstände im Sinne der Beurteilungsleitlinien für Kraftfahrer vor, aufgrund derer er die gesundheitlichen Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 erfülle. Das Gutachten vom 8. Mai 2012 habe hinsichtlich seiner Erkrankung an Diabetes mellitus bestätigt, dass keine Unterzuckerungen oder gravierende Hypoglykämien erfasst worden seien, dass er über zufriedenstellende Grundkenntnisse bzgl. seiner Krankheit verfüge und an einem DMP-Programm (disease management program) teilnehme. Er stehe zudem unter regelmäßiger diabetologischer Kontrolle, weshalb auch der Gutachter aus verkehrsmedizinischer Sicht kein krankheitsbedingtes Zusatzrisiko habe erkennen können. Etwaige Risiken könnten durch die Anordnung regelmäßiger Nachkontrollen erheblich verringert bis ausgeschlossen werden. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem eine Bescheinigung seines Hausarztes erwähnt, nach der sein HbA1c-Wert in letzter Zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe.9Der Kläger beantragt,10den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides des Beklagten vom 28. Juni 2012 zu verpflichten, dem Kläger die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen D1, D1E, D sowie DE zu erteilen.11Der Beklagte beantragt,12die Klage abzuweisen.13Zur Begründung verweist er auf seine Ordnungsverfügung und den Verwaltungsvorgang. Das fachärztliche Gutachten vom 8. Mai 2012 komme nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Kläger derzeit nicht zum Führen von Fahrzeugen der Klassen D1, D1E, D und DE geeignet sei, da bei ihm keine ausgeglichene Stoffwechsellage vorliege. Auch der im arbeits- und sozialmedizinischen Gutachten vom 5. August 2011 festgestellte HbA1C-Wert von 8,9 % bestätige dies. Der Kläger sei daher grundsätzlich hypoglykämiegefährdet und nicht in der Lage, Kraftfahrzeuge der beantragten Klassen zu führen. Dass er die Leistungstests im Rahmen des Gutachtens des TÜV Nord bestanden habe, sei ohne Belang, da ausdrücklich eine weitere Untersuchung im Hinblick auf den Diabetes mellitus empfohlen worden sei.14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.15Entscheidungsgründe:16Die zulässige Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Fahrerlaubnis der Klassen D1, D1E, D und DE, weil er derzeit zum Führen von Kraftfahrzeugen dieser Klassen ungeeignet ist. Der Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).17Der Kläger ist derzeit aufgrund seiner Diabetes-Erkrankung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen D1, D1E, D und DE ungeeignet. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - ist insbesondere derjenige ungeeignet, bei dem Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen. Nach Ziffer 5.4 der Anlage 4 zur FeV ist bei einer Diabetes-Erkrankung mit medikamentöser Therapie mit hohem Hypoglykämierisiko (z.B. Insulin) die Eignung für die Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E ausnahmsweise bei guter Stoffwechselführung ohne Unterzuckerung über etwa drei Monate gegeben. Ein Indiz für die Stoffwechselführung ist der sog. HbA1c-Wert, der im Idealfall unter 6,5 % liegt. Bei Werten über 7,5 % ist von einer schlechten Stoffwechseleinstellung auszugehen.18Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Auflage 2005, S. 108.19Weitere Konkretisierungen ergeben sich aus den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stand: 2. November 2009, Mensch und Sicherheit, Heft M 115). Die Begutachtungsleitlinien werden unter Heranziehung von Experten aus verschiedenen Fachrichtungen erstellt und sind daher als antizipiertes Sachverständigengutachten, dem ein entsprechendes verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zu Grunde liegt, zur Würdigung des Sachverhalts und zur Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen heranzuziehen.20Vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, 2. Auflage 2005, S. 35;VG Ansbach, Beschluss vom 27. April 2012 - AN 10 S 12.00548 -, juris, Rdnr. 24.21Die Begutachtungsleitlinien führen unter Ziffer 3.5 aus, dass Diabetiker, die mit Insulin behandelt werden, in der Regel nicht in der Lage sind, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ‑ zu der die vom Kläger angestrebten Fahrerlaubnisklassen gehören ‑ gerecht zu werden. Ausnahmen setzen nach den Leitlinien außergewöhnliche Umstände voraus, die in einem ausführlichen Gutachten im Einzelnen zu beschreiben sind. Neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen sind Nachbegutachtungen im Abstand von höchstens 2 Jahren erforderlich.22Solche außergewöhnlichen Umstände liegen im Fall des Klägers nicht vor, da es in seinem Fall bereits an der Grundvoraussetzung der Kraftfahreignung bei mit Insulin behandelten Diabetikern ‑ der befriedigenden Einstellung des Stoffwechsels ‑ fehlt. Dies ergibt sich aus dem fachärztlichen Gutachten vom 8. Mai 2012. Danach lassen die bei der Begutachtung erhobenen Werte (HbA1c bei 11,2 %) sowie die vom Kläger dokumentierten Blutzuckereigenkontrollen eine unbefriedigende Einstellung erkennen. Das Gutachten ist nachvollziehbar und in sich geschlossen. Es berücksichtigt zugunsten des Klägers, dass bei ihm bislang keine Folgeschäden und keine Hinweise auf Hypoglykämien vorliegen, dass er zufriedenstellende Grundkenntnisse zu seiner Krankheit besitzt und aus verkehrsmedizinischer Sicht kein krankheitsbedingtes Zusatzrisiko besteht. Das Gutachten kommt daher vor dem Hintergrund der dargestellten rechtlichen Anforderungen an die Kraftfahreignung von an Diabetes erkrankten Personen zu dem plausiblen Ergebnis, dass beim Kläger keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne der Beurteilungsleitlinien vorliegen.23Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem arbeits- und sozialmedizinischen Gutachten vom 5. August 2011. Zum einen hatte dieses Gutachten die Bewertung der Erwerbsfähigkeit des Klägers zum Ziel und kann daher grundsätzlich das speziellere und später erstellte verkehrsmedizinische Gutachten nicht widerlegen. Zum anderen enthält es keine Aussagen, die dem zuletzt eingeholten Gutachten vom 8. Mai 2012 widersprechen. Auch im arbeits- und sozialmedizinischen Gutachten sind HbA1C-Werte dokumentiert, die über einen längeren Zeitraum über der genannten Grenze von 7,5 % liegen: Zum Zeitpunkt der Begutachtung lag der Wert bei 8,9 % (Bl. 43 der Gerichtsakte), im Jahr 2011 bei 9,7 bzw. 8,8 % und im Jahr 2010 bei 10,0 % bzw. 10,4 % (vgl. Bl. 41, 42 der Beiakte Heft 1). Soweit das arbeits- und sozialmedizinische Gutachten erwähnt, dass der Kläger ein „Kraftfahrzeug steuern kann und dies auch tut“, wird dies nicht medizinisch begründet, sondern nur im Zusammenhang mit der Möglichkeit, eine Arbeitsstätte zu erreichen, genannt (Bl. 49 der Gerichtsakte). Diese kurze Passage kann das detaillierte spätere Gutachten vom 8. Mai 2012 nicht entkräften.24Das Gutachten des TÜV Nord vom 27. August 2011, das der Kläger im Rahmen seines Fahrerlaubnisantrags beim Beklagten eingereicht hat, widerlegt das Gutachten vom 8. Mai 2012 ebenfalls nicht. Sein Untersuchungsgegenstand erfasst Erkrankungen oder andere gesundheitliche Mängel nicht, sondern beschränkt sich auf Orientierungsleistung, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung sowie Belastbarkeit und Reaktionsfähigkeit. Aufgrund dieses eingeschränkten Gegenstands kann dem Gutachten des TÜV Nord keine Aussage zur Kraftfahreignung des Klägers in gesundheitlicher Hinsicht entnommen werden.25Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die Anlass geben könnten, dem Ergebnis des Gutachtens vom 8. Mai 2012 nicht zu folgen. Insbesondere hat der Kläger ‑ trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises ‑ nicht dokumentiert, dass sich die Einstellung seines Stoffwechsels erheblich verbessert hätte. Die in der mündlichen Verhandlung von ihm angesprochene Bescheinigung seines Hausarztes, nach welcher der HbA1c-Wert in letzter Zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe, genügt dafür nicht. Auch diese Werte liegen deutlich über der genannten Grenze von 7,5 %.26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Regelung zur sofortigen Vollstreckbarkeit auf § 157 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
die klage wird abgewiesen.der kläger trägt die kosten des rechtsstreits.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages sicherheit leistet. 1
2der kläger begehrt die erteilung der fahrerlaubnis zum führen von kraftfahrzeugen der klassen d1, d1e, d und de.3der 1962 geborene kläger ist seit 1980 inhaber der fahrerlaubnis für die klassen a, a1, b, be, m, l, s, c1 und c1e. vor ca. fünf jahren wurde bei ihm diabetes mellitus typ i diagnostiziert. er ist aktuell auf eine insulinpumpentherapie eingestellt.4am 18. januar 2012 beantragte der kläger beim beklagten die erteilung der fahrerlaubnis der klassen d und de. das von ihm dazu vorgelegte eignungsgutachten zur überprüfung der orientierungsleistung, konzentrations- und aufmerksamkeitsleistung sowie belastbarkeit und reaktionsfähigkeit des tüv nord vom 27. august 2011 kommt zu dem ergebnis, dass der kläger die anforderungen an bewerber und inhaber der klassen d, d1 und der zugehörigen anhängerklassen e erfüllt. in der ebenfalls von ihm vorgelegten bescheinigung über die ärztliche untersuchung vom 27. august 2011 wurde eine weitergehende untersuchung der diabetes-erkrankung empfohlen.5daraufhin forderte der beklagte den kläger auf, ein gutachten eines facharztes für innere medizin mit verkehrsmedizinischer qualifikation beizubringen. der kläger reichte zunächst ein arbeits- und sozialmedizinisches gutachten des dr. med. q. , arzt für innere medizin, betriebsmedizin, sozialmedizin und verkehrsmedizin, vom 5. august 2011 ein, in dem zum untersuchungszeitpunkt ein hba1c-wert von 8,9 % festgestellt wird. weiter heißt es: „der vorbekannte, insulinpflichtige diabetes mellitus war unter pumpentherapie befriedigend eingestellt, sekundärkomplikationen bestanden bisher nicht.“ (bl. 43 gerichtsakte). weiter führt das gutachten aus, der kläger könne „auch ein kraftfahrzeug steuern, was er auch tut“ (bl. 49 gerichtsakte).6der beklagte hielt jedoch an seiner gutachtenaufforderung fest. der kläger ließ sich daraufhin am 8. mai 2012 von dr. med. e. , facharzt für innere medizin, begutachten. das gutachten des facharztes stellt fest, dass der hba1c-wert des klägers zum zeitpunkt der begutachtung bei 11,2 % gelegen habe und der diabetes des klägers daher unbefriedigend eingestellt sei. es seien keine gravierenden hinweise auf diabetische folgeschäden erfassbar; unterzuckerungen bzw. gravierende hypoglykämien seien im beobachtungszeitraum ebenfalls nicht erfasst. der kläger zeige zufriedenstellende grundkenntnisse über sein krankheitsbild und ein krankheitsbedingtes zusatzrisiko sei aus verkehrsmedizinischer sicht nicht erkennbar. der gutachter kommt zu dem ergebnis, dass einer weiteren gewährung der fahrerlaubnis für die gruppe 1 einschließlich der unterklassen c1 und c1e zugestimmt werden könne. außergewöhnliche umstände, die eine gewährung der ergänzend beantragten fahrerlaubnis für die klassen d1, d1e, d und de begründen könnten, lägen jedoch nicht vor und auch die voraussetzungen für eine fahrgastbeförderung seien nicht gegeben.7der beklagte lehnte daraufhin nach anhörung den antrag des klägers auf erteilung einer fahrerlaubnis für die klassen d1, d1e, d und de mit ordnungsverfügung vom 28. juni 2012, zugestellt in der berichtigten fassung am 26. juli 2012, ab. als mit insulin behandelter diabetiker erfülle der kläger die besonderen gesundheitlichen anforderungen für die beantragten fahrerlaubnisklassen der gruppe 2 nicht. außergewöhnliche umstände, die ein anderes ergebnis rechtfertigen könnten, seien im gutachten vom 8. mai 2012 nicht festgestellt worden. das gutachten habe einen hba1c-wert von 11,2 % festgestellt, so dass eine nur unbefriedigende stoffwechsellage vorliege. voraussetzung, um den gesundheitlichen anforderungen gerecht zu werden, sei jedoch eine ausgeglichene stoffwechsellage.8der kläger hat am 24. august 2012 klage erhoben. zur begründung trägt er vor, die ordnungsverfügung sei rechtswidrig. er sei trotz seiner diabetes-erkrankung gesundheitlich in der lage, fahrzeuge der beantragten fahrerlaubnisklassen zu führen. sowohl das arbeits- und sozialmedizinische gutachten vom 5. august 2011 als auch das gutachten den tüv nord vom 27. august 2011 bestätigten dies. bei ihm lägen zudem außergewöhnliche umstände im sinne der beurteilungsleitlinien für kraftfahrer vor, aufgrund derer er die gesundheitlichen anforderungen zum führen von kraftfahrzeugen der gruppe 2 erfülle. das gutachten vom 8. mai 2012 habe hinsichtlich seiner erkrankung an diabetes mellitus bestätigt, dass keine unterzuckerungen oder gravierende hypoglykämien erfasst worden seien, dass er über zufriedenstellende grundkenntnisse bzgl. seiner krankheit verfüge und an einem dmp-programm (disease management program) teilnehme. er stehe zudem unter regelmäßiger diabetologischer kontrolle, weshalb auch der gutachter aus verkehrsmedizinischer sicht kein krankheitsbedingtes zusatzrisiko habe erkennen können. etwaige risiken könnten durch die anordnung regelmäßiger nachkontrollen erheblich verringert bis ausgeschlossen werden. in der mündlichen verhandlung hat er zudem eine bescheinigung seines hausarztes erwähnt, nach der sein hba1c-wert in letzter zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe.9der kläger beantragt,10den beklagten unter aufhebung des ablehnenden bescheides des beklagten vom 28. juni 2012 zu verpflichten, dem kläger die fahrerlaubnis zum führen von kraftfahrzeugen der klassen d1, d1e, d sowie de zu erteilen.11der beklagte beantragt,12die klage abzuweisen.13zur begründung verweist er auf seine ordnungsverfügung und den verwaltungsvorgang. das fachärztliche gutachten vom 8. mai 2012 komme nachvollziehbar zu dem ergebnis, dass der kläger derzeit nicht zum führen von fahrzeugen der klassen d1, d1e, d und de geeignet sei, da bei ihm keine ausgeglichene stoffwechsellage vorliege. auch der im arbeits- und sozialmedizinischen gutachten vom 5. august 2011 festgestellte hba1c-wert von 8,9 % bestätige dies. der kläger sei daher grundsätzlich hypoglykämiegefährdet und nicht in der lage, kraftfahrzeuge der beantragten klassen zu führen. dass er die leistungstests im rahmen des gutachtens des tüv nord bestanden habe, sei ohne belang, da ausdrücklich eine weitere untersuchung im hinblick auf den diabetes mellitus empfohlen worden sei.14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf die gerichtsakten einschließlich der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten.15
16die zulässige verpflichtungsklage (§ 42 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑) ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf die erteilung der begehrten fahrerlaubnis der klassen d1, d1e, d und de, weil er derzeit zum führen von kraftfahrzeugen dieser klassen ungeeignet ist. der ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 5 vwgo).17der kläger ist derzeit aufgrund seiner diabetes-erkrankung zum führen von kraftfahrzeugen der klassen d1, d1e, d und de ungeeignet. nach § 11 abs. 1 satz 1 und 2 der fahrerlaubnisverordnung - fev - ist insbesondere derjenige ungeeignet, bei dem erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 zur fev vorliegen. nach ziffer 5.4 der anlage 4 zur fev ist bei einer diabetes-erkrankung mit medikamentöser therapie mit hohem hypoglykämierisiko (z.b. insulin) die eignung für die klassen c, c1, ce, c1e, d, d1, de, d1e ausnahmsweise bei guter stoffwechselführung ohne unterzuckerung über etwa drei monate gegeben. ein indiz für die stoffwechselführung ist der sog. hba1c-wert, der im idealfall unter 6,5 % liegt. bei werten über 7,5 % ist von einer schlechten stoffwechseleinstellung auszugehen.18vgl. schubert/schneider/eisenmenger, begutachtungs-leitlinien zur kraftfahreignung, 2. auflage 2005, s. 108.19weitere konkretisierungen ergeben sich aus den begutachtungsleitlinien zur kraftfahreignung (berichte der bundesanstalt für straßenwesen, stand: 2. november 2009, mensch und sicherheit, heft m 115). die begutachtungsleitlinien werden unter heranziehung von experten aus verschiedenen fachrichtungen erstellt und sind daher als antizipiertes sachverständigengutachten, dem ein entsprechendes verkehrsmedizinisches erfahrungswissen zu grunde liegt, zur würdigung des sachverhalts und zur beurteilung der eignung zum führen von kraftfahrzeugen heranzuziehen.20vgl. schubert/schneider/eisenmenger, begutachtungs-leitlinien zur kraftfahreignung, 2. auflage 2005, s. 35;vg ansbach, beschluss vom 27. april 2012 - an 10 s 12.00548 -, juris, rdnr. 24.21die begutachtungsleitlinien führen unter ziffer 3.5 aus, dass diabetiker, die mit insulin behandelt werden, in der regel nicht in der lage sind, den gestellten anforderungen zum führen von kraftfahrzeugen der gruppe 2 ‑ zu der die vom kläger angestrebten fahrerlaubnisklassen gehören ‑ gerecht zu werden. ausnahmen setzen nach den leitlinien außergewöhnliche umstände voraus, die in einem ausführlichen gutachten im einzelnen zu beschreiben sind. neben regelmäßigen ärztlichen kontrollen sind nachbegutachtungen im abstand von höchstens 2 jahren erforderlich.22solche außergewöhnlichen umstände liegen im fall des klägers nicht vor, da es in seinem fall bereits an der grundvoraussetzung der kraftfahreignung bei mit insulin behandelten diabetikern ‑ der befriedigenden einstellung des stoffwechsels ‑ fehlt. dies ergibt sich aus dem fachärztlichen gutachten vom 8. mai 2012. danach lassen die bei der begutachtung erhobenen werte (hba1c bei 11,2 %) sowie die vom kläger dokumentierten blutzuckereigenkontrollen eine unbefriedigende einstellung erkennen. das gutachten ist nachvollziehbar und in sich geschlossen. es berücksichtigt zugunsten des klägers, dass bei ihm bislang keine folgeschäden und keine hinweise auf hypoglykämien vorliegen, dass er zufriedenstellende grundkenntnisse zu seiner krankheit besitzt und aus verkehrsmedizinischer sicht kein krankheitsbedingtes zusatzrisiko besteht. das gutachten kommt daher vor dem hintergrund der dargestellten rechtlichen anforderungen an die kraftfahreignung von an diabetes erkrankten personen zu dem plausiblen ergebnis, dass beim kläger keine außergewöhnlichen umstände im sinne der beurteilungsleitlinien vorliegen.23etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem arbeits- und sozialmedizinischen gutachten vom 5. august 2011. zum einen hatte dieses gutachten die bewertung der erwerbsfähigkeit des klägers zum ziel und kann daher grundsätzlich das speziellere und später erstellte verkehrsmedizinische gutachten nicht widerlegen. zum anderen enthält es keine aussagen, die dem zuletzt eingeholten gutachten vom 8. mai 2012 widersprechen. auch im arbeits- und sozialmedizinischen gutachten sind hba1c-werte dokumentiert, die über einen längeren zeitraum über der genannten grenze von 7,5 % liegen: zum zeitpunkt der begutachtung lag der wert bei 8,9 % (bl. 43 der gerichtsakte), im jahr 2011 bei 9,7 bzw. 8,8 % und im jahr 2010 bei 10,0 % bzw. 10,4 % (vgl. bl. 41, 42 der beiakte heft 1). soweit das arbeits- und sozialmedizinische gutachten erwähnt, dass der kläger ein „kraftfahrzeug steuern kann und dies auch tut“, wird dies nicht medizinisch begründet, sondern nur im zusammenhang mit der möglichkeit, eine arbeitsstätte zu erreichen, genannt (bl. 49 der gerichtsakte). diese kurze passage kann das detaillierte spätere gutachten vom 8. mai 2012 nicht entkräften.24das gutachten des tüv nord vom 27. august 2011, das der kläger im rahmen seines fahrerlaubnisantrags beim beklagten eingereicht hat, widerlegt das gutachten vom 8. mai 2012 ebenfalls nicht. sein untersuchungsgegenstand erfasst erkrankungen oder andere gesundheitliche mängel nicht, sondern beschränkt sich auf orientierungsleistung, konzentrations- und aufmerksamkeitsleistung sowie belastbarkeit und reaktionsfähigkeit. aufgrund dieses eingeschränkten gegenstands kann dem gutachten des tüv nord keine aussage zur kraftfahreignung des klägers in gesundheitlicher hinsicht entnommen werden.25es sind auch sonst keine anhaltspunkte ersichtlich, die anlass geben könnten, dem ergebnis des gutachtens vom 8. mai 2012 nicht zu folgen. insbesondere hat der kläger ‑ trotz eines entsprechenden gerichtlichen hinweises ‑ nicht dokumentiert, dass sich die einstellung seines stoffwechsels erheblich verbessert hätte. die in der mündlichen verhandlung von ihm angesprochene bescheinigung seines hausarztes, nach welcher der hba1c-wert in letzter zeit konstant zwischen 9 und 10 % gelegen habe, genügt dafür nicht. auch diese werte liegen deutlich über der genannten grenze von 7,5 %.26die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die regelung zur sofortigen vollstreckbarkeit auf § 157 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung.
Verklagte*r
0
120,874
10 K 2964/14.A
"2016-10-11T00:00:00"
Urteil
Tenor Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts vom 17. November 2014 verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der nicht durch amtliche Dokumente seines Heimatlands ausgewiesene, seinen Angaben zufolge am 3. März 1997 geborene Kläger stammt aus Somalia und reiste im August 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seinen im März 2014 durch seinen Vormund gestellten Asylantrag begründete er anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) im Kern wie folgt: Er habe mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern in N. gelebt. Nach dem Tod seines Großvaters, der über Geld, Grundstücke und Häuser verfügt habe, habe sein Vater dessen Vermögen geerbt. Ein Cousin seines Vaters, der beim Militär gewesen sei, habe das Erbe für sich beansprucht und von seinem Vater dessen Herausgabe verlangt. Als dieser sich geweigert habe, habe der Cousin seinen Vater getötet. Dies habe sich wenige Monate nach dem Tod des Großvaters ereignet. Daraufhin habe er, der Kläger, das Vermögen geerbt. Der Cousin habe von seiner, des Klägers, Mutter die Herausgabe des Erbes und der dazugehörigen Unterlagen verlangt. Als diese sich geweigert habe, habe der Cousin sie geschlagen und sie für den Fall, dass sie ihm die Unterlagen bei seinem nächsten Besuch nicht aushändige, mit dem Tod bedroht. Einige Zeit später habe eine Freundin seiner Mutter, die ein paar Häuser weiter gewohnt habe, seine Mutter gewarnt, dass der Cousin auf dem Weg zu ihnen sei. Daraufhin hätten sie sich für ein paar Tage bei der Nachbarin versteckt. Nach ein paar Tagen hätten sie erfahren, dass die Regierungstruppen außerhalb von N. in Kämpfe mit der al-Shabaab verwickelt worden seien, und seien davon ausgegangen, dass auch der Cousin N. verlassen habe. Er sei dann auch wieder zur Schule gegangen. Eines Tages seien er und zwei Freunde auf dem Weg zur Schule von Soldaten angegriffen worden. Die Soldaten hätten auf sie geschossen; dabei sei ein Freund verletzt und der andere getötet worden. Er selbst habe fliehen können und sich in einem Haus in der Nähe versteckt. Daraufhin habe seine Mutter beschlossen, Somalia zu verlassen. Zusammen mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern sei er mit einem Auto nach Kenia gefahren. An der kenianischen Grenze sei er von seiner Mutter und seinen beiden Schwestern getrennt und wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zu al-Shabaab in ein Gefängnis gebracht worden. Dort habe er etwa sechs Monate verbracht, bevor die dortigen Wärter ihn und zwei weitere Gefangene aufgrund ihres Alters frei gelassen hätten. Danach habe er etwa zwei Jahre in Nairobi verbracht, bevor es ihm gelungen sei, Kontakt zu seiner Mutter aufzunehmen. Seine Mutter, die weiterhin mit seinen Schwestern in einem kenianischen Flüchtlingslager lebe, habe ihm Geld für die Flucht nach Europa gegeben. Er sei mit einem gefälschten Pass in den Iran geflogen und von dort aus über die Türkei, Griechenland und Italien nach Deutschland gekommen. Im Falle seiner Rückkehr nach Somalia drohe ihm die Tötung durch den Cousin seines Vaters, der seines Wissens inzwischen das Erbe übernommen habe. 3Mit Bescheid vom 17. November 2014, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 1. Dezember 2014, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Gewährung subsidiären Schutzes als unbegründet ab und stellte fest, dass wegen eines drohenden Verlusts der Sehfähigkeit ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliege. Zur Begründung des ablehnenden Teils der Entscheidung führt das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Kläger es versäumt habe, detailliert und anschaulich darzustellen, warum er Somalia verlassen habe. Sein Vorbringen sei oberflächlich, pauschal und vage. Außerdem sei es in mehrfacher Hinsicht nicht plausibel. So sei schon nicht nachvollziehbar, wie es dem Kläger gelungen sei, sich der Verfolgung des Cousins seines Vaters zu entziehen. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass der Cousin nicht auch die Häuser in der Nachbarschaft habe durchsuchen lassen. Auch erschließe sich nicht, inwieweit die Schüsse auf den Kläger und seine Freunde durch Soldaten mit dem Erbstreit in Verbindung stünden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie es dem Kläger habe gelingen können, vor den Soldaten zu fliehen, zumal er angegeben habe, er habe ihre Gesichter sehen können. 4Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 15. Dezember 2014 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein Vorbringen anlässlich der Anhörung vor dem Bundesamt wiederholt. 5Nachdem der Kläger zunächst auch seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt hatte, beantragt er nunmehr noch, 6die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts vom 17. November 2014 zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zu gewähren. 7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die Klage abzuweisen. 9Mit Beschluss vom 11. November 2015 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, dieser hat dem Kläger auf dessen Antrag mit Beschluss vom 12. November 2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. 10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-akte, den Verwaltungsvorgang des Bundesamts (ein Hefter) sowie die über den Kläger geführte Ausländerakte (ein Hefter) Bezug genommen. 11Entscheidungsgründe: 12Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen wurde, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. 13Soweit der Kläger das Verfahren in Bezug auf seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht fortgeführt hat, hat er seine Klage konkludent zurückgenommen und ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. 14Im übrigen ist die zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG erhobene Klage begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zu. Dementsprechend war die dem entgegen stehende Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids aufzuheben. 151. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland, d.h. dem Staat dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat 16- vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: April 2016, § 4 AsylVfG Rn. 5 f. -, 17ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). §§ 3c bis 3e AsylG gelten entsprechend (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG), wobei an die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung bzw. der begründeten Furcht vor Verfolgung die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens treten; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG). 182. Ein solcher ernsthafter Schaden droht dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Somalia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. 19Zur Anwendbarkeit dieses Maßstabs vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff. zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F., und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 20) zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -, juris Rn. 35 zu § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG a.F. 20Auf die Verhältnisse in Somalia ist abzustellen, weil das Gericht aufgrund der glaubhaften Angaben des Klägers gegenüber dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist, dass er aus N. , der Hauptstadt der Bundesrepublik Somalia, stammt und die somalische Staatsangehörigkeit besitzt. 21Bei der Prüfung, ob dem Kläger in Somalia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden droht, kommt dem Kläger die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9, sog. Qualifikationsrichtlinie, im Folgenden: RL 2011/95/EU) zugute. Nach dieser Norm ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einen solchen Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von einem solchen Schaden bedroht wird. Ob der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia an irgendeinem anderen Ort in Somalia internen Schutz vor dem ihm drohenden ernsthaften Schaden hätte erlangen können, ist für die Anwendung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU unbeachtlich. 22Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55, Rn. 27 ff. zum wortgleichen Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 304, S. 12). 23a) Zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia Ende 2009 oder Anfang 2010 war der Kläger unmittelbar von einem ernsthaften Schaden, nämlich einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG seitens des Cousins seines Vaters, bedroht. 24aa) Die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685; im Folgenden: EMRK) zu orientieren. 25Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. mit ausführlicher Begründung. 26Diese Norm bestimmt, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Eine Behandlung ist unmenschlich, wenn sie vorsätzlich und ohne Unterbrechung über Stunden zugefügt wurde und entweder körperliche Verletzungen oder intensives psychisches oder physisches Leid verursacht hat. Erniedrigend ist eine Behandlung, wenn sie eine Person demütigt oder erniedrigt, es an Achtung für ihre Menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr Gefühle der Angst, Beklemmung oder Unterlegenheit erweckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen Widerstand zu brechen. 27Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S./Bel-gien und Griechenland) -, NVwZ 2011, 413, Rn. 220; Bank, in: Dörr u.a., EMRK/GG, Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz, 2. Auflage 2013, Kapitel 11 Rn. 39 ff. 28In beiden Fällen muss die Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie in einigen Fällen auch vom Geschlecht, dem Alter und dem Gesundheitszustand der betroffenen Person ab. 29Vgl. EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S./ Belgien und Griechenland) -, NVwZ 2011, 413, Rn. 219, und vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 213. 30Die Befürchtung, Opfer gezielter krimineller Gewalt einschließlich eines Tötungsdelikts zu werden, fällt unter § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, wenn die Gefahr entsprechend ernst ist und ausreichender Schutz nicht erlangt werden kann. 31Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3070/11 -, juris Rn. 30; Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: April 2016, § 4 AsylVfG Rn. 9 und 53. 32bb) Aufgrund der Ausführungen des Klägers anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger Somalia aus begründeter Furcht vor gewalttätigen Übergriffen des Cousins seines Vaters verlassen hat, denen ein Streit um das Erbe seines Großvaters zugrundelag. Diese Übergriffe stellen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG dar. Insbesondere ist das erforderliche Mindestmaß an Schwere erreicht, da dem Kläger schwere körperliche Misshandlungen und die Tötung durch den Cousin seines Vaters drohten. 33Die Ausführungen des Klägers hält das Gericht im Kern für glaubhaft. Insbesondere kann keine Rede davon sein, dass das Vorbringen des Klägers oberflächlich, pauschal und vage ist. Vielmehr hat er, wie sich aus den Niederschriften seiner Anhörung vor dem Bundesamt und der mündlichen Verhandlung ergibt, sein Verfolgungsschicksal umfassend dargestellt und die an ihn gestellten Fragen beantwortet. Die Ausführungen zu seinem Verfolgungsschicksal vor dem Bundesamt erstrecken sich ohne Unterbrechung durch den die Anhörung durchführenden Bediensteten über eine komplette Seite der Anhörungsniederschrift. Bei den Anforderungen an den Vortrag des Klägers ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt der von ihm geschilderten Ereignisse etwa zwölf und zum Zeitpunkt seiner Anhörung vor dem Bundesamt 17 Jahre alt war, so dass an seinen Vortrag andere Maßstäbe anzulegen sind, als an entsprechende Schilderungen volljähriger Personen. 34Die Darstellung der Ereignisse durch den Kläger ist für das Gericht auch nachvollziehbar. Allein der Umstand, dass der Kläger sich gegenüber dem Cousin seines Vaters in einer nachteiligen Position befand, spricht entgegen den Ausführungen im angefochtenen Beschied nicht gegen die Plausibilität seiner Angaben. Den Grund dafür, dass der Cousin seines Vaters das Haus der Freundin seiner Mutter, in dem sich der Kläger und seine Familie für ein paar Tage versteckt gehalten hatten, nicht durchsucht hat, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar damit erklärt, dass der Ehemann der Freundin der Mutter eine hohe Position in der Regierung inne hatte. Ob die vom Kläger geschilderten Schüsse auf ihn und seine Freunde mit dem Erbstreit - so der Kläger - in Verbindung standen oder ob es sich dabei - wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid mutmaßt - um einen bürgerkriegsbedingten Zufall handelt, ist für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers von geringerem Gewicht. Die Umstände seiner Flucht vor den auf ihn schießenden Soldaten hält das Gericht aufgrund seiner ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht per se für unglaubhaft, zumal die Soldaten sich auf drei Personen konzentrieren mussten. Auch wenn es dem Kläger nicht immer gelingt, die Ereignisse zeitlich präzise einzuordnen hält das Gericht das Kernvorbringen des Klägers - Erbstreitigkeit mit dem im Rang eines Offiziers stehenden Cousin seines Vaters, Tötung seines Vaters zumindest auf Veranlassung des Cousins und Gefahr der körperlichen Misshandlung oder Tötung des Klägers durch diesen Cousin - unter Berücksichtigung seines Alters zum Zeitpunkt der Geschehnisse für glaubhaft. 35cc) Die Gefahr eines ernsthaften Schadens ging auch von einem Akteur i.S.d. §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3c AsylG) aus. Diese Normen bestimmen, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2) oder nichtstaatlichen Akteuren (Nr. 3) ausgehen kann. Geht die Gefahr von einem nichtstaatlichen Akteur aus, ist außerdem Voraussetzung, dass die unter § 3c Nr. 1 und 2 AsylG genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne von § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Letztere Voraussetzungen liegen hier vor, so dass keiner weiteren Vertiefung bedarf, ob der Cousin des Vaters des Klägers aufgrund seiner Stellung als Armeeoffizier als staatlicher oder aufgrund der Verfolgung privater Ziele als nichtstaatlicher Akteur einzustufen ist. Denn zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers aus Somalia Ende 2009 oder Anfang 2010 waren weder die staatlichen Behörden in Süd- und Zentralsomalia noch dort operierende internationale Organisationen in der Lage, dem Kläger effektiven Schutz i.S.d. § 3d Abs. 2 AsylG gegen Übergriffe seitens des Cousins seines Vaters zu gewähren 36- vgl. Auswärtiges Amt (AA), Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 2. April 2009, S. 12, und vom 11. April 2010, S. 14 -, 37zumal zu diesem Zeitpunkt insbesondere in N. heftige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und der al-Shabaab stattfanden. 38Vgl. Frankfurter Rundschau, 23. September 2009; Süddeutsche Zeitung, 24. Oktober 2009; Die Tageszeitung, 4. Dezember 2009 und 5. Januar 2010; Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Januar 2010; Süddeutsche Zeitung, 15. März 2010; Die Tageszeitung, 18. Juni 2010. 39b) Stichhaltige Gründe, die dagegen sprechen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Somalia erneut von einem ernsthaften Schaden bedroht wird, liegen nicht vor. Der erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem ihm zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia Ende 2009 oder Anfang 2010 unmittelbar drohenden ernsthaften Schaden und dem ihm im Falle seiner Rückkehr nach Somalia drohenden ernsthaften Schaden 40- vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 29, 31; Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: April 2016, § 4 AsylVfG Rn. 72 -, 41ist gegeben, da dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Somalia weiterhin Übergriffe durch den Cousin seines Vaters drohen. Die staatlichen Behörden in Süd- und Zentralsomalia oder dort operierende internationale Organisationen sind auch weiterhin nicht in der Lage, den Kläger effektiv gegen Übergriffe seitens des Cousins seines Vaters zu schützen. Insbesondere gibt es in Somalia weiterhin kein funktionierendes staatliches Gerichtswesen und gelingt es der Regierung nicht, Zivilisten Schutz zukommen zu lassen. Dort tätige internationale Hilfsorganisationen können ebenfalls keinen Schutz bieten, sondern sind selbst auf Schutz für ihre Mitarbeiter angewiesen. 42Vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 1. Dezember 2015, S. 13; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Somalia, 25. April 2016, S. 29 f. 43Ein stichhaltiger Grund, der gegen eine erneute Bedrohung des Klägers spricht, ist auch nicht darin zu sehen, dass der Cousin des Vaters des Klägers das streitige Erbe zwischenzeitlich an sich genommen hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dem Kläger weiterhin Übergriffe bis hin zur Tötung seitens des Cousins seines Vaters drohen, um den Kläger an einer Geltendmachung seiner Rechte zu hindern. 44c) Eine interne Fluchtalternative (§§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3e AsylG) für den Kläger in Somalia ist nicht ersichtlich. Zwar stehen weite Teile Somalias weiterhin nicht unter Kontrolle der somalischen Regierung. Dies gilt für die nach Unabhängigkeit strebende Republik Somaliland im Nordwesten, die autonome Region Puntland im Nordosten und einen beträchtlichen Teil der ländlichen Gebiete Süd- und Zentralsomalias. 45Vgl. die Karte "Somalia - Areas of Influence as of December 2015" - abgedruckt in: EASO, Somalia: Security Situation, Feb-ruar 2016, S. 23. 46Jedoch kann vom Kläger nicht vernünftigerweise erwartet werden (§§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG), dass er sich an einem nicht unter der Kontrolle der somalischen Regierung stehenden Ort niederlässt. Nicht abschließend geklärt ist in diesem Zusammenhang, ob der durch den Passus "… vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt …" vorgegebene Zumutbarkeitsmaßstab über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG beachtlichen existentiellen Notlage hinausgeht; vielmehr soll es darauf ankommen, dass der Betroffene am alternativen Zufluchtsort unter Berücksichtigung der im Herkunftsstaat herrschenden Standards ein relativ normales Leben führen kann. 47Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 -,BVerwGE 131, 186, Rn. 35, und vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 20; United Kingdom House of Lords, Urteil vom 15. Februar 2006 - Januzi and Others v. Secretary of State for the Home Department -, [2006] UKHL 5, Rn. 47. 48Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der humanitären Lage in Somalia 49- vgl. dazu ausführlich VG Minden, Urteil vom 12. September 2016 - 10 K 2951/14.A -, Abdruck S. 29 bis 32 - 50ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr an einen nicht unter der Kontrolle der somalischen Regierung unterstehenden Ort Somalias nicht in der Lage wäre, sein Existenzminimum zu sichern, weil er an keinem dieser Orte auf die Unterstützung von Familienangehörigen zählen kann, er aufgrund seines jugendlichen Alters über keinerlei Arbeitserfahrung verfügt und er aufgrund des Umstands, dass er Somalia bereits im Alter von etwa zwölf Jahren verlassen hat, nicht mit den dortigen Lebensumständen vertraut ist. 51Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
soweit der kläger seine klage zurückgenommen hat, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die beklagte unter aufhebung von ziffer 3 des bescheids des bundesamts vom 17. november 2014 verpflichtet, dem kläger den subsidiären schutzstatus zuzuerkennen. die kosten des verfahrens tragen die beteiligten je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem jeweiligen vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrags abzuwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1
2der nicht durch amtliche dokumente seines heimatlands ausgewiesene, seinen angaben zufolge am 3. märz 1997 geborene kläger stammt aus somalia und reiste im august 2013 in die bundesrepublik deutschland ein. seinen im märz 2014 durch seinen vormund gestellten asylantrag begründete er anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) im kern wie folgt: er habe mit seinen eltern und seinen beiden schwestern in n. gelebt. nach dem tod seines großvaters, der über geld, grundstücke und häuser verfügt habe, habe sein vater dessen vermögen geerbt. ein cousin seines vaters, der beim militär gewesen sei, habe das erbe für sich beansprucht und von seinem vater dessen herausgabe verlangt. als dieser sich geweigert habe, habe der cousin seinen vater getötet. dies habe sich wenige monate nach dem tod des großvaters ereignet. daraufhin habe er, der kläger, das vermögen geerbt. der cousin habe von seiner, des klägers, mutter die herausgabe des erbes und der dazugehörigen unterlagen verlangt. als diese sich geweigert habe, habe der cousin sie geschlagen und sie für den fall, dass sie ihm die unterlagen bei seinem nächsten besuch nicht aushändige, mit dem tod bedroht. einige zeit später habe eine freundin seiner mutter, die ein paar häuser weiter gewohnt habe, seine mutter gewarnt, dass der cousin auf dem weg zu ihnen sei. daraufhin hätten sie sich für ein paar tage bei der nachbarin versteckt. nach ein paar tagen hätten sie erfahren, dass die regierungstruppen außerhalb von n. in kämpfe mit der al-shabaab verwickelt worden seien, und seien davon ausgegangen, dass auch der cousin n. verlassen habe. er sei dann auch wieder zur schule gegangen. eines tages seien er und zwei freunde auf dem weg zur schule von soldaten angegriffen worden. die soldaten hätten auf sie geschossen; dabei sei ein freund verletzt und der andere getötet worden. er selbst habe fliehen können und sich in einem haus in der nähe versteckt. daraufhin habe seine mutter beschlossen, somalia zu verlassen. zusammen mit seiner mutter und seinen beiden schwestern sei er mit einem auto nach kenia gefahren. an der kenianischen grenze sei er von seiner mutter und seinen beiden schwestern getrennt und wegen des verdachts der zugehörigkeit zu al-shabaab in ein gefängnis gebracht worden. dort habe er etwa sechs monate verbracht, bevor die dortigen wärter ihn und zwei weitere gefangene aufgrund ihres alters frei gelassen hätten. danach habe er etwa zwei jahre in nairobi verbracht, bevor es ihm gelungen sei, kontakt zu seiner mutter aufzunehmen. seine mutter, die weiterhin mit seinen schwestern in einem kenianischen flüchtlingslager lebe, habe ihm geld für die flucht nach europa gegeben. er sei mit einem gefälschten pass in den iran geflogen und von dort aus über die türkei, griechenland und italien nach deutschland gekommen. im falle seiner rückkehr nach somalia drohe ihm die tötung durch den cousin seines vaters, der seines wissens inzwischen das erbe übernommen habe. 3mit bescheid vom 17. november 2014, den prozessbevollmächtigten des klägers zugestellt am 1. dezember 2014, lehnte das bundesamt den antrag auf anerkennung als asylberechtigter, zuerkennung der flüchtlingseigenschaft und gewährung subsidiären schutzes als unbegründet ab und stellte fest, dass wegen eines drohenden verlusts der sehfähigkeit ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg vorliege. zur begründung des ablehnenden teils der entscheidung führt das bundesamt im wesentlichen aus, dass der kläger es versäumt habe, detailliert und anschaulich darzustellen, warum er somalia verlassen habe. sein vorbringen sei oberflächlich, pauschal und vage. außerdem sei es in mehrfacher hinsicht nicht plausibel. so sei schon nicht nachvollziehbar, wie es dem kläger gelungen sei, sich der verfolgung des cousins seines vaters zu entziehen. ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass der cousin nicht auch die häuser in der nachbarschaft habe durchsuchen lassen. auch erschließe sich nicht, inwieweit die schüsse auf den kläger und seine freunde durch soldaten mit dem erbstreit in verbindung stünden. zudem sei nicht nachvollziehbar, wie es dem kläger habe gelingen können, vor den soldaten zu fliehen, zumal er angegeben habe, er habe ihre gesichter sehen können. 4gegen diesen bescheid hat der kläger am 15. dezember 2014 klage erhoben, zu deren begründung er im wesentlichen sein vorbringen anlässlich der anhörung vor dem bundesamt wiederholt. 5nachdem der kläger zunächst auch seine anerkennung als asylberechtigter und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft begehrt hatte, beantragt er nunmehr noch, 6die beklagte unter aufhebung von ziffer 3 des bescheids des bundesamts vom 17. november 2014 zu verpflichten, ihm subsidiären schutz zu gewähren. 7die beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die klage abzuweisen. 9mit beschluss vom 11. november 2015 hat die kammer das verfahren dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen, dieser hat dem kläger auf dessen antrag mit beschluss vom 12. november 2015 prozesskostenhilfe unter beiordnung seiner prozessbevollmächtigten bewilligt. 10wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichts-akte, den verwaltungsvorgang des bundesamts (ein hefter) sowie die über den kläger geführte ausländerakte (ein hefter) bezug genommen. 11
12das gericht kann trotz des ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung eine entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der ladung gemäß § 102 abs. 2 vwgo darauf hingewiesen wurde, dass auch im falle ihres ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. 13soweit der kläger das verfahren in bezug auf seine anerkennung als asylberechtigter und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht fortgeführt hat, hat er seine klage konkludent zurückgenommen und ist das verfahren gemäß § 92 abs. 3 satz 1 vwgo einzustellen. 14im übrigen ist die zulässige, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen klagefrist des § 74 abs. 1 halbsatz 1 asylg erhobene klage begründet. dem kläger steht ein anspruch auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus zu. dementsprechend war die dem entgegen stehende ziffer 3 des angefochtenen bescheids aufzuheben. 151. gemäß § 4 abs. 1 satz 1 asylg ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland, d.h. dem staat dessen staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als staatenloser seinen gewöhnlichen aufenthalt hat 16- vgl. hailbronner, ausländerrecht, band 3, stand: april 2016, § 4 asylvfg rn. 5 f. -, 17ein ernsthafter schaden droht. als ernsthafter schaden gilt gemäß § 4 abs. 1 satz 2 asylg die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). §§ 3c bis 3e asylg gelten entsprechend (§ 4 abs. 3 satz 1 asylg), wobei an die stelle der verfolgung, des schutzes vor verfolgung bzw. der begründeten furcht vor verfolgung die gefahr eines ernsthaften schadens, der schutz vor einem ernsthaften schaden beziehungsweise die tatsächliche gefahr eines ernsthaften schadens treten; an die stelle der flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre schutz (§ 4 abs. 3 satz 2 asylg). 182. ein solcher ernsthafter schaden droht dem kläger im falle seiner rückkehr nach somalia mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. 19zur anwendbarkeit dieses maßstabs vgl. bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff. zu § 60 abs. 2 aufenthg a.f., und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 20) zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f.; ovg nrw, urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -, juris rn. 35 zu § 60 abs. 2, 3 und 7 satz 2 aufenthg a.f. 20auf die verhältnisse in somalia ist abzustellen, weil das gericht aufgrund der glaubhaften angaben des klägers gegenüber dem bundesamt und in der mündlichen verhandlung davon überzeugt (§ 108 abs. 1 vwgo) ist, dass er aus n. , der hauptstadt der bundesrepublik somalia, stammt und die somalische staatsangehörigkeit besitzt. 21bei der prüfung, ob dem kläger in somalia mit beachtlicher wahrscheinlichkeit ein ernsthafter schaden droht, kommt dem kläger die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 (abl. l 337, s. 9, sog. qualifikationsrichtlinie, im folgenden: rl 2011/95/eu) zugute. nach dieser norm ist die tatsache, dass ein antragsteller bereits einen ernsthaften schaden erlitten hat oder von einem solchen schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter hinweis darauf, dass er tatsächlich gefahr läuft, einen solchen schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige gründe sprechen dagegen, dass der antragsteller erneut von einem solchen schaden bedroht wird. ob der kläger zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia an irgendeinem anderen ort in somalia internen schutz vor dem ihm drohenden ernsthaften schaden hätte erlangen können, ist für die anwendung des art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu unbeachtlich. 22vgl. bverwg, urteil vom 19. januar 2009 - 10 c 52.07 -, bverwge 133, 55, rn. 27 ff. zum wortgleichen art. 4 abs. 4 der richtlinie 2004/83/eg des rates vom 29. april 2004 (abl. l 304, s. 12). 23a) zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia ende 2009 oder anfang 2010 war der kläger unmittelbar von einem ernsthaften schaden, nämlich einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg seitens des cousins seines vaters, bedroht. 24aa) die auslegung des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg ist an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr) zu art. 3 der konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten vom 4. november 1950 (bgbl 1952 ii s. 685; im folgenden: emrk) zu orientieren. 25vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 22 zu § 60 abs. 2 aufenthg a.f. mit ausführlicher begründung. 26diese norm bestimmt, dass niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender strafe oder behandlung unterworfen werden darf. eine behandlung ist unmenschlich, wenn sie vorsätzlich und ohne unterbrechung über stunden zugefügt wurde und entweder körperliche verletzungen oder intensives psychisches oder physisches leid verursacht hat. erniedrigend ist eine behandlung, wenn sie eine person demütigt oder erniedrigt, es an achtung für ihre menschenwürde fehlen lässt oder sie herabsetzt oder in ihr gefühle der angst, beklemmung oder unterlegenheit erweckt, geeignet, den moralischen oder körperlichen widerstand zu brechen. 27vgl. egmr, urteil vom 21. januar 2011 - 30696/09 (m.s.s./bel-gien und griechenland) -, nvwz 2011, 413, rn. 220; bank, in: dörr u.a., emrk/gg, konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen grundrechtsschutz, 2. auflage 2013, kapitel 11 rn. 39 ff. 28in beiden fällen muss die behandlung ein mindestmaß an schwere erreichen. ob dies der fall ist, hängt von den umständen des einzelfalls ab, insbesondere von der dauer der behandlung und ihren physischen und psychischen auswirkungen sowie in einigen fällen auch vom geschlecht, dem alter und dem gesundheitszustand der betroffenen person ab. 29vgl. egmr, urteile vom 21. januar 2011 - 30696/09 (m.s.s./ belgien und griechenland) -, nvwz 2011, 413, rn. 219, und vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 213. 30die befürchtung, opfer gezielter krimineller gewalt einschließlich eines tötungsdelikts zu werden, fällt unter § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg, wenn die gefahr entsprechend ernst ist und ausreichender schutz nicht erlangt werden kann. 31vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 6. märz 2012 - a 11 s 3070/11 -, juris rn. 30; hailbronner, ausländerrecht, band 3, stand: april 2016, § 4 asylvfg rn. 9 und 53. 32bb) aufgrund der ausführungen des klägers anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt und in der mündlichen verhandlung ist das gericht davon überzeugt, dass der kläger somalia aus begründeter furcht vor gewalttätigen übergriffen des cousins seines vaters verlassen hat, denen ein streit um das erbe seines großvaters zugrundelag. diese übergriffe stellen eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg dar. insbesondere ist das erforderliche mindestmaß an schwere erreicht, da dem kläger schwere körperliche misshandlungen und die tötung durch den cousin seines vaters drohten. 33die ausführungen des klägers hält das gericht im kern für glaubhaft. insbesondere kann keine rede davon sein, dass das vorbringen des klägers oberflächlich, pauschal und vage ist. vielmehr hat er, wie sich aus den niederschriften seiner anhörung vor dem bundesamt und der mündlichen verhandlung ergibt, sein verfolgungsschicksal umfassend dargestellt und die an ihn gestellten fragen beantwortet. die ausführungen zu seinem verfolgungsschicksal vor dem bundesamt erstrecken sich ohne unterbrechung durch den die anhörung durchführenden bediensteten über eine komplette seite der anhörungsniederschrift. bei den anforderungen an den vortrag des klägers ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass er zum zeitpunkt der von ihm geschilderten ereignisse etwa zwölf und zum zeitpunkt seiner anhörung vor dem bundesamt 17 jahre alt war, so dass an seinen vortrag andere maßstäbe anzulegen sind, als an entsprechende schilderungen volljähriger personen. 34die darstellung der ereignisse durch den kläger ist für das gericht auch nachvollziehbar. allein der umstand, dass der kläger sich gegenüber dem cousin seines vaters in einer nachteiligen position befand, spricht entgegen den ausführungen im angefochtenen beschied nicht gegen die plausibilität seiner angaben. den grund dafür, dass der cousin seines vaters das haus der freundin seiner mutter, in dem sich der kläger und seine familie für ein paar tage versteckt gehalten hatten, nicht durchsucht hat, hat der kläger in der mündlichen verhandlung nachvollziehbar damit erklärt, dass der ehemann der freundin der mutter eine hohe position in der regierung inne hatte. ob die vom kläger geschilderten schüsse auf ihn und seine freunde mit dem erbstreit - so der kläger - in verbindung standen oder ob es sich dabei - wie das bundesamt im angefochtenen bescheid mutmaßt - um einen bürgerkriegsbedingten zufall handelt, ist für die beurteilung der glaubhaftigkeit der angaben des klägers von geringerem gewicht. die umstände seiner flucht vor den auf ihn schießenden soldaten hält das gericht aufgrund seiner ergänzenden ausführungen in der mündlichen verhandlung ebenfalls nicht per se für unglaubhaft, zumal die soldaten sich auf drei personen konzentrieren mussten. auch wenn es dem kläger nicht immer gelingt, die ereignisse zeitlich präzise einzuordnen hält das gericht das kernvorbringen des klägers - erbstreitigkeit mit dem im rang eines offiziers stehenden cousin seines vaters, tötung seines vaters zumindest auf veranlassung des cousins und gefahr der körperlichen misshandlung oder tötung des klägers durch diesen cousin - unter berücksichtigung seines alters zum zeitpunkt der geschehnisse für glaubhaft. 35cc) die gefahr eines ernsthaften schadens ging auch von einem akteur i.s.d. §§ 4 abs. 3 satz 1, 3c asylg) aus. diese normen bestimmen, dass die gefahr eines ernsthaften schadens vom staat (nr. 1), von parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebiets beherrschen (nr. 2) oder nichtstaatlichen akteuren (nr. 3) ausgehen kann. geht die gefahr von einem nichtstaatlichen akteur aus, ist außerdem voraussetzung, dass die unter § 3c nr. 1 und 2 asylg genannten akteure einschließlich internationaler organisationen erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, im sinne von § 3d asylg schutz vor verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. letztere voraussetzungen liegen hier vor, so dass keiner weiteren vertiefung bedarf, ob der cousin des vaters des klägers aufgrund seiner stellung als armeeoffizier als staatlicher oder aufgrund der verfolgung privater ziele als nichtstaatlicher akteur einzustufen ist. denn zum zeitpunkt der ausreise des klägers aus somalia ende 2009 oder anfang 2010 waren weder die staatlichen behörden in süd- und zentralsomalia noch dort operierende internationale organisationen in der lage, dem kläger effektiven schutz i.s.d. § 3d abs. 2 asylg gegen übergriffe seitens des cousins seines vaters zu gewähren 36- vgl. auswärtiges amt (aa), berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante lage in der bundesrepublik somalia vom 2. april 2009, s. 12, und vom 11. april 2010, s. 14 -, 37zumal zu diesem zeitpunkt insbesondere in n. heftige kämpfe zwischen regierungstruppen und der al-shabaab stattfanden. 38vgl. frankfurter rundschau, 23. september 2009; süddeutsche zeitung, 24. oktober 2009; die tageszeitung, 4. dezember 2009 und 5. januar 2010; frankfurter allgemeine zeitung, 30. januar 2010; süddeutsche zeitung, 15. märz 2010; die tageszeitung, 18. juni 2010. 39b) stichhaltige gründe, die dagegen sprechen, dass der kläger im falle seiner rückkehr nach somalia erneut von einem ernsthaften schaden bedroht wird, liegen nicht vor. der erforderliche innere zusammenhang zwischen dem ihm zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia ende 2009 oder anfang 2010 unmittelbar drohenden ernsthaften schaden und dem ihm im falle seiner rückkehr nach somalia drohenden ernsthaften schaden 40- vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 29, 31; hailbronner, ausländerrecht, band 3, stand: april 2016, § 4 asylvfg rn. 72 -, 41ist gegeben, da dem kläger im falle seiner rückkehr nach somalia weiterhin übergriffe durch den cousin seines vaters drohen. die staatlichen behörden in süd- und zentralsomalia oder dort operierende internationale organisationen sind auch weiterhin nicht in der lage, den kläger effektiv gegen übergriffe seitens des cousins seines vaters zu schützen. insbesondere gibt es in somalia weiterhin kein funktionierendes staatliches gerichtswesen und gelingt es der regierung nicht, zivilisten schutz zukommen zu lassen. dort tätige internationale hilfsorganisationen können ebenfalls keinen schutz bieten, sondern sind selbst auf schutz für ihre mitarbeiter angewiesen. 42vgl. aa, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 1. dezember 2015, s. 13; bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich, länderinformationsblatt somalia, 25. april 2016, s. 29 f. 43ein stichhaltiger grund, der gegen eine erneute bedrohung des klägers spricht, ist auch nicht darin zu sehen, dass der cousin des vaters des klägers das streitige erbe zwischenzeitlich an sich genommen hat. vielmehr ist davon auszugehen, dass dem kläger weiterhin übergriffe bis hin zur tötung seitens des cousins seines vaters drohen, um den kläger an einer geltendmachung seiner rechte zu hindern. 44c) eine interne fluchtalternative (§§ 4 abs. 3 satz 1, 3e asylg) für den kläger in somalia ist nicht ersichtlich. zwar stehen weite teile somalias weiterhin nicht unter kontrolle der somalischen regierung. dies gilt für die nach unabhängigkeit strebende republik somaliland im nordwesten, die autonome region puntland im nordosten und einen beträchtlichen teil der ländlichen gebiete süd- und zentralsomalias. 45vgl. die karte "somalia - areas of influence as of december 2015" - abgedruckt in: easo, somalia: security situation, feb-ruar 2016, s. 23. 46jedoch kann vom kläger nicht vernünftigerweise erwartet werden (§§ 4 abs. 3 satz 1, 3e abs. 1 nr. 2 asylg), dass er sich an einem nicht unter der kontrolle der somalischen regierung stehenden ort niederlässt. nicht abschließend geklärt ist in diesem zusammenhang, ob der durch den passus "… vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt …" vorgegebene zumutbarkeitsmaßstab über das fehlen einer im rahmen des § 60 abs. 7 sätze 1 und 5 aufenthg beachtlichen existentiellen notlage hinausgeht; vielmehr soll es darauf ankommen, dass der betroffene am alternativen zufluchtsort unter berücksichtigung der im herkunftsstaat herrschenden standards ein relativ normales leben führen kann. 47vgl. bverwg, urteile vom 29. mai 2008 - 10 c 11.07 -,bverwge 131, 186, rn. 35, und vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 20; united kingdom house of lords, urteil vom 15. februar 2006 - januzi and others v. secretary of state for the home department -, [2006] ukhl 5, rn. 47. 48diese frage bedarf im vorliegenden fall keiner weiteren vertiefung. angesichts der humanitären lage in somalia 49- vgl. dazu ausführlich vg minden, urteil vom 12. september 2016 - 10 k 2951/14.a -, abdruck s. 29 bis 32 - 50ist das gericht davon überzeugt, dass der kläger im falle seiner rückkehr an einen nicht unter der kontrolle der somalischen regierung unterstehenden ort somalias nicht in der lage wäre, sein existenzminimum zu sichern, weil er an keinem dieser orte auf die unterstützung von familienangehörigen zählen kann, er aufgrund seines jugendlichen alters über keinerlei arbeitserfahrung verfügt und er aufgrund des umstands, dass er somalia bereits im alter von etwa zwölf jahren verlassen hat, nicht mit den dortigen lebensumständen vertraut ist. 51die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 vwgo, 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo.
Klaeger*in
1
332,274
13 A 1221/18
"2020-10-06T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. Februar 2018 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Geltung von Sozialvorschriften im Straßenverkehr nach der Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (Fahrpersonalverordnung – FPersV) vom 27. Juni 2005 (BGBl. I S. 1882) in der zuletzt durch Art. 1 der Verordnung vom 8. August 2017 (BGBl. I S. 3158) geänderten Fassung. 3Die Klägerin liefert im Auftrag verschiedener Elektromärkte einer großen deutschen Elektromarktkette Haushaltsgroßgeräte wie Großbildfernseher, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Kühlschränke und andere Küchengeräte an deren Kunden aus. Im Einzelnen können die Kunden dabei zwischen verschiedenen Lieferoptionen wählen. Die sog. Standardlieferung beinhaltet den einfachen Transport des Geräts. Mitarbeiter der Klägerin laden das Gerät bei einem der Elektromärkte in ein Fahrzeug der Klägerin ein und transportieren es zum vereinbarten Bestimmungsort, wo sie es dem Kunden übergeben. Die sog. Comfortlieferung beinhaltet zusätzlich den Aufbau bzw. das Abstellen des Geräts und dessen sach- und fachgerechten Anschluss an wasser- oder stromführende Leitungen. Bei der sog. Premiumlieferung umfasst der Auftrag zudem zeit- und arbeitsintensivere Montagearbeiten insbesondere beim Einbau von Küchengeräten. Bei jeder der drei Lieferoptionen bietet die Klägerin außerdem den Abtransport beim Kunden vorhandener Altgeräte an. Neben dieser Tätigkeit führt die Klägerin in einzelnen Fällen auch freie Direktaufträge von Kunden aus, die ausschließlich Installations- und Montagearbeiten ohne den Transport von Haushaltsgroßgeräten beinhalten. 4Zur Ausführung der Aufträge setzt die Klägerin rund 30 Fahrzeuge mit einem jeweiligen Gesamtgewicht zwischen 2,8 t und 3,5 t ein, die in der Regel mit zwei Mitarbeitern besetzt sind. Bei diesen handelt es sich überwiegend um ausgebildete Handwerker im Bereich Elektrotechnik oder Küchenbauer. Vereinzelt setzt die Klägerin auch angelernte Kräfte ein. Das zur Durchführung der Installations- und Montagearbeiten erforderliche Werkzeug sowie die gängigen Zubehör- bzw. Ersatzteile wie Kabel, Schläuche und TV-Anschlussdosen werden im Fahrzeug mitgeführt. Bei der sog. Standardlieferung verbringt das Personal im Durchschnitt weniger als 15 Minuten beim Kunden, bei der sog. Comfortlieferung etwa 30 Minuten und bei der sog. Premiumlieferung etwa 45 bis 60 Minuten. Insgesamt sind die Mitarbeiter der Klägerin mit einem Fahrzeug regelmäßig 6 bis 7 Stunden pro Tag unterwegs. Die Fahrstrecken zwischen den Lieferorten betragen typischerweise zwischen 3 km und 30 km, wobei die Mehrzahl 10 km nicht überschreitet. Die Gesamtstrecke einer Tagestour beträgt in der Regel zwischen 20 km und 70 km. 5Anlässlich einer Verkehrskontrolle im Oktober 2016 mahnte die Bezirksregierung E. als zuständige Aufsichtsbehörde gegenüber der Klägerin unter Androhung künftig zu verhängender Bußgelder die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Fahrer sowie die Beachtung der zugehörigen Aufzeichnungspflichten aus § 1 FPersV an. Anders als die Klägerin meine, könne sie sich insbesondere nicht mit Erfolg auf das sog. Handwerkerprivileg aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV berufen. Danach seien zwar solche Fahrzeuge von den vorstehend genannten Pflichten ausgenommen, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen verwendet würden, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötige, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstelle. Bei der Tätigkeit der Klägerin stünden jedoch nicht die Installations- und Montagearbeiten beim Kunden, sondern die Auslieferung der durch die Kunden bestellten Haushaltsgroßgeräte im Vordergrund. 6Daraufhin hat die Klägerin am 30. Juni 2017 bei dem Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der sie zur Vermeidung künftiger Ordnungswidrigkeitenverfahren die Feststellung erstrebt, nicht den sich aus § 1 FPersV ergebenden Pflichten zu unterliegen, weil ihre Tätigkeit entgegen der Annahme der Bezirksregierung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV von diesen Pflichten ausgenommen sei. Sie setze ihre Fahrzeuge zur Ausführung verschiedenartiger Aufträge ein. Ihre Tätigkeit müsse daher als gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Mischtätigkeit aufgefasst und einheitlich aufgrund einer Gesamtschau nach dem Tätigkeitsschwerpunkt beurteilt werden. Nicht anzuknüpfen sei hingegen an das einzelne auszuliefernde Gerät bzw. den jeweils zugrundeliegenden Auftrag. Diese Betrachtungsweise führte zu einer künstlichen und lebensfremden Aufspaltung ihrer Tätigkeit und bedeutete im Ergebnis, dass die gesetzlich bezweckte Privilegierung handwerklicher Tätigkeiten vielfach leerliefe. Der hiernach maßgebliche Tätigkeitsschwerpunkt sei zudem anhand einer zeitlichen Betrachtungsweise zu ermitteln. Im Ergebnis sei von einer überwiegenden durch § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV privilegierten handwerklichen Tätigkeit auszugehen, weil die reine Fahrleistung ihrer Mitarbeiter nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtarbeitszeit ausmache. 7Die Klägerin hat beantragt, 8festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten nach Maßgabe des § 1 FPersV einzuhalten und diese gemäß § 1 Abs. 6 FPersV durch ihre Fahrer aufzeichnen zu lassen. 9Der Beklagte hat beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Er ist der Klage im Wesentlichen unter Bekräftigung der bereits vorprozessual durch die Bezirksregierung vertretenen Rechtsauffassung entgegengetreten. Die durch die Klägerin ausgeführten Aufträge seien trotz der durch ihre Mitarbeiter durchgeführten handwerklichen Arbeiten beim Kunden zumindest überwiegend durch die Auslieferung der bestellten Haushaltsgroßgeräte geprägt. Abzustellen sei dabei nicht allein auf zeitliche Aspekte, sondern auch auf den Hauptzweck des jeweiligen Auftrags. Dieser bestehe zuvörderst in der Auslieferung des durch den Kunden bestellten Haushaltsgroßgeräts, während es sich bei den Installationsarbeiten beim Kunden lediglich um ergänzende, nachgeordnete Dienstleistungen aus Anlass der Auslieferung handele. Anders als vorprozessual angenommen, könne eine Ausnahme allenfalls für die sog. Premiumlieferungen in Betracht gezogen werden, weil dort nicht der Transport, sondern die Montagearbeiten im Vordergrund stünden. Auch eine etwaige Mitnahme eines beim Kunden vorhandenen Altgeräts führe insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil der Abtransport des Altgeräts bei lebensnaher Betrachtung mit dem Auslieferungsvorgang verbunden sei. In der Praxis sei die Klägerin auch hiernach allerdings nur dann nicht zur Beachtung der sich aus § 1 FPersV ergebenden Vorgaben verpflichtet, soweit sie mit einem ihrer Fahrzeuge ausschließlich sog. Premiumlieferungen durchführe. 12Mit Urteil vom 9. Februar 2018 hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 FPersV einzuhalten und gemäß § 1 Abs. 6 FPersV durch ihre Fahrer aufzeichnen zu lassen, soweit mit den von ihr eingesetzten Fahrzeugen kein Altgerät abtransportiert und kein Neugerät lediglich im Sinne einer sog. Standardlieferung ausgeliefert wird. Im Übrigen hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV sei maßgeblich vom Tatbestandsmerkmal der Haupttätigkeit des Fahrers her auszulegen. Die Transportleistung des Fahrers dürfe nicht als dessen Hauptleistung anzusehen sein, wobei von mehreren Leistungen grundsätzlich diejenige als Hauptleistung angesehen werden müsse, die für die Vertragsschließenden im Vordergrund stehe. Unter den gegebenen Umständen sei als Maßstab die typischerweise für die Bedienung eines Kunden aufzuwendende Zeit heranzuziehen. Davon ausgehend stellten weder die Anlieferung eines Neugeräts im Rahmen einer sog. Standardlieferung noch der Abtransport eines beim Kunden vorhandenen Altgeräts einen Materialtransport dar, weil in diesen Fällen die Transportleistung als Haupttätigkeit des Fahrers anzusehen sei. Demgegenüber könne sich die Klägerin mit Erfolg auf die Ausnahmevorschrift berufen, soweit sie Neugeräte im Rahmen sog. Premium- und Comfortlieferungen ausliefere. In diesen Fällen seien die Installations- und Montagearbeiten der Fahrer als Hauptleistung bzw. als eine zumindest gleichgewichtige Leistung anzusehen, so dass die Transporttätigkeit nicht überwiege. Mit der Rechtsauffassung des Beklagten sei allerdings auf das einzelne Gerät bzw. den einzelnen Auftrag abzustellen. Hieraus folge, dass ein Fahrzeug ungeachtet weiterer Aufträge bereits dann nicht mehr unter die Ausnahmevorschrift falle, wenn mit ihm auch nur ein Neugerät im Rahmen einer sog. Standardlieferung ausgeliefert oder auch nur ein Altgerät abtransportiert werde. 13Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. Februar 2018 zugestellte Urteil am 21. März 2018 die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren im Umfang der Klageabweisung weiterverfolgt. Sie wendet sich insbesondere gegen eine ihrer Ansicht nach lebensfremde, in der Praxis nur schwer umzusetzende und durch § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV auch nicht gedeckte Aufspaltung einer Auslieferungsfahrt nach den von ihr angebotenen verschiedenen Lieferoptionen. Eine Auslieferungsfahrt müsse vielmehr – wie bereits erstinstanzlich geltend gemacht – einheitlich nach ihrem Gesamtbild beurteilt werden. Die Haupttätigkeit ihrer Fahrer bestehe in der Durchführung handwerklicher Arbeiten. Das Verwaltungsgericht habe nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt, dass die Fahrer das für die Installations- und Montagearbeiten erforderliche Werkzeug im Fahrzeug mitführten und jedenfalls überwiegend auch über eine handwerkliche Berufsausbildung verfügten. Außerdem verbrächten die Fahrer deutlich mehr Zeit beim Kunden als im Fahrzeug. 14Die Klägerin beantragt, 15das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten nach Maßgabe des § 1 FPersV einzuhalten und diese gemäß § 1 Abs. 6 FPersV durch ihre Fahrer aufzeichnen zu lassen. 16Der Beklagte beantragt, 17die Berufung zurückzuweisen. 18Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Der durch das Verwaltungsgericht vorgenommenen Qualifizierung von Auslieferungsfahrten im Rahmen sog. Comfortlieferungen tritt er in der Sache entgegen. Eigene Rechtsmittel hat der Beklagte jedoch nicht eingelegt. 19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Der Senat kann über die Berufung der Klägerin gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben. 22Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. 23Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Hinblick auf die im Berufungsverfahren noch allein streitgegenständliche Beurteilung der Auslieferung von Neugeräten im Rahmen sog. Standardlieferungen sowie des Abtransports von beim Kunden vorhandenen Altgeräten im Ergebnis zu Recht als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. 241. Die Klage ist als vorbeugende Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig. Insbesondere steht zwischen den Beteiligten ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Streit, an dessen baldiger Klärung die Klägerin ein berechtigtes Interesse hat, ohne dass ihr gegenwärtig vorrangige Rechtsschutzmöglichkeiten zur Klärung zur Verfügung stehen oder sie in zumutbarer Weise auf die Inanspruchnahme nachträglichen Rechtsschutzes verwiesen werden darf. 25Zwischen der Klägerin und dem Beklagten als Rechtsträger der Bezirksregierung steht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Streit. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis werden die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Zwischen den Beteiligten des Rechtsverhältnisses muss zudem ein Meinungsstreit bestehen, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. 26Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Januar 2010 – 8 C 19.09 –, BVerwGE 136, 54 = juris, Rn. 28 f., vom 23. August 2007 – 7 C 2.07 –, BVerwGE 129, 199 = juris, Rn. 21, und – 7 C 13.06 –, NVwZ 2007, 1311 = juris, Rn. 21, und vom 23. Januar 1992 – 3 C 50.89 –, BVerwGE 89, 327 = juris, Rn. 29 f.; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2018 – 13 A 1328/15 –, juris, Rn. 28 f. m.w.N. 27Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt. Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Anders liegt es dagegen, wenn die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm als – wenn auch streitentscheidende – Vorfrage aufgeworfen wird. 28Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Januar 2010 – 8 C 19.09 –, BVerwGE 136, 54 = juris, Rn. 24 f., vom 23. August 2007 – 7 C 2.07 –, BVerwGE 129, 199 = juris, Rn. 20, und – 7 C 13.06 –, NVwZ 2007, 1311 = juris, Rn. 20, und vom 28. Juni 2000 – 11 C 13.99 –, BVerwGE 111, 276 = juris, Rn. 29 f.; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2018 – 13 A 1328/15 –, juris, Rn. 30 f. m.w.N. 29Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin dem Gericht mit ihrer Klage einen hinreichend konkreten Sachverhalt zur Beurteilung unterbreitet. Sie begehrt mit ihr die Klärung, ob der Einsatz ihrer Fahrzeuge den in § 1 FPersV geregelten Vorgaben über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten der Fahrer sowie über die zugehörigen Aufzeichnungspflichten unterliegt. Bei gebotener Auslegung zielt ihre Klage damit auf die Feststellung des Bestehens bzw. Nichtbestehens derjenigen Rechtsfolgen, die durch § 1 FPersV gegenüber der Klägerin selbst in ihrer Funktion als Unternehmerin gesetzt werden. Hierzu gehören namentlich die in § 1 Abs. 5 Satz 1 FPersV genannte Pflicht des Unternehmers, für die Einhaltung der Vorschriften über die Einhaltung von Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten zu sorgen, sowie die sich im Einzelnen u.a. aus § 1 Abs. 6 Satz 7 Nr. 1 bis 4 FPersV ergebenden Aufzeichnungspflichten. Das Bestehen bzw. Nichtbestehen dieser Rechtsfolgen ist zwischen den Beteiligten streitig, nachdem die Bezirksregierung als zuständige Aufsichtsbehörde gegenüber der Klägerin die Beachtung dieser Pflichten angemahnt und damit zugleich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Rechtsauffassung der Klägerin von einer Befreiung durch die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV nicht teilt. 30Die Klägerin hat zudem – wie von § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzt – ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung, weil sie ihren Betrieb im Fall des Bestehens der im Streit stehenden Pflichten neu organisieren müsste, um den gesetzlichen Anforderungen des § 1 FPersV zu entsprechen und die Verhängung etwaiger Bußgelder zu vermeiden. Zur Klärung stehen der Klägerin gegenwärtig auch keine anderweitigen Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung, die gegenüber der Erhebung der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO vorrangig wären. Sie kann im Übrigen auch nicht in zumutbarer Weise auf die Inanspruchnahme nachträglichen Rechtsschutzes verwiesen werden. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist zwar vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung und des im Ausgangspunkt reaktiv konzipierten Gebots eines effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich nicht vorbeugend ausgestaltet. Ein Abweichen von dieser Grundentscheidung kommt aber ausnahmsweise in Betracht, wenn der nachträgliche Rechtsschutz mit unzumutbaren Nachteilen für den Betroffenen verbunden wäre. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dem Betroffenen – wie hier der Klägerin gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 bis 3a FPersV – bußgeldrechtliche Sanktionen drohen, die an die streitigen verwaltungsrechtlichen Zweifelsfragen anknüpfen. Dem Betroffenen ist es nämlich grundsätzlich nicht zumutbar, das Risiko eines derart sanktionsbewehrten Pflichtenverstoßes einzugehen und den Rechtsstreit über dessen Vorliegen erst im Nachhinein „von der Anklagebank herab“ führen zu müssen. Dabei spielt es im Ausgangspunkt auch keine Rolle, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Bestand, Inhalt und Umfang der streitigen verwaltungsrechtlichen Pflichten für ein Strafgericht nicht bindend ist. Schon der Einfluss, den eine für den Betroffenen günstige Entscheidung auf die Beurteilung der ordnungswidrig begangenen Handlung ausüben kann, kann das Feststellungsbegehren des Betroffenen rechtfertigen. 31Vgl. zu dem für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzinteresse zuletzt etwa OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2017 – 13 B 762/17 –, ZD 2017, 584 = NVwZ-RR 2018, 54 = juris, Rn. 15 ff. m.w.N. 322. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der im Streit stehende Einsatz der Fahrzeuge zur Auslieferung von Neugeräten im Rahmen sog. Standardlieferungen sowie zum Abtransport von beim Kunden vorhandenen Altgeräten den in § 1 FPersV geregelten Vorgaben über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten der Fahrer sowie über die zugehörigen Aufzeichnungspflichten unterliegt und die Klägerin damit die sich hieraus ergebenden unternehmerischen Pflichten zu beachten hat. 33Die Klägerin setzt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 FPersV Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse von 2,8 t bis 3,5 t zum Zweck der Güterbeförderung, nämlich zur Auslieferung bzw. Abholung elektronischer Haushaltsgroßgeräte, ein. Damit geht für die Fahrer gemäß dieser Vorschrift eine Verpflichtung zur Beachtung derjenigen Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten einher, die sich für entsprechende Fahrzeuge ab 3,5 t unmittelbar aus Art. 4, 6 bis 9 und 12 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 102, S. 1) ergeben und die durch § 1 Abs. 1 Nr. 1 FPersV über das Unionsrecht hinaus auf die Fahrzeuggewichtsklasse von 2,8 t bis 3,5 t erstreckt werden. Die Klägerin selbst hat als Unternehmerin gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 FPersV für die Einhaltung dieser Vorschriften in ihrem Betrieb zu sorgen und die u.a. aus § 1 Abs. 6 Satz 7 Nr. 1 bis 4 FPersV folgenden Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Anders als mit ihrer Berufung geltend macht, kann sie sich auch nicht mit Erfolg auf die unter den vorliegenden Umständen allein in Betracht kommende Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV berufen. Hiernach findet § 1 Abs. 1 Nr. 1 FPersV keine Anwendung auf Fahrzeuge, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt, verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. 34a) § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV ist in Übereinstimmung mit der weitgehend gleichlautenden Bestimmung in Art. 3 Buchst. aa) i) der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in der zuletzt durch Art. 1 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2020/1054 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2020 (ABl. L 249, S. 1) geänderten Fassung für die unionsrechtlich geregelte Fahrzeuggewichtsklasse auszulegen. Zwar dienen weder § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV selbst noch die von dieser Vorschrift dispensierte Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 FPersV unmittelbar der Umsetzung von Unionsrecht. Der deutsche Verordnungsgeber hat sich aber bei der Normierung von § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV bewusst an der unionsrechtlichen Parallelvorschrift orientiert, so dass eine systematisch einheitliche Auslegung nach Maßgabe des Unionsrechts und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geboten ist. 35Art. 3 Buchst. aa) i) der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nimmt – vorbehaltlich weiterer unionsrechtsspezifischer Voraussetzungen – Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen vom Anwendungsbereich der Verordnung aus, die zur Beförderung von Material, Ausrüstung oder Maschinen benutzt werden, die der Fahrer zur Ausübung seines Berufes benötigt und die unter der Bedingung benutzt werden, dass das Lenken des Fahrzeugs für den Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt. Die Bestimmung ist ursprünglich durch Art. 45 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 (ABl. L 60, S. 1) eingeführt worden und ersetzte damals einen zuvor in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d) 2. Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 enthaltenen fakultativen Ausnahmetatbestand gleichen Inhalts, bei dessen Fassung sich der Unionsgesetzgeber wiederum an der ähnlich formulierten Vorgängerbestimmung in Art. 13 Abs. 1 Buchst. g) der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 370, S. 1) orientiert hatte. § 1 Abs. 1 Nr. 3 FPersV ist seinerseits durch Art. 1 Nr. 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung fahrpersonalrechtlicher Vorschriften vom 22. Januar 2008 (BGBl. I, S. 54) eingeführt worden und ersetzt den ursprünglich maßgeblichen Verweis in § 1 Abs. 2 Nr. 1 FPersV auf den Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 7 FPersV in der Fassung der Verordnung vom 27. Juni 2005 (BGBl. I, S. 1882), mit welchem der deutsche Verordnungsgeber vom fakultativen Ausnahmetatbestand des Art. 13 Abs. 1 Buchst. g) der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 Gebrauch gemacht hatte. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der deutsche Verordnungsgeber die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 FPersV im Zusammenhang mit ihrer eigenständigen Ausformulierung hinsichtlich der übereinstimmenden Tatbestandsmerkmale inhaltlich von der unionsrechtlichen Parallelvorschrift hätte lösen und ihr einen anderen Bedeutungsinhalt hätte beigeben wollen. 36Vgl. die Einzelbegründung zu § 1 FPersV im Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 31. August 2007, in: BR-Drs. 604/07, S. 65 f. 37Gegen eine solche Annahme ist zudem anzuführen, dass er im Zuge der eigenständigen Ausformulierung den Wortlaut von § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV an die damals neu gefasste unionsrechtliche Regelung in Art. 13 Abs. 1 Buchst. d) 2. Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 a.F. angepasst (Einfügung des Begriffs „Maschinen“) und auch auf diese Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass weiterhin ein inhaltlicher Gleichklang zwischen beiden Vorschriften bestehen soll. 38b) In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Bedeutung von Art. 3 Buchst. aa) i) der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 bzw. der Vorgängerregelungen jedenfalls weitgehend geklärt. Die Anwendung dieser Ausnahmevorschrift hängt hiernach insbesondere von der Art der beförderten Güter ab und betrifft nicht alle Arten von Gütern, selbst wenn die übrigen in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen – wie etwa das Erfordernis, dass das Lenken des Fahrzeugs für den Fahrer nicht die Haupttätigkeit darstellt – gegeben sind. Die Wörter „Material“, „Ausrüstungen“ und „Maschinen“ bezeichnen somit zwangsläufig nur einen Teil der Güter, deren Beförderung in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Daraus folgt, dass durch diese Beschränkung die handelbaren Güter im eigentlichen Sinne sowie die Güter, die lediglich von einem Ort zum anderen befördert werden, ohne be- oder verarbeitet oder zur Ausübung einer Tätigkeit verwendet zu werden, vom Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift ausgeschlossen bleiben. 39Vgl. EuGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – C-554/09 –, Seeger, Slg 2011, I-7131 ff. = LRE 63, 31 ff. = juris, Rn. 32. 40Für den hier in Mitten stehenden Begriff des „Materials“ folgt daraus, dass er zwar grundsätzlich in einem weiten Sinne zu verstehen ist; er umfasst die Gegenstände, die der Fahrer des betreffenden Fahrzeugs zur Ausübung seines Berufs benötigt oder verwendet und somit auch Bestandteile des von ihm herzustellenden Endprodukts oder solche, die zu den von ihm durchzuführenden Arbeiten gehören. Er ist aber gleichwohl von sonstigen Gütern abzugrenzen, die einfach nur befördert werden sollen, um selbst geliefert, verkauft oder beseitigt zu werden. Material sind mithin nur diejenigen Güter, die zur Schaffung, Änderung oder Verarbeitung einer anderen Sache befördert werden sollen. Material unterliegt einem Verarbeitungsprozess und ist keine Ware, die von ihrem Verwender zum Verkauf bestimmt ist. 41Vgl. EuGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – C-554/09 –, Seeger, Slg 2011, I-7131 ff. = LRE 63, 31 ff. = juris, Rn. 25. 42In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist außerdem anerkannt, dass Ausnahmevorschriften wie Art. 3 Buchst. aa) i) der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 bzw. deren Vorgängerregelungen, die für bestimmte mit einem Fahrzeug verfolgte Zwecke Abweichungen von den mit der Verordnung vorgegebenen Regelungen über Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Fahrer zulassen, eng auszulegen sind. 43Vgl. EuGH, Urteile vom 21. November 2019 – C-203/18 u.a. – Deutsche Post und Leymann, EuZW 2020, 25 ff. = juris, Rn. 50, vom 7. Februar 2019 – C-231/18 –, NK, AUR 2019, 174 ff. = juris, Rn. 21, und vom 28. Juli 2011 – C-554/09 –, Seeger, Slg 2011, I-7131 ff. = LRE 63, 31 ff. = juris, Rn. 33. 44Sie sind in der Folge grundsätzlich nur anwendbar, wenn und soweit die Fahrzeuge ausschließlich zu dem mit der jeweiligen Ausnahmevorschrift privilegierten Zweck eingesetzt werden. Eine andere Auslegung würde insbesondere die mit der Verordnung intendierte Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Straßenverkehrssicherheit beeinträchtigen und den Wettbewerb im Straßenverkehrsgewerbe verfälschen können, weil ein Unternehmen, welches seine Fahrzeuge nur zu einem teilweise privilegierten Zweck einsetzt, hinsichtlich der von ihm erbrachten gewöhnlichen Leistungen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen erhielte. 45Vgl. EuGH, Urteile vom 21. November 2019 – C-203/18 u.a. – Deutsche Post und Leymann, EuZW 2020, 25 ff. = juris, Rn. 57 f., vom 13. März 2014 – C 222/12 –, Karuse, juris, Rn. 31 f., und vom 25. Juni 1992 – C-116/91 –, British Gas, Slg. 1992, I-4071 ff. = juris, Rn. 17 ff. 46c) Hiervon ausgehend kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV berufen. Der Einsatz ihrer Fahrzeuge zur Auslieferung von Haushaltsgroßgeräten im Rahmen sog. Standardlieferungen bzw. zur Abholung beim Kunden vorhandener Altgeräte wird von dieser Ausnahmevorschrift schon deshalb nicht erfasst, weil es sich bei diesen Geräten nicht um „Material“ und im Übrigen auch nicht um „Ausrüstungen“ oder „Maschinen“ handelt, die die Fahrer zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen. Dabei kommt es – entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts – auch nicht darauf an, im Rahmen welcher Lieferoption die Auslieferung erfolgt. Die Haushaltsgroßgeräte werden nämlich unabhängig von der jeweiligen Lieferoption nicht zur Schaffung, Änderung oder Verarbeitung einer anderen Sache verwendet und sie sind hierfür auch nicht in sonstiger Weise erforderlich. Vielmehr handelt es sich um Ware, die auf eine entsprechende Bestellung der Kunden hin befördert wird, um selbst geliefert bzw. – im Fall der Abholung der Altgeräte – beseitigt zu werden. An diesem Charakter ändern auch vor Ort mitunter durchgeführte Installations- und Montagearbeiten nichts, die im Kern dazu dienen, die für den bestimmungsgemäßen Betrieb der Geräte benötigten Netz- bzw. Leitungsanschlüsse einzurichten. Soweit die Fahrer beim Kunden Installations- und Montagearbeiten durchführen und in den Fahrzeugen zu diesem Zweck die erforderlichen Werkzeuge sowie ggf. Zubehör- und Ersatzteile transportieren, werden die Fahrzeuge zwar auch zu einem durch § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV privilegierten Zweck eingesetzt. Dies führte nach den vorstehend wiedergegebenen Maßstäben indes nur dann zu einer Befreiung von den gesetzlichen Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten sowie den zugehörigen Aufzeichnungspflichten, wenn und soweit die Fahrzeuge ausschließlich zu diesem Zweck eingesetzt würden. Jede andere Handhabung der Ausnahmevorschrift würde das mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 FPersV verfolgte Ziel, die Arbeitsbedingungen für Fahrer zu verbessern und die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen, beeinträchtigen und der Klägerin einen unberechtigten Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen verschaffen können, die durch Kunden bestellte Haushaltsgroßgeräte lediglich ausliefern, ohne selber Installations- und Montagearbeiten durchzuführen. In Anbetracht dessen kann offen bleiben, ob das Lenken des Fahrzeugs – wie von § 1 Abs. 2 Nr. 3 FPersV im Sinne einer eigenständigen Tatbestandsvoraussetzung gefordert – auch nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt. 47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 48Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten folgt gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 49Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Insbesondere sind die aufgeworfenen unionsrechtlichen Auslegungsfragen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt.
die berufung der klägerin gegen das urteil des verwaltungsgerichts düsseldorf vom 9. februar 2018 wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten um die geltung von sozialvorschriften im straßenverkehr nach der verordnung zur durchführung des fahrpersonalgesetzes (fahrpersonalverordnung – fpersv) vom 27. juni 2005 (bgbl. i s. 1882) in der zuletzt durch art. 1 der verordnung vom 8. august 2017 (bgbl. i s. 3158) geänderten fassung. 3die klägerin liefert im auftrag verschiedener elektromärkte einer großen deutschen elektromarktkette haushaltsgroßgeräte wie großbildfernseher, geschirrspüler, waschmaschinen, kühlschränke und andere küchengeräte an deren kunden aus. im einzelnen können die kunden dabei zwischen verschiedenen lieferoptionen wählen. die sog. standardlieferung beinhaltet den einfachen transport des geräts. mitarbeiter der klägerin laden das gerät bei einem der elektromärkte in ein fahrzeug der klägerin ein und transportieren es zum vereinbarten bestimmungsort, wo sie es dem kunden übergeben. die sog. comfortlieferung beinhaltet zusätzlich den aufbau bzw. das abstellen des geräts und dessen sach- und fachgerechten anschluss an wasser- oder stromführende leitungen. bei der sog. premiumlieferung umfasst der auftrag zudem zeit- und arbeitsintensivere montagearbeiten insbesondere beim einbau von küchengeräten. bei jeder der drei lieferoptionen bietet die klägerin außerdem den abtransport beim kunden vorhandener altgeräte an. neben dieser tätigkeit führt die klägerin in einzelnen fällen auch freie direktaufträge von kunden aus, die ausschließlich installations- und montagearbeiten ohne den transport von haushaltsgroßgeräten beinhalten. 4zur ausführung der aufträge setzt die klägerin rund 30 fahrzeuge mit einem jeweiligen gesamtgewicht zwischen 2,8 t und 3,5 t ein, die in der regel mit zwei mitarbeitern besetzt sind. bei diesen handelt es sich überwiegend um ausgebildete handwerker im bereich elektrotechnik oder küchenbauer. vereinzelt setzt die klägerin auch angelernte kräfte ein. das zur durchführung der installations- und montagearbeiten erforderliche werkzeug sowie die gängigen zubehör- bzw. ersatzteile wie kabel, schläuche und tv-anschlussdosen werden im fahrzeug mitgeführt. bei der sog. standardlieferung verbringt das personal im durchschnitt weniger als 15 minuten beim kunden, bei der sog. comfortlieferung etwa 30 minuten und bei der sog. premiumlieferung etwa 45 bis 60 minuten. insgesamt sind die mitarbeiter der klägerin mit einem fahrzeug regelmäßig 6 bis 7 stunden pro tag unterwegs. die fahrstrecken zwischen den lieferorten betragen typischerweise zwischen 3 km und 30 km, wobei die mehrzahl 10 km nicht überschreitet. die gesamtstrecke einer tagestour beträgt in der regel zwischen 20 km und 70 km. 5anlässlich einer verkehrskontrolle im oktober 2016 mahnte die bezirksregierung e. als zuständige aufsichtsbehörde gegenüber der klägerin unter androhung künftig zu verhängender bußgelder die einhaltung der gesetzlichen regelungen über lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten für fahrer sowie die beachtung der zugehörigen aufzeichnungspflichten aus § 1 fpersv an. anders als die klägerin meine, könne sie sich insbesondere nicht mit erfolg auf das sog. handwerkerprivileg aus § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv berufen. danach seien zwar solche fahrzeuge von den vorstehend genannten pflichten ausgenommen, die zur beförderung von material, ausrüstungen oder maschinen verwendet würden, die der fahrer zur ausübung seiner beruflichen tätigkeit benötige, soweit das lenken des fahrzeugs nicht die haupttätigkeit des fahrers darstelle. bei der tätigkeit der klägerin stünden jedoch nicht die installations- und montagearbeiten beim kunden, sondern die auslieferung der durch die kunden bestellten haushaltsgroßgeräte im vordergrund. 6daraufhin hat die klägerin am 30. juni 2017 bei dem verwaltungsgericht klage erhoben, mit der sie zur vermeidung künftiger ordnungswidrigkeitenverfahren die feststellung erstrebt, nicht den sich aus § 1 fpersv ergebenden pflichten zu unterliegen, weil ihre tätigkeit entgegen der annahme der bezirksregierung gemäß § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv von diesen pflichten ausgenommen sei. sie setze ihre fahrzeuge zur ausführung verschiedenartiger aufträge ein. ihre tätigkeit müsse daher als gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte mischtätigkeit aufgefasst und einheitlich aufgrund einer gesamtschau nach dem tätigkeitsschwerpunkt beurteilt werden. nicht anzuknüpfen sei hingegen an das einzelne auszuliefernde gerät bzw. den jeweils zugrundeliegenden auftrag. diese betrachtungsweise führte zu einer künstlichen und lebensfremden aufspaltung ihrer tätigkeit und bedeutete im ergebnis, dass die gesetzlich bezweckte privilegierung handwerklicher tätigkeiten vielfach leerliefe. der hiernach maßgebliche tätigkeitsschwerpunkt sei zudem anhand einer zeitlichen betrachtungsweise zu ermitteln. im ergebnis sei von einer überwiegenden durch § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv privilegierten handwerklichen tätigkeit auszugehen, weil die reine fahrleistung ihrer mitarbeiter nur einen kleinen bruchteil der gesamtarbeitszeit ausmache. 7die klägerin hat beantragt, 8festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten nach maßgabe des § 1 fpersv einzuhalten und diese gemäß § 1 abs. 6 fpersv durch ihre fahrer aufzeichnen zu lassen. 9der beklagte hat beantragt, 10die klage abzuweisen. 11er ist der klage im wesentlichen unter bekräftigung der bereits vorprozessual durch die bezirksregierung vertretenen rechtsauffassung entgegengetreten. die durch die klägerin ausgeführten aufträge seien trotz der durch ihre mitarbeiter durchgeführten handwerklichen arbeiten beim kunden zumindest überwiegend durch die auslieferung der bestellten haushaltsgroßgeräte geprägt. abzustellen sei dabei nicht allein auf zeitliche aspekte, sondern auch auf den hauptzweck des jeweiligen auftrags. dieser bestehe zuvörderst in der auslieferung des durch den kunden bestellten haushaltsgroßgeräts, während es sich bei den installationsarbeiten beim kunden lediglich um ergänzende, nachgeordnete dienstleistungen aus anlass der auslieferung handele. anders als vorprozessual angenommen, könne eine ausnahme allenfalls für die sog. premiumlieferungen in betracht gezogen werden, weil dort nicht der transport, sondern die montagearbeiten im vordergrund stünden. auch eine etwaige mitnahme eines beim kunden vorhandenen altgeräts führe insoweit nicht zu einer abweichenden beurteilung, weil der abtransport des altgeräts bei lebensnaher betrachtung mit dem auslieferungsvorgang verbunden sei. in der praxis sei die klägerin auch hiernach allerdings nur dann nicht zur beachtung der sich aus § 1 fpersv ergebenden vorgaben verpflichtet, soweit sie mit einem ihrer fahrzeuge ausschließlich sog. premiumlieferungen durchführe. 12mit urteil vom 9. februar 2018 hat das verwaltungsgericht festgestellt, dass die klägerin nicht verpflichtet ist, lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten nach maßgabe von § 1 abs. 1 fpersv einzuhalten und gemäß § 1 abs. 6 fpersv durch ihre fahrer aufzeichnen zu lassen, soweit mit den von ihr eingesetzten fahrzeugen kein altgerät abtransportiert und kein neugerät lediglich im sinne einer sog. standardlieferung ausgeliefert wird. im übrigen hat es die klage als unbegründet abgewiesen. die ausnahmevorschrift des § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv sei maßgeblich vom tatbestandsmerkmal der haupttätigkeit des fahrers her auszulegen. die transportleistung des fahrers dürfe nicht als dessen hauptleistung anzusehen sein, wobei von mehreren leistungen grundsätzlich diejenige als hauptleistung angesehen werden müsse, die für die vertragsschließenden im vordergrund stehe. unter den gegebenen umständen sei als maßstab die typischerweise für die bedienung eines kunden aufzuwendende zeit heranzuziehen. davon ausgehend stellten weder die anlieferung eines neugeräts im rahmen einer sog. standardlieferung noch der abtransport eines beim kunden vorhandenen altgeräts einen materialtransport dar, weil in diesen fällen die transportleistung als haupttätigkeit des fahrers anzusehen sei. demgegenüber könne sich die klägerin mit erfolg auf die ausnahmevorschrift berufen, soweit sie neugeräte im rahmen sog. premium- und comfortlieferungen ausliefere. in diesen fällen seien die installations- und montagearbeiten der fahrer als hauptleistung bzw. als eine zumindest gleichgewichtige leistung anzusehen, so dass die transporttätigkeit nicht überwiege. mit der rechtsauffassung des beklagten sei allerdings auf das einzelne gerät bzw. den einzelnen auftrag abzustellen. hieraus folge, dass ein fahrzeug ungeachtet weiterer aufträge bereits dann nicht mehr unter die ausnahmevorschrift falle, wenn mit ihm auch nur ein neugerät im rahmen einer sog. standardlieferung ausgeliefert oder auch nur ein altgerät abtransportiert werde. 13die klägerin hat gegen das ihr am 22. februar 2018 zugestellte urteil am 21. märz 2018 die durch das verwaltungsgericht zugelassene berufung eingelegt, mit der sie ihr begehren im umfang der klageabweisung weiterverfolgt. sie wendet sich insbesondere gegen eine ihrer ansicht nach lebensfremde, in der praxis nur schwer umzusetzende und durch § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv auch nicht gedeckte aufspaltung einer auslieferungsfahrt nach den von ihr angebotenen verschiedenen lieferoptionen. eine auslieferungsfahrt müsse vielmehr – wie bereits erstinstanzlich geltend gemacht – einheitlich nach ihrem gesamtbild beurteilt werden. die haupttätigkeit ihrer fahrer bestehe in der durchführung handwerklicher arbeiten. das verwaltungsgericht habe nicht in der gebotenen weise berücksichtigt, dass die fahrer das für die installations- und montagearbeiten erforderliche werkzeug im fahrzeug mitführten und jedenfalls überwiegend auch über eine handwerkliche berufsausbildung verfügten. außerdem verbrächten die fahrer deutlich mehr zeit beim kunden als im fahrzeug. 14die klägerin beantragt, 15das urteil des verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten nach maßgabe des § 1 fpersv einzuhalten und diese gemäß § 1 abs. 6 fpersv durch ihre fahrer aufzeichnen zu lassen. 16der beklagte beantragt, 17die berufung zurückzuweisen. 18er verteidigt das angefochtene urteil unter wiederholung und vertiefung seines erstinstanzlichen vorbringens. der durch das verwaltungsgericht vorgenommenen qualifizierung von auslieferungsfahrten im rahmen sog. comfortlieferungen tritt er in der sache entgegen. eigene rechtsmittel hat der beklagte jedoch nicht eingelegt. 19hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 20
21der senat kann über die berufung der klägerin gemäß § 125 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 101 abs. 2 vwgo ohne durchführung einer mündlichen verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten mit dieser verfahrensweise einverstanden erklärt haben. 22die berufung ist zulässig, aber unbegründet. 23das verwaltungsgericht hat die klage im hinblick auf die im berufungsverfahren noch allein streitgegenständliche beurteilung der auslieferung von neugeräten im rahmen sog. standardlieferungen sowie des abtransports von beim kunden vorhandenen altgeräten im ergebnis zu recht als zulässig, aber unbegründet abgewiesen. 241. die klage ist als vorbeugende feststellungsklage im sinne von § 43 abs. 1 alt. 1 vwgo zulässig. insbesondere steht zwischen den beteiligten ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis im streit, an dessen baldiger klärung die klägerin ein berechtigtes interesse hat, ohne dass ihr gegenwärtig vorrangige rechtsschutzmöglichkeiten zur klärung zur verfügung stehen oder sie in zumutbarer weise auf die inanspruchnahme nachträglichen rechtsschutzes verwiesen werden darf. 25zwischen der klägerin und dem beklagten als rechtsträger der bezirksregierung steht ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis im streit. als feststellungsfähiges rechtsverhältnis werden die rechtlichen beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten sachverhalt aufgrund einer diesen sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen norm für das verhältnis mehrerer personen untereinander oder einer person zu einer sache ergeben. zwischen den beteiligten des rechtsverhältnisses muss zudem ein meinungsstreit bestehen, aus dem heraus sich eine seite berühmt, ein bestimmtes tun oder unterlassen der anderen seite verlangen zu können. 26vgl. bverwg, urteile vom 28. januar 2010 – 8 c 19.09 –, bverwge 136, 54 = juris, rn. 28 f., vom 23. august 2007 – 7 c 2.07 –, bverwge 129, 199 = juris, rn. 21, und – 7 c 13.06 –, nvwz 2007, 1311 = juris, rn. 21, und vom 23. januar 1992 – 3 c 50.89 –, bverwge 89, 327 = juris, rn. 29 f.; ovg nrw, urteil vom 17. september 2018 – 13 a 1328/15 –, juris, rn. 28 f. m.w.n. 27es müssen sich also aus dieser rechtsbeziehung heraus bestimmte rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die anwendung von bestimmten normen auf den konkreten sachverhalt voraussetzt. daran fehlt es, wenn nur abstrakte rechtsfragen wie die gültigkeit einer norm zur entscheidung gestellt werden. auch bloße vorfragen oder unselbständige elemente eines rechtsverhältnisses können nicht gegenstand einer feststellungsklage sein. anders liegt es dagegen, wenn die anwendung einer rechtsnorm auf einen bestimmten, in der wirklichkeit gegebenen sachverhalt streitig ist, so dass die rechtmäßigkeit der norm als – wenn auch streitentscheidende – vorfrage aufgeworfen wird. 28vgl. bverwg, urteile vom 28. januar 2010 – 8 c 19.09 –, bverwge 136, 54 = juris, rn. 24 f., vom 23. august 2007 – 7 c 2.07 –, bverwge 129, 199 = juris, rn. 20, und – 7 c 13.06 –, nvwz 2007, 1311 = juris, rn. 20, und vom 28. juni 2000 – 11 c 13.99 –, bverwge 111, 276 = juris, rn. 29 f.; ovg nrw, urteil vom 17. september 2018 – 13 a 1328/15 –, juris, rn. 30 f. m.w.n. 29nach maßgabe dieser grundsätze hat die klägerin dem gericht mit ihrer klage einen hinreichend konkreten sachverhalt zur beurteilung unterbreitet. sie begehrt mit ihr die klärung, ob der einsatz ihrer fahrzeuge den in § 1 fpersv geregelten vorgaben über lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten der fahrer sowie über die zugehörigen aufzeichnungspflichten unterliegt. bei gebotener auslegung zielt ihre klage damit auf die feststellung des bestehens bzw. nichtbestehens derjenigen rechtsfolgen, die durch § 1 fpersv gegenüber der klägerin selbst in ihrer funktion als unternehmerin gesetzt werden. hierzu gehören namentlich die in § 1 abs. 5 satz 1 fpersv genannte pflicht des unternehmers, für die einhaltung der vorschriften über die einhaltung von lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten zu sorgen, sowie die sich im einzelnen u.a. aus § 1 abs. 6 satz 7 nr. 1 bis 4 fpersv ergebenden aufzeichnungspflichten. das bestehen bzw. nichtbestehen dieser rechtsfolgen ist zwischen den beteiligten streitig, nachdem die bezirksregierung als zuständige aufsichtsbehörde gegenüber der klägerin die beachtung dieser pflichten angemahnt und damit zugleich zum ausdruck gebracht hat, dass sie die rechtsauffassung der klägerin von einer befreiung durch die ausnahmevorschrift des § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv nicht teilt. 30die klägerin hat zudem – wie von § 43 abs. 1 vwgo vorausgesetzt – ein berechtigtes interesse an einer baldigen feststellung, weil sie ihren betrieb im fall des bestehens der im streit stehenden pflichten neu organisieren müsste, um den gesetzlichen anforderungen des § 1 fpersv zu entsprechen und die verhängung etwaiger bußgelder zu vermeiden. zur klärung stehen der klägerin gegenwärtig auch keine anderweitigen rechtsschutzmöglichkeiten zur verfügung, die gegenüber der erhebung der feststellungsklage gemäß § 43 abs. 2 satz 1 vwgo vorrangig wären. sie kann im übrigen auch nicht in zumutbarer weise auf die inanspruchnahme nachträglichen rechtsschutzes verwiesen werden. verwaltungsgerichtlicher rechtsschutz ist zwar vor dem hintergrund des verfassungsrechtlichen grundsatzes der gewaltenteilung und des im ausgangspunkt reaktiv konzipierten gebots eines effektiven rechtsschutzes in art. 19 abs. 4 gg grundsätzlich nicht vorbeugend ausgestaltet. ein abweichen von dieser grundentscheidung kommt aber ausnahmsweise in betracht, wenn der nachträgliche rechtsschutz mit unzumutbaren nachteilen für den betroffenen verbunden wäre. dies kann insbesondere dann der fall sein, wenn dem betroffenen – wie hier der klägerin gemäß § 21 abs. 1 nr. 1 bis 3a fpersv – bußgeldrechtliche sanktionen drohen, die an die streitigen verwaltungsrechtlichen zweifelsfragen anknüpfen. dem betroffenen ist es nämlich grundsätzlich nicht zumutbar, das risiko eines derart sanktionsbewehrten pflichtenverstoßes einzugehen und den rechtsstreit über dessen vorliegen erst im nachhinein „von der anklagebank herab“ führen zu müssen. dabei spielt es im ausgangspunkt auch keine rolle, dass die entscheidung des verwaltungsgerichts zu bestand, inhalt und umfang der streitigen verwaltungsrechtlichen pflichten für ein strafgericht nicht bindend ist. schon der einfluss, den eine für den betroffenen günstige entscheidung auf die beurteilung der ordnungswidrig begangenen handlung ausüben kann, kann das feststellungsbegehren des betroffenen rechtfertigen. 31vgl. zu dem für die inanspruchnahme vorbeugenden rechtsschutzes erforderlichen qualifizierten rechtsschutzinteresse zuletzt etwa ovg nrw, beschluss vom 25. august 2017 – 13 b 762/17 –, zd 2017, 584 = nvwz-rr 2018, 54 = juris, rn. 15 ff. m.w.n. 322. die klage ist jedoch unbegründet, weil der im streit stehende einsatz der fahrzeuge zur auslieferung von neugeräten im rahmen sog. standardlieferungen sowie zum abtransport von beim kunden vorhandenen altgeräten den in § 1 fpersv geregelten vorgaben über lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten der fahrer sowie über die zugehörigen aufzeichnungspflichten unterliegt und die klägerin damit die sich hieraus ergebenden unternehmerischen pflichten zu beachten hat. 33die klägerin setzt im sinne von § 1 abs. 1 nr. 1 fpersv fahrzeuge mit einer zulässigen höchstmasse von 2,8 t bis 3,5 t zum zweck der güterbeförderung, nämlich zur auslieferung bzw. abholung elektronischer haushaltsgroßgeräte, ein. damit geht für die fahrer gemäß dieser vorschrift eine verpflichtung zur beachtung derjenigen lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten einher, die sich für entsprechende fahrzeuge ab 3,5 t unmittelbar aus art. 4, 6 bis 9 und 12 der verordnung (eg) nr. 561/2006 des europäischen parlaments und des rates vom 15. märz 2006 zur harmonisierung bestimmter sozialvorschriften im straßenverkehr (abl. l 102, s. 1) ergeben und die durch § 1 abs. 1 nr. 1 fpersv über das unionsrecht hinaus auf die fahrzeuggewichtsklasse von 2,8 t bis 3,5 t erstreckt werden. die klägerin selbst hat als unternehmerin gemäß § 1 abs. 5 satz 1 fpersv für die einhaltung dieser vorschriften in ihrem betrieb zu sorgen und die u.a. aus § 1 abs. 6 satz 7 nr. 1 bis 4 fpersv folgenden aufzeichnungspflichten zu erfüllen. anders als mit ihrer berufung geltend macht, kann sie sich auch nicht mit erfolg auf die unter den vorliegenden umständen allein in betracht kommende ausnahmevorschrift des § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv berufen. hiernach findet § 1 abs. 1 nr. 1 fpersv keine anwendung auf fahrzeuge, die zur beförderung von material, ausrüstungen oder maschinen, die der fahrer zur ausübung seiner beruflichen tätigkeit benötigt, verwendet werden, soweit das lenken des fahrzeugs nicht die haupttätigkeit des fahrers darstellt. das vorliegen dieser voraussetzungen hat das verwaltungsgericht im ergebnis zu recht verneint. 34a) § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv ist in übereinstimmung mit der weitgehend gleichlautenden bestimmung in art. 3 buchst. aa) i) der verordnung (eg) nr. 561/2006 in der zuletzt durch art. 1 nr. 2 der verordnung (eu) 2020/1054 des europäischen parlaments und des rates vom 15. juli 2020 (abl. l 249, s. 1) geänderten fassung für die unionsrechtlich geregelte fahrzeuggewichtsklasse auszulegen. zwar dienen weder § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv selbst noch die von dieser vorschrift dispensierte regelung in § 1 abs. 1 nr. 1 fpersv unmittelbar der umsetzung von unionsrecht. der deutsche verordnungsgeber hat sich aber bei der normierung von § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv bewusst an der unionsrechtlichen parallelvorschrift orientiert, so dass eine systematisch einheitliche auslegung nach maßgabe des unionsrechts und der hierzu ergangenen rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union geboten ist. 35art. 3 buchst. aa) i) der verordnung (eg) nr. 561/2006 nimmt – vorbehaltlich weiterer unionsrechtsspezifischer voraussetzungen – fahrzeuge oder fahrzeugkombinationen vom anwendungsbereich der verordnung aus, die zur beförderung von material, ausrüstung oder maschinen benutzt werden, die der fahrer zur ausübung seines berufes benötigt und die unter der bedingung benutzt werden, dass das lenken des fahrzeugs für den fahrer nicht die haupttätigkeit darstellt. die bestimmung ist ursprünglich durch art. 45 nr. 1 der verordnung (eu) nr. 165/2014 des europäischen parlaments und des rates vom 4. februar 2014 (abl. l 60, s. 1) eingeführt worden und ersetzte damals einen zuvor in art. 13 abs. 1 buchst. d) 2. gedankenstrich der verordnung (eg) nr. 561/2006 enthaltenen fakultativen ausnahmetatbestand gleichen inhalts, bei dessen fassung sich der unionsgesetzgeber wiederum an der ähnlich formulierten vorgängerbestimmung in art. 13 abs. 1 buchst. g) der verordnung (ewg) nr. 3820/85 des rates vom 20. dezember 1985 über die harmonisierung bestimmter sozialvorschriften im straßenverkehr (abl. l 370, s. 1) orientiert hatte. § 1 abs. 1 nr. 3 fpersv ist seinerseits durch art. 1 nr. 1 der zweiten verordnung zur änderung fahrpersonalrechtlicher vorschriften vom 22. januar 2008 (bgbl. i, s. 54) eingeführt worden und ersetzt den ursprünglich maßgeblichen verweis in § 1 abs. 2 nr. 1 fpersv auf den ausnahmetatbestand des § 18 abs. 1 nr. 7 fpersv in der fassung der verordnung vom 27. juni 2005 (bgbl. i, s. 1882), mit welchem der deutsche verordnungsgeber vom fakultativen ausnahmetatbestand des art. 13 abs. 1 buchst. g) der verordnung (ewg) nr. 3820/85 gebrauch gemacht hatte. aus den gesetzgebungsmaterialien ergeben sich keine hinweise darauf, dass der deutsche verordnungsgeber die ausnahmevorschrift des § 1 abs. 1 nr. 3 fpersv im zusammenhang mit ihrer eigenständigen ausformulierung hinsichtlich der übereinstimmenden tatbestandsmerkmale inhaltlich von der unionsrechtlichen parallelvorschrift hätte lösen und ihr einen anderen bedeutungsinhalt hätte beigeben wollen. 36vgl. die einzelbegründung zu § 1 fpersv im verordnungsentwurf des bundesministeriums für verkehr, bau und stadtentwicklung vom 31. august 2007, in: br-drs. 604/07, s. 65 f. 37gegen eine solche annahme ist zudem anzuführen, dass er im zuge der eigenständigen ausformulierung den wortlaut von § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv an die damals neu gefasste unionsrechtliche regelung in art. 13 abs. 1 buchst. d) 2. gedankenstrich der verordnung (eg) nr. 561/2006 a.f. angepasst (einfügung des begriffs „maschinen“) und auch auf diese weise zum ausdruck gebracht hat, dass weiterhin ein inhaltlicher gleichklang zwischen beiden vorschriften bestehen soll. 38b) in der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union ist die bedeutung von art. 3 buchst. aa) i) der verordnung (eg) nr. 561/2006 bzw. der vorgängerregelungen jedenfalls weitgehend geklärt. die anwendung dieser ausnahmevorschrift hängt hiernach insbesondere von der art der beförderten güter ab und betrifft nicht alle arten von gütern, selbst wenn die übrigen in dieser bestimmung aufgestellten voraussetzungen – wie etwa das erfordernis, dass das lenken des fahrzeugs für den fahrer nicht die haupttätigkeit darstellt – gegeben sind. die wörter „material“, „ausrüstungen“ und „maschinen“ bezeichnen somit zwangsläufig nur einen teil der güter, deren beförderung in den anwendungsbereich der verordnung fällt. daraus folgt, dass durch diese beschränkung die handelbaren güter im eigentlichen sinne sowie die güter, die lediglich von einem ort zum anderen befördert werden, ohne be- oder verarbeitet oder zur ausübung einer tätigkeit verwendet zu werden, vom anwendungsbereich der ausnahmevorschrift ausgeschlossen bleiben. 39vgl. eugh, urteil vom 28. juli 2011 – c-554/09 –, seeger, slg 2011, i-7131 ff. = lre 63, 31 ff. = juris, rn. 32. 40für den hier in mitten stehenden begriff des „materials“ folgt daraus, dass er zwar grundsätzlich in einem weiten sinne zu verstehen ist; er umfasst die gegenstände, die der fahrer des betreffenden fahrzeugs zur ausübung seines berufs benötigt oder verwendet und somit auch bestandteile des von ihm herzustellenden endprodukts oder solche, die zu den von ihm durchzuführenden arbeiten gehören. er ist aber gleichwohl von sonstigen gütern abzugrenzen, die einfach nur befördert werden sollen, um selbst geliefert, verkauft oder beseitigt zu werden. material sind mithin nur diejenigen güter, die zur schaffung, änderung oder verarbeitung einer anderen sache befördert werden sollen. material unterliegt einem verarbeitungsprozess und ist keine ware, die von ihrem verwender zum verkauf bestimmt ist. 41vgl. eugh, urteil vom 28. juli 2011 – c-554/09 –, seeger, slg 2011, i-7131 ff. = lre 63, 31 ff. = juris, rn. 25. 42in der rechtsprechung des gerichtshofs ist außerdem anerkannt, dass ausnahmevorschriften wie art. 3 buchst. aa) i) der verordnung (eg) nr. 561/2006 bzw. deren vorgängerregelungen, die für bestimmte mit einem fahrzeug verfolgte zwecke abweichungen von den mit der verordnung vorgegebenen regelungen über lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten für fahrer zulassen, eng auszulegen sind. 43vgl. eugh, urteile vom 21. november 2019 – c-203/18 u.a. – deutsche post und leymann, euzw 2020, 25 ff. = juris, rn. 50, vom 7. februar 2019 – c-231/18 –, nk, aur 2019, 174 ff. = juris, rn. 21, und vom 28. juli 2011 – c-554/09 –, seeger, slg 2011, i-7131 ff. = lre 63, 31 ff. = juris, rn. 33. 44sie sind in der folge grundsätzlich nur anwendbar, wenn und soweit die fahrzeuge ausschließlich zu dem mit der jeweiligen ausnahmevorschrift privilegierten zweck eingesetzt werden. eine andere auslegung würde insbesondere die mit der verordnung intendierte verbesserung der arbeitsbedingungen und der straßenverkehrssicherheit beeinträchtigen und den wettbewerb im straßenverkehrsgewerbe verfälschen können, weil ein unternehmen, welches seine fahrzeuge nur zu einem teilweise privilegierten zweck einsetzt, hinsichtlich der von ihm erbrachten gewöhnlichen leistungen einen wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrenzunternehmen erhielte. 45vgl. eugh, urteile vom 21. november 2019 – c-203/18 u.a. – deutsche post und leymann, euzw 2020, 25 ff. = juris, rn. 57 f., vom 13. märz 2014 – c 222/12 –, karuse, juris, rn. 31 f., und vom 25. juni 1992 – c-116/91 –, british gas, slg. 1992, i-4071 ff. = juris, rn. 17 ff. 46c) hiervon ausgehend kann sich die klägerin nicht mit erfolg auf § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv berufen. der einsatz ihrer fahrzeuge zur auslieferung von haushaltsgroßgeräten im rahmen sog. standardlieferungen bzw. zur abholung beim kunden vorhandener altgeräte wird von dieser ausnahmevorschrift schon deshalb nicht erfasst, weil es sich bei diesen geräten nicht um „material“ und im übrigen auch nicht um „ausrüstungen“ oder „maschinen“ handelt, die die fahrer zur ausübung ihrer beruflichen tätigkeit benötigen. dabei kommt es – entgegen der rechtsauffassung des verwaltungsgerichts – auch nicht darauf an, im rahmen welcher lieferoption die auslieferung erfolgt. die haushaltsgroßgeräte werden nämlich unabhängig von der jeweiligen lieferoption nicht zur schaffung, änderung oder verarbeitung einer anderen sache verwendet und sie sind hierfür auch nicht in sonstiger weise erforderlich. vielmehr handelt es sich um ware, die auf eine entsprechende bestellung der kunden hin befördert wird, um selbst geliefert bzw. – im fall der abholung der altgeräte – beseitigt zu werden. an diesem charakter ändern auch vor ort mitunter durchgeführte installations- und montagearbeiten nichts, die im kern dazu dienen, die für den bestimmungsgemäßen betrieb der geräte benötigten netz- bzw. leitungsanschlüsse einzurichten. soweit die fahrer beim kunden installations- und montagearbeiten durchführen und in den fahrzeugen zu diesem zweck die erforderlichen werkzeuge sowie ggf. zubehör- und ersatzteile transportieren, werden die fahrzeuge zwar auch zu einem durch § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv privilegierten zweck eingesetzt. dies führte nach den vorstehend wiedergegebenen maßstäben indes nur dann zu einer befreiung von den gesetzlichen lenkzeiten, fahrtunterbrechungen und ruhezeiten sowie den zugehörigen aufzeichnungspflichten, wenn und soweit die fahrzeuge ausschließlich zu diesem zweck eingesetzt würden. jede andere handhabung der ausnahmevorschrift würde das mit § 1 abs. 1 nr. 1 fpersv verfolgte ziel, die arbeitsbedingungen für fahrer zu verbessern und die straßenverkehrssicherheit zu erhöhen, beeinträchtigen und der klägerin einen unberechtigten wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrenzunternehmen verschaffen können, die durch kunden bestellte haushaltsgroßgeräte lediglich ausliefern, ohne selber installations- und montagearbeiten durchzuführen. in anbetracht dessen kann offen bleiben, ob das lenken des fahrzeugs – wie von § 1 abs. 2 nr. 3 fpersv im sinne einer eigenständigen tatbestandsvoraussetzung gefordert – auch nicht die haupttätigkeit des fahrers darstellt. 47die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 48die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kosten folgt gemäß § 167 abs. 1 satz 1 vwgo aus einer entsprechenden anwendung von §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 49die revision ist nicht zuzulassen, weil die hierfür gemäß § 132 abs. 2 vwgo erforderlichen voraussetzungen nicht gegeben sind. insbesondere sind die aufgeworfenen unionsrechtlichen auslegungsfragen in der rechtsprechung des gerichtshofs geklärt.
Verklagte*r
0
143,571
6 K 4456/13 K
"2015-11-10T00:00:00"
Urteil
Tenor Der Körperschaftsteuerbescheid für 2003 vom 23.8.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.11.2013 wird insoweit geändert, dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) bezüglich der Bezüge der Eheleute A für ihre Tätigkeit bei der A GmbH in der Form der Einigung (vGA statt 237.245 € nur noch 124.145 €) und eines um 927.561 € und um die verdeckten Gewinnausschüttungen bezüglich der Bezüge der Eheleute A für ihre Tätigkeit bei der B GmbH in Form der Einigung (vGA statt 238.090 € nur noch 114.671 €) verminderten Organeinkommens der B GmbH ermittelt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen. Die Revision wird zugelassen. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens zu je 1/2. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. 1 Tatbestand: 2Streitig ist, ob bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Firma A GmbH seitens des Beklagten zu Recht Pensionsrückstellungen in Höhe von 889.387 € in 2003 gewinnerhöhend aufgelöst wurden, weil die geänderten Pensionszusagen inhaltlich nicht eindeutig waren, und ob der Beklagte zu Recht bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Firma B … GmbH (im Weiteren B GmbH), Pensionsrückstellungen in Höhe von 927.561 € in 2003 gewinnerhöhend aufgelöst hat, weil eine sog. Überversorgung vorliegt. 3Bezüglich der Frage, ob der Beklagte zu Recht bei den Rechtsvorgängerinnen der Klägerin der A GmbH und der B GmbH wegen überhöhter Gehälter von Herrn A und von Frau A verdeckte Gewinnausschüttungen einkommenserhöhend berücksichtigt hat, haben die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung geeinigt. 4Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der A GmbH und der B GmbH, da die GmbHs auf die Klägerin verschmolzen worden sind. 5Sachverhalt bezüglich der A GmbH 6An der im Jahr 1981 gegründeten A GmbH waren bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung Herr A zu 68 % und Frau A zu 32 % beteiligt. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Industriegütern. Geschäftsführer der A GmbH war Herr A. Frau A war als Prokuristin für die A GmbH tätig. Zwischen der A GmbH als Organträger und der B GmbH als Organgesellschaft bestand bis zum 31.12.2003 ein Organschaftsverhältnis. 7Die A GmbH gewährte Herrn A durch Pensionsvereinbarung vom 30.12.1982 eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung. Gemäß § 3 der Pensionsvereinbarung erhält Herr A nach vollendetem 65. Lebensjahr eine lebenslängliche Altersrente in Höhe von 60 v. H. des rentenfähigen Einkommens. Als rentenfähiges Einkommen gilt gemäß § 2 der Pensionsvereinbarung das in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles erzielte monatliche Durchschnittseinkommen, das sich aus dem Bruttogehalt zusammensetzt. Unter § 11 (Vorbehalte) heißt es: Die Gesellschaft behält sich vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen, zu unterbrechen oder einzustellen, wenn ihre wirtschaftliche Lage sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann. Wegen der weiteren Einzelheiten der Pensionsvereinbarung wird auf Band III der Betriebsprüfungshandakt der A GmbH, Blatt 108 ff., Bezug genommen. 8Gemäß dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung der A GmbH vom 27. März 1997 wurde beschlossen, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles die zu zahlende Rente um 3 % per annum erhöht wird. Wegen der Einzelheiten des Protokolls wird auf Band III der Betriebsprüfungsakte der A GmbH, Blatt 106, Bezug genommen. 9Gemäß dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 2002 der A GmbH wurde „aufgrund der erweislich anhaltenden Verschlechterung der Ertragslage der A GmbH“ u. a. beschlossen: 10„1.) Es wird festgestellt, dass die Pensionsrückstellungen aufgrund der erteilten Pensionszusagen im Jahresabschluss der A GmbH zum 31.12.2002 in folgender Höhe zu dotieren sind: 11Frau A Euro 647.158 12Herr A Euro 1.297.777. 132.) Nach § 3 Ziffer 2 des jeweiligen Pensionsvertrages zugunsten Herrn A und Frau A soll die Altersrente zugunsten Herrn A 75 v. H. des rentenfähigen Einkommens gemäß § 2 des Pensionsvertrages betragen, die Altersrente von Frau A soll 60 v. H. des rentenfähigen Einkommens gemäß § 2 des Pensionsvertrages betragen. § 2 lautet in beiden Fällen: „als rentenfähiges Einkommen gilt das in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles erzielte monatliche Durchschnittseinkommen, das sich aus dem Bruttogehalt zusammensetzt“. 14Des Weiteren sieht die Pensionszusage zugunsten von Herrn A vor, dass das rentenfähige Einkommen auf DM 600.000,00 (EURO 306.775,12) begrenzt ist. 15Um eine Finanzierbarkeit der Pensionszusagen weiterhin zu gewährleisten, werden die Pensionszusagen zugunsten von Frau A und Herrn A geändert. 16Bemessungsgrundlage für die monatliche Rente ist ab dem 01.01.2003 die im Jahresabschluss der A GmbH zum 31.12.2002 zu bildende Rückstellung, die sich nach ursprünglichem Pensionsvertrag per 31.12.2002 wie folgt ergibt: 17Frau A Euro 647.158 18Herr A Euro 1.297.777. 19Von den genannten Rückstellungsbeträgen ist die Rente folglich retrograd zu ermitteln.“ 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 2002 wird auf Band III, Seite 105, der Betriebsprüfungsakte A GmbH Bezug genommen. 21Der Inhalt des Beschlusses der Gesellschafterversammlung wurde sowohl für Herrn A als auch für Frau A auch als „Ergänzung zur Pensionsvereinbarung“ zwischen den Betroffenen und der A GmbH am 22.12.2002 vereinbart. 22Nach dem versicherungsmathematischen Gutachten zu den Stichtagen 31. Dezember 2003 bis 31. Dezember 2006 von Frau ... vom 10. Dezember 2007 ergibt sich bei einer retrograd aus der Pensionsrückstellung zum Stichtag 31.12.2002 ermittelten monatlichen Alters- und Invalidenrente für Frau A eine Rente in Höhe von 9.338,92 € und für Herrn A in Höhe von 15.338,76 €. Rechnungsgrundlagen für diese Umrechnung bildeten die zum 31.12.2002 gültigen „Richttafeln“ von Dr. ... aus dem Jahre 1998 mit einem Rechnungszins von 6 % und einer garantierten Anpassung der laufenden Rente von 3 % per annum. 23Im Jahr 2009 wurde bei der A GmbH eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht bereit gewesen wäre, für die Bezahlung ihres noch so leistungsfähigen Geschäftsführers den Gewinn des Unternehmens fast vollständig zu opfern oder sogar Verluste in Kauf zu nehmen. Ab 01.07.2003 sei das monatliche Gehalt von Herrn A von 28.928,89 € auf 1.500,00 € und das Gehalt von Frau A von 13.112,08 € auf 1.000,00 € herabgesetzt worden. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass das herabgesetzte Gehalt das angemessene Gehalt für das gesamte Jahr sei. 24Bezüglich der Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen in Höhe von 2.090.495,00 € vertrat der Fachprüfer für die betriebliche Altersversorgung die Auffassung, dass die Rückstellung in vollem Umfang aufzulösen sei. Er begründet dies damit, dass eine Pensionsrückstellung seit der in 2001 erfolgten Änderung des § 6 a EStG unter anderem nur dann gebildet werden dürfe, wenn die zugrunde liegende Pensionszusage schriftlich erteilt worden sei und die Pensionszusage eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen enthalte. Die mit Beschluss der Gesellschafter-Versammlung vom 20.12.2002 vorgenommene Änderung der Pensionszusagen der Eheleute A sei inhaltlich nicht eindeutig. Es sei nur geregelt, dass die nunmehrigen monatlichen Renten retrograd aus den zum 31.12.2002 passivierten Rückstellungen in Höhe von 1.297.777,00 € (für Herrn A) und in Höhe von 647.158,00 € (für Frau A) ermittelt werden sollen. Wie dies im Detail zu geschehen habe (Rechnungszinssatz, Rechnungsgrundlagen, Einbeziehung von Diensteintrittszeitpunkten, Rentendynamik etc.) führe der Beschluss nicht aus. 25Ferner weist der Prüfer darauf hin, dass den Rückstellungsbildungen auf den 31.12.2002 nicht die „ursprünglichen“ Pensionsverträge vom 20.12.1982 und 27.03.1997 zugrunde lägen. Die von Frau … ermittelten Werte beruhten nicht auf dem Beschluss der Gesellschafterversammlung unmittelbar, sondern auf einer von mehreren möglichen Auslegungen des Beschlusses. Die von Frau... ermittelte monatliche Rente in Höhe von 15.338,76 € bewege sich exakt in dem durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27.03.1990 vorgegebenen Rahmen (600.000,00 DM x 60 % x 12). Im Endalter von 65 hätten die von Frau ... ermittelten Renten zu Barwerten von 2.878.187,00 € für Herrn A und in Höhe von 1.727.109,00 € für Frau A geführt. Eine durch den Gesellschafterbeschluss vom 20.12.2002 beabsichtigte „weitere Gewährleistung der Finanzierbarkeit der Pensionszusagen“ sei durch die von ... gewählte Auslegung nicht zu erreichen. 26Außerdem stelle sich die Frage nach der Ernsthaftigkeit der Pensionszusagen der Eheleute A, da die Zusageänderungen vom 20.12.2002 über einen Zeitraum von mehr als 6 Jahren nicht in zutreffender Weise bilanziell erfasst worden seien. 27Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellungnahme des Fachprüfers wird auf die Anlage 1 des Betriebsprüfungsberichtes für die A GmbH vom 08.10.2010 (Blatt 220 Bd. der Betriebsprüfungsakte der A GmbH) Bezug genommen. 28Sachverhalt bezüglich der B GmbH 29An der im Jahr 1988 gegründeten B GmbH waren bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung Herr A zu 40 Prozent und die A GmbH zu 60 Prozent beteiligt. Gegenstand des Unternehmens war der Export von Kraftfahrzeugteilen. Frau A war Geschäftsführerin der B GmbH. Herr A war als Bevollmächtigter für die Gesellschaft tätig. 30Frau A wurde durch Pensionsvertrag vom 20.12.1996 eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Gemäß § 3 Nr. 2 des Pensionsvertrages beträgt die Altersrente 65 % des rentenfähigen Einkommens, das als die Summe der letzten 14 Bruttomonatsgehälter vor Eintritt des Versorgungsfalls definiert wird. Wegen der weiteren Einzelheiten des Pensionsvertrages wird auf Blatt 18 ff der Betriebsprüfungsakte Bd. III der B GmbH Bezug genommen. 31Gemäß Pensionsvertrag vom 20. Dezember 1996 wurde Herrn A eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Die jährliche Altersrente betrug 65 Prozent des rentenfähigen Einkommens, das als die Summe der letzten 14 Bruttomonatsgehälter vor Eintritt des Versorgungsfalls definiert wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Pensionsvertrages wird auf Blatt 38, Band III, der Betriebsprüfungsakte der B GmbH Bezug genommen. 32Gemäß dem Anstellungsvertrag zwischen der B GmbH und Frau A vom 20.03.1988 wurde Frau A mit Wirkung zum 01.04.1988 als Geschäftsführerin der GmbH angestellt. Gemäß dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 29. Oktober 2003 wurde das Gehalt von Frau A ab dem 1.11.2003 von 16.412 € auf 2.865,00 € pro Monat herabgesetzt. 33Gemäß dem Anstellungsvertrag zwischen der B GmbH und Herrn A vom 31.03.1988 wurde Herr A als Bevollmächtigter angestellt, der die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt, die Geschäfte führt und zusammen mit dem Geschäftsführer die verantwortliche Leitung des gesamten Geschäftsbetriebes hat. Gemäß dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 29. Oktober 2003 wurde das Gehalt von Herrn A ab dem 1.11.2003 von 12.424 € auf 2.162,00 € pro Monat herabgesetzt. 34Bei der B GmbH wurde beginnend im Jahr 2009 eine Betriebsprüfung unter anderem für die Körperschaftssteuer 2003 bis 2005 durchgeführt. Bei dieser Betriebsprüfung wurde unter anderem festgestellt, dass die bereits vom Veranlagungsbezirk wegen unangemessen hoher Gehaltszahlungen für das Jahr 2003 angenommene verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 238.090,00 € zu Recht bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Betriebsprüfungsberichtes vom 08.10.2010 wird auf Blatt 162 ff. der Betriebsprüfungsakte Band IV der B GmbH Bezug genommen. 35Gemäß dem Bericht über die steuerliche Behandlung der mit der betrieblichen Altersversorgung zusammenhängenden Sachverhalte vom 09.04.2010 vertrat der Fachprüfer die Auffassung, dass zum 31.12.2003 die Rückstellungen aufgrund der Überversorgungsgrundsätze teilweise aufzulösen seien. Nach Absenkung der Bezüge ab dem 01.11.2003 hätten die von Frau ... ermittelten Pensionen von 8.313,74 € für Herrn A und 9.412,66 € für Frau A über 380 Prozent (Herr A) bzw. über 325 Prozent (Frau A) des Barlohns betragen. Derartige Prozentsätze seien nicht fremdüblich und auch nicht betrieblich veranlasst. Unter Berücksichtigung der ab dem 01.11.2003 geltenden Bezüge ergäben sich maximal folgende Pensionsbeträge: 36für Herrn A 33.775,00 €, 37für Frau A 25.785,00 €. 38Demnach seien folgende Pensionsrückstellungen zum 31.12.2003 zu bilden: 39Für Herrn A 225.151,00 €. 40Für Frau A 144.255,00 €. 41Die Anpassung der Pensionsrückstellungen führt zu einer Gewinnerhöhung für 2003 in Höhe von 927.561,00 €. Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Fachprüfers wird auf Blatt 121 ff. der Betriebsprüfungsakte Band IV der B GmbH Bezug genommen. 42Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfungen erließ der Beklagte am 23.08.2011 gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Firma A GmbH einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid, mit dem die Körperschaftsteuer auf 635.306,00 € festgesetzt wurde. Dabei wurde ein Steuerbilanzgewinn in Höhe von 1.510.925,00 €, verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 476.028,00 € und ein zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft in Höhe von 936.576,00 € berücksichtigt. 43Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. 44Im Einspruchsverfahren reichte die Klägerin ein neues versicherungsmathematisches Gutachten von Frau... vom 11. März 2012 ein, in dem ... die monatliche Altersrente von Frau A aufgrund der Pensionsvereinbarung mit der A GmbH auf 3.499,35 € und die monatliche Rente des Herrn A auf 6.916,25 € berechnet. Die retrograde Berechnung der Pension erfolgte jeweils auf Basis der Barwertfaktoren für eine ab Alter 65 lebenslänglich zahlbare Altersrente inklusiv einer Witwen/Witwerrente in Höhe von 60 Prozent der Altersrente. Rechnungsgrundlagen für diese Umrechnung bilden die zum 31.12.2002 gültigen „Richttafeln“ von Dr. ... aus dem Jahre 1998 mit einem Rechnungszins von 6 Prozent und einer garantierten Anpassung der laufenden Rente von 3 Prozent per anno. Die Pensionsrückstellung zum 31.12.2003 berechnete Frau... auf 889.387,00 €, was zu einer Auflösung der bisherigen Pensionsrückstellung in Höhe 1.055.548,00 € führt. Wegen der Einzelheiten des versicherungsmathematischen Gutachtens von Frau ... wird auf die Körperschaftsteuerakte der A GmbH Bezug genommen. 45Außerdem reichte die Klägerin eine berichtigte Bilanz zum 31.12.2003 ein, in der Rückstellung für Pension ähnliche Verpflichtungen in Höhe von 889.387,00 € enthalten sind. Die berichtigte Gewinn- und Verlustrechnung für 2003 führt zu einem Jahresüberschuss in Höhe von 457.382,00 € aufgrund der Erhöhung der sonstigen betrieblichen Erträge auf 1.166.659,00 €. 46Durch Einspruchsentscheidung vom 21.11. 2013 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. 47Die Klägerin hat am 23.12.2013 Klage erhoben. 48Zur Begründung der Klage beruf sich die Klägerin unter anderem auf Folgendes: 49Auflösung der bei der A GmbH gebildeten Pensionsrückstellungen 50Im April 2012 habe die Klägerin eine berichtigte Bilanz für 2003 eingereicht. Die Berichtigung der Bilanz sei erforderlich gewesen, weil die Bilanz hinsichtlich der Pensionsrückstellung nicht mit § 6a EStG in Einklang gestanden habe und deshalb unrichtig gewesen sei. Die Pensionsrückstellungen für die Eheleute A seien gemessen an den jeweils mit Beschluss vom 20.12.2002 herbeigeführten Änderungen zu hoch gewesen. In der ursprünglichen Bilanz auf den 31.12.2003 sei eine Rückstellung für Pensionen in Höhe von insgesamt 1.944.935,00 € ausgewiesen worden. Nach den der Klägerin im Jahr 2012 vorgelegten versicherungsmathematischen Berechnungen betrage die Rückstellung für die Pensionsverpflichtungen zum 31.12.2003 nur 889.387,00 €. Aus dem Beschluss vom 20.12.2002 ergebe sich, dass es Wunsch der an dem Beschluss Beteiligten gewesen, die Rentenbezüge des Herrn A der Höhe nach auf den Betrag zu begrenzen, der sich bei einer Verrentung eines Betrages in Höhe von 1.297.777,00 € ergebe. Die Verrentung dieses Betrages, also gewissermaßen die Auszahlung der Rentenbeträge „aus“ diesem Betrag sollte dabei erst mit dem Zeitpunkt der Rentenfälligkeit, also erst mit Eintritt des Versorgungsfalls erfolgen. Dies werde daran deutlich, dass sich in dem Änderungsbeschluss vom 20.12.2002 keine – gegenüber der ursprünglichen Pensionszusage – abweichende Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts des Versorgungsfalles finde. Im Ergebnis habe der Beschluss vom 20.12.2002 die Wirkung gehabt, dass die Rentenanwartschaft der Eheleute A auf der Höhe eingefroren worden sei, die sich bei einer Verrentung des per 31.12.2002 bestehenden Rückstellungsbetrages ergebe. Der per 31.12.2002 für beide Eheleute bereits „angesparte“ Betrag als zu verrentender Betrag habe erst im Jahr der Rentenbezugsfälligkeit (2015 aus der Sicht des Herrn A; 2018 aus der Sicht der Frau A) vorhanden sein sollen, weshalb der angesparte Betrag gewissermaßen in die Zukunft projiziert worden sei. Die bilanzielle Abbildung des in dem Änderungsbeschluss zum Ausdruck kommenden Willens zur Änderung der Pensionszusage sei im Rahmen der Aufstellung der ursprünglichen Bilanz für das Jahr 2003 insofern unrichtig erfolgt, als dass die Gesellschaft der durch den Versicherungsmathematiker erteilten Auskunft entsprechend davon ausgegangen sei, dass man den per 31.12.2002 gebildeten Rückstellungsbetrag bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls unverändert fortführen könne. Beabsichtigt gewesen sei deshalb ursprünglich, den genannten Rückstellungsbetrag bis einschließlich des Jahres 2015 bzw. bis zum Jahre 2018 unverändert in die jeweilige Bilanz einzustellen. Da dem Versicherungsmathematiker eben dieses Vorhaben so auch mitgeteilt worden sei, sei auch das entsprechende versicherungsmathematische Gutachten zu den ursprünglichen Bilanzen entsprechend ausgefallen. In diesem Zusammenhang sei besonders zu beachten, dass der Versicherungsmathematiker bei der Erstellung seines Gutachtens davon ausgegangen sei, dass aufgrund der „Festschreibung“ des Rückstellungsbetrages per 31.12.2002 die den Eheleuten A ab dem Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls zufließenden Versorgungsbeträge kontinuierlich von Jahr zu Jahr sinken würden. Dieses versicherungsmathematische Ergebnis finde jedoch keine Stütze im Wortlaut des Änderungsbeschlusses vom 20.12.2002. Die in den im Jahr 2012 vorgelegten berichtigten Bilanzen ausgewiesenen Pensionsrückstellungen trügen dem Umstand Rechnung, dass das zur Verrentung zur Verfügung stehende Kapital erst in den Jahren des Eintritts des Versorgungsfalls zur Verfügung stehen solle und dem Umstand, dass die Höhe der den Berechtigten zu gewährenden Versorgungsleistungen während des gesamten Bezugszeitraums unverändert bleibe. 51Zu Unrecht sei der Beklagte der Auffassung, dass die Pensionszusage in Form des Änderungsbeschlusses vom 20.12.2002 nicht eindeutig sei, weil im Änderungsbeschluss der Rechnungszinssatz, die Rechnungsgrundlagen, die Einbeziehung von Diensteintrittszeitpunkten, die Rentendynamik etc. nicht ausdrücklich angesprochen werde. Aus dem BFH-Urteil vom 24.03.1999, I R 29/98, und dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.02.2002, 6 K 256/99, EFG 2002, 1021 ergebe sich, dass der Rechnungszinsfuß nicht schriftlich fixiert werden müsse. Sowohl der BFH als auch Finanzgerichte gingen davon aus, dass die notwendige Eindeutigkeit der Pensionszusage auch durch Auslegung erreicht werden könne (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.12.2011, 3 K 4318/08; BFH-Urteil vom 12.10.2010 I R 17, 18/10). 52Hinsichtlich der in Rede stehenden Pensionszusagen sei es aus zweierlei Gesichtspunkten für die Ermittlung der in Aussicht gestellten Leistungen nicht erforderlich gewesen, den Rechnungszinssatz etc. im Beschluss vom 20.12.2002 anzugeben. Zum einen deshalb, weil es sich bei dem in Rede stehenden Beschluss nur um einen Änderungsbeschluss handele. Die alte Zusage habe hinsichtlich des anzuwendenden Rechnungszinssatzes, hinsichtlich der Rechnungsgrundlagen, hinsichtlich der Einbeziehung von Diensteintrittszeitpunkten sowie hinsichtlich der Rentendynamik weiter gelten sollen. Zum anderen könne im Wege der Auslegung des Beschlusses die durch § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG geforderte Eindeutigkeit erreicht werden. Die erforderliche Auslegung des Beschlusses vom 20.12.2002 hätte es erforderlich gemacht, der Frage nachzugehen, welche Vorgaben die Gesellschaft der Versicherungsmathematikerin für die Berechnung der Pensionsrückstellungen gemacht habe (BFH-Beschluss vom 24.03.1999, I S 8/98, BFH/NV 1999, 1643). 53Die Nichtbenennung des Rechnungszinsfußes und der biometrischen Vorhaben sei bereits deshalb unschädlich, weil die Verwendung des Rechnungszinsfußes und der biometrischen Vorgaben ohnehin der versicherungsmathematischen Verkehrssitte entsprochen habe und deshalb die ausdrückliche Benennung überflüssig gewesen sei (BFH-Beschluss vom 08.12.2004, I B 125/04, BFH/NV 2005, 1036). Hinsichtlich des Rechnungszinsfußes könne für eine einheitliche Handhabung der Umstand sprechen, dass für steuerliche Zwecke ein Zinsfuß von 6 v. H. gesetzlich vorgeschrieben sei (§ 6 a Abs. 3 Satz 3 EStG) und dieser Satz auch von dem im Streitfall eingeschalteten Versicherungsmathematiker gewählt worden sei (BFH-Urteil, BFHE 189, 45, BStBl II 2001, 612). Dies gelte unbeschadet dessen, dass aus handelsrechtlicher Sicht auch der Ansatz eines niedrigeren Zinssatzes in Betracht komme (Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme des Hauptfachausschusses 2/1988, Die Wirtschaftsprüfung 1988, 403, 404). Zur Auswahl der anzusetzenden biometrischen Faktoren könnte sich eine vergleichbare Wirkung daraus ergeben, dass die versicherungsmathematische Praxis insoweit in aller Regel bis 1998 auf die Richttafel von … zurückgegriffen habe (BFH-Urteil vom 27.07.1994, II R 122/91, BFE 175, 384, BStBl II 1995, 14). Hierfür spreche auch, dass der Gesetzgeber Regelungen zum Übergang von der „alten“ auf die „neue“ Tafel in § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG und § 52 Abs. 17 EStG getroffen habe. 54Außerdem sei die Annahme des Beklagten, dass die Unwirksamkeit der Änderung des zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter bestehenden Pensionsvertrages dazu geführt habe, dass hierdurch gleichzeitig auch der Pensionsvertrag selbst „terminiert“ worden sei, rechtssystematisch unhaltbar. Bei unterstellter Unwirksamkeit des Änderungsbeschlusses sei die intendierte Vertragsänderung gerade nicht wirksam geworden und habe deshalb auch keine Auswirkung auf die bestehende Pensionsvereinbarungen gehabt. Die ursprüngliche Pensionsvereinbarung sei damit weiterhin gültig bis zum heutigen Tag. 55Ferner ist die Klägerin der Auffassung, dass die Pensionsrückstellungen nicht aufgrund des Eintretens einer Überversorgungssituation zu kürzen seien. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte auf das BMF-Schreiben vom 03.11.2004, BStBl I 2004, 1045. Denn die 75-Prozent-Rechtsprechung des BFH sei nur auf Festbetragsrenten anwendbar. Der BFH nehme typisierend an, dass zukünftige Lohnentwicklungen in der Pensionsrückstellung bzw. der Pensionszusage vorweggenommen werden, wenn die Versorgungsanwartschaft (Pensionszusage) zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der letzten Aktivbezüge übersteige. Zwischen den Eheleuten A und er A GmbH sei jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Festbetragsrente vereinbart worden. Aus dem Umstand, dass sich aufgrund versicherungsmathematischer Berechnungen für die zukünftigen Rentenbezüge mathematisch fixe Beträge ergeben, folgere der Beklagte zu Unrecht, dass es sich um Festbetragsrenten handele. 56In der Ursprungspensionszusage vom 30.12.1982 heiße es: „Die Altersrente betrage 60 v. H. des rentenfähigen Einkommens gemäß § 2“. An der Umstellung der gehaltsabhängigen Versorgungszusage habe sich nichts geändert. Ein entsprechender Gesellschafterbeschluss existiere nicht, weil eine solche Umstellung der Zusage zu keinem Zeitpunkt gewollt gewesen sei. Im Änderungsbeschluss vom 20.12.2002 finde sich kein Hinweis darauf, dass die Endgehaltsabhängigkeit der Zusage modifiziert oder gar aufgehoben worden wäre. Die Parteien der Pensionsvereinbarung hätten zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, die Endgehaltsabhängigkeit der Pensionszusage zu modifizieren oder die Zusage auf eine Festbetragszusage umzustellen. Wenn die Höhe der Pensionsrückstellung per 31.12.2002 ausweislich des Wortlauts des Änderungsbeschlusses vom 20.12.2002 die Bemessungsgrundlage der zukünftigen Versorgungsleistung bilde, dann folge hieraus, dass die Höhe der Versorgungsleistung des Herrn A dann endgehaltsabhängig sei, wenn die Höhe der Pensionsrückstellung selbst endgehaltsabhängig sei. Dass dies wiederum der Fall sei, liege deshalb auf der Hand, weil die Pensionsrückstellung zu sämtlichen Bilanzstichtagen seit ihrer Erteilung in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Pensionszusage bemessen worden sei und der Wortlaut der Pensionszusage aus dem Jahre 1982 vorsehe, dass Herr A einen Versorgungsanspruch in Höhe von 60 % des rentenfähigen Einkommens habe. Keinesfalls sei es möglich, aus dem Umstand, dass die Anwartschaft des Herrn A eingefroren worden sei, abzuleiten, dass damit auch der Charakter der Zusage von einer endgehaltsabhängigen Zusage in eine Festbetragszusage geändert worden sei. Das Gleiche gelte für Frau A. 57Im Übrigen liege zum 31.12.2003 auch kein Überschreiten der 75 Prozent Grenze vor. Nach der Rechtsprechung des BFH sei zu prüfen, ob der Jahresbetrag der dem Gesellschafter zustehenden Versorgungsanwartschaft ihrem Betrag nach höher sei, als 75 % des Jahresbetrages der per 31.12. des jeweils betrachteten Wirtschaftsjahres bezogenen Aktivbezüge. Die im Jahr 2012 beauftragte Versicherungsmathematikerin habe in dem neu erstellten Gutachten die Höhe der Rentenzahlungen an Herrn A mit 6.916,52 € und der Frau A mit 3.499,35 € berechnet. Herr A habe in 2003 Aktivbezügen in Höhe von 314.598,00 € und Frau A in Höhe von 106.706,00 € erzielt. Die 75 Prozent Grenze sei somit nicht überschritten. Zu Unrecht habe der Fachprüfer nicht auf die Gesamtsumme der Jahresbezüge zum Bilanzstichtag, sondern auf die Summe des auf das Jahr 2003 hochgerechneten (herabgesetzten) Dezembergehaltes der Eheleute A abgestellt. 58Zu Unrecht gehe der Beklagte auch davon aus, dass die Änderung der erteilten Pensionszusage zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führe. Bereits die Grundprämisse des Beklagten, dass die gehaltsabhängige Pension in eine Festbetragsrente umgewandelt worden sei, sei – wie bereits dargelegt – unzutreffend. Außerdem resultiere aus dem durch die Eheleute A ausgesprochenen Verzicht die bereits erdiente Anwartschaft durch ihre Dienste zugunsten der Gesellschaft weiter zu erhöhen, ein erhebliches Absinken des Versorgungsniveaus. 59Teilauflösung der per 31.12.2003 bei der B GmbH gebildeten Pensionsrückstellungen 60Wie auch bei der A GmbH gehe der Beklagte zu Unrecht vom Vorliegen von Festbetragsrenten aus. Außerdem werde die 75 %-Grenze nicht überschritten. Ausweislich des Pensionsgutachtens des Aktuar ... betrage die vorausberechnete monatliche Rentenzahlung an Herrn A 8.313,73 €, während die vorausberechnete Höhe der monatlichen Rentenzahlung an Frau A 9.410,13 € betrage. Ausweislich der Gehaltsabrechnungen der Eheleute A für Dezember 2003 habe Herr A in 2003 Aktivbezüge in Höhe von 168.833,85 € erzielt, wohingegen Frau A in 2003 Aktivbezüge in Höhe von 192.235,34 € erzielt habe. Eine Überschreitung der 75 Prozent Grenze liege somit nicht vor. 61Ferner ist die Klägerin der Auffassung, dass die Einspruchsentscheidung des Beklagten bereits insofern rechtswidrig sei, als der Beklagte zu dem Zeitpunkt, zu welchem die Einspruchsentscheidung ergangen sei, nicht mehr die zur Entscheidung über den Einspruch berufene Behörde gewesen sei. 62Bezüglich der angemessenen Bezüge der Eheleute A bei der B GmbH haben die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung darauf geeinigt, dass für das Streitjahr Bezüge von Frau A in Höhe von 105.000 € und von Herrn A in Höhe von 78.750 € angemessen sind. Für die vom Beklagten angenommene verdeckte Gewinnausschüttung bedeutet dies, dass die verdeckte Gewinnausschüttung nicht mehr 238.090 €, sondern 114.671 € (128.567 € - 78.750 € = 49.817 € + 169.854 – 105.000 € = 64.854 €) beträgt. 63Bezüglich der Bezüge der Eheleute A bei der A GmbH haben die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung darauf geeinigt, dass für das Streitjahr Bezüge von Frau A in Höhe von 45.000 € und von Herrn A in Höhe von 98.000 € angemessenen sind. Für die vom Beklagten angenommene verdeckte Gewinnausschüttung bedeutet dies, dass die verdeckte Gewinnausschüttung nicht mehr 237.245 €, sondern 124.145 € (182.573 € - 98.000 € = 84.573 € + 84.672 € – 45.000 € = 39.572 €) beträgt. 64Die Klägerin beantragt, 65dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines um 889.387 € geminderten Gewinns der A GmbH und mit Berücksichtigung der verdeckten Gewinnausschüttungen in der Form der Einigung sowie eines um 927.561 € und den verdeckten Gewinnausschüttungen in Form der Einigung verminderten Organeinkommens der B GmbH ermittelt wird, 66 hilfsweise, die Revision zuzulassen, 67 die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. 68Der Beklagte beantragt, 69 die Klage abzuweisen, soweit der Antrag der Klägerin über die Einigung bezüglich der beiden verdeckten Gewinnausschüttungen hinausgeht, 70 hilfsweise, die Revision zuzulassen. 71Zur Begründung seines Antrags wiederholt der Beklagte sein Vorbringen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend weist er darauf hin, dass für die steuerliche Abwicklung der A GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin sei, zuständig bleibe. 72Entscheidungsgründe: 73Die Klage ist teilweise begründet. 74Bezüglich der angemessenen Bezüge der Eheleute A bei der A GmbH (vGA statt 237.245 € nur noch 124.146 €) und der B GmbH (vGA statt 238.090 € nur noch 114.671 €) haben die Beteiligten sich in der mündlichen Verhandlung geeinigt. Der Beklagte hat zu Recht die bei der A GmbH gebildeten Pensionsrückstellung für die Altersversorgung der Eheleute A aufgelöst. Zu Unrecht hat der Beklagte die bei der B GmbH gebildeten Pensionsrückstellungen wegen einer sog. Überversorgung der Eheleute A teilweise aufgelöst. 751. Die Klägerin ist zu Unrecht der Auffassung, dass die Einspruchsentscheidung des Beklagten bereits insofern rechtswidrig sei, als der Beklagte zu dem Zeitpunkt, zu welchem die Einspruchsentscheidung ergangen sei, nicht mehr die zur Entscheidung über den Einspruch berufene Behörde gewesen sei. 76Nach § 127 AO kann im Verwaltungsverfahren die Aufhebung eines nicht nach § 125 AO nichtigen Verwaltungsakts, der unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, nicht begehrt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. In dieser Regelung kommt nach ständiger Rechtsprechung des BFH zum Ausdruck, dass Verfahrensfehler im Verwaltungsverfahren ein geringeres Gewicht haben als sachlich-rechtliche Mängel und dass eine unnötige Wiederholung des Verwaltungsverfahrens vermieden werden soll (BFH-Urteil vom 22.9.1983 IV R 109/83, BFHE 140, 132, BStBl II 1984, 342). 77Für das steuergerichtliche Verfahren bedeutet § 127 AO, dass das Finanzgericht einen Verwaltungsakt nicht allein wegen der örtlichen Unzuständigkeit des Finanzamtes aufheben darf, sondern auch feststellen muss, ob materiell-rechtlich eine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Das gilt nur dann nicht, wenn Ermessenshandlungen i.S. von § 102 FGO und gerichtlich nicht nachprüfbare Beurteilungsspielräume streitig sind (BFH-Urteil vom 25.11.1988 III R 264/83, BFH/NV 1989, 690 m. w. N.). 78Im anhängigen Verfahren streiten die Beteiligten über die Auslegung des § 6a EStG und somit weder um Ermessenshandlungen i.S. von § 102 FGO noch um gerichtlich nicht nachprüfbare Beurteilungsspielräume, so dass der angefochtene Steuerbescheid nicht allein wegen der örtlichen Unzuständigkeit des Finanzamtes aufzuheben ist. 792. Der Beklagte hat zu Recht die bei der A GmbH gebildeten Pensionsrückstellung für die Altersversorgung der Eheleute A aufgelöst. 80Gemäß § 6a Abs. 1 EStG i.V. m. § 8 Abs. 1 KStG darf für eine Pensionsverpflichtung eine Rückstellung (Pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG), die Pensionszusage keinen Vorbehalt hinsichtlich der Minderung oder des Entzugs der Pensionsanwartschaft oder -leistung enthält (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG) und die Pensionszusage schriftlich erteilt ist und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthält (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG). 81Das Erfordernis der inhaltlichen Konkretisierung der Pensionszusage in § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG ist durch das Steueränderungsgesetz 2001 (StÄndG 2001) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) in den Gesetzestext aufgenommen worden. Im Bericht des Finanzausschusses wird die Änderung des § 6a EStG durch das Steueränderungsgesetz 2001 damit begründet, dass in der praktischen Anwendung dieser Vorschrift Zweifel aufgetreten seien, welchen Inhalt die Pensionszusage haben müsse. Die Vereinbarung müsse aus Gründen der Rechtsklarheit neben dem Zusagezeitpunkt eindeutige und präzise Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten. Dies werde durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung klargestellt (BT-Drs. 14/7341 S. 10). 82Nach Auffassung des Senates müssen die Bemessungsgrundlagen für die Versorgungsleistungen in der Versorgungszusage so genau angegeben werden, dass die Höhe der Altersrente, der Invalidenrente und der Hinterbliebenenversorgung eindeutig bestimmbar ist (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.11.2013 6 K 4199/11 K, F, EFG 2014, 523). 83Im Streitfall ist die Höhe der Altersrente, der Invalidenrente und der Hinterbliebenenversorgung nicht eindeutig bestimmbar. Es wurde nur vereinbart, dass die Rente aus den Rückstellungsbeträgen in Höhe von 647.158 € für Frau A und in Höhe von 1.267.777 € für Herrn A retrograd zu ermitteln ist. Allein aufgrund dieser Angaben sind die Versorgungsleistungen jedoch nicht eindeutig ermittelbar. 84Bezeichnend ist, dass die Versicherungsmathematikerin in ihrem Gutachten vom 10. Dezember 2007 unter Berücksichtigung der „Richttafeln“ von Dr. ... aus dem Jahr 1998 mit einem Rechnungszins von 6 Prozent und einer garantierten Anpassung der laufenden Rente von 3 Prozent eine monatliche Alters- und Invalidenrente für Frau A in Höhe von 9.338 € und für Herrn A in Höhe von 15.338 € ermittelt hat und in ihrem Gutachten vom 11.03.2012 ebenfalls unter Berücksichtigung der „Richttafel“ von Dr. ... aus dem Jahre 1998 mit einem Rechnungszins von 6 Prozent und einer garantierten Anpassung der laufenden Rente von 3 Prozent eine Altersrente von Frau A in Höhe von 3.499,35 € und für Herrn A eine Altersrente in Höhe von 6.916,25 € errechnet hat. 85Außerdem ergibt sich aus dem Gesellschafterbeschluss vom 20. Dezember 2002 und der entsprechenden Ergänzungen der Pensionsvereinbarungen nicht eindeutig, dass überhaupt ein Rechnungszins und wenn ja in welcher Höhe zu berücksichtigen ist. Man kann den Gesellschafterbeschluss vom 20. Dezember 2002 auch so verstehen, dass die dort als Ausgangsbeträge für die retrograd zu ermittelnden Versorgungsleistungen angegebenen Beträge als Festbeträge zu verstehen sind, die nicht um irgendwelche Zinsen zu erhöhen sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es ohne Bedeutung, ob der Rechnungszinsfuß von 6 % der versicherungsmathematischen Verkehrssitte entspricht, wie die Klägerin behauptet. Denn entscheidend ist, ob die Beträge von 647.158 € für Frau A und in Höhe von 1.267.777 € für Herrn A überhaupt um Zinsen erhöht und wenn ja welche Erträge die Gesellschaft noch erwirtschaften kann und ob diese Beträge ganz oder nur teilweise für Versorgungsleistungen zur Verfügung stehen sollen. Die Antworten auf diese Fragen lassen sich dem Gesellschafterbeschluss vom 20. Dezember 2002 nicht hinreichend eindeutig entnehmen. 86Außerdem wäre es notwendig gewesen, zu regeln, welche Lebenserwartung bei der retrograden Rentenberechnung zu berücksichtigen ist. Denn wenn man den zu verrentenden Betrag festlegt, stellt sich die Frage, wie man berücksichtigt, dass die statistische Lebenserwartung nicht unbedingt der tatsächlichen entspricht. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es nicht so, dass es der Verkehrssitte entspricht, dass bei Verrentung von Festbeträgen immer die Richttafeln von Heubeck zugrunde zu legen sind. Im Streitfall könnte man auch die Periodensterbetafeln für Deutschland des Statistischen Bundesamtes oder die Sterbetafel für Lebensversicherungen der Deutschen Aktuarvereinigung e. V. gegebenenfalls unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages zu Grunde legen. Wenn man erreichen will, dass die Beträge in Höhe von 647.158 € für Frau A und in Höhe von 1.267.777 € für Herrn A ausreichen, um eine lebenslange Versorgung sicherzustellen und so lässt sich die Aussage des Gesellschafterbeschlusses, um eine Finanzierbarkeit der Pensionszusagen weiterhin zu gewährleisten, werden die Pensionszusagen zugunsten von Frau A und Herrn A geändert, verstehen, hätte sich ein Sicherheitszuschlag bezüglich der Lebenserwartung aufgedrängt, da statistische Daten zwar für hinreichend große Personengruppen aber nicht für Einzelpersonen Aussagekraft haben. 87Soweit die Klägerin sich auf das BFH-Urteil vom 22.10.1998 (I R 29/98, HFR 1999, 558) beruft, nachdem die Mehrdeutigkeit einer Pensionszusage es nicht ausschließt, ihren Inhalt durch Auslegung oder Beweiserhebung zweifelsfrei zu ermitteln, übersieht sie, dass dieses Urteil sich nicht auf die Neufassung des § 6a EStG bezieht, sondern auf die Anwendung der Grundsätze über verdeckte Gewinnausschüttungen. Im Übrigen lässt sich ein eindeutigen Inhalt des Gesellschafterbeschlusses vom 20. Dezember 2002 im Streitfall – wie oben bereits dargelegt – nicht durch Auslegung ermitteln. Das Urteil des FG Hannover vom 28.2.2002 (6 K 256/99, EFG 2002, 1021) wurde durch das BFH-Urteil vom 22.10.2002 (I R 37/02, BFHE 204, 96, BStBl II 2004, 121) aufgehoben und bezieht sich auch auf die Zeit vor Änderung des § 6a EStG. Das Gleiche gilt für die anderen von der Klägerin zitierten Urteile. 88Zu Unrecht ist die Klägerin auch der Auffassung, dass, wenn der Beschluss vom 20. Dezember 2002 und die entsprechenden Vertragsänderungen nicht hinreichend eindeutig seien, die ursprüngliche Pensionsvereinbarung bis zum heutigen Tag weiterhin gültig sei. Denn sowohl aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 2002 als auch aus den Ergänzungen zu den Pensionsvereinbarungen vom 20. Dezember 2002 ergibt sich eindeutig, dass die ursprünglichen Pensionszusagen nicht mehr gelten sollten und durch eine neue Pensionszusage ersetzt wurden. Die zivilrechtliche Aufhebung bzw. Änderung der ursprünglichen Pensionszusage durch die Vereinbarungen vom 20. Dezember 2002 ist unabhängig davon, ob die Pensionszusage vom 20. Dezember 2002 den Anforderungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG genügt. Zivilrechtlich führt die Mehrdeutigkeit der Pensionsvereinbarungen vom 20. Dezember 2002 nicht zu einer Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung. 893. Zu Unrecht hat der Beklagte die bei der B GmbH gebildeten Pensionsrückstellungen wegen einer sog. Überversorgung der Eheleute A teilweise aufgelöst. 90Gemäß § 6a Abs. 1 EStG darf für Pensionsverpflichtungen eine steuerwirksame Rückstellung gebildet werden, sofern die in § 6a EStG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Rückstellung ist höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung anzusetzen (§ 6a Abs. 3 Satz 1 EStG). Nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG sind Erhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfanges ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwertes der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind. Diese Regelungslage lässt sich durch eine entsprechende Höherbemessung der Versorgung nicht umgehen. 91Der Bundesfinanzhof sieht in einer Vorwegnahme künftiger Entwicklungen in Gestalt ansteigender säkularer Einkommenstrends eine Überversorgung, die zur Kürzung der Pensionsrückstellung führt, und zwar typisierend dann, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.H. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt (BFH-Urteil vom 31.3.2004, I R 70/03, BFHE 206, 37, BStBl II 2004, 937). Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, stellt der BFH zur Prüfung einer möglichen Überversorgung ausdrücklich auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Begünstigten im jeweiligen Wirtschaftsjahr tatsächlich erbrachten Arbeitsentgelte ab (gemäß BFH-Urteil vom 27.3.2012, I R 56/11, BFHE 236, 74, BStBl II 2012, 665 ständige Rechtsprechung). 92Wenn es jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten, für die spricht, dass das am Bilanzstichtag für den Monat Dezember zugesagte Gehalt auch das für die Zukunft geltende Gehalt ist, nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, auf die bis zum 31.12.2003 tatsächlich bezogenen Aktivbezüge des Wirtschaftsjahres 2003 ankommt, liegt im Streitfall keine Überversorgung vor. Ausweislich des Pensionsgutachtens des Aktuar ... betragen die vorausberechneten monatlichen Rentenzahlung zum 31.12.2003 an Herrn A 8.313,73 € (x 12 = 99.764 €), während die vorausberechneten monatlichen Rentenzahlung an Frau A 9.410,13 € (x 12 = 112.921 €) betragen. Ausweislich der Gehaltsabrechnungen der Eheleute A für Dezember 2003 hat Herr A in 2003 Aktivbezüge in Höhe von 168.833 € (davon 75 Prozent = 126.624 €) und Frau A in Höhe von 192.235 € (davon 75 Prozent = 144.176 €) gehabt. Anhaltspunkte dafür, dass die Eheleute A, für die keine Sozialversicherungsbeiträge einbehalten wurden, Sozialversicherungsrenten zu erwarten hatten, liegen nicht vor (vgl. auch Blatt 122 R Band IV der BP-Handakte B GmbH). Eine Überschreitung der 75 Prozent Grenze liegt somit nicht vor. 93Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). 94Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. 95Die Übertragung der Steuerberechnung auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. 96Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
der körperschaftsteuerbescheid für 2003 vom 23.8.2011 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 21.11.2013 wird insoweit geändert, dass die körperschaftsteuer unter berücksichtigung der verdeckten gewinnausschüttungen (vga) bezüglich der bezüge der eheleute a für ihre tätigkeit bei der a gmbh in der form der einigung (vga statt 237.245 € nur noch 124.145 €) und eines um 927.561 € und um die verdeckten gewinnausschüttungen bezüglich der bezüge der eheleute a für ihre tätigkeit bei der b gmbh in form der einigung (vga statt 238.090 € nur noch 114.671 €) verminderten organeinkommens der b gmbh ermittelt wird. im übrigen wird die klage abgewiesen. die berechnung der festzusetzenden steuer wird dem beklagten übertragen. die revision wird zugelassen. die beteiligten tragen die kosten des verfahrens zu je 1/2. die hinzuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren wird für notwendig erklärt. 1
2streitig ist, ob bei der rechtsvorgängerin der klägerin, der firma a gmbh seitens des beklagten zu recht pensionsrückstellungen in höhe von 889.387 € in 2003 gewinnerhöhend aufgelöst wurden, weil die geänderten pensionszusagen inhaltlich nicht eindeutig waren, und ob der beklagte zu recht bei der rechtsvorgängerin der klägerin, der firma b … gmbh (im weiteren b gmbh), pensionsrückstellungen in höhe von 927.561 € in 2003 gewinnerhöhend aufgelöst hat, weil eine sog. überversorgung vorliegt. 3bezüglich der frage, ob der beklagte zu recht bei den rechtsvorgängerinnen der klägerin der a gmbh und der b gmbh wegen überhöhter gehälter von herrn a und von frau a verdeckte gewinnausschüttungen einkommenserhöhend berücksichtigt hat, haben die beteiligten sich in der mündlichen verhandlung geeinigt. 4die klägerin ist gesamtrechtsnachfolgerin der a gmbh und der b gmbh, da die gmbhs auf die klägerin verschmolzen worden sind. 5sachverhalt bezüglich der a gmbh 6an der im jahr 1981 gegründeten a gmbh waren bis zum zeitpunkt der verschmelzung herr a zu 68 % und frau a zu 32 % beteiligt. gegenstand des unternehmens war der handel mit industriegütern. geschäftsführer der a gmbh war herr a. frau a war als prokuristin für die a gmbh tätig. zwischen der a gmbh als organträger und der b gmbh als organgesellschaft bestand bis zum 31.12.2003 ein organschaftsverhältnis. 7die a gmbh gewährte herrn a durch pensionsvereinbarung vom 30.12.1982 eine alters-, invaliden- und hinterbliebenenversorgung. gemäß § 3 der pensionsvereinbarung erhält herr a nach vollendetem 65. lebensjahr eine lebenslängliche altersrente in höhe von 60 v. h. des rentenfähigen einkommens. als rentenfähiges einkommen gilt gemäß § 2 der pensionsvereinbarung das in den letzten 12 monaten vor eintritt des versorgungsfalles erzielte monatliche durchschnittseinkommen, das sich aus dem bruttogehalt zusammensetzt. unter § 11 (vorbehalte) heißt es: die gesellschaft behält sich vor, die zugesagten leistungen zu kürzen, zu unterbrechen oder einzustellen, wenn ihre wirtschaftliche lage sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihr eine aufrechterhaltung der zugesagten leistungen nicht mehr zugemutet werden kann. wegen der weiteren einzelheiten der pensionsvereinbarung wird auf band iii der betriebsprüfungshandakt der a gmbh, blatt 108 ff., bezug genommen. 8gemäß dem protokoll über die gesellschafterversammlung der a gmbh vom 27. märz 1997 wurde beschlossen, dass bei eintritt des versorgungsfalles die zu zahlende rente um 3 % per annum erhöht wird. wegen der einzelheiten des protokolls wird auf band iii der betriebsprüfungsakte der a gmbh, blatt 106, bezug genommen. 9gemäß dem protokoll über die gesellschafterversammlung vom 20. dezember 2002 der a gmbh wurde „aufgrund der erweislich anhaltenden verschlechterung der ertragslage der a gmbh“ u. a. beschlossen: 10„1.) es wird festgestellt, dass die pensionsrückstellungen aufgrund der erteilten pensionszusagen im jahresabschluss der a gmbh zum 31.12.2002 in folgender höhe zu dotieren sind: 11frau a euro 647.158 12herr a euro 1.297.777. 132.) nach § 3 ziffer 2 des jeweiligen pensionsvertrages zugunsten herrn a und frau a soll die altersrente zugunsten herrn a 75 v. h. des rentenfähigen einkommens gemäß § 2 des pensionsvertrages betragen, die altersrente von frau a soll 60 v. h. des rentenfähigen einkommens gemäß § 2 des pensionsvertrages betragen. § 2 lautet in beiden fällen: „als rentenfähiges einkommen gilt das in den letzten 12 monaten vor eintritt des versorgungsfalles erzielte monatliche durchschnittseinkommen, das sich aus dem bruttogehalt zusammensetzt“. 14des weiteren sieht die pensionszusage zugunsten von herrn a vor, dass das rentenfähige einkommen auf dm 600.000,00 (euro 306.775,12) begrenzt ist. 15um eine finanzierbarkeit der pensionszusagen weiterhin zu gewährleisten, werden die pensionszusagen zugunsten von frau a und herrn a geändert. 16bemessungsgrundlage für die monatliche rente ist ab dem 01.01.2003 die im jahresabschluss der a gmbh zum 31.12.2002 zu bildende rückstellung, die sich nach ursprünglichem pensionsvertrag per 31.12.2002 wie folgt ergibt: 17frau a euro 647.158 18herr a euro 1.297.777. 19von den genannten rückstellungsbeträgen ist die rente folglich retrograd zu ermitteln.“ 20wegen der weiteren einzelheiten des protokolls über die gesellschafterversammlung vom 20. dezember 2002 wird auf band iii, seite 105, der betriebsprüfungsakte a gmbh bezug genommen. 21der inhalt des beschlusses der gesellschafterversammlung wurde sowohl für herrn a als auch für frau a auch als „ergänzung zur pensionsvereinbarung“ zwischen den betroffenen und der a gmbh am 22.12.2002 vereinbart. 22nach dem versicherungsmathematischen gutachten zu den stichtagen 31. dezember 2003 bis 31. dezember 2006 von frau ... vom 10. dezember 2007 ergibt sich bei einer retrograd aus der pensionsrückstellung zum stichtag 31.12.2002 ermittelten monatlichen alters- und invalidenrente für frau a eine rente in höhe von 9.338,92 € und für herrn a in höhe von 15.338,76 €. rechnungsgrundlagen für diese umrechnung bildeten die zum 31.12.2002 gültigen „richttafeln“ von dr. ... aus dem jahre 1998 mit einem rechnungszins von 6 % und einer garantierten anpassung der laufenden rente von 3 % per annum. 23im jahr 2009 wurde bei der a gmbh eine betriebsprüfung durchgeführt. die betriebsprüfung vertrat die auffassung, dass ein ordentlicher und gewissenhafter geschäftsleiter nicht bereit gewesen wäre, für die bezahlung ihres noch so leistungsfähigen geschäftsführers den gewinn des unternehmens fast vollständig zu opfern oder sogar verluste in kauf zu nehmen. ab 01.07.2003 sei das monatliche gehalt von herrn a von 28.928,89 € auf 1.500,00 € und das gehalt von frau a von 13.112,08 € auf 1.000,00 € herabgesetzt worden. die betriebsprüfung vertrat die auffassung, dass das herabgesetzte gehalt das angemessene gehalt für das gesamte jahr sei. 24bezüglich der rückstellungen für pensionsverpflichtungen in höhe von 2.090.495,00 € vertrat der fachprüfer für die betriebliche altersversorgung die auffassung, dass die rückstellung in vollem umfang aufzulösen sei. er begründet dies damit, dass eine pensionsrückstellung seit der in 2001 erfolgten änderung des § 6 a estg unter anderem nur dann gebildet werden dürfe, wenn die zugrunde liegende pensionszusage schriftlich erteilt worden sei und die pensionszusage eindeutige angaben zu art, form, voraussetzungen und höhe der in aussicht gestellten leistungen enthalte. die mit beschluss der gesellschafter-versammlung vom 20.12.2002 vorgenommene änderung der pensionszusagen der eheleute a sei inhaltlich nicht eindeutig. es sei nur geregelt, dass die nunmehrigen monatlichen renten retrograd aus den zum 31.12.2002 passivierten rückstellungen in höhe von 1.297.777,00 € (für herrn a) und in höhe von 647.158,00 € (für frau a) ermittelt werden sollen. wie dies im detail zu geschehen habe (rechnungszinssatz, rechnungsgrundlagen, einbeziehung von diensteintrittszeitpunkten, rentendynamik etc.) führe der beschluss nicht aus. 25ferner weist der prüfer darauf hin, dass den rückstellungsbildungen auf den 31.12.2002 nicht die „ursprünglichen“ pensionsverträge vom 20.12.1982 und 27.03.1997 zugrunde lägen. die von frau … ermittelten werte beruhten nicht auf dem beschluss der gesellschafterversammlung unmittelbar, sondern auf einer von mehreren möglichen auslegungen des beschlusses. die von frau... ermittelte monatliche rente in höhe von 15.338,76 € bewege sich exakt in dem durch den beschluss der gesellschafterversammlung vom 27.03.1990 vorgegebenen rahmen (600.000,00 dm x 60 % x 12). im endalter von 65 hätten die von frau ... ermittelten renten zu barwerten von 2.878.187,00 € für herrn a und in höhe von 1.727.109,00 € für frau a geführt. eine durch den gesellschafterbeschluss vom 20.12.2002 beabsichtigte „weitere gewährleistung der finanzierbarkeit der pensionszusagen“ sei durch die von ... gewählte auslegung nicht zu erreichen. 26außerdem stelle sich die frage nach der ernsthaftigkeit der pensionszusagen der eheleute a, da die zusageänderungen vom 20.12.2002 über einen zeitraum von mehr als 6 jahren nicht in zutreffender weise bilanziell erfasst worden seien. 27wegen der weiteren einzelheiten der stellungnahme des fachprüfers wird auf die anlage 1 des betriebsprüfungsberichtes für die a gmbh vom 08.10.2010 (blatt 220 bd. der betriebsprüfungsakte der a gmbh) bezug genommen. 28sachverhalt bezüglich der b gmbh 29an der im jahr 1988 gegründeten b gmbh waren bis zum zeitpunkt der verschmelzung herr a zu 40 prozent und die a gmbh zu 60 prozent beteiligt. gegenstand des unternehmens war der export von kraftfahrzeugteilen. frau a war geschäftsführerin der b gmbh. herr a war als bevollmächtigter für die gesellschaft tätig. 30frau a wurde durch pensionsvertrag vom 20.12.1996 eine alters-, invaliden- und hinterbliebenenversorgung zugesagt. gemäß § 3 nr. 2 des pensionsvertrages beträgt die altersrente 65 % des rentenfähigen einkommens, das als die summe der letzten 14 bruttomonatsgehälter vor eintritt des versorgungsfalls definiert wird. wegen der weiteren einzelheiten des pensionsvertrages wird auf blatt 18 ff der betriebsprüfungsakte bd. iii der b gmbh bezug genommen. 31gemäß pensionsvertrag vom 20. dezember 1996 wurde herrn a eine alters-, invaliden- und hinterbliebenenversorgung zugesagt. die jährliche altersrente betrug 65 prozent des rentenfähigen einkommens, das als die summe der letzten 14 bruttomonatsgehälter vor eintritt des versorgungsfalls definiert wurde. wegen der weiteren einzelheiten des pensionsvertrages wird auf blatt 38, band iii, der betriebsprüfungsakte der b gmbh bezug genommen. 32gemäß dem anstellungsvertrag zwischen der b gmbh und frau a vom 20.03.1988 wurde frau a mit wirkung zum 01.04.1988 als geschäftsführerin der gmbh angestellt. gemäß dem protokoll über die gesellschafterversammlung vom 29. oktober 2003 wurde das gehalt von frau a ab dem 1.11.2003 von 16.412 € auf 2.865,00 € pro monat herabgesetzt. 33gemäß dem anstellungsvertrag zwischen der b gmbh und herrn a vom 31.03.1988 wurde herr a als bevollmächtigter angestellt, der die gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt, die geschäfte führt und zusammen mit dem geschäftsführer die verantwortliche leitung des gesamten geschäftsbetriebes hat. gemäß dem protokoll über die gesellschafterversammlung vom 29. oktober 2003 wurde das gehalt von herrn a ab dem 1.11.2003 von 12.424 € auf 2.162,00 € pro monat herabgesetzt. 34bei der b gmbh wurde beginnend im jahr 2009 eine betriebsprüfung unter anderem für die körperschaftssteuer 2003 bis 2005 durchgeführt. bei dieser betriebsprüfung wurde unter anderem festgestellt, dass die bereits vom veranlagungsbezirk wegen unangemessen hoher gehaltszahlungen für das jahr 2003 angenommene verdeckte gewinnausschüttung in höhe von 238.090,00 € zu recht bei der steuerfestsetzung berücksichtigt worden sei. wegen der weiteren einzelheiten des betriebsprüfungsberichtes vom 08.10.2010 wird auf blatt 162 ff. der betriebsprüfungsakte band iv der b gmbh bezug genommen. 35gemäß dem bericht über die steuerliche behandlung der mit der betrieblichen altersversorgung zusammenhängenden sachverhalte vom 09.04.2010 vertrat der fachprüfer die auffassung, dass zum 31.12.2003 die rückstellungen aufgrund der überversorgungsgrundsätze teilweise aufzulösen seien. nach absenkung der bezüge ab dem 01.11.2003 hätten die von frau ... ermittelten pensionen von 8.313,74 € für herrn a und 9.412,66 € für frau a über 380 prozent (herr a) bzw. über 325 prozent (frau a) des barlohns betragen. derartige prozentsätze seien nicht fremdüblich und auch nicht betrieblich veranlasst. unter berücksichtigung der ab dem 01.11.2003 geltenden bezüge ergäben sich maximal folgende pensionsbeträge: 36für herrn a 33.775,00 €, 37für frau a 25.785,00 €. 38demnach seien folgende pensionsrückstellungen zum 31.12.2003 zu bilden: 39für herrn a 225.151,00 €. 40für frau a 144.255,00 €. 41die anpassung der pensionsrückstellungen führt zu einer gewinnerhöhung für 2003 in höhe von 927.561,00 €. wegen der weiteren einzelheiten der ausführungen des fachprüfers wird auf blatt 121 ff. der betriebsprüfungsakte band iv der b gmbh bezug genommen. 42aufgrund der ergebnisse der betriebsprüfungen erließ der beklagte am 23.08.2011 gegenüber der klägerin als gesamtrechtsnachfolgerin der firma a gmbh einen gemäß § 164 abs. 2 ao geänderten körperschaftsteuerbescheid, mit dem die körperschaftsteuer auf 635.306,00 € festgesetzt wurde. dabei wurde ein steuerbilanzgewinn in höhe von 1.510.925,00 €, verdeckte gewinnausschüttungen in höhe von 476.028,00 € und ein zuzurechnenden einkommen der organgesellschaft in höhe von 936.576,00 € berücksichtigt. 43gegen diesen bescheid legte die klägerin fristgerecht einspruch ein. 44im einspruchsverfahren reichte die klägerin ein neues versicherungsmathematisches gutachten von frau... vom 11. märz 2012 ein, in dem ... die monatliche altersrente von frau a aufgrund der pensionsvereinbarung mit der a gmbh auf 3.499,35 € und die monatliche rente des herrn a auf 6.916,25 € berechnet. die retrograde berechnung der pension erfolgte jeweils auf basis der barwertfaktoren für eine ab alter 65 lebenslänglich zahlbare altersrente inklusiv einer witwen/witwerrente in höhe von 60 prozent der altersrente. rechnungsgrundlagen für diese umrechnung bilden die zum 31.12.2002 gültigen „richttafeln“ von dr. ... aus dem jahre 1998 mit einem rechnungszins von 6 prozent und einer garantierten anpassung der laufenden rente von 3 prozent per anno. die pensionsrückstellung zum 31.12.2003 berechnete frau... auf 889.387,00 €, was zu einer auflösung der bisherigen pensionsrückstellung in höhe 1.055.548,00 € führt. wegen der einzelheiten des versicherungsmathematischen gutachtens von frau ... wird auf die körperschaftsteuerakte der a gmbh bezug genommen. 45außerdem reichte die klägerin eine berichtigte bilanz zum 31.12.2003 ein, in der rückstellung für pension ähnliche verpflichtungen in höhe von 889.387,00 € enthalten sind. die berichtigte gewinn- und verlustrechnung für 2003 führt zu einem jahresüberschuss in höhe von 457.382,00 € aufgrund der erhöhung der sonstigen betrieblichen erträge auf 1.166.659,00 €. 46durch einspruchsentscheidung vom 21.11. 2013 wurde der einspruch als unbegründet zurückgewiesen. 47die klägerin hat am 23.12.2013 klage erhoben. 48zur begründung der klage beruf sich die klägerin unter anderem auf folgendes: 49auflösung der bei der a gmbh gebildeten pensionsrückstellungen 50im april 2012 habe die klägerin eine berichtigte bilanz für 2003 eingereicht. die berichtigung der bilanz sei erforderlich gewesen, weil die bilanz hinsichtlich der pensionsrückstellung nicht mit § 6a estg in einklang gestanden habe und deshalb unrichtig gewesen sei. die pensionsrückstellungen für die eheleute a seien gemessen an den jeweils mit beschluss vom 20.12.2002 herbeigeführten änderungen zu hoch gewesen. in der ursprünglichen bilanz auf den 31.12.2003 sei eine rückstellung für pensionen in höhe von insgesamt 1.944.935,00 € ausgewiesen worden. nach den der klägerin im jahr 2012 vorgelegten versicherungsmathematischen berechnungen betrage die rückstellung für die pensionsverpflichtungen zum 31.12.2003 nur 889.387,00 €. aus dem beschluss vom 20.12.2002 ergebe sich, dass es wunsch der an dem beschluss beteiligten gewesen, die rentenbezüge des herrn a der höhe nach auf den betrag zu begrenzen, der sich bei einer verrentung eines betrages in höhe von 1.297.777,00 € ergebe. die verrentung dieses betrages, also gewissermaßen die auszahlung der rentenbeträge „aus“ diesem betrag sollte dabei erst mit dem zeitpunkt der rentenfälligkeit, also erst mit eintritt des versorgungsfalls erfolgen. dies werde daran deutlich, dass sich in dem änderungsbeschluss vom 20.12.2002 keine – gegenüber der ursprünglichen pensionszusage – abweichende bestimmung des zeitpunkts des eintritts des versorgungsfalles finde. im ergebnis habe der beschluss vom 20.12.2002 die wirkung gehabt, dass die rentenanwartschaft der eheleute a auf der höhe eingefroren worden sei, die sich bei einer verrentung des per 31.12.2002 bestehenden rückstellungsbetrages ergebe. der per 31.12.2002 für beide eheleute bereits „angesparte“ betrag als zu verrentender betrag habe erst im jahr der rentenbezugsfälligkeit (2015 aus der sicht des herrn a; 2018 aus der sicht der frau a) vorhanden sein sollen, weshalb der angesparte betrag gewissermaßen in die zukunft projiziert worden sei. die bilanzielle abbildung des in dem änderungsbeschluss zum ausdruck kommenden willens zur änderung der pensionszusage sei im rahmen der aufstellung der ursprünglichen bilanz für das jahr 2003 insofern unrichtig erfolgt, als dass die gesellschaft der durch den versicherungsmathematiker erteilten auskunft entsprechend davon ausgegangen sei, dass man den per 31.12.2002 gebildeten rückstellungsbetrag bis zum zeitpunkt des eintritts des versorgungsfalls unverändert fortführen könne. beabsichtigt gewesen sei deshalb ursprünglich, den genannten rückstellungsbetrag bis einschließlich des jahres 2015 bzw. bis zum jahre 2018 unverändert in die jeweilige bilanz einzustellen. da dem versicherungsmathematiker eben dieses vorhaben so auch mitgeteilt worden sei, sei auch das entsprechende versicherungsmathematische gutachten zu den ursprünglichen bilanzen entsprechend ausgefallen. in diesem zusammenhang sei besonders zu beachten, dass der versicherungsmathematiker bei der erstellung seines gutachtens davon ausgegangen sei, dass aufgrund der „festschreibung“ des rückstellungsbetrages per 31.12.2002 die den eheleuten a ab dem zeitpunkt des eintritts des versorgungsfalls zufließenden versorgungsbeträge kontinuierlich von jahr zu jahr sinken würden. dieses versicherungsmathematische ergebnis finde jedoch keine stütze im wortlaut des änderungsbeschlusses vom 20.12.2002. die in den im jahr 2012 vorgelegten berichtigten bilanzen ausgewiesenen pensionsrückstellungen trügen dem umstand rechnung, dass das zur verrentung zur verfügung stehende kapital erst in den jahren des eintritts des versorgungsfalls zur verfügung stehen solle und dem umstand, dass die höhe der den berechtigten zu gewährenden versorgungsleistungen während des gesamten bezugszeitraums unverändert bleibe. 51zu unrecht sei der beklagte der auffassung, dass die pensionszusage in form des änderungsbeschlusses vom 20.12.2002 nicht eindeutig sei, weil im änderungsbeschluss der rechnungszinssatz, die rechnungsgrundlagen, die einbeziehung von diensteintrittszeitpunkten, die rentendynamik etc. nicht ausdrücklich angesprochen werde. aus dem bfh-urteil vom 24.03.1999, i r 29/98, und dem urteil des niedersächsischen finanzgerichts vom 28.02.2002, 6 k 256/99, efg 2002, 1021 ergebe sich, dass der rechnungszinsfuß nicht schriftlich fixiert werden müsse. sowohl der bfh als auch finanzgerichte gingen davon aus, dass die notwendige eindeutigkeit der pensionszusage auch durch auslegung erreicht werden könne (fg baden-württemberg, urteil vom 08.12.2011, 3 k 4318/08; bfh-urteil vom 12.10.2010 i r 17, 18/10). 52hinsichtlich der in rede stehenden pensionszusagen sei es aus zweierlei gesichtspunkten für die ermittlung der in aussicht gestellten leistungen nicht erforderlich gewesen, den rechnungszinssatz etc. im beschluss vom 20.12.2002 anzugeben. zum einen deshalb, weil es sich bei dem in rede stehenden beschluss nur um einen änderungsbeschluss handele. die alte zusage habe hinsichtlich des anzuwendenden rechnungszinssatzes, hinsichtlich der rechnungsgrundlagen, hinsichtlich der einbeziehung von diensteintrittszeitpunkten sowie hinsichtlich der rentendynamik weiter gelten sollen. zum anderen könne im wege der auslegung des beschlusses die durch § 6a abs. 1 nr. 3 estg geforderte eindeutigkeit erreicht werden. die erforderliche auslegung des beschlusses vom 20.12.2002 hätte es erforderlich gemacht, der frage nachzugehen, welche vorgaben die gesellschaft der versicherungsmathematikerin für die berechnung der pensionsrückstellungen gemacht habe (bfh-beschluss vom 24.03.1999, i s 8/98, bfh/nv 1999, 1643). 53die nichtbenennung des rechnungszinsfußes und der biometrischen vorhaben sei bereits deshalb unschädlich, weil die verwendung des rechnungszinsfußes und der biometrischen vorgaben ohnehin der versicherungsmathematischen verkehrssitte entsprochen habe und deshalb die ausdrückliche benennung überflüssig gewesen sei (bfh-beschluss vom 08.12.2004, i b 125/04, bfh/nv 2005, 1036). hinsichtlich des rechnungszinsfußes könne für eine einheitliche handhabung der umstand sprechen, dass für steuerliche zwecke ein zinsfuß von 6 v. h. gesetzlich vorgeschrieben sei (§ 6 a abs. 3 satz 3 estg) und dieser satz auch von dem im streitfall eingeschalteten versicherungsmathematiker gewählt worden sei (bfh-urteil, bfhe 189, 45, bstbl ii 2001, 612). dies gelte unbeschadet dessen, dass aus handelsrechtlicher sicht auch der ansatz eines niedrigeren zinssatzes in betracht komme (institut der wirtschaftsprüfer, stellungnahme des hauptfachausschusses 2/1988, die wirtschaftsprüfung 1988, 403, 404). zur auswahl der anzusetzenden biometrischen faktoren könnte sich eine vergleichbare wirkung daraus ergeben, dass die versicherungsmathematische praxis insoweit in aller regel bis 1998 auf die richttafel von … zurückgegriffen habe (bfh-urteil vom 27.07.1994, ii r 122/91, bfe 175, 384, bstbl ii 1995, 14). hierfür spreche auch, dass der gesetzgeber regelungen zum übergang von der „alten“ auf die „neue“ tafel in § 6a abs. 4 satz 2 estg und § 52 abs. 17 estg getroffen habe. 54außerdem sei die annahme des beklagten, dass die unwirksamkeit der änderung des zwischen der gesellschaft und dem gesellschafter bestehenden pensionsvertrages dazu geführt habe, dass hierdurch gleichzeitig auch der pensionsvertrag selbst „terminiert“ worden sei, rechtssystematisch unhaltbar. bei unterstellter unwirksamkeit des änderungsbeschlusses sei die intendierte vertragsänderung gerade nicht wirksam geworden und habe deshalb auch keine auswirkung auf die bestehende pensionsvereinbarungen gehabt. die ursprüngliche pensionsvereinbarung sei damit weiterhin gültig bis zum heutigen tag. 55ferner ist die klägerin der auffassung, dass die pensionsrückstellungen nicht aufgrund des eintretens einer überversorgungssituation zu kürzen seien. zu unrecht berufe sich der beklagte auf das bmf-schreiben vom 03.11.2004, bstbl i 2004, 1045. denn die 75-prozent-rechtsprechung des bfh sei nur auf festbetragsrenten anwendbar. der bfh nehme typisierend an, dass zukünftige lohnentwicklungen in der pensionsrückstellung bzw. der pensionszusage vorweggenommen werden, wenn die versorgungsanwartschaft (pensionszusage) zusammen mit der rentenanwartschaft aus der gesetzlichen rentenversicherung 75 % der letzten aktivbezüge übersteige. zwischen den eheleuten a und er a gmbh sei jedoch zu keinem zeitpunkt eine festbetragsrente vereinbart worden. aus dem umstand, dass sich aufgrund versicherungsmathematischer berechnungen für die zukünftigen rentenbezüge mathematisch fixe beträge ergeben, folgere der beklagte zu unrecht, dass es sich um festbetragsrenten handele. 56in der ursprungspensionszusage vom 30.12.1982 heiße es: „die altersrente betrage 60 v. h. des rentenfähigen einkommens gemäß § 2“. an der umstellung der gehaltsabhängigen versorgungszusage habe sich nichts geändert. ein entsprechender gesellschafterbeschluss existiere nicht, weil eine solche umstellung der zusage zu keinem zeitpunkt gewollt gewesen sei. im änderungsbeschluss vom 20.12.2002 finde sich kein hinweis darauf, dass die endgehaltsabhängigkeit der zusage modifiziert oder gar aufgehoben worden wäre. die parteien der pensionsvereinbarung hätten zu keinem zeitpunkt beabsichtigt, die endgehaltsabhängigkeit der pensionszusage zu modifizieren oder die zusage auf eine festbetragszusage umzustellen. wenn die höhe der pensionsrückstellung per 31.12.2002 ausweislich des wortlauts des änderungsbeschlusses vom 20.12.2002 die bemessungsgrundlage der zukünftigen versorgungsleistung bilde, dann folge hieraus, dass die höhe der versorgungsleistung des herrn a dann endgehaltsabhängig sei, wenn die höhe der pensionsrückstellung selbst endgehaltsabhängig sei. dass dies wiederum der fall sei, liege deshalb auf der hand, weil die pensionsrückstellung zu sämtlichen bilanzstichtagen seit ihrer erteilung in übereinstimmung mit dem wortlaut der pensionszusage bemessen worden sei und der wortlaut der pensionszusage aus dem jahre 1982 vorsehe, dass herr a einen versorgungsanspruch in höhe von 60 % des rentenfähigen einkommens habe. keinesfalls sei es möglich, aus dem umstand, dass die anwartschaft des herrn a eingefroren worden sei, abzuleiten, dass damit auch der charakter der zusage von einer endgehaltsabhängigen zusage in eine festbetragszusage geändert worden sei. das gleiche gelte für frau a. 57im übrigen liege zum 31.12.2003 auch kein überschreiten der 75 prozent grenze vor. nach der rechtsprechung des bfh sei zu prüfen, ob der jahresbetrag der dem gesellschafter zustehenden versorgungsanwartschaft ihrem betrag nach höher sei, als 75 % des jahresbetrages der per 31.12. des jeweils betrachteten wirtschaftsjahres bezogenen aktivbezüge. die im jahr 2012 beauftragte versicherungsmathematikerin habe in dem neu erstellten gutachten die höhe der rentenzahlungen an herrn a mit 6.916,52 € und der frau a mit 3.499,35 € berechnet. herr a habe in 2003 aktivbezügen in höhe von 314.598,00 € und frau a in höhe von 106.706,00 € erzielt. die 75 prozent grenze sei somit nicht überschritten. zu unrecht habe der fachprüfer nicht auf die gesamtsumme der jahresbezüge zum bilanzstichtag, sondern auf die summe des auf das jahr 2003 hochgerechneten (herabgesetzten) dezembergehaltes der eheleute a abgestellt. 58zu unrecht gehe der beklagte auch davon aus, dass die änderung der erteilten pensionszusage zu einer verdeckten gewinnausschüttung führe. bereits die grundprämisse des beklagten, dass die gehaltsabhängige pension in eine festbetragsrente umgewandelt worden sei, sei – wie bereits dargelegt – unzutreffend. außerdem resultiere aus dem durch die eheleute a ausgesprochenen verzicht die bereits erdiente anwartschaft durch ihre dienste zugunsten der gesellschaft weiter zu erhöhen, ein erhebliches absinken des versorgungsniveaus. 59teilauflösung der per 31.12.2003 bei der b gmbh gebildeten pensionsrückstellungen 60wie auch bei der a gmbh gehe der beklagte zu unrecht vom vorliegen von festbetragsrenten aus. außerdem werde die 75 %-grenze nicht überschritten. ausweislich des pensionsgutachtens des aktuar ... betrage die vorausberechnete monatliche rentenzahlung an herrn a 8.313,73 €, während die vorausberechnete höhe der monatlichen rentenzahlung an frau a 9.410,13 € betrage. ausweislich der gehaltsabrechnungen der eheleute a für dezember 2003 habe herr a in 2003 aktivbezüge in höhe von 168.833,85 € erzielt, wohingegen frau a in 2003 aktivbezüge in höhe von 192.235,34 € erzielt habe. eine überschreitung der 75 prozent grenze liege somit nicht vor. 61ferner ist die klägerin der auffassung, dass die einspruchsentscheidung des beklagten bereits insofern rechtswidrig sei, als der beklagte zu dem zeitpunkt, zu welchem die einspruchsentscheidung ergangen sei, nicht mehr die zur entscheidung über den einspruch berufene behörde gewesen sei. 62bezüglich der angemessenen bezüge der eheleute a bei der b gmbh haben die beteiligten sich in der mündlichen verhandlung darauf geeinigt, dass für das streitjahr bezüge von frau a in höhe von 105.000 € und von herrn a in höhe von 78.750 € angemessen sind. für die vom beklagten angenommene verdeckte gewinnausschüttung bedeutet dies, dass die verdeckte gewinnausschüttung nicht mehr 238.090 €, sondern 114.671 € (128.567 € - 78.750 € = 49.817 € + 169.854 – 105.000 € = 64.854 €) beträgt. 63bezüglich der bezüge der eheleute a bei der a gmbh haben die beteiligten sich in der mündlichen verhandlung darauf geeinigt, dass für das streitjahr bezüge von frau a in höhe von 45.000 € und von herrn a in höhe von 98.000 € angemessenen sind. für die vom beklagten angenommene verdeckte gewinnausschüttung bedeutet dies, dass die verdeckte gewinnausschüttung nicht mehr 237.245 €, sondern 124.145 € (182.573 € - 98.000 € = 84.573 € + 84.672 € – 45.000 € = 39.572 €) beträgt. 64die klägerin beantragt, 65dass die körperschaftsteuer unter berücksichtigung eines um 889.387 € geminderten gewinns der a gmbh und mit berücksichtigung der verdeckten gewinnausschüttungen in der form der einigung sowie eines um 927.561 € und den verdeckten gewinnausschüttungen in form der einigung verminderten organeinkommens der b gmbh ermittelt wird, 66 hilfsweise, die revision zuzulassen, 67 die hinzuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären. 68der beklagte beantragt, 69 die klage abzuweisen, soweit der antrag der klägerin über die einigung bezüglich der beiden verdeckten gewinnausschüttungen hinausgeht, 70 hilfsweise, die revision zuzulassen. 71zur begründung seines antrags wiederholt der beklagte sein vorbringen in der einspruchsentscheidung. ergänzend weist er darauf hin, dass für die steuerliche abwicklung der a gmbh, deren rechtsnachfolgerin die klägerin sei, zuständig bleibe. 72
73die klage ist teilweise begründet. 74bezüglich der angemessenen bezüge der eheleute a bei der a gmbh (vga statt 237.245 € nur noch 124.146 €) und der b gmbh (vga statt 238.090 € nur noch 114.671 €) haben die beteiligten sich in der mündlichen verhandlung geeinigt. der beklagte hat zu recht die bei der a gmbh gebildeten pensionsrückstellung für die altersversorgung der eheleute a aufgelöst. zu unrecht hat der beklagte die bei der b gmbh gebildeten pensionsrückstellungen wegen einer sog. überversorgung der eheleute a teilweise aufgelöst. 751. die klägerin ist zu unrecht der auffassung, dass die einspruchsentscheidung des beklagten bereits insofern rechtswidrig sei, als der beklagte zu dem zeitpunkt, zu welchem die einspruchsentscheidung ergangen sei, nicht mehr die zur entscheidung über den einspruch berufene behörde gewesen sei. 76nach § 127 ao kann im verwaltungsverfahren die aufhebung eines nicht nach § 125 ao nichtigen verwaltungsakts, der unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zustande gekommen ist, nicht begehrt werden, wenn keine andere entscheidung in der sache hätte getroffen werden können. in dieser regelung kommt nach ständiger rechtsprechung des bfh zum ausdruck, dass verfahrensfehler im verwaltungsverfahren ein geringeres gewicht haben als sachlich-rechtliche mängel und dass eine unnötige wiederholung des verwaltungsverfahrens vermieden werden soll (bfh-urteil vom 22.9.1983 iv r 109/83, bfhe 140, 132, bstbl ii 1984, 342). 77für das steuergerichtliche verfahren bedeutet § 127 ao, dass das finanzgericht einen verwaltungsakt nicht allein wegen der örtlichen unzuständigkeit des finanzamtes aufheben darf, sondern auch feststellen muss, ob materiell-rechtlich eine andere entscheidung hätte getroffen werden können. das gilt nur dann nicht, wenn ermessenshandlungen i.s. von § 102 fgo und gerichtlich nicht nachprüfbare beurteilungsspielräume streitig sind (bfh-urteil vom 25.11.1988 iii r 264/83, bfh/nv 1989, 690 m. w. n.). 78im anhängigen verfahren streiten die beteiligten über die auslegung des § 6a estg und somit weder um ermessenshandlungen i.s. von § 102 fgo noch um gerichtlich nicht nachprüfbare beurteilungsspielräume, so dass der angefochtene steuerbescheid nicht allein wegen der örtlichen unzuständigkeit des finanzamtes aufzuheben ist. 792. der beklagte hat zu recht die bei der a gmbh gebildeten pensionsrückstellung für die altersversorgung der eheleute a aufgelöst. 80gemäß § 6a abs. 1 estg i.v. m. § 8 abs. 1 kstg darf für eine pensionsverpflichtung eine rückstellung (pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn der pensionsberechtigte einen rechtsanspruch auf einmalige oder laufende pensionsleistungen hat (§ 6a abs. 1 nr. 1 estg), die pensionszusage keinen vorbehalt hinsichtlich der minderung oder des entzugs der pensionsanwartschaft oder -leistung enthält (§ 6a abs. 1 nr. 2 estg) und die pensionszusage schriftlich erteilt ist und eindeutige angaben zu art, form, voraussetzungen und höhe der in aussicht gestellten künftigen leistungen enthält (§ 6a abs. 1 nr. 3 estg). 81das erfordernis der inhaltlichen konkretisierung der pensionszusage in § 6a abs. 1 nr. 3 estg ist durch das steueränderungsgesetz 2001 (ständg 2001) vom 20. dezember 2001 (bgbl i 2001, 3794, bstbl i 2002, 4) in den gesetzestext aufgenommen worden. im bericht des finanzausschusses wird die änderung des § 6a estg durch das steueränderungsgesetz 2001 damit begründet, dass in der praktischen anwendung dieser vorschrift zweifel aufgetreten seien, welchen inhalt die pensionszusage haben müsse. die vereinbarung müsse aus gründen der rechtsklarheit neben dem zusagezeitpunkt eindeutige und präzise angaben zu art, form, voraussetzungen und höhe der in aussicht gestellten künftigen leistungen enthalten. dies werde durch die vorgeschlagene gesetzesänderung klargestellt (bt-drs. 14/7341 s. 10). 82nach auffassung des senates müssen die bemessungsgrundlagen für die versorgungsleistungen in der versorgungszusage so genau angegeben werden, dass die höhe der altersrente, der invalidenrente und der hinterbliebenenversorgung eindeutig bestimmbar ist (fg düsseldorf, urteil vom 12.11.2013 6 k 4199/11 k, f, efg 2014, 523). 83im streitfall ist die höhe der altersrente, der invalidenrente und der hinterbliebenenversorgung nicht eindeutig bestimmbar. es wurde nur vereinbart, dass die rente aus den rückstellungsbeträgen in höhe von 647.158 € für frau a und in höhe von 1.267.777 € für herrn a retrograd zu ermitteln ist. allein aufgrund dieser angaben sind die versorgungsleistungen jedoch nicht eindeutig ermittelbar. 84bezeichnend ist, dass die versicherungsmathematikerin in ihrem gutachten vom 10. dezember 2007 unter berücksichtigung der „richttafeln“ von dr. ... aus dem jahr 1998 mit einem rechnungszins von 6 prozent und einer garantierten anpassung der laufenden rente von 3 prozent eine monatliche alters- und invalidenrente für frau a in höhe von 9.338 € und für herrn a in höhe von 15.338 € ermittelt hat und in ihrem gutachten vom 11.03.2012 ebenfalls unter berücksichtigung der „richttafel“ von dr. ... aus dem jahre 1998 mit einem rechnungszins von 6 prozent und einer garantierten anpassung der laufenden rente von 3 prozent eine altersrente von frau a in höhe von 3.499,35 € und für herrn a eine altersrente in höhe von 6.916,25 € errechnet hat. 85außerdem ergibt sich aus dem gesellschafterbeschluss vom 20. dezember 2002 und der entsprechenden ergänzungen der pensionsvereinbarungen nicht eindeutig, dass überhaupt ein rechnungszins und wenn ja in welcher höhe zu berücksichtigen ist. man kann den gesellschafterbeschluss vom 20. dezember 2002 auch so verstehen, dass die dort als ausgangsbeträge für die retrograd zu ermittelnden versorgungsleistungen angegebenen beträge als festbeträge zu verstehen sind, die nicht um irgendwelche zinsen zu erhöhen sind. entgegen der ansicht der klägerin ist es ohne bedeutung, ob der rechnungszinsfuß von 6 % der versicherungsmathematischen verkehrssitte entspricht, wie die klägerin behauptet. denn entscheidend ist, ob die beträge von 647.158 € für frau a und in höhe von 1.267.777 € für herrn a überhaupt um zinsen erhöht und wenn ja welche erträge die gesellschaft noch erwirtschaften kann und ob diese beträge ganz oder nur teilweise für versorgungsleistungen zur verfügung stehen sollen. die antworten auf diese fragen lassen sich dem gesellschafterbeschluss vom 20. dezember 2002 nicht hinreichend eindeutig entnehmen. 86außerdem wäre es notwendig gewesen, zu regeln, welche lebenserwartung bei der retrograden rentenberechnung zu berücksichtigen ist. denn wenn man den zu verrentenden betrag festlegt, stellt sich die frage, wie man berücksichtigt, dass die statistische lebenserwartung nicht unbedingt der tatsächlichen entspricht. entgegen der ansicht der klägerin ist es nicht so, dass es der verkehrssitte entspricht, dass bei verrentung von festbeträgen immer die richttafeln von heubeck zugrunde zu legen sind. im streitfall könnte man auch die periodensterbetafeln für deutschland des statistischen bundesamtes oder die sterbetafel für lebensversicherungen der deutschen aktuarvereinigung e. v. gegebenenfalls unter berücksichtigung eines sicherheitszuschlages zu grunde legen. wenn man erreichen will, dass die beträge in höhe von 647.158 € für frau a und in höhe von 1.267.777 € für herrn a ausreichen, um eine lebenslange versorgung sicherzustellen und so lässt sich die aussage des gesellschafterbeschlusses, um eine finanzierbarkeit der pensionszusagen weiterhin zu gewährleisten, werden die pensionszusagen zugunsten von frau a und herrn a geändert, verstehen, hätte sich ein sicherheitszuschlag bezüglich der lebenserwartung aufgedrängt, da statistische daten zwar für hinreichend große personengruppen aber nicht für einzelpersonen aussagekraft haben. 87soweit die klägerin sich auf das bfh-urteil vom 22.10.1998 (i r 29/98, hfr 1999, 558) beruft, nachdem die mehrdeutigkeit einer pensionszusage es nicht ausschließt, ihren inhalt durch auslegung oder beweiserhebung zweifelsfrei zu ermitteln, übersieht sie, dass dieses urteil sich nicht auf die neufassung des § 6a estg bezieht, sondern auf die anwendung der grundsätze über verdeckte gewinnausschüttungen. im übrigen lässt sich ein eindeutigen inhalt des gesellschafterbeschlusses vom 20. dezember 2002 im streitfall – wie oben bereits dargelegt – nicht durch auslegung ermitteln. das urteil des fg hannover vom 28.2.2002 (6 k 256/99, efg 2002, 1021) wurde durch das bfh-urteil vom 22.10.2002 (i r 37/02, bfhe 204, 96, bstbl ii 2004, 121) aufgehoben und bezieht sich auch auf die zeit vor änderung des § 6a estg. das gleiche gilt für die anderen von der klägerin zitierten urteile. 88zu unrecht ist die klägerin auch der auffassung, dass, wenn der beschluss vom 20. dezember 2002 und die entsprechenden vertragsänderungen nicht hinreichend eindeutig seien, die ursprüngliche pensionsvereinbarung bis zum heutigen tag weiterhin gültig sei. denn sowohl aus dem protokoll der gesellschafterversammlung vom 20. dezember 2002 als auch aus den ergänzungen zu den pensionsvereinbarungen vom 20. dezember 2002 ergibt sich eindeutig, dass die ursprünglichen pensionszusagen nicht mehr gelten sollten und durch eine neue pensionszusage ersetzt wurden. die zivilrechtliche aufhebung bzw. änderung der ursprünglichen pensionszusage durch die vereinbarungen vom 20. dezember 2002 ist unabhängig davon, ob die pensionszusage vom 20. dezember 2002 den anforderungen des § 6a abs. 1 nr. 3 estg genügt. zivilrechtlich führt die mehrdeutigkeit der pensionsvereinbarungen vom 20. dezember 2002 nicht zu einer unwirksamkeit der gesamten vereinbarung. 893. zu unrecht hat der beklagte die bei der b gmbh gebildeten pensionsrückstellungen wegen einer sog. überversorgung der eheleute a teilweise aufgelöst. 90gemäß § 6a abs. 1 estg darf für pensionsverpflichtungen eine steuerwirksame rückstellung gebildet werden, sofern die in § 6a estg genannten voraussetzungen erfüllt sind. die rückstellung ist höchstens mit dem teilwert der pensionsverpflichtung anzusetzen (§ 6a abs. 3 satz 1 estg). nach § 6a abs. 3 satz 2 nr. 1 satz 4 estg sind erhöhungen oder verminderungen der pensionsleistungen nach dem schluss des wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des zeitpunktes ihres wirksamwerdens oder ihres umfanges ungewiss sind, bei der berechnung des barwertes der künftigen pensionsleistungen und der jahresbeträge erst zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind. diese regelungslage lässt sich durch eine entsprechende höherbemessung der versorgung nicht umgehen. 91der bundesfinanzhof sieht in einer vorwegnahme künftiger entwicklungen in gestalt ansteigender säkularer einkommenstrends eine überversorgung, die zur kürzung der pensionsrückstellung führt, und zwar typisierend dann, wenn die versorgungsanwartschaft zusammen mit der rentenanwartschaft aus der gesetzlichen rentenversicherung 75 v.h. der am bilanzstichtag bezogenen aktivbezüge übersteigt (bfh-urteil vom 31.3.2004, i r 70/03, bfhe 206, 37, bstbl ii 2004, 937). im hinblick auf die schwierigkeit, die letzten aktivbezüge und die zu erwartenden sozialversicherungsrenten zu schätzen, stellt der bfh zur prüfung einer möglichen überversorgung ausdrücklich auf die vom arbeitgeber während der aktiven tätigkeit des begünstigten im jeweiligen wirtschaftsjahr tatsächlich erbrachten arbeitsentgelte ab (gemäß bfh-urteil vom 27.3.2012, i r 56/11, bfhe 236, 74, bstbl ii 2012, 665 ständige rechtsprechung). 92wenn es jedoch entgegen der ansicht des beklagten, für die spricht, dass das am bilanzstichtag für den monat dezember zugesagte gehalt auch das für die zukunft geltende gehalt ist, nach der ständigen rechtsprechung des bfh, der sich der senat anschließt, auf die bis zum 31.12.2003 tatsächlich bezogenen aktivbezüge des wirtschaftsjahres 2003 ankommt, liegt im streitfall keine überversorgung vor. ausweislich des pensionsgutachtens des aktuar ... betragen die vorausberechneten monatlichen rentenzahlung zum 31.12.2003 an herrn a 8.313,73 € (x 12 = 99.764 €), während die vorausberechneten monatlichen rentenzahlung an frau a 9.410,13 € (x 12 = 112.921 €) betragen. ausweislich der gehaltsabrechnungen der eheleute a für dezember 2003 hat herr a in 2003 aktivbezüge in höhe von 168.833 € (davon 75 prozent = 126.624 €) und frau a in höhe von 192.235 € (davon 75 prozent = 144.176 €) gehabt. anhaltspunkte dafür, dass die eheleute a, für die keine sozialversicherungsbeiträge einbehalten wurden, sozialversicherungsrenten zu erwarten hatten, liegen nicht vor (vgl. auch blatt 122 r band iv der bp-handakte b gmbh). eine überschreitung der 75 prozent grenze liegt somit nicht vor. 93die kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 abs. 1 satz 1 finanzgerichtsordnung (fgo). 94die revision ist gemäß § 115 abs. 2 fgo zuzulassen. 95die übertragung der steuerberechnung auf den beklagten beruht auf § 100 abs. 2 satz 2 fgo. 96die entscheidung über die hinzuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren beruht auf 139 abs. 3 satz 3 fgo.
Verklagte*r
0
120,991
L 11 KA 83/15
"2016-10-05T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.09.2015 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens auch in zweiter Instanz. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnungen des Klägers in den Quartalen III/2010 und IV/2010. 3Der Kläger ist als Facharzt für Urologie in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den betreffenden Quartalen kürzte die Beklagte die Abrechnung des Klägers um die Gebührenordnungsposition (GOP) 26135 des Einheitlichen Berechnungsmaßstabs (EBM) und setzte stattdessen die Kostenpauschale Nr. 86512 nach Anhang 2 (Abrechnung und Vergütung zur Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten "Onkologie - Vereinbarung") Teil A (Kostenpauschalen) zum Bundesmantelvertrag an. Der Kläger nimmt an der Onkologie-Vereinbarung teil. Seine gegen die Abrechnungsbescheide vom 25.01.2011 und 25.04.2011 eingelegten Widersprüche wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 03.08.2011). Zur Begründung führte sie aus, im Anhang 2 "Abrechnung und Vergütung" der zum 01.10.2009 in Kraft getretenen Onkologie-Vereinbarung seien die Kostenpauschalen gelistet, die dem onkologisch qualifizierten Arzt erstattet würden. Neben diesen vom Kläger abgerechneten Kostenpauschalen sei im selben Behandlungsfall die Grundpauschale der GOP 26315 EBM ausdrücklich nicht berechnungsfähig. Die Streichung sei daher zu Recht erfolgt. 4Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen: Die Beklagte habe zwar den Abrechnungsausschluss nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung nach seinem Wortlaut zutreffend angewandt, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) als Vertragspartner und Normgeber seien jedoch nicht berechtigt, durch die Onkologie-Vereinbarung Abrechnungsmöglichkeiten des EBM auszuschließen. Die Regelungskompetenz in Gebührenfragen sei grundsätzlich allein dem Bewertungsausschuss vorbehalten. Mit den strittigen Abrechnungsbestimmungen griffen der GKV-Spitzenverband und die KBV in die Zuständigkeit des Bewertungsausschusses zumindest mittelbar ein, indem sie die Bewertung der mit der GOP 26315 EBM abgebildeten ärztlichen Leistung veränderten. Zudem könne es nicht richtig sein, wenn der gesamte besondere Aufwand des an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmenden Arztes allein mit der Differenz zwischen der Vergütung der GOP 26315 EBM in Höhe von 18,90 EUR und der Kostenpauschale nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung in Höhe von 28,88 EUR abgegolten werde. Der Betrag von 9,98 EUR genüge nicht, um die erforderlichen personellen und apparativen Anforderungen zu erfüllen und die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen abzudecken, geschweige denn, den tatsächlichen Mehraufwand des onkologisch qualifizierten Arztes abzubilden. Mit den strittigen Abrechnungsbestimmungen hätten die Normgeber dem Willen des Gesetzgebers zuwider gehandelt. Dieser habe nach der teilweisen Kündigung der früheren regionalen Onkologie-Vereinbarungen durch Krankenkassen die bisherigen Vergütungsregelungen, die keinen Abrechnungsausschluss vorgesehen hätten, fortschreiben wollen. Der Abrechnungsausschluss der GOP 26315 EBM sei auch willkürlich, da für die Fachgruppe der Internisten - anders als für die Urologen - eine gesonderte Berechnung der Zusatzpauschale Onkologie nach der GOP 13500 EBM zugelassen sei. Weder nach der EBM-Regelung noch nach der Onkologie-Vereinbarung sei indes der Aufwand für die internistischen Onkologen höher. Die auf § 85 Abs. 2 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) basierende Onkologie-Vereinbarung dürfe allein zusätzliche Kostenerstattungen zu bestehenden EBM-Vergütungen regeln ("On-top-Vergütung") und nicht Kostenpauschalen, die an die Stelle von Pauschalen nach dem EBM treten. Im Termin hat der Kläger klargestellt, dass der Wert aller Kostenpauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung gemäß den Nrn. 86510 und 86512 mit 37,85 EUR (und nicht mit 28,88 EUR) zu beziffern sei. 5Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, 6die Abrechnungsbescheide für die Quartale III/2010 und IV/2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Leistungen nach Nr. 26315 EBM abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 7Die Beklagte hat beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig erachtet. 10Die zu 1) beigeladene KBV ist dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten. Die Onkologie-Vereinbarung sei rechtmäßig zustande gekommen und bewege sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Ermächtigungsgrundlage. 11Der zu 2) beigeladene GKV-Spitzenverband hat sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) angeschlossen. 12Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 02.09.2015) und u.a. ausgeführt: Der Kläger sei durch die angefochtenen Abrechnungsbescheide der Beklagten nicht beschwert, sie seien nicht rechtswidrig. Die Streichung der vom Kläger neben Kostenpauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung abgerechneten GOP 26315 EBM im Rahmen der sogenannten Regelwerksanktionen sei nicht zu beanstanden, weil nach Anhang 2 Teil A der als Anlage 7 zum Bundesmantelvertrag vereinbarten Onkologie-Vereinbarung die Kostenpauschalen nach den Nrn. 86510, 86512 und die Zuschläge nach den Nrn. 86514 und 86516 im Behandlungsfall nicht neben der GOP 26315 EBM berechnungsfähig seien. Dieser Ausschluss sei nicht rechtswidrig. Die Regelung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, wie auch das SG Schwerin im Urteil vom 04.02.2015 - S 3 KA 106/11 - festgestellt habe. Die Abrechnungsausschlüsse in den Bundesmantelverträgen griffen nicht in rechtswidriger Weise in die Regelungskompetenz des Bewertungsausschusses ein. Sie seien von dem sich aus § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V ergebenden Regelungsauftrag an die Vertragspartner der Bundesmantelverträge gedeckt. Der Gesetzgeber habe für den Bereich der besonders qualifizierten onkologischen Versorgung den Vertragspartnern insoweit ausdrücklich eine Regelungskompetenz übertragen, ohne dass sich aus den gesetzlichen Regelungen einschränkende Vorgaben für deren Ausgestaltung entnehmen ließen. Der Auftrag, "das Nähere" einer angemessenen Vergütung für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung im Bundesmantelvertrag zu regeln, sei nach seinem Wortsinn nicht darauf beschränkt, eine zu der EBM-Vergütung hinzutretende Vergütung zu regeln. Sie erlaube vielmehr auch, umfassende "Kostenpauschalen" einzuführen, die nur von besonders qualifizierten, an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürften. Den Gesetzesmaterialien sei nicht zu entnehmen, dass die Parteien der Bundesmantelverträge nur auf die Vereinbarung einer sogenannten on-top-Vergütung festgelegt worden seien. Der Gesetzgeber habe auf die bisherige Vertragsstruktur bzw. ein bestimmtes Vergütungsniveau nicht konkret Bezug genommen, sondern die Bestimmung der angemessenen Vergütung in diesem Bereich den Vertragspartnern überlassen. Der Abrechnungsausschluss verletze auch kein Recht des Klägers auf höhere Vergütung seiner im Rahmen der Onkologie-Vereinbarung erbrachten Leistungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei es nicht Aufgabe der Gerichte, ihre Vorstellungen von einer sachgerechten Leistungsbewertung an die Stelle der Beurteilung durch den Bewertungsausschuss zu setzen. Diesem stehe vielmehr ein weiter Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zu. Ausnahmen wären nur dann zu machen, wenn sich zweifelsfrei feststellen ließe, dass die Leistungsdefintion oder -bewertung nicht sachbezogen erfolgt sei, der Regelungsspielraum überschritten oder die Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt werde. Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Vertragspartner hätten die besonderen Leistungen der Vertragsärzte im Rahmen der Onkologie-Vereinbarung durch differenzierte Pauschalen (Nrn. 86510 und 86512) und Zuschläge (Nrn. 86514, 86516 und 86518) abgebildet. Der regional zu ermittelnde Gebührenwert für die Nr. 86512 übersteige auch nach dem Vortrag des Klägers den Wert der GOP 26315 EMB. Der Abrechnungsausschluss folge daraus, dass die Leistungslegenden der Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung den obligaten Leistungsinhalt der GOP 26315 EBM mitumfassten. Soweit der Kläger behaupte, die Differenz zwischen der (ausgeschlossenen) Vergütung nach der GOP 26315 EBM und der Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung genüge nicht, um die erforderlichen personellen und apparativen Anforderungen zu erfüllen, die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen abzudecken sowie den Mehraufwand des onkologisch qualifizierten Arztes abzubilden, liege hierzu kein belastbares Zahlenmaterial vor. Die Vertragspartner als Normgeber treffe insoweit keine Ermittlungspflicht. Bei Vergütungsregelungen sei es nicht verboten, Entscheidungen unter Inkaufnahme von Ungewissheiten zu treffen. Der Kläger könne höheres Honorar auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung seiner vertragsärztlichen Leistungen beanspruchen. Nach der Rechtsprechung des BSG komme ein subjektives Recht auf höheres Honorar aus § 72 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Situation im Bereich der Beklagten für die qualifizierte onkologische Versorgung in dem hier maßgeblichen Zeitraum eingetreten gewesen sein könnte. Schließlich sei auch keine rechtswidrige Ungleichbehandlung festzustellen. Es bestünden Abrechnungsausschlüsse für die urologische GOP 26315 EBM sowie in den Bereichen der Chirurgie/Kinderchirurgie/Plastischen Chirurgie für die GOP 07345 EBM, der Gynäkologie für die GOP 08345 EBM, der HNO-Heilkunde für die GOP 09345 EMB, der Dermatologie für die GOP 10345 EBM, der Gastroenterologie für die GOP 13435 EBM, der Pneumologie für die GOP 13675 EBM sowie der Mund-, Kiefer-und Gesichtschirurgie für die GOP 15345 EBM. Die Zusatzpauschalen Onkologie seien erst zum 01.01.2008 in den EBM aufgenommen worden, um den speziellen Leistungsbedarf und Aufwand bei der Betreuung von Tumorpatienten abzubilden. Ein Ausschluss auch der bereits zuvor eingeführten hämato-/onkologischen GOP 13500 EBM ("Zusatzpauschale Behandlung einer laboratoriumsmedizinisch oder histologisch/zytologisch gesicherten, primär hämatologischen und/oder onkologischen und/oder immunologischen Systemerkrankung") habe nicht erfolgen müssen, weil diese GOP einen nicht vergleichbaren Leistungsinhalt abbilde. Die GOP 13500 EBM sei nur dann berechnungsfähig, wenn ein Therapiekonzept erstellt werde und eine indikationsgerechte Behandlung in demselben Behandlungsfall stattfinde. Somit sei die weitergehende Betreuung eines Patienten ohne laufende Therapie einer der genannten Systemerkrankungen nicht als GOP 13500 EBM berechnungsfähig. Eine der GOP 26315 EBM entsprechende GOP im Bereich der inneren Medizin sei mit der GOP 13435 EBM vom Abrechnungsausschluss erfasst. Generalisierende und pauschalierende Regelungen seien von den Vertragsärzten hinzunehmen. 13Mit der dagegen gerichteten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Wortlaut des § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V grenze die Regelungskompetenz der Vertragsparteien zwar nicht ein, dennoch ergäben sich Einschränkungen infolge historischer, systematischer und teleologischer Auslegung. So hätten bis zum Inkrafttreten der Onkologie-Vereinbarung vom 01.10.2009 sämtliche regionalen Onkologie-Vereinbarungen zur EBM-Vergütung zusätzliche Kostenerstattungen gewährt. Der Gesetzgeber habe hieran anknüpfen und eine "Anschlussregelung" schaffen wollen. Die Ermächtigung, eine angemessene Vergütung für besonders qualifizierte onkologische Leistungen vereinbaren zu können, beruhe auf § 85 SGB V und auf § 87 SGB V. Demzufolge dürfe durch sie nicht in die Vergütungsregelungen des EBM nach der letztgenannten Vorschrift eingegriffen werden. Selbst wenn man dies anders sehen würde, wäre der Ausschluss der Berechnung der GOP 26315 EBM neben den Pauschalen der Onkologie-Vereinbarung rechtswidrig, weil es an der gesetzlich geschuldeten "angemessenen Vergütung der besonders qualifizierten onkologischen Versorgung" fehle. Zu Unrecht stelle das SG darauf ab, dass trotz des Abrechnungsausschlusses genügend Ärzte an dieser Versorgung teilnähmen. Dieser Maßstab gelte nach der Rechtsprechung des BSG nur für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen und nicht für den vorliegenden, besonders förderungswürdigen Versorgungsbereich. Anders als das SG meine, dürften die Bundesmantelvertragsparteien nicht ohne belastbares Zahlenmaterial und damit ohne jegliche sachliche Grundlage die Vergütungshöhe in der Onkologie-Vereinbarung festlegen. Vielmehr hätte man an die Höhe der Vergütung der früher geltenden regionalen Vereinbarungen anknüpfen müssen. Schließlich sei der ihn als Urologe treffende Abrechnungsausschluss willkürlich im Verhältnis zu der für Internisten geltenden Regelung, deren Zusatzpauschale (GOP 13500 EBM) neben den Pauschalen der Onkologie-Vereinbarung abrechenbar bleibe. Die in dieser GOP geforderten Leistungen (Erstellung eines Therapiekonzepts und indikationsgerechte Behandlung in demselben Behandlungsfall) seien nach § 4 Onkologie-Vereinbarung auch Bestandteil der Vergütung nach diesem Regelungssystem. 14Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Düsseldorf vom 02.09.2015 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale III und IV/2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 15Die Beklagte beantragt, 16die Berufung zurückzuweisen. 17Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil. 18Die Beigeladenen stellen keine Anträge. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. 22I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Auch der Beschwerdewert von 750,00 EUR ist überschritten (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGG). Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung der GOP 26315 EBM in 77 Fällen im Quartal III/2010 und in 81 Fällen im Quartal IV/2010 mit einem (damaligen Vergütungs-)Wert i.H.v. je 18,90 EUR. Er begehrt also eine um 1.455,30 EUR bzw. 1.530,90 EUR höhere Vergütung. 23II. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.09.2015 zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 25.01. und 25.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2011 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG (§ 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus: 241. Der Kläger macht die auf höhere Vergütung der Quartale III und IV/2010 gerichtete Klage zutreffend in Gestalt einer auf Bescheidung gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend. 252. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung, insbesondere nicht auf Vergütung der GOP 26315 EBM neben Nrn. 86510 ff. von Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung. 26Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung ab, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 13.05.2015 - B 6 KA 27/14 R - m.w.N.; Senat, Urteil vom 28.10.2015 - L 11 KA 39/14 -). 27a) Ein Anspruch des Klägers auf Abrechnung der GOP 26315 EBM neben den Kostenpauschalen und den Zuschlägen nach Anhang 2 Teil A zu Anlage 7 BMV Onkologie-Vereinbarung ergibt sich weder aus dieser noch aus den Abrechnungsvorschriften des EBM. 28aa) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers ist, Unklarheiten zu beseitigen (BSG, Beschluss vom 17.02.2016 - B 6 KA 63/15 B -; Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 10/15 R -; Senat, Urteil vom 10.02.2016 - L 11 KA 7/13 -). In den Abrechnungsvorschriften der Kostenpauschalen nach Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung, die der Kläger in den berichtigten Quartalsabrechnungen in Ansatz gebracht hat, heißt es: "Die Kostenpauschale 86510 ist im Behandlungsfall nicht neben den Gebührenpositionen , 26315 berechnungsfähig". Wortidentische Regelungen finden sich für die übrigen Pauschalen bzw. Zuschläge in den Nrn. 86512, 86514 und 86516. Dieser eine Abrechnung beider Kostenpauschalen im selben Behandlungsfall ausschließende Wortlaut ist eindeutig und damit nicht auslegungsfähig. Im Übrigen bestätigen auch die in diesem Verfahren beigeladenen Vertragspartner, die KBV und der GKV-Spitzenverband, dass eine Abrechnung der Pauschale nach der GOP 26315 EBM neben den Pauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung ausgeschlossen werden sollte. 29bb) An der fehlenden Auslegungsfähigkeit ändert sich nichts dadurch, dass - wie der Kläger behauptet - vor Inkrafttreten der Onkologie-Vereinbarung zum 01.07.2009 in sämtlichen regionalen Vereinbarungen die Vergütungsregelungen so ausgestaltet gewesen seien, dass die fraglichen Pauschalen stets zusätzlich zur EBM-Vergütung hätten abgerechnet werden können. 30Im Übrigen ergibt sich allein aus der vom Kläger favorisierten Regelungssystematik ("On-top-Vergütung") kein höherer Vergütungsanspruch. Die Kostenpauschale nach GOP 26315 EBM zusammen mit einer Pauschale nach einer Onkologie-Vereinbarung kann durchaus geringer ausfallen als die nun von den Vertragsparteien gewählte Vergütungssystematik der einander ausschließenden Kostenpauschalen. Problematisch für das Klagebegehren des Klägers ist somit nicht die Abrechnungssystematik, sondern die Abrechnungshöhe. 31Anders als der Kläger meint, kann im Rahmen der (historischen) Auslegung des Abrechnungsausschlusses in Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung nicht auf die Motive des Gesetzgebers bei Ergänzung bzw. Änderung des § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V mit Wirkung zum 23.07.2009 abgestellt werden. Damals hat der Gesetzgeber die Vertragspartner verpflichtet, "eine angemessene Vergütung" "für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren". Die Überlegungen des Gesetzgebers hierzu lassen keine Rückschlüsse auf die Motive der dieses Regelungsgebot umsetzenden Vertragspartner zu. Außerdem ist den Gesetzesmotiven nicht zu entnehmen, dass durch die Übernahme von Regelungen aus den früheren regionalen Onkologie-Vereinbarungen Vorgaben hinsichtlich der Regelungssystematik ("On-Top-Vergütung") und/oder der Vergütungshöhe (usw.) Vorgaben gemacht werden sollten. Im Gegenteil ist in den Gesetzesmaterialien davon die Rede, dass die früheren Regelungen nicht nur "fortzuschreiben", sondern auch und "weiterzuentwickeln" sind (Bundestagsdrucksache (BT-Drucks.) 16/13428, S. 90). 32cc) Da das Abrechnungsverbot im Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung eindeutig ist, kommt es auf die systematischen Überlegungen des Klägers zu § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V und § 87 SGB V nicht an. 33dd) Somit kann der Kläger die GOP 26315 EMB zwar abrechnen, er kann dann aber nicht mehr die Kostenpauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung ansetzen. Allerdings wurde die GOP 26315 EBM in den fraglichen Quartalen deutlich schlechter vergütet als die Kostenpauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung, neben denen noch z.T. Zuschläge nach den Nrn. 86514 - 86518 Onkologie-Vereinbarung abgerechnet werden konnten. Die Nichtabrechnung der Pauschalen und Zuschläge der Onkologie-Vereinbarung entspricht somit nicht dem auf eine höhere Gesamtvergütung gerichteten Begehren des Klägers. Das hat die Beklagte erkannt und neben der abgerechneten EBM-Kostenpauschale nicht etwa die Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung gestrichen, sondern im (wirtschaftlichen) Interesse des Klägers den umgekehrten Weg gewählt. 34b) Soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit der eine gleichzeitige Abrechnung der Kostenpauschalen im selben Behandlungsfall ausschließenden Vergütungsregelung wegen fehlender Rechtsetzungskompetenz, unangemessener Vergütung und willkürlicher Ungleichbehandlung geltend macht, führt dies nicht weiter. 35aa) Wäre die Onkologie-Vereinbarung unwirksam, so ergäbe sich daraus kein höherer Vergütungsanspruch, sondern ein geringerer, nämlich ausschließlich ein Anspruch auf Vergütung nach GOP 26315 EBM. 36bb) Mangels Anspruchsgrundlage könnte der Kläger auch nicht verlangen, dass die Beklagte ihm abweichend von der zwischen den Beigeladenen - KBV und GKV-Spitzenverband - geschlossenen Onkologie-Vereinbarung eine (höhere) Vergütung gewährt. Die Beklagte ist an die Vereinbarung gebunden; sie führt die sie bindenden vertraglichen Bestimmungen lediglich aus (zur ähnlichen Problematik bei behaupteter Unwirksamkeit der Kataraktverträge: Senat, Urteil vom 09.05.2012 - L 11 KA 48/09 -; Beschluss vom 12.08.2013 - L 11 KA 92/12 B ER -). 37cc) Etwas anderes ergäbe sich nur, wenn allein der Abrechnungsausschluss in Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung rechtswidrig und damit unwirksam wäre. Das ist nicht der Fall. Weder ist der Abrechnungsausschluss unwirksam (dazu (b)) noch kann - seine Unwirksamkeit unterstellt - von einer Teilnichtigkeit ausgegangen werden (dazu (a)). 38(a) Teilnichtigkeit einer Vereinbarung kann nur angenommen werden, wenn die Vertragsparteien auch in Kenntnis der Teilnichtigkeit die übrigen Vereinbarungen getroffen hätten (§ 58 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X); ausdrücklich zu Verträgen zwischen KVen und Krankenkassen: Hissnauer in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 1. Auflage, 2013, § 58 Rdn. 5.1). Das ist hier ausgeschlossen. Die beigeladene KBV und der GKV-Spitzenverband haben sowohl in der Onkologie-Vereinbarung als auch im vorliegenden Verfahren deutlich gemacht, die Höhe der Pauschalen und Zuschläge der Nrn. 86510 ff in Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung derart bemessen zu haben, dass sie sie nur bei Nichtberechnung der GOP 26315 EBM für "angemessen" i.S.v. § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V erachten. Dass nur ein begrenztes Budget zur Finanzierung der Leistungen nach der Onkologie-Vereinbarung zur Verfügung stehen sollte, ergibt sich aus Nr. 8 Teil B der Onkologie-Vereinbarung und dem dort vorgesehen Korrekturverfahren, das für eine Kostenneutralität je Behandlungsfall gegenüber dem bisherigen Vergütungsvolumen sorgen soll. 39(b) Im Übrigen ist der Abrechnungsausschluss der Onkologie-Vereinbarung nicht (teil-) nichtig. Dabei muss der Senat nicht entscheiden, ob - wie vom Kläger angenommen - die Vertragspartner trotz der Regelung in § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V ("Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren.") in der Onkologie-Vereinbarung keine den EBM modifizierenden Regelungen treffen durften, denn sie haben dies nicht getan (dazu (aa)). Den Vertragspartnern war es auch nicht untersagt, Kostenpauschalen zu vereinbaren, die Leistungen mit umfassten, die nach Gebührennummern des EBM abrechnungsfähig sind (dazu (bb)). Die Onkologie-Vereinbarung Anhang 2 Teil A und B sind schließlich nicht etwa deswegen rechtswidrig, weil sie keine "angemessene Vergütung" für die geforderte und geförderte besonders qualifizierte ambulante onkologische Versorgung gewährleistet (dazu (cc)) oder willkürlich ist (dazu dd)). 40(aa) Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung schließt weder mittel- noch unmittelbar die Berechnungsfähigkeit der GOP 26315 EBM aus. Sie verbietet vielmehr die Kostenpauschalen und Zuschläge der Onkologie-Vereinbarung (Nrn. 86510 ff.) zu berechnen, wenn im Behandlungsfall die GOP 26315 EBM angesetzt wird. 41Der Umstand, dass bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen einer höher vergüteten Kostenpauschale nach der Onkologie-Vereinbarung und derjenigen der niedriger vergüteten EBM-Pauschale die betroffenen Vertragsärzte im Zweifel die GOP 26315 EBM nicht abrechnen, ändert daran nichts. Dies ist vom Gesetzeszweck, das qualifizierte ambulante Behandeln krebskranker Patienten als Alternative zu stationären Behandlungen zu fördern, gedeckt. 42(bb) Auch die Regelungssystematik der Onkologie-Vereinbarung, die Schaffung von Kostenpauschalen, deren Leistungsbeschreibung diejenigen von onkologischen Pauschalen nach dem EBM umfasst und diese ergänzt, ist von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Bereits der Wortlaut des § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V ("Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren") lässt keine wie auch immer geartete Einschränkung in der Regelungssystematik erkennen. Unter II. 2. a) bb) ist bereits dargelegt worden, dass sich aus der historischen Auslegung nichts anderes ergibt. Auf das Verhältnis der Ermächtigungsgrundlagen für die Onkologie-Vereinbarung in § 85 Abs. 2 Satz 4 SGB V und jener für den EBM in § 87 SGB V kommt es nicht an, da durch die Onkologie-Vereinbarung nicht in das Regelungssystem des EBM eingegriffen wird (vgl. II. 2. b) cc) (b) (aa)). 43(cc) Hinsichtlich der Angemessenheit der Vergütung nach der Onkologie-Vereinbarung wird zunächst ebenfalls auf das Urteil des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Dies gilt auch, soweit es darauf abstellt, dass trotz Abrechnungsausschlusses genügend Ärzte an der besonders qualifizierten onkologischen Versorgung teilnehmen. Dagegen spricht nicht, dass dies der Maßstab ist, den das BSG für die angemessene Vergütung in der "allgemeinen vertragsärztlichen Versorgung geprägt" (BSG, Urteil vom 08.12.2010 - B 6 KA 42/09 R -) hat. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Maßstab - angewandt auf die Vergütung nach der Onkologie-Vereinbarung - die Angemessenheit der Vergütung nicht belegt. 44Soweit der Kläger vorträgt, die Vertragsparteien könnten nach der Rechtsauffassung des SG ohne jegliches belastbares Material die Höhe der Vergütung für die besonders qualifizierte onkologische Behandlung festsetzen, übersieht er, dass dies nicht geschehen ist. So schreibt Anhang 2 Teil B der Onkologie-Vereinbarung unter der Überschrift "Ermittlung regionaler Gebührenwerte für die Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung" vor, dass das jeweilige regionale Vergütungsvolumen je Behandlungsfall für die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten gemäß den Kostenpauschalen nach Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung dem bisher festgestellten Vergütungsvolumen je Behandlungsfall entsprechen soll. Zur Sicherung der Kostenneutralität wurde ein Korrekturverfahren festgelegt, welches regional und kassenübergreifend anzuwenden ist. Dass dies im Bezirk der Beklagten nicht oder fehlerhaft geschehen sein könnte, ist nicht zur erkennen und behauptet der Kläger auch nicht. Soweit der Kläger drei regionale Vorgängerregelungen der Onkologie-Vereinbarung vom 01.07.2009 ausschnittsweise zitiert, führt dies (allein) nicht weiter. Zum einen betrifft die im Schriftsatz vom 09.11.2015 zitierte Regelung den Zuständigkeitsbereich der KV Berlin. Hieraus kann nichts für die richtige Ermittlung der Vergütungshöhe im Zuständigkeitsbereich der Beklagten hergeleitet werden. Zudem übersieht der Kläger, dass nach Anhang 2 Teil B der Onkologie-Vereinbarung die Gebührenwerte "kassen(arten)übergreifend gemeinsam und einheitlich" zu ermitteln sind. Aus dem Umstand, dass die eine oder andere frühere, regionale Onkologie-Vereinbarung eine höhere Vergütung für die eine oder andere Pauschale bzw. den einen oder anderen Zuschlag vorsah, kann also keinesfalls auf die unzutreffende Feststellung der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten für die strittigen Quartale er- und gemittelten Werte geschlossen werden. Das gilt besonders auch deswegen, weil nicht alle früheren Vereinbarungen die neue Differenzierung in die Pauschalen Nr. 86510 (Behandlung florider Hämoblastosen) und Nr. 86512 (Behandlung solider Tumore) sowie die Zuschläge Nr. 86514 (Zuschlag für die intrakavitäre zytostatische Tumortherapie), Nr. 86516 (Zuschlag für die intravasale zytostatische Tumortherapie) und Nr. 86518 (Zuschlag für die Palliativversorgung) vorsahen, was bei Überführung der Vergütung des Jahres 2008 in die Vergütungsregelungen der Onkologie-Vereinbarung vom 01.07.2009/01.10.2009 zwangsläufig zu "Verwerfungen" bzgl. der Vergütung einzelner Pauschalen und Zuschläge nach altem und nach neuem Recht führen muss. 45Soweit der Kläger meint, die vorgesehene Vergütungen reichten nicht, um die nach der Onkologie-Vereinbarung geforderten Leistungen zu erbringen, fehlt es an der notwendigen Konkretisierung, dass und warum dies bei ihm der Fall ist. Es geht vorliegend - obwohl der Kläger von einem "Musterverfahren" spricht - nicht um eine abstrakte Normenkontrolle, sondern darum, dass er durch die Abrechnung der Beklagten in seinen Rechten verletzt ist. 46Da Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Vergütungsregelung fehlen, kann dahinstehen, ob eine solche zur Nichtigkeit der Regelung nach § 58 Abs. 1 SGB X geführt hätte. 47Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der (Mehr-)Wert der Vergütung nach Pauschalen und Zuschlägen in Anhang 2 Teil A der Onkologie-Vereinbarung gegenüber derjenigen nach EBM auch darin liegt, dass diese nicht unter die Beschränkungen des Regelleistungsvolumens fallen. 48dd) Die Vergütungsregelungen der Onkologie-Vereinbarung verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG). Das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs. 1 GG fordert, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, während wesentlich Ungleiches ungleich behandelt werden kann. Eine Ungleichbehandlung ist mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts bestehen, dass sie diese Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfG, Beschluss vom 18.07.2005 - 2 BvF 2/01 -; Beschluss vom 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94 -; BSG, Urteil vom 04.05.2016 - B 6 KA 16/15 R -). 49Der Kläger weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Internisten die Kostenpauschale mit der GOP 13500 EBM ("Zusatzpauschale hämatologische, onkologische, immunologische Erkrankung") neben den Pauschalen und Zuschlägen der Onkologie-Vereinbarung abrechnen können, während dies bei der Kostenpauschale mit der GOP 26315 EBM (Zusatzpauschale Onkologie) für Urologen nicht möglich sei. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Fachgruppen der Internisten und der Urologen nicht vergleichbar sind. Schon die Voraussetzungen für eine Teilnahme an der Onkologie-Vereinbarung weichen voneinander ab. So lautet § 3 Abs. 4 Onkologie-Vereinbarung: 50"Je nach Fachgruppe ist die Betreuung nachfolgender Patientenzahlen nachzuweisen: 51- Fachärzte für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung Hämatologie und internistische Onkologie: Betreuung von durchschnittlich 120 Patienten / Quartal und Arzt (in den letzten 12 Monaten vor Antragsstellung) mit soliden oder hämatologischen Neoplasien, darunter 70 Patienten, die mit medikamentöser Tumortherapie behandelt werden, davon 30 mit intravenöser und/oder intrakavitärer und/oder intraläsionaler Behandlung 52- Andere Fachgruppen Betreuung von durchschnittlich 80 Patienten / Quartal und Arzt (in den letzten 12 Monaten vor Antragsstellung) mit soliden Neoplasien, darunter 60 Patienten, die mit antineoplastischer Therapie behandelt werden, davon 20 mit intravenöser und/oder intrakavitärer antineoplastischer und/oder intraläsionaler Behandlung." 53Auch Art und Zahl der von GOP 13500 und 26315 EBM erfassten (onkologischen) Erkrankungen sind unterschiedlich, wobei nahe liegt, dass diejenigen der GOP 13500 EBM vielfältiger sind. Dies hat unterschiedlich hohe Anforderungen zufolge, was die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen (§ 5) und Fortbildungen (§ 7) nach der Onkologie-Vereinbarung betrifft. Warum der Gesetzgeber insoweit nicht differenzieren können soll, ist weder dargelegt noch im Übrigen erkennbar. 54Ungeachtet dessen hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass bei Fachärzten für Innere Medizin nicht die GOP 13500 EBM ("Zusatzpauschale Behandlung einer laboratoriumsmedizinisch oder histologisch/zytologisch gesicherten, primär hämatologischen und/oder onkologischen und/oder immunologischen Systemerkrankung"), sondern die GOP 13435 EBM ("Zusatzpauschale Behandlung und/oder Betreuung eines Patienten mit einer gesicherten onkologischen Erkrankung bei laufender onkologischer Therapie oder Betreuung im Rahmen der Nachsorge") der urologischen Pauschale GOP 26315 EBM nachgebildet ist, mit der sie bis auf die Anmerkungen sogar wortgenau übereinstimmt. Die GOP 13435 EBM ist aber - ebenso wie die GOP 26315 EBM - von der Abrechnung neben Pauschalen und Zuschlägen nach der Onkologie-Vereinbarung ausgeschlossen. Es erfolgt also eine Gleichbehandlung. 55Zudem werden durch die Regelungen in der Onkologie-Vereinbarung Grundrechte nicht tangiert, weil diese bereits dadurch hinreichend gewahrt sind, dass dem Vertragsarzt für seine Leistungen die regelhaft vorgesehene Vergütung weiter gewährleistet wird. Dementsprechend sind die von der Rechtsprechung aufgestellten Vorgaben für den aus § 85 SGB V i.V.m. Art. 12 und 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit hier nicht anwendbar (so für eine ähnlich gelagerte Problematik bei den sog. Kataraktverträgen: Senat, Urteil vom 09.05.2012 - L 11 KA 48/09 -). 56III. 57Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 58Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 02.09.2015 wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens auch in zweiter instanz. die revision wird nicht zugelassen. 1
2streitig ist die sachlich-rechnerische richtigstellung der abrechnungen des klägers in den quartalen iii/2010 und iv/2010. 3der kläger ist als facharzt für urologie in e zur vertragsärztlichen versorgung zugelassen. in den betreffenden quartalen kürzte die beklagte die abrechnung des klägers um die gebührenordnungsposition (gop) 26135 des einheitlichen berechnungsmaßstabs (ebm) und setzte stattdessen die kostenpauschale nr. 86512 nach anhang 2 (abrechnung und vergütung zur vereinbarung über die qualifizierte ambulante versorgung krebskranker patienten "onkologie - vereinbarung") teil a (kostenpauschalen) zum bundesmantelvertrag an. der kläger nimmt an der onkologie-vereinbarung teil. seine gegen die abrechnungsbescheide vom 25.01.2011 und 25.04.2011 eingelegten widersprüche wies die widerspruchsstelle der beklagten zurück (widerspruchsbescheid vom 03.08.2011). zur begründung führte sie aus, im anhang 2 "abrechnung und vergütung" der zum 01.10.2009 in kraft getretenen onkologie-vereinbarung seien die kostenpauschalen gelistet, die dem onkologisch qualifizierten arzt erstattet würden. neben diesen vom kläger abgerechneten kostenpauschalen sei im selben behandlungsfall die grundpauschale der gop 26315 ebm ausdrücklich nicht berechnungsfähig. die streichung sei daher zu recht erfolgt. 4hiergegen hat der kläger klage erhoben und vorgetragen: die beklagte habe zwar den abrechnungsausschluss nach anhang 2 der onkologie-vereinbarung nach seinem wortlaut zutreffend angewandt, der spitzenverband bund der krankenkassen (gkv-spitzenverband) und die kassenärztliche bundesvereinigung (kbv) als vertragspartner und normgeber seien jedoch nicht berechtigt, durch die onkologie-vereinbarung abrechnungsmöglichkeiten des ebm auszuschließen. die regelungskompetenz in gebührenfragen sei grundsätzlich allein dem bewertungsausschuss vorbehalten. mit den strittigen abrechnungsbestimmungen griffen der gkv-spitzenverband und die kbv in die zuständigkeit des bewertungsausschusses zumindest mittelbar ein, indem sie die bewertung der mit der gop 26315 ebm abgebildeten ärztlichen leistung veränderten. zudem könne es nicht richtig sein, wenn der gesamte besondere aufwand des an der onkologie-vereinbarung teilnehmenden arztes allein mit der differenz zwischen der vergütung der gop 26315 ebm in höhe von 18,90 eur und der kostenpauschale nach anhang 2 der onkologie-vereinbarung in höhe von 28,88 eur abgegolten werde. der betrag von 9,98 eur genüge nicht, um die erforderlichen personellen und apparativen anforderungen zu erfüllen und die notwendigen fortbildungsmaßnahmen abzudecken, geschweige denn, den tatsächlichen mehraufwand des onkologisch qualifizierten arztes abzubilden. mit den strittigen abrechnungsbestimmungen hätten die normgeber dem willen des gesetzgebers zuwider gehandelt. dieser habe nach der teilweisen kündigung der früheren regionalen onkologie-vereinbarungen durch krankenkassen die bisherigen vergütungsregelungen, die keinen abrechnungsausschluss vorgesehen hätten, fortschreiben wollen. der abrechnungsausschluss der gop 26315 ebm sei auch willkürlich, da für die fachgruppe der internisten - anders als für die urologen - eine gesonderte berechnung der zusatzpauschale onkologie nach der gop 13500 ebm zugelassen sei. weder nach der ebm-regelung noch nach der onkologie-vereinbarung sei indes der aufwand für die internistischen onkologen höher. die auf § 85 abs. 2 satz 4 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v) basierende onkologie-vereinbarung dürfe allein zusätzliche kostenerstattungen zu bestehenden ebm-vergütungen regeln ("on-top-vergütung") und nicht kostenpauschalen, die an die stelle von pauschalen nach dem ebm treten. im termin hat der kläger klargestellt, dass der wert aller kostenpauschalen nach der onkologie-vereinbarung gemäß den nrn. 86510 und 86512 mit 37,85 eur (und nicht mit 28,88 eur) zu beziffern sei. 5der kläger hat erstinstanzlich beantragt, 6die abrechnungsbescheide für die quartale iii/2010 und iv/2010 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 hinsichtlich der nichtberücksichtigung der leistungen nach nr. 26315 ebm abzuändern und die beklagte zu verpflichten, den kläger insoweit unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 7die beklagte hat beantragt, 8die klage abzuweisen. 9sie hat die angefochtenen bescheide für rechtmäßig erachtet. 10die zu 1) beigeladene kbv ist dem vorbringen des klägers entgegengetreten. die onkologie-vereinbarung sei rechtmäßig zustande gekommen und bewege sich im rahmen des gestaltungsspielraums der ermächtigungsgrundlage. 11der zu 2) beigeladene gkv-spitzenverband hat sich den ausführungen der beigeladenen zu 1) angeschlossen. 12das sozialgericht (sg) düsseldorf hat die klage abgewiesen (urteil vom 02.09.2015) und u.a. ausgeführt: der kläger sei durch die angefochtenen abrechnungsbescheide der beklagten nicht beschwert, sie seien nicht rechtswidrig. die streichung der vom kläger neben kostenpauschalen nach der onkologie-vereinbarung abgerechneten gop 26315 ebm im rahmen der sogenannten regelwerksanktionen sei nicht zu beanstanden, weil nach anhang 2 teil a der als anlage 7 zum bundesmantelvertrag vereinbarten onkologie-vereinbarung die kostenpauschalen nach den nrn. 86510, 86512 und die zuschläge nach den nrn. 86514 und 86516 im behandlungsfall nicht neben der gop 26315 ebm berechnungsfähig seien. dieser ausschluss sei nicht rechtswidrig. die regelung verstoße nicht gegen höherrangiges recht, wie auch das sg schwerin im urteil vom 04.02.2015 - s 3 ka 106/11 - festgestellt habe. die abrechnungsausschlüsse in den bundesmantelverträgen griffen nicht in rechtswidriger weise in die regelungskompetenz des bewertungsausschusses ein. sie seien von dem sich aus § 85 abs. 2 satz 4 sgb v ergebenden regelungsauftrag an die vertragspartner der bundesmantelverträge gedeckt. der gesetzgeber habe für den bereich der besonders qualifizierten onkologischen versorgung den vertragspartnern insoweit ausdrücklich eine regelungskompetenz übertragen, ohne dass sich aus den gesetzlichen regelungen einschränkende vorgaben für deren ausgestaltung entnehmen ließen. der auftrag, "das nähere" einer angemessenen vergütung für eine besonders qualifizierte onkologische versorgung im bundesmantelvertrag zu regeln, sei nach seinem wortsinn nicht darauf beschränkt, eine zu der ebm-vergütung hinzutretende vergütung zu regeln. sie erlaube vielmehr auch, umfassende "kostenpauschalen" einzuführen, die nur von besonders qualifizierten, an der onkologie-vereinbarung teilnehmenden ärzten abgerechnet werden dürften. den gesetzesmaterialien sei nicht zu entnehmen, dass die parteien der bundesmantelverträge nur auf die vereinbarung einer sogenannten on-top-vergütung festgelegt worden seien. der gesetzgeber habe auf die bisherige vertragsstruktur bzw. ein bestimmtes vergütungsniveau nicht konkret bezug genommen, sondern die bestimmung der angemessenen vergütung in diesem bereich den vertragspartnern überlassen. der abrechnungsausschluss verletze auch kein recht des klägers auf höhere vergütung seiner im rahmen der onkologie-vereinbarung erbrachten leistungen. nach ständiger rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) sei es nicht aufgabe der gerichte, ihre vorstellungen von einer sachgerechten leistungsbewertung an die stelle der beurteilung durch den bewertungsausschuss zu setzen. diesem stehe vielmehr ein weiter gestaltungs- und beurteilungsspielraum zu. ausnahmen wären nur dann zu machen, wenn sich zweifelsfrei feststellen ließe, dass die leistungsdefintion oder -bewertung nicht sachbezogen erfolgt sei, der regelungsspielraum überschritten oder die bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt werde. davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. die vertragspartner hätten die besonderen leistungen der vertragsärzte im rahmen der onkologie-vereinbarung durch differenzierte pauschalen (nrn. 86510 und 86512) und zuschläge (nrn. 86514, 86516 und 86518) abgebildet. der regional zu ermittelnde gebührenwert für die nr. 86512 übersteige auch nach dem vortrag des klägers den wert der gop 26315 emb. der abrechnungsausschluss folge daraus, dass die leistungslegenden der kostenpauschalen der onkologie-vereinbarung den obligaten leistungsinhalt der gop 26315 ebm mitumfassten. soweit der kläger behaupte, die differenz zwischen der (ausgeschlossenen) vergütung nach der gop 26315 ebm und der kostenpauschalen der onkologie-vereinbarung genüge nicht, um die erforderlichen personellen und apparativen anforderungen zu erfüllen, die notwendigen fortbildungsmaßnahmen abzudecken sowie den mehraufwand des onkologisch qualifizierten arztes abzubilden, liege hierzu kein belastbares zahlenmaterial vor. die vertragspartner als normgeber treffe insoweit keine ermittlungspflicht. bei vergütungsregelungen sei es nicht verboten, entscheidungen unter inkaufnahme von ungewissheiten zu treffen. der kläger könne höheres honorar auch nicht unter dem gesichtspunkt der angemessenheit der vergütung seiner vertragsärztlichen leistungen beanspruchen. nach der rechtsprechung des bsg komme ein subjektives recht auf höheres honorar aus § 72 abs. 2 sgb v in verbindung mit art. 12 abs. 1 grundgesetz (gg) erst dann in betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen teilbereich kein ausreichender finanzieller anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem bereich die funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen versorgung gefährdet sei. es gebe keine anhaltspunkte dafür, dass eine solche situation im bereich der beklagten für die qualifizierte onkologische versorgung in dem hier maßgeblichen zeitraum eingetreten gewesen sein könnte. schließlich sei auch keine rechtswidrige ungleichbehandlung festzustellen. es bestünden abrechnungsausschlüsse für die urologische gop 26315 ebm sowie in den bereichen der chirurgie/kinderchirurgie/plastischen chirurgie für die gop 07345 ebm, der gynäkologie für die gop 08345 ebm, der hno-heilkunde für die gop 09345 emb, der dermatologie für die gop 10345 ebm, der gastroenterologie für die gop 13435 ebm, der pneumologie für die gop 13675 ebm sowie der mund-, kiefer-und gesichtschirurgie für die gop 15345 ebm. die zusatzpauschalen onkologie seien erst zum 01.01.2008 in den ebm aufgenommen worden, um den speziellen leistungsbedarf und aufwand bei der betreuung von tumorpatienten abzubilden. ein ausschluss auch der bereits zuvor eingeführten hämato-/onkologischen gop 13500 ebm ("zusatzpauschale behandlung einer laboratoriumsmedizinisch oder histologisch/zytologisch gesicherten, primär hämatologischen und/oder onkologischen und/oder immunologischen systemerkrankung") habe nicht erfolgen müssen, weil diese gop einen nicht vergleichbaren leistungsinhalt abbilde. die gop 13500 ebm sei nur dann berechnungsfähig, wenn ein therapiekonzept erstellt werde und eine indikationsgerechte behandlung in demselben behandlungsfall stattfinde. somit sei die weitergehende betreuung eines patienten ohne laufende therapie einer der genannten systemerkrankungen nicht als gop 13500 ebm berechnungsfähig. eine der gop 26315 ebm entsprechende gop im bereich der inneren medizin sei mit der gop 13435 ebm vom abrechnungsausschluss erfasst. generalisierende und pauschalierende regelungen seien von den vertragsärzten hinzunehmen. 13mit der dagegen gerichteten berufung wiederholt und vertieft der kläger sein vorbringen. der wortlaut des § 85 abs. 2 satz 4 sgb v grenze die regelungskompetenz der vertragsparteien zwar nicht ein, dennoch ergäben sich einschränkungen infolge historischer, systematischer und teleologischer auslegung. so hätten bis zum inkrafttreten der onkologie-vereinbarung vom 01.10.2009 sämtliche regionalen onkologie-vereinbarungen zur ebm-vergütung zusätzliche kostenerstattungen gewährt. der gesetzgeber habe hieran anknüpfen und eine "anschlussregelung" schaffen wollen. die ermächtigung, eine angemessene vergütung für besonders qualifizierte onkologische leistungen vereinbaren zu können, beruhe auf § 85 sgb v und auf § 87 sgb v. demzufolge dürfe durch sie nicht in die vergütungsregelungen des ebm nach der letztgenannten vorschrift eingegriffen werden. selbst wenn man dies anders sehen würde, wäre der ausschluss der berechnung der gop 26315 ebm neben den pauschalen der onkologie-vereinbarung rechtswidrig, weil es an der gesetzlich geschuldeten "angemessenen vergütung der besonders qualifizierten onkologischen versorgung" fehle. zu unrecht stelle das sg darauf ab, dass trotz des abrechnungsausschlusses genügend ärzte an dieser versorgung teilnähmen. dieser maßstab gelte nach der rechtsprechung des bsg nur für die vergütung vertragsärztlicher leistungen und nicht für den vorliegenden, besonders förderungswürdigen versorgungsbereich. anders als das sg meine, dürften die bundesmantelvertragsparteien nicht ohne belastbares zahlenmaterial und damit ohne jegliche sachliche grundlage die vergütungshöhe in der onkologie-vereinbarung festlegen. vielmehr hätte man an die höhe der vergütung der früher geltenden regionalen vereinbarungen anknüpfen müssen. schließlich sei der ihn als urologe treffende abrechnungsausschluss willkürlich im verhältnis zu der für internisten geltenden regelung, deren zusatzpauschale (gop 13500 ebm) neben den pauschalen der onkologie-vereinbarung abrechenbar bleibe. die in dieser gop geforderten leistungen (erstellung eines therapiekonzepts und indikationsgerechte behandlung in demselben behandlungsfall) seien nach § 4 onkologie-vereinbarung auch bestandteil der vergütung nach diesem regelungssystem. 14der kläger beantragt, das urteil des sg düsseldorf vom 02.09.2015 abzuändern und die beklagte unter abänderung der honorarbescheide für die quartale iii und iv/2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.08.2011 zu verpflichten, den kläger unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts neu zu bescheiden. 15die beklagte beantragt, 16die berufung zurückzuweisen. 17zur begründung nimmt sie bezug auf die angefochtenen bescheide und das erstinstanzliche urteil. 18die beigeladenen stellen keine anträge. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. diese waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 20
21die zulässige berufung des klägers ist nicht begründet. 22i. die berufung ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 151 abs. 1 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg)). auch der beschwerdewert von 750,00 eur ist überschritten (§ 144 abs. 1 satz 1 nr. 1 und 2 sgg). der kläger wendet sich gegen die kürzung der gop 26315 ebm in 77 fällen im quartal iii/2010 und in 81 fällen im quartal iv/2010 mit einem (damaligen vergütungs-)wert i.h.v. je 18,90 eur. er begehrt also eine um 1.455,30 eur bzw. 1.530,90 eur höhere vergütung. 23ii. die berufung ist unbegründet. das sg hat die klage mit urteil vom 02.09.2015 zu recht abgewiesen. die angefochtenen bescheide der beklagten vom 25.01. und 25.04.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 03.08.2011 sind rechtmäßig und beschweren den kläger nicht (§ 54 abs. 2 satz 1 sgg). der senat nimmt bezug auf die zutreffenden gründe der angefochtenen entscheidung des sg (§ 153 abs. 2 sgg) und führt ergänzend aus: 241. der kläger macht die auf höhere vergütung der quartale iii und iv/2010 gerichtete klage zutreffend in gestalt einer auf bescheidung gerichteten kombinierten anfechtungs- und verpflichtungsklage geltend. 252. die klage ist unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf eine höhere vergütung, insbesondere nicht auf vergütung der gop 26315 ebm neben nrn. 86510 ff. von anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung. 26rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen richtigstellung ist § 106a abs. 2 satz 1 sgb v. danach stellt die kassenärztliche vereinigung (kv) die sachliche und rechnerische richtigkeit der abrechnungen der vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene prüfung der abrechnungen auf plausibilität sowie die prüfung der abgerechneten sachkosten. die prüfung auf sachlich-rechnerische richtigkeit der abrechnungen des vertragsarztes zielt auf die feststellung ab, ob die leistungen rechtmäßig, also im einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen vorschriften des vertragsarztrechts - mit ausnahme des wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (bsg, urteil vom 13.05.2015 - b 6 ka 27/14 r - m.w.n.; senat, urteil vom 28.10.2015 - l 11 ka 39/14 -). 27a) ein anspruch des klägers auf abrechnung der gop 26315 ebm neben den kostenpauschalen und den zuschlägen nach anhang 2 teil a zu anlage 7 bmv onkologie-vereinbarung ergibt sich weder aus dieser noch aus den abrechnungsvorschriften des ebm. 28aa) für die auslegung vertragsärztlicher vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen rechtsprechung des bsg und des senats in erster linie der wortlaut der regelungen maßgeblich. dies gründet sich darauf, dass das vertragliche regelwerk dem ausgleich der unterschiedlichen interessen von ärzten und krankenkassen dient und es vorrangig aufgabe des normgebers ist, unklarheiten zu beseitigen (bsg, beschluss vom 17.02.2016 - b 6 ka 63/15 b -; urteil vom 16.12.2015 - b 6 ka 10/15 r -; senat, urteil vom 10.02.2016 - l 11 ka 7/13 -). in den abrechnungsvorschriften der kostenpauschalen nach anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung, die der kläger in den berichtigten quartalsabrechnungen in ansatz gebracht hat, heißt es: "die kostenpauschale 86510 ist im behandlungsfall nicht neben den gebührenpositionen , 26315 berechnungsfähig". wortidentische regelungen finden sich für die übrigen pauschalen bzw. zuschläge in den nrn. 86512, 86514 und 86516. dieser eine abrechnung beider kostenpauschalen im selben behandlungsfall ausschließende wortlaut ist eindeutig und damit nicht auslegungsfähig. im übrigen bestätigen auch die in diesem verfahren beigeladenen vertragspartner, die kbv und der gkv-spitzenverband, dass eine abrechnung der pauschale nach der gop 26315 ebm neben den pauschalen nach der onkologie-vereinbarung ausgeschlossen werden sollte. 29bb) an der fehlenden auslegungsfähigkeit ändert sich nichts dadurch, dass - wie der kläger behauptet - vor inkrafttreten der onkologie-vereinbarung zum 01.07.2009 in sämtlichen regionalen vereinbarungen die vergütungsregelungen so ausgestaltet gewesen seien, dass die fraglichen pauschalen stets zusätzlich zur ebm-vergütung hätten abgerechnet werden können. 30im übrigen ergibt sich allein aus der vom kläger favorisierten regelungssystematik ("on-top-vergütung") kein höherer vergütungsanspruch. die kostenpauschale nach gop 26315 ebm zusammen mit einer pauschale nach einer onkologie-vereinbarung kann durchaus geringer ausfallen als die nun von den vertragsparteien gewählte vergütungssystematik der einander ausschließenden kostenpauschalen. problematisch für das klagebegehren des klägers ist somit nicht die abrechnungssystematik, sondern die abrechnungshöhe. 31anders als der kläger meint, kann im rahmen der (historischen) auslegung des abrechnungsausschlusses in anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung nicht auf die motive des gesetzgebers bei ergänzung bzw. änderung des § 85 abs. 2 satz 4 sgb v mit wirkung zum 23.07.2009 abgestellt werden. damals hat der gesetzgeber die vertragspartner verpflichtet, "eine angemessene vergütung" "für eine besonders qualifizierte onkologische versorgung zu vereinbaren". die überlegungen des gesetzgebers hierzu lassen keine rückschlüsse auf die motive der dieses regelungsgebot umsetzenden vertragspartner zu. außerdem ist den gesetzesmotiven nicht zu entnehmen, dass durch die übernahme von regelungen aus den früheren regionalen onkologie-vereinbarungen vorgaben hinsichtlich der regelungssystematik ("on-top-vergütung") und/oder der vergütungshöhe (usw.) vorgaben gemacht werden sollten. im gegenteil ist in den gesetzesmaterialien davon die rede, dass die früheren regelungen nicht nur "fortzuschreiben", sondern auch und "weiterzuentwickeln" sind (bundestagsdrucksache (bt-drucks.) 16/13428, s. 90). 32cc) da das abrechnungsverbot im anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung eindeutig ist, kommt es auf die systematischen überlegungen des klägers zu § 85 abs. 2 satz 4 sgb v und § 87 sgb v nicht an. 33dd) somit kann der kläger die gop 26315 emb zwar abrechnen, er kann dann aber nicht mehr die kostenpauschalen nach der onkologie-vereinbarung ansetzen. allerdings wurde die gop 26315 ebm in den fraglichen quartalen deutlich schlechter vergütet als die kostenpauschalen nach der onkologie-vereinbarung, neben denen noch z.t. zuschläge nach den nrn. 86514 - 86518 onkologie-vereinbarung abgerechnet werden konnten. die nichtabrechnung der pauschalen und zuschläge der onkologie-vereinbarung entspricht somit nicht dem auf eine höhere gesamtvergütung gerichteten begehren des klägers. das hat die beklagte erkannt und neben der abgerechneten ebm-kostenpauschale nicht etwa die kostenpauschalen der onkologie-vereinbarung gestrichen, sondern im (wirtschaftlichen) interesse des klägers den umgekehrten weg gewählt. 34b) soweit der kläger die rechtswidrigkeit und unwirksamkeit der eine gleichzeitige abrechnung der kostenpauschalen im selben behandlungsfall ausschließenden vergütungsregelung wegen fehlender rechtsetzungskompetenz, unangemessener vergütung und willkürlicher ungleichbehandlung geltend macht, führt dies nicht weiter. 35aa) wäre die onkologie-vereinbarung unwirksam, so ergäbe sich daraus kein höherer vergütungsanspruch, sondern ein geringerer, nämlich ausschließlich ein anspruch auf vergütung nach gop 26315 ebm. 36bb) mangels anspruchsgrundlage könnte der kläger auch nicht verlangen, dass die beklagte ihm abweichend von der zwischen den beigeladenen - kbv und gkv-spitzenverband - geschlossenen onkologie-vereinbarung eine (höhere) vergütung gewährt. die beklagte ist an die vereinbarung gebunden; sie führt die sie bindenden vertraglichen bestimmungen lediglich aus (zur ähnlichen problematik bei behaupteter unwirksamkeit der kataraktverträge: senat, urteil vom 09.05.2012 - l 11 ka 48/09 -; beschluss vom 12.08.2013 - l 11 ka 92/12 b er -). 37cc) etwas anderes ergäbe sich nur, wenn allein der abrechnungsausschluss in anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung rechtswidrig und damit unwirksam wäre. das ist nicht der fall. weder ist der abrechnungsausschluss unwirksam (dazu (b)) noch kann - seine unwirksamkeit unterstellt - von einer teilnichtigkeit ausgegangen werden (dazu (a)). 38(a) teilnichtigkeit einer vereinbarung kann nur angenommen werden, wenn die vertragsparteien auch in kenntnis der teilnichtigkeit die übrigen vereinbarungen getroffen hätten (§ 58 abs. 3 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x); ausdrücklich zu verträgen zwischen kven und krankenkassen: hissnauer in schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 1. auflage, 2013, § 58 rdn. 5.1). das ist hier ausgeschlossen. die beigeladene kbv und der gkv-spitzenverband haben sowohl in der onkologie-vereinbarung als auch im vorliegenden verfahren deutlich gemacht, die höhe der pauschalen und zuschläge der nrn. 86510 ff in anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung derart bemessen zu haben, dass sie sie nur bei nichtberechnung der gop 26315 ebm für "angemessen" i.s.v. § 85 abs. 2 satz 4 sgb v erachten. dass nur ein begrenztes budget zur finanzierung der leistungen nach der onkologie-vereinbarung zur verfügung stehen sollte, ergibt sich aus nr. 8 teil b der onkologie-vereinbarung und dem dort vorgesehen korrekturverfahren, das für eine kostenneutralität je behandlungsfall gegenüber dem bisherigen vergütungsvolumen sorgen soll. 39(b) im übrigen ist der abrechnungsausschluss der onkologie-vereinbarung nicht (teil-) nichtig. dabei muss der senat nicht entscheiden, ob - wie vom kläger angenommen - die vertragspartner trotz der regelung in § 85 abs. 2 satz 4 sgb v ("die vertragsparteien haben auch eine angemessene vergütung für eine besonders qualifizierte onkologische versorgung zu vereinbaren; das nähere ist jeweils im bundesmantelvertrag zu vereinbaren.") in der onkologie-vereinbarung keine den ebm modifizierenden regelungen treffen durften, denn sie haben dies nicht getan (dazu (aa)). den vertragspartnern war es auch nicht untersagt, kostenpauschalen zu vereinbaren, die leistungen mit umfassten, die nach gebührennummern des ebm abrechnungsfähig sind (dazu (bb)). die onkologie-vereinbarung anhang 2 teil a und b sind schließlich nicht etwa deswegen rechtswidrig, weil sie keine "angemessene vergütung" für die geforderte und geförderte besonders qualifizierte ambulante onkologische versorgung gewährleistet (dazu (cc)) oder willkürlich ist (dazu dd)). 40(aa) anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung schließt weder mittel- noch unmittelbar die berechnungsfähigkeit der gop 26315 ebm aus. sie verbietet vielmehr die kostenpauschalen und zuschläge der onkologie-vereinbarung (nrn. 86510 ff.) zu berechnen, wenn im behandlungsfall die gop 26315 ebm angesetzt wird. 41der umstand, dass bei gleichzeitigem vorliegen der voraussetzungen einer höher vergüteten kostenpauschale nach der onkologie-vereinbarung und derjenigen der niedriger vergüteten ebm-pauschale die betroffenen vertragsärzte im zweifel die gop 26315 ebm nicht abrechnen, ändert daran nichts. dies ist vom gesetzeszweck, das qualifizierte ambulante behandeln krebskranker patienten als alternative zu stationären behandlungen zu fördern, gedeckt. 42(bb) auch die regelungssystematik der onkologie-vereinbarung, die schaffung von kostenpauschalen, deren leistungsbeschreibung diejenigen von onkologischen pauschalen nach dem ebm umfasst und diese ergänzt, ist von der ermächtigungsgrundlage gedeckt. auf die ausführungen des sg im angefochtenen urteil wird zur vermeidung von wiederholungen insoweit bezug genommen (§ 153 abs. 2 sgg). bereits der wortlaut des § 85 abs. 2 satz 4 sgb v ("die vertragsparteien haben auch eine angemessene vergütung für eine besonders qualifizierte onkologische versorgung zu vereinbaren; das nähere ist jeweils im bundesmantelvertrag zu vereinbaren") lässt keine wie auch immer geartete einschränkung in der regelungssystematik erkennen. unter ii. 2. a) bb) ist bereits dargelegt worden, dass sich aus der historischen auslegung nichts anderes ergibt. auf das verhältnis der ermächtigungsgrundlagen für die onkologie-vereinbarung in § 85 abs. 2 satz 4 sgb v und jener für den ebm in § 87 sgb v kommt es nicht an, da durch die onkologie-vereinbarung nicht in das regelungssystem des ebm eingegriffen wird (vgl. ii. 2. b) cc) (b) (aa)). 43(cc) hinsichtlich der angemessenheit der vergütung nach der onkologie-vereinbarung wird zunächst ebenfalls auf das urteil des sg gemäß § 153 abs. 2 sgg bezug genommen. dies gilt auch, soweit es darauf abstellt, dass trotz abrechnungsausschlusses genügend ärzte an der besonders qualifizierten onkologischen versorgung teilnehmen. dagegen spricht nicht, dass dies der maßstab ist, den das bsg für die angemessene vergütung in der "allgemeinen vertragsärztlichen versorgung geprägt" (bsg, urteil vom 08.12.2010 - b 6 ka 42/09 r -) hat. es gibt keine anhaltspunkte dafür, dass dieser maßstab - angewandt auf die vergütung nach der onkologie-vereinbarung - die angemessenheit der vergütung nicht belegt. 44soweit der kläger vorträgt, die vertragsparteien könnten nach der rechtsauffassung des sg ohne jegliches belastbares material die höhe der vergütung für die besonders qualifizierte onkologische behandlung festsetzen, übersieht er, dass dies nicht geschehen ist. so schreibt anhang 2 teil b der onkologie-vereinbarung unter der überschrift "ermittlung regionaler gebührenwerte für die kostenpauschalen der onkologie-vereinbarung" vor, dass das jeweilige regionale vergütungsvolumen je behandlungsfall für die qualifizierte ambulante versorgung krebskranker patienten gemäß den kostenpauschalen nach anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung dem bisher festgestellten vergütungsvolumen je behandlungsfall entsprechen soll. zur sicherung der kostenneutralität wurde ein korrekturverfahren festgelegt, welches regional und kassenübergreifend anzuwenden ist. dass dies im bezirk der beklagten nicht oder fehlerhaft geschehen sein könnte, ist nicht zur erkennen und behauptet der kläger auch nicht. soweit der kläger drei regionale vorgängerregelungen der onkologie-vereinbarung vom 01.07.2009 ausschnittsweise zitiert, führt dies (allein) nicht weiter. zum einen betrifft die im schriftsatz vom 09.11.2015 zitierte regelung den zuständigkeitsbereich der kv berlin. hieraus kann nichts für die richtige ermittlung der vergütungshöhe im zuständigkeitsbereich der beklagten hergeleitet werden. zudem übersieht der kläger, dass nach anhang 2 teil b der onkologie-vereinbarung die gebührenwerte "kassen(arten)übergreifend gemeinsam und einheitlich" zu ermitteln sind. aus dem umstand, dass die eine oder andere frühere, regionale onkologie-vereinbarung eine höhere vergütung für die eine oder andere pauschale bzw. den einen oder anderen zuschlag vorsah, kann also keinesfalls auf die unzutreffende feststellung der im zuständigkeitsbereich der beklagten für die strittigen quartale er- und gemittelten werte geschlossen werden. das gilt besonders auch deswegen, weil nicht alle früheren vereinbarungen die neue differenzierung in die pauschalen nr. 86510 (behandlung florider hämoblastosen) und nr. 86512 (behandlung solider tumore) sowie die zuschläge nr. 86514 (zuschlag für die intrakavitäre zytostatische tumortherapie), nr. 86516 (zuschlag für die intravasale zytostatische tumortherapie) und nr. 86518 (zuschlag für die palliativversorgung) vorsahen, was bei überführung der vergütung des jahres 2008 in die vergütungsregelungen der onkologie-vereinbarung vom 01.07.2009/01.10.2009 zwangsläufig zu "verwerfungen" bzgl. der vergütung einzelner pauschalen und zuschläge nach altem und nach neuem recht führen muss. 45soweit der kläger meint, die vorgesehene vergütungen reichten nicht, um die nach der onkologie-vereinbarung geforderten leistungen zu erbringen, fehlt es an der notwendigen konkretisierung, dass und warum dies bei ihm der fall ist. es geht vorliegend - obwohl der kläger von einem "musterverfahren" spricht - nicht um eine abstrakte normenkontrolle, sondern darum, dass er durch die abrechnung der beklagten in seinen rechten verletzt ist. 46da anhaltspunkte für die rechtswidrigkeit der vergütungsregelung fehlen, kann dahinstehen, ob eine solche zur nichtigkeit der regelung nach § 58 abs. 1 sgb x geführt hätte. 47abschließend sei darauf hingewiesen, dass der (mehr-)wert der vergütung nach pauschalen und zuschlägen in anhang 2 teil a der onkologie-vereinbarung gegenüber derjenigen nach ebm auch darin liegt, dass diese nicht unter die beschränkungen des regelleistungsvolumens fallen. 48dd) die vergütungsregelungen der onkologie-vereinbarung verstoßen auch nicht gegen den gleichheitssatz des art. 3 abs. 1 gg). das gleichbehandlungsgebot des art 3 abs. 1 gg fordert, wesentlich gleiches gleich zu behandeln, während wesentlich ungleiches ungleich behandelt werden kann. eine ungleichbehandlung ist mit art 3 abs. 1 gg vereinbar, wenn unterschiede solcher art und solchen gewichts bestehen, dass sie diese ungleichbehandlung rechtfertigen können (bverfg, beschluss vom 18.07.2005 - 2 bvf 2/01 -; beschluss vom 15.07.1998 - 1 bvr 1554/89, 1 bvr 963/94, 1 bvr 964/94 -; bsg, urteil vom 04.05.2016 - b 6 ka 16/15 r -). 49der kläger weist in diesem zusammenhang darauf hin, dass internisten die kostenpauschale mit der gop 13500 ebm ("zusatzpauschale hämatologische, onkologische, immunologische erkrankung") neben den pauschalen und zuschlägen der onkologie-vereinbarung abrechnen können, während dies bei der kostenpauschale mit der gop 26315 ebm (zusatzpauschale onkologie) für urologen nicht möglich sei. dies ist darauf zurückzuführen, dass die fachgruppen der internisten und der urologen nicht vergleichbar sind. schon die voraussetzungen für eine teilnahme an der onkologie-vereinbarung weichen voneinander ab. so lautet § 3 abs. 4 onkologie-vereinbarung: 50"je nach fachgruppe ist die betreuung nachfolgender patientenzahlen nachzuweisen: 51- fachärzte für innere medizin mit der zusatzbezeichnung hämatologie und internistische onkologie: betreuung von durchschnittlich 120 patienten / quartal und arzt (in den letzten 12 monaten vor antragsstellung) mit soliden oder hämatologischen neoplasien, darunter 70 patienten, die mit medikamentöser tumortherapie behandelt werden, davon 30 mit intravenöser und/oder intrakavitärer und/oder intraläsionaler behandlung 52- andere fachgruppen betreuung von durchschnittlich 80 patienten / quartal und arzt (in den letzten 12 monaten vor antragsstellung) mit soliden neoplasien, darunter 60 patienten, die mit antineoplastischer therapie behandelt werden, davon 20 mit intravenöser und/oder intrakavitärer antineoplastischer und/oder intraläsionaler behandlung." 53auch art und zahl der von gop 13500 und 26315 ebm erfassten (onkologischen) erkrankungen sind unterschiedlich, wobei nahe liegt, dass diejenigen der gop 13500 ebm vielfältiger sind. dies hat unterschiedlich hohe anforderungen zufolge, was die erforderlichen organisatorischen maßnahmen (§ 5) und fortbildungen (§ 7) nach der onkologie-vereinbarung betrifft. warum der gesetzgeber insoweit nicht differenzieren können soll, ist weder dargelegt noch im übrigen erkennbar. 54ungeachtet dessen hat bereits das sg darauf hingewiesen, dass bei fachärzten für innere medizin nicht die gop 13500 ebm ("zusatzpauschale behandlung einer laboratoriumsmedizinisch oder histologisch/zytologisch gesicherten, primär hämatologischen und/oder onkologischen und/oder immunologischen systemerkrankung"), sondern die gop 13435 ebm ("zusatzpauschale behandlung und/oder betreuung eines patienten mit einer gesicherten onkologischen erkrankung bei laufender onkologischer therapie oder betreuung im rahmen der nachsorge") der urologischen pauschale gop 26315 ebm nachgebildet ist, mit der sie bis auf die anmerkungen sogar wortgenau übereinstimmt. die gop 13435 ebm ist aber - ebenso wie die gop 26315 ebm - von der abrechnung neben pauschalen und zuschlägen nach der onkologie-vereinbarung ausgeschlossen. es erfolgt also eine gleichbehandlung. 55zudem werden durch die regelungen in der onkologie-vereinbarung grundrechte nicht tangiert, weil diese bereits dadurch hinreichend gewahrt sind, dass dem vertragsarzt für seine leistungen die regelhaft vorgesehene vergütung weiter gewährleistet wird. dementsprechend sind die von der rechtsprechung aufgestellten vorgaben für den aus § 85 sgb v i.v.m. art. 12 und 3 abs. 1 gg folgenden grundsatz der honorarverteilungsgerechtigkeit hier nicht anwendbar (so für eine ähnlich gelagerte problematik bei den sog. kataraktverträgen: senat, urteil vom 09.05.2012 - l 11 ka 48/09 -). 56iii. 57die kostenentscheidung folgt aus § 197a abs. 1 sgg i.v.m. §§ 154 abs. 2, 161 abs. 1, 162 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 58die voraussetzungen für die zulassung der revision liegen nicht vor (§ 160 abs. 2 sgg).
Verklagte*r
0
167,521
17 K 4877/13
"2015-02-24T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 30. April 2013 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Alttextilien und -schuhen im Stadtgebiet der Beklagten. 3Nach unwidersprochenen Angaben hat die Klägerin seit dem 19. September 1997 ein Gewerbe für den Einzelhandel mit Gebrauchtwaren (Textilien) und die Unterhaltung eines Lagerhauses zum Lagern von Gegenständen angemeldet. 4Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 27. August 1997 von den Gesellschaftern X. C. und U. I. gegründet und firmierte zunächst unter „C. und I. GmbH“ mit dem Sitz in N. /M. . Gegenstand des Unternehmens ist die Unterhaltung eines Lagerhauses zur Einlagerung von Gegenständen aller Art sowie das Einsammeln von Altkleidern mittels Sammelcontainern und der Handel mit Altkleidern (§ 2 des Gesellschaftsvertrages). Die Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts N. (HR B 0000) erfolgte am 23. September 1997. Durch Gesellschafterbeschluss vom 19. Dezember 1997 schied der Gesellschafter U. I. aus der Gesellschaft aus. Die Gesellschaft firmierte fortan unter „C. GmbH“ mit dem einzigen Gesellschafter X. C. , der zugleich als Geschäftsführer bestellt war. Am 20. Januar 2005 trat Herr K. O. durch Erwerb eines entsprechenden Geschäftsanteils als zweiter Gesellschafter in die „C. GmbH“ ein. Mit Handelsregistereintrag vom 12. April 2010 wurde Herr K. O. neben Herrn X. C. zum zweiten Geschäftsführer bestellt. Durch Gesellschafterbeschluss vom 28. Februar 2014 wurde Herr X. C. mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Klägerin abberufen. Es wurde zudem eine vollständige Neufassung des Gesellschaftsvertrages der Klägerin beschlossen. Unter anderem wurde die Firma der Gesellschaft in „F. GmbH“ geändert. Die „F. GmbH“ wurde am 9. April 2014 in das Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main (HR B 00000) eingetragen. Unter Ziffer 6 lit. a) des Handelsregistereintrages heißt es: „Gesellschaftsvertrag vom 27. August 1997, mehrfach geändert. Die Gesellschafterversammlung vom 28. Februar 2014 hat die Neufassung des Gesellschaftsvertrages, insbesondere die Änderung in § 1 (Firma, bisher: C. GmbH), § 1 (Sitz) und mit ihr die Sitzverlegung von N. /M. (bisher Amtsgericht N. HRB 0000) nach F1. und § 3 (Stammkapital) und mit ihr die Umstellung des Stammkapitals auf Euro sowie gleichzeitig die Erhöhung des Stammkapitals um 3,41 Euro beschlossen“. Die im Handelsregister des Amtsgerichts N. (HR B 0000) geführte „C. GmbH“ wurde wegen der Verlegung des Unternehmenssitzes nach F1. am 15. April 2014 dort gelöscht. 5Das Regierungspräsidium H. untersagte der C. GmbH, Herrn X. C. und Herrn K. O. mit nicht bestandskräftigen Gewerbeuntersagungsbescheiden vom 6. Dezember 2012 gemäß § 35 Gewerbeordnung (GewO) die Ausübung des Gewerbes Einzelhandel mit Gebrauchtwaren (Textilien) sowie Unterhaltung eines Lagerhauses zum Lagern von Gegenständen aller Art. Die Untersagung erstreckte sich auch auf jede andere selbstständige gewerbliche Tätigkeit, soweit diese unter § 35 GewO fällt. Bezüglich Herrn X. C. und Herrn K. O. erstreckte sich die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person, insbesondere auf die Tätigkeiten als Geschäftsführer der Firma C. GmbH. Die Gewerbeuntersagungsbescheide stützten sich maßgeblich auf Verstöße gegen das Straßen- und Wegerecht durch unerlaubte Aufstellung von Sammelcontainern in zahlreichen Städten im Bundesgebiet. Gegen die Gewerbeuntersagungsbescheide wurde vor dem Verwaltungsgericht H. Klage erhoben. Im Rahmen dieses Klageverfahrens wurde am 29. August 2013 ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, in dessen Folge die Gewerbeuntersagungsbescheide am 29. August 2013 aufgehoben wurden. Das Regierungspräsidium H. teilte daraufhin mit Schreiben vom 9. September 2013 ausdrücklich mit, man habe sich davon überzeugt, dass die in den Gewerbeuntersagungsbescheiden aufgezeigten Mängel in der Organisation des Gewerbebetriebes, die zu dem Vorwurf unzuverlässigen Verhaltens im Sinne von § 35 GewO geführt haben, beseitigt wurden. Das Regierungspräsidium H. gehe davon aus, dass der Gewerbebetrieb durch die Kläger zuverlässig und ordnungsgemäß geführt werde. Die Gewerbeuntersagungsbescheide seien aufgehoben worden. 6Die Klägerin führte eigenen Angaben zufolge schon vor dem 1. Juni 2012 im Stadtgebiet der Beklagten eine Sammlung von Alttextilien mittels Altkleidercontainern durch. Sie unterhält im Stadtgebiet der Beklagten 32 Altkleidercontainer. 7Im Stadtgebiet der Beklagten führt die Gesellschaft für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft L. mbH & Co. KG (H1. ) als beauftragte Dritte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seit dem 1. Juli 2013 eine flächendeckende Sammlung von Alttextilien im Wege eines Holsystems durch. 8Mit Schreiben vom 27. August 2012 (Eingang bei der Beklagten: 29. August 2012) zeigte die Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer K. O. , die von ihr im Stadtgebiet der Beklagten durchgeführte gewerbliche Sammlung von Alttextilien und -schuhen aus privaten Haushalten nach § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) an. In der Anzeige gab die Klägerin an, ca. 20 Mitarbeiter und ca. 15 Fahrzeuge zu haben und im Monat 6 t Altkleider und Altschuhe zu sammeln, die von dem Betrieb V. T. in Litauen verwertet würden. Fehlwürfe würden in dem Müllheizkraftwerk L1. GmbH entsorgt. Der Anzeige fügte die Klägerin u.a. ein Zertifikat als Entsorgungsfachbetrieb (gültig bis zum 24. Dezember 2013), eine Bestätigung des Betriebes T. über die Abnahme von 900 t Alttextilien pro Jahr sowie zwei Formblätter gemäß § 53 KrWG „Anzeige für Sammler, Beförderer, Händler und Makler“ bei. In den Formblättern wird Herr W. O. als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person benannt. 9Unter dem 5. September 2012 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage weiterer Unterlagen auf. Die Klägerin solle u.a. Angaben über Art, Ausmaß und Dauer (insbesondere zu Containerstandorten) machen und Gewerbezentralregisterauszüge sowie Führungszeugnisse der Geschäftsführer und der für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs verantwortlichen Person vorlegen. 10Nachdem seitens der Klägerin keine Reaktion erfolgte, untersagte die Beklagte mit Ordnungsverfügung vom 17. Oktober 2012 die von der Klägerin am 29. August 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Bekleidung – einschließlich Schuhen – im Rahmen eines Bringsystems im gesamten Stadtgebiet L. (Ziffer I.) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer II.). Für den Fall, dass die Klägerin der Anordnung unter Ziffer I. der Ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkomme, drohte die Beklagte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung an (Ziffer III.). Die Beklagte stützte die Untersagung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Sammlung sei nicht vollständig und daher nicht ordnungsgemäß angezeigt worden. 11Die Klägerin erhob gegen diese Ordnungsverfügung am 29. Oktober 2012 Klage vor dem erkennenden Gericht (Az.: 17 K 7409/12) und stellte zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az.: 17 L 1911/12). Nachdem die Klägerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes obsiegte, hob die Beklagte die angefochtene Ordnungsverfügung vom 17. Oktober 2012 durch Bescheid vom 15. Januar 2013 auf. Das Hauptsacheverfahren (Az.: 17 K 7409/12) wurde übereinstimmend für erledigt erklärt. 12Mit Schreiben vom 30. Januar 2013 forderte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich ihrer Sammlungsanzeige vom 27. August 2012 erneut zur Vorlage ergänzender Unterlagen auf. Die Klägerin solle u.a. Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung machen und Gewerbezentralregisterauszüge sowie Führungszeugnisse der Geschäftsführer und der für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs verantwortlichen Person vorlegen. 13Nachdem eine Reaktion der Klägerin auf das Schreiben der Beklagten vom 30. Januar 2013 ausblieb, wurde die Klägerin mit Schreiben vom 12. April 2013 zur beabsichtigten Untersagung der angezeigten gewerblichen Sammlung angehört. 14Mit Ordnungsverfügung vom 30. April 2013, mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 7. Mai 2013, untersagte die Beklagte der Klägerin die am 29. August 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Bekleidung und Textilien aus privaten Haushalten im Rahmen eines Bringsystems mit Sammelcontainern im gesamten Stadtgebiet L. (Ziffer I.) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Ziffer II.). Für den Fall, dass die Klägerin der Anordnung unter Ziffer I. der Ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkomme, drohte die Beklagte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 Euro für jeden Tag der Zuwiderhandlung an (Ziffer III.). 15Die Beklagte stützte die Ordnungsverfügung auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Sammlung sei nicht vollständig und daher nicht ordnungsgemäß angezeigt worden. Es fehlten Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung sowie Belege über die in der Vergangenheit im Stadtgebiet L. ausgeübte Sammlungstätigkeit. Die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs und der Sammlung verantwortlichen Personen seien nicht benannt worden. Folglich seien der Anzeige nicht alle der in § 18 Abs. 2 KrWG genannten Unterlagen beigefügt worden. Es habe daher nicht abschließend geprüft werden können, ob der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Des Weiteren bestünden massive Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin. Diese folgten aus den gegenüber der C. GmbH, X. C. und K. O. erlassenen Gewerbeuntersagungsbescheiden des Regierungspräsidiums H. vom 6. Dezember 2012, mit denen die Ausübung des Gewerbes Einzelhandel mit Gebrauchtwaren (Textilien) sowie Unterhaltung eines Lagerhauses zum Lagern von Gegenständen aller Art untersagt worden sei. Die Gewerbeuntersagungsbescheide stützten sich maßgeblich auf Verstöße gegen das Straßen- und Wegerecht durch unerlaubte Aufstellung von Sammelcontainern in zahlreichen Städten im Bundesgebiet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, weil die Klägerin beabsichtige werthaltige Abfälle zu sammeln und hierdurch nachteilige Auswirkungen auf die Gebührenkalkulation und Gebührensätze hervorgerufen würden. Die Sammlung der Klägerin führe beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu einem Verlust durch entgangene Erlöse, so dass diese nicht mehr gebührenmindernd in die Gebührenberechnung einbezogen werden könnten. 16Die Klägerin hat am 4. Juni 2013 Klage erhoben. 17Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Ordnungsverfügung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die Ordnungsverfügung sei formell rechtswidrig, weil es bei der Beklagten an einer hinreichenden organisatorischen Trennung zwischen unterer Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger fehle. Die Ordnungsverfügung sei auch materiell rechtswidrig. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Sammlungsanzeige vollständig und enthalte sämtliche Angaben und Darlegungen gemäß § 18 Abs. 2 KrWG. Insbesondere habe sie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle in ausreichendem Maße dargelegt. Es bestehe auch keine Verpflichtung, der Beklagten gegenüber die genauen Containerstandorte offen zu legen. Ihre Sammelcontainer im Stadtgebiet L. stünden allesamt auf Privatgrundstücken. Für sämtliche Containerstandorte sei sie im Besitz entsprechender Mietverträge. Herr W. O. sei zu keinem Zeitpunkt im Unternehmen tätig gewesen. Die Angabe von W. O. als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person im Formblatt Anzeige für Sammler, Beförderer, Händler und Makler nach § 53 KrWG sei versehentlich erfolgt und mit Schreiben vom 4. September 2013 gegenüber dem Regierungspräsidium H. korrigiert worden. Es bestünden keine Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit. Die Beklagte könne eine etwaige Unzuverlässigkeit nicht aus den Gewerbeuntersagungsbescheiden des Regierungspräsidiums H. vom 6. Dezember 2012 herleiten. Die Gewerbeuntersagungsbescheide seien nicht bestandskräftig, sondern im Zuge der vor dem Verwaltungsgericht H. geführten Verfahren 8 K 3488/12, 8 K 3514/12 und 8 K 3516/12 seitens des Regierungspräsidiums H. aufgehoben worden. Die Gewerbeuntersagungsbescheide enthielten keinerlei Nachweise darüber, dass sie tatsächlich gegen Rechtsvorschriften verstoßen habe und seien nicht geeignet gewesen, eine Gewerbeuntersagung zu rechtfertigen. Die Beklagte könne sich zudem nicht lediglich auf ein Gewerbeuntersagungsverfahren einer anderen Behörde berufen und die dort erwähnten Verstöße zum Anlass nehmen, eine Sammlungsuntersagung auszusprechen. Gleichfalls könne die Beklagte nicht auf Entscheidungen anderer Gerichte betreffend das Territorium anderer Kommunen verweisen und daraus eine Unzuverlässigkeit der Klägerin für das Stadtgebiet L. herleiten. Es sei vielmehr erforderlich, dass die Beklagte, wenn sie Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit habe, eigene Sachverhaltsermittlungen durchführe. Andernfalls führe eine Sammlungsuntersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG für ein bundesweit tätiges Unternehmen wie sie – die Klägerin – faktisch zu einer gebietsunabhängigen Gewerbeuntersagung, wodurch die Grenze zu einer umfassenden Gewerbeuntersagung im Sinne von § 35 GewO praktisch aufgehoben werde. Ihre Zuverlässigkeit werde unabhängig davon durch ein aktuell gültiges Zertifikat als Entsorgungsfachbetrieb bestätigt. Die Beklagte habe des Weiteren für das Stadtgebiet L. keinen konkret durch sie – die Klägerin – hervorgerufenen Verstoß gegen Straßenrecht bzw. Privatrecht dargelegt. Vermeintliche Verstöße der Gesellschaften AG U1. und E. GmbH im Stadtgebiet L. könnten ihr nicht zugerechnet werden und seien nicht geeignet, Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit zu begründen. Derartige Verstöße könnten nur in entsprechenden, gegen diese Gesellschaften gerichteten Verfahren Berücksichtigung finden. Dessen ungeachtet habe sie – die Klägerin – Beschwerden über vermeintlich widerrechtlich aufgestellte Sammelcontainer zum Anlass genommen, unternehmensinterne Veränderungen der Arbeitsabläufe und der Personalstruktur vorzunehmen. Insoweit sei u.a. eine Zertifizierung als geprüfter Entsorgungsfachbetrieb durchgeführt worden und es seien Mitarbeiter für die Rechtsabteilung sowie zur Suche geeigneter Containerstellplätze und zur Kontrolle vorhandener Containerstellplätze eingestellt worden. Seit dem 1. Juni 2012 würden neben dem vorhandenen Containerbestand grundsätzlich keine neuen Sammelcontainer aufgestellt. Neue Container würden nur nach Auslaufen entsprechender Standortverträge im näheren Umfeld der bisherigen Standorte aufgestellt. Containeraufstellungen erfolgten stets nach Abschluss privatrechtlicher Verträge bzw. Einholung behördlicher Genehmigungen für den jeweiligen Standort. Sämtliche Containerstellplätze würden zum Zwecke der Überwachung geographisch und fotografisch dokumentiert. Vor diesem Hintergrund könne ihre Unzuverlässigkeit für die Zukunft nicht festgestellt werden. Im Übrigen genieße sie Vertrauensschutz gemäß § 18 Abs. 7 KrWG, weil sie bereits vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 gewerbliche Sammlungen im Stadtgebiet L. durchgeführt habe. 18Die Klägerin beantragt, 19die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 30. April 2013 aufzuheben. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf die angefochtene Ordnungsverfügung. Ergänzend und vertiefend führt sie aus, es bestehe eine ausreichende organisatorische und personelle Trennung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und der unteren Umweltschutzbehörde. Die Sammlungsanzeige sei unvollständig. Die Klägerin habe nicht alle in § 18 Abs. 2 KrWG genannten Angaben gemacht. Insbesondere habe sie zu keinem Zeitpunkt die Anzahl und die Standorte ihrer Sammelcontainer im Stadtgebiet L. offen gelegt. Die Benennung der Containerstandorte sei unabdingbar für die Beurteilung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle, die Prüfung der Leistungsfähigkeit der angezeigten Sammlung im Bringsystem sowie die Prüfung, ob die angezeigte Sammlung zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führe. Überdies habe die Klägerin nicht ausreichend klargestellt, welche Personen für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes und welche Personen für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlich seien. Die Klägerin könne sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen gemäß § 18 Abs. 7 KrWG berufen, denn die schlichte Behauptung, bereits vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine gewerbliche Sammlung im Stadtgebiet L. durchgeführt zu haben, sei durch nichts belegt. Hinzu komme, dass die Klägerin eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der in der Vergangenheit gesammelten Abfälle nicht nachgewiesen habe. Die ordnungsgemäße Verwertung der Abfälle sei auch aktuell nicht nachgewiesen. Die Klägerin habe eine Bestätigung der Firma V. T. über die Abnahme von 900 t Alttextilien pro Jahr vom 21. Juni 2012 vorgelegt. Diese Menge sei schon im Hinblick auf ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht München (Az.: M 17 K 13.2417) überschritten worden, so dass die Darlegung der Verwertungswege im hiesigen Verfahren nicht nachvollziehbar und widersprüchlich sei. Die Beklagte leite die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin nicht allein aus den Gewerbeuntersagungsbescheiden des Regierungspräsidiums H. vom 6. Dezember 2012 her. Vielmehr habe die Klägerin auch im Stadtgebiet L. unter dem Namen AG U1. auf der L2. Allee 170 (festgestellt am 18. Oktober 2012) auf der V1. Straße 650-652 (festgestellt am 8. November 2012) sowie auf der H2.--------straße (festgestellt am 6. Mai 2013) auf Privatgrundstücken Sammelcontainer aufgestellt, ohne die Zustimmung der jeweiligen Grundstückseigentümer einzuholen. Die Container seien so aufgestellt gewesen, dass es zusätzlich auch einer Sondernutzungserlaubnis bedurft hätte. Des Weiteren seien durch die Firma E. GmbH auf der L3. Straße 447 in L. (festgestellt am 16. September 2013) mit Zustimmung des Grundstückseigentümers zwei Sammelcontainer auf einem Privatgrundstück aufgestellt worden, ohne dass die Firma E. GmbH eine gewerbliche Sammlung angezeigt habe. Die Firma E. GmbH habe zudem durch die Firma D. KG auf der C1.-----straße 59 in L. (festgestellt am 23. Oktober 2013) einen Altkleidersammelcontainer aufgestellt, ohne vorher die Zustimmung des Grundstückseigentümers einzuholen. Kurze Zeit später sei dieser Container auf öffentlichen Straßengrund versetzt worden, ohne insoweit eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis einzuholen. Geschäftsführer der Firma E. GmbH sei Herr W. O. , der zugleich als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes der Klägerin verantwortliche Person benannt werde. Aus dem Umstand, dass Herr W. O. unter der Firma E. GmbH eine nicht angezeigte gewerbliche Sammlung betreibe, folge dessen Unzuverlässigkeit. Man habe zudem am 18. Dezember 2013 der Presse entnommen, dass durch die Firma AG U1. Sammelcontainer ohne Erlaubnis auf Parkplätzen der Firma B. in X1. und P. aufgestellt worden seien. Im Übrigen hätten zwischenzeitlich zahlreiche Verwaltungsgerichte, u.a. das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, in unterschiedlichen Verfahren die Unzuverlässigkeit der Klägerin festgestellt. 23Die Stadt X2. hat in den beigezogenen Verfahren 17 K 3310/13 (F. GmbH./.Stadt X2. ) und 17 L 575/13 (C. GmbH./.Stadt X2. ) ausgeführt, ausweislich der Feststellungen des Ressorts Straßen und Verkehr der Stadt X2. , seien in den Jahren 2011 und 2012 in fünf Fällen Bußgeldverfahren gegen die C. GmbH wegen unerlaubter Sondernutzung eingeleitet worden. Gegenstand der Verstöße sei das Aufstellen von Sammelcontainern für Altkleider auf bzw. an öffentlichen Gehwegen in X2. an den Standorten I1. -C2. Straße (Einmündung L4. -T1. -Straße), Straße I2. (gegenüber Haus Nr. 19), S. Straße (Einmündung zu den Häusern 39 ff.), Straße E1. (vor Haus Nr. 54 an der Bushaltestelle) und Straße I2. (vor Haus Nr. 62.) gewesen, (vgl. Bl. 90 der Gerichtsakte im Verfahren 17 L 575/13). Trotz dieses Umstandes habe die Klägerin auch im Jahr 2013 zwei Sammelcontainer ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis so aufgestellt, dass sie in den öffentlichen Straßenraum hineinragten (E2. Straße vor Haus Nr. 8 und I3. Straße westlich neben dem Spielplatz Rückseite der Straße O1.------weg ) (vgl. Bl. 91 der Gerichtsakte im Verfahren 17 L 575/13). Auch insoweit sei ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden. Darüber hinaus seien Sammelcontainer auf privaten Grundstücken ohne eine Genehmigung durch den Grundstückseigentümer aufgestellt worden (X3.---ring I2. C3. . 10 und auf Flächen der Stadt X2. ) (vgl. Bl. 84 der Gerichtsakte im Verfahren 17 L 575/13). Mit Schreiben vom 23. Januar 2014 teilte die Stadt X2. überdies mit, die Klägerin betätige sich weiterhin auf dem X4. Stadtgebiet als gewerbliche Sammlerin von Altkleidern. So habe sie einen Sammelcontainer für Altkleider am X3.---ring vor der Einmündung der T2.----------straße in X2. auf einem privaten Grundstück ohne die Erlaubnis der Grundstückseigentümerin, der N1. Hausverwaltung GmbH & Co. KG, aufgestellt. 24Das Gericht hat im beigezogenen Verfahren 17 K 3310/13 (F. GmbH./.Stadt X2. ) Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister nach § 150a Abs. 2 Nr. 1 GewO betreffend X. C. , K. O2. , W. O. und die C. GmbH eingeholt und diese den Beteiligten des hiesigen Verfahrens mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Dezember 2014 zur Kenntnisnahme übersandt. Sämtliche Auskünfte enthalten keine Eintragung. 25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakten 17 K 3310/13 (F. GmbH./.Stadt X2. ), 17 L 575/13 (C. GmbH./.Stadt X2. ) und 17 K 3705/13 (F. GmbH./.Stadt E3. ) nebst Beiakten ergänzend Bezug genommen. 26Entscheidungsgründe: 27Infolge der durch Gesellschafterbeschluss vom 28. Februar 2014 vorgenommenen Umfirmierung von „C. GmbH“ in „F. GmbH“ sowie der Sitzverlegung von N. /M. nach F1. und der am 9. April 2014 im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main (HR B 00000) erfolgten Eintragung der Änderungen, war das Rubrum entsprechend zu berichtigen. 28Die Klage hat Erfolg. 29A. Die Klage ist zulässig. 30I. Die Klägerin ist beteiligtenfähig gemäß § 61 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach § 13 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ist sie rechtsfähige juristische Person und zugleich Formkaufmann gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG. Aus der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit folgt ihre Beteiligtenfähigkeit im Sinne von § 61 Nr. 1 VwGO, 31vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 61, Rn. 13. 32Die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin ist auch nicht durch die aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 28. Februar 2014 erfolgte Abberufung des Geschäftsführers X. C. und die „vollständige Neufassung des Gesellschaftsvertrages“ (Ziffer III. des Gesellschafterbeschlusses) entfallen, mit welcher u.a. die Firma der Gesellschaft von „C. GmbH“ in „F. GmbH“ geändert, der Sitz der Gesellschaft von N. /M. nach F1. verlegt und eine Erhöhung des Stammkapitals beschlossen wurde. 331. Die von den Gesellschaftern beschlossene Neufassung des Gesellschaftsvertrages – insbesondere die Umfirmierung und die Sitzverlegung – hat nicht zum Erlöschen der Rechtsfähigkeit und demgemäß zu keinem Wegfall der Beteiligtenfähigkeit im Sinne von § 61 Nr. 1 VwGO geführt. 34Die Beteiligtenfähigkeit einer GmbH ist grundsätzlich gegeben, solange sie rechtsfähig ist, 35vgl. Czybulka, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 61, Rn. 13 m.w.N. 36Eine GmbH entsteht als juristische Person und wird rechtsfähig mit der Eintragung im Handelsregister (§ 11 Abs. 1 GmbHG); sie erlischt mit Eintritt der Vollbeendigung, 37vgl. BAG, Urteil vom 4. Juni 2003 – 10 AZR 448/02 –, juris Rn. 24 m.w.N. 38Vollbeendigung tritt regelmäßig ein, wenn die Gesellschaft wegen einer der in § 60 Abs. 1 GmbHG genannten Gründe oder eines im Gesellschaftsvertrag (§ 60 Abs. 2 GmbHG) festgesetzten Auflösungsgrundes aufgelöst, die Liquidation beendet und der Schluss der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden ist (§§ 66 bis 74 GmbHG). Eine Beendigung der Gesellschaft ohne Liquidation tritt grundsätzlich nur bei Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG i.V.m. § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ein. Mit dem Wegfall der Rechtsfähigkeit entfällt grundsätzlich auch die Beteiligtenfähigkeit der GmbH, 39vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – 1 D 129/11 –, juris Rn. 2; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 61, Rn. 13 m.w.N. 40Nach Maßgabe dieser Kriterien sind keinerlei Anhaltspunkte für ein Erlöschen der Rechtsfähigkeit durch Vollbeendigung der Gesellschaft ersichtlich, weshalb auch die Beteiligtenfähigkeit gemäß § 61 Nr. 1 VwGO nicht entfallen ist. 41Die gesetzlich normierten Auflösungsgründe im Sinne von § 60 Abs. 1 GmbHG sind nicht einschlägig. Insbesondere kann dem Gesellschafterbeschluss vom 28. Februar 2014 nicht ansatzweise eine Intention der Gesellschafter entnommen werden, die Gesellschaft gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG aufzulösen. Auch der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag vom 27. August 1997 enthält keine vertraglich normierten Auflösungsgründe (§ 60 Abs. 2 GmbHG), deren Eintritt festgestellt werden könnte. Aus dem Gesellschafterbeschluss vom 28. Februar 2014 geht vielmehr unmissverständlich hervor, dass die ursprüngliche Gesellschaft mit den beschlossenen Änderungen (Ziffer I. Geschäftsführerabberufung, Ziffer II. Umstellung von Stammkapital, Geschäftsanteilen und Betragsangaben auf Euro, Ziffer III. Neufassung des Gesellschaftsvertrages mit Firmenänderung, Sitzverlegung und Kapitalerhöhung um 3,41 Euro) weiter fortbestehen soll. Demgemäß ist ungeachtet der beschlossenen Änderungen durch den Gesellschafterbeschluss keine Änderung des Gegenstandes der Gesellschaft, geschweige denn eine Veränderung in der Person der Gesellschafter bewirkt worden. Darüber hinaus fehlt es ersichtlich an der konstitutiven Anmeldung und Eintragung einer Auflösung im Handelsregister (§ 65 GmbHG), der Durchführung und Beendigung der Liquidation (§§ 66 bis 74 GmbHG) und der Löschung der GmbH aus dem Handelsregister. 42Dass die Klägerin am 9. April 2014 im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main (HR B 00000) eingetragen und nachfolgend am 15. April 2014 im Handelsregister des Amtsgerichts N. (HR B 0000) gelöscht wurde, ist – wie sich auch dem Schreiben des Amtsgerichts N. an die Klägerin vom 6. August 2014 entnehmen lässt – lediglich Folge der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von N. nach F1. . Denn ausschließlich örtlich zuständiges Registergericht ist jeweils das Gericht, in dessen Bezirk sich der Sitz der Gesellschaft befindet (§ 377 Abs. 1 FamFG, § 29 Handelsgesetzbuch – HGB –). Demgemäß ist auch die Sitzverlegung bei dem Gericht, in dessen Bezirk sich die Gesellschaft befindet, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 31 Abs. 1, § 29 HGB). Vor diesem Hintergrund hat die Löschung der Klägerin im Handelsregister des Amtsgerichts N. nicht zum Verlust ihrer Rechtsfähigkeit geführt, weil es sich insoweit nicht um eine Löschung wegen Auflösung und Vollbeendigung der GmbH, sondern lediglich um eine Löschung wegen Verlegung des Gesellschaftssitzes handelt. Dies ergibt sich eindeutig aus den Eintragungen des Amtsgerichts Frankfurt am Main (HR B 00000) vom 9. April 2014 und des Amtsgerichts N. (HR B 0000) vom 15. April 2014, aus denen hervorgeht, dass eine Sitzverlegung von N. nach F1. stattgefunden hat. 43Schließlich hat auch die mit Gesellschafterbeschluss vom 28. Februar 2014 erfolgte Umfirmierung von „C. GmbH“ in „F. GmbH“ nicht zu einer Auflösung und Vollbeendigung der Gesellschaft geführt. Denn die Firma eines (Form)Kaufmannes ist lediglich der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt (vgl. § 17 Abs. 1 HGB). Durch eine Umfirmierung bleibt indes die Gesellschaft als juristische Person grundsätzlich unverändert bestehen. 442. Durch die von den Gesellschaftern beschlossene vollständige Neufassung des Gesellschaftsvertrages – insbesondere die Umfirmierung und die Sitzverlegung – ist auch keine andere, mit der Klägerin nicht identische, neue Gesellschaft gegründet worden, 45so aber VG Arnsberg, Urteil vom 23. Juni 2014 – 8 K 2665/13 –, juris Rn. 16 f. 46Aus den Regelungen im Gesellschafterbeschluss vom 28. Februar 2014, dem neugefassten Gesellschaftsvertrag und den Registereintragungen der Amtsgerichte Frankfurt am Main (HR B 00000) vom 9. April 2014 und N. (HR B 0000) vom 15. April 2014 mit entsprechenden Bezugnahmen auf den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vom 27. August 1997 und den bisherigen Firmennamen „C. GmbH“ geht – wie vorstehend unter A. I. 1. ausgeführt – unmissverständlich hervor, dass die „F. GmbH“ keine neu gegründete Gesellschaft darstellt, sondern personenidentisch ist mit der „C. GmbH“. Eine Gesellschaftsneugründung war seitens der Gesellschafter zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt und wurde auch nicht vorgenommen. Die „vollständige Neufassung“ des Gesellschaftsvertrages durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss ist lediglich als Abänderung des Gesellschaftsvertrages gemäß § 53 GmbHG, nicht indes als Neugründung einer anderen Gesellschaft zu qualifizieren. Die von den Gesellschaftern beschlossenen Änderungen der Firma, des Sitzes und des Stammkapitals sind vielmehr klassische Abänderungen im Sinne des § 53 GmbHG, 47vgl. Bartl/Bartl/Fichtelmann, GmbH-Recht, 7. Auflage 2013, § 53 GmbHG, Rn. 3 m.w.N. 48Da die Dispositionsbefugnis über die Inhalte des Gesellschaftsvertrages bei den Gesellschaftern liegt, steht es ihnen frei, eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages – wie hier geschehen – auch in Gestalt einer Neufassung der Vertragsbestimmungen vorzunehmen. Die Abänderung des Gesellschaftsvertrages wurde schließlich als solche gemäß § 54 GmbHG von dem beurkundenden Notar zur Eintragung angemeldet und dementsprechend am 9. April 2014 in das Handelsregister (HR B 00000) beim zuständigen Amtsgericht Frankfurt am Main eingetragen. Anhaltspunkte für eine Gesellschaftsneugründung lassen sich den Registereintragungen nicht entnehmen. 49B. Die Klage ist auch begründet. 50Die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 30. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 51I. Die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Sammlungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ist auf der Grundlage des derzeit geltenden Rechts zu beurteilen, 52vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 32. 53Die Beklagte hat die Untersagung der Sammlung von Alttextilien in ihrem Stadtgebiet – mangels ausdrücklicher Beschränkung auf eine bestimmte Tatbestandsvariante – sowohl auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) (Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bzw. der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Person) als auch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG gestützt (Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen). 54Hinsichtlich der Wirksamkeit des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 und 2 KrWG als Ermächtigungsgrundlage bestehen weder unionsrechtliche noch verfassungsrechtliche Bedenken, 55vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 15; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. September 2014 – 17 K 2730/13 –, juris Rn. 32; speziell zu § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG: VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 32 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2014 – 17 K 5343/13 –, juris Rn. 22 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/14 –, juris Rn. 34 ff., jeweils m.w.N. 56Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, wenn sich die zuständige Behörde – wie hier – anhand der ihr vorliegenden Unterlagen bereits dazu in der Lage sieht, eine Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu treffen, diese Norm als speziellere Vorschrift dem Auffangtatbestand des § 62 KrWG vorgeht. Eine entsprechende Ordnungsverfügung kann folglich im Falle einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung nicht zusätzlich auch auf § 62 KrWG gestützt werden. Denn § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG ist als Auffangtatbestand in der Regel nur dann die zutreffende Ermächtigungsgrundlage, wenn die zuständige Behörde anhand der ihr vorliegenden Informationen nicht in der Lage ist, eine für die (endgültige) Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erforderliche inhaltliche Prüfung der angezeigten Sammlung auf ihre Vereinbarkeit mit § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sowie der Zuverlässigkeit des Trägers der gewerblichen Sammlung und der für sie handelnden Personen vorzunehmen, 57vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. März 2013 – 17 L 266/13 –, juris Rn. 9; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 2. September 2014– 17 K 3552/13 –. 58Obwohl die Vorschrift des § 62 KrWG in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung an keiner Stelle genannt wird ist gleichwohl darauf hinzuweisen, dass selbst wenn unterstellt wird, die Beklagte habe die Untersagung der angezeigten Sammlung wegen etwaiger Unvollständigkeit der Sammlungsanzeige ausschließlich auf § 62 KrWG stützen wollen, eine auf § 62 KrWG gestützte Ordnungsverfügung jedenfalls wegen insoweit fehlender Ermessensbetätigung offensichtlich rechtswidrig wäre. Denn Entscheidungen nach § 62 KrWG stehen im Ermessen der Behörde. Der angefochtenen Ordnungsverfügung lassen sich indes keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage der zuvor genannten Vorschrift treffen wollte und getroffen hat. Ganz im Gegenteil heißt es in der angefochtenen Verfügung ausdrücklich, wegen der bestehenden Zweifel an der Zuverlässigkeit der Klägerin räume die Vorschrift des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG der Beklagten kein Ermessen ein. Die Beklagte ist folglich davon ausgegangen, sie müsse die angezeigte Sammlung im Rahmen einer gebundenen Entscheidung zwingend untersagen, 59vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, juris Rn. 17. 60II. Die Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig. 611. Von der Zuständigkeit der Beklagten – einer kreisfreien Stadt – als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Absätze 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Absatz 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz (ZustVU), ist auszugehen. 62Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG. 63Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG), und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens, 64vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24. 65Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist, 66vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39.07 –, juris Rn. 24; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 669/13 –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 22; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014– 17 K 2897/13 –, juris Rn. 34 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2014 – 17 K 8550/12 –, juris Rn. 58 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 17. 67Dabei ist von einer solchen Trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche Einheiten und Sachbearbeiter für die Erfüllung der Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger einerseits bzw. untere Umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. Es ist gerichtsbekannt, dass dies bei der Beklagten der Fall ist, 68vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 34 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. April 2013 – 17 L 440/13 –, juris Rn. 10 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 13 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2013 – 17 L 585/13 –, juris Rn. 9 ff. 69Die Aufgaben der unteren Umweltschutzbehörde werden von dem Team 361-2 (Untere Abfallwirtschaftsbehörde / Abfallberatung) wahrgenommen. Teamleiter ist Herr I4. . Das Team 361-2 ist für die Anzeigenbearbeitung, Anhörung und den Erlass von Verfügungen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 und 2 KrWG zuständig. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers werden von dem Team 361-1 (Abfallwirtschaft / Straßenreinigung) wahrgenommen. Teamleiter ist Herr G. . Die Abteilungsleitung 361 (Frau C4. ) hat im Hinblick auf Anordnungen nach § 18 KrWG ausschließlich Vorgesetzten- und Weisungsfunktion gegenüber dem Team 361-1, nicht aber gegenüber dem Team 361-2. In diesen Fällen wird die Vorgesetzten- und Weisungsfunktion unmittelbar durch die Fachbereichsleitung Umwelt (Herr E4. ) wahrgenommen, 70vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn 34. ff. 712. Die Klägerin ist mit Schreiben vom 12. April 2013 auch ordnungsgemäß im Sinne von § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) angehört worden. 72III. Die Ordnungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig. 73Sowohl die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG (1.), als auch die des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG (2.) sind nicht gegeben. 741. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG hat die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Letztere Norm ist als Ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden Überlassungspflichten (§ 17 Abs. 1 KrWG) konzipiert. Die Überlassungspflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG für Abfälle aus privaten Haushaltungen besteht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. 75Auch ohne die Untersagung der Sammlung der Klägerin wird die Durchsetzung der Überlassungspflichten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG nicht gefährdet. Die von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe – die Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne des § 3 KrWG darstellen (a.) – unterliegen nämlich gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht der Überlassungspflicht, weil sie durch die Klägerin einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (b.) und überwiegende öffentliche Interessen der Sammlung nicht entgegenstehen (c.). 76a. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung, 77vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 11 ff., 78ist von der Abfalleigenschaft der von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe auszugehen, 79vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 60 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –, juris Rn. 35. 80Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung in diesem Sinne ist gemäß § 3 Abs. 2 KrWG anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zum KrWG zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt. 81Die Abfalleigenschaft der von der Klägerin gesammelten Alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer Entledigung durch den Besitzer (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KrWG) in Gestalt der Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft durch Einwurf in ein Sammelbehältnis (Sammelcontainer bzw. für Straßensammlungen zur Abholung bereitgestellte Säcke) unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung (§ 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG). 82Sobald die Vorbesitzer der Kleidung diese in ein Sammelbehältnis werfen, geben sie ihre diesbezügliche Sachherrschaft auf. Ein Rückschluss von der I2. der Wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) Zweckbestimmung des Besitzers im Sinne von § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG ist nicht möglich. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne Besitzer Kenntnis von der Wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der Weg-/Abgabe von nicht mehr für eigene Zwecke benötigten Alttextilien oder -schuhen auf der Grundlage dieser Kenntnis zwischen potenziell in Betracht kommenden (Annahme-)Stellen entscheidet. 83Unabhängig von der Wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit der Übergabe von Alttextilien an einen „Second-Hand-Laden“ oder an eine Kleiderkammer eine Zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim Einwurf von Alttextilien in ein öffentlich zugängliches Sammelbehältnis nicht feststellen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein Großteil der Abgebenden Alttextilien und -schuhe aus der Motivationslage heraus und mit der Hoffnung in ein Sammelbehältnis werfen, Kleidung und Schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. Jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung im Sinne einer realistischen und verbindlichen Festlegung einer entsprechenden Funktion der einzelnen Sache nichts ersichtlich. 84Weiterhin steht der Annahme einer Zweckbestimmung entgegen, dass in aller Regel ein Interesse oder ein Wille des Abgebenden, die Einhaltung der (unterstellten) Zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen dürften, weil er mit dem Einwurf der Alttextilien und -schuhe in ein Sammelbehältnis im Regelfall jede weitere Einflussmöglichkeit aufgibt. Angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen Grundlage für die Annahme, ein Alttextilien und -schuhe Abgebender wolle über das Bestehen einer bestimmten Motivationslage hinaus eine (verbindliche) Zweckbestimmung treffen. Im Übrigen machte die Annahme einer beim Einwurf von Alttextilien und -schuhen in ein Sammelbehältnis abgegebenen Zweckbestimmung nur Sinn, wenn es einen Adressaten gäbe, der sich entsprechend der Bestimmung verhalten könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die (unterstellte) Zweckbestimmung bei der Abgabe (Einwurf in ein Sammelbehältnis) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im Nachhinein nicht möglich ist, allein aus der Art und/oder dem Erhaltungszustand eines einzelnen (Textil-)Stücks auf eine (unterstellte) Zweckbestimmung des Abgebenden beim Einwurf in das Sammelbehältnis zurückzuschließen. Da es unterschiedliche Gründe oder Motive gibt, aus denen heraus Alttextilien zur „Kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit Sicherheit auch Fälle, in denen ein zur Wiederverwendung geeignetes Kleidungsstück ohne entsprechende Zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der Abgebende das Stück – zur Verminderung eines überschüssigen Bekleidungsbestands – schlicht „loswerden“ will und es beispielsweise aus Umweltschutz- oder Platzgründen nicht in den Restabfallbehälter wirft. Schließlich führte der Rückschluss von der Art oder dem Erhaltungszustand eines Textilstücks auf die (unterstellte) Zweckbestimmung dazu, dass von der Klägerin jedenfalls auch Abfall gesammelt wird. Denn im Hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare Kleidung und Schuhe sowie auf andere Textilien außerhalb von Bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die Wiederverwendung als Kleidungsstück gerichteten Zweckbestimmung ausgegangen werden. 85Da die Abfalleigenschaft bereits aus der Entledigung gemäß § 3 Abs. 2 Alt. 3 KrWG folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 Abs. 3 KrWG aufgrund des Willens zur Entledigung ergibt. 86Schließlich handelt es sich bei den Alttextilien auch um Abfälle aus privaten Haushaltungen, die von der Überlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG erfasst werden. Unter Abfällen aus privaten Haushaltungen sind solche zu verstehen, die im Rahmen der privaten Lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen, 87vgl. Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage 2012, § 17 Rn. 18. 88Dazu gehören ohne Weiteres Alttextilien. 89b. Die Klägerin führt die Abfälle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zu. 90Zur Ausfüllung des Begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung kann auf § 7 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwertung der von der Klägerin eingesammelten Alttextilien und -schuhe die Schadlosigkeit im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG fehlt, liegen von vornherein nicht vor. Weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt. Die Verwertung erfolgt danach ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. 91Hinsichtlich der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Abfälle ist im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG eine Darlegung erforderlich. Eine Verpflichtung, im Rahmen der Anzeige einer gewerblichen Sammlung Nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung zu erbringen, wird hingegen nicht statuiert. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG, der im Hinblick auf die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung ausdrücklich eine Darlegung ausreichen lässt, 92vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, juris Rn. 8, 11; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 –, juris Rn. 6, 10; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 48 ff.; weitergehend wohl OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. Juli 2013 – 8 B 10533/13 –, juris Rn. 11; VGH Bayern, Beschluss vom 14. November 2013 – 20 CS 13.1704 –, juris Rn. 14 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 16. Juni 2014 – 20 ZB 14.885 –, juris Rn. 4; VGH Bayern, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 20 CS 14.1313 –, juris Rn. 4 ff. 93Bestätigt wird dies durch die Systematik der gesetzlichen Regelungen. Die §§ 17 und 18 KrWG verwenden lediglich die Begriffe „Angaben“ und „Darlegung“. Vor dem Hintergrund des an anderen Stellen im novellierten Kreislaufwirtschaftsgesetz verwendeten Begriffes „Nachweis“ kann unterstellt werden, dass dem Gesetzgeber der qualitative Unterschied der Begriffe „Angaben“ bzw. „Darlegung“ auf der einen und „Nachweis“ auf der anderen Seite offenkundig geläufig ist und er sich für die Anzeige gewerblicher Sammlungen nach § 18 Abs. 1 und 2 KrWG angesichts der gewählten Begrifflichkeiten mit einem geringeren Grad der Verifizierung begnügt. Die Anzeigepflicht des § 18 Abs. 1 und 2 KrWG darf daher nicht so gehandhabt werden, als handele es sich um ein präventives Erlaubnisverfahren, 94vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 –, juris Rn. 6; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 50; wohl auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, juris Rn. 8, 11. 95Nach diesen Grundsätzen ist eine transparente und nachvollziehbare Darlegung jedenfalls so lange ausreichend, wie keine tatsachengestützten Bedenken im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung bestehen, 96vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, juris Rn. 8, 11; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 52. 97Die im Rahmen der Anzeige von der Klägerin erbrachte Darlegung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung genügt diesen Anforderungen. Die Klägerin verfügt über eine bis zum 24. Dezember 2015 gültige Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb. Sie hat angegeben, dass rund 7 % der von ihr gesammelten Textilabfälle aus Störstoffen (sog. Fehlwürfe) bestehen. Die Fehlwürfe würden der Müllheizkraftwerk L1. GmbH – einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb – zur Entsorgung zugeführt. Die von Störstoffen befreiten Alttextilien und -schuhe würden sodann an die Firma V. T. in Litauen geliefert. Im beigezogenen Verfahren 17 K 3705/13 (F. ./.Stadt E3. ), dem eine gleichlautende Sammlungsanzeige zugrundeliegt, hat die Klägerin ihre Darlegungen zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Zeitpunkt der Anzeigeerstattung näher konkretisiert. Insoweit würden ihre Sammelbehälter wöchentlich angefahren und geleert. Bei der Leerung trennten ihre Mitarbeiter die Fehlwürfe (stark verschmutzte Alttextilien, Teppiche, Holz, Plastik, Lebensmittel etc.) von den übrigen Alttextilien und -schuhen. Die getrennten Fehlwürfe würden zum Lager der Klägerin in C5. transportiert und dort in einen angemieteten Container der Firma L5. L6. GmbH verbracht. Sobald der Container voll sei, werde er von der Firma L5. L6. GmbH abgeholt und der Inhalt zum Zweck der Entsorgung an die Müllheizkraftwerk L1. GmbH geliefert. Die von Fehlwürfen getrennten Alttextilien würden unmittelbar an die Firma V. T. veräußert, dort sortiert und entsprechend der Qualität der Ware weiterverkauft. Im beigezogenen Verfahren 17 K 3705/13 (F. ./.Stadt E3. ) legte die Klägerin zudem nachvollziehbare Unterlagen über die Entsorgung der Fehlwürfe (Übernahmeschein, Entsorgungsnachweise) sowie einen Vertrag mit der Firma V. T. vom 28. Juni 2012 / 19. Juli 2012 über die Verbringung und Verwertung von Abfällen vor. Vor diesem Hintergrund bestehen keinerlei tatsachengestützte Bedenken im Hinblick auf etwaige Missstände der Verwertung. Insbesondere ist für Missstände bei den genannten Unternehmen weder etwas vorgetragen noch sonst Umstände hierfür ersichtlich. 98Auch der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen der hiesigen Sammlungsanzeige und auch in weiteren Verfahren, 99vgl. etwa VG München, Urteil vom 21. November 2013 – M 17 K 13.2417 –, juris Rn. 42, 45, 100eine Bestätigung der Firma V. T. vom 21. Juni 2012 über die Lieferung von 900 t Alttextilien pro Jahr vorgelegt hat, begründet keine tatsachengestützten Bedenken bezüglich etwaiger Missstände der Verwertung. Denn in dem nachfolgend geschlossenen Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma V. T. vom 28. Juni 2012 / 19. Juli 2012 über die Verbringung und Verwertung von Abfällen ist keine Mengenbegrenzung bezüglich der Abnahme von Alttextilien enthalten. 101Soweit darüber hinaus zum Teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche Sammler müsse stets einen Vertrag mit dem Verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen Erlös die Abnahme der Stoffe garantiere, 102vgl. VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2013 – AN 11 K 12.00358 –, juris Rn. 34; noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG: VG Ansbach, Beschluss vom 30. März 2012 – AN 11 S 12.00357 –, juris Rn. 25, 103kann dem jedenfalls unter dem geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen Bereich der Alttextil- und Schuhsammlung aufgrund des Charakters des Abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger Abfall – ähnlich wie Altglas oder Altpapier –, für den etablierte Verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden, 104vgl. hierzu VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, juris Rn. 34 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 68 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2014 – 17 K 5343/13 –, juris Rn. 57 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 57, jeweils m.w.N. 105Dies gilt gerade auch angesichts des dauerhaft deutlich positiven Marktwertes von Alttextilien. 106c. Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, die die Untersagung rechtfertigen könnten. 107Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet (Satz 1). Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (Satz 2 Alt. 1) oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (Satz 2 Alt. 2). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (Nr. 1), die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (Nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (Nr. 3). 108Hier sind entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Form der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten durch die Sammlung der Klägerin nicht anzunehmen. Weder wird die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen durch die gewerbliche Sammlung verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) (aa.) noch wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich durch die Sammlung beeinträchtigt. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft L. mbH & Co. KG (H1. ) als beauftragte Dritte des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Alttextilien durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG) (bb.). Zudem gefährdet die gewerbliche Sammlung der Klägerin nicht die Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) (cc.). Schließlich wird auch nicht die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) (dd.). 109aa. Die Sammlung verhindert nicht die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen, § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Dies gilt auch, wenn sie im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen betrachtet wird, § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. 110Mit Hilfe des § 17 Abs. 3 KrWG sollen die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes abgewogen werden, weshalb für die Auslegung von Absatz 3 primär die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 106 Abs. 2 AEUV heranzuziehen ist, 111vgl. BT-Drucks. 17/6052, S. 87 (rechte Spalte, zweiter Absatz). 112Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten Unternehmen die Erfüllung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen, 113vgl. EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 34; EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris Rn. 54. Insoweit geht das Verständnis der Vorschrift über deren reinen Wortlaut hinaus. 114Der Schutz der Wirtschaftlichkeit ist nur Mittel zum Zweck der Gewährleistung eines nachhaltigen Funktionierens der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, 115vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 140 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 15. November 2011 – C-162/06 –, juris Rn. 31, 116zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die Abfallentsorgung aus privaten Haushalten gehört. 117An dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber bei der Formulierung der „Wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG orientiert, 118vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 140; BT-Drucks. 17/6052, S. 85 (rechte Spalte, dritter Absatz) und S. 87 (rechte Spalte, letzter Absatz). 119Indes konkretisieren auch die in den Gesetzesmaterialien zitierten beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, 120EuGH, Urteile vom 15. November 2007 – C-162/06 –, juris und vom 17. Mai 2001 – C-340/99 –, juris, 121ebenso wenig wie andere Entscheidungen des Gerichtes hinreichend, was im Einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren Bedingungen“ zu verstehen ist, 122so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 158. 123Soweit in den beiden zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen gehöre auch die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese Überlegung nur auf ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes Unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen Ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im Bereich der rentablen Tätigkeitsbereiche vor Konkurrenz geschützt werden darf, 124vgl. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1993 – C-320/91 –, juris, 125oder auch auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Teil der öffentlichen Hand. Auf letzteren träfe der Aspekt des Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“, 126so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160, 127zu, weil dessen durch normative Pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches Tätigwerden finanziell über die Möglichkeit der Gebührenerhebung abgesichert ist. 128Selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aber wie ein im Bereich der Abfallentsorgung tätiges Wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem Gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen Tätigkeitsbereichen nichts Substantielles für das Verständnis des Merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ abgeleitet werden. Denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht in der Lage wäre, die hohen Kosten der Entsorgung von Abfällen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG (unrentabler Tätigkeitsbereich) allein über die Einnahmen aus der Verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen Abfällen (rentabler Tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen Tätigkeitsbereich vollständigen Konkurrenzschutz genösse, 129vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160. 130Wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die Erhebung von Entgelten im unrentablen Tätigkeitsbereich herstellen. Wenn jedoch ohnehin diesbezügliche Entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender I2. erhoben würden, d. h. es würde – zur Herstellung wirtschaftlich ausgewogener Bedingungen – keine Mischkalkulation in der Weise angestellt, dass erst unter Einbeziehung ungewisser Einnahmen aus dem rentablen Tätigkeitsbereich (wenigstens) eine Gesamtkostendeckung erreicht würde, 131vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 160. 132Dies vorausgeschickt kann sich die Beklagte hinsichtlich des Merkmals der Verhinderung der Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mit Erfolg darauf berufen, sie bzw. die H1. sei darauf angewiesen, durch die Vermarktung werthaltiger Abfälle eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese Möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten Erlöse aus der Vermarktung aller Alttextilien nicht mehr in ausreichender Weise in den Abfallgebührenhaushalt flössen. 133Ob unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche Aspekte abgestellt werden kann, 134so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 162, 135und es der Beklagten im Hinblick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende Verpflichtung nicht zu niedrigeren Gebühren erbringen, kann dahinstehen. Für die vorzitierte Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mag die Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG Anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die Gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche Aspekte sollten bei der ersten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen – primär keine Rolle spielen. Der Gesetzgeber habe, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zeige, gebührenrechtliche Aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im Wege der Konkretisierung der zweiten Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG – wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung – zugeordnet. 136Selbst wenn man entgegen diesem Ansatz unter das Tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ auch gebührenrechtliche Aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende Anwendungsbereich der Norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei dürfte in Abgrenzung zu § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG, der die Stabilität der Gebühren zum Inhalt hat, der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die Stabilität der Gebühren als solche in Frage steht, sondern die Rechtmäßigkeit der Abfallgebühren selbst. Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen darf, dürfte insoweit eine Grenze der wirtschaftlichen Entsorgungssicherheit darstellen, 137vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17, Rn. 164 m.w.N. 138Für einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine Anhaltspunkte. 139bb. Auch die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. beauftragten Dritten wird nicht durch die Sammlung der Klägerin im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG wesentlich beeinträchtigt. 140Die Beklagte beruft sich in zutreffender Weise darauf, der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. die H1. als beauftragte Dritte führe seit dem 1. Juli 2013 im Stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Alttextilien durch. Damit sind Entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen Ausgestaltung, ihrer Beschaffenheit und ihrem konkreten Betrieb die werthaltigen Abfälle aus den privaten Haushalten erfassen können, 141vgl. BT-Drucks. 17/7505, S. 44. 142Allein die Existenz eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder einem beauftragten Dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen Entsorgungssystems begründet indes die Gefährdung der Funktionsfähigkeit im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, von der gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG bei einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. Zwar ist dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Ein rein formales Verständnis der Vorschrift führte im Ergebnis aber zu einem vom Unions- und Verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten Konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, 143vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. März 2014 – 20 B 577/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. März 2014 – 20 B 703/13 –, n.v. UA Seite 3; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 38; VG X1. , Urteil vom 12. November 2013 – W 4 K 13.326 –, juris Rn. 24 ff. 144Die Folge wäre gleichsam eine Monopolstellung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, die mangels Aufgabenbezug die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV verfehlen und gegen das darin enthaltene Gebot der Erforderlichkeit verstoßen würde. Denn Art. 106 Abs. 2 AEUV erlaubt nur den Schutz der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nicht aber den Schutz der Aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, 145vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 147. 146Dieselbe Überlegung gilt hinsichtlich der nationalen Grundrechte, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG, soweit durch dieses Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung erforderlich, 147vgl. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 38. 148Ob dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen ist, dass man den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG dahin versteht, auf der Tatbestandsseite seien wegen der Formulierung „insbesondere anzunehmen“ Regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise unzutreffend sei, 149vgl. so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, juris Rn. 39, 150bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn man der Ansicht folgte, im Falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung des Abfalls durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger neben einer gewerblichen Sammlung sei nach dem formalen Wortlaut der Vorschrift stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, 151vgl. Siederer/Wenzel/Schütze, Unzulässigkeit gewerblicher Sammlungen bei bestehenden Erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, AbfallR 2014, S. 79 (81 f.); Dageförde/Thärichen, Die Untersagung gewerblicher Sammlungen von Alttextilien, AbfallR 2013, S. 125 (134 ff.), 152wäre der Wortlaut der Norm zumindest unionsrechts- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche Sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen Entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des beauftragten Dritten bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zulässig, 153vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 38; VG X1. , Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 41; VG Ansbach, Urteil vom 23. Januar 2013 – AN 11 K 12.01588 –, juris Rn. 85. 154Ein rein formales Verständnis der Vorschrift wäre im Übrigen auch mit der Gesetzessystematik des § 17 Abs. 3 KrWG nicht vereinbar. § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG dient der Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Es liegt auf der Hand, dass die dort inmitten stehende Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann. 155Die Annahme der „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige Prüfung. 156In einem ersten Schritt ist unter Auswertung konkreten Zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige Mengen durch sämtliche gewerbliche Sammler dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Entsorgungsgebiet entzogen werden. Ist dies der Fall, kann nahezu stets eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. Einen Mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in Rede stehenden Alttextiliensammlung naturgemäß an der Gesamtsammelmenge dieser Abfallfraktion im Entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die Kammer als geringfügig, 157vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 110; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2014 – 17 K 5343/13 –, juris Rn. 116; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 128; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, juris Rn. 102; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 130 mit Verweis auf VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, juris Rn. 42; VG München, Urteil vom 24. Oktober 2013 – M 17 K 13.2189 –, juris Rn. 66; VG X1. , Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 39 ff., die jeweils auf eine Menge zwischen 10 und 15 % abstellen. 158Wird die Menge von 10 % überschritten, ist von dieser Zahl losgelöst auf einer zweiten Stufe zu erwägen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall gegeben ist. Dabei ist leitend, dass im Mittelpunkt der Regelung des § 17 Abs. 3 KrWG die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des beauftragten Dritten oder der Rücknahmesysteme steht, 159vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 87, 160die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht immer gewahrt bleiben muss. Das schließt aber Beeinträchtigungen durch private Konkurrenten nicht aus. Denn § 17 Abs. 3 KrWG will die öffentliche Hand nicht vor (privater) Konkurrenz schützen, 161vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 134. 162Ein anderes Verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV vereinbar, denn diese Vorschrift stellt die Mitgliedsstaaten vom europäischen Wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die Wettbewerbsnachteile des betrauten Unternehmens Korrelat seines Gemeinwohlauftrags sind, 163vgl. VG X1. , Urteil vom 22. Oktober 2013 – W 4 K 12.1071 –, juris Rn. 31 mit Verweis auf Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 143. 164Dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte wegen der gewerblichen Sammlungen gehalten ist, seine Entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen, 165vgl. BReg. in BT-Drucks. 17/6052, S. 88, 166wobei es hier keiner Entscheidung bedarf, ob man dabei auf die Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Ganzes oder nur auf die Struktur innerhalb der jeweiligen Abfallfraktion – hier: Alttextilien – abstellt. 167Hiernach gibt es keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin werde, ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten gefährdet. 168Hinsichtlich der Frage, ob bereits wegen Geringfügigkeit der Sammelmenge eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle Angaben der Beklagten darüber, welche Mengen Alttextilien durch gewerbliche Sammler der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der H1. insgesamt tatsächlich „entzogen“ werden. Insoweit teilte die Beklagte auf gerichtliche Aufklärungsverfügung im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren 17 L 2471/14 hin mit, 169vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 122 ff., 170dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die Drittbeauftragte H1. seit dem 1. Juli 2013 eine flächendeckende Sammlung von Alttextilien im Wege eines Holsystems in L. durchführt. Den Angaben der Beklagten im Verfahren 17 L 2471/14 ist zu entnehmen, dass sich die Sammlungsmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Jahr 2013 auf 100 t belaufen habe und für das Jahr 2014 prognostisch auf 270 t belaufen werde. Durch gemeinnützige Sammlungen seien im Jahr 2013 insgesamt 503,9 t Alttextilien erfasst worden, für das Jahr 2014 würden durch gemeinnützige Sammlungen prognostisch 491,1 t gesammelt. Die Sammlungsmenge der gewerblichen Sammler sei für das Jahr 2013 mit 260,6 t und für das Jahr 2014 prognostisch mit 262,6 t zu beziffern, wobei der Beklagten derzeit nicht von allen gewerblichen Sammlern die Sammlungsmengen mitgeteilt würden und einige gewerbliche Alttextilsammler auch ohne Anzeige sammelten. Vor diesem Hintergrund bleibt unklar, auf welcher Grundlage die Beklagte die Sammlungsmengen der gewerblichen Sammler errechnet hat. Darauf kommt es indes nicht entscheidungserheblich an, denn dem von der Beklagten im Verfahren 17 L 2471/14 zur Verfügung gestellten Zahlenmaterial kann jedenfalls nicht entnommen werden, welche Mengen an Alttextilien der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der H1. im Ergebnis „entzogen“ werden. Hierzu fehlt es an nachvollziehbaren und prüffähigen Angaben. 171Trotz der bestehenden Ungewissheit hinsichtlich eines etwaigen Mengenentzuges bedurfte es an dieser Stelle indes keiner weiteren Aufklärung, da zugunsten der Beklagten die Überschreitung der Geringfügigkeitsschwelle unterstellt werden kann. Die auf der zweiten Stufe durchzuführende Einzelfallbetrachtung führt auch in diesem Fall nicht zu einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der Drittbeauftragten H1. . Es ist von der Beklagten nämlich weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, die Sammlung der Klägerin zöge – auch unter Berücksichtigung der sonstigen gewerblichen Sammler – Konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung der kommunalen Strukturen im Bereich der Entsorgung von Alttextilien führten bzw. geführt hätten. Zwar ist es möglich, dass die von der H1. erfasste Sammelmenge aufgrund der Sammlung der Klägerin abnehmen wird. Dies drängt sich derzeit unter Berücksichtigung des von der Beklagten im Verfahren 17 L 2471/14 vorgelegten Zahlenmaterials jedoch nicht auf, denn die tatsächlich erzielten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der H1. für die Jahre 2013 (100 t) und prognostisch 2014 (270 t) sind trotz gleichzeitig stattfindender gewerblicher Sammlungen in den vergangenen beiden Jahren sogar kontinuierlich angestiegen und gerade nicht abgesunken. Im Jahr 2014 wird die Gesamtsammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers die Sammlungsmenge der gewerblichen Sammlungen voraussichtlich sogar übersteigen. Dessen ungeachtet muss allein die Abschöpfung eines bestimmten Anteils des vorhandenen Potenzials an Wertstoffen nicht korrelierend mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung sein. Das Gesetz nimmt in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht auf den Entzug bestimmter Abfallmengen Bezug, sondern verwendet die Begriffe der „Planungssicherheit“ und „Organisationsverantwortung“. Hinreichende Angaben der Beklagten darüber, wie sich ein möglicher Verlust der Sammelmenge auf die Planungssicherheit bzw. die Organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. Es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. die H1. die Sammlung von Alttextilien neben den – bereits vor Einführung der kommunalen Sammlung zum 1. Juli 2013 durchgeführten – gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen nicht wie bisher weiterführen kann. Dies gilt insbesondere deshalb, weil ein Großteil der gewerblichen Sammler – und so auch die Klägerin – im Bringsystem durch Aufstellung von Altkleidercontainern im Stadtgebiet L. Alttextilien sammelt bzw. beabsichtigt zu sammeln. Die Erfassung von Alttextilien durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erfolgt hingegen in einem Holsystem. Insoweit besteht grundsätzlich für nahezu sämtliche Haushalte im Stadtgebiet L. die Möglichkeit, anfallende Alttextilien in orangefarbenen Säcken am Straßenrand zur Abholung bereitzustellen. Entsprechende Straßensammlungen der H1. werden rund 250-mal im Jahr durchgeführt. Angesichts dessen kann nicht festgestellt werden, dass es überhaupt zu erheblichen Sammelmindermengen des Holsystems der Drittbeauftragten H1. kommt, wenn gewerbliche Containersammlungen hinzutreten bzw. bestehen bleiben. Denn es ist wenig wahrscheinlich, dass ein Sammelsystem, welches jedem Bürger im Stadtgebiet L. die Entsorgung anfallender Alttextilien durch Bereitstellung von Sammelsäcken und regelmäßiger Abholung an der Haustür ermöglicht, deshalb wesentlich an Akzeptanz (in Gestalt der bereitgestellten Menge an Alttextilien) verliert, weil gewerbliche Sammler zusätzlich Altkleidercontainer an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet aufstellen oder stehenlassen, 172vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 123; vgl. auch zum Nebeneinander von kommunalen und gewerblichen Bringsystemen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 17. 173Selbst wenn es jedoch durch Hinzutreten gewerblicher Sammlungen zu Sammelmindermengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kommen sollte, bestünde jederzeit die Möglichkeit, den derzeit von der Drittbeauftragten H1. praktizierten 14-tägigen Sammelrhythmus im Holsystem zu erhöhen. 174Sind damit schon keine relevanten Auswirkungen auf die Entsorgungsstruktur im Bereich der Abfallfraktion Alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst Recht keine durch die gewerblichen Sammler verursachten erforderlichen Änderungen oder Anpassungen der Struktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. der Drittbeauftragten H1. als Ganzes im Raum. 175Den Nachweis oder jedenfalls die Darlegung der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des beauftragten Dritten hat die Beklagte zu erbringen. Denn bei Eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die Behörde die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der entsprechenden Ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige Rechtsfolge ableitet, 176vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. November 1993 – 7 B 190.93 –, juris Rn. 3; BVerwG, Urteil vom 25. März 1964 – VI C 150.62 –, juris Rn. 17. 177Hinzu kommt, dass die Beteiligten gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten – hier der Beklagten – zuzurechnen sind, 178vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 86, Rn. 11 m.w.N. 179cc. Die Beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche Sammlung der Klägerin gefährde die Gebührenstabilität, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG. 180Dieses Kriterium bedarf der Auslegung, da sich der Begriff der Gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne Weiteres erschließt. Gebühren sind per se nicht stabil im Sinne von im Wesentlichen in der I2. gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der Grundlage der in Ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden Kosten der Abfallentsorgung neu zu kalkulieren, 181vgl. hierzu ausführlich OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 178. 182Anzuerkennen ist, wenn die Beklagte schlagwortartig zusammengefasst die Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung der Verluste zu vermeiden versucht, 183vgl. zu diesem Ansatz Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17, Rn. 180; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 149. 184Jedoch ist dazu nicht der Ausschluss gewerblicher Sammler zum Zwecke der Erhebung der niedrigsten Gebühren geeignet. Denn dieser Ansatz führte dazu, dass Ausnahmen von der Überlassungspflicht, die gerade für den Bereich der getrennt erfassten Abfälle aus privaten Haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum Tragen kämen, weil gewerblichen Sammlungen stets überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Da es sich bei den getrennt erfassten Abfällen aus privaten Haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ Abfälle handelt, deren Verwertung Erlöse (Überschüsse) bringt, haben selbst kleine Mengen dieser Abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch eine gewerbliche Sammlung „entzogen“ werden, negativen Einfluss auf die Gebührenhöhe in dem Sinne, dass nicht die niedrigsten Gebühren erhoben werden können. Denn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stehen die Erlöse aus der Verwertung dieser Abfälle nicht zur Verfügung und können somit auch nicht zur Quersubventionierung der defizitären Bereiche der Abfallentsorgung eingesetzt werden, was im Ergebnis höhere Gebühren verursacht, 185vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 192. 186Daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige Gebührensteigerung zu einer Gefährdung der Gebührenstabilität führen kann. Die öffentlich-rechtliche Abfallentsorgung stellt als Einrichtung der Daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes Unternehmen dar; die Kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende Benutzungsgebühren von den Gebührenschuldnern zu tragen. Eine geringe Gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates Interesse des Gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische Motivation Gebührenerhöhungen zu vermeiden, 187vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, juris Rn. 28 noch zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG; a.A. Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 149. 188Diese grundsätzlichen Erwägungen schließen allerdings eine Auswirkung des Gebührenaspektes im Einzelfall auf die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht aus. Diese setzt voraus, dass es durch die Tätigkeit eines gewerblichen Sammlers – ggf. in der Zusammenschau mit anderen gewerblichen Sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen Gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die Entziehung der Abfallfraktion durch den bzw. die Sammler zurückzuführen sein muss, 189vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17, Rn. 183; Klement, in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 17, Rn. 152. 190Wann eine nicht nur geringfügige Gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner Entscheidung zugeführt zu werden. Denn die Beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der Tätigkeit der gewerblichen Sammler gingen Einbußen der Sammelmenge einher, die zur Erhöhung der Abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen Betrachtung alsbald zu einer Erhöhung führen würden. 191Das sinngemäße Argument der Beklagten, man könne bei weniger Erlösen aus der Alttextilienverwertung entsprechend weniger eine Quersubventionierung unrentabler Bereiche der Hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen schon nicht auf Gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige Gebühren – eben durch Quersubventionierung aufgrund Erlösen aus der Alttextilienverwertung –, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante Gebührensenkung im Raum, wenn denn die Beklagte – gäbe es keine gewerblichen Sammler mehr im Stadtgebiet – eine höhere Sammelmenge und dementsprechend höhere Vergütungen aus der Alttextilienverwertung erhielte. Ausgehend von der – zu Gunsten der Beklagten – als zutreffend unterstellt (höchsten) geschätzten Sammelmenge von 649 t pro Jahr im Stadtgebiet (öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger: 270 t zuzüglich der nicht bestandskräftig untersagten gewerblichen Sammlungen: 379 t; jeweils bezogen auf das Jahr 2014; gemeinnützige Sammlungen einmal außen vor gelassen), 192vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 143, 193entgingen ihr (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in I2. von ca. 259.600,00 Euro – bei Zugrundelegung von 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne –, 194vgl. zu dem erzielbaren Durchschnittserlös OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Januar 2014 – 20 B 331/13 –, juris Rn. 44. 195In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (für das Jahr 2014: 34.237.029,00 Euro) macht dies weniger als 1 % aus und fällt damit nicht wesentlich ins Gewicht, 196vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 145; vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, juris Rn. 130 ff. 197Selbst wenn man die bereits (bestandskräftig) untersagten Sammlungen mit berücksichtigte und der Berechnung die angezeigte Gesamtsammelmenge aller 23 gewerblichen Sammlungen in I2. von 2.045 t – obwohl sich diese Menge angesichts des bislang für das Jahr 2014 prognostizierten tatsächlichen Gesamtalttextilaufkommens im Stadtgebiet L. von 1.023,7 t realistisch nicht ansatzweise wird erzielen lassen – zugrunde legte, 198vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 147, 199führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit entgingen der Beklagten (zusätzliche) Erlöse aus der Verwertung in I2. von ca. 818.000,00 Euro – bei Zugrundelegung von 400,00 Euro erzielbarem Erlös pro Tonne –. In das Verhältnis zu den übrigen Kosten der Abfallentsorgung gesetzt (für das Jahr 2014: 34.237.029,00 Euro) machte dies weniger als 2,4 % aus und fiele damit gleichfalls nicht wesentlich ins Gewicht, 200vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 147; vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2014 – 17 K 5343/13 –, juris Rn. 147 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 2014 – 17 K 4917/13 –, juris Rn. 159 ff. 201Überdies müssen bei sämtlichen Betrachtungen dann auch noch der Beklagten entstehende Sammlungs- und Beförderungskosten ggf. in Form von Fremdleistungsentgelten in Abzug gebracht werden, die Gebührenauswirkungen unter diesem Betrag liegend wahrscheinlich machten. Darauf kam es aber nicht mehr an. 202dd. Überwiegende der Sammlung entgegenstehende öffentliche Interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2, Satz 3 Nr. 3 KrWG. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird. 203Was die Schutzrichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nicht in erster Linie um den Schutz des Wettbewerbs oder von Wettbewerbern gehen kann, auch wenn der Wortlaut der Vorschrift dies vordergründig nahe legen mag. Aufgrund der Systematik des § 17 Abs. 3 KrWG erweist sich (auch) dessen Satz 3 Nr. 3 als Konkretisierung des Satzes 2 Alt. 2, der wiederum das Merkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit in Satz 1 konkretisiert. Von daher beurteilt sich auch die Schutzrichtung des Satzes 3 Nr. 3 danach, welchen Einfluss oder welchen Zusammenhang die dort genannten Aspekte auf die oder mit der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Gestalt der die Funktionsfähigkeit prägenden Merkmale Planungssicherheit und Organisationsverantwortung haben. Dementsprechend geht es bei der Norm darum, ob die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers deshalb in Frage steht, weil sich eine hinreichend konkret angedachte Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht im Wege der Drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher Schwierigkeiten nicht ohne Weiteres realisieren lässt oder aber eine nach Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgte Drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen Bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen“ wird, 204vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 194; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2014 – 17 K 3013/13 –, juris Rn. 164; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2014 – 17 K 2816/13 –, juris Rn. 135; VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 151. 205An einem konkret bevorstehenden Vergabeverfahren, in Ansehung dessen beurteilt werden könnte, was „erheblich erschwert“ werden soll, fehlt es hier. Dem nicht weiter substantiierten Vorbringen der Beklagten im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren 17 L 2471/14, 206vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 153, 207derzeit werde die Ausschreibung zur Verwertung der Alttextilien durch die Stadt L. vorbereitet, lässt sich schon nicht entnehmen, dass ein Vergabeverfahren unmittelbar bevorsteht. Mangels eines aktuell durchgeführten Vergabeverfahrens ist auch das Tatbestandsmerkmal des „unterlaufens“ nicht einschlägig. 208Dessen ungeachtet ist darauf hinzuweisen, dass vor dem Hintergrund der in den Jahren 2013 und 2014 zu verzeichnenden Steigerung der Sammlungsmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (zweites Halbjahr 2013: 100 t, gesamtes Jahr 2014: voraussichtlich 270 t) und des – bei Hochrechnung der im zweiten Halbjahr 2013 erzielten Sammlungsmenge auf ein ganzes Jahr – relativ konstanten Niveaus der Sammlungsmengen mit steigender Tendenz, 209vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 154, 210keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass zukünftig bevorstehende Vergabeverfahren hinsichtlich der hier in Rede stehenden Abfallfraktion erheblich erschwert oder unterlaufen werden könnten. Denn auf Grundlage der vorgenannten, weitestgehend konstanten Sammlungsmengen kann die ausgeschriebene Leistung in einem Vergabeverfahren ohne Weiteres hinreichend konkret bestimmt werden. Im Hinblick auf mögliche Mengenschwankungen bestünde flankierend die Möglichkeit, einen entsprechenden Vorbehalt in eine Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Schließlich sieht das Vergaberecht auch einen Schutz vor nachträglichen Änderungen der Geschäftsgrundlage vor, so dass ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren wäre, wenn aufgrund einer Änderung in der Beschaffenheit der Leistung die Grundlagen des Preises für die im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. Letztendlich müssen jedoch die an einem Ausschreibungsverfahren beteiligten Bieter mit einem Konkurrenzverhältnis zu gemeinnützigen und gewerblichen Sammlern grundsätzlich rechnen, 211vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 154; Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 17, Rn. 184 ff. m.w.N. 212ee. Schließlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches Interesse könnte wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung über die in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG genannten Regelbeispiele hinaus vorliegen, 213vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798/11 –, juris Rn. 198 ff. 214Der maßgebliche, über die Begriffe Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erfasste, Gesichtspunkt ist nach den vorstehenden Ausführungen der – insbesondere auch in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zum Ausdruck kommende – Schutz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur. Diesbezügliche relevante Beeinträchtigungen, welche die Annahme überwiegender öffentlicher Interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich. 215Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. Insbesondere dürfen durch die gewerblichen Sammlungen keine Strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. Dass die Strukturen der Beklagten für Alttextilien bezogen auf den Sammlungsvorgang als solchen und die Verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ansatzweise ersichtlich und wurde auch nicht hinreichend konkret geltend gemacht. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. der beauftragte Dritte mussten aufgrund der Sammlungstätigkeit der gewerblichen Sammler keine Anpassung ihrer Sammlungstätigkeit vornehmen. Vielmehr hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bzw. die Drittbeauftragte H1. das Sammlungsvolumen seit Einführung der kommunalen Alttextilsammlung zum 1. Juli 2013 kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen Sammelumfang – für ein mögliches lukratives Nebeneinander der verschiedenen Sammlungen spricht, 216vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 159. 217Auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vorsorge für den Fall einer unvermittelten Einstellung der Sammlung der Klägerin getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung angenommen werden. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen Aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher Hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche Entsorgung von Alttextilien für den Fall sicherzustellen, dass die Klägerin ihre (beabsichtigte) Sammlung unvermittelt einstellt. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der im Stadtgebiet regelmäßig flächendeckend durchgeführten Sammlungen der Drittbeauftragten H1. , 218vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. November 2014 – 17 L 2471/14 –, juris Rn. 160. 219Im Übrigen ist einer Reserve- bzw. Auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nichts Durchgreifendes entgegen zu halten. Dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger kann eine gewisse Flexibilität bei Aufbau und Unterhaltung der Abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden, 220vgl. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24. Januar 2008 – 7 ME 192/07 –, juris Rn. 13 zu § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG. 221Hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die Marktpreise für Alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere Unternehmen stünden zur Verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) Sammeln, Befördern und die Verwertung der Alttextilien im Auftrag der Beklagten übernehmen können und – natürlich gegen entsprechende Bezahlung – auch würden. Dass die Erreichung dieses Zustands mit einem Aufwand verbunden war (und ist), der die Annahme einer wesentlichen Änderung der Entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. 222ff. Da es bereits an den Voraussetzungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG fehlt, kommt es darauf, ob die Sammlung und Verwertung der Klägerin nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten, nicht mehr an. 223Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte die Vorschrift des § 18 Abs. 7 KrWG und die dort normierten Bestands-/Vertrauensschutzgesichtspunkte zutreffend und hinreichend berücksichtigt hat. 2242. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG sind ebenfalls nicht gegeben. 225Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben. 226a. Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder – wie hier – juristische Person, welche die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt, 227vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2014 – 20 B 881/13 –, n.v. UA Seite 3. 228Der Anzeigende muss sich nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG das Verhalten der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen natürlichen Personen zurechnen lassen. Diese sind nicht nur nach § 2 Abs. 5 Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) diejenigen natürlichen Personen, die vom Träger der gewerblichen Sammlung mit der fachlichen Leitung, Überwachung und Kontrolle der durchgeführten Sammlung – insbesondere im Hinblick auf die Beachtung der hierfür geltenden Vorschriften und Anordnungen – bestellt worden sind, sondern darüber hinaus auch diejenigen Personen, die bestimmenden Einfluss auf die Durchführung der Sammlung ausüben, 229vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 18 Rn. 75. 230Die für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortliche Person wird in vielen Fällen das Organ oder der Geschäftsführer sein, kann aber auch der lokale Betriebs- bzw. Niederlassungsleiter sein. 231b. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist, wer nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben, 232vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 444/13 –, juris Rn. 11. 233Ob der Wortlaut dieser Norm einer einschränkenden Auslegung dahingehend bedarf, (bloße) Bedenken gegen die Zuverlässigkeit reichten für eine Untersagung nicht aus, es müsse vielmehr ein massives und systematisches Fehlverhalten „annähernd feststehen“, 234vgl. in diesem Sinne OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 122/13 –, juris Rn. 22 ff., 235weil eine Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig den Schutzbereich der Art. 12, 14 GG tangieren dürfte, kann offen bleiben. Denn in jedem Falle – gerade auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten – müssen in Ansehung, dass durch die Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig vorgenannte Grundrechte tangiert sein dürften, die Bedenken unabhängig von dem Grad ihrer Gewissheit ein so starkes Gewicht haben, dass sie, gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung im Einzelfall rechtfertigen, 236vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 –, juris Rn. 4 ff.; in diesem Sinne auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 11; VGH Bayern, Beschluss vom 2. Mai 2013 – 20 AS 13.700 –, juris Rn. 22 und 25. 237Das Verdikt über die Zuverlässigkeit, welches vom Gericht voll zu überprüfen ist, ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil. Es muss bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche und sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften kommen wird, 238vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 444/13 –, juris Rn. 11. 239Das ist jedenfalls bei massiven und systematischen Verstößen gegen solche Vorschriften in der Vergangenheit in der Regel anzunehmen, 240vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 530/13 –, juris Rn. 10; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 476/13 –, juris Rn. 27. 241Zu den sonstigen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften gehören auch straßenrechtliche Normen. Denn die für eine Untersagung relevante Frage der (Un-) Zuverlässigkeit ist nicht allein anhand der oder über die in § 8 Abs. 2 der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) genannten Kriterien zu konkretisieren. Unabhängig davon, ob im Rahmen der Entsorgungsfachbetriebeverordnung von einer abschließenden Konkretisierung der Zuverlässigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EfbV durch Abs. 2 der Vorschrift auszugehen ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien zum Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht entnehmen, der Gesetzgeber habe eine einschränkende Auslegung des Zuverlässigkeitsbegriffs in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG in der Weise im Blick gehabt, es solle allein auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien ankommen. Denn – wie dargelegt – ist im Allgemeinen unzuverlässig, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß ausübt. Das schließt sämtliche Anforderungen an die Tätigkeit ein. In systematischer Hinsicht stellen die Zuverlässigkeitsregelungen in §§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV speziellere Regelungen im Verhältnis zu § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG dar, weil sie nur für Inhaber und verantwortliche Personen von Entsorgungsfachbetrieben gelten, während die Durchführung einer Sammlung nach § 18 KrWG nicht voraussetzt, dass das Sammlungsunternehmen Entsorgungsfachbetrieb sein muss. Entsprechendes gilt für die Person, welche eine Sammlung anzeigt oder für sie verantwortlich ist. Auch aus § 53 KrWG ergibt sich nicht, dass ein Sammler von (nicht gefährlichen) Abfällen zwingend Entsorgungsfachbetrieb sein muss. Die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien mögen eine Orientierungshilfe bei der Auslegung des Zuverlässigkeitsbegriffs in § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG darstellen, sie bilden jedoch keine Grenze in dem Sinne, dass nur die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien zur Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG herangezogen werden dürfen und dementsprechend straßenrechtliche Aspekte außer Betracht zu bleiben haben, 242vgl. zum Vorstehenden näher OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 12. 243Entsprechendes gilt für die Zuverlässigkeitsregelung in § 3 Abs. 2 der am 1. Juni 2014 in Kraft getretenen Verordnung über das Anzeige- und Erlaubnisverfahren für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (AbfAEV), die abgesehen von kleineren Abweichungen im Wesentlichen inhaltsgleich zu § 8 Abs. 2 EfbV Regelbeispiele für die Annahme einer Unzuverlässigkeit des Betriebsinhabers enthält. Weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien zu § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG kann entnommen werden, dass für die Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG lediglich die in § 3 Abs. 2 AbfAEV genannten Kriterien Berücksichtigung finden dürfen und straßenrechtliche Aspekte außer Betracht bleiben müssen. Hierfür spricht nicht zuletzt die Systematik des § 3 AbfAEV. Denn § 3 Abs. 1 AbfAEV rekurriert nach seinem ausdrücklichen Wortlaut allein auf die Zuverlässigkeit im Sinne von § 53 Abs. 2 Satz 1 und § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG, nimmt indes keinen Bezug auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG. Vor dem Hintergrund dieses durch § 3 Abs. 1 AbfAEV vorgegebenen sachlichen Anwendungsbereiches der Vorschrift, können sich die in § 3 Abs. 2 AbfAEV enthaltenen Konkretisierungen in Form spezieller Regelbeispiele unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten nicht auf Vorschriften beziehen, die von dem in § 3 Abs. 1 AbfAEV vorgegebenen Regelungsrahmen nicht erfasst sind, 244vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 17 K 2897/13 –, juris Rn. 77. 245Auch sonst erschließt sich nicht, warum straßenrechtliche Aspekte bei der Zuverlässigkeitsbeurteilung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG (generell) ausgenommen sein sollten. Dies macht jedenfalls dann keinen Sinn, wenn diese Aspekte im unmittelbaren Zusammenhang mit dem im Kreislaufwirtschaftsgesetz geregelten Vorgang der Sammlung stehen. Davon ist auszugehen, da nach § 3 Abs. 15 KrWG eine Sammlung durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert wird und das Aufstellen von Containern unmittelbar dem Einsammeln von Abfällen (Alttextilien) dient, vorausgesetzt es kommt gerade dabei oder dadurch zu straßenrechtlichen Verstößen. 246Dabei liegt ein Verstoß gegen straßenrechtliche Vorschriften nicht nur dann vor, wenn Container ohne Sondernutzungserlaubnis im dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Raum aufgestellt werden, sondern auch dann, wenn die Befüllung von auf Privatgrundstücken abgestellten Containern nur vom öffentlichen Straßenraum aus möglich ist, 247vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Juni 2014 – 11 A 2816/12 –, juris Rn. 33. 248Die Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG kann schließlich weiterhin angenommen werden, wenn Sammelcontainer systematisch und in massiver Weise widerrechtlich auf Privatgrundstücken aufgestellt werden, 249vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 18; ebenso angedeutet OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris Rn. 13. 250Auch im Rahmen des insoweit vergleichbaren § 35 Gewerbeordnung (GewO) rechtfertigen Zuwiderhandlungen gegen zivilrechtliche Normen grundsätzlich eine Gewerbeuntersagung, wenn die Rechtsverstöße so häufig auftreten, dass sie auf charakterliche Mängel schließen lassen, die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im Hinblick auf das ausgeübte Gewerbe begründen, 251vgl. Ehlers, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Band 1, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 3. Auflage 2012, § 18 Rn. 56; Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Auflage 2011, § 35 Rn. 75. 252Dabei können sowohl – bei hinreichender Schwere – einzelne Verstöße eine Untersagung rechtfertigen, als auch eine Vielzahl kleinerer Gesetzesverletzungen, die jeweils für sich betrachtet keine ausreichende Grundlage für eine Untersagung bieten würden, wenn sie aufgrund ihrer Häufung einen Hang zur Nichtbeachtung geltender Vorschriften erkennen lässt, 253vgl. Karpenstein/Dingemann, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 18 Rn. 77. 254Da die Einholung von Sondernutzungserlaubnissen bzw. Einverständniserklärungen von Privaten nicht durch die Klägerin als juristische Person selbst geschehen kann, ist bezüglich des Wahrscheinlichkeitsurteils betreffend die Zuverlässigkeit in erster Linie auf die für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen abzustellen. 255Hinsichtlich des Beurteilungszeitraums für die Frage der Unzuverlässigkeit sind auch zwischen Erlass der Sammlungsuntersagung und dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auftretende Änderungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen, da es sich bei der streitgegenständlichen Anordnung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, 256vgl. näher OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 3044/11 –, juris Rn. 26; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juni 2013 – 17 L 645/13 –, n.v. UA Seite 6 mit Verweis auf VGH Bayern, Beschluss vom 24. Juli 2012 – 20 CS 12.841 –, juris Rn. 25; OVG Niedersachsen, Urteil vom 21. März 2013 – 7 LB 56/11 –, juris Rn. 23. 257c. Dies zugrunde gelegt, sind nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand noch keine (ausreichenden) Tatsachen bekannt, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bzw. zugleich der für die Leitung und Beaufsichtigung der klägerischen Sammlung verantwortlichen Personen ergeben. 258aa. Zum Zeitpunkt der Anzeige der Sammlung der Klägerin am 27. August 2012 bzw. zum Zeitpunkt der Untersagung der Sammlung am 30. April 2013 waren die für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung im Stadtgebiet der Beklagten verantwortlichen Personen ausschließlich der jetzige Geschäftsführer K. O. und der – mittlerweile abberufene – Geschäftsführer X. C. . 259In diesem Zusammenhang ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht davon auszugehen, Herr W. O. sei die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person. Zwar wurde seitens der Klägerin in den der Sammlungsanzeige vom 27. August 2012 beigefügten Formblättern gemäß § 53 KrWG ursprünglich W. O. als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person benannt. Die Klägerin hat jedoch im gerichtlichen Verfahren substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass es sich insoweit um ein Versehen gehandelt habe. W. O. sei zu keinem Zeitpunkt im klägerischen Unternehmen tätig gewesen. Die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person sei ausschließlich der Geschäftsführer K. O. . Ausweislich der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen hat die Klägerin die Anzeige nach § 53 KrWG mit Schreiben vom 4. September 2013 gegenüber dem Regierungspräsidium H. korrigiert. Der Eingang der korrigierten Anzeige wurde unter dem 4. Oktober 2013 durch das Regierungspräsidium H. behördlich bestätigt. In der nach Umfirmierung und Sitzverlegung am 30. September 2014 an das Regierungspräsidium E5. gerichteten Anzeige nach § 53 KrWG, deren Eingang am 10. November 2014 behördlich bestätigt wurde, wird demgemäß allein der Geschäftsführer K. O. als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person benannt. Den Vortrag der Klägerin zur versehentlichen Benennung von W. O. als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person erachtet das Gericht vor dem Hintergrund ihrer Angaben im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren und der die Klägerin betreffenden Gesellschafterbeschlüsse und Handelsregistereintragungen als schlüssig. Denn W. O. wurde seitens der Klägerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ausdrücklich nicht als verantwortliche Person benannt. Vielmehr wird bereits im Text der Sammlungsanzeige vom 27. August 2012 allein K. O. als Ansprechpartner angegeben. Darüber hinaus sind auch den gesellschaftsrechtlichen Beschlüssen und den Handelsregistereintragungen keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, W. O. habe im klägerischen Unternehmen zu irgendeinem Zeitpunkt eine leitende oder sonstige Funktion ausgeübt. Schließlich hat die Beklagte keine Tatsachen benannt, aus denen sich eine gegenteilige Annahme herleiten ließe. Ungeachtet der fehlenden Verantwortlichkeit von W. O. ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die vom Gericht eingeholte, ihn betreffende Auskunft aus dem Gewerbezentralregister keine Eintragung enthält. 260Die demnach im Zeitpunkt der Sammlungsanzeige bzw. der Sammlungsuntersagung für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen K. O. und X. C. haben in der Vergangenheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit (Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum bzw. auf Privatgrundstücken) jedenfalls nicht massiv und systematisch gegen öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Erlaubnispflichten verstoßen bzw. haben solche Verstöße – wegen ihrer Leitungsfunktion – nicht zu verantworten. Bei prognostischer Betrachtung ist deshalb nicht die Gefahr gegeben, dass es im Fall der weiteren Durchführung der Sammlung zu massiven und systematischen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften bzw. Zivilrecht kommen wird. 261Die von der Beklagten im Wesentlichen zur Begründung der Sammlungsuntersagung herangezogenen Gewerbeuntersagungsbescheide des Regierungspräsidiums H. vom 6. Dezember 2012, mit denen der Klägerin gemäß § 35 GewO die Ausübung des Gewerbes Einzelhandel mit Gebrauchtwaren (Textilien) sowie die Unterhaltung eines Lagerhauses zum Lagern von Gegenständen aller Art nebst Ausübung jeder anderen gewerblichen Tätigkeit, und den Geschäftsführern der Klägerin die Ausübung des vorgenannten Gewerbes sowie jede andere selbstständige gewerbliche Tätigkeit untersagt wurde, sind nicht geeignet, Bedenken gegen die Zuverlässigkeit im Hinblick auf massive und systematische Verstöße gegen öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Erlaubnispflichten zu begründen. Denn die auf vorgebliche Verstöße gegen Straßenrecht in zahlreichen Städten des Bundesgebietes gestützten Gewerbeuntersagungsbescheide sind nicht bestandskräftig, sondern im Rahmen der hiergegen vor dem Verwaltungsgericht H. geführten Klageverfahren im Wege eines gerichtlichen Vergleiches am 29. August 2013 vollständig aufgehoben worden. Darüber hinaus hat das Regierungspräsidium H. mit Schreiben vom 9. September 2013 ausdrücklich festgestellt, dass die Organisationsmängel im Betrieb der Klägerin, die zum Vorwurf unzuverlässigen Verhaltens geführt haben, beseitigt wurden und nunmehr davon ausgegangen werde, dass der Gewerbebetrieb durch die Klägerin und ihre Geschäftsführer zuverlässig und ordnungsgemäß geführt werde. Angesichts dieser nach Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom Regierungspräsidium H. formulierten positiven gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprognose, kann eine Unzuverlässigkeit der Klägerin im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG jedenfalls nicht (mehr) ohne weitere tatsachengestützte Anhaltspunkte angenommen werden, 262vgl. in Bezug auf die Klägerin VGH Bayern, Beschluss vom 18. November 2013 – 20 CS 13.1625 –, juris Rn. 13; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 20. 263Vielmehr bedurfte es vor dem Hintergrund der Aufhebung der Gewerbeuntersagungsbescheide und der ausdrücklichen Feststellung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit durch das Schreiben des Regierungspräsidiums H. vom 9. September 2013 eigener (weiterer) Sachverhaltsermittlungen der Beklagten – woran es vorliegend fehlt –, um prognostisch von einer Unzuverlässigkeit der Klägerin im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG ausgehen zu können. Denn insoweit ist zu konstatieren, dass die zuständige Behörde aufgrund des in § 24 VwVfG NRW normierten Amtsermittlungsgrundsatzes eine Pflicht zur ausreichenden, eigenen Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts trifft und ihr überdies die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Tatsachen, aus denen sich hinreichend gewichtige Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des gewerblichen Sammlers herleiten lassen, obliegt. Dies zugrunde gelegt ist es grundsätzlich nicht ausreichend, wenn sich die Behörde in Fällen der vorliegenden Art, in denen das Verdikt der Unzuverlässigkeit in Rede steht, allein auf „fremde“ Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren beruft. Sie muss vielmehr vor dem Hintergrund der grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkung einer Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG regelmäßig selbst ermitteln, ob die Annahme der die Unzuverlässigkeit rechtfertigenden Tatsachen hinreichend bewiesen ist, 264vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 19 ff.; sowie bezogen auf die Klägerin ausdrücklich VG X1. , Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 57; wohl auch VGH Bayern, Beschluss vom 18. November 2013 – 20 CS 13.1625 –, juris Rn. 13. 265Denn es ist zunächst Aufgabe der zuständigen Behörde auf Grundlage ausreichender tatsachengestützter Anhaltspunkte zu beurteilen, ob der gewerbliche Sammler bzw. die für die Sammlung verantwortlichen Personen massiv und systematisch gegen öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Erlaubnispflichten verstoßen haben. Zwar ist diese Vorgehensweise mit einem gewissen Verwaltungsaufwand verbunden. Vor dem Hintergrund der grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkung einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG gestützten Sammlungsuntersagung ist die Ermittlung einer gesicherten und tragfähigen Tatsachengrundlage indes unerlässlich, 266vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 21. 267Dem steht auch nicht entgegen, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen aufgrund einer summarischen Prüfung in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von einer Unzuverlässigkeit der Klägerin ausgegangen ist und weitere, über die Bezugnahme auf die Gewerbeuntersagungsbescheide des Regierungspräsidiums H. hinausgehende eigene Ermittlungen der zuständigen Behörden nicht für erforderlich erachtet hat, 268vgl. u.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 627/13 –, juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 444/13 –, juris Rn. 12 ff. 269Denn ausweislich der Entscheidungsbegründungen war in den betreffenden Verfahren zwar vorgetragen, dass die Gewerbeuntersagungsbescheide des Regierungspräsidiums H. nicht bestandskräftig geworden sind. Es finden sich jedoch keine Hinweise darauf, dass auch die – im hiesigen Verfahren entscheidungserhebliche – ausdrückliche Zuverlässigkeitsprognose des Regierungspräsidiums H. im Schreiben vom 9. September 2013 Gegenstand der vorgenannten Verfahren gewesen ist, 270vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 627/13 –, juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 444/13 –, juris Rn. 12 ff. 271Schließlich ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des summarischen Prüfungsmaßstabes in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine eingeschränkte, auf präsente Beweismittel und glaubhaft gemachte Tatsachen beschränkte Sachverhaltsermittlung stattfindet, 272vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 80 Rn. 125 m.w.N. 273Demgemäß bietet die pauschale Bezugnahme der Beklagten auf die zwischenzeitlich aufgehobenen Gewerbeuntersagungsbescheide zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine ausreichende Tatsachengrundlage (mehr), um aktuell von einem massiven und systematischen Fehlverhalten der Klägerin und ihrer Geschäftsführer in der Vergangenheit auszugehen. 274Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat darüber hinaus nicht dargetan, dass seitens der Klägerin bzw. ihrer Geschäftsführer bezogen auf das Stadtgebiet L. vor Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung bei der Aufstellung von Altkleidersammelcontainern massiv und systematisch gegen öffentliches Straßenrecht oder Privatrecht verstoßen worden ist. 275Die Beklagte hat im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren keinen einzigen, speziell auf die Klägerin bezogenen Verstoß dokumentiert. Vielmehr erschöpft sich der Vortrag der Beklagten im gerichtlichen Verfahren allein in der Annahme, die Klägerin sei als Vertreterin der Gesellschaft AG U1. – einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) –, für die von dieser Gesellschaft auf der L2. Allee 170 (festgestellt am 18. Oktober 2012) und auf der V1. Straße 650-652 (festgestellt am 8. November 2012) in L. unrechtmäßig auf Privatgrundstücken aufgestellten Sammelcontainer verantwortlich, für die zusätzlich die Einholung von Sondernutzungserlaubnissen erforderlich gewesen sei. Diesbezüglich kann indes offenbleiben, ob der Klägerin etwaige Verstöße der Gesellschaft AG U1. überhaupt zugerechnet werden können. Denn selbst wenn man die im Jahr 2012 festgestellten Verstöße als zutreffend unterstellte und eine Zurechnung bejahte, wären die zwei dokumentierten Verstöße jedenfalls nicht geeignet, ein massives und systematisches Fehlverhalten der Klägerin bzw. ihrer Geschäftsführer in der Vergangenheit zu begründen. 276Auch eine Gesamtschau mit den von der Stadt X2. in den beigezogenen Verfahren 17 K 3310/13 und 17 L 575/13 geltend gemachten Verstößen führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Insoweit hat die Stadt X2. vorgetragen, es seien in den Jahren 2011 bis 2013 sechs Bußgeldbescheide gegen die „C. GmbH“ erlassen worden, weil diese im Stadtgebiet X2. Altkleidersammelcontainer auf bzw. an öffentlichen Gehwegen ohne Einholung einer Sondernutzungserlaubnis an den Standorten I1. -C2. Straße (Einmündung L4. -T1. -Straße) (Bußgeldbescheid vom 3. Juni 2011), Straße I2. (gegenüber Haus Nr. 19) (Bußgeldbescheid vom 27. März 2012), S. Straße (Einmündung zu den Häusern 39 ff.) (Bußgeldbescheid vom 27. März 2012), Straße E1. (vor Haus Nr. 54 an der Bushaltestelle) (Bußgeldbescheid vom 27. März 2012), Straße I2. (vor Haus Nr. 62) (Bußgeldbescheid vom 27. März 2012), E2. Straße (vor Haus Nr. 8) und I3. Straße (westlich neben dem Spielplatz Rückseite der Straße O1.------weg ) (Bußgeldbescheid vom 18. März 2013) aufgestellt habe (vgl. Bl. 90, 91 der Gerichtsakte im Verfahren 17 L 575/13). Hinsichtlich der durch die Stadt X2. behaupteten Verstöße gegen Straßen- und Wegerecht fehlt es indes an einer hinreichend substantiierten Dokumentation mittels aussagekräftiger Lichtbilder mit Datums- und Zeitangaben nebst Katasterauszügen und genauer Angabe der Containerstandorte. Hinzu kommt, dass die vom Gericht eingeholten Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister betreffend die „C. GmbH“, K. O. und X. C. keine Eintragungen aufweisen. Selbst wenn jedoch die von der Stadt X2. angeführten Verstöße gegen Straßen- und Wegerecht als zutreffend unterstellt werden, führte dies in der Gesamtschau nicht zur Annahme eines massiven und systematischen Fehlverhaltens in der Vergangenheit. Denn jedenfalls insgesamt acht – zu Lasten der Klägerin als zutreffend unterstellte – Verstöße gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche Erlaubnispflichten – zumal über einen Zeitraum von rund drei Jahren – vermögen (noch) keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden bzw. der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG zu begründen. 277bb. Auch das nach Erlass der Ordnungsverfügung zu berücksichtigende Verhalten der Klägerin bzw. des aktuellen Geschäftsführers K. O. sowie des zwischenzeitlich abberufenen Geschäftsführers X. C. führt zu keinem anderen Ergebnis. Es ist folglich mangels ausreichender tatsachengestützter Erkenntnisse im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (weiterhin) von der Zuverlässigkeit der Klägerin bzw. ihres verbliebenen Geschäftsführers K. O. auszugehen. 278Seit dem 30. April 2013 ist dem Gericht für das Stadtgebiet L. in Bezug auf die Klägerin kein einziger Fall bekannt geworden, der – möglicherweise – einen Verstoß gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche Erlaubnispflichten darstellt. 279Soweit die Beklagte zur Begründung eines Verstoßes gegen Straßenrecht bzw. Zivilrecht darauf rekurriert, durch die Gesellschaft AG U1. seien auf der H2.--------straße in L. (festgestellt am 6. Mai 2013) auf Privatgrundstücken Sammelcontainer ohne Zustimmung der Grundstückseigentümer aufgestellt worden, zudem habe es aufgrund der Positionierung der Container einer Sondernutzungserlaubnis bedurft, begründet dies keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit. Diesbezüglich kann wiederum dahinstehen, ob der Klägerin etwaige Verstöße der Gesellschaft AG U1. überhaupt zugerechnet werden können. Denn selbst wenn man den im Jahr 2013 festgestellten Verstoß als zutreffend unterstellte und eine Zurechnung bejahte, wäre dieser singuläre Verstoß jedenfalls nicht geeignet, ein massives und systematisches Fehlverhalten der Klägerin bzw. ihrer Geschäftsführer zu begründen. 280Die von der Beklagten pauschal in Bezug genommenen Presseberichte vom 18. Dezember 2013 über eine vermeintlich ungenehmigte Aufstellung von Sammelcontainern durch die Gesellschaft AG U1. auf Parkplätzen der Firma B. in X1. und P. bilden – ungeachtet der Problematik einer Zurechnung – mangels eigenständiger Sachverhaltsermittlung und Überprüfung der in Rede stehenden Verstöße durch die Beklagte schon keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme, die Klägerin habe systematisch und massiv gegen die Rechtsordnung verstoßen, 281vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 20 f. 282Schließlich vermögen etwaige, von der Firma E. GmbH begangene Verstöße gegen Straßenrecht oder Zivilrecht keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der hiesigen Klägerin zu begründen. Soweit die Beklagte vorträgt, die Firma E. GmbH habe im Stadtgebiet L. auf der L3. Straße 447 (festgestellt am 16. September 2013) und – durch die Firma D. KG – auf der C1.-----straße 59 (festgestellt am 23. Oktober 2013) Altkleidersammelcontainer auf Privatgrundstücken aufgestellt, ohne die Zustimmung der jeweiligen Grundstückseigentümer eingeholt zu haben, fehlt es an einer rechtlichen und tatsächlichen Grundlage, derartige Verstöße der Klägerin zuzurechnen. Bei der Klägerin und der Firma E. GmbH handelt es sich um unterschiedliche juristische Personen, mit unterschiedlichen Geschäftsführern. Auch sonst bestehen keine substantiellen Anhaltspunkte für anderweitige gesellschaftsrechtliche bzw. personelle Verflechtungen zwischen den beiden Firmen. Das Argument der Beklagten, Verstöße der Firma E. GmbH gegen Straßenrecht bzw. Privatrecht begründeten die Unzuverlässigkeit ihres Geschäftsführers W. O. und diese Unzuverlässigkeit sei wiederum der Klägerin zuzurechnen, greift nicht durch. Denn – wie bereits unter B. III. 2. c. aa. ausgeführt – hat die Klägerin schlüssig dargelegt, dass W. O. zu keinem Zeitpunkt eine leitende oder sonstige Funktion im klägerischen Unternehmen ausgeübt habe und nur versehentlich in zwei Formblättern nach § 53 KrWG als für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche Person benannt worden sei. Vor diesem Hintergrund fehlt es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an jeglichem Anknüpfungspunkt für eine Zurechnung des Verhaltens von W. O. zur Klägerin. Das Geschäftsgebaren der Firma E. GmbH und ihres Geschäftsführers mag möglicherweise – sofern insgesamt die Schwelle eines massiven und systematischen Fehlverhaltens überschritten wird – Anlass für ein behördliches Vorgehen gegenüber der E. GmbH bieten, ist jedoch nicht geeignet, die (derzeitige) Zuverlässigkeit der Klägerin in Frage zu stellen. Denn es geht nicht an, eine gegenüber der Klägerin ausgesprochene Sammlungsuntersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG mit grundrechtsbeeinträchtigender Wirkung auf vage Anhaltspunkte, Mutmaßungen und pauschale Zurechnungen zu stützen, 283vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 21. 284Darüber hinaus führt auch eine Zusammenschau mit den von der Stadt X2. in den beigezogenen Verfahren 17 K 3310/13 und 17 L 575/13 geltend gemachten Verstößen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Hierzu wird seitens der Stadt X2. vorgetragen, es seien durch die Klägerin Sammelcontainer auf privaten Grundstücken ohne Zustimmung der Grundstückseigentümer am X3.---ring (I2. C3. . 10) und auf Flächen der Stadt X2. aufgestellt worden (vgl. Bl. 84 der Gerichtsakte im Verfahren 17 L 575/13). Hinsichtlich dieser Verstöße fehlt es indes an einer genauen zeitlichen Eingrenzung (wohl im Jahr 2013) und an einer hinreichend substantiierten Dokumentation mittels aussagekräftiger Lichtbilder mit Datums- und Zeitangaben nebst Katasterauszügen und genauer Angabe der Containerstandorte. Überdies hat die Stadt X2. mit Schriftsatz vom 23. Januar 2014 mitgeteilt, die Klägerin betätige sich mittels eines am X3.---ring (vor der Einmündung der T2.----------straße ) auf einem Privatgrundstück ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers aufgestellten Sammelcontainers weiterhin als gewerbliche Sammlerin. Selbst wenn jedoch die von der Stadt X2. angeführten Verstöße gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche Erlaubnispflichten als zutreffend unterstellt werden, begründeten diese in der Gesamtschau jedenfalls nicht die Annahme eines massiven und systematischen Fehlverhaltens. Denn insbesondere vor dem Hintergrund der für die Zeit vor Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung positiv ausfallenden Zuverlässigkeitsprognose sind die in Rede stehenden drei bzw., bei unterstellter Zurechnung des durch die Beklagte im Stadtgebiet L. festgestellten Verstoßes der AG U1. , vier zu Lasten der Klägerin als zutreffend unterstellten Verstößen gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche Erlaubnispflichten nicht geeignet, um ein massives und systematisches Fehlverhalten annehmen zu können. 285Fehlt es nach den vorstehenden Ausführungen (aktuell) schon an einer, für die Annahme eines massiven und systematischen Fehlverhaltens hinreichend aussagekräftig dokumentierten Zahl von Verstößen gegen Straßenrecht und Privatrecht, kann vorliegend dahinstehen, ob es die Klägerin – wie die Beklagte meint – durch ein Auftreten als Vertreterin der Gesellschaft AG U1. darauf anlegt, den tatsächlichen Umfang ihrer Sammlungstätigkeit zu verschleiern, 286vgl. zu diesem Aspekt OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Dezember 2013 – 20 B 444/13 –, juris Rn. 18; kritisch hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 20 f. 287Soweit sich die Beklagte für die Begründung von Bedenken gegen die Zuverlässigkeit zudem – ohne insoweit eigene Sachverhaltsermittlungen anzustellen – auf Entscheidungen anderer Behörden und deren verwaltungsgerichtliche Bestätigungen beruft, ist – wie bereits unter B. III. 2. c. aa. ausgeführt – darauf hinzuweisen, dass die schlichte Bezugnahme auf „fremde“ Verwaltungs- und/oder Gerichtsverfahren keine ausreichende Tatsachengrundlage für eine Sammlungsuntersagung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG bietet, 288vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Mai 2014 – 10 S 30/14 –, juris Rn. 19 ff.; sowie bezogen auf die Klägerin ausdrücklich VG X1. , Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris Rn. 57; wohl auch VGH Bayern, Beschluss vom 18. November 2013 – 20 CS 13.1625 –, juris Rn. 13. 289Ungeachtet der aktuell noch im Raume stehenden Verstöße ist bei der vom Gericht anzustellenden Prognoseentscheidung flankierend zu berücksichtigen, dass die eingeholten Gewerbezentralregisterauskünfte über die „C. GmbH“, X. C. und K. O. keine Eintragungen aufweisen. Hinzu kommt, dass die Klägerin die bislang gegen sie erhobenen Vorwürfe zum Anlass genommen hat, unternehmensinterne Veränderungen der Arbeitsabläufe und der Personalstruktur vorzunehmen. So lässt sie sich fortlaufend als Entsorgungsfachbetrieb zertifizieren und hat neue Mitarbeiter für die Rechtsabteilung sowie zur Suche und Überwachung geeigneter Containerstellplätze eingestellt. Des Weiteren ist durch die Abberufung des zweiten Geschäftsführers X. C. eine Veränderung in der Unternehmensführung eingetreten. Seit dem 1. Juni 2012 würden neben dem vorhandenen Containerbestand grundsätzlich keine neuen Containerstandorte erschlossen. Neue Container würden lediglich nach Auslaufen entsprechender Standortverträge im näheren Umfeld der bisherigen Standorte aufgestellt, wobei Neuaufstellungen in allen Fällen nur nach Abschluss privatrechtlicher Verträge bzw. Einholung behördlicher Genehmigungen für den jeweiligen Standort erfolgten. Ferner würden sämtliche Containerstellplätze zum Zwecke der Überwachung geographisch und fotografisch dokumentiert. Diese unternehmensinternen Umstrukturierungen, mit denen – angesichts der nach Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung geringen Zahl der noch im Raume stehenden Vorwürfe – positive Veränderungen einhergehen, tragen dazu bei, dass (jedenfalls derzeit) nicht von einer Unzuverlässigkeit der Klägerin ausgegangen werden kann. 290Fehlt es damit an ausreichenden tatsachengestützte Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin und des aktuellen Geschäftsführers K. O. bzw. des zwischenzeitlich abberufenen zweiten Geschäftsführers X. C. , fällt das Wahrscheinlichkeitsurteil in Bezug auf die Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG (derzeit) positiv aus. 291Das Gericht war auch nicht gehalten, weitere Ermittlungen hinsichtlich Verstößen gegen öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Erlaubnispflichten anzustellen. Denn hierfür bestanden keine zureichenden Anhaltspunkte, die entsprechende Maßnahmen erforderlich erscheinen ließen. Es obliegt vielmehr der Beklagten, die sich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 KrWG beruft, die für sie günstigen Voraussetzungen darzulegen. Denn die Beteiligten sind gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Diese Mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den (substantiierten) Vortrag von Umständen, die der „Sphäre“ eines Beteiligten – hier der Beklagten – zuzurechnen sind, 292vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 86 Rn. 11 m.w.N. 2933. Die Rechtswidrigkeit der auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) beruhenden Zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen Grundverfügung. 294C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 295Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO). 296Die Berufung war nicht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.
die ordnungsverfügung der beklagten vom 30. april 2013 wird aufgehoben. die kosten des verfahrens trägt die beklagte. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin wendet sich gegen die untersagung der gewerblichen sammlung von alttextilien und -schuhen im stadtgebiet der beklagten. 3nach unwidersprochenen angaben hat die klägerin seit dem 19. september 1997 ein gewerbe für den einzelhandel mit gebrauchtwaren (textilien) und die unterhaltung eines lagerhauses zum lagern von gegenständen angemeldet. 4die klägerin wurde durch gesellschaftsvertrag vom 27. august 1997 von den gesellschaftern x. c. und u. i. gegründet und firmierte zunächst unter „c. und i. gmbh“ mit dem sitz in n. /m. . gegenstand des unternehmens ist die unterhaltung eines lagerhauses zur einlagerung von gegenständen aller art sowie das einsammeln von altkleidern mittels sammelcontainern und der handel mit altkleidern (§ 2 des gesellschaftsvertrages). die eintragung im handelsregister des amtsgerichts n. (hr b 0000) erfolgte am 23. september 1997. durch gesellschafterbeschluss vom 19. dezember 1997 schied der gesellschafter u. i. aus der gesellschaft aus. die gesellschaft firmierte fortan unter „c. gmbh“ mit dem einzigen gesellschafter x. c. , der zugleich als geschäftsführer bestellt war. am 20. januar 2005 trat herr k. o. durch erwerb eines entsprechenden geschäftsanteils als zweiter gesellschafter in die „c. gmbh“ ein. mit handelsregistereintrag vom 12. april 2010 wurde herr k. o. neben herrn x. c. zum zweiten geschäftsführer bestellt. durch gesellschafterbeschluss vom 28. februar 2014 wurde herr x. c. mit sofortiger wirkung als geschäftsführer der klägerin abberufen. es wurde zudem eine vollständige neufassung des gesellschaftsvertrages der klägerin beschlossen. unter anderem wurde die firma der gesellschaft in „f. gmbh“ geändert. die „f. gmbh“ wurde am 9. april 2014 in das handelsregister des amtsgerichts frankfurt am main (hr b 00000) eingetragen. unter ziffer 6 lit. a) des handelsregistereintrages heißt es: „gesellschaftsvertrag vom 27. august 1997, mehrfach geändert. die gesellschafterversammlung vom 28. februar 2014 hat die neufassung des gesellschaftsvertrages, insbesondere die änderung in § 1 (firma, bisher: c. gmbh), § 1 (sitz) und mit ihr die sitzverlegung von n. /m. (bisher amtsgericht n. hrb 0000) nach f1. und § 3 (stammkapital) und mit ihr die umstellung des stammkapitals auf euro sowie gleichzeitig die erhöhung des stammkapitals um 3,41 euro beschlossen“. die im handelsregister des amtsgerichts n. (hr b 0000) geführte „c. gmbh“ wurde wegen der verlegung des unternehmenssitzes nach f1. am 15. april 2014 dort gelöscht. 5das regierungspräsidium h. untersagte der c. gmbh, herrn x. c. und herrn k. o. mit nicht bestandskräftigen gewerbeuntersagungsbescheiden vom 6. dezember 2012 gemäß § 35 gewerbeordnung (gewo) die ausübung des gewerbes einzelhandel mit gebrauchtwaren (textilien) sowie unterhaltung eines lagerhauses zum lagern von gegenständen aller art. die untersagung erstreckte sich auch auf jede andere selbstständige gewerbliche tätigkeit, soweit diese unter § 35 gewo fällt. bezüglich herrn x. c. und herrn k. o. erstreckte sich die untersagung auch auf die tätigkeit als vertretungsberechtigter eines gewerbetreibenden oder als mit der leitung des gewerbebetriebes beauftragten person, insbesondere auf die tätigkeiten als geschäftsführer der firma c. gmbh. die gewerbeuntersagungsbescheide stützten sich maßgeblich auf verstöße gegen das straßen- und wegerecht durch unerlaubte aufstellung von sammelcontainern in zahlreichen städten im bundesgebiet. gegen die gewerbeuntersagungsbescheide wurde vor dem verwaltungsgericht h. klage erhoben. im rahmen dieses klageverfahrens wurde am 29. august 2013 ein gerichtlicher vergleich geschlossen, in dessen folge die gewerbeuntersagungsbescheide am 29. august 2013 aufgehoben wurden. das regierungspräsidium h. teilte daraufhin mit schreiben vom 9. september 2013 ausdrücklich mit, man habe sich davon überzeugt, dass die in den gewerbeuntersagungsbescheiden aufgezeigten mängel in der organisation des gewerbebetriebes, die zu dem vorwurf unzuverlässigen verhaltens im sinne von § 35 gewo geführt haben, beseitigt wurden. das regierungspräsidium h. gehe davon aus, dass der gewerbebetrieb durch die kläger zuverlässig und ordnungsgemäß geführt werde. die gewerbeuntersagungsbescheide seien aufgehoben worden. 6die klägerin führte eigenen angaben zufolge schon vor dem 1. juni 2012 im stadtgebiet der beklagten eine sammlung von alttextilien mittels altkleidercontainern durch. sie unterhält im stadtgebiet der beklagten 32 altkleidercontainer. 7im stadtgebiet der beklagten führt die gesellschaft für stadtreinigung und abfallwirtschaft l. mbh & co. kg (h1. ) als beauftragte dritte des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers seit dem 1. juli 2013 eine flächendeckende sammlung von alttextilien im wege eines holsystems durch. 8mit schreiben vom 27. august 2012 (eingang bei der beklagten: 29. august 2012) zeigte die klägerin, vertreten durch ihren geschäftsführer k. o. , die von ihr im stadtgebiet der beklagten durchgeführte gewerbliche sammlung von alttextilien und -schuhen aus privaten haushalten nach § 18 abs. 1 kreislaufwirtschaftsgesetz (krwg) an. in der anzeige gab die klägerin an, ca. 20 mitarbeiter und ca. 15 fahrzeuge zu haben und im monat 6 t altkleider und altschuhe zu sammeln, die von dem betrieb v. t. in litauen verwertet würden. fehlwürfe würden in dem müllheizkraftwerk l1. gmbh entsorgt. der anzeige fügte die klägerin u.a. ein zertifikat als entsorgungsfachbetrieb (gültig bis zum 24. dezember 2013), eine bestätigung des betriebes t. über die abnahme von 900 t alttextilien pro jahr sowie zwei formblätter gemäß § 53 krwg „anzeige für sammler, beförderer, händler und makler“ bei. in den formblättern wird herr w. o. als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person benannt. 9unter dem 5. september 2012 forderte die beklagte die klägerin zur vorlage weiterer unterlagen auf. die klägerin solle u.a. angaben über art, ausmaß und dauer (insbesondere zu containerstandorten) machen und gewerbezentralregisterauszüge sowie führungszeugnisse der geschäftsführer und der für die leitung und beaufsichtigung des betriebs verantwortlichen person vorlegen. 10nachdem seitens der klägerin keine reaktion erfolgte, untersagte die beklagte mit ordnungsverfügung vom 17. oktober 2012 die von der klägerin am 29. august 2012 angezeigte gewerbliche sammlung von bekleidung – einschließlich schuhen – im rahmen eines bringsystems im gesamten stadtgebiet l. (ziffer i.) und ordnete die sofortige vollziehung an (ziffer ii.). für den fall, dass die klägerin der anordnung unter ziffer i. der ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkomme, drohte die beklagte ihr ein zwangsgeld in höhe von 5.000,00 euro für jeden fall der zuwiderhandlung an (ziffer iii.). die beklagte stützte die untersagung auf § 18 abs. 5 satz 2 krwg. zur begründung führte sie im wesentlichen aus, die sammlung sei nicht vollständig und daher nicht ordnungsgemäß angezeigt worden. 11die klägerin erhob gegen diese ordnungsverfügung am 29. oktober 2012 klage vor dem erkennenden gericht (az.: 17 k 7409/12) und stellte zugleich einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (az.: 17 l 1911/12). nachdem die klägerin im verfahren des vorläufigen rechtsschutzes obsiegte, hob die beklagte die angefochtene ordnungsverfügung vom 17. oktober 2012 durch bescheid vom 15. januar 2013 auf. das hauptsacheverfahren (az.: 17 k 7409/12) wurde übereinstimmend für erledigt erklärt. 12mit schreiben vom 30. januar 2013 forderte die beklagte die klägerin hinsichtlich ihrer sammlungsanzeige vom 27. august 2012 erneut zur vorlage ergänzender unterlagen auf. die klägerin solle u.a. angaben über art, ausmaß und dauer der sammlung machen und gewerbezentralregisterauszüge sowie führungszeugnisse der geschäftsführer und der für die leitung und beaufsichtigung des betriebs verantwortlichen person vorlegen. 13nachdem eine reaktion der klägerin auf das schreiben der beklagten vom 30. januar 2013 ausblieb, wurde die klägerin mit schreiben vom 12. april 2013 zur beabsichtigten untersagung der angezeigten gewerblichen sammlung angehört. 14mit ordnungsverfügung vom 30. april 2013, mittels postzustellungsurkunde zugestellt am 7. mai 2013, untersagte die beklagte der klägerin die am 29. august 2012 angezeigte gewerbliche sammlung von bekleidung und textilien aus privaten haushalten im rahmen eines bringsystems mit sammelcontainern im gesamten stadtgebiet l. (ziffer i.) und ordnete die sofortige vollziehung an (ziffer ii.). für den fall, dass die klägerin der anordnung unter ziffer i. der ordnungsverfügung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkomme, drohte die beklagte ihr ein zwangsgeld in höhe von 2.000,00 euro für jeden tag der zuwiderhandlung an (ziffer iii.). 15die beklagte stützte die ordnungsverfügung auf § 18 abs. 5 satz 2 krwg. zur begründung führte sie im wesentlichen aus, die sammlung sei nicht vollständig und daher nicht ordnungsgemäß angezeigt worden. es fehlten angaben über art, ausmaß und dauer der sammlung sowie belege über die in der vergangenheit im stadtgebiet l. ausgeübte sammlungstätigkeit. die für die leitung und beaufsichtigung des betriebs und der sammlung verantwortlichen personen seien nicht benannt worden. folglich seien der anzeige nicht alle der in § 18 abs. 2 krwg genannten unterlagen beigefügt worden. es habe daher nicht abschließend geprüft werden können, ob der sammlung überwiegende öffentliche interessen entgegenstehen. des weiteren bestünden massive bedenken gegen die zuverlässigkeit der klägerin. diese folgten aus den gegenüber der c. gmbh, x. c. und k. o. erlassenen gewerbeuntersagungsbescheiden des regierungspräsidiums h. vom 6. dezember 2012, mit denen die ausübung des gewerbes einzelhandel mit gebrauchtwaren (textilien) sowie unterhaltung eines lagerhauses zum lagern von gegenständen aller art untersagt worden sei. die gewerbeuntersagungsbescheide stützten sich maßgeblich auf verstöße gegen das straßen- und wegerecht durch unerlaubte aufstellung von sammelcontainern in zahlreichen städten im bundesgebiet. die anordnung der sofortigen vollziehung sei erforderlich, weil die klägerin beabsichtige werthaltige abfälle zu sammeln und hierdurch nachteilige auswirkungen auf die gebührenkalkulation und gebührensätze hervorgerufen würden. die sammlung der klägerin führe beim öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger zu einem verlust durch entgangene erlöse, so dass diese nicht mehr gebührenmindernd in die gebührenberechnung einbezogen werden könnten. 16die klägerin hat am 4. juni 2013 klage erhoben. 17zur begründung führt sie im wesentlichen aus, die ordnungsverfügung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren rechten. die ordnungsverfügung sei formell rechtswidrig, weil es bei der beklagten an einer hinreichenden organisatorischen trennung zwischen unterer umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlichem entsorgungsträger fehle. die ordnungsverfügung sei auch materiell rechtswidrig. entgegen der auffassung der beklagten sei die sammlungsanzeige vollständig und enthalte sämtliche angaben und darlegungen gemäß § 18 abs. 2 krwg. insbesondere habe sie die ordnungsgemäße und schadlose verwertung der gesammelten abfälle in ausreichendem maße dargelegt. es bestehe auch keine verpflichtung, der beklagten gegenüber die genauen containerstandorte offen zu legen. ihre sammelcontainer im stadtgebiet l. stünden allesamt auf privatgrundstücken. für sämtliche containerstandorte sei sie im besitz entsprechender mietverträge. herr w. o. sei zu keinem zeitpunkt im unternehmen tätig gewesen. die angabe von w. o. als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person im formblatt anzeige für sammler, beförderer, händler und makler nach § 53 krwg sei versehentlich erfolgt und mit schreiben vom 4. september 2013 gegenüber dem regierungspräsidium h. korrigiert worden. es bestünden keine bedenken gegen ihre zuverlässigkeit. die beklagte könne eine etwaige unzuverlässigkeit nicht aus den gewerbeuntersagungsbescheiden des regierungspräsidiums h. vom 6. dezember 2012 herleiten. die gewerbeuntersagungsbescheide seien nicht bestandskräftig, sondern im zuge der vor dem verwaltungsgericht h. geführten verfahren 8 k 3488/12, 8 k 3514/12 und 8 k 3516/12 seitens des regierungspräsidiums h. aufgehoben worden. die gewerbeuntersagungsbescheide enthielten keinerlei nachweise darüber, dass sie tatsächlich gegen rechtsvorschriften verstoßen habe und seien nicht geeignet gewesen, eine gewerbeuntersagung zu rechtfertigen. die beklagte könne sich zudem nicht lediglich auf ein gewerbeuntersagungsverfahren einer anderen behörde berufen und die dort erwähnten verstöße zum anlass nehmen, eine sammlungsuntersagung auszusprechen. gleichfalls könne die beklagte nicht auf entscheidungen anderer gerichte betreffend das territorium anderer kommunen verweisen und daraus eine unzuverlässigkeit der klägerin für das stadtgebiet l. herleiten. es sei vielmehr erforderlich, dass die beklagte, wenn sie bedenken hinsichtlich der zuverlässigkeit habe, eigene sachverhaltsermittlungen durchführe. andernfalls führe eine sammlungsuntersagung nach § 18 abs. 5 satz 2 krwg für ein bundesweit tätiges unternehmen wie sie – die klägerin – faktisch zu einer gebietsunabhängigen gewerbeuntersagung, wodurch die grenze zu einer umfassenden gewerbeuntersagung im sinne von § 35 gewo praktisch aufgehoben werde. ihre zuverlässigkeit werde unabhängig davon durch ein aktuell gültiges zertifikat als entsorgungsfachbetrieb bestätigt. die beklagte habe des weiteren für das stadtgebiet l. keinen konkret durch sie – die klägerin – hervorgerufenen verstoß gegen straßenrecht bzw. privatrecht dargelegt. vermeintliche verstöße der gesellschaften ag u1. und e. gmbh im stadtgebiet l. könnten ihr nicht zugerechnet werden und seien nicht geeignet, bedenken gegen ihre zuverlässigkeit zu begründen. derartige verstöße könnten nur in entsprechenden, gegen diese gesellschaften gerichteten verfahren berücksichtigung finden. dessen ungeachtet habe sie – die klägerin – beschwerden über vermeintlich widerrechtlich aufgestellte sammelcontainer zum anlass genommen, unternehmensinterne veränderungen der arbeitsabläufe und der personalstruktur vorzunehmen. insoweit sei u.a. eine zertifizierung als geprüfter entsorgungsfachbetrieb durchgeführt worden und es seien mitarbeiter für die rechtsabteilung sowie zur suche geeigneter containerstellplätze und zur kontrolle vorhandener containerstellplätze eingestellt worden. seit dem 1. juni 2012 würden neben dem vorhandenen containerbestand grundsätzlich keine neuen sammelcontainer aufgestellt. neue container würden nur nach auslaufen entsprechender standortverträge im näheren umfeld der bisherigen standorte aufgestellt. containeraufstellungen erfolgten stets nach abschluss privatrechtlicher verträge bzw. einholung behördlicher genehmigungen für den jeweiligen standort. sämtliche containerstellplätze würden zum zwecke der überwachung geographisch und fotografisch dokumentiert. vor diesem hintergrund könne ihre unzuverlässigkeit für die zukunft nicht festgestellt werden. im übrigen genieße sie vertrauensschutz gemäß § 18 abs. 7 krwg, weil sie bereits vor inkrafttreten des kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. juni 2012 gewerbliche sammlungen im stadtgebiet l. durchgeführt habe. 18die klägerin beantragt, 19die ordnungsverfügung der beklagten vom 30. april 2013 aufzuheben. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22zur begründung nimmt sie im wesentlichen bezug auf die angefochtene ordnungsverfügung. ergänzend und vertiefend führt sie aus, es bestehe eine ausreichende organisatorische und personelle trennung zwischen dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger und der unteren umweltschutzbehörde. die sammlungsanzeige sei unvollständig. die klägerin habe nicht alle in § 18 abs. 2 krwg genannten angaben gemacht. insbesondere habe sie zu keinem zeitpunkt die anzahl und die standorte ihrer sammelcontainer im stadtgebiet l. offen gelegt. die benennung der containerstandorte sei unabdingbar für die beurteilung einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung der gesammelten abfälle, die prüfung der leistungsfähigkeit der angezeigten sammlung im bringsystem sowie die prüfung, ob die angezeigte sammlung zu einer gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers führe. überdies habe die klägerin nicht ausreichend klargestellt, welche personen für die leitung und beaufsichtigung des betriebes und welche personen für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlich seien. die klägerin könne sich nicht auf ein schutzwürdiges vertrauen gemäß § 18 abs. 7 krwg berufen, denn die schlichte behauptung, bereits vor inkrafttreten des kreislaufwirtschaftsgesetzes eine gewerbliche sammlung im stadtgebiet l. durchgeführt zu haben, sei durch nichts belegt. hinzu komme, dass die klägerin eine ordnungsgemäße und schadlose verwertung der in der vergangenheit gesammelten abfälle nicht nachgewiesen habe. die ordnungsgemäße verwertung der abfälle sei auch aktuell nicht nachgewiesen. die klägerin habe eine bestätigung der firma v. t. über die abnahme von 900 t alttextilien pro jahr vom 21. juni 2012 vorgelegt. diese menge sei schon im hinblick auf ein klageverfahren vor dem verwaltungsgericht münchen (az.: m 17 k 13.2417) überschritten worden, so dass die darlegung der verwertungswege im hiesigen verfahren nicht nachvollziehbar und widersprüchlich sei. die beklagte leite die zweifel an der zuverlässigkeit der klägerin nicht allein aus den gewerbeuntersagungsbescheiden des regierungspräsidiums h. vom 6. dezember 2012 her. vielmehr habe die klägerin auch im stadtgebiet l. unter dem namen ag u1. auf der l2. allee 170 (festgestellt am 18. oktober 2012) auf der v1. straße 650-652 (festgestellt am 8. november 2012) sowie auf der h2.--------straße (festgestellt am 6. mai 2013) auf privatgrundstücken sammelcontainer aufgestellt, ohne die zustimmung der jeweiligen grundstückseigentümer einzuholen. die container seien so aufgestellt gewesen, dass es zusätzlich auch einer sondernutzungserlaubnis bedurft hätte. des weiteren seien durch die firma e. gmbh auf der l3. straße 447 in l. (festgestellt am 16. september 2013) mit zustimmung des grundstückseigentümers zwei sammelcontainer auf einem privatgrundstück aufgestellt worden, ohne dass die firma e. gmbh eine gewerbliche sammlung angezeigt habe. die firma e. gmbh habe zudem durch die firma d. kg auf der c1.-----straße 59 in l. (festgestellt am 23. oktober 2013) einen altkleidersammelcontainer aufgestellt, ohne vorher die zustimmung des grundstückseigentümers einzuholen. kurze zeit später sei dieser container auf öffentlichen straßengrund versetzt worden, ohne insoweit eine entsprechende sondernutzungserlaubnis einzuholen. geschäftsführer der firma e. gmbh sei herr w. o. , der zugleich als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes der klägerin verantwortliche person benannt werde. aus dem umstand, dass herr w. o. unter der firma e. gmbh eine nicht angezeigte gewerbliche sammlung betreibe, folge dessen unzuverlässigkeit. man habe zudem am 18. dezember 2013 der presse entnommen, dass durch die firma ag u1. sammelcontainer ohne erlaubnis auf parkplätzen der firma b. in x1. und p. aufgestellt worden seien. im übrigen hätten zwischenzeitlich zahlreiche verwaltungsgerichte, u.a. das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen und der bayerische verwaltungsgerichtshof, in unterschiedlichen verfahren die unzuverlässigkeit der klägerin festgestellt. 23die stadt x2. hat in den beigezogenen verfahren 17 k 3310/13 (f. gmbh./.stadt x2. ) und 17 l 575/13 (c. gmbh./.stadt x2. ) ausgeführt, ausweislich der feststellungen des ressorts straßen und verkehr der stadt x2. , seien in den jahren 2011 und 2012 in fünf fällen bußgeldverfahren gegen die c. gmbh wegen unerlaubter sondernutzung eingeleitet worden. gegenstand der verstöße sei das aufstellen von sammelcontainern für altkleider auf bzw. an öffentlichen gehwegen in x2. an den standorten i1. -c2. straße (einmündung l4. -t1. -straße), straße i2. (gegenüber haus nr. 19), s. straße (einmündung zu den häusern 39 ff.), straße e1. (vor haus nr. 54 an der bushaltestelle) und straße i2. (vor haus nr. 62.) gewesen, (vgl. bl. 90 der gerichtsakte im verfahren 17 l 575/13). trotz dieses umstandes habe die klägerin auch im jahr 2013 zwei sammelcontainer ohne die erforderliche sondernutzungserlaubnis so aufgestellt, dass sie in den öffentlichen straßenraum hineinragten (e2. straße vor haus nr. 8 und i3. straße westlich neben dem spielplatz rückseite der straße o1.------weg ) (vgl. bl. 91 der gerichtsakte im verfahren 17 l 575/13). auch insoweit sei ein bußgeldverfahren eingeleitet worden. darüber hinaus seien sammelcontainer auf privaten grundstücken ohne eine genehmigung durch den grundstückseigentümer aufgestellt worden (x3.---ring i2. c3. . 10 und auf flächen der stadt x2. ) (vgl. bl. 84 der gerichtsakte im verfahren 17 l 575/13). mit schreiben vom 23. januar 2014 teilte die stadt x2. überdies mit, die klägerin betätige sich weiterhin auf dem x4. stadtgebiet als gewerbliche sammlerin von altkleidern. so habe sie einen sammelcontainer für altkleider am x3.---ring vor der einmündung der t2.----------straße in x2. auf einem privaten grundstück ohne die erlaubnis der grundstückseigentümerin, der n1. hausverwaltung gmbh & co. kg, aufgestellt. 24das gericht hat im beigezogenen verfahren 17 k 3310/13 (f. gmbh./.stadt x2. ) auskünfte aus dem gewerbezentralregister nach § 150a abs. 2 nr. 1 gewo betreffend x. c. , k. o2. , w. o. und die c. gmbh eingeholt und diese den beteiligten des hiesigen verfahrens mit gerichtlicher verfügung vom 22. dezember 2014 zur kenntnisnahme übersandt. sämtliche auskünfte enthalten keine eintragung. 25wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten sowie der beigezogenen gerichtsakten 17 k 3310/13 (f. gmbh./.stadt x2. ), 17 l 575/13 (c. gmbh./.stadt x2. ) und 17 k 3705/13 (f. gmbh./.stadt e3. ) nebst beiakten ergänzend bezug genommen. 26
27infolge der durch gesellschafterbeschluss vom 28. februar 2014 vorgenommenen umfirmierung von „c. gmbh“ in „f. gmbh“ sowie der sitzverlegung von n. /m. nach f1. und der am 9. april 2014 im handelsregister des amtsgerichts frankfurt am main (hr b 00000) erfolgten eintragung der änderungen, war das rubrum entsprechend zu berichtigen. 28die klage hat erfolg. 29a. die klage ist zulässig. 30i. die klägerin ist beteiligtenfähig gemäß § 61 nr. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). als gesellschaft mit beschränkter haftung (gmbh) nach § 13 abs. 1 des gesetzes betreffend die gesellschaften mit beschränkter haftung (gmbhg) ist sie rechtsfähige juristische person und zugleich formkaufmann gemäß § 13 abs. 3 gmbhg. aus der zivilrechtlichen rechtsfähigkeit folgt ihre beteiligtenfähigkeit im sinne von § 61 nr. 1 vwgo, 31vgl. czybulka, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 4. auflage 2014, § 61, rn. 13. 32die beteiligtenfähigkeit der klägerin ist auch nicht durch die aufgrund des gesellschafterbeschlusses vom 28. februar 2014 erfolgte abberufung des geschäftsführers x. c. und die „vollständige neufassung des gesellschaftsvertrages“ (ziffer iii. des gesellschafterbeschlusses) entfallen, mit welcher u.a. die firma der gesellschaft von „c. gmbh“ in „f. gmbh“ geändert, der sitz der gesellschaft von n. /m. nach f1. verlegt und eine erhöhung des stammkapitals beschlossen wurde. 331. die von den gesellschaftern beschlossene neufassung des gesellschaftsvertrages – insbesondere die umfirmierung und die sitzverlegung – hat nicht zum erlöschen der rechtsfähigkeit und demgemäß zu keinem wegfall der beteiligtenfähigkeit im sinne von § 61 nr. 1 vwgo geführt. 34die beteiligtenfähigkeit einer gmbh ist grundsätzlich gegeben, solange sie rechtsfähig ist, 35vgl. czybulka, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 4. auflage 2014, § 61, rn. 13 m.w.n. 36eine gmbh entsteht als juristische person und wird rechtsfähig mit der eintragung im handelsregister (§ 11 abs. 1 gmbhg); sie erlischt mit eintritt der vollbeendigung, 37vgl. bag, urteil vom 4. juni 2003 – 10 azr 448/02 –, juris rn. 24 m.w.n. 38vollbeendigung tritt regelmäßig ein, wenn die gesellschaft wegen einer der in § 60 abs. 1 gmbhg genannten gründe oder eines im gesellschaftsvertrag (§ 60 abs. 2 gmbhg) festgesetzten auflösungsgrundes aufgelöst, die liquidation beendet und der schluss der liquidation zur eintragung in das handelsregister angemeldet worden ist (§§ 66 bis 74 gmbhg). eine beendigung der gesellschaft ohne liquidation tritt grundsätzlich nur bei löschung der gesellschaft aus dem handelsregister wegen vermögenslosigkeit gemäß § 60 abs. 1 nr. 7 gmbhg i.v.m. § 394 des gesetzes über das verfahren in familiensachen und in den angelegenheiten der freiwilligen gerichtsbarkeit (famfg) ein. mit dem wegfall der rechtsfähigkeit entfällt grundsätzlich auch die beteiligtenfähigkeit der gmbh, 39vgl. ovg sachsen, beschluss vom 8. dezember 2011 – 1 d 129/11 –, juris rn. 2; czybulka, in: sodan/ziekow, verwaltungsgerichtsordnung, 4. auflage 2014, § 61, rn. 13 m.w.n. 40nach maßgabe dieser kriterien sind keinerlei anhaltspunkte für ein erlöschen der rechtsfähigkeit durch vollbeendigung der gesellschaft ersichtlich, weshalb auch die beteiligtenfähigkeit gemäß § 61 nr. 1 vwgo nicht entfallen ist. 41die gesetzlich normierten auflösungsgründe im sinne von § 60 abs. 1 gmbhg sind nicht einschlägig. insbesondere kann dem gesellschafterbeschluss vom 28. februar 2014 nicht ansatzweise eine intention der gesellschafter entnommen werden, die gesellschaft gemäß § 60 abs. 1 nr. 2 gmbhg aufzulösen. auch der ursprüngliche gesellschaftsvertrag vom 27. august 1997 enthält keine vertraglich normierten auflösungsgründe (§ 60 abs. 2 gmbhg), deren eintritt festgestellt werden könnte. aus dem gesellschafterbeschluss vom 28. februar 2014 geht vielmehr unmissverständlich hervor, dass die ursprüngliche gesellschaft mit den beschlossenen änderungen (ziffer i. geschäftsführerabberufung, ziffer ii. umstellung von stammkapital, geschäftsanteilen und betragsangaben auf euro, ziffer iii. neufassung des gesellschaftsvertrages mit firmenänderung, sitzverlegung und kapitalerhöhung um 3,41 euro) weiter fortbestehen soll. demgemäß ist ungeachtet der beschlossenen änderungen durch den gesellschafterbeschluss keine änderung des gegenstandes der gesellschaft, geschweige denn eine veränderung in der person der gesellschafter bewirkt worden. darüber hinaus fehlt es ersichtlich an der konstitutiven anmeldung und eintragung einer auflösung im handelsregister (§ 65 gmbhg), der durchführung und beendigung der liquidation (§§ 66 bis 74 gmbhg) und der löschung der gmbh aus dem handelsregister. 42dass die klägerin am 9. april 2014 im handelsregister des amtsgerichts frankfurt am main (hr b 00000) eingetragen und nachfolgend am 15. april 2014 im handelsregister des amtsgerichts n. (hr b 0000) gelöscht wurde, ist – wie sich auch dem schreiben des amtsgerichts n. an die klägerin vom 6. august 2014 entnehmen lässt – lediglich folge der verlegung des sitzes der gesellschaft von n. nach f1. . denn ausschließlich örtlich zuständiges registergericht ist jeweils das gericht, in dessen bezirk sich der sitz der gesellschaft befindet (§ 377 abs. 1 famfg, § 29 handelsgesetzbuch – hgb –). demgemäß ist auch die sitzverlegung bei dem gericht, in dessen bezirk sich die gesellschaft befindet, zur eintragung in das handelsregister anzumelden (§ 31 abs. 1, § 29 hgb). vor diesem hintergrund hat die löschung der klägerin im handelsregister des amtsgerichts n. nicht zum verlust ihrer rechtsfähigkeit geführt, weil es sich insoweit nicht um eine löschung wegen auflösung und vollbeendigung der gmbh, sondern lediglich um eine löschung wegen verlegung des gesellschaftssitzes handelt. dies ergibt sich eindeutig aus den eintragungen des amtsgerichts frankfurt am main (hr b 00000) vom 9. april 2014 und des amtsgerichts n. (hr b 0000) vom 15. april 2014, aus denen hervorgeht, dass eine sitzverlegung von n. nach f1. stattgefunden hat. 43schließlich hat auch die mit gesellschafterbeschluss vom 28. februar 2014 erfolgte umfirmierung von „c. gmbh“ in „f. gmbh“ nicht zu einer auflösung und vollbeendigung der gesellschaft geführt. denn die firma eines (form)kaufmannes ist lediglich der name, unter dem er seine geschäfte betreibt (vgl. § 17 abs. 1 hgb). durch eine umfirmierung bleibt indes die gesellschaft als juristische person grundsätzlich unverändert bestehen. 442. durch die von den gesellschaftern beschlossene vollständige neufassung des gesellschaftsvertrages – insbesondere die umfirmierung und die sitzverlegung – ist auch keine andere, mit der klägerin nicht identische, neue gesellschaft gegründet worden, 45so aber vg arnsberg, urteil vom 23. juni 2014 – 8 k 2665/13 –, juris rn. 16 f. 46aus den regelungen im gesellschafterbeschluss vom 28. februar 2014, dem neugefassten gesellschaftsvertrag und den registereintragungen der amtsgerichte frankfurt am main (hr b 00000) vom 9. april 2014 und n. (hr b 0000) vom 15. april 2014 mit entsprechenden bezugnahmen auf den ursprünglichen gesellschaftsvertrag vom 27. august 1997 und den bisherigen firmennamen „c. gmbh“ geht – wie vorstehend unter a. i. 1. ausgeführt – unmissverständlich hervor, dass die „f. gmbh“ keine neu gegründete gesellschaft darstellt, sondern personenidentisch ist mit der „c. gmbh“. eine gesellschaftsneugründung war seitens der gesellschafter zu keinem zeitpunkt beabsichtigt und wurde auch nicht vorgenommen. die „vollständige neufassung“ des gesellschaftsvertrages durch einstimmigen gesellschafterbeschluss ist lediglich als abänderung des gesellschaftsvertrages gemäß § 53 gmbhg, nicht indes als neugründung einer anderen gesellschaft zu qualifizieren. die von den gesellschaftern beschlossenen änderungen der firma, des sitzes und des stammkapitals sind vielmehr klassische abänderungen im sinne des § 53 gmbhg, 47vgl. bartl/bartl/fichtelmann, gmbh-recht, 7. auflage 2013, § 53 gmbhg, rn. 3 m.w.n. 48da die dispositionsbefugnis über die inhalte des gesellschaftsvertrages bei den gesellschaftern liegt, steht es ihnen frei, eine abänderung des gesellschaftsvertrages – wie hier geschehen – auch in gestalt einer neufassung der vertragsbestimmungen vorzunehmen. die abänderung des gesellschaftsvertrages wurde schließlich als solche gemäß § 54 gmbhg von dem beurkundenden notar zur eintragung angemeldet und dementsprechend am 9. april 2014 in das handelsregister (hr b 00000) beim zuständigen amtsgericht frankfurt am main eingetragen. anhaltspunkte für eine gesellschaftsneugründung lassen sich den registereintragungen nicht entnehmen. 49b. die klage ist auch begründet. 50die angefochtene ordnungsverfügung der beklagten vom 30. april 2013 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 51i. die rechtmäßigkeit der ausgesprochenen sammlungsuntersagung als dauerverwaltungsakt ist auf der grundlage des derzeit geltenden rechts zu beurteilen, 52vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 32. 53die beklagte hat die untersagung der sammlung von alttextilien in ihrem stadtgebiet – mangels ausdrücklicher beschränkung auf eine bestimmte tatbestandsvariante – sowohl auf § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 kreislaufwirtschaftsgesetz (krwg) (bedenken gegen die zuverlässigkeit der klägerin bzw. der für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlichen person) als auch auf § 18 abs. 5 satz 2 alt. 2 krwg gestützt (einhaltung der in § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg genannten voraussetzungen). 54hinsichtlich der wirksamkeit des § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 und 2 krwg als ermächtigungsgrundlage bestehen weder unionsrechtliche noch verfassungsrechtliche bedenken, 55vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 15; vg düsseldorf, urteil vom 22. september 2014 – 17 k 2730/13 –, juris rn. 32; speziell zu § 18 abs. 5 satz 2 alt. 2 krwg: vg düsseldorf, urteil vom 8. juli 2014 – 17 k 4917/13 –, juris rn. 32 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 8. august 2014 – 17 k 5343/13 –, juris rn. 22 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 9. mai 2014 – 17 k 3013/14 –, juris rn. 34 ff., jeweils m.w.n. 56lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, wenn sich die zuständige behörde – wie hier – anhand der ihr vorliegenden unterlagen bereits dazu in der lage sieht, eine entscheidung nach § 18 abs. 5 satz 2 krwg zu treffen, diese norm als speziellere vorschrift dem auffangtatbestand des § 62 krwg vorgeht. eine entsprechende ordnungsverfügung kann folglich im falle einer auf § 18 abs. 5 satz 2 krwg gestützten sammlungsuntersagung nicht zusätzlich auch auf § 62 krwg gestützt werden. denn § 62 krwg in verbindung mit § 18 abs. 1 und 2 krwg ist als auffangtatbestand in der regel nur dann die zutreffende ermächtigungsgrundlage, wenn die zuständige behörde anhand der ihr vorliegenden informationen nicht in der lage ist, eine für die (endgültige) untersagung nach § 18 abs. 5 satz 2 krwg erforderliche inhaltliche prüfung der angezeigten sammlung auf ihre vereinbarkeit mit § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg sowie der zuverlässigkeit des trägers der gewerblichen sammlung und der für sie handelnden personen vorzunehmen, 57vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 18. märz 2013 – 17 l 266/13 –, juris rn. 9; vg düsseldorf, urteil vom 8. juli 2014 – 17 k 4917/13 –, juris rn. 28 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 2. september 2014– 17 k 3552/13 –. 58obwohl die vorschrift des § 62 krwg in der streitgegenständlichen ordnungsverfügung an keiner stelle genannt wird ist gleichwohl darauf hinzuweisen, dass selbst wenn unterstellt wird, die beklagte habe die untersagung der angezeigten sammlung wegen etwaiger unvollständigkeit der sammlungsanzeige ausschließlich auf § 62 krwg stützen wollen, eine auf § 62 krwg gestützte ordnungsverfügung jedenfalls wegen insoweit fehlender ermessensbetätigung offensichtlich rechtswidrig wäre. denn entscheidungen nach § 62 krwg stehen im ermessen der behörde. der angefochtenen ordnungsverfügung lassen sich indes keinerlei anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die beklagte eine ermessensentscheidung auf der grundlage der zuvor genannten vorschrift treffen wollte und getroffen hat. ganz im gegenteil heißt es in der angefochtenen verfügung ausdrücklich, wegen der bestehenden zweifel an der zuverlässigkeit der klägerin räume die vorschrift des § 18 abs. 5 satz 2 krwg der beklagten kein ermessen ein. die beklagte ist folglich davon ausgegangen, sie müsse die angezeigte sammlung im rahmen einer gebundenen entscheidung zwingend untersagen, 59vgl. hierzu ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 21; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 607/13 –, juris rn. 23; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 12. märz 2014 – 20 b 703/13 –, juris rn. 17. 60ii. die ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig. 611. von der zuständigkeit der beklagten – einer kreisfreien stadt – als unterer umweltschutzbehörde, § 38 landesabfallgesetz nrw (labfg) i.v.m. § 1 absätze 1, 2 satz 1 nr. 3 und absatz 3 zuständigkeitsverordnung umweltschutz (zustvu), ist auszugehen. 62zwar kann vor dem hintergrund verfassungsrechtlich gebotener distanz und unabhängigkeit des staates die darin geregelte zuständigkeit der kreise und kreisfreien städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche entsorgungsträger nach § 5 abs. 1 labfg selbst abfall sammeln (nur kreisfreie städte, bei kreisen ist die sammlung und beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen gemeinden übertragen, § 5 abs. 6 satz 1 labfg) oder zumindest für dessen verwertung verantwortlich sind (§ 5 abs. 2 labfg) und ggf. zugleich am anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 abs. 4 satz 1 krwg. 63ein derartiges „neutralitätsgebot“ des staates folgt zumindest aus dem rechtsstaatsprinzip, art. 20 abs. 3 grundgesetz (gg), und zwar als teil des gebotes eines fairen verfahrens, 64vgl. bverwg, urteil vom 18. märz 2009 – 9 a 39.07 –, juris rn. 24. 65insoweit mag eine vollständige trennung der zuständigkeiten (untere umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige voraussetzung für die gebotene distanz und unabhängigkeit. eine behörde mit doppelzuständigkeit hat als teil der öffentlichen verwaltung in beiden ihr übertragenen funktionen dem gemeinwohl zu dienen, ist an recht und gesetz gebunden und untersteht exekutiver aufsicht. angesichts dessen ist eine neutrale aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen anforderungen genügenden weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle trennung beider aufgabenbereiche gesorgt ist, 66vgl. bverwg, urteil vom 18. märz 2009 – 9 a 39.07 –, juris rn. 24; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 20. januar 2014 – 20 b 669/13 –, n.v.; vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 22; vg düsseldorf, urteil vom 7. oktober 2014– 17 k 2897/13 –, juris rn. 34 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 8. april 2014 – 17 k 8550/12 –, juris rn. 58 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 21. märz 2013 – 17 l 260/13 –, juris rn. 17. 67dabei ist von einer solchen trennung dann auszugehen, wenn behördenintern unterschiedliche einheiten und sachbearbeiter für die erfüllung der aufgaben als öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger einerseits bzw. untere umweltschutzbehörde andererseits zuständig sind und zumindest die unmittelbaren vorgesetzten der sachbearbeiter nicht personenidentisch sind. es ist gerichtsbekannt, dass dies bei der beklagten der fall ist, 68vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 24; vg düsseldorf, urteil vom 7. oktober 2014 – 17 k 2897/13 –, juris rn. 34 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 19. april 2013 – 17 l 440/13 –, juris rn. 10 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 21. märz 2013 – 17 l 260/13 –, juris rn. 13 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 8. mai 2013 – 17 l 585/13 –, juris rn. 9 ff. 69die aufgaben der unteren umweltschutzbehörde werden von dem team 361-2 (untere abfallwirtschaftsbehörde / abfallberatung) wahrgenommen. teamleiter ist herr i4. . das team 361-2 ist für die anzeigenbearbeitung, anhörung und den erlass von verfügungen nach § 18 abs. 5 satz 1 und 2 krwg zuständig. die aufgaben des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers werden von dem team 361-1 (abfallwirtschaft / straßenreinigung) wahrgenommen. teamleiter ist herr g. . die abteilungsleitung 361 (frau c4. ) hat im hinblick auf anordnungen nach § 18 krwg ausschließlich vorgesetzten- und weisungsfunktion gegenüber dem team 361-1, nicht aber gegenüber dem team 361-2. in diesen fällen wird die vorgesetzten- und weisungsfunktion unmittelbar durch die fachbereichsleitung umwelt (herr e4. ) wahrgenommen, 70vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 26; vg düsseldorf, urteil vom 7. oktober 2014 – 17 k 2897/13 –, juris rn 34. ff. 712. die klägerin ist mit schreiben vom 12. april 2013 auch ordnungsgemäß im sinne von § 28 abs. 1 verwaltungsverfahrensgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) angehört worden. 72iii. die ordnungsverfügung ist jedoch materiell rechtswidrig. 73sowohl die voraussetzungen des § 18 abs. 5 satz 2 alt. 2 krwg (1.), als auch die des § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg (2.) sind nicht gegeben. 741. nach § 18 abs. 5 satz 2 alt. 2 krwg hat die zuständige behörde die angezeigte sammlung zu untersagen, wenn die einhaltung der in § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg genannten voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. letztere norm ist als ausnahmeregelung zu den grundsätzlich bestehenden überlassungspflichten (§ 17 abs. 1 krwg) konzipiert. die überlassungspflicht gemäß § 17 abs. 1 satz 1 krwg für abfälle aus privaten haushaltungen besteht nach § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg nicht für abfälle, die durch eine gewerbliche sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche interessen dieser sammlung nicht entgegenstehen. 75auch ohne die untersagung der sammlung der klägerin wird die durchsetzung der überlassungspflichten nach § 17 abs. 1 satz 1 krwg nicht gefährdet. die von der klägerin gesammelten alttextilien und -schuhe – die abfälle aus privaten haushaltungen im sinne des § 3 krwg darstellen (a.) – unterliegen nämlich gemäß § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg nicht der überlassungspflicht, weil sie durch die klägerin einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zugeführt werden (b.) und überwiegende öffentliche interessen der sammlung nicht entgegenstehen (c.). 76a. in übereinstimmung mit der obergerichtlichen rechtsprechung, 77vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 20. januar 2014 – 20 b 331/13 –, juris rn. 11 ff., 78ist von der abfalleigenschaft der von der klägerin gesammelten alttextilien und -schuhe auszugehen, 79vgl. vg düsseldorf, urteil vom 9. mai 2014 – 17 k 3013/13 –, juris rn. 60 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 21. märz 2013 – 17 l 260/13 –, juris rn. 35. 80nach der legaldefinition des § 3 abs. 1 satz 1 krwg sind abfälle alle stoffe oder gegenstände, derer sich ihr besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. eine entledigung in diesem sinne ist gemäß § 3 abs. 2 krwg anzunehmen, wenn der besitzer stoffe oder gegenstände einer verwertung im sinne der anlage 2 oder einer beseitigung im sinne der anlage 1 zum krwg zuführt oder die tatsächliche sachherrschaft über sie unter wegfall jeder weiteren zweckbestimmung aufgibt. 81die abfalleigenschaft der von der klägerin gesammelten alttextilien und -schuhe ergibt sich aufgrund einer entledigung durch den besitzer (§ 3 abs. 1 satz 1 alt. 1 krwg) in gestalt der aufgabe der tatsächlichen sachherrschaft durch einwurf in ein sammelbehältnis (sammelcontainer bzw. für straßensammlungen zur abholung bereitgestellte säcke) unter wegfall jeder weiteren zweckbestimmung (§ 3 abs. 2 alt. 3 krwg). 82sobald die vorbesitzer der kleidung diese in ein sammelbehältnis werfen, geben sie ihre diesbezügliche sachherrschaft auf. ein rückschluss von der i2. der wiederverwendungsquote auf eine (konkludente) zweckbestimmung des besitzers im sinne von § 3 abs. 2 alt. 3 krwg ist nicht möglich. dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich ist, dass der einzelne besitzer kenntnis von der wiederverwendungsquote hat und hinsichtlich der weg-/abgabe von nicht mehr für eigene zwecke benötigten alttextilien oder -schuhen auf der grundlage dieser kenntnis zwischen potenziell in betracht kommenden (annahme-)stellen entscheidet. 83unabhängig von der wiederverwendungsquote und unabhängig davon, ob mit der übergabe von alttextilien an einen „second-hand-laden“ oder an eine kleiderkammer eine zweckbestimmung verbunden ist, lässt sich eine solche jedenfalls beim einwurf von alttextilien in ein öffentlich zugängliches sammelbehältnis nicht feststellen. es kann dahinstehen, ob tatsächlich ein großteil der abgebenden alttextilien und -schuhe aus der motivationslage heraus und mit der hoffnung in ein sammelbehältnis werfen, kleidung und schuhe sollten wiederverwendet, also weitergetragen werden. jedenfalls ist für eine darüber hinausgehende zweckbestimmung im sinne einer realistischen und verbindlichen festlegung einer entsprechenden funktion der einzelnen sache nichts ersichtlich. 84weiterhin steht der annahme einer zweckbestimmung entgegen, dass in aller regel ein interesse oder ein wille des abgebenden, die einhaltung der (unterstellten) zweckbestimmung zu verfolgen oder zu kontrollieren, nicht existieren dürfte und ihm unabhängig davon ohnehin entsprechende möglichkeiten nicht zur verfügung stehen dürften, weil er mit dem einwurf der alttextilien und -schuhe in ein sammelbehältnis im regelfall jede weitere einflussmöglichkeit aufgibt. angesichts dessen fehlt es bereits an einer tauglichen grundlage für die annahme, ein alttextilien und -schuhe abgebender wolle über das bestehen einer bestimmten motivationslage hinaus eine (verbindliche) zweckbestimmung treffen. im übrigen machte die annahme einer beim einwurf von alttextilien und -schuhen in ein sammelbehältnis abgegebenen zweckbestimmung nur sinn, wenn es einen adressaten gäbe, der sich entsprechend der bestimmung verhalten könnte. dies ist jedoch nicht der fall, weil die (unterstellte) zweckbestimmung bei der abgabe (einwurf in ein sammelbehältnis) nicht erfasst oder aufgenommen wird und es im nachhinein nicht möglich ist, allein aus der art und/oder dem erhaltungszustand eines einzelnen (textil-)stücks auf eine (unterstellte) zweckbestimmung des abgebenden beim einwurf in das sammelbehältnis zurückzuschließen. da es unterschiedliche gründe oder motive gibt, aus denen heraus alttextilien zur „kleidersammlung“ gegeben werden, gibt es mit sicherheit auch fälle, in denen ein zur wiederverwendung geeignetes kleidungsstück ohne entsprechende zweckbestimmung abgegeben wird, etwa weil der abgebende das stück – zur verminderung eines überschüssigen bekleidungsbestands – schlicht „loswerden“ will und es beispielsweise aus umweltschutz- oder platzgründen nicht in den restabfallbehälter wirft. schließlich führte der rückschluss von der art oder dem erhaltungszustand eines textilstücks auf die (unterstellte) zweckbestimmung dazu, dass von der klägerin jedenfalls auch abfall gesammelt wird. denn im hinblick auf deutlich verschlissene, offensichtlich nicht wieder oder weiter tragbare kleidung und schuhe sowie auf andere textilien außerhalb von bekleidung könnte von vornherein nicht von einer auf die wiederverwendung als kleidungsstück gerichteten zweckbestimmung ausgegangen werden. 85da die abfalleigenschaft bereits aus der entledigung gemäß § 3 abs. 2 alt. 3 krwg folgt, kann dahinstehen, ob sie sich (auch) aus § 3 abs. 3 krwg aufgrund des willens zur entledigung ergibt. 86schließlich handelt es sich bei den alttextilien auch um abfälle aus privaten haushaltungen, die von der überlassungspflicht nach § 17 abs. 1 satz 1 krwg erfasst werden. unter abfällen aus privaten haushaltungen sind solche zu verstehen, die im rahmen der privaten lebensführung typischerweise und regelmäßig anfallen, 87vgl. schomerus, in: versteyl/mann/schomerus, krwg, 3. auflage 2012, § 17 rn. 18. 88dazu gehören ohne weiteres alttextilien. 89b. die klägerin führt die abfälle gemäß § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung zu. 90zur ausfüllung des begriffs der ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung kann auf § 7 abs. 3 krwg zurückgegriffen werden. anhaltspunkte dafür, dass der verwertung der von der klägerin eingesammelten alttextilien und -schuhe die schadlosigkeit im sinne von § 7 abs. 3 satz 3 krwg fehlt, liegen von vornherein nicht vor. weiterhin lässt sich nicht feststellen, dass die verwertung nicht ordnungsgemäß im sinne von § 7 abs. 3 satz 2 krwg erfolgt. die verwertung erfolgt danach ordnungsgemäß, wenn sie im einklang mit den vorschriften des kreislaufwirtschaftsgesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen vorschriften steht. 91hinsichtlich der ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung der abfälle ist im rahmen des anzeigeverfahrens nach § 18 abs. 1 und 2 krwg eine darlegung erforderlich. eine verpflichtung, im rahmen der anzeige einer gewerblichen sammlung nachweise über die ordnungsgemäße und schadlose verwertung zu erbringen, wird hingegen nicht statuiert. dies folgt aus dem wortlaut des § 18 abs. 2 nr. 5 krwg, der im hinblick auf die ordnungsgemäße und schadlose verwertung ausdrücklich eine darlegung ausreichen lässt, 92vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. märz 2014 – 20 b 577/13 –, juris rn. 8, 11; ovg niedersachsen, beschluss vom 15. august 2013 – 7 me 62/13 –, juris rn. 6, 10; vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 48 ff.; weitergehend wohl ovg rheinland-pfalz, beschluss vom 4. juli 2013 – 8 b 10533/13 –, juris rn. 11; vgh bayern, beschluss vom 14. november 2013 – 20 cs 13.1704 –, juris rn. 14 ff.; vgh bayern, beschluss vom 16. juni 2014 – 20 zb 14.885 –, juris rn. 4; vgh bayern, beschluss vom 28. juli 2014 – 20 cs 14.1313 –, juris rn. 4 ff. 93bestätigt wird dies durch die systematik der gesetzlichen regelungen. die §§ 17 und 18 krwg verwenden lediglich die begriffe „angaben“ und „darlegung“. vor dem hintergrund des an anderen stellen im novellierten kreislaufwirtschaftsgesetz verwendeten begriffes „nachweis“ kann unterstellt werden, dass dem gesetzgeber der qualitative unterschied der begriffe „angaben“ bzw. „darlegung“ auf der einen und „nachweis“ auf der anderen seite offenkundig geläufig ist und er sich für die anzeige gewerblicher sammlungen nach § 18 abs. 1 und 2 krwg angesichts der gewählten begrifflichkeiten mit einem geringeren grad der verifizierung begnügt. die anzeigepflicht des § 18 abs. 1 und 2 krwg darf daher nicht so gehandhabt werden, als handele es sich um ein präventives erlaubnisverfahren, 94vgl. ovg niedersachsen, beschluss vom 15. august 2013 – 7 me 62/13 –, juris rn. 6; vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 50; wohl auch ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. märz 2014 – 20 b 577/13 –, juris rn. 8, 11. 95nach diesen grundsätzen ist eine transparente und nachvollziehbare darlegung jedenfalls so lange ausreichend, wie keine tatsachengestützten bedenken im hinblick auf etwaige missstände der verwertung bestehen, 96vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. märz 2014 – 20 b 577/13 –, juris rn. 8, 11; vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 52. 97die im rahmen der anzeige von der klägerin erbrachte darlegung einer ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung genügt diesen anforderungen. die klägerin verfügt über eine bis zum 24. dezember 2015 gültige zertifizierung als entsorgungsfachbetrieb. sie hat angegeben, dass rund 7 % der von ihr gesammelten textilabfälle aus störstoffen (sog. fehlwürfe) bestehen. die fehlwürfe würden der müllheizkraftwerk l1. gmbh – einem zertifizierten entsorgungsfachbetrieb – zur entsorgung zugeführt. die von störstoffen befreiten alttextilien und -schuhe würden sodann an die firma v. t. in litauen geliefert. im beigezogenen verfahren 17 k 3705/13 (f. ./.stadt e3. ), dem eine gleichlautende sammlungsanzeige zugrundeliegt, hat die klägerin ihre darlegungen zur ordnungsgemäßen und schadlosen verwertung im zeitpunkt der anzeigeerstattung näher konkretisiert. insoweit würden ihre sammelbehälter wöchentlich angefahren und geleert. bei der leerung trennten ihre mitarbeiter die fehlwürfe (stark verschmutzte alttextilien, teppiche, holz, plastik, lebensmittel etc.) von den übrigen alttextilien und -schuhen. die getrennten fehlwürfe würden zum lager der klägerin in c5. transportiert und dort in einen angemieteten container der firma l5. l6. gmbh verbracht. sobald der container voll sei, werde er von der firma l5. l6. gmbh abgeholt und der inhalt zum zweck der entsorgung an die müllheizkraftwerk l1. gmbh geliefert. die von fehlwürfen getrennten alttextilien würden unmittelbar an die firma v. t. veräußert, dort sortiert und entsprechend der qualität der ware weiterverkauft. im beigezogenen verfahren 17 k 3705/13 (f. ./.stadt e3. ) legte die klägerin zudem nachvollziehbare unterlagen über die entsorgung der fehlwürfe (übernahmeschein, entsorgungsnachweise) sowie einen vertrag mit der firma v. t. vom 28. juni 2012 / 19. juli 2012 über die verbringung und verwertung von abfällen vor. vor diesem hintergrund bestehen keinerlei tatsachengestützte bedenken im hinblick auf etwaige missstände der verwertung. insbesondere ist für missstände bei den genannten unternehmen weder etwas vorgetragen noch sonst umstände hierfür ersichtlich. 98auch der umstand, dass die klägerin im rahmen der hiesigen sammlungsanzeige und auch in weiteren verfahren, 99vgl. etwa vg münchen, urteil vom 21. november 2013 – m 17 k 13.2417 –, juris rn. 42, 45, 100eine bestätigung der firma v. t. vom 21. juni 2012 über die lieferung von 900 t alttextilien pro jahr vorgelegt hat, begründet keine tatsachengestützten bedenken bezüglich etwaiger missstände der verwertung. denn in dem nachfolgend geschlossenen vertrag zwischen der klägerin und der firma v. t. vom 28. juni 2012 / 19. juli 2012 über die verbringung und verwertung von abfällen ist keine mengenbegrenzung bezüglich der abnahme von alttextilien enthalten. 101soweit darüber hinaus zum teil gefordert wird bzw. wurde, der gewerbliche sammler müsse stets einen vertrag mit dem verwerter vorlegen, in dem dieser unabhängig vom jeweiligen erlös die abnahme der stoffe garantiere, 102vgl. vg ansbach, urteil vom 16. januar 2013 – an 11 k 12.00358 –, juris rn. 34; noch zu § 13 abs. 3 satz 1 nr. 3 krw-/abfg: vg ansbach, beschluss vom 30. märz 2012 – an 11 s 12.00357 –, juris rn. 25, 103kann dem jedenfalls unter dem geltenden kreislaufwirtschaftsgesetz im hier streitgegenständlichen bereich der alttextil- und schuhsammlung aufgrund des charakters des abfalls als „klassischer“ und vor allem werthaltiger abfall – ähnlich wie altglas oder altpapier –, für den etablierte verwertungswege bestehen, nicht gefolgt werden, 104vgl. hierzu vg düsseldorf, urteil vom 12. juni 2014 – 17 k 2816/13 –, juris rn. 34 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 8. juli 2014 – 17 k 4917/13 –, juris rn. 68 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 8. august 2014 – 17 k 5343/13 –, juris rn. 57 ff.; vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 57, jeweils m.w.n. 105dies gilt gerade auch angesichts des dauerhaft deutlich positiven marktwertes von alttextilien. 106c. der gewerblichen sammlung der klägerin stehen auch keine überwiegenden öffentlichen interessen gemäß § 17 abs. 2 satz 1 nr. 4 krwg entgegen, die die untersagung rechtfertigen könnten. 107gemäß § 17 abs. 3 krwg stehen überwiegende öffentliche interessen nach absatz 2 satz 1 nr. 4 einer gewerblichen sammlung entgegen, wenn die sammlung in ihrer konkreten ausgestaltung, auch im zusammenwirken mit anderen sammlungen, die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten dritten oder des auf grund einer rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten rücknahmesystems gefährdet (satz 1). eine gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten dritten ist anzunehmen, wenn die erfüllung der nach § 20 bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen verhindert (satz 2 alt. 1) oder die planungssicherheit und organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (satz 2 alt. 2). eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers ist nach § 17 abs. 3 satz 3 krwg insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche sammlung abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte erfassung und verwertung der abfälle durchführt (nr. 1), die stabilität der gebühren gefährdet wird (nr. 2.) oder die diskriminierungsfreie und transparente vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (nr. 3). 108hier sind entgegenstehende überwiegende öffentliche interessen in form der gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. des beauftragten dritten durch die sammlung der klägerin nicht anzunehmen. weder wird die erfüllung der nach § 20 bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen durch die gewerbliche sammlung verhindert (§ 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg) (aa.) noch wird gemäß § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2 krwg die planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers wesentlich durch die sammlung beeinträchtigt. dem steht nicht entgegen, dass die gesellschaft für stadtreinigung und abfallwirtschaft l. mbh & co. kg (h1. ) als beauftragte dritte des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers eine hochwertige getrennte erfassung und verwertung der alttextilien durchführt (§ 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg) (bb.). zudem gefährdet die gewerbliche sammlung der klägerin nicht die gebührenstabilität (§ 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg) (cc.). schließlich wird auch nicht die diskriminierungsfreie und transparente vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen (§ 17 abs. 3 satz 3 nr. 3 krwg) (dd.). 109aa. die sammlung verhindert nicht die erfüllung der nach § 20 bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen, § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg. dies gilt auch, wenn sie im zusammenwirken mit anderen sammlungen betrachtet wird, § 17 abs. 3 satz 1 krwg. 110mit hilfe des § 17 abs. 3 krwg sollen die einer gewerblichen sammlung im einzelfall entgegenstehenden öffentlichen interessen bestimmt und im einklang mit der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes abgewogen werden, weshalb für die auslegung von absatz 3 primär die rechtsprechung des europäischen gerichtshofes zu art. 106 abs. 2 aeuv heranzuziehen ist, 111vgl. bt-drucks. 17/6052, s. 87 (rechte spalte, zweiter absatz). 112art. 106 abs. 2 aeuv erlaubt maßnahmen, die erforderlich sind, um dem betrauten unternehmen die erfüllung seiner im allgemeinen interesse liegenden aufgabe zu wirtschaftlich annehmbaren bedingungen zu ermöglichen, 113vgl. eugh, urteil vom 15. november 2011 – c-162/06 –, juris rn. 34; eugh, urteil vom 17. mai 2001 – c-340/99 –, juris rn. 54. insoweit geht das verständnis der vorschrift über deren reinen wortlaut hinaus. 114der schutz der wirtschaftlichkeit ist nur mittel zum zweck der gewährleistung eines nachhaltigen funktionierens der dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem interesse, 115vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 140 mit verweis auf eugh, urteil vom 15. november 2011 – c-162/06 –, juris rn. 31, 116zu denen – wie bereits ausgeführt – auch die abfallentsorgung aus privaten haushalten gehört. 117an dieser rechtsprechung hat sich der gesetzgeber bei der formulierung der „wirtschaftlichkeitsklausel“ in § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg orientiert, 118vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 140; bt-drucks. 17/6052, s. 85 (rechte spalte, dritter absatz) und s. 87 (rechte spalte, letzter absatz). 119indes konkretisieren auch die in den gesetzesmaterialien zitierten beiden entscheidungen des europäischen gerichtshofes, 120eugh, urteile vom 15. november 2007 – c-162/06 –, juris und vom 17. mai 2001 – c-340/99 –, juris, 121ebenso wenig wie andere entscheidungen des gerichtes hinreichend, was im einzelnen unter „wirtschaftlich ausgewogenen bzw. annehmbaren bedingungen“ zu verstehen ist, 122so auch ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 158. 123soweit in den beiden zitierten entscheidungen des europäischen gerichtshofes sinngemäß darauf hingewiesen wird, zu den wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen gehöre auch die möglichkeit eines ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen tätigkeitsbereichen, kann offen bleiben, ob sich diese überlegung nur auf ein am wirtschaftsverkehr teilnehmendes unternehmen bezieht, das gerade aus wirtschaftlichen gründen gezwungen oder darauf angewiesen ist, diesen ausgleich vornehmen zu können, und das deshalb im bereich der rentablen tätigkeitsbereiche vor konkurrenz geschützt werden darf, 124vgl. eugh, urteil vom 19. mai 1993 – c-320/91 –, juris, 125oder auch auf den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger als teil der öffentlichen hand. auf letzteren träfe der aspekt des ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen tätigkeitsbereichen indes wohl „nur bedingt“, 126so ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 160, 127zu, weil dessen durch normative pflichten ausgelöstes öffentlich-rechtliches tätigwerden finanziell über die möglichkeit der gebührenerhebung abgesichert ist. 128selbst wenn man den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger aber wie ein im bereich der abfallentsorgung tätiges wirtschaftsunternehmen ansähe, könnte aus dem gesichtspunkt des aus wirtschaftlichen gründen erforderlichen ausgleichs zwischen rentablen und unrentablen tätigkeitsbereichen nichts substantielles für das verständnis des merkmals der „wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen“ abgeleitet werden. denn auch dann bliebe es dabei, dass der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger nicht in der lage wäre, die hohen kosten der entsorgung von abfällen gemäß § 17 abs. 2 satz 2 krwg (unrentabler tätigkeitsbereich) allein über die einnahmen aus der verwertung von getrennt gehaltenen und gesammelten werthaltigen abfällen (rentabler tätigkeitsbereich) zu refinanzieren, selbst wenn er in diesem rentablen tätigkeitsbereich vollständigen konkurrenzschutz genösse, 129vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 160. 130wirtschaftlich ausgewogene bedingungen ließen sich dementsprechend nicht ohne die erhebung von entgelten im unrentablen tätigkeitsbereich herstellen. wenn jedoch ohnehin diesbezügliche entgelte erhoben werden müssten, ist davon auszugehen, dass diese auch in (wenigstens) kostendeckender i2. erhoben würden, d. h. es würde – zur herstellung wirtschaftlich ausgewogener bedingungen – keine mischkalkulation in der weise angestellt, dass erst unter einbeziehung ungewisser einnahmen aus dem rentablen tätigkeitsbereich (wenigstens) eine gesamtkostendeckung erreicht würde, 131vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 160. 132dies vorausgeschickt kann sich die beklagte hinsichtlich des merkmals der verhinderung der erfüllung der nach § 20 krwg bestehenden entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen nicht mit erfolg darauf berufen, sie bzw. die h1. sei darauf angewiesen, durch die vermarktung werthaltiger abfälle eine quersubventionierung unrentabler bereiche der abfallentsorgung vornehmen zu können, ihnen diese möglichkeit aber genommen werde, wenn etwa die gesamten erlöse aus der vermarktung aller alttextilien nicht mehr in ausreichender weise in den abfallgebührenhaushalt flössen. 133ob unter dem gesichtspunkt der wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen darüber hinaus nicht auf gebührenrechtliche aspekte abgestellt werden kann, 134so ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 162, 135und es der beklagten im hinblick auf § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg dementsprechend verwehrt wäre, sich darauf zu berufen, sie könne die ihr obliegende verpflichtung nicht zu niedrigeren gebühren erbringen, kann dahinstehen. für die vorzitierte auffassung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen mag die systematik des § 17 abs. 3 krwg anhaltspunkte liefern, der entnommen werden kann, jedenfalls die gebührenstabilität betreffende gebührenrechtliche aspekte sollten bei der ersten alternative des § 17 abs. 3 satz 2 krwg – verhinderung der erfüllung der entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen – primär keine rolle spielen. der gesetzgeber habe, wie § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg zeige, gebührenrechtliche aspekte durchaus gesehen, diese jedoch im wege der konkretisierung der zweiten alternative des § 17 abs. 3 satz 2 krwg – wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung – zugeordnet. 136selbst wenn man entgegen diesem ansatz unter das tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlich ausgewogenen bedingungen“ auch gebührenrechtliche aspekte fasste – wofür der ansonsten praktisch leerlaufende anwendungsbereich der norm sprechen mag – führte dies hier nicht zu einem anderen ergebnis. dabei dürfte in abgrenzung zu § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg, der die stabilität der gebühren zum inhalt hat, der anwendungsbereich des § 17 abs. 3 satz 2 alt. 1 krwg dann eröffnet sein, wenn diesbezüglich nicht die stabilität der gebühren als solche in frage steht, sondern die rechtmäßigkeit der abfallgebühren selbst. das bundesrechtliche äquivalenzprinzip, wonach die gebühr nicht in einem unangemessenen verhältnis zu der erbrachten leistung stehen darf, dürfte insoweit eine grenze der wirtschaftlichen entsorgungssicherheit darstellen, 137vgl. karpenstein/dingemann, in: jarass/petersen, krwg, 2014, § 17, rn. 164 m.w.n. 138für einen verstoß gegen das äquivalenzprinzip bestehen hier indes keine anhaltspunkte. 139bb. auch die planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. beauftragten dritten wird nicht durch die sammlung der klägerin im sinne von § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2, satz 3 nr. 1 krwg wesentlich beeinträchtigt. 140die beklagte beruft sich in zutreffender weise darauf, der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger bzw. die h1. als beauftragte dritte führe seit dem 1. juli 2013 im stadtgebiet eine eigene hochwertige getrennte erfassung und verwertung von alttextilien durch. damit sind entsorgungssysteme gemeint, die nach ihrer räumlichen ausgestaltung, ihrer beschaffenheit und ihrem konkreten betrieb die werthaltigen abfälle aus den privaten haushalten erfassen können, 141vgl. bt-drucks. 17/7505, s. 44. 142allein die existenz eines vom öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger oder einem beauftragten dritten durchgeführten haushaltsnahen bzw. sonstigen hochwertigen entsorgungssystems begründet indes die gefährdung der funktionsfähigkeit im sinne von § 17 abs. 3 satz 1 krwg, von der gemäß § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2 krwg bei einer wesentlichen beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung auszugehen ist, nicht. zwar ist dem wortlaut des § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg nach eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche sammlung abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte erfassung und verwertung der abfälle durchführt. ein rein formales verständnis der vorschrift führte im ergebnis aber zu einem vom unions- und verfassungsrecht nicht gerechtfertigten absoluten konkurrentenschutz, sofern ein öffentlich-rechtlich organisiertes entsorgungssystem überhaupt besteht und zwar unabhängig von der frage, ob tatsächlich eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung vorliegt, 143vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. märz 2014 – 20 b 577/13 –, n.v. ua seite 3; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 12. märz 2014 – 20 b 703/13 –, n.v. ua seite 3; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 16; vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 38; vg x1. , urteil vom 12. november 2013 – w 4 k 13.326 –, juris rn. 24 ff. 144die folge wäre gleichsam eine monopolstellung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, die mangels aufgabenbezug die anforderungen des art. 106 abs. 2 aeuv verfehlen und gegen das darin enthaltene gebot der erforderlichkeit verstoßen würde. denn art. 106 abs. 2 aeuv erlaubt nur den schutz der dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem interesse, nicht aber den schutz der aufgabenerfüllung gerade durch den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger, 145vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 147. 146dieselbe überlegung gilt hinsichtlich der nationalen grundrechte, art. 12 abs. 1 und art. 14 abs. 1 gg, soweit durch dieses verständnis des § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger stärker geschützt würde, als zur gewährleistung einer ordnungsgemäßen abfallentsorgung erforderlich, 147vgl. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 38. 148ob dieser problematik dadurch rechnung zu tragen ist, dass man den wortlaut von § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg dahin versteht, auf der tatbestandsseite seien wegen der formulierung „insbesondere anzunehmen“ regelbeispiele normiert, was nicht ausschließe, dass die dort zum ausdruck kommende gesetzgeberische vorstellung im einzelfall möglicherweise unzutreffend sei, 149vgl. so vgh baden-württemberg, beschluss vom 9. september 2013 – 10 s 1116/13 –, juris rn. 39, 150bedarf hier keiner entscheidung. denn selbst wenn man der ansicht folgte, im falle einer haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten erfassung und verwertung des abfalls durch den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger neben einer gewerblichen sammlung sei nach dem formalen wortlaut der vorschrift stets eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers anzunehmen, 151vgl. siederer/wenzel/schütze, unzulässigkeit gewerblicher sammlungen bei bestehenden erfassungssystemen des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, abfallr 2014, s. 79 (81 f.); dageförde/thärichen, die untersagung gewerblicher sammlungen von alttextilien, abfallr 2013, s. 125 (134 ff.), 152wäre der wortlaut der norm zumindest unionsrechts- bzw. verfassungskonform dergestalt zu reduzieren, die gewerbliche sammlung sei trotz bestehenden hochwertigen entsorgungssystems des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers oder des beauftragten dritten bei fehlender wesentlicher beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung zulässig, 153vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 38; vg x1. , beschluss vom 28. januar 2013 – w 4 s 12.1130 –, juris rn. 41; vg ansbach, urteil vom 23. januar 2013 – an 11 k 12.01588 –, juris rn. 85. 154ein rein formales verständnis der vorschrift wäre im übrigen auch mit der gesetzessystematik des § 17 abs. 3 krwg nicht vereinbar. § 17 abs. 3 satz 3 krwg dient der konkretisierung des § 17 abs. 3 satz 1 krwg. es liegt auf der hand, dass die dort inmitten stehende funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, des beauftragten dritten oder der rücknahmesysteme nicht bereits aufgrund des bloßen nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler sammlung ohne inhaltliche würdigung der konkurrierenden entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden kann. 155die annahme der „gefährdung“ der funktionsfähigkeit durch eine „wesentliche beeinträchtigung“ der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers gebietet vielmehr eine zweistufige prüfung. 156in einem ersten schritt ist unter auswertung konkreten zahlenmaterials zu prüfen, ob lediglich geringfügige mengen durch sämtliche gewerbliche sammler dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger im entsorgungsgebiet entzogen werden. ist dies der fall, kann nahezu stets eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung ausgeschlossen werden. einen mengenentzug von bis zu 10 %, der aufgrund der allein in rede stehenden alttextiliensammlung naturgemäß an der gesamtsammelmenge dieser abfallfraktion im entsorgungsgebiet gemessen werden muss, erachtet die kammer als geringfügig, 157vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 110; vg düsseldorf, urteil vom 8. august 2014 – 17 k 5343/13 –, juris rn. 116; vg düsseldorf, urteil vom 8. juli 2014 – 17 k 4917/13 –, juris rn. 128; vg düsseldorf, urteil vom 12. juni 2014 – 17 k 2816/13 –, juris rn. 102; vg düsseldorf, urteil vom 9. mai 2014 – 17 k 3013/13 –, juris rn. 130 mit verweis auf vgh baden-württemberg, beschluss vom 4. märz 2014 – 10 s 1127/13 –, juris rn. 42; vg münchen, urteil vom 24. oktober 2013 – m 17 k 13.2189 –, juris rn. 66; vg x1. , beschluss vom 28. januar 2013 – w 4 s 12.1130 –, juris rn. 39 ff., die jeweils auf eine menge zwischen 10 und 15 % abstellen. 158wird die menge von 10 % überschritten, ist von dieser zahl losgelöst auf einer zweiten stufe zu erwägen, ob eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung im sinne von § 17 abs. 3 satz 2, satz 3 nr. 1 krwg unter berücksichtigung der konkreten umstände im einzelfall gegeben ist. dabei ist leitend, dass im mittelpunkt der regelung des § 17 abs. 3 krwg die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers, des beauftragten dritten oder der rücknahmesysteme steht, 159vgl. breg. in bt-drucks. 17/6052, s. 87, 160die in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher hinsicht immer gewahrt bleiben muss. das schließt aber beeinträchtigungen durch private konkurrenten nicht aus. denn § 17 abs. 3 krwg will die öffentliche hand nicht vor (privater) konkurrenz schützen, 161vgl. vg düsseldorf, urteil vom 9. mai 2014 – 17 k 3013/13 –, juris rn. 134. 162ein anderes verständnis wäre wie bereits ausgeführt schwerlich mit art. 106 abs. 2 satz 1 aeuv vereinbar, denn diese vorschrift stellt die mitgliedsstaaten vom europäischen wettbewerbsrecht nur insoweit frei, als die wettbewerbsnachteile des betrauten unternehmens korrelat seines gemeinwohlauftrags sind, 163vgl. vg x1. , urteil vom 22. oktober 2013 – w 4 k 12.1071 –, juris rn. 31 mit verweis auf klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 143. 164dies zugrunde gelegt, ist maßgebend, ob der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger bzw. der beauftragte dritte wegen der gewerblichen sammlungen gehalten ist, seine entsorgungsstruktur wesentlich zu ändern oder anzupassen, 165vgl. breg. in bt-drucks. 17/6052, s. 88, 166wobei es hier keiner entscheidung bedarf, ob man dabei auf die struktur des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers als ganzes oder nur auf die struktur innerhalb der jeweiligen abfallfraktion – hier: alttextilien – abstellt. 167hiernach gibt es keinen durchgreifenden anhaltspunkt dafür, durch die gewerbliche sammlung der klägerin werde, ggf. „im zusammenwirken mit anderen sammlungen“ (§ 17 abs. 3 satz 1 krwg) die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. des beauftragten dritten gefährdet. 168hinsichtlich der frage, ob bereits wegen geringfügigkeit der sammelmenge eine gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers zu verneinen ist, fehlen substantielle angaben der beklagten darüber, welche mengen alttextilien durch gewerbliche sammler der sammlung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. der h1. insgesamt tatsächlich „entzogen“ werden. insoweit teilte die beklagte auf gerichtliche aufklärungsverfügung im rechtskräftig abgeschlossenen verfahren 17 l 2471/14 hin mit, 169vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 122 ff., 170dass der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger durch die drittbeauftragte h1. seit dem 1. juli 2013 eine flächendeckende sammlung von alttextilien im wege eines holsystems in l. durchführt. den angaben der beklagten im verfahren 17 l 2471/14 ist zu entnehmen, dass sich die sammlungsmenge des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers im jahr 2013 auf 100 t belaufen habe und für das jahr 2014 prognostisch auf 270 t belaufen werde. durch gemeinnützige sammlungen seien im jahr 2013 insgesamt 503,9 t alttextilien erfasst worden, für das jahr 2014 würden durch gemeinnützige sammlungen prognostisch 491,1 t gesammelt. die sammlungsmenge der gewerblichen sammler sei für das jahr 2013 mit 260,6 t und für das jahr 2014 prognostisch mit 262,6 t zu beziffern, wobei der beklagten derzeit nicht von allen gewerblichen sammlern die sammlungsmengen mitgeteilt würden und einige gewerbliche alttextilsammler auch ohne anzeige sammelten. vor diesem hintergrund bleibt unklar, auf welcher grundlage die beklagte die sammlungsmengen der gewerblichen sammler errechnet hat. darauf kommt es indes nicht entscheidungserheblich an, denn dem von der beklagten im verfahren 17 l 2471/14 zur verfügung gestellten zahlenmaterial kann jedenfalls nicht entnommen werden, welche mengen an alttextilien der sammlung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. der h1. im ergebnis „entzogen“ werden. hierzu fehlt es an nachvollziehbaren und prüffähigen angaben. 171trotz der bestehenden ungewissheit hinsichtlich eines etwaigen mengenentzuges bedurfte es an dieser stelle indes keiner weiteren aufklärung, da zugunsten der beklagten die überschreitung der geringfügigkeitsschwelle unterstellt werden kann. die auf der zweiten stufe durchzuführende einzelfallbetrachtung führt auch in diesem fall nicht zu einer gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. der drittbeauftragten h1. . es ist von der beklagten nämlich weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich, die sammlung der klägerin zöge – auch unter berücksichtigung der sonstigen gewerblichen sammler – konsequenzen in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher hinsicht nach sich, die zu einer wesentlichen änderung oder anpassung der kommunalen strukturen im bereich der entsorgung von alttextilien führten bzw. geführt hätten. zwar ist es möglich, dass die von der h1. erfasste sammelmenge aufgrund der sammlung der klägerin abnehmen wird. dies drängt sich derzeit unter berücksichtigung des von der beklagten im verfahren 17 l 2471/14 vorgelegten zahlenmaterials jedoch nicht auf, denn die tatsächlich erzielten sammelmengen des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. der h1. für die jahre 2013 (100 t) und prognostisch 2014 (270 t) sind trotz gleichzeitig stattfindender gewerblicher sammlungen in den vergangenen beiden jahren sogar kontinuierlich angestiegen und gerade nicht abgesunken. im jahr 2014 wird die gesamtsammelmenge des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers die sammlungsmenge der gewerblichen sammlungen voraussichtlich sogar übersteigen. dessen ungeachtet muss allein die abschöpfung eines bestimmten anteils des vorhandenen potenzials an wertstoffen nicht korrelierend mit einer wesentlichen beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung sein. das gesetz nimmt in § 17 abs. 3 satz 3 krwg gerade nicht auf den entzug bestimmter abfallmengen bezug, sondern verwendet die begriffe der „planungssicherheit“ und „organisationsverantwortung“. hinreichende angaben der beklagten darüber, wie sich ein möglicher verlust der sammelmenge auf die planungssicherheit bzw. die organisationsverantwortung auswirken, fehlen indes. es ist zurzeit konkret nichts dafür ersichtlich, dass der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger bzw. die h1. die sammlung von alttextilien neben den – bereits vor einführung der kommunalen sammlung zum 1. juli 2013 durchgeführten – gewerblichen und gemeinnützigen sammlungen nicht wie bisher weiterführen kann. dies gilt insbesondere deshalb, weil ein großteil der gewerblichen sammler – und so auch die klägerin – im bringsystem durch aufstellung von altkleidercontainern im stadtgebiet l. alttextilien sammelt bzw. beabsichtigt zu sammeln. die erfassung von alttextilien durch den öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger erfolgt hingegen in einem holsystem. insoweit besteht grundsätzlich für nahezu sämtliche haushalte im stadtgebiet l. die möglichkeit, anfallende alttextilien in orangefarbenen säcken am straßenrand zur abholung bereitzustellen. entsprechende straßensammlungen der h1. werden rund 250-mal im jahr durchgeführt. angesichts dessen kann nicht festgestellt werden, dass es überhaupt zu erheblichen sammelmindermengen des holsystems der drittbeauftragten h1. kommt, wenn gewerbliche containersammlungen hinzutreten bzw. bestehen bleiben. denn es ist wenig wahrscheinlich, dass ein sammelsystem, welches jedem bürger im stadtgebiet l. die entsorgung anfallender alttextilien durch bereitstellung von sammelsäcken und regelmäßiger abholung an der haustür ermöglicht, deshalb wesentlich an akzeptanz (in gestalt der bereitgestellten menge an alttextilien) verliert, weil gewerbliche sammler zusätzlich altkleidercontainer an verschiedenen standorten im stadtgebiet aufstellen oder stehenlassen, 172vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 123; vgl. auch zum nebeneinander von kommunalen und gewerblichen bringsystemen: ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 17. 173selbst wenn es jedoch durch hinzutreten gewerblicher sammlungen zu sammelmindermengen des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers kommen sollte, bestünde jederzeit die möglichkeit, den derzeit von der drittbeauftragten h1. praktizierten 14-tägigen sammelrhythmus im holsystem zu erhöhen. 174sind damit schon keine relevanten auswirkungen auf die entsorgungsstruktur im bereich der abfallfraktion alttextilien ersichtlich, stehen demgemäß erst recht keine durch die gewerblichen sammler verursachten erforderlichen änderungen oder anpassungen der struktur des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. der drittbeauftragten h1. als ganzes im raum. 175den nachweis oder jedenfalls die darlegung der gefährdung der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers bzw. des beauftragten dritten hat die beklagte zu erbringen. denn bei eingriffsmaßnahmen trägt grundsätzlich die behörde die materielle beweislast für das vorliegen der tatbestandlichen voraussetzungen der entsprechenden ermächtigungsnorm, aus der sie eine für sie günstige rechtsfolge ableitet, 176vgl. bverwg, beschluss vom 1. november 1993 – 7 b 190.93 –, juris rn. 3; bverwg, urteil vom 25. märz 1964 – vi c 150.62 –, juris rn. 17. 177hinzu kommt, dass die beteiligten gemäß § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 vwgo zur mitwirkung bei der sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind. diese mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den vortrag von umständen, die der „sphäre“ eines beteiligten – hier der beklagten – zuzurechnen sind, 178vgl. kopp/schenke, vwgo, 19. auflage 2013, § 86, rn. 11 m.w.n. 179cc. die beklagte kann weiterhin nicht geltend machen, die gewerbliche sammlung der klägerin gefährde die gebührenstabilität, § 17 abs. 3 satz 3 nr. 2 krwg. 180dieses kriterium bedarf der auslegung, da sich der begriff der gebührenstabilität aus sich heraus nicht ohne weiteres erschließt. gebühren sind per se nicht stabil im sinne von im wesentlichen in der i2. gleichbleibend, sondern sind regelmäßig jährlich auf der grundlage der in ansatz zu bringenden und sich gegebenenfalls verändernden kosten der abfallentsorgung neu zu kalkulieren, 181vgl. hierzu ausführlich ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 178. 182anzuerkennen ist, wenn die beklagte schlagwortartig zusammengefasst die privatisierung der gewinne bei sozialisierung der verluste zu vermeiden versucht, 183vgl. zu diesem ansatz karpenstein/dingemann, in: jarass/petersen, krwg, 2014, § 17, rn. 180; klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 149. 184jedoch ist dazu nicht der ausschluss gewerblicher sammler zum zwecke der erhebung der niedrigsten gebühren geeignet. denn dieser ansatz führte dazu, dass ausnahmen von der überlassungspflicht, die gerade für den bereich der getrennt erfassten abfälle aus privaten haushaltungen normiert wurden, praktisch nicht mehr zum tragen kämen, weil gewerblichen sammlungen stets überwiegende öffentliche interessen entgegenstünden. da es sich bei den getrennt erfassten abfällen aus privaten haushaltungen zugleich regelmäßig um „werthaltige“ abfälle handelt, deren verwertung erlöse (überschüsse) bringt, haben selbst kleine mengen dieser abfälle, die dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger durch eine gewerbliche sammlung „entzogen“ werden, negativen einfluss auf die gebührenhöhe in dem sinne, dass nicht die niedrigsten gebühren erhoben werden können. denn dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger stehen die erlöse aus der verwertung dieser abfälle nicht zur verfügung und können somit auch nicht zur quersubventionierung der defizitären bereiche der abfallentsorgung eingesetzt werden, was im ergebnis höhere gebühren verursacht, 185vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 192. 186daraus folgt, dass nicht jede noch so geringfügige gebührensteigerung zu einer gefährdung der gebührenstabilität führen kann. die öffentlich-rechtliche abfallentsorgung stellt als einrichtung der daseinsvorsorge kein gewinnorientiertes unternehmen dar; die kosten sind durch kostendeckend zu kalkulierende benutzungsgebühren von den gebührenschuldnern zu tragen. eine geringe gebührenbelastung ist daher zunächst ein privates interesse des gebührenschuldners, hinzutreten mag eine kommunalpolitische motivation gebührenerhöhungen zu vermeiden, 187vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 11. februar 2008 – 10 s 2422/07 –, juris rn. 28 noch zu § 13 abs. 3 satz 1 nr. 3 krw-/abfg; a.a. klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 149. 188diese grundsätzlichen erwägungen schließen allerdings eine auswirkung des gebührenaspektes im einzelfall auf die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers nicht aus. diese setzt voraus, dass es durch die tätigkeit eines gewerblichen sammlers – ggf. in der zusammenschau mit anderen gewerblichen sammlern – prognostisch zu einer nicht nur geringfügigen gebührenerhöhung kommt, die gerade kausal auf die entziehung der abfallfraktion durch den bzw. die sammler zurückzuführen sein muss, 189vgl. karpenstein/dingemann, in: jarass/petersen, krwg, 2014, § 17, rn. 183; klement, in: schmehl, gk-krwg, 2013, § 17, rn. 152. 190wann eine nicht nur geringfügige gebührenerhöhung vorliegt braucht hier keiner entscheidung zugeführt zu werden. denn die beklagte hat schon nicht vorgetragen, mit der tätigkeit der gewerblichen sammler gingen einbußen der sammelmenge einher, die zur erhöhung der abfallgebühren geführt haben bzw. aufgrund einer prognostischen betrachtung alsbald zu einer erhöhung führen würden. 191das sinngemäße argument der beklagten, man könne bei weniger erlösen aus der alttextilienverwertung entsprechend weniger eine quersubventionierung unrentabler bereiche der hausmüllentsorgung vornehmen, greift nicht. abgesehen davon, dass dieses vorbringen schon nicht auf gebührenstabilität abzielt, sondern auf möglichst niedrige gebühren – eben durch quersubventionierung aufgrund erlösen aus der alttextilienverwertung –, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, es stünde eine relevante gebührensenkung im raum, wenn denn die beklagte – gäbe es keine gewerblichen sammler mehr im stadtgebiet – eine höhere sammelmenge und dementsprechend höhere vergütungen aus der alttextilienverwertung erhielte. ausgehend von der – zu gunsten der beklagten – als zutreffend unterstellt (höchsten) geschätzten sammelmenge von 649 t pro jahr im stadtgebiet (öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger: 270 t zuzüglich der nicht bestandskräftig untersagten gewerblichen sammlungen: 379 t; jeweils bezogen auf das jahr 2014; gemeinnützige sammlungen einmal außen vor gelassen), 192vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 143, 193entgingen ihr (zusätzliche) erlöse aus der verwertung in i2. von ca. 259.600,00 euro – bei zugrundelegung von 400,00 euro erzielbarem erlös pro tonne –, 194vgl. zu dem erzielbaren durchschnittserlös ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 20. januar 2014 – 20 b 331/13 –, juris rn. 44. 195in das verhältnis zu den übrigen kosten der abfallentsorgung gesetzt (für das jahr 2014: 34.237.029,00 euro) macht dies weniger als 1 % aus und fällt damit nicht wesentlich ins gewicht, 196vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 145; vgl. auch vg düsseldorf, urteil vom 12. juni 2014 – 17 k 2816/13 –, juris rn. 130 ff. 197selbst wenn man die bereits (bestandskräftig) untersagten sammlungen mit berücksichtigte und der berechnung die angezeigte gesamtsammelmenge aller 23 gewerblichen sammlungen in i2. von 2.045 t – obwohl sich diese menge angesichts des bislang für das jahr 2014 prognostizierten tatsächlichen gesamtalttextilaufkommens im stadtgebiet l. von 1.023,7 t realistisch nicht ansatzweise wird erzielen lassen – zugrunde legte, 198vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 147, 199führte dies zu keinem anderen ergebnis. denn insoweit entgingen der beklagten (zusätzliche) erlöse aus der verwertung in i2. von ca. 818.000,00 euro – bei zugrundelegung von 400,00 euro erzielbarem erlös pro tonne –. in das verhältnis zu den übrigen kosten der abfallentsorgung gesetzt (für das jahr 2014: 34.237.029,00 euro) machte dies weniger als 2,4 % aus und fiele damit gleichfalls nicht wesentlich ins gewicht, 200vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 147; vgl. auch vg düsseldorf, urteil vom 8. august 2014 – 17 k 5343/13 –, juris rn. 147 ff.; vg düsseldorf, urteil vom 8. juli 2014 – 17 k 4917/13 –, juris rn. 159 ff. 201überdies müssen bei sämtlichen betrachtungen dann auch noch der beklagten entstehende sammlungs- und beförderungskosten ggf. in form von fremdleistungsentgelten in abzug gebracht werden, die gebührenauswirkungen unter diesem betrag liegend wahrscheinlich machten. darauf kam es aber nicht mehr an. 202dd. überwiegende der sammlung entgegenstehende öffentliche interessen ergeben sich auch nicht aus § 17 abs. 3 satz 2 alt. 2, satz 3 nr. 3 krwg. danach ist eine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers anzunehmen, wenn durch die gewerbliche sammlung die diskriminierungsfreie und transparente vergabe von entsorgungsleistungen im wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird. 203was die schutzrichtung des § 17 abs. 3 satz 3 nr. 3 krwg anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nicht in erster linie um den schutz des wettbewerbs oder von wettbewerbern gehen kann, auch wenn der wortlaut der vorschrift dies vordergründig nahe legen mag. aufgrund der systematik des § 17 abs. 3 krwg erweist sich (auch) dessen satz 3 nr. 3 als konkretisierung des satzes 2 alt. 2, der wiederum das merkmal der gefährdung der funktionsfähigkeit in satz 1 konkretisiert. von daher beurteilt sich auch die schutzrichtung des satzes 3 nr. 3 danach, welchen einfluss oder welchen zusammenhang die dort genannten aspekte auf die oder mit der funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers in gestalt der die funktionsfähigkeit prägenden merkmale planungssicherheit und organisationsverantwortung haben. dementsprechend geht es bei der norm darum, ob die funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers deshalb in frage steht, weil sich eine hinreichend konkret angedachte erfüllung der öffentlich-rechtlichen entsorgungspflicht im wege der drittbeauftragung wegen vergaberechtlicher schwierigkeiten nicht ohne weiteres realisieren lässt oder aber eine nach durchführung eines vergabeverfahrens erfolgte drittbeauftragung deshalb in ihrem vertraglichen bestand gefährdet ist, weil sie von einem anderen „unterlaufen“ wird, 204vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 194; vg düsseldorf, urteil vom 9. mai 2014 – 17 k 3013/13 –, juris rn. 164; vg düsseldorf, urteil vom 12. juni 2014 – 17 k 2816/13 –, juris rn. 135; vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 151. 205an einem konkret bevorstehenden vergabeverfahren, in ansehung dessen beurteilt werden könnte, was „erheblich erschwert“ werden soll, fehlt es hier. dem nicht weiter substantiierten vorbringen der beklagten im rechtskräftig abgeschlossenen verfahren 17 l 2471/14, 206vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 153, 207derzeit werde die ausschreibung zur verwertung der alttextilien durch die stadt l. vorbereitet, lässt sich schon nicht entnehmen, dass ein vergabeverfahren unmittelbar bevorsteht. mangels eines aktuell durchgeführten vergabeverfahrens ist auch das tatbestandsmerkmal des „unterlaufens“ nicht einschlägig. 208dessen ungeachtet ist darauf hinzuweisen, dass vor dem hintergrund der in den jahren 2013 und 2014 zu verzeichnenden steigerung der sammlungsmengen des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers (zweites halbjahr 2013: 100 t, gesamtes jahr 2014: voraussichtlich 270 t) und des – bei hochrechnung der im zweiten halbjahr 2013 erzielten sammlungsmenge auf ein ganzes jahr – relativ konstanten niveaus der sammlungsmengen mit steigender tendenz, 209vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 154, 210keine anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass zukünftig bevorstehende vergabeverfahren hinsichtlich der hier in rede stehenden abfallfraktion erheblich erschwert oder unterlaufen werden könnten. denn auf grundlage der vorgenannten, weitestgehend konstanten sammlungsmengen kann die ausgeschriebene leistung in einem vergabeverfahren ohne weiteres hinreichend konkret bestimmt werden. im hinblick auf mögliche mengenschwankungen bestünde flankierend die möglichkeit, einen entsprechenden vorbehalt in eine leistungsbeschreibung aufzunehmen. schließlich sieht das vergaberecht auch einen schutz vor nachträglichen änderungen der geschäftsgrundlage vor, so dass ein neuer preis unter berücksichtigung der mehr- oder minderkosten zu vereinbaren wäre, wenn aufgrund einer änderung in der beschaffenheit der leistung die grundlagen des preises für die im vertrag vorgesehene leistung geändert werden. letztendlich müssen jedoch die an einem ausschreibungsverfahren beteiligten bieter mit einem konkurrenzverhältnis zu gemeinnützigen und gewerblichen sammlern grundsätzlich rechnen, 211vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 154; karpenstein/dingemann, in: jarass/petersen, krwg, 2014, § 17, rn. 184 ff. m.w.n. 212ee. schließlich bestehen keine anhaltspunkte dafür, ein überwiegendes öffentliches interesse könnte wegen einer wesentlichen beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung über die in § 17 abs. 3 satz 3 krwg genannten regelbeispiele hinaus vorliegen, 213vgl. hierzu ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 2798/11 –, juris rn. 198 ff. 214der maßgebliche, über die begriffe planungssicherheit und organisationsverantwortung erfasste, gesichtspunkt ist nach den vorstehenden ausführungen der – insbesondere auch in § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 krwg zum ausdruck kommende – schutz der öffentlich-rechtlichen entsorgungsstruktur. diesbezügliche relevante beeinträchtigungen, welche die annahme überwiegender öffentlicher interessen rechtfertigten, sind hier nicht ersichtlich. 215hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen abfallentsorgung gilt, dass diese reibungslos funktionieren muss. insbesondere dürfen durch die gewerblichen sammlungen keine strukturen (wesentlich) beeinträchtigt werden. dass die strukturen der beklagten für alttextilien bezogen auf den sammlungsvorgang als solchen und die verwertung dergestalt beeinträchtigt werden, ist nicht ansatzweise ersichtlich und wurde auch nicht hinreichend konkret geltend gemacht. der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger bzw. der beauftragte dritte mussten aufgrund der sammlungstätigkeit der gewerblichen sammler keine anpassung ihrer sammlungstätigkeit vornehmen. vielmehr hat der öffentlich-rechtliche entsorgungsträger bzw. die drittbeauftragte h1. das sammlungsvolumen seit einführung der kommunalen alttextilsammlung zum 1. juli 2013 kontinuierlich erweitert, was – zumindest bezogen auf den aktuellen sammelumfang – für ein mögliches lukratives nebeneinander der verschiedenen sammlungen spricht, 216vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 159. 217auch unter dem gesichtspunkt, dass vorsorge für den fall einer unvermittelten einstellung der sammlung der klägerin getroffen werden musste und muss, kann keine wesentliche beeinträchtigung der planungssicherheit und organisationsverantwortung angenommen werden. insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass es einen wesentlichen aufwand in planungsmäßiger, personeller oder sächlicher hinsicht erfordert hat und erfordert, um die öffentlich-rechtliche entsorgung von alttextilien für den fall sicherzustellen, dass die klägerin ihre (beabsichtigte) sammlung unvermittelt einstellt. dies gilt vor allem vor dem hintergrund der im stadtgebiet regelmäßig flächendeckend durchgeführten sammlungen der drittbeauftragten h1. , 218vgl. vg düsseldorf, beschluss vom 27. november 2014 – 17 l 2471/14 –, juris rn. 160. 219im übrigen ist einer reserve- bzw. auffangfunktion des öffentlich-rechtlichen entsorgungsträgers nichts durchgreifendes entgegen zu halten. dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger kann eine gewisse flexibilität bei aufbau und unterhaltung der abfallentsorgungsstrukturen zugemutet werden, 220vgl. auch ovg niedersachsen, beschluss vom 24. januar 2008 – 7 me 192/07 –, juris rn. 13 zu § 13 abs. 3 satz 1 nr. 3 krw-/abfg. 221hinzu kommt, dass – jedenfalls soweit die marktpreise für alttextilien stabil bleiben oder steigen – davon auszugehen ist, weitere unternehmen stünden zur verfügung, die gegebenenfalls auch kurzfristig das (flächendeckende) sammeln, befördern und die verwertung der alttextilien im auftrag der beklagten übernehmen können und – natürlich gegen entsprechende bezahlung – auch würden. dass die erreichung dieses zustands mit einem aufwand verbunden war (und ist), der die annahme einer wesentlichen änderung der entsorgungsstruktur rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. 222ff. da es bereits an den voraussetzungen nach § 17 abs. 3 satz 3 nr. 1 und 2 krwg fehlt, kommt es darauf, ob die sammlung und verwertung der klägerin nach § 17 abs. 3 satz 4 krwg wesentlich leistungsfähiger ist, als die von dem öffentlich-rechtlichen entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten dritten, nicht mehr an. 223ebensowenig bedarf es einer entscheidung, ob die beklagte die vorschrift des § 18 abs. 7 krwg und die dort normierten bestands-/vertrauensschutzgesichtspunkte zutreffend und hinreichend berücksichtigt hat. 2242. die voraussetzungen des § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg sind ebenfalls nicht gegeben. 225nach § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg hat die zuständige behörde die durchführung der angezeigten sammlung zu untersagen, wenn tatsachen bekannt sind, aus denen sich bedenken gegen die zuverlässigkeit des anzeigenden oder der für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlichen personen ergeben. 226a. anzeigender ist der träger der gewerblichen sammlung, also die natürliche oder – wie hier – juristische person, welche die sammlung in eigener verantwortung durchführt oder durchführen lässt, 227vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. märz 2014 – 20 b 881/13 –, n.v. ua seite 3. 228der anzeigende muss sich nach § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg das verhalten der für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlichen natürlichen personen zurechnen lassen. diese sind nicht nur nach § 2 abs. 5 entsorgungsfachbetriebeverordnung (efbv) diejenigen natürlichen personen, die vom träger der gewerblichen sammlung mit der fachlichen leitung, überwachung und kontrolle der durchgeführten sammlung – insbesondere im hinblick auf die beachtung der hierfür geltenden vorschriften und anordnungen – bestellt worden sind, sondern darüber hinaus auch diejenigen personen, die bestimmenden einfluss auf die durchführung der sammlung ausüben, 229vgl. karpenstein/dingemann, in: jarass/petersen, krwg, 2014, § 18 rn. 75. 230die für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortliche person wird in vielen fällen das organ oder der geschäftsführer sein, kann aber auch der lokale betriebs- bzw. niederlassungsleiter sein. 231b. unzuverlässig im sinne des § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg ist, wer nicht die gewähr dafür bietet, die in rede stehende tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben, 232vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 444/13 –, juris rn. 11. 233ob der wortlaut dieser norm einer einschränkenden auslegung dahingehend bedarf, (bloße) bedenken gegen die zuverlässigkeit reichten für eine untersagung nicht aus, es müsse vielmehr ein massives und systematisches fehlverhalten „annähernd feststehen“, 234vgl. in diesem sinne ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 122/13 –, juris rn. 22 ff., 235weil eine untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher sammlungen regelmäßig den schutzbereich der art. 12, 14 gg tangieren dürfte, kann offen bleiben. denn in jedem falle – gerade auch unter verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten – müssen in ansehung, dass durch die untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher sammlungen regelmäßig vorgenannte grundrechte tangiert sein dürften, die bedenken unabhängig von dem grad ihrer gewissheit ein so starkes gewicht haben, dass sie, gemessen am rang der grundrechte und der schwere des potentiellen schadens, eine untersagung im einzelfall rechtfertigen, 236vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 530/13 –, juris rn. 4 ff.; in diesem sinne auch vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 11; vgh bayern, beschluss vom 2. mai 2013 – 20 as 13.700 –, juris rn. 22 und 25. 237das verdikt über die zuverlässigkeit, welches vom gericht voll zu überprüfen ist, ist ein wahrscheinlichkeitsurteil. es muss bei prognostischer betrachtung die gefahr bestehen, dass es im falle der weiteren durchführung der sammlung zu gewichtigen verstößen gegen abfallrechtliche und sonstige im unmittelbaren zusammenhang mit der sammlung einschlägigen vorschriften kommen wird, 238vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 444/13 –, juris rn. 11. 239das ist jedenfalls bei massiven und systematischen verstößen gegen solche vorschriften in der vergangenheit in der regel anzunehmen, 240vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 530/13 –, juris rn. 10; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 607/13 –, juris rn. 14; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 476/13 –, juris rn. 27. 241zu den sonstigen im unmittelbaren zusammenhang mit der sammlung einschlägigen vorschriften gehören auch straßenrechtliche normen. denn die für eine untersagung relevante frage der (un-) zuverlässigkeit ist nicht allein anhand der oder über die in § 8 abs. 2 der entsorgungsfachbetriebeverordnung (efbv) genannten kriterien zu konkretisieren. unabhängig davon, ob im rahmen der entsorgungsfachbetriebeverordnung von einer abschließenden konkretisierung der zuverlässigkeit nach § 8 abs. 1 satz 1 efbv durch abs. 2 der vorschrift auszugehen ist, lässt sich den gesetzesmaterialien zum kreislaufwirtschaftsgesetz nicht entnehmen, der gesetzgeber habe eine einschränkende auslegung des zuverlässigkeitsbegriffs in § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg in der weise im blick gehabt, es solle allein auf die in § 8 abs. 2 efbv genannten kriterien ankommen. denn – wie dargelegt – ist im allgemeinen unzuverlässig, wer nicht die gewähr dafür bietet, dass er die in rede stehende tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß ausübt. das schließt sämtliche anforderungen an die tätigkeit ein. in systematischer hinsicht stellen die zuverlässigkeitsregelungen in §§ 8 abs. 2, 9 abs. 1 satz 2 efbv speziellere regelungen im verhältnis zu § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg dar, weil sie nur für inhaber und verantwortliche personen von entsorgungsfachbetrieben gelten, während die durchführung einer sammlung nach § 18 krwg nicht voraussetzt, dass das sammlungsunternehmen entsorgungsfachbetrieb sein muss. entsprechendes gilt für die person, welche eine sammlung anzeigt oder für sie verantwortlich ist. auch aus § 53 krwg ergibt sich nicht, dass ein sammler von (nicht gefährlichen) abfällen zwingend entsorgungsfachbetrieb sein muss. die in § 8 abs. 2 efbv genannten kriterien mögen eine orientierungshilfe bei der auslegung des zuverlässigkeitsbegriffs in § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg darstellen, sie bilden jedoch keine grenze in dem sinne, dass nur die in § 8 abs. 2 efbv genannten kriterien zur beurteilung der zuverlässigkeit im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg herangezogen werden dürfen und dementsprechend straßenrechtliche aspekte außer betracht zu bleiben haben, 242vgl. zum vorstehenden näher ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 607/13 –, juris rn. 12. 243entsprechendes gilt für die zuverlässigkeitsregelung in § 3 abs. 2 der am 1. juni 2014 in kraft getretenen verordnung über das anzeige- und erlaubnisverfahren für sammler, beförderer, händler und makler von abfällen (abfaev), die abgesehen von kleineren abweichungen im wesentlichen inhaltsgleich zu § 8 abs. 2 efbv regelbeispiele für die annahme einer unzuverlässigkeit des betriebsinhabers enthält. weder dem wortlaut noch den gesetzesmaterialien zu § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg kann entnommen werden, dass für die beurteilung der zuverlässigkeit im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg lediglich die in § 3 abs. 2 abfaev genannten kriterien berücksichtigung finden dürfen und straßenrechtliche aspekte außer betracht bleiben müssen. hierfür spricht nicht zuletzt die systematik des § 3 abfaev. denn § 3 abs. 1 abfaev rekurriert nach seinem ausdrücklichen wortlaut allein auf die zuverlässigkeit im sinne von § 53 abs. 2 satz 1 und § 54 abs. 1 satz 2 nr. 1 krwg, nimmt indes keinen bezug auf § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg. vor dem hintergrund dieses durch § 3 abs. 1 abfaev vorgegebenen sachlichen anwendungsbereiches der vorschrift, können sich die in § 3 abs. 2 abfaev enthaltenen konkretisierungen in form spezieller regelbeispiele unter gesetzessystematischen gesichtspunkten nicht auf vorschriften beziehen, die von dem in § 3 abs. 1 abfaev vorgegebenen regelungsrahmen nicht erfasst sind, 244vgl. vg düsseldorf, urteil vom 7. oktober 2014 – 17 k 2897/13 –, juris rn. 77. 245auch sonst erschließt sich nicht, warum straßenrechtliche aspekte bei der zuverlässigkeitsbeurteilung gemäß § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg (generell) ausgenommen sein sollten. dies macht jedenfalls dann keinen sinn, wenn diese aspekte im unmittelbaren zusammenhang mit dem im kreislaufwirtschaftsgesetz geregelten vorgang der sammlung stehen. davon ist auszugehen, da nach § 3 abs. 15 krwg eine sammlung durch das einsammeln von abfällen charakterisiert wird und das aufstellen von containern unmittelbar dem einsammeln von abfällen (alttextilien) dient, vorausgesetzt es kommt gerade dabei oder dadurch zu straßenrechtlichen verstößen. 246dabei liegt ein verstoß gegen straßenrechtliche vorschriften nicht nur dann vor, wenn container ohne sondernutzungserlaubnis im dem öffentlichen verkehr gewidmeten raum aufgestellt werden, sondern auch dann, wenn die befüllung von auf privatgrundstücken abgestellten containern nur vom öffentlichen straßenraum aus möglich ist, 247vgl. ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 16. juni 2014 – 11 a 2816/12 –, juris rn. 33. 248die unzuverlässigkeit im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg kann schließlich weiterhin angenommen werden, wenn sammelcontainer systematisch und in massiver weise widerrechtlich auf privatgrundstücken aufgestellt werden, 249vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 18; ebenso angedeutet ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 19. juli 2013 – 20 b 607/13 –, juris rn. 13. 250auch im rahmen des insoweit vergleichbaren § 35 gewerbeordnung (gewo) rechtfertigen zuwiderhandlungen gegen zivilrechtliche normen grundsätzlich eine gewerbeuntersagung, wenn die rechtsverstöße so häufig auftreten, dass sie auf charakterliche mängel schließen lassen, die die unzuverlässigkeit des gewerbetreibenden im hinblick auf das ausgeübte gewerbe begründen, 251vgl. ehlers, in: ehlers/fehling/pünder (hrsg.), besonderes verwaltungsrecht, band 1, öffentliches wirtschaftsrecht, 3. auflage 2012, § 18 rn. 56; ennuschat, in: tettinger/wank/ennuschat, gewo, 8. auflage 2011, § 35 rn. 75. 252dabei können sowohl – bei hinreichender schwere – einzelne verstöße eine untersagung rechtfertigen, als auch eine vielzahl kleinerer gesetzesverletzungen, die jeweils für sich betrachtet keine ausreichende grundlage für eine untersagung bieten würden, wenn sie aufgrund ihrer häufung einen hang zur nichtbeachtung geltender vorschriften erkennen lässt, 253vgl. karpenstein/dingemann, in: jarass/petersen, krwg, 2014, § 18 rn. 77. 254da die einholung von sondernutzungserlaubnissen bzw. einverständniserklärungen von privaten nicht durch die klägerin als juristische person selbst geschehen kann, ist bezüglich des wahrscheinlichkeitsurteils betreffend die zuverlässigkeit in erster linie auf die für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlichen personen abzustellen. 255hinsichtlich des beurteilungszeitraums für die frage der unzuverlässigkeit sind auch zwischen erlass der sammlungsuntersagung und dem zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung auftretende änderungen in tatsächlicher oder rechtlicher hinsicht zu berücksichtigen, da es sich bei der streitgegenständlichen anordnung um einen dauerverwaltungsakt handelt, 256vgl. näher ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 15. august 2013 – 20 a 3044/11 –, juris rn. 26; vg düsseldorf, beschluss vom 18. juni 2013 – 17 l 645/13 –, n.v. ua seite 6 mit verweis auf vgh bayern, beschluss vom 24. juli 2012 – 20 cs 12.841 –, juris rn. 25; ovg niedersachsen, urteil vom 21. märz 2013 – 7 lb 56/11 –, juris rn. 23. 257c. dies zugrunde gelegt, sind nach dem gegenwärtigen sach- und streitstand noch keine (ausreichenden) tatsachen bekannt, aus denen sich bedenken gegen die zuverlässigkeit der klägerin bzw. zugleich der für die leitung und beaufsichtigung der klägerischen sammlung verantwortlichen personen ergeben. 258aa. zum zeitpunkt der anzeige der sammlung der klägerin am 27. august 2012 bzw. zum zeitpunkt der untersagung der sammlung am 30. april 2013 waren die für die leitung und beaufsichtigung der sammlung im stadtgebiet der beklagten verantwortlichen personen ausschließlich der jetzige geschäftsführer k. o. und der – mittlerweile abberufene – geschäftsführer x. c. . 259in diesem zusammenhang ist – entgegen der auffassung der beklagten – nicht davon auszugehen, herr w. o. sei die für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person. zwar wurde seitens der klägerin in den der sammlungsanzeige vom 27. august 2012 beigefügten formblättern gemäß § 53 krwg ursprünglich w. o. als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person benannt. die klägerin hat jedoch im gerichtlichen verfahren substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass es sich insoweit um ein versehen gehandelt habe. w. o. sei zu keinem zeitpunkt im klägerischen unternehmen tätig gewesen. die für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person sei ausschließlich der geschäftsführer k. o. . ausweislich der im gerichtlichen verfahren vorgelegten unterlagen hat die klägerin die anzeige nach § 53 krwg mit schreiben vom 4. september 2013 gegenüber dem regierungspräsidium h. korrigiert. der eingang der korrigierten anzeige wurde unter dem 4. oktober 2013 durch das regierungspräsidium h. behördlich bestätigt. in der nach umfirmierung und sitzverlegung am 30. september 2014 an das regierungspräsidium e5. gerichteten anzeige nach § 53 krwg, deren eingang am 10. november 2014 behördlich bestätigt wurde, wird demgemäß allein der geschäftsführer k. o. als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person benannt. den vortrag der klägerin zur versehentlichen benennung von w. o. als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person erachtet das gericht vor dem hintergrund ihrer angaben im verwaltungs- und gerichtsverfahren und der die klägerin betreffenden gesellschafterbeschlüsse und handelsregistereintragungen als schlüssig. denn w. o. wurde seitens der klägerin im verwaltungs- und gerichtsverfahren ausdrücklich nicht als verantwortliche person benannt. vielmehr wird bereits im text der sammlungsanzeige vom 27. august 2012 allein k. o. als ansprechpartner angegeben. darüber hinaus sind auch den gesellschaftsrechtlichen beschlüssen und den handelsregistereintragungen keine anhaltspunkte dafür zu entnehmen, w. o. habe im klägerischen unternehmen zu irgendeinem zeitpunkt eine leitende oder sonstige funktion ausgeübt. schließlich hat die beklagte keine tatsachen benannt, aus denen sich eine gegenteilige annahme herleiten ließe. ungeachtet der fehlenden verantwortlichkeit von w. o. ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die vom gericht eingeholte, ihn betreffende auskunft aus dem gewerbezentralregister keine eintragung enthält. 260die demnach im zeitpunkt der sammlungsanzeige bzw. der sammlungsuntersagung für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlichen personen k. o. und x. c. haben in der vergangenheit bei der ausübung ihrer tätigkeit (aufstellung von altkleidersammelcontainern im öffentlichen straßenraum bzw. auf privatgrundstücken) jedenfalls nicht massiv und systematisch gegen öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche erlaubnispflichten verstoßen bzw. haben solche verstöße – wegen ihrer leitungsfunktion – nicht zu verantworten. bei prognostischer betrachtung ist deshalb nicht die gefahr gegeben, dass es im fall der weiteren durchführung der sammlung zu massiven und systematischen verstößen gegen straßenrechtliche vorschriften bzw. zivilrecht kommen wird. 261die von der beklagten im wesentlichen zur begründung der sammlungsuntersagung herangezogenen gewerbeuntersagungsbescheide des regierungspräsidiums h. vom 6. dezember 2012, mit denen der klägerin gemäß § 35 gewo die ausübung des gewerbes einzelhandel mit gebrauchtwaren (textilien) sowie die unterhaltung eines lagerhauses zum lagern von gegenständen aller art nebst ausübung jeder anderen gewerblichen tätigkeit, und den geschäftsführern der klägerin die ausübung des vorgenannten gewerbes sowie jede andere selbstständige gewerbliche tätigkeit untersagt wurde, sind nicht geeignet, bedenken gegen die zuverlässigkeit im hinblick auf massive und systematische verstöße gegen öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche erlaubnispflichten zu begründen. denn die auf vorgebliche verstöße gegen straßenrecht in zahlreichen städten des bundesgebietes gestützten gewerbeuntersagungsbescheide sind nicht bestandskräftig, sondern im rahmen der hiergegen vor dem verwaltungsgericht h. geführten klageverfahren im wege eines gerichtlichen vergleiches am 29. august 2013 vollständig aufgehoben worden. darüber hinaus hat das regierungspräsidium h. mit schreiben vom 9. september 2013 ausdrücklich festgestellt, dass die organisationsmängel im betrieb der klägerin, die zum vorwurf unzuverlässigen verhaltens geführt haben, beseitigt wurden und nunmehr davon ausgegangen werde, dass der gewerbebetrieb durch die klägerin und ihre geschäftsführer zuverlässig und ordnungsgemäß geführt werde. angesichts dieser nach durchführung eines verwaltungsgerichtlichen verfahrens vom regierungspräsidium h. formulierten positiven gewerberechtlichen zuverlässigkeitsprognose, kann eine unzuverlässigkeit der klägerin im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg jedenfalls nicht (mehr) ohne weitere tatsachengestützte anhaltspunkte angenommen werden, 262vgl. in bezug auf die klägerin vgh bayern, beschluss vom 18. november 2013 – 20 cs 13.1625 –, juris rn. 13; ähnlich vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 20. 263vielmehr bedurfte es vor dem hintergrund der aufhebung der gewerbeuntersagungsbescheide und der ausdrücklichen feststellung der gewerberechtlichen zuverlässigkeit durch das schreiben des regierungspräsidiums h. vom 9. september 2013 eigener (weiterer) sachverhaltsermittlungen der beklagten – woran es vorliegend fehlt –, um prognostisch von einer unzuverlässigkeit der klägerin im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg ausgehen zu können. denn insoweit ist zu konstatieren, dass die zuständige behörde aufgrund des in § 24 vwvfg nrw normierten amtsermittlungsgrundsatzes eine pflicht zur ausreichenden, eigenen ermittlung des entscheidungserheblichen sachverhalts trifft und ihr überdies die darlegungs- und beweislast für das vorliegen von tatsachen, aus denen sich hinreichend gewichtige bedenken gegen die zuverlässigkeit des gewerblichen sammlers herleiten lassen, obliegt. dies zugrunde gelegt ist es grundsätzlich nicht ausreichend, wenn sich die behörde in fällen der vorliegenden art, in denen das verdikt der unzuverlässigkeit in rede steht, allein auf „fremde“ verwaltungs- und/oder gerichtsverfahren beruft. sie muss vielmehr vor dem hintergrund der grundrechtsbeeinträchtigenden wirkung einer untersagung nach § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg regelmäßig selbst ermitteln, ob die annahme der die unzuverlässigkeit rechtfertigenden tatsachen hinreichend bewiesen ist, 264vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 19 ff.; sowie bezogen auf die klägerin ausdrücklich vg x1. , beschluss vom 28. januar 2013 – w 4 s 12.1130 –, juris rn. 57; wohl auch vgh bayern, beschluss vom 18. november 2013 – 20 cs 13.1625 –, juris rn. 13. 265denn es ist zunächst aufgabe der zuständigen behörde auf grundlage ausreichender tatsachengestützter anhaltspunkte zu beurteilen, ob der gewerbliche sammler bzw. die für die sammlung verantwortlichen personen massiv und systematisch gegen öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche erlaubnispflichten verstoßen haben. zwar ist diese vorgehensweise mit einem gewissen verwaltungsaufwand verbunden. vor dem hintergrund der grundrechtsbeeinträchtigenden wirkung einer auf § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg gestützten sammlungsuntersagung ist die ermittlung einer gesicherten und tragfähigen tatsachengrundlage indes unerlässlich, 266vgl. hierzu vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 21. 267dem steht auch nicht entgegen, dass das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen aufgrund einer summarischen prüfung in verfahren des vorläufigen rechtsschutzes von einer unzuverlässigkeit der klägerin ausgegangen ist und weitere, über die bezugnahme auf die gewerbeuntersagungsbescheide des regierungspräsidiums h. hinausgehende eigene ermittlungen der zuständigen behörden nicht für erforderlich erachtet hat, 268vgl. u.a. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 627/13 –, juris rn. 6; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 444/13 –, juris rn. 12 ff. 269denn ausweislich der entscheidungsbegründungen war in den betreffenden verfahren zwar vorgetragen, dass die gewerbeuntersagungsbescheide des regierungspräsidiums h. nicht bestandskräftig geworden sind. es finden sich jedoch keine hinweise darauf, dass auch die – im hiesigen verfahren entscheidungserhebliche – ausdrückliche zuverlässigkeitsprognose des regierungspräsidiums h. im schreiben vom 9. september 2013 gegenstand der vorgenannten verfahren gewesen ist, 270vgl. ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 627/13 –, juris rn. 6; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 444/13 –, juris rn. 12 ff. 271schließlich ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des summarischen prüfungsmaßstabes in verfahren des vorläufigen rechtsschutzes grundsätzlich nur eine eingeschränkte, auf präsente beweismittel und glaubhaft gemachte tatsachen beschränkte sachverhaltsermittlung stattfindet, 272vgl. kopp/schenke, vwgo, 19. auflage 2013, § 80 rn. 125 m.w.n. 273demgemäß bietet die pauschale bezugnahme der beklagten auf die zwischenzeitlich aufgehobenen gewerbeuntersagungsbescheide zum gegenwärtigen zeitpunkt keine ausreichende tatsachengrundlage (mehr), um aktuell von einem massiven und systematischen fehlverhalten der klägerin und ihrer geschäftsführer in der vergangenheit auszugehen. 274die darlegungs- und beweisbelastete beklagte hat darüber hinaus nicht dargetan, dass seitens der klägerin bzw. ihrer geschäftsführer bezogen auf das stadtgebiet l. vor erlass der streitgegenständlichen ordnungsverfügung bei der aufstellung von altkleidersammelcontainern massiv und systematisch gegen öffentliches straßenrecht oder privatrecht verstoßen worden ist. 275die beklagte hat im verwaltungs- und gerichtsverfahren keinen einzigen, speziell auf die klägerin bezogenen verstoß dokumentiert. vielmehr erschöpft sich der vortrag der beklagten im gerichtlichen verfahren allein in der annahme, die klägerin sei als vertreterin der gesellschaft ag u1. – einer gesellschaft des bürgerlichen rechts (gbr) –, für die von dieser gesellschaft auf der l2. allee 170 (festgestellt am 18. oktober 2012) und auf der v1. straße 650-652 (festgestellt am 8. november 2012) in l. unrechtmäßig auf privatgrundstücken aufgestellten sammelcontainer verantwortlich, für die zusätzlich die einholung von sondernutzungserlaubnissen erforderlich gewesen sei. diesbezüglich kann indes offenbleiben, ob der klägerin etwaige verstöße der gesellschaft ag u1. überhaupt zugerechnet werden können. denn selbst wenn man die im jahr 2012 festgestellten verstöße als zutreffend unterstellte und eine zurechnung bejahte, wären die zwei dokumentierten verstöße jedenfalls nicht geeignet, ein massives und systematisches fehlverhalten der klägerin bzw. ihrer geschäftsführer in der vergangenheit zu begründen. 276auch eine gesamtschau mit den von der stadt x2. in den beigezogenen verfahren 17 k 3310/13 und 17 l 575/13 geltend gemachten verstößen führt zu keiner anderen rechtlichen beurteilung. insoweit hat die stadt x2. vorgetragen, es seien in den jahren 2011 bis 2013 sechs bußgeldbescheide gegen die „c. gmbh“ erlassen worden, weil diese im stadtgebiet x2. altkleidersammelcontainer auf bzw. an öffentlichen gehwegen ohne einholung einer sondernutzungserlaubnis an den standorten i1. -c2. straße (einmündung l4. -t1. -straße) (bußgeldbescheid vom 3. juni 2011), straße i2. (gegenüber haus nr. 19) (bußgeldbescheid vom 27. märz 2012), s. straße (einmündung zu den häusern 39 ff.) (bußgeldbescheid vom 27. märz 2012), straße e1. (vor haus nr. 54 an der bushaltestelle) (bußgeldbescheid vom 27. märz 2012), straße i2. (vor haus nr. 62) (bußgeldbescheid vom 27. märz 2012), e2. straße (vor haus nr. 8) und i3. straße (westlich neben dem spielplatz rückseite der straße o1.------weg ) (bußgeldbescheid vom 18. märz 2013) aufgestellt habe (vgl. bl. 90, 91 der gerichtsakte im verfahren 17 l 575/13). hinsichtlich der durch die stadt x2. behaupteten verstöße gegen straßen- und wegerecht fehlt es indes an einer hinreichend substantiierten dokumentation mittels aussagekräftiger lichtbilder mit datums- und zeitangaben nebst katasterauszügen und genauer angabe der containerstandorte. hinzu kommt, dass die vom gericht eingeholten auskünfte aus dem gewerbezentralregister betreffend die „c. gmbh“, k. o. und x. c. keine eintragungen aufweisen. selbst wenn jedoch die von der stadt x2. angeführten verstöße gegen straßen- und wegerecht als zutreffend unterstellt werden, führte dies in der gesamtschau nicht zur annahme eines massiven und systematischen fehlverhaltens in der vergangenheit. denn jedenfalls insgesamt acht – zu lasten der klägerin als zutreffend unterstellte – verstöße gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche erlaubnispflichten – zumal über einen zeitraum von rund drei jahren – vermögen (noch) keine bedenken gegen die zuverlässigkeit des anzeigenden bzw. der für die leitung und beaufsichtigung der sammlung verantwortlichen personen im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg zu begründen. 277bb. auch das nach erlass der ordnungsverfügung zu berücksichtigende verhalten der klägerin bzw. des aktuellen geschäftsführers k. o. sowie des zwischenzeitlich abberufenen geschäftsführers x. c. führt zu keinem anderen ergebnis. es ist folglich mangels ausreichender tatsachengestützter erkenntnisse im maßgeblichen zeitpunkt des schlusses der mündlichen verhandlung (weiterhin) von der zuverlässigkeit der klägerin bzw. ihres verbliebenen geschäftsführers k. o. auszugehen. 278seit dem 30. april 2013 ist dem gericht für das stadtgebiet l. in bezug auf die klägerin kein einziger fall bekannt geworden, der – möglicherweise – einen verstoß gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche erlaubnispflichten darstellt. 279soweit die beklagte zur begründung eines verstoßes gegen straßenrecht bzw. zivilrecht darauf rekurriert, durch die gesellschaft ag u1. seien auf der h2.--------straße in l. (festgestellt am 6. mai 2013) auf privatgrundstücken sammelcontainer ohne zustimmung der grundstückseigentümer aufgestellt worden, zudem habe es aufgrund der positionierung der container einer sondernutzungserlaubnis bedurft, begründet dies keine bedenken gegen die zuverlässigkeit. diesbezüglich kann wiederum dahinstehen, ob der klägerin etwaige verstöße der gesellschaft ag u1. überhaupt zugerechnet werden können. denn selbst wenn man den im jahr 2013 festgestellten verstoß als zutreffend unterstellte und eine zurechnung bejahte, wäre dieser singuläre verstoß jedenfalls nicht geeignet, ein massives und systematisches fehlverhalten der klägerin bzw. ihrer geschäftsführer zu begründen. 280die von der beklagten pauschal in bezug genommenen presseberichte vom 18. dezember 2013 über eine vermeintlich ungenehmigte aufstellung von sammelcontainern durch die gesellschaft ag u1. auf parkplätzen der firma b. in x1. und p. bilden – ungeachtet der problematik einer zurechnung – mangels eigenständiger sachverhaltsermittlung und überprüfung der in rede stehenden verstöße durch die beklagte schon keine ausreichende tatsachengrundlage für die annahme, die klägerin habe systematisch und massiv gegen die rechtsordnung verstoßen, 281vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 20 f. 282schließlich vermögen etwaige, von der firma e. gmbh begangene verstöße gegen straßenrecht oder zivilrecht keine bedenken gegen die zuverlässigkeit der hiesigen klägerin zu begründen. soweit die beklagte vorträgt, die firma e. gmbh habe im stadtgebiet l. auf der l3. straße 447 (festgestellt am 16. september 2013) und – durch die firma d. kg – auf der c1.-----straße 59 (festgestellt am 23. oktober 2013) altkleidersammelcontainer auf privatgrundstücken aufgestellt, ohne die zustimmung der jeweiligen grundstückseigentümer eingeholt zu haben, fehlt es an einer rechtlichen und tatsächlichen grundlage, derartige verstöße der klägerin zuzurechnen. bei der klägerin und der firma e. gmbh handelt es sich um unterschiedliche juristische personen, mit unterschiedlichen geschäftsführern. auch sonst bestehen keine substantiellen anhaltspunkte für anderweitige gesellschaftsrechtliche bzw. personelle verflechtungen zwischen den beiden firmen. das argument der beklagten, verstöße der firma e. gmbh gegen straßenrecht bzw. privatrecht begründeten die unzuverlässigkeit ihres geschäftsführers w. o. und diese unzuverlässigkeit sei wiederum der klägerin zuzurechnen, greift nicht durch. denn – wie bereits unter b. iii. 2. c. aa. ausgeführt – hat die klägerin schlüssig dargelegt, dass w. o. zu keinem zeitpunkt eine leitende oder sonstige funktion im klägerischen unternehmen ausgeübt habe und nur versehentlich in zwei formblättern nach § 53 krwg als für die leitung und beaufsichtigung des betriebes verantwortliche person benannt worden sei. vor diesem hintergrund fehlt es in tatsächlicher und rechtlicher hinsicht an jeglichem anknüpfungspunkt für eine zurechnung des verhaltens von w. o. zur klägerin. das geschäftsgebaren der firma e. gmbh und ihres geschäftsführers mag möglicherweise – sofern insgesamt die schwelle eines massiven und systematischen fehlverhaltens überschritten wird – anlass für ein behördliches vorgehen gegenüber der e. gmbh bieten, ist jedoch nicht geeignet, die (derzeitige) zuverlässigkeit der klägerin in frage zu stellen. denn es geht nicht an, eine gegenüber der klägerin ausgesprochene sammlungsuntersagung gemäß § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg mit grundrechtsbeeinträchtigender wirkung auf vage anhaltspunkte, mutmaßungen und pauschale zurechnungen zu stützen, 283vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 21. 284darüber hinaus führt auch eine zusammenschau mit den von der stadt x2. in den beigezogenen verfahren 17 k 3310/13 und 17 l 575/13 geltend gemachten verstößen zu keiner anderen rechtlichen beurteilung. hierzu wird seitens der stadt x2. vorgetragen, es seien durch die klägerin sammelcontainer auf privaten grundstücken ohne zustimmung der grundstückseigentümer am x3.---ring (i2. c3. . 10) und auf flächen der stadt x2. aufgestellt worden (vgl. bl. 84 der gerichtsakte im verfahren 17 l 575/13). hinsichtlich dieser verstöße fehlt es indes an einer genauen zeitlichen eingrenzung (wohl im jahr 2013) und an einer hinreichend substantiierten dokumentation mittels aussagekräftiger lichtbilder mit datums- und zeitangaben nebst katasterauszügen und genauer angabe der containerstandorte. überdies hat die stadt x2. mit schriftsatz vom 23. januar 2014 mitgeteilt, die klägerin betätige sich mittels eines am x3.---ring (vor der einmündung der t2.----------straße ) auf einem privatgrundstück ohne zustimmung des grundstückseigentümers aufgestellten sammelcontainers weiterhin als gewerbliche sammlerin. selbst wenn jedoch die von der stadt x2. angeführten verstöße gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche erlaubnispflichten als zutreffend unterstellt werden, begründeten diese in der gesamtschau jedenfalls nicht die annahme eines massiven und systematischen fehlverhaltens. denn insbesondere vor dem hintergrund der für die zeit vor erlass der streitgegenständlichen ordnungsverfügung positiv ausfallenden zuverlässigkeitsprognose sind die in rede stehenden drei bzw., bei unterstellter zurechnung des durch die beklagte im stadtgebiet l. festgestellten verstoßes der ag u1. , vier zu lasten der klägerin als zutreffend unterstellten verstößen gegen öffentlich-rechtliche bzw. zivilrechtliche erlaubnispflichten nicht geeignet, um ein massives und systematisches fehlverhalten annehmen zu können. 285fehlt es nach den vorstehenden ausführungen (aktuell) schon an einer, für die annahme eines massiven und systematischen fehlverhaltens hinreichend aussagekräftig dokumentierten zahl von verstößen gegen straßenrecht und privatrecht, kann vorliegend dahinstehen, ob es die klägerin – wie die beklagte meint – durch ein auftreten als vertreterin der gesellschaft ag u1. darauf anlegt, den tatsächlichen umfang ihrer sammlungstätigkeit zu verschleiern, 286vgl. zu diesem aspekt ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 11. dezember 2013 – 20 b 444/13 –, juris rn. 18; kritisch hierzu vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 20 f. 287soweit sich die beklagte für die begründung von bedenken gegen die zuverlässigkeit zudem – ohne insoweit eigene sachverhaltsermittlungen anzustellen – auf entscheidungen anderer behörden und deren verwaltungsgerichtliche bestätigungen beruft, ist – wie bereits unter b. iii. 2. c. aa. ausgeführt – darauf hinzuweisen, dass die schlichte bezugnahme auf „fremde“ verwaltungs- und/oder gerichtsverfahren keine ausreichende tatsachengrundlage für eine sammlungsuntersagung gemäß § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg bietet, 288vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 5. mai 2014 – 10 s 30/14 –, juris rn. 19 ff.; sowie bezogen auf die klägerin ausdrücklich vg x1. , beschluss vom 28. januar 2013 – w 4 s 12.1130 –, juris rn. 57; wohl auch vgh bayern, beschluss vom 18. november 2013 – 20 cs 13.1625 –, juris rn. 13. 289ungeachtet der aktuell noch im raume stehenden verstöße ist bei der vom gericht anzustellenden prognoseentscheidung flankierend zu berücksichtigen, dass die eingeholten gewerbezentralregisterauskünfte über die „c. gmbh“, x. c. und k. o. keine eintragungen aufweisen. hinzu kommt, dass die klägerin die bislang gegen sie erhobenen vorwürfe zum anlass genommen hat, unternehmensinterne veränderungen der arbeitsabläufe und der personalstruktur vorzunehmen. so lässt sie sich fortlaufend als entsorgungsfachbetrieb zertifizieren und hat neue mitarbeiter für die rechtsabteilung sowie zur suche und überwachung geeigneter containerstellplätze eingestellt. des weiteren ist durch die abberufung des zweiten geschäftsführers x. c. eine veränderung in der unternehmensführung eingetreten. seit dem 1. juni 2012 würden neben dem vorhandenen containerbestand grundsätzlich keine neuen containerstandorte erschlossen. neue container würden lediglich nach auslaufen entsprechender standortverträge im näheren umfeld der bisherigen standorte aufgestellt, wobei neuaufstellungen in allen fällen nur nach abschluss privatrechtlicher verträge bzw. einholung behördlicher genehmigungen für den jeweiligen standort erfolgten. ferner würden sämtliche containerstellplätze zum zwecke der überwachung geographisch und fotografisch dokumentiert. diese unternehmensinternen umstrukturierungen, mit denen – angesichts der nach erlass der streitgegenständlichen ordnungsverfügung geringen zahl der noch im raume stehenden vorwürfe – positive veränderungen einhergehen, tragen dazu bei, dass (jedenfalls derzeit) nicht von einer unzuverlässigkeit der klägerin ausgegangen werden kann. 290fehlt es damit an ausreichenden tatsachengestützte bedenken gegen die zuverlässigkeit der klägerin und des aktuellen geschäftsführers k. o. bzw. des zwischenzeitlich abberufenen zweiten geschäftsführers x. c. , fällt das wahrscheinlichkeitsurteil in bezug auf die zuverlässigkeit im sinne von § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg (derzeit) positiv aus. 291das gericht war auch nicht gehalten, weitere ermittlungen hinsichtlich verstößen gegen öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche erlaubnispflichten anzustellen. denn hierfür bestanden keine zureichenden anhaltspunkte, die entsprechende maßnahmen erforderlich erscheinen ließen. es obliegt vielmehr der beklagten, die sich auf die ermächtigungsgrundlage des § 18 abs. 5 satz 2 alt. 1 krwg beruft, die für sie günstigen voraussetzungen darzulegen. denn die beteiligten sind gemäß § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 vwgo zur mitwirkung bei der sachverhaltsaufklärung verpflichtet. diese mitwirkungspflicht erfasst insbesondere den (substantiierten) vortrag von umständen, die der „sphäre“ eines beteiligten – hier der beklagten – zuzurechnen sind, 292vgl. kopp/schenke, vwgo, 19. auflage 2013, § 86 rn. 11 m.w.n. 2933. die rechtswidrigkeit der auf §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60 und 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvg nrw) beruhenden zwangsgeldandrohung folgt aus der materiell rechtswidrigen grundverfügung. 294c. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 295die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit § 709 satz 1 und 2 zivilprozessordnung (zpo). 296die berufung war nicht nach § 124a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen, da keiner der gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 und 4 vwgo vorliegt.
Klaeger*in
1
169,924
L 4 U 398/14
"2014-10-24T00:00:00"
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.06.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). 3Mit Schreiben vom 27.05.2009 zeigte die AOK Westfalen-Lippe der Beklagten eine BK wegen der Diagnose Spondylose Lumbalbereich und Arbeitsunfähigkeit seit 16.12.2008 an und machte einen Erstattungsanspruch geltend. Der Anzeige fügte sie einen Auszug aus dem Vorerkrankungsverzeichnis, Berichte der Orthopäden Dres. G u.a. (04.05.2009) und des Internisten Dr. T (17.01.2009 und 17.04.2009) sowie einen von der Klägerin am 21.04.2009 ausgefüllten "Erhebungsbogen bei Erkrankungen der Lenden- und/oder Halswirbelsäule" an. 4Zu ihrer Arbeitsvorgeschichte gab die am 00.00.1959 geborene Klägerin an, nach der Schulentlassung zunächst den Friseurberuf erlernt zu haben und anschließend mit Unterbrechungen im Verkauf, als Zeitungsbotin und Lagerarbeiterin sowie nach einer Umschulung zur Altenpflegerin (1996 - 1999) ebenfalls mit Unterbrechung bis 2009 in diesem Beruf tätig gewesen zu sein. 5Die Beklagte holte weitere Auskünfte der Krankenkassen neue BKK und AOK zu Vorerkrankungen sowie der Klägerin und ihrer Arbeitgeber zu den beruflichen Tätigkeiten ein (AMT S [Ausbildung 15.04.1996 - 15.04.1999], I S (01.05.1999 - 28.07.2000), Altenpflegezentrum E (01.08. - 31.10.2000), Pflegezentrum H (01.11.2000 - 31.04.2001), T Pflegedienst (01.02.-15.08.2005), Privater Pflegedienst L (Beschäftigung 01.09.2005 - 31.08.2006), Diakoniestation S (Beschäftigung 01.10.2006 - 30.09.2008), K-Haus I (Beschäftigung 01.10.2008 - 07.01.2009). In den Zwischenzeiten war die Klägerin nach ihrer Auskunft arbeitsunfähig oder arbeitslos. Ebenfalls zog die Beklagte medizinische Berichte bei (Klinikum W, Neurochirurgie, vom 09.07.2009 [stat. Behandlung: 23.06.2009 - 09.07.2009], vom 22.09.2009 [stat. Behandlung: 25.08.2009 - 22.09.2009] und vom 23.11.2009 [stat. Behandlung: 16.11.2009 - 23.11.2009], Röntgenaufnahmen des Ev. KH I, Berichte der Dres. G u.a. vom 29.12.2009 mit weiteren Arztberichten und vom 04.01.2010, Arztbrief der Neurochirurgischen Gemeinschaftspraxis am Klinikum W vom 24.11.2009, Bericht des Dr. T vom 04.01.2010 mit weiteren Fremdarztberichten, Bericht des Orthopäden Dr. K vom 11.01.2010, Bericht des Q-Hospitals S vom 25.11.2009, Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. I vom 08.03.2010 mit weiteren Fremdarztberichten, Bericht des Neurochirurgen W1 vom 18.03.2010 und Entlassungsbrief der N Klinik GmbH vom 24.02.2010 (stat. Behandlung: 15.02. - 22.02.2010) bzw. Arztbrief vom 11.02.2010. 6Der Präventionsdienst der Beklagten ermittelte eine Arbeitsplatzexposition nach dem Mainz-Dortmunder-Dosis-Modell (MDD) von 7,4 x 106 Nh. Dies entspreche 44% des für Frauen geltenden Orientierungswerts von 17 x 106 Nh. Das dritte Zusatzkriterium der Konsenskriterien (hohe Spitzenbelastungen) sei erfüllt (Stellungnahme vom 09.06.2010). 7Mit Bescheid vom 24.09.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2108 ab, da eine ausreichende berufliche Belastung nach dem MDD nicht gegeben sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 14.10.2010 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2011 zurück. 8Die Klägerin hat am 24.02.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Dortmund, von dort verwiesen an das SG Gelsenkirchen, erhoben und die Anerkennung einer BK 2108 begehrt. Sie hat weitere Erhebungsbögen zu ihrer Arbeitsbelastung von März 1976 bis Januar 1978 (Firma I) und von August bis November 1995 (Firma Aldi) übersandt. Hierzu hat der Präventionsdienst der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution eine (zusätzliche) berufliche Gesamtdosis von 1,5 x 106 Nh (9% der Gesamtdosis) errechnet. 9Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Gesamtbelastungsdosis erreiche die Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) zur notwendigen beruflichen Belastung bei der BK 2108. Ein Ursachenzusammenhang zwischen ihrer schweren beruflichen Tätigkeit und den Bandscheibenschäden sei auch wahrscheinlich. Dies ergebe sich aus dem im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Dr. P. Soweit demgegenüber der gerichtliche Sachverständige Dr. W einen Zusammenhang ablehne, sehe er fälschlich die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen als gegeben an. Tatsächlich liege die Konstellation B2 vor, da sie das Zusatzkriterium des besonderen Gefährdungspotentials durch hohe Belastungsspitzen erfülle. 10Die Klägerin hat beantragt, 11den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen. 12Die Beklagte hat beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht vorlägen. Sofern der Präventionsdienst während des Klageverfahrens neben der festgestellten Belastung bei der Pflegetätigkeit von 7,4 x 106 Nh eine weitere Dosis von 1,5 x 106 Nh (Arbeitsbelastung 1976-1978 bzw. 1995) errechnet habe, ändere dies nichts am bisherigen Ergebnis. Auch das BSG fordere eine medizinische Begutachtung bei Werten ab 50% nur in "besonders gelagerten Fällen". Dieser liege hier nicht vor. Berücksichtigt werden müsse, dass die Belastung von 1,5 x 106 Nh bis Januar 1978 eingetreten sei und anschließend bis zur Altenpflegetätigkeit knapp 20 Jahre ein belastungsfreies Intervall gelegen habe. Zur Untermauerung ihrer Auffassung, dass kein besonders gelagerter Fall vorliege, hat die Beklagte ergänzend eine chirurgisch-fachärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. F vom 03.08.2012 überreicht. Da keine ausreichende berufliche Exposition gegeben sei, müsse ihrer Auffassung nach von einer Konstellation A2 der Konsensempfehlungen ausgegangen werden. 15Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts des Orthopäden Dr. K vom 10.05.2012 mit weiteren Fremdarztberichten und anschließend eines orthopädischen Gutachtens des Dr. W vom 19.03.2013 und Ergänzung vom 08.03.2014. Der Sachverständige hat die Auffassung vertreten, dass die beruflichen Belastungen mit relativ niedriger Gesamtdosis im Hinblick darauf, dass ein Teil der Belastung bereits viele Jahre zuvor erfolgt sei, eher gegen als für die Wesentlichkeit der beruflichen Belastung spreche, ohne diese jedoch sicher auszuschließen. Der Zeitpunkt der Erstmanifestation (wohl zwischen 2004 und 2008) mit einem knappen Erreichen der Hälfte des Richtwerts zu diesem Zeitpunkt gebe auch keinen deutlichen Hinweis auf die Wesentlichkeit der Berufstätigkeit. Problematisch sei die Frage, ob bei der Klägerin überhaupt eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der Konsensempfehlungen vorliege. Die Veränderungen im Kernspin 2009 (erstgradige Chondrosen und Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten L 3/ L 4 und L 4/ L 5) seien z. T.eventuell gerade eben als altersunüblich anzusehen. Für den Zusammenhang spreche, dass das Segment L4/5 vorrangig betroffen und die Veränderungen belastungskonform an der LWS akzentuiert seien. Dagegen spreche, dass sie nicht, wie belastungskonform zu erwarten, von kopf- nach fußwärts zunähmen, da das am stärksten belastete Segment L5/S1 unauffällig sei. Konkurrenzfaktoren gebe es nicht. Das Schadensbild sei daher am ehesten in die Konstellation B3 einzuordnen. Es müsse daher zur Anerkennung ein Zusatzkriterium vorliegen. Wenn man hier ein besonderes Gefährdungspotential durch Belastungsspitzen annähme, sei ein Zusammenhang vor dem Hintergrund der übrigen Tatsachen dennoch nicht zu bejahen. Die Gesamtbelastung sei gering und die Manifestation bereits vor oder knapp nach Erreichen der Hälfte des Richtwerts erfolgt. Das Schadensbild der Klägerin unterscheide sich nur geringfügig von dem Schadensbild, das im Alter der Klägerin häufig auch ohne Belastung anzutreffen sei. Darüber hinaus handele es sich bei der Konstellation B 2 bereits um einen Grenzfall, so dass die übrigen Kriterien seiner Auffassung nach eindeutig erfüllt sein müssten, um eine ausreichende Trennschärfe zu nicht beruflichen Erkrankungen zu ermöglichen. 16Auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG anschließend ein Gutachten des Orthopäden Dr. P vom 16.12.2013 eingeholt. Dieser hat seiner Beurteilung umfangreiche generelle und grundsätzliche Anmerkungen zur BKV, zu medizinisch-biologischen Prozessen und den Grenzen der Differentialdiagnostik sowie zum Thema bandscheibenbedingte Erkrankungen vorangestellt. Insbesondere hat er ausgeführt, dass der Verordnungsgeber nicht definiert und gefordert habe, dass für die medizinische Bejahung der Frage der "haftungsausfüllenden Kausalität" einer BK 2108 eine spezifische Befundkonstellation in der bildgebenden Diagnostik erforderlich sei. Im Zusammenhang mit der BK 2108 habe sich eine absurde und dem Ziel und Zweck der BKV diametral zuwider laufende, scheinbar medizinische Diskussion entwickelt. Durch epidemiologische Untersuchungen sei bekannt, dass Personen, deren berufliche Belastungen die Kriterien der BK 2108 erfüllten, im statistischen Durchschnitt - aber eben nur da - häufiger polysegmentale radiologische Veränderungen zeigten. Diese Gruppenerkenntnisse verlangten aber den Hinweis, dass sich bandscheibenbedingte Erkrankungen nicht mittels der bildgebenden Diagnostik, sondern nur durch subtile Befragung und sorgfältige Untersuchung sowie den Ausschluss alternativer Krankheiten sichern ließen. Soweit Prof. Dr. F und Dr. W sich der Bildgebung widmeten, mache dies keinen Sinn, weil es keine bildgebende Darstellungsmöglichkeit der Wirbelsäule gebe, die den absolut vordergründigen Krankheitsteil, d.h. die sozialmedizinisch relevanten Schmerzen erahnen ließen. Die bildgebenden Befunde könnten grundsätzlich und kategorisch bei einer Einzelfallentscheidung nicht den geringsten Beitrag leisten. Da der Verordnungsgeber im Rahmen der "haftungsausfüllenden Kausalität" ein spezifisches oder besonderes Erkrankungsbild nicht gefordert habe, stünden alle Formen einer bandscheibenbedingten Erkrankung unter dem Schutz der BKV, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt seien. Unstreitig sei, dass die Klägerin unter einer gravierenden Ausprägung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS leide und 2 Operationen nicht den gewünschten Erfolg gebracht hätten. Ob die haftungsbegründenden Kriterien erfüllt seien, müsse das Gericht entscheiden. Soweit das Gericht frage, ob die Bandscheibenerkrankung an der LWS nach den Konsensempfehlungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf die Berufstätigkeit zurückzuführen sei, lasse sich diese Frage mit medizinischen Befunden nicht beantworten. Wenn das Gericht die haftungsbegründenden Voraussetzungen für gegeben halte, sei die MdE mit 50 v. H. zu bewerten. 17Das SG hat der Klage mit Urteil vom 11.06.2014 stattgegeben und die Beklagte zur Anerkennung einer BK 2108 verurteilt. Zusammengefasst hat es sich auf das Gutachten des Dr. W gestützt, nur dessen Schlussfolgerung nicht geteilt. Zur Überzeugung des Gerichts bestehe eine Konstellation B2 nach den Konsensempfehlungen. Soweit Dr. W keines der Zusatzkriterien dieser Konstellation angenommen habe, gehe er von unrichtigen Voraussetzungen aus, da die Präventionsabteilung eine Spitzenbelastung bejaht habe. Dies entspreche bei Altenpflegern auch der Rechtsprechung. Die Auffassung des Dr. W, auch bei Unterstellung eines Zusatzkriteriums sei ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich, vermöge die Kammer nicht zu überzeugen. Ein Zusammenhang sei auch bei nur grenzwertigen Veränderungen wahrscheinlich. Hier werde eine Unterscheidung in den Konsensempfehlungen nicht vorgenommen. Die Exposition sei ausreichend, wenn sie sich wie hier aus mehreren Abschnitten zusammensetze. Eine Konstellation A, wie von der Beklagten angenommen, liege damit nicht vor. 18Gegen das ihr am 02.07.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.07.2014 Berufung eingelegt. Das Gutachten des Dr. P sei ohne jeden Bezug zu den Konsensempfehlungen und sonstigen relevanten Beurteilungsgrundlagen (MDD und entsprechende Rechtsprechung) ergangen und daher keine geeignete Beurteilungsgrundlage. Das SG habe fälschlich eine eigene medizinische Bewertung eingebracht, indem es entgegen Prof. Dr. F und Dr. W den belastungsfreien Zeitraum zwischen 1978 und 1996 als unerheblich sowohl bei der Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen als auch bei der Kausalbewertung angesehen habe. Darüber hinaus habe es bereits die geringe Überschreitung des vom BSG gesetzten Grenzwerts von 50% des MDD als vermeintlich ausreichend angesehen, um eine Verursachungswahrscheinlichkeit ableiten zu können. Das BSG selbst habe hingegen gesagt, dass Orientierungswerte keine unverbindliche Größe seien, die beliebig unterschritten werden könnten. Welches Maß an belastender Einwirkung mindestens erforderlich sei, um eine BK - ggf. unter Einbeziehung weiterer Kriterien - anzuerkennen oder auszuschließen, müsse unter Zuhilfenahme (u.a.) medizinischer Sachkunde nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entschieden werden. Das BSG räume dabei auch ein, dass der von ihm herangezogene Grenzwert von 50% des Orientierungswerts für den Ausschluss einer BK möglicherweise zu niedrig sei. Im konkreten Fall lasse sich nach Auffassung von Prof. Dr. F und Dr. W bei Gesamtwürdigung aller Einzelumstände keine Verursachungswahrscheinlichkeit begründen. 19Die Beklagte beantragt, 20das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11.06.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen. 21Die Klägerin beantragt, 22die Berufung zurückweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen. 23Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ihrer Auffassung nach ermittele das MDD gerade die Lebensarbeitszeitdosis. Einzelne Werte könnten daher nicht herausgerechnet werden. Ebenfalls könne eine nur geringe Überschreitung des Grenzwerts (hier 53% des Orientierungswerts) nicht dazu dienen, eine Kausalität stets als unwahrscheinlicher anzunehmen, weil nicht 100% erreicht würde. Mit einer solchen Argumentation würde die Beklagte quasi die Grenzwerte heraufsetzen. Das SG habe auch keine eigene medizinische Wertung vorgenommen, sondern lediglich die Konsensempfehlungen angewendet und hierbei zurecht die Konstellation B2 angenommen, die eben Belastungsspitzen berücksichtige. 24Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 25Entscheidungsgründe: 26Die zulässige Berufung ist begründet. 27Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Anerkennung einer BK 2108 verurteilt. Entgegen seiner Auffassung ist die Klage nicht begründet und daher abzuweisen. Der angefochtene Bescheid vom 24.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 (§ 95 SGG ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG)). Ein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung einer BK 2108 besteht nicht. 28Rechtsgrundlage für die Anerkennung der begehrten BK ist § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII i.V.m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV. BKen sind gem. § 9 Abs. 1 SGB VII nur diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. In der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (BGB I, S. 2623), die sich insoweit nicht mehr geändert hat, ist die BK 2108 als "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können" bezeichnet. 29Die Anerkennung einer BK 2108 setzt demnach voraus, dass der Versicherte auf Grund von Verrichtungen bei einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet hat und hierdurch eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden ist und noch besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist ein Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Verrichtungen (sachlicher Zusammenhang), diesen Verrichtungen und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) und den Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsbegründende Kausalität) erforderlich. Schließlich muss der Versicherte gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben und die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit als Folge des Zwangs auch tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - juris Rn. 23; Urt. v. 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - juris Rn. 16 f.). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist hingegen keine Voraussetzung für die Anerkennung der BK, sondern lediglich für einen etwaigen, auf dieser BK beruhenden Leistungsanspruch (vgl. hierzu BSG Urt. v. 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rn. 12). 30In beweisrechtlicher Hinsicht müssen die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Hingegen genügt für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. z.B. BSG Urt. v. 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rn. 12; Urt. v. 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - juris Rn. 15; Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - juris Rn. 20). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.09.2012 - B 3 KR 10/12 R - juris Rn. 47 mwN; Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - juris Rn. 20 mwN; Beschl. v. 08.08.2001 - B 9 V 23/01 R - juris Rn. 4 mwN). 31Vorliegend ist die Klägerin bei ihrer - versicherten - beruflichen Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen (dazu 1). Ob diese Einwirkungen in einem Ausmaß vorliegen, das die Bedingungen der BK 2108 erfüllt, hält der Senat für zweifelhaft (dazu 2). Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da eine BK 2108 auch dann nicht anzuerkennen ist, wenn man hiervon ausgeht. Zwar ist - wenngleich nur sehr grenzwertig - eine bandscheibenbedingte Erkrankung bei der Klägerin anzunehmen, jedoch fehlt es an einem hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen den schädigenden Einwirkungen und dieser Erkrankung (dazu 3). 321) Die Klägerin ist bei ihrer beruflichen Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 2108 ausgesetzt gewesen. Nach dem aktenkundigen Sachstand hat sie bei der Firma I (03/1976 bis 01/1978) Lagerarbeiten ausgeführt und dabei Konservenpaletten mit Gewichten von 10 bis 20 kg gehoben und getragen sowie Schweine- und Rindfleisch mit Gewichten von 50 kg zu zweit umgesetzt. Bei der Firma Aldi (07.08.1995 bis 06.11.1995) hat sie Zigarettenstangen in einer Box mit Gewichten von 5 kg bzw. lose Tabakwaren mit Gewichten von 3 kg gehoben und getragen. In besonderem Maß sind relevante Hebe- und Tragetätigkeiten im Rahmen der Tätigkeit als Altenpflegerin in verschiedenen Pflegeeinrichtungen angefallen (15.04.1996 bis 15.04.1999, 01.05.1999 bis 28.07.2000, 01.08. bis 31.10.2000, 01.11.2000 bis 31.01.2001, 01.05. bis 30.11.2001, 01.02. bis 15.08.2005, 01.09.2005 bis 31.08.2006, 01.10.2006 bis 30.09.2008, 01.10.2008 bis 07.01.2009). Bei sämtlichen Tätigkeiten war die Klägerin als Beschäftigte gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Die Hebe- und Tragevorgänge standen in sachlichem Zusammenhang mit der jeweiligen Tätigkeit. 332) Ob die genannten schädigenden Einwirkungen den tatbestandlichen Voraussetzungen der BK 2108 entsprechen, sieht der Senat als zweifelhaft an. Die beruflichen Einwirkungen bei der Klägerin erreichen die Orientierungswerte des MDD nicht (dazu a). Sie entsprechen auch nicht einer "langjährigen" Belastung im Sinne des Merkblatts der BK 2108 (dazu b). Sofern sie die vom BSG in Modifizierung des MDD angenommenen Gesamtbelastungsrichtwerte - lediglich knapp - überschreiten, kann dies allein das Tatbestandsmerkmal nicht belegen (dazu c). 34a) Die im Text der BK 2108 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe "langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten" sowie "langjährige" Tätigkeiten "in extremer Rumpfbeugehaltung" stellen nur ungenau umschriebene Einwirkungen dar und sind auslegungsbedürftig (vgl. BSG Urt. v. 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris Rn. 17 auch zur diesbezüglichen Verfassungsmäßigkeit). Als geeignete Grundlage zur Konkretisierung der sog. "arbeitstechnischen Voraussetzungen" der BK ist das MDD heranzuziehen, das zur Überzeugung des Senats jedenfalls derzeit (noch) den aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstand über die Verursachung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule (LWS) durch äußere Einwirkungen wiedergibt (vgl. auch BSG Urt. v. 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - juris Rn. 25, 28 und B 2 U 14/08 R - juris Rn. 25; Urt. v. 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - juris Rn. 22; Urt. v. 19.08.2003, B 2 U 1/02 R juris Rn. 15; Urt. v. 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris Rn. 19). Nach dem MDD ist Richtwert für die Gesamtbelastungsdosis im Sinne der BK 2108 bei Frauen ein Wert von 17 x 106 Nh. Den für sie geltenden Richtwert erreicht die Klägerin nicht; vielmehr ist ihre Gesamtbelastungsdosis mit 8,9 MNh anzusetzen. Der Senat folgt hier den im Verfahren erstellten Berechnungen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 09.06.2010 für den Zeitraum 1996 bis 2009 (7,4 x 106 Nh) bzw. der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution vom 22.02.2012 für den Zeitraum 1976 bis 1978 und 1995 (1,5 x 106 Nh), gegen die die Klägerin insbesondere im Hinblick auf die angesetzten Arbeitsvorgänge keine Einwände erhoben hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die für die verschiedenen Zeiträume erhobenen Belastungsdosen zusammenzurechnen und der frühere Zeitraum nicht wegen der langen zwischenzeitlichen belastungsfreien Phase außer Acht zu lassen (vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2108, Anm. 2.2.2; Römer in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB VII, Anhang zu K § 9 BK-Nrn. 2108-2110 Rn. 7 mwN). Dies entspricht auch dem Grundgedanken der dem MDD vorausgegangenen Mainz-Dortmunder Gespräche (vgl. Jäger u.a., MDD - Retrospektive Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder, ASUMed 1999, 101, 103: Bestimmung einer Lebensdosis). 35b) Die berufliche Tätigkeit der Klägerin entspricht auch nicht einer "langjährig" belastenden Berufstätigkeit im Sinne der Definition des Merkblatts zur BK 2108. So sah das Merkblatt in seiner ursprünglichen Fassung vom 18.12.1992 (BArbBl. 3/93, S. 50, unter IV) als Anhaltspunkt für eine langjährige Tätigkeit ca. 10 Berufsjahre als untere Grenze der Belastung an. Dies ist auch der jetzigen Fassung der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 01.09.2006 (BArbBl. 10/2006, S. 30, unter IV) trotz erheblicher Überarbeitung unter anderem mit Bezugnahme auf die Berechnung nach kumulativen Dosismodellen unverändert beibehalten worden. Wenngleich die Merkblätter nicht in erster Linie als juristische Arbeitshilfe, sondern als Hilfsmittel für die ärztliche Untersuchung gedacht waren und entsprechend weder rechtlich verbindlich sind noch den neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergeben (vgl. BSG Urt. v. 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris Rn. 20), beziehen sie doch Eckpunkte mit ein, die als Motive für den seinerzeitigen Verordnungsgeber wegweisend waren (vgl. BR-Drs. 773/92; BSG Urt. v. 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris Rn. 20). Sie beruhen darüber hinaus auf konkreten epidemiologischen Studien bei Bauarbeitern und Pflegepersonal, nach denen in der Regel nach mehr als zehnjähriger Expositionsdauer ein Anstieg in der Häufigkeit von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen zu verzeichnen war (vgl. Merkblatt a.a.O.). Besondere Umstände, die erkennen lassen würden, dass bei der Berufstätigkeit der Klägerin, die lediglich für einen Zeitraum von gut fünf Jahren als Altenpflegerin tätig war, besondere Umstände vorlagen, die im Einzelfall (vgl. hierzu auch Merkblatt a.a.O. sowie Jäger ua, ASUMed 1999, 112, 113) eine kürzere Einwirkungszeit ausreichend erscheinen lassen können, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 36c) Die Anerkennung einer BK 2108 scheidet nur dann nicht bereits unmittelbar mangels Vorliegens einer ausreichenden schädigenden Einwirkung aus, wenn man die vom MDD vorgegebenen Orientierungswerte nach der neueren Rechtsprechung des BSG so modifiziert (vgl. hierzu Urt. v. 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R juris Rn. 25; Urt. v. 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R juris Rn. 31; Urt. v. 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R juris Rn. 30), dass eine ausreichende berufliche Belastung nur unterhalb der Hälfte der Gesamtdosis des MDD unmittelbar zu verneinen ist (d.h. unterhalb einer Gesamtbelastungsdosis von 8,5 MNh bei Frauen und unterhalb von 12,5 MNh bei Männern). Diesen untersten Grenzwert (Schwellenwert) überschreitet die Klägerin sehr knapp um 0,4 MNh. Entsprechend ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Anerkennung der BK 2108 nicht - wie bei einem Unterschreiten des Grenzwerts - von vornherein ausgeschlossen, sondern waren (wie erfolgt) einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen vorzunehmen. 37Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin den vom BSG angesetzten Schwellenwert überschreitet, lässt sich allerdings andererseits auch nicht umgekehrt zur Überzeugung des Senats belegen, dass das in der BK geforderte Tatbestandsmerkmal "langjähriges Heben und Tragen" erfüllt wird. 38Hier ist zu beachten, dass die vom BSG vorgenommene Reduzierung des Orientierungswerts des MDD selbst nicht auf gesicherten (neueren) wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Vielmehr führt das BSG lediglich aus, die Ergebnisse der "Deutschen Wirbelsäulenstudie" würden "darauf hindeuten", dass auch unterhalb der Orientierungswerte nach dem MDD ein erhöhtes Risiko für eine bandscheibenbedingte Erkrankung bestehen könne (BSG Urt. v. 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - juris Rn. 21). Entsprechend hat das BSG den von ihm angesetzten Schwellenwert auch nicht unmittelbar der Deutschen Wirbelsäulenstudie entnommen, sondern aufgrund der dortigen Erkenntnisse und Empfehlungen, eine "deutliche" Reduzierung des Orientierungswerts des MDD im Sinne eines "ausreichenden Sicherheitsabschlags" für notwendig erachtet (BSG a.a.O. - juris Rn. 25 f.). Dabei hat es selbst den von ihm gebildeten Grenzwert in Höhe der Hälfte des Orientierungswerts des MDD als "der Begrenztheit richterlicher Erkenntnismöglichkeiten geschuldet" "möglicherweise zu niedrig" angesehen und dies mit der Forderung nach einer Konkretisierung der arbeitstechnischen Voraussetzungen durch den Gesetzgeber verbunden (BSG a.a.O. - juris Rn. 27). Der vom BSG angesetzte Schwellenwert mag eine in der Sache sinnvolle Trennung dazu bieten, ob die Anerkennung einer BK 2108 bereits grundsätzlich abzulehnen oder in eine medizinische Überprüfung des Kausalzusammenhangs einzutreten ist, den das Erreichen der Mindestdosis nicht "automatisch" begründet (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - juris Rn. 32 mwN). Umgekehrt kann das Erreichen eines medizinisch-wissenschaftlich nicht unterlegten Schwellenwertes aber nicht das in der BK formulierte Tatbestandsmerkmal des langjährigen Hebens und Tragens mit dem - wie ausgeführt - hierfür erforderlichen Vollbeweis belegen. Anderenfalls würde die Beweislast - zulasten der Beklagten - von dem klägerseits zu führenden Vollbeweis hinsichtlich der schädigenden Einwirkungen in die Kausalitätsprüfung mit dem Beweismaßstab "nur" hinreichender Wahrscheinlichkeit verlagert. 39Letztlich kann im vorliegenden Fall aber dahinstehen, ob die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, da es an einem Kausalzusammenhang zwischen den schädigenden Einwirkungen und dem Bandscheibenschaden fehlt (hierzu im Folgenden unter 3). 403) Bei der Klägerin liegt nach den anwendbaren Konsensempfehlungen (dazu a) - grenzwertig gerade eben - eine bandscheibenbedingte Erkrankung i. S. d. BK 2108 vor (dazu b). Diese ist aber nicht mit der für die Kausalitätsprüfung hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf die schädigenden Einwirkungen während der Berufstätigkeit zurückzuführen (dazu c). 41a) In der medizinischen Wissenschaft ist anerkannt, dass Bandscheibenschäden und Bandscheibenvorfälle insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen vorkommen. Sie sind von multifaktorieller Ätiologie und kommen ebenso in Berufsgruppen vor, die während ihres Arbeitslebens keiner schweren körperlichen Belastung ausgesetzt waren, wie in solchen, die schwere körperliche Arbeiten geleistet haben. Aus diesem Grund kann allein die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne des MDD und erst recht nicht die knappe Überschreitung des vom BSG angesetzten Schwellenwerts die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines wesentlichen Kausalzusammenhanges begründen (vgl. Merkblatt zu der BK 2108, BArbBl. 2006, S. 30 ff.). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhanges bei der BK 2108 bedarf es weiterer Kriterien für die Beurteilung der beruflichen Verursachung. Diese dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der LWS sind in den sogenannten Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung niedergelegt (vgl. Bolm-Audorff ua, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, Springer Medizin Verlag, S. 211 ff.). Die Konsensempfehlungen stellen den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von Lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen dar (vgl. dazu z. B. LSG Bayern Urt. v. 22.05.2014 - L 18 U 384/10 - juris Rn. 32 mwN; LSG Hessen Urt. v. 07.04.2014 - L 9 U 121/11 - juris Rn. 34; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 20.03.2014 - L 3 U 105/10 - juris Rn. 59; LSG Mecklenburg-Vorpommern Urt. v. 19.03.2014 - L 5 U 45/09 - juris Rn. 49; Urt. v. 29.01.2014 - L 5 U 3/08 - juris Rn. 99; LSG Sachsen Urt. v. 29.01.2014 - L 6 U 111/11 - juris Rn. 52; LSG Sachsen-Anhalt Urt. v. 18.12.2013 - L 6 U 20/07 - juris Rn. 46; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 17.10.2013 - L 10 U 1478/09 - juris Rn. 38; LSG NRW Urt. v. 13.09.2011 - L 15 U 132/09 - juris Rn. 22; vgl. zur Anwendung der Konsensempfehlungen auch BSG Urt. v. 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - juris Rn. 15; Urt. v. 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - juris Rn. 12, 14). Ein neuerer, von den Konsensempfehlungen abweichender Stand der wissenschaftlichen Diskussion, d. h. eine neuere wissenschaftlich geprägte Mehrheitsmeinung (vgl. BSG Urt. v. 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R - juris Rn. 16) zu den bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS ist weder von den Sachverständigen benannt worden noch dem Senat aus anderen Verfahren bekannt. Der Senat geht daher davon aus, dass die Konsensempfehlungen nach wie vor zur Beurteilung von Bandscheibenschäden und deren beruflicher Verursachung anzuwenden sind. 42b) Eine bandscheibenbedingte Erkrankung i. S. d. BK 2108 setzt nach den Konsensempfehlungen den bildgebenden Nachweis eines altersuntypischen Bandscheibenschadens im Sinne einer Höhenminderung (Chondrose) und/oder einem Bandscheibenvorfall einerseits und eine korrelierende klinische Symptomatik andererseits voraus (vgl. Konsensempfehlungen 1.3/ 1.4 - S. 215 f. sowie zur Berechnung der Bandscheibenhöhen Anhang 3 - S. 224 ff.). 43Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. W lagen bei der Klägerin ausweislich am 29.06.2009 erstellter Röntgen- und am 02.03.2009 erstellter Kernspinaufnahmen erstgradige Chondrosen und Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen) in den Segmenten L3/L4 und L4/L5 vor. Der Nachweis eines Bandscheibenvorfalls fand sich - wie dies auch durch den Bericht des Dr. M, Radiologische Gemeinschaftspraxis I, vom 02.03.2009 bestätigt wird - nicht. 44Chondrosen des Grades I sind nach der Übersicht 1 der Konsensempfehlungen (S. 214) nur dann als altersuntypisch anzusehen, wenn diese vor dem 50. Lebensjahr auftreten. Bei Erstellung der bildgebenden Befunde vom 02.03.2009 stand die Klägerin gut einen Monat vor ihrem 50. Geburtstag. Die Chondrosen sind demnach gerade eben als altersuntypisch zu bewerten. Protrusionen sind nach der Übersicht 8 der Konsensempfehlungen (S. 215) lediglich bis zum Alter von 40 Jahren, somit hier nicht, als altersuntypisch anzusehen. 45c) Die bandscheibenbedingte Erkrankung ist - unter Berücksichtigung der Konsensempfehlungen - nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich durch die ausgeübte Berufstätigkeit und die dortigen schädigenden Einwirkungen verursacht worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten unterliegt es dabei der Beurteilungskompetenz des Gerichts, die konkret einschlägige Konstellation der Konsensempfehlungen zu bestimmen, sofern die Anknüpfungstatsachen - wie hier - medizinisch ermittelt sind. Im vorliegenden Fall kann der Senat dahinstehen lassen, ob nach den Konsensempfehlungen 1.4 (S. 216 ff.) eine Konstellation A2 (wie die Beklagte annimmt) oder eine Konstellation D2 bzw. E2 vorliegt (dazu aa). Eine Konstellation B2, wie sie die Klägerin in Übereinstimmung mit dem SG annimmt, ist nicht gegeben. Darüber hinaus wäre der Kausalzusammenhang selbst bei ihrem Vorliegen zur Überzeugung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich (dazu bb). 46aa) Die Konstellation A2 ist dadurch gekennzeichnet, dass eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung vorliegt, es jedoch an einer ausreichenden beruflichen Exposition fehlt. Sofern dies der Fall ist (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2) ist ein Kausalzusammenhang nach den Konsensempfehlungen (S. 217) abzulehnen. 47Die Konstellation D2 erfasst die Fälle, in denen ein Bandscheibenschaden - wie hier - in Form einer Protrusion vorliegt, wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren für die Erkrankung nicht erkennbar sind und eine Begleitspondylose nicht vorliegt. Als Begleitspondylose wird nach den Konsensempfehlungen 1.4 eine Spondylose in/im nicht von Chondrose oder Vorfall betroffenen Segment(en) bzw. in/im von Chondrose oder Vorfall betroffenen Segment(en), die nachgewiesenermaßen vor dem Eintritt der bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne einer Chondrose oder eines Vorfalls aufgetreten ist, definiert. Um eine positive Indizwirkung für eine berufsbedingte Verursachung zu haben, muss die Begleitspondylose über das Altersmaß (s. Punkt 1.2 der Konsensempfehlungen) hinausgehen und mindestens zwei Segmente betreffen. Diese Voraussetzungen liegen nach den medizinischen Ermittlungen sämtlich vor. In diesem Fall ist ein Kausalzusammenhang nach den Konsensempfehlungen (S. 218) nicht wahrscheinlich. Lediglich bei Fortführung der belastenden Tätigkeit sei ggf. eine erneute Begutachtung erforderlich, da im weiteren Verlauf eine berufliche Verursachung noch erkennbar werden könnte. Die Klägerin hat ihre Berufstätigkeit jedoch aufgegeben. 48Die Konstellation E2 erfasst Bandscheibenschäden in der Ausprägung einer Chondrose des Grades I. Unabhängig davon, dass die geringgradige Chondrose der Klägerin, wie ausgeführt, nicht altersuntypisch ist und hier bereits deshalb die Annahme einer beruflichen Verursachung ausscheidet, ist selbst bei altersuntypischer Höhenminderung im Grad I entsprechend den weiteren Voraussetzungen und der Beurteilung wie bei der Konstellation D2 ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich. 49bb) Eine Konstellation B2 (oder wie von Dr. W angenommen B3) liegt zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der im Verfahren beigezogenen medizinischen Befunde und deren Auswertung nicht vor. Mit dem Buchstaben B beginnende Konstellationen erfordern eine Ausprägung des Bandscheibenschadens in Form einer Chondrose Grad II oder höher bzw. eines Bandscheibenvorfalls. Wie bereits ausgeführt haben sowohl die behandelnden Ärzte als auch der Sachverständige Dr. W übereinstimmend "lediglich" Chondrosen Grad I bzw. Bandscheibenprotrusionen festgestellt. Ein Bandscheibenvorfall ist ausdrücklich ausgeschlossen worden. Liegen aber die Grundvoraussetzungen der Konstellation B nicht vor, kommt es auf die Erfüllung der Zusatzkriterien, die die Konstellation B3 von der Konstellation B2 unterscheiden, nicht an. 50Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Belastung der Klägerin und ihrer bandscheibenbedingten Erkrankung aber auch dann nicht hinreichend wahrscheinlich ist, wenn Chondrosen Grad II oder ein Bandscheibenvorfall festgestellt worden wären. Zu berücksichtigen ist hierbei entsprechend der vom Senat geteilten Auffassung des Dr. W, dass die Konstellation B2 einen Grenzfall darstellt, der nur dann zur Bejahung des Kausalzusammenhangs führen kann, wenn die allgemeinen Kriterien der Zusammenhangsbeurteilung klar vorliegen, weil nur in diesem Fall eine ausreichende Trennschärfe gegenüber nicht wesentlich beruflich verursachten Schäden erzielt werden kann. In der Gesamtschau ist eine berufliche Verursachung im konkreten Fall der Klägerin jedoch nicht ausreichend wahrscheinlich. So sind die in den Konsensempfehlungen aufgestellten Grundvoraussetzungen eines altersuntypischen Bandscheibenschadens sowie einer ausreichenden beruflichen Belastung (vgl. Konsensempfehlungen 1.4, S. 216) wie bereits ausgeführt nur zweifelbehaftet (arbeitstechnische Voraussetzungen) bzw. grenzwertig (Bandscheibenschaden) erfüllt. Unterscheidet sich aber das morphologische Schadensbild - wie hier - nur geringfügig von dem Schadensbild, das im Alter des Versicherten häufig auch ohne berufliche Belastungen anzutreffen ist und sind die beruflichen Belastungen in ihrer Ausprägung nur fraglich als geeignete Ursache für eine Bandscheibenschädigung anzusehen, bestehen, wie Dr. W ausführt, auch bei Erfüllung der Zusatzkriterien der Konstellation B2 medizinisch-wissenschaftliche Bedenken, einen Ursachenzusammenhang anzunehmen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Autoren der Konsensempfehlungen bei ihren Überlegungen zu den einzelnen Konstellationen von einer beruflichen Belastung im Sinne der Orientierungswerte des MDD und nicht im Sinne des nur hälftigen Schwellenwerts des BSG ausgegangen sind. Jedenfalls dann, wenn über die Fraglichkeit bzw. Grenzwertigkeit der Grundvoraussetzungen hinaus weitere Faktoren gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen bzw. es an Aspekten fehlt, die diesen belegen, kann ein solcher Zusammenhang nicht als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden. Dies ist hier der Fall. Wesentlich gegen einen Kausalzusammenhang spricht im Fall der Klägerin, dass sich bei ihr das bei beruflicher Belastung regelhaft am stärksten belastete Bewegungssegment L5/S1 als völlig unauffällig dargestellt hat. Auch ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem ersten (geringfügigen) Teil der beruflichen Belastung 1976 bis 1978 und der erneut expositionsrelevanten Tätigkeit 1995 bzw. der Pflegetätigkeit ab 1996 ein Zeitraum von knapp 20 Jahren liegt, innerhalb derer in medizinisch-wissenschaftlicher Sicht eine "Erholungsphase für das Bandscheibengewebe" unterstellt werden kann. Schließlich ist auch der Krankheitsverlauf mit einer Erstmanifestation der Erkrankung zwischen 2004 und 2008 bei der bis dahin anzunehmenden Belastungsdosis kein deutlicher Hinweis für eine berufliche Belastung. Relevante Faktoren, die umgekehrt eine berufliche Verursachung aussagekräftig belegen könnten, finden sich hingegen nicht. 51Soweit die Klägerin geltend macht, eine nur geringe Überschreitung des Grenzwerts könne nicht dazu dienen, eine Kausalität stets als unwahrscheinlicher anzunehmen, weil nicht 100% erreicht würden, so ist dies auch nicht der Fall. Vielmehr ist das Ausmaß der schädigenden Exposition lediglich ein Faktor, der in die Gesamtabwägung aller Befunde und Umstände des Einzelfalls zur Klärung der Frage, ob mehr für oder gegen eine berufliche Verursachung eines aufgetretenen Gesundheitsschadens spricht, mit einfließt. 52Soweit allein der auf Antrag der Klägerin gehörte Sachverständige Dr. P zu einer anderen, für sie günstigen Beurteilung des Kausalzusammenhangs gelangt ist, vermag der Senat dessen Gutachten in keinster Weise zu folgen. Wie durchgängig auch in anderen Verfahren zur BK 2108 erschöpfen sich die Ausführungen des Dr. P in umfangreichen, standardmäßig vorgetragenen generellen Ausführungen sowie in allgemeinen Erläuterungen zu medizinisch-biologischen Prozessen. Einen Bezug zum konkreten Einzelfall weist das Gutachten, wie auch sonst regelmäßig, kaum auf. Sachdienliche Hinweise zur Beurteilung können sich im Übrigen auch schon deshalb nicht finden lassen, weil Dr. P - entgegen der in den Konsensempfehlungen statuierten herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung - unbeirrt daran festhält, bildgebende Befunde könnten grundsätzlich und kategorisch keinen Beitrag bei der Kausalbeurteilung im Einzelfall leisten. Entsprechend ist das Gutachten des Dr. P - wie regelmäßig - in keiner Weise als Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung brauchbar. 53Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 54Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 11.06.2014 aufgehoben und die klage abgewiesen. kosten haben die beteiligten einander in beiden rechtszügen nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die klägerin begehrt die anerkennung einer berufskrankheit (bk) nach nr. 2108 der anlage 1 zur berufskrankheitenverordnung (bkv) nach dem siebten buch sozialgesetzbuch (sgb vii). 3mit schreiben vom 27.05.2009 zeigte die aok westfalen-lippe der beklagten eine bk wegen der diagnose spondylose lumbalbereich und arbeitsunfähigkeit seit 16.12.2008 an und machte einen erstattungsanspruch geltend. der anzeige fügte sie einen auszug aus dem vorerkrankungsverzeichnis, berichte der orthopäden dres. g u.a. (04.05.2009) und des internisten dr. t (17.01.2009 und 17.04.2009) sowie einen von der klägerin am 21.04.2009 ausgefüllten "erhebungsbogen bei erkrankungen der lenden- und/oder halswirbelsäule" an. 4zu ihrer arbeitsvorgeschichte gab die am 00.00.1959 geborene klägerin an, nach der schulentlassung zunächst den friseurberuf erlernt zu haben und anschließend mit unterbrechungen im verkauf, als zeitungsbotin und lagerarbeiterin sowie nach einer umschulung zur altenpflegerin (1996 - 1999) ebenfalls mit unterbrechung bis 2009 in diesem beruf tätig gewesen zu sein. 5die beklagte holte weitere auskünfte der krankenkassen neue bkk und aok zu vorerkrankungen sowie der klägerin und ihrer arbeitgeber zu den beruflichen tätigkeiten ein (amt s [ausbildung 15.04.1996 - 15.04.1999], i s (01.05.1999 - 28.07.2000), altenpflegezentrum e (01.08. - 31.10.2000), pflegezentrum h (01.11.2000 - 31.04.2001), t pflegedienst (01.02.-15.08.2005), privater pflegedienst l (beschäftigung 01.09.2005 - 31.08.2006), diakoniestation s (beschäftigung 01.10.2006 - 30.09.2008), k-haus i (beschäftigung 01.10.2008 - 07.01.2009). in den zwischenzeiten war die klägerin nach ihrer auskunft arbeitsunfähig oder arbeitslos. ebenfalls zog die beklagte medizinische berichte bei (klinikum w, neurochirurgie, vom 09.07.2009 [stat. behandlung: 23.06.2009 - 09.07.2009], vom 22.09.2009 [stat. behandlung: 25.08.2009 - 22.09.2009] und vom 23.11.2009 [stat. behandlung: 16.11.2009 - 23.11.2009], röntgenaufnahmen des ev. kh i, berichte der dres. g u.a. vom 29.12.2009 mit weiteren arztberichten und vom 04.01.2010, arztbrief der neurochirurgischen gemeinschaftspraxis am klinikum w vom 24.11.2009, bericht des dr. t vom 04.01.2010 mit weiteren fremdarztberichten, bericht des orthopäden dr. k vom 11.01.2010, bericht des q-hospitals s vom 25.11.2009, bericht des neurologen und psychiaters dr. i vom 08.03.2010 mit weiteren fremdarztberichten, bericht des neurochirurgen w1 vom 18.03.2010 und entlassungsbrief der n klinik gmbh vom 24.02.2010 (stat. behandlung: 15.02. - 22.02.2010) bzw. arztbrief vom 11.02.2010. 6der präventionsdienst der beklagten ermittelte eine arbeitsplatzexposition nach dem mainz-dortmunder-dosis-modell (mdd) von 7,4 x 106 nh. dies entspreche 44% des für frauen geltenden orientierungswerts von 17 x 106 nh. das dritte zusatzkriterium der konsenskriterien (hohe spitzenbelastungen) sei erfüllt (stellungnahme vom 09.06.2010). 7mit bescheid vom 24.09.2010 lehnte die beklagte die anerkennung einer bk 2108 ab, da eine ausreichende berufliche belastung nach dem mdd nicht gegeben sei. den hiergegen erhobenen widerspruch vom 14.10.2010 wies sie mit widerspruchsbescheid vom 28.01.2011 zurück. 8die klägerin hat am 24.02.2011 klage beim sozialgericht (sg) dortmund, von dort verwiesen an das sg gelsenkirchen, erhoben und die anerkennung einer bk 2108 begehrt. sie hat weitere erhebungsbögen zu ihrer arbeitsbelastung von märz 1976 bis januar 1978 (firma i) und von august bis november 1995 (firma aldi) übersandt. hierzu hat der präventionsdienst der berufsgenossenschaft handel und warendistribution eine (zusätzliche) berufliche gesamtdosis von 1,5 x 106 nh (9% der gesamtdosis) errechnet. 9die klägerin hat die auffassung vertreten, ihre gesamtbelastungsdosis erreiche die vorgaben des bundessozialgerichts (bsg) zur notwendigen beruflichen belastung bei der bk 2108. ein ursachenzusammenhang zwischen ihrer schweren beruflichen tätigkeit und den bandscheibenschäden sei auch wahrscheinlich. dies ergebe sich aus dem im gerichtlichen verfahren eingeholten gutachten des dr. p. soweit demgegenüber der gerichtliche sachverständige dr. w einen zusammenhang ablehne, sehe er fälschlich die konstellation b3 der konsensempfehlungen als gegeben an. tatsächlich liege die konstellation b2 vor, da sie das zusatzkriterium des besonderen gefährdungspotentials durch hohe belastungsspitzen erfülle. 10die klägerin hat beantragt, 11den bescheid der beklagten vom 24.09.2010 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, bei ihr eine berufskrankheit nach nr. 2108 der anlage zur berufskrankheitenverordnung anzuerkennen. 12die beklagte hat beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie hat an ihrer auffassung festgehalten, dass die voraussetzungen für die anerkennung einer bk 2108 nicht vorlägen. sofern der präventionsdienst während des klageverfahrens neben der festgestellten belastung bei der pflegetätigkeit von 7,4 x 106 nh eine weitere dosis von 1,5 x 106 nh (arbeitsbelastung 1976-1978 bzw. 1995) errechnet habe, ändere dies nichts am bisherigen ergebnis. auch das bsg fordere eine medizinische begutachtung bei werten ab 50% nur in "besonders gelagerten fällen". dieser liege hier nicht vor. berücksichtigt werden müsse, dass die belastung von 1,5 x 106 nh bis januar 1978 eingetreten sei und anschließend bis zur altenpflegetätigkeit knapp 20 jahre ein belastungsfreies intervall gelegen habe. zur untermauerung ihrer auffassung, dass kein besonders gelagerter fall vorliege, hat die beklagte ergänzend eine chirurgisch-fachärztliche stellungnahme des prof. dr. f vom 03.08.2012 überreicht. da keine ausreichende berufliche exposition gegeben sei, müsse ihrer auffassung nach von einer konstellation a2 der konsensempfehlungen ausgegangen werden. 15das sg hat beweis erhoben durch einholung eines befundberichts des orthopäden dr. k vom 10.05.2012 mit weiteren fremdarztberichten und anschließend eines orthopädischen gutachtens des dr. w vom 19.03.2013 und ergänzung vom 08.03.2014. der sachverständige hat die auffassung vertreten, dass die beruflichen belastungen mit relativ niedriger gesamtdosis im hinblick darauf, dass ein teil der belastung bereits viele jahre zuvor erfolgt sei, eher gegen als für die wesentlichkeit der beruflichen belastung spreche, ohne diese jedoch sicher auszuschließen. der zeitpunkt der erstmanifestation (wohl zwischen 2004 und 2008) mit einem knappen erreichen der hälfte des richtwerts zu diesem zeitpunkt gebe auch keinen deutlichen hinweis auf die wesentlichkeit der berufstätigkeit. problematisch sei die frage, ob bei der klägerin überhaupt eine bandscheibenbedingte erkrankung im sinne der konsensempfehlungen vorliege. die veränderungen im kernspin 2009 (erstgradige chondrosen und bandscheibenvorwölbungen in den segmenten l 3/ l 4 und l 4/ l 5) seien z. t.eventuell gerade eben als altersunüblich anzusehen. für den zusammenhang spreche, dass das segment l4/5 vorrangig betroffen und die veränderungen belastungskonform an der lws akzentuiert seien. dagegen spreche, dass sie nicht, wie belastungskonform zu erwarten, von kopf- nach fußwärts zunähmen, da das am stärksten belastete segment l5/s1 unauffällig sei. konkurrenzfaktoren gebe es nicht. das schadensbild sei daher am ehesten in die konstellation b3 einzuordnen. es müsse daher zur anerkennung ein zusatzkriterium vorliegen. wenn man hier ein besonderes gefährdungspotential durch belastungsspitzen annähme, sei ein zusammenhang vor dem hintergrund der übrigen tatsachen dennoch nicht zu bejahen. die gesamtbelastung sei gering und die manifestation bereits vor oder knapp nach erreichen der hälfte des richtwerts erfolgt. das schadensbild der klägerin unterscheide sich nur geringfügig von dem schadensbild, das im alter der klägerin häufig auch ohne belastung anzutreffen sei. darüber hinaus handele es sich bei der konstellation b 2 bereits um einen grenzfall, so dass die übrigen kriterien seiner auffassung nach eindeutig erfüllt sein müssten, um eine ausreichende trennschärfe zu nicht beruflichen erkrankungen zu ermöglichen. 16auf antrag der klägerin gem. § 109 sozialgerichtsgesetz (sgg) hat das sg anschließend ein gutachten des orthopäden dr. p vom 16.12.2013 eingeholt. dieser hat seiner beurteilung umfangreiche generelle und grundsätzliche anmerkungen zur bkv, zu medizinisch-biologischen prozessen und den grenzen der differentialdiagnostik sowie zum thema bandscheibenbedingte erkrankungen vorangestellt. insbesondere hat er ausgeführt, dass der verordnungsgeber nicht definiert und gefordert habe, dass für die medizinische bejahung der frage der "haftungsausfüllenden kausalität" einer bk 2108 eine spezifische befundkonstellation in der bildgebenden diagnostik erforderlich sei. im zusammenhang mit der bk 2108 habe sich eine absurde und dem ziel und zweck der bkv diametral zuwider laufende, scheinbar medizinische diskussion entwickelt. durch epidemiologische untersuchungen sei bekannt, dass personen, deren berufliche belastungen die kriterien der bk 2108 erfüllten, im statistischen durchschnitt - aber eben nur da - häufiger polysegmentale radiologische veränderungen zeigten. diese gruppenerkenntnisse verlangten aber den hinweis, dass sich bandscheibenbedingte erkrankungen nicht mittels der bildgebenden diagnostik, sondern nur durch subtile befragung und sorgfältige untersuchung sowie den ausschluss alternativer krankheiten sichern ließen. soweit prof. dr. f und dr. w sich der bildgebung widmeten, mache dies keinen sinn, weil es keine bildgebende darstellungsmöglichkeit der wirbelsäule gebe, die den absolut vordergründigen krankheitsteil, d.h. die sozialmedizinisch relevanten schmerzen erahnen ließen. die bildgebenden befunde könnten grundsätzlich und kategorisch bei einer einzelfallentscheidung nicht den geringsten beitrag leisten. da der verordnungsgeber im rahmen der "haftungsausfüllenden kausalität" ein spezifisches oder besonderes erkrankungsbild nicht gefordert habe, stünden alle formen einer bandscheibenbedingten erkrankung unter dem schutz der bkv, wenn die weiteren voraussetzungen erfüllt seien. unstreitig sei, dass die klägerin unter einer gravierenden ausprägung einer bandscheibenbedingten erkrankung der lws leide und 2 operationen nicht den gewünschten erfolg gebracht hätten. ob die haftungsbegründenden kriterien erfüllt seien, müsse das gericht entscheiden. soweit das gericht frage, ob die bandscheibenerkrankung an der lws nach den konsensempfehlungen mit hinreichender wahrscheinlichkeit wesentlich auf die berufstätigkeit zurückzuführen sei, lasse sich diese frage mit medizinischen befunden nicht beantworten. wenn das gericht die haftungsbegründenden voraussetzungen für gegeben halte, sei die mde mit 50 v. h. zu bewerten. 17das sg hat der klage mit urteil vom 11.06.2014 stattgegeben und die beklagte zur anerkennung einer bk 2108 verurteilt. zusammengefasst hat es sich auf das gutachten des dr. w gestützt, nur dessen schlussfolgerung nicht geteilt. zur überzeugung des gerichts bestehe eine konstellation b2 nach den konsensempfehlungen. soweit dr. w keines der zusatzkriterien dieser konstellation angenommen habe, gehe er von unrichtigen voraussetzungen aus, da die präventionsabteilung eine spitzenbelastung bejaht habe. dies entspreche bei altenpflegern auch der rechtsprechung. die auffassung des dr. w, auch bei unterstellung eines zusatzkriteriums sei ein zusammenhang nicht wahrscheinlich, vermöge die kammer nicht zu überzeugen. ein zusammenhang sei auch bei nur grenzwertigen veränderungen wahrscheinlich. hier werde eine unterscheidung in den konsensempfehlungen nicht vorgenommen. die exposition sei ausreichend, wenn sie sich wie hier aus mehreren abschnitten zusammensetze. eine konstellation a, wie von der beklagten angenommen, liege damit nicht vor. 18gegen das ihr am 02.07.2014 zugestellte urteil hat die beklagte am 10.07.2014 berufung eingelegt. das gutachten des dr. p sei ohne jeden bezug zu den konsensempfehlungen und sonstigen relevanten beurteilungsgrundlagen (mdd und entsprechende rechtsprechung) ergangen und daher keine geeignete beurteilungsgrundlage. das sg habe fälschlich eine eigene medizinische bewertung eingebracht, indem es entgegen prof. dr. f und dr. w den belastungsfreien zeitraum zwischen 1978 und 1996 als unerheblich sowohl bei der erfüllung der arbeitstechnischen voraussetzungen als auch bei der kausalbewertung angesehen habe. darüber hinaus habe es bereits die geringe überschreitung des vom bsg gesetzten grenzwerts von 50% des mdd als vermeintlich ausreichend angesehen, um eine verursachungswahrscheinlichkeit ableiten zu können. das bsg selbst habe hingegen gesagt, dass orientierungswerte keine unverbindliche größe seien, die beliebig unterschritten werden könnten. welches maß an belastender einwirkung mindestens erforderlich sei, um eine bk - ggf. unter einbeziehung weiterer kriterien - anzuerkennen oder auszuschließen, müsse unter zuhilfenahme (u.a.) medizinischer sachkunde nach aktuellen wissenschaftlichen erkenntnissen entschieden werden. das bsg räume dabei auch ein, dass der von ihm herangezogene grenzwert von 50% des orientierungswerts für den ausschluss einer bk möglicherweise zu niedrig sei. im konkreten fall lasse sich nach auffassung von prof. dr. f und dr. w bei gesamtwürdigung aller einzelumstände keine verursachungswahrscheinlichkeit begründen. 19die beklagte beantragt, 20das urteil des sozialgerichts gelsenkirchen vom 11.06.2014 aufzuheben und die klage abzuweisen. 21die klägerin beantragt, 22die berufung zurückweisen, hilfsweise die revision zuzulassen. 23sie hält das angefochtene urteil für zutreffend. ihrer auffassung nach ermittele das mdd gerade die lebensarbeitszeitdosis. einzelne werte könnten daher nicht herausgerechnet werden. ebenfalls könne eine nur geringe überschreitung des grenzwerts (hier 53% des orientierungswerts) nicht dazu dienen, eine kausalität stets als unwahrscheinlicher anzunehmen, weil nicht 100% erreicht würde. mit einer solchen argumentation würde die beklagte quasi die grenzwerte heraufsetzen. das sg habe auch keine eigene medizinische wertung vorgenommen, sondern lediglich die konsensempfehlungen angewendet und hierbei zurecht die konstellation b2 angenommen, die eben belastungsspitzen berücksichtige. 24wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der verwaltungsakten der beklagten verwiesen. dieser ist gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 25
26die zulässige berufung ist begründet. 27das sozialgericht hat die beklagte zu unrecht zur anerkennung einer bk 2108 verurteilt. entgegen seiner auffassung ist die klage nicht begründet und daher abzuweisen. der angefochtene bescheid vom 24.09.2010 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 28.01.2011 (§ 95 sgg ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (§ 54 abs. 2 s. 1 sgg)). ein anspruch der klägerin auf anerkennung einer bk 2108 besteht nicht. 28rechtsgrundlage für die anerkennung der begehrten bk ist § 9 abs. 1 s. 1 sgb vii i.v.m. nr. 2108 der anlage 1 zur bkv. bken sind gem. § 9 abs. 1 sgb vii nur diejenigen krankheiten, welche die bundesregierung durch rechtsverordnung mit zustimmung des bundesrates als bken bezeichnet (listen-bk) und die versicherte infolge einer den versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 sgb vii begründenden tätigkeit erleiden. in der anlage 1 zur bkv vom 31.10.1997 (bgb i, s. 2623), die sich insoweit nicht mehr geändert hat, ist die bk 2108 als "bandscheibenbedingte erkrankungen der lendenwirbelsäule durch langjähriges heben oder tragen schwerer lasten oder durch langjährige tätigkeiten in extremer rumpfbeugehaltung, die zur unterlassung aller tätigkeiten gezwungen haben, die für die entstehung, die verschlimmerung oder das wiederaufleben der krankheiten ursächlich waren oder sein können" bezeichnet. 29die anerkennung einer bk 2108 setzt demnach voraus, dass der versicherte auf grund von verrichtungen bei einer versicherten tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer rumpfbeugehaltung gearbeitet hat und hierdurch eine bandscheibenbedingte erkrankung der lws entstanden ist und noch besteht. nach ständiger rechtsprechung des bsg ist ein ursachenzusammenhang zwischen der versicherten tätigkeit und den verrichtungen (sachlicher zusammenhang), diesen verrichtungen und den schädigenden einwirkungen (einwirkungskausalität) und den einwirkungen und der erkrankung (haftungsbegründende kausalität) erforderlich. schließlich muss der versicherte gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden tätigkeiten aufzugeben und die aufgabe der gefährdenden tätigkeit als folge des zwangs auch tatsächlich erfolgt sein. fehlt eine dieser voraussetzungen, liegt eine bk 2108 nicht vor (vgl. bsg urt. v. 18.11.2008 - b 2 u 14/07 r - juris rn. 23; urt. v. 30.10.2007 - b 2 u 4/06 r - juris rn. 16 f.). dass die berufsbedingte erkrankung ggf. den leistungsfall auslösende folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende kausalität), ist hingegen keine voraussetzung für die anerkennung der bk, sondern lediglich für einen etwaigen, auf dieser bk beruhenden leistungsanspruch (vgl. hierzu bsg urt. v. 04.07.2013 - b 2 u 11/12 r - juris rn. 12). 30in beweisrechtlicher hinsicht müssen die tatbestandsmerkmale "versicherte tätigkeit", "verrichtung", "einwirkungen" und "krankheit" im sinne des vollbeweises, also mit an gewissheit grenzender wahrscheinlichkeit, vorliegen. hingegen genügt für die nach der theorie der wesentlichen bedingung zu beurteilenden ursachenzusammenhänge die hinreichende wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße möglichkeit (vgl. z.b. bsg urt. v. 04.07.2013 - b 2 u 11/12 r - juris rn. 12; urt. v. 27.06.2006 - b 2 u 20/04 r - juris rn. 15; urt. v. 09.05.2006 - b 2 u 1/05 r - juris rn. 20). um eine hinreichende wahrscheinlichkeit des ursächlichen zusammenhanges zu bejahen, muss sich unter würdigung des beweisergebnisses ein solcher grad von wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste zweifel hinsichtlich einer anderen möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen zusammenhang spricht (vgl. z.b. bsg urt. v. 12.09.2012 - b 3 kr 10/12 r - juris rn. 47 mwn; urt. v. 09.05.2006 - b 2 u 1/05 r - juris rn. 20 mwn; beschl. v. 08.08.2001 - b 9 v 23/01 r - juris rn. 4 mwn). 31vorliegend ist die klägerin bei ihrer - versicherten - beruflichen tätigkeit schädigenden einwirkungen ausgesetzt gewesen (dazu 1). ob diese einwirkungen in einem ausmaß vorliegen, das die bedingungen der bk 2108 erfüllt, hält der senat für zweifelhaft (dazu 2). dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da eine bk 2108 auch dann nicht anzuerkennen ist, wenn man hiervon ausgeht. zwar ist - wenngleich nur sehr grenzwertig - eine bandscheibenbedingte erkrankung bei der klägerin anzunehmen, jedoch fehlt es an einem hinreichend wahrscheinlichen ursachenzusammenhang zwischen den schädigenden einwirkungen und dieser erkrankung (dazu 3). 321) die klägerin ist bei ihrer beruflichen tätigkeit schädigenden einwirkungen im sinne der bk 2108 ausgesetzt gewesen. nach dem aktenkundigen sachstand hat sie bei der firma i (03/1976 bis 01/1978) lagerarbeiten ausgeführt und dabei konservenpaletten mit gewichten von 10 bis 20 kg gehoben und getragen sowie schweine- und rindfleisch mit gewichten von 50 kg zu zweit umgesetzt. bei der firma aldi (07.08.1995 bis 06.11.1995) hat sie zigarettenstangen in einer box mit gewichten von 5 kg bzw. lose tabakwaren mit gewichten von 3 kg gehoben und getragen. in besonderem maß sind relevante hebe- und tragetätigkeiten im rahmen der tätigkeit als altenpflegerin in verschiedenen pflegeeinrichtungen angefallen (15.04.1996 bis 15.04.1999, 01.05.1999 bis 28.07.2000, 01.08. bis 31.10.2000, 01.11.2000 bis 31.01.2001, 01.05. bis 30.11.2001, 01.02. bis 15.08.2005, 01.09.2005 bis 31.08.2006, 01.10.2006 bis 30.09.2008, 01.10.2008 bis 07.01.2009). bei sämtlichen tätigkeiten war die klägerin als beschäftigte gem. § 2 abs. 1 nr. 1 sgb vii in der gesetzlichen unfallversicherung versichert. die hebe- und tragevorgänge standen in sachlichem zusammenhang mit der jeweiligen tätigkeit. 332) ob die genannten schädigenden einwirkungen den tatbestandlichen voraussetzungen der bk 2108 entsprechen, sieht der senat als zweifelhaft an. die beruflichen einwirkungen bei der klägerin erreichen die orientierungswerte des mdd nicht (dazu a). sie entsprechen auch nicht einer "langjährigen" belastung im sinne des merkblatts der bk 2108 (dazu b). sofern sie die vom bsg in modifizierung des mdd angenommenen gesamtbelastungsrichtwerte - lediglich knapp - überschreiten, kann dies allein das tatbestandsmerkmal nicht belegen (dazu c). 34a) die im text der bk 2108 verwendeten unbestimmten rechtsbegriffe "langjähriges heben und tragen schwerer lasten" sowie "langjährige" tätigkeiten "in extremer rumpfbeugehaltung" stellen nur ungenau umschriebene einwirkungen dar und sind auslegungsbedürftig (vgl. bsg urt. v. 18.03.2003 - b 2 u 13/02 r - juris rn. 17 auch zur diesbezüglichen verfassungsmäßigkeit). als geeignete grundlage zur konkretisierung der sog. "arbeitstechnischen voraussetzungen" der bk ist das mdd heranzuziehen, das zur überzeugung des senats jedenfalls derzeit (noch) den aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen kenntnisstand über die verursachung von bandscheibenbedingten erkrankungen der lendenwirbelsäule (lws) durch äußere einwirkungen wiedergibt (vgl. auch bsg urt. v. 18.11.2008 - b 2 u 14/07 r - juris rn. 25, 28 und b 2 u 14/08 r - juris rn. 25; urt. v. 30.10.2007 - b 2 u 4/06 r - juris rn. 22; urt. v. 19.08.2003, b 2 u 1/02 r juris rn. 15; urt. v. 18.03.2003 - b 2 u 13/02 r - juris rn. 19). nach dem mdd ist richtwert für die gesamtbelastungsdosis im sinne der bk 2108 bei frauen ein wert von 17 x 106 nh. den für sie geltenden richtwert erreicht die klägerin nicht; vielmehr ist ihre gesamtbelastungsdosis mit 8,9 mnh anzusetzen. der senat folgt hier den im verfahren erstellten berechnungen des präventionsdienstes der beklagten vom 09.06.2010 für den zeitraum 1996 bis 2009 (7,4 x 106 nh) bzw. der berufsgenossenschaft handel und warendistribution vom 22.02.2012 für den zeitraum 1976 bis 1978 und 1995 (1,5 x 106 nh), gegen die die klägerin insbesondere im hinblick auf die angesetzten arbeitsvorgänge keine einwände erhoben hat. entgegen der auffassung der beklagten sind die für die verschiedenen zeiträume erhobenen belastungsdosen zusammenzurechnen und der frühere zeitraum nicht wegen der langen zwischenzeitlichen belastungsfreien phase außer acht zu lassen (vgl. auch mehrtens/brandenburg, die berufskrankheitenverordnung, m 2108, anm. 2.2.2; römer in hauck/noftz, sozialgesetzbuch sgb vii, anhang zu k § 9 bk-nrn. 2108-2110 rn. 7 mwn). dies entspricht auch dem grundgedanken der dem mdd vorausgegangenen mainz-dortmunder gespräche (vgl. jäger u.a., mdd - retrospektive belastungsermittlung für risikobehaftete tätigkeitsfelder, asumed 1999, 101, 103: bestimmung einer lebensdosis). 35b) die berufliche tätigkeit der klägerin entspricht auch nicht einer "langjährig" belastenden berufstätigkeit im sinne der definition des merkblatts zur bk 2108. so sah das merkblatt in seiner ursprünglichen fassung vom 18.12.1992 (barbbl. 3/93, s. 50, unter iv) als anhaltspunkt für eine langjährige tätigkeit ca. 10 berufsjahre als untere grenze der belastung an. dies ist auch der jetzigen fassung der bekanntmachung des bundesministeriums für arbeit und soziales vom 01.09.2006 (barbbl. 10/2006, s. 30, unter iv) trotz erheblicher überarbeitung unter anderem mit bezugnahme auf die berechnung nach kumulativen dosismodellen unverändert beibehalten worden. wenngleich die merkblätter nicht in erster linie als juristische arbeitshilfe, sondern als hilfsmittel für die ärztliche untersuchung gedacht waren und entsprechend weder rechtlich verbindlich sind noch den neuesten medizinisch-wissenschaftlichen erkenntnisstand wiedergeben (vgl. bsg urt. v. 18.03.2003 - b 2 u 13/02 r - juris rn. 20), beziehen sie doch eckpunkte mit ein, die als motive für den seinerzeitigen verordnungsgeber wegweisend waren (vgl. br-drs. 773/92; bsg urt. v. 18.03.2003 - b 2 u 13/02 r - juris rn. 20). sie beruhen darüber hinaus auf konkreten epidemiologischen studien bei bauarbeitern und pflegepersonal, nach denen in der regel nach mehr als zehnjähriger expositionsdauer ein anstieg in der häufigkeit von degenerativen wirbelsäulenerkrankungen zu verzeichnen war (vgl. merkblatt a.a.o.). besondere umstände, die erkennen lassen würden, dass bei der berufstätigkeit der klägerin, die lediglich für einen zeitraum von gut fünf jahren als altenpflegerin tätig war, besondere umstände vorlagen, die im einzelfall (vgl. hierzu auch merkblatt a.a.o. sowie jäger ua, asumed 1999, 112, 113) eine kürzere einwirkungszeit ausreichend erscheinen lassen können, sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 36c) die anerkennung einer bk 2108 scheidet nur dann nicht bereits unmittelbar mangels vorliegens einer ausreichenden schädigenden einwirkung aus, wenn man die vom mdd vorgegebenen orientierungswerte nach der neueren rechtsprechung des bsg so modifiziert (vgl. hierzu urt. v. 30.10.2007 - b 2 u 4/06 r juris rn. 25; urt. v. 18.11.2008 - b 2 u 14/07 r juris rn. 31; urt. v. 18.11.2008 - b 2 u 14/08 r juris rn. 30), dass eine ausreichende berufliche belastung nur unterhalb der hälfte der gesamtdosis des mdd unmittelbar zu verneinen ist (d.h. unterhalb einer gesamtbelastungsdosis von 8,5 mnh bei frauen und unterhalb von 12,5 mnh bei männern). diesen untersten grenzwert (schwellenwert) überschreitet die klägerin sehr knapp um 0,4 mnh. entsprechend ist nach der rechtsprechung des bsg eine anerkennung der bk 2108 nicht - wie bei einem unterschreiten des grenzwerts - von vornherein ausgeschlossen, sondern waren (wie erfolgt) einzelfallbezogene medizinische ermittlungen vorzunehmen. 37allein aus der tatsache, dass die klägerin den vom bsg angesetzten schwellenwert überschreitet, lässt sich allerdings andererseits auch nicht umgekehrt zur überzeugung des senats belegen, dass das in der bk geforderte tatbestandsmerkmal "langjähriges heben und tragen" erfüllt wird. 38hier ist zu beachten, dass die vom bsg vorgenommene reduzierung des orientierungswerts des mdd selbst nicht auf gesicherten (neueren) wissenschaftlichen erkenntnissen beruht. vielmehr führt das bsg lediglich aus, die ergebnisse der "deutschen wirbelsäulenstudie" würden "darauf hindeuten", dass auch unterhalb der orientierungswerte nach dem mdd ein erhöhtes risiko für eine bandscheibenbedingte erkrankung bestehen könne (bsg urt. v. 30.10.2007 - b 2 u 4/06 r - juris rn. 21). entsprechend hat das bsg den von ihm angesetzten schwellenwert auch nicht unmittelbar der deutschen wirbelsäulenstudie entnommen, sondern aufgrund der dortigen erkenntnisse und empfehlungen, eine "deutliche" reduzierung des orientierungswerts des mdd im sinne eines "ausreichenden sicherheitsabschlags" für notwendig erachtet (bsg a.a.o. - juris rn. 25 f.). dabei hat es selbst den von ihm gebildeten grenzwert in höhe der hälfte des orientierungswerts des mdd als "der begrenztheit richterlicher erkenntnismöglichkeiten geschuldet" "möglicherweise zu niedrig" angesehen und dies mit der forderung nach einer konkretisierung der arbeitstechnischen voraussetzungen durch den gesetzgeber verbunden (bsg a.a.o. - juris rn. 27). der vom bsg angesetzte schwellenwert mag eine in der sache sinnvolle trennung dazu bieten, ob die anerkennung einer bk 2108 bereits grundsätzlich abzulehnen oder in eine medizinische überprüfung des kausalzusammenhangs einzutreten ist, den das erreichen der mindestdosis nicht "automatisch" begründet (vgl. bsg urt. v. 18.11.2008 - b 2 u 14/07 r - juris rn. 32 mwn). umgekehrt kann das erreichen eines medizinisch-wissenschaftlich nicht unterlegten schwellenwertes aber nicht das in der bk formulierte tatbestandsmerkmal des langjährigen hebens und tragens mit dem - wie ausgeführt - hierfür erforderlichen vollbeweis belegen. anderenfalls würde die beweislast - zulasten der beklagten - von dem klägerseits zu führenden vollbeweis hinsichtlich der schädigenden einwirkungen in die kausalitätsprüfung mit dem beweismaßstab "nur" hinreichender wahrscheinlichkeit verlagert. 39letztlich kann im vorliegenden fall aber dahinstehen, ob die sog. arbeitstechnischen voraussetzungen gegeben sind, da es an einem kausalzusammenhang zwischen den schädigenden einwirkungen und dem bandscheibenschaden fehlt (hierzu im folgenden unter 3). 403) bei der klägerin liegt nach den anwendbaren konsensempfehlungen (dazu a) - grenzwertig gerade eben - eine bandscheibenbedingte erkrankung i. s. d. bk 2108 vor (dazu b). diese ist aber nicht mit der für die kausalitätsprüfung hinreichenden wahrscheinlichkeit auf die schädigenden einwirkungen während der berufstätigkeit zurückzuführen (dazu c). 41a) in der medizinischen wissenschaft ist anerkannt, dass bandscheibenschäden und bandscheibenvorfälle insbesondere der unteren lws in allen altersgruppen, sozialen schichten und berufsgruppen vorkommen. sie sind von multifaktorieller ätiologie und kommen ebenso in berufsgruppen vor, die während ihres arbeitslebens keiner schweren körperlichen belastung ausgesetzt waren, wie in solchen, die schwere körperliche arbeiten geleistet haben. aus diesem grund kann allein die erfüllung der arbeitstechnischen voraussetzungen im sinne des mdd und erst recht nicht die knappe überschreitung des vom bsg angesetzten schwellenwerts die hinreichende wahrscheinlichkeit eines wesentlichen kausalzusammenhanges begründen (vgl. merkblatt zu der bk 2108, barbbl. 2006, s. 30 ff.). im hinblick auf die schwierigkeiten der beurteilung des ursachenzusammenhanges bei der bk 2108 bedarf es weiterer kriterien für die beurteilung der beruflichen verursachung. diese dem aktuellen stand der medizinischen wissenschaft entsprechenden beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten berufskrankheiten der lws sind in den sogenannten konsensempfehlungen zur zusammenhangsbegutachtung niedergelegt (vgl. bolm-audorff ua, medizinische beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten berufskrankheiten der lendenwirbelsäule, trauma und berufskrankheit heft 3/2005, springer medizin verlag, s. 211 ff.). die konsensempfehlungen stellen den aktuellen stand der nationalen und internationalen diskussion zur verursachung von lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche belastungen dar (vgl. dazu z. b. lsg bayern urt. v. 22.05.2014 - l 18 u 384/10 - juris rn. 32 mwn; lsg hessen urt. v. 07.04.2014 - l 9 u 121/11 - juris rn. 34; lsg berlin-brandenburg urt. v. 20.03.2014 - l 3 u 105/10 - juris rn. 59; lsg mecklenburg-vorpommern urt. v. 19.03.2014 - l 5 u 45/09 - juris rn. 49; urt. v. 29.01.2014 - l 5 u 3/08 - juris rn. 99; lsg sachsen urt. v. 29.01.2014 - l 6 u 111/11 - juris rn. 52; lsg sachsen-anhalt urt. v. 18.12.2013 - l 6 u 20/07 - juris rn. 46; lsg baden-württemberg urt. v. 17.10.2013 - l 10 u 1478/09 - juris rn. 38; lsg nrw urt. v. 13.09.2011 - l 15 u 132/09 - juris rn. 22; vgl. zur anwendung der konsensempfehlungen auch bsg urt. v. 27.10.2009 - b 2 u 16/08 r - juris rn. 15; urt. v. 27.06.2006 - b 2 u 13/05 r - juris rn. 12, 14). ein neuerer, von den konsensempfehlungen abweichender stand der wissenschaftlichen diskussion, d. h. eine neuere wissenschaftlich geprägte mehrheitsmeinung (vgl. bsg urt. v. 27.06.2006 - b 2 u 13/05 r - juris rn. 16) zu den bandscheibenbedingten erkrankungen der lws ist weder von den sachverständigen benannt worden noch dem senat aus anderen verfahren bekannt. der senat geht daher davon aus, dass die konsensempfehlungen nach wie vor zur beurteilung von bandscheibenschäden und deren beruflicher verursachung anzuwenden sind. 42b) eine bandscheibenbedingte erkrankung i. s. d. bk 2108 setzt nach den konsensempfehlungen den bildgebenden nachweis eines altersuntypischen bandscheibenschadens im sinne einer höhenminderung (chondrose) und/oder einem bandscheibenvorfall einerseits und eine korrelierende klinische symptomatik andererseits voraus (vgl. konsensempfehlungen 1.3/ 1.4 - s. 215 f. sowie zur berechnung der bandscheibenhöhen anhang 3 - s. 224 ff.). 43nach den ausführungen des sachverständigen dr. w lagen bei der klägerin ausweislich am 29.06.2009 erstellter röntgen- und am 02.03.2009 erstellter kernspinaufnahmen erstgradige chondrosen und bandscheibenvorwölbungen (protrusionen) in den segmenten l3/l4 und l4/l5 vor. der nachweis eines bandscheibenvorfalls fand sich - wie dies auch durch den bericht des dr. m, radiologische gemeinschaftspraxis i, vom 02.03.2009 bestätigt wird - nicht. 44chondrosen des grades i sind nach der übersicht 1 der konsensempfehlungen (s. 214) nur dann als altersuntypisch anzusehen, wenn diese vor dem 50. lebensjahr auftreten. bei erstellung der bildgebenden befunde vom 02.03.2009 stand die klägerin gut einen monat vor ihrem 50. geburtstag. die chondrosen sind demnach gerade eben als altersuntypisch zu bewerten. protrusionen sind nach der übersicht 8 der konsensempfehlungen (s. 215) lediglich bis zum alter von 40 jahren, somit hier nicht, als altersuntypisch anzusehen. 45c) die bandscheibenbedingte erkrankung ist - unter berücksichtigung der konsensempfehlungen - nicht mit hinreichender wahrscheinlichkeit ursächlich durch die ausgeübte berufstätigkeit und die dortigen schädigenden einwirkungen verursacht worden. entgegen der auffassung der beklagten unterliegt es dabei der beurteilungskompetenz des gerichts, die konkret einschlägige konstellation der konsensempfehlungen zu bestimmen, sofern die anknüpfungstatsachen - wie hier - medizinisch ermittelt sind. im vorliegenden fall kann der senat dahinstehen lassen, ob nach den konsensempfehlungen 1.4 (s. 216 ff.) eine konstellation a2 (wie die beklagte annimmt) oder eine konstellation d2 bzw. e2 vorliegt (dazu aa). eine konstellation b2, wie sie die klägerin in übereinstimmung mit dem sg annimmt, ist nicht gegeben. darüber hinaus wäre der kausalzusammenhang selbst bei ihrem vorliegen zur überzeugung des senats nicht hinreichend wahrscheinlich (dazu bb). 46aa) die konstellation a2 ist dadurch gekennzeichnet, dass eine gesicherte bandscheibenbedingte erkrankung vorliegt, es jedoch an einer ausreichenden beruflichen exposition fehlt. sofern dies der fall ist (vgl. hierzu die ausführungen unter 2) ist ein kausalzusammenhang nach den konsensempfehlungen (s. 217) abzulehnen. 47die konstellation d2 erfasst die fälle, in denen ein bandscheibenschaden - wie hier - in form einer protrusion vorliegt, wesentliche konkurrierende ursachenfaktoren für die erkrankung nicht erkennbar sind und eine begleitspondylose nicht vorliegt. als begleitspondylose wird nach den konsensempfehlungen 1.4 eine spondylose in/im nicht von chondrose oder vorfall betroffenen segment(en) bzw. in/im von chondrose oder vorfall betroffenen segment(en), die nachgewiesenermaßen vor dem eintritt der bandscheibenbedingten erkrankung im sinne einer chondrose oder eines vorfalls aufgetreten ist, definiert. um eine positive indizwirkung für eine berufsbedingte verursachung zu haben, muss die begleitspondylose über das altersmaß (s. punkt 1.2 der konsensempfehlungen) hinausgehen und mindestens zwei segmente betreffen. diese voraussetzungen liegen nach den medizinischen ermittlungen sämtlich vor. in diesem fall ist ein kausalzusammenhang nach den konsensempfehlungen (s. 218) nicht wahrscheinlich. lediglich bei fortführung der belastenden tätigkeit sei ggf. eine erneute begutachtung erforderlich, da im weiteren verlauf eine berufliche verursachung noch erkennbar werden könnte. die klägerin hat ihre berufstätigkeit jedoch aufgegeben. 48die konstellation e2 erfasst bandscheibenschäden in der ausprägung einer chondrose des grades i. unabhängig davon, dass die geringgradige chondrose der klägerin, wie ausgeführt, nicht altersuntypisch ist und hier bereits deshalb die annahme einer beruflichen verursachung ausscheidet, ist selbst bei altersuntypischer höhenminderung im grad i entsprechend den weiteren voraussetzungen und der beurteilung wie bei der konstellation d2 ein zusammenhang nicht wahrscheinlich. 49bb) eine konstellation b2 (oder wie von dr. w angenommen b3) liegt zur überzeugung des senats unter berücksichtigung der im verfahren beigezogenen medizinischen befunde und deren auswertung nicht vor. mit dem buchstaben b beginnende konstellationen erfordern eine ausprägung des bandscheibenschadens in form einer chondrose grad ii oder höher bzw. eines bandscheibenvorfalls. wie bereits ausgeführt haben sowohl die behandelnden ärzte als auch der sachverständige dr. w übereinstimmend "lediglich" chondrosen grad i bzw. bandscheibenprotrusionen festgestellt. ein bandscheibenvorfall ist ausdrücklich ausgeschlossen worden. liegen aber die grundvoraussetzungen der konstellation b nicht vor, kommt es auf die erfüllung der zusatzkriterien, die die konstellation b3 von der konstellation b2 unterscheiden, nicht an. 50ergänzend weist der senat darauf hin, dass ein ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen belastung der klägerin und ihrer bandscheibenbedingten erkrankung aber auch dann nicht hinreichend wahrscheinlich ist, wenn chondrosen grad ii oder ein bandscheibenvorfall festgestellt worden wären. zu berücksichtigen ist hierbei entsprechend der vom senat geteilten auffassung des dr. w, dass die konstellation b2 einen grenzfall darstellt, der nur dann zur bejahung des kausalzusammenhangs führen kann, wenn die allgemeinen kriterien der zusammenhangsbeurteilung klar vorliegen, weil nur in diesem fall eine ausreichende trennschärfe gegenüber nicht wesentlich beruflich verursachten schäden erzielt werden kann. in der gesamtschau ist eine berufliche verursachung im konkreten fall der klägerin jedoch nicht ausreichend wahrscheinlich. so sind die in den konsensempfehlungen aufgestellten grundvoraussetzungen eines altersuntypischen bandscheibenschadens sowie einer ausreichenden beruflichen belastung (vgl. konsensempfehlungen 1.4, s. 216) wie bereits ausgeführt nur zweifelbehaftet (arbeitstechnische voraussetzungen) bzw. grenzwertig (bandscheibenschaden) erfüllt. unterscheidet sich aber das morphologische schadensbild - wie hier - nur geringfügig von dem schadensbild, das im alter des versicherten häufig auch ohne berufliche belastungen anzutreffen ist und sind die beruflichen belastungen in ihrer ausprägung nur fraglich als geeignete ursache für eine bandscheibenschädigung anzusehen, bestehen, wie dr. w ausführt, auch bei erfüllung der zusatzkriterien der konstellation b2 medizinisch-wissenschaftliche bedenken, einen ursachenzusammenhang anzunehmen. dies gilt insbesondere vor dem hintergrund, dass die autoren der konsensempfehlungen bei ihren überlegungen zu den einzelnen konstellationen von einer beruflichen belastung im sinne der orientierungswerte des mdd und nicht im sinne des nur hälftigen schwellenwerts des bsg ausgegangen sind. jedenfalls dann, wenn über die fraglichkeit bzw. grenzwertigkeit der grundvoraussetzungen hinaus weitere faktoren gegen einen ursachenzusammenhang sprechen bzw. es an aspekten fehlt, die diesen belegen, kann ein solcher zusammenhang nicht als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden. dies ist hier der fall. wesentlich gegen einen kausalzusammenhang spricht im fall der klägerin, dass sich bei ihr das bei beruflicher belastung regelhaft am stärksten belastete bewegungssegment l5/s1 als völlig unauffällig dargestellt hat. auch ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem ersten (geringfügigen) teil der beruflichen belastung 1976 bis 1978 und der erneut expositionsrelevanten tätigkeit 1995 bzw. der pflegetätigkeit ab 1996 ein zeitraum von knapp 20 jahren liegt, innerhalb derer in medizinisch-wissenschaftlicher sicht eine "erholungsphase für das bandscheibengewebe" unterstellt werden kann. schließlich ist auch der krankheitsverlauf mit einer erstmanifestation der erkrankung zwischen 2004 und 2008 bei der bis dahin anzunehmenden belastungsdosis kein deutlicher hinweis für eine berufliche belastung. relevante faktoren, die umgekehrt eine berufliche verursachung aussagekräftig belegen könnten, finden sich hingegen nicht. 51soweit die klägerin geltend macht, eine nur geringe überschreitung des grenzwerts könne nicht dazu dienen, eine kausalität stets als unwahrscheinlicher anzunehmen, weil nicht 100% erreicht würden, so ist dies auch nicht der fall. vielmehr ist das ausmaß der schädigenden exposition lediglich ein faktor, der in die gesamtabwägung aller befunde und umstände des einzelfalls zur klärung der frage, ob mehr für oder gegen eine berufliche verursachung eines aufgetretenen gesundheitsschadens spricht, mit einfließt. 52soweit allein der auf antrag der klägerin gehörte sachverständige dr. p zu einer anderen, für sie günstigen beurteilung des kausalzusammenhangs gelangt ist, vermag der senat dessen gutachten in keinster weise zu folgen. wie durchgängig auch in anderen verfahren zur bk 2108 erschöpfen sich die ausführungen des dr. p in umfangreichen, standardmäßig vorgetragenen generellen ausführungen sowie in allgemeinen erläuterungen zu medizinisch-biologischen prozessen. einen bezug zum konkreten einzelfall weist das gutachten, wie auch sonst regelmäßig, kaum auf. sachdienliche hinweise zur beurteilung können sich im übrigen auch schon deshalb nicht finden lassen, weil dr. p - entgegen der in den konsensempfehlungen statuierten herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen lehrmeinung - unbeirrt daran festhält, bildgebende befunde könnten grundsätzlich und kategorisch keinen beitrag bei der kausalbeurteilung im einzelfall leisten. entsprechend ist das gutachten des dr. p - wie regelmäßig - in keiner weise als grundlage für eine gerichtliche entscheidung brauchbar. 53die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 54der senat hat die voraussetzungen für die zulassung der revision (§ 160 abs. 2 nr. 1 oder 2 sgg) nicht als gegeben angesehen.
Verklagte*r
0
186,568
9 K 2495/13
"2013-12-10T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet 1 Tatbestand: 2Der Kläger war Inhaber (unter anderem) einer befristeten Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und einer befristeten Fahrerlaubnis der Klasse DE. 3Mit Antrag vom 2. November 2011 beantragte er die Verlängerung dieser Fahrerlaubnisse. Zu diesem Zeitpunkt waren ausweislich des Führungszeugnisses für ihn im Bundeszentralregister folgende Einträge verzeichnet: 451. Urteil des Amtsgerichts O. vom 23. April 2010 – °° °. °°°°/°° ° °. °°/°° –, rechtskräftig seit dem 23. April 2013, Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 5,00 € wegen Nötigung und Körperverletzung. 62. Urteil des Amtsgerichts N. vom 20. August 2010 – °°° °. °°°/°° °° °. °°°/°° –, rechtskräftig seit dem 15. November 2011, Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 10,00 € wegen Beleidigung. 7Der Verurteilung durch das Amtsgericht O. vom 23. April 2010 lag folgender Sachverhalt zugrunde: 8„Im Bus der Linie °°°, dessen Fahrer der Angeklagte war, kam es (am 2. September 2009) gegen 13:22 Uhr mit dem Zeugen X (Name ersetzt), der Fahrgast war, zu einem Wortwechsel, weil der Angeklagte den Bus plötzlich auf der Straße anhielt und Kinder wegen ihres Verkehrsverhaltens anschrie. Daraufhin verwies der Angeklagte den Zeugen des Busses. Der Zeuge kam dieser Aufforderung nach. Der weiteren Aufforderung wegzugehen, kam der Zeuge jedoch nicht nach, da dafür keine Veranlassung bestand. Es entstand eine erneute Diskussion. Diese veranlasste den Angeklagten, aus dem Bus zu springen und den Zeugen zu schubsen. Dabei sagte er, dass er ihn hauen würde, wenn er nicht endlich gehen würde. Als der Zeuge im Hinblick auf seine Drohung gerade im Begriff war, den Ort zu verlassen, schlug der Angeklagte ihm ins Gesicht.“ 9Der Verurteilung durch das Amtsgericht N. vom 20. August 2010 lag folgender Sachverhalt zugrunde: 10„Am 19. Juni 2010 gegen 9:30 Uhr beleidigte er auf der X.---------- den Polizeibeamten Y (Name ersetzt) mit den Ausdrücken: ‚Du arrogante Sau. Du deutsche Hure, du bist doch nicht zurechnungsfähig, du Reifenmörder.“ Dem war vorausgegangen, dass der Angeklagte Anstoß am Fahrverhalten des die Straße rückwärts befahrenden Zeugen genommen hatte, welches der Angeklagte für gefährlich schnell hielt.“ 11Mit Urteil des Amtsgerichts N. B. E. S. vom 5. Dezember 2011, erfolgte eine weitere rechtskräftige Verurteilung wegen übler Nachrede. Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: 12„Der Angeklagte hat zusammen mit dem Zeugen Z (Name ersetzt) in einem Mehrfamilienhaus in der B-straße (Straßenname ersetzt) in N. B. E. S. gewohnt. In diesem Haus kam es zu einem Flohbefall und sowohl der Zeuge Z als auch der Angeklagte sind aus dem Haus bereits ausgezogen. Der Zeuge Z ist auf die K- Str. °° (Straßennahme ersetzt) gezogen. Kurz nach diesem Umzug – am 12.5.2011 – verteilte der Angeklagte in dem Haus K-Str. °° ein Schreiben folgenden Inhalts: 13‚An alle Bewohner des Hauses: Hiermit teile ich Ihnen mit, dass der Herr Z aus dem vom Keller bis zum Dach verflohten Haus B-str. °° ausgezogen ist, ohne sich um die Gefährdung durch Verschleppung nur im Geringsten zu kümmern. Er hat seinen Hausstand ungeschützt durch den verseuchten Hausflur geschleppt. Die entsprechenden Nissen können zum Beispiel unter den Schuhsohlen eingeschleppt werden. Der Herr Z ist ohne Vorkehrungen zu treffen ins Auto gestiegen (U. D1. ) und hat dann ihr Haus betreten. Seit einem Jahr versucht ein N1. Kammerjäger erfolglos, das Ungeziefer im Haus zu beseitigen. In der Wohnung des Z wurde nicht behandelt, warum auch immer. Im auch von ihm benutzten Keller vermehren sich die Viecher explosionsartig. Man kann diesem nicht mehr Herr werden, weil die Nissen fast unsichtbar sind und in alle Winkel fallen. Dies ist kein Scherz, sondern eine ernst zunehmende Warnung! Wenn Herr Z selbst offen Mitteilung gemacht hat, hat sich’s erledigt.‘“ 14Mit Schreiben vom 20. November 2012 forderte die Beklagte den Kläger auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Mit diesem Gutachten sollte geklärt werden, ob der Kläger als Inhaber einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und einer befristeten Fahrerlaubnis der Klassen DE aufgrund seiner bisherigen strafrechtlichen Eintragungen, die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird. 15Das daraufhin unter dem 18. Februar 2013 erstellte Gutachten der zugelassenen Begutachtungsstelle für Fahreignung E1. °.°. beantwortete die zu begutachtende Frage negativ. Dieses Ergebnis wird im Gutachten u.a. wie folgt begründet: 16„Es fiel Herrn L. schwer, seinen Anteil an den Verstößen angemessen selbstkritisch zu schildern. Seine Äußerungen machen deutlich, dass es ihm schwerfällt, das Problematische in seinem Verhalten einzuschätzen. 17(…) 18Eine selbstkritische Auseinandersetzung mit seinem Verhalten sowie ein angemessenes Problembewusstsein kann Herr L. somit noch nicht schildern. 19Herr L. beschreibt die Sorge um das Wohlergehen Anderer als Hintergrund für sein auffälliges Verhalten. Er hält es für akzeptabel, gegen Regeln zu verstoßen, wenn er eine Gefährdung sieht. Auch wenn dabei eine verantwortungsbewusste Grundhaltung erkennbar wird, ist es Herrn L. in der Vergangenheit nicht gelungen, sich auch bei Vorliegen einer Gefährdung situationsadäquat zu verhalten. 20(…) 21Somit vermochte er noch keine Auseinandersetzung im Sinne einer kritischen Selbstreflektion und vertieften Erkenntnisauswertung zu schildern. 22Günstig zu bewerten ist, dass Herr L. inzwischen erste positive Veränderungen darstellen kann. 23(…) 24Es muss jedoch aus heutiger Sicht offen bleiben, ob er diese Veränderungen auch zukünftig beibehalten kann, weil aus den vorliegenden Angaben noch keine realistische Selbstbeobachtung und keine selbstkritische Bewertung des eigenen Verhaltens als gegeben angesehen werden kann. Eine selbstkritische Reflektion des eigenen Verhaltens bildet jedoch die Grundlage eines verantwortungsbewussten Verhaltens. Daher kann noch keine günstige Prognose gestellt werden.“ 25Mit Schreiben vom 6. März 2013 wurde der Kläger zur beabsichtigten Versagung seines Verlängerungsantrags angehört. 26Unter dem 8. März 2013 wandte sich der Kläger mit einem als „Tadel“ überschriebenen Schreiben an die Begutachtungsstelle. Er rügt seiner Ansicht nach bestehende Mängel des Gutachtens und verlangt Nachbesserung. Es sei für die Gutachter ersichtlich gewesen, dass er tatsächlich keine Straftaten begangen habe und die gegen ihn ergangenen Gerichtsurteile auf Rechtsbeugung beruhten. Zu selbstkritischer Auseinandersetzung habe er keinen Anlass, da er sich nicht falsch verhalten habe. 27Mit Ordnungsverfügung vom 5. April 2013 versagte die Beklagte die Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und der Fahrerlaubnis der Klasse DE und führte zur Begründung aus: Die strafrechtlichen Auffälligkeiten des Klägers seien mit dem besonderen Verantwortungsbewusstsein, das dem Inhaber der Fahrerlaubnisse zur Fahrgastbeförderung und der Klasse DE obliege, nicht vereinbar. Deshalb habe die Beklagte die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet. Dieses Gutachten habe in sich schlüssig und nachvollziehbar ergeben, dass der Kläger derzeit nicht die Gewähr biete, der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht zu werden. 28Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde die Ordnungsverfügung dem Kläger am 10. April 2013 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten unter der Anschrift „J. M. °°“ zugestellt. Bei der Anschrift „J. M. °°“ handelt es sich um die eines Campingplatzes, auf dem der Kläger wohnt. Der Campingplatz verfügt über einen Briefkasten der Campingplatzverwaltung. Einen individuellen Briefkasten mit seinem Namen hat der Kläger dort nicht. Nach Auskunft der D.------------------- H1. F. X1. , J. M. 67, F. , kann Post für die Dauercamper bei der Campingplatzaufsicht abgegeben und dort dann von den Dauercampern abgeholt werden. 29Am 17. April 2013 erschien der Kläger bei der Beklagten, um sich nach dem Stand seines Verwaltungsverfahrens zu erkundigen. Er erklärte, keine Ordnungsverfügung erhalten zu haben. Ihm wurde daraufhin ein weiteres Exemplar der Ordnungsverfügung ausgedruckt, das das Datum 17.04.2013 trägt und nicht unterschrieben ist. 30Der Kläger hat unter Beifügung des am 17. April 2013 ausgehändigten Exemplars der Ordnungsverfügung Klage erhoben. Die Klageschrift wurde dem Nachtbriefkasten des Gerichts am Morgen des 21. Mai 2013 (Dienstag nach Pfingsten) entnommen. Zur Klagebegründung macht der Kläger geltend: Die Beklagte habe nicht, wie im Straßenverkehrsgesetz verlangt, „Tatsachen“ geprüft, die seine Ungeeignetheit beweisen könnten, sondern sich allein auf rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen berufen. Diese Verurteilungen seien falsch. Er habe jeweils in Notwehr oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt. 31Der Kläger beantragt, 32die Beklagte unter Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 5. April 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und der Fahrerlaubnis der Klasse DE zu erteilen. 33Die Beklagte beantragt, 34die Klage abzuweisen. 35Sie verweist auf die Begründung der Ordnungsverfügung und den Verwaltungsvorgang. 36Entscheidungsgründe: 37Die Klage hat keinen Erfolg. 38Sie ist bereits unzulässig. 39Der Kläger hat die Klagefrist versäumt. 40Nach § 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 110 Justizgesetz NRW (JustG NRW) muss die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats, nachdem die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts dem Antragsteller bekannt gegeben worden ist, erhoben werden. Die Bekanntgabe ist vorliegend durch Zustellung gemäß § 41 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land NRW (VwVfG NRW) nach § 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) 41durch die Post mittels Zustellungsurkunde erfolgt. Die Beklagte hat der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument – hier den ablehnenden Bescheid – in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde übergeben (vgl. § 3 Abs. 1 LZG NRW). Da die Zustellung in der Wohnung, einem Campingwagen, nicht möglich war und es keinen zugehörigen Briefkasten oder eine zugehörige ähnliche Vorrichtung gibt, in die der Bescheid hätte eingelegt werden können, ist die ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides nicht belegt. 42Die Zustellungsurkunde bekundet einen Vorgang in fehlerhafter Weise, da er sich so nicht ereignet haben kann. Eine ordnungsgemäße Zustellung ist damit aber auch nicht ausgeschlossen, da nach Auskunft der Campingplatzaufsicht die Post der Dauercamper bei ihr abgegeben und seitens der Dauercamper abgeholt wird, so dass eine Zustellung nach § 3 Abs. 2 LZG NRW i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Form einer Zustellung in einer Gemeinschaftseinrichtung an deren Leiter oder einem dazu ermächtigten Vertreter vorliegt. 43Obgleich die Zustellungsurkunde diesen Zustellvorgang nicht belegt, wäre die Zustellung dann ordnungsgemäß erfolgt, weshalb die Klagefrist bereits seit Übergabe des Schriftstücks am 10. April 2013 laufen würde und bereits am Freitag, den 10. Mai 2013 abgelaufen wäre. 44Der Frage der genauen Zustellungsabläufe braucht die Kammer aber nicht weiter nachzugehen, da ungeachtet einer ordnungsgemäßen Zustellung am 10. April 2013 jedenfalls seit dem 17. April 2013 die Klagefrist lief und deshalb die Klageerhebung am 21. Mai 2013 verfristet war. 45Ein – unterstellter – Zustellungsmangel am 10. Mai 2013 wäre nämlich nach § 41 Abs. 5 VwVfG NRW, § 8 LZG NRW jedenfalls am 17. April 2103 geheilt worden, als dem Kläger durch die Fahrerlaubnisbehörde eine Zweitschrift des Ablehnungsbescheids ausgehändigt wurde. 46Nach § 8 LZG NRW gilt, wenn sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen lässt oder der Zugang unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften erfolgt ist, ein Schriftstück als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Dabei ist der Zugang einer Kopie, Ab- oder Zweitschrift ausreichend. Der Zweck der Bekanntgabe ist nämlich erreicht, wenn dem Adressaten eine zuverlässige Kenntnis des Inhalts des Bescheids verschafft wird. Diese Kenntnis vermittelt auch eine Fotokopie oder Zweitschrift, wenn sie das Original nach Inhalt und Fassung vollständig wiedergibt. 47Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43/95 –, juris Rn 29 = BVerwGE 104, 301. 48Das ist hier der Fall. Die dem Kläger am 17. April 2013 ausgehändigte Zweitschrift entspricht mit Ausnahme des Datums der ausweislich der in den Beiakten enthaltenen Verfügung der Beklagten unter dem 5. April 2013 abgesandten Fassung des Ablehnungsbescheids. 49Dass die Zweitschrift das Datum vom 17. und nicht – wie das Original – vom 5. April 2013 trägt, ist unerheblich. Ein in der Zweitschrift vom Original abweichendes Datum ist jedenfalls in dem Fall irrelevant, in dem dem Adressaten bei Erhalt der Zweitschrift dieser Umstand bekannt oder ohne weiteres erkennbar ist. Bliebe dem Betroffenen dieser Umstand unbekannt, liefe er Gefahr, in einer Klageschrift den Originalbescheid nicht hinreichend benennen und damit innerhalb der Rechtsmittelfrist den Gegenstand des Klagebegehrens nicht hinreichend bezeichnen zu können, was nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Unzulässigkeit der Klage nach sich ziehen würde. Ist dem Kläger aber ein Abweichen der Abschrift vom Original im Datum bekannt, besteht insoweit Klarheit. 50Vorliegend war dem Kläger bei seiner Vorsprache bei der Beklagten am 17. April 2013 mitgeteilt worden, dass sein Antrag bereits mit Ordnungsverfügung vom 5. April 2013 abgelehnt worden war. Es war ihm daher bekannt, jedenfalls aber war es für ihn ohne weiteres erkennbar, dass das Datum 17. April 2013 auf der Zweitschrift nicht dem Datum der an ihn versandten Ordnungsverfügung vom 5. April 2013 entsprach. 51Der Zugang dieser Zweitschrift genügte ferner dann nicht, wenn er ohne Bekanntgabewillen der Beklagten erfolgte. 52Vgl. zum Bekanntgabewillen BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43/95 –, juris Rn 29 = BVerwGE 104, 301. 53Die Fahrerlaubnisbehörde der Beklagten hatte bei der Aushändigung jedoch Bekanntgabewillen. Dieser wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die übergebene Zweitschrift nicht unterschrieben ist. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, bisher keine Ordnungsverfügung erhalten zu haben, druckte der Sachbearbeiter ein weiteres Exemplar des Ablehnungsbescheids aus und übergab es, gerade um den Kläger von dessen Inhalt in Kenntnis zu setzen. 54Gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO, §§ 188 Abs. 2, 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch endete die damit am 17. April 2013 beginnende Klagefrist am Freitag, den 17. Mai 2013. Die Klage wurde vom Kläger ausweislich des Stempels der Botenmeisterei des Gerichts erst in der Zeit von Samstag, den 18. Mai 2013, 0.00 Uhr, bis 21. Mai 2013, 6.30 Uhr in den Nachtbriefkasten des Gerichts eingeworfen. 55Die Klage ist außerdem unbegründet. Die Ablehnung der beantragten Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und der Fahrerlaubnis der Klasse DE ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Er hat keinen Anspruch auf die beantragte Verlängerung. 56Ein Anspruch auf Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und auf Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klasse DE besteht nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Inhaber nicht die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird (§ 48 Abs. 5 Nr. 3 Fahrerlaubnisverordnung – FeV – bzw. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV). 57Im Fall des Klägers liegt mit der Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 18. Februar 2013 eine solche Tatsache vor. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger aufgrund seiner bisherigen strafrechtlichen Eintragungen nicht die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird. 58Darauf, ob das medizinisch-psychologische Gutachten (woran die Kammer keinen Zweifel hat) zu Recht angeordnet worden ist, kommt es nicht an, weil der Kläger der Anordnung der Beklagten gefolgt ist. Die Berechtigung der Prüfungsanordnung ist nur rechtserheblich, wenn der Betroffene die Prüfung verweigert hat und gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 59vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Dezember 1960 – 7 C 43.59 = BVerwGE 11, 274 (275) und vom 28. November 1969 – 7 C 18.69 = BVerwGE 34, 248 (250), 60die Bedeutung dieser Weigerung als Kennzeichen der Ungeeignetheit des Kraftfahrers zu beurteilen ist. Hat sich jedoch der Kraftfahrer der angeordneten Prüfung gestellt, so hat sich dadurch die Anordnung in einer Weise erledigt, dass von einer seitens der Behörde rechtswidrig erlangten Prüfungsleistung nicht mehr gesprochen werden kann. Zudem schafft das Ergebnis der durchgeführten Prüfung eine neue Tatsache, die selbstständige Bedeutung hat. Sie nicht zu verwerten widerspräche dem Interesse der Allgemeinheit, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die sich aufgrund festgestellter Tatsachen als ungeeignet erwiesen haben, und – im Falle der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und der Klasse DE – dem Interesse der Fahrgäste, nicht einem Fahrer ausgesetzt zu sein, der die besondere Eignung zum Transport von Fahrgästen nicht aufweist. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1982 – 7 C 69/81 –, BVerwGE 65, 157 = juris Rn 20 und Beschluss vom 19. März 1996 – 11 B 14/96 – juris Rn 3. 62Die Kammer hat auch keinen Anlass, die Frage, ob der Kläger der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird, weiter aufzuklären. Das Gutachten ist überzeugend. Es ist nachvollziehbar und in sich schlüssig. Der Überzeugungskraft des Gutachtens steht nicht entgegen, dass es die drei strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde legt, die der Kläger für falsch hält. Sämtliche Urteile sind rechtskräftig. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Verurteilungen zu zweifeln. Mit den Einwänden des Klägers, er habe in Notwehr bzw. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt, haben sich die Strafgerichte jeweils auseinander gesetzt. Dass der Kläger seine Einwände auch nach der Verurteilung aufrecht erhält, zieht die rechtliche Würdigung der Strafgerichte nicht in Zweifel. Seine im Schreiben vom 8. März 2013 vorgebrachten Einwände, insbesondere, dass er zu kritischer Auseinandersetzung keinen Anlass habe, weil er jeweils im Recht gewesen sei, stehen der Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens nicht entgegen. Im Gegenteil stützen seine Ausführungen die Feststellung des Gutachtens, dass der Kläger die den Verurteilungen jeweils zugrunde liegenden Vorfälle nicht selbstkritisch betrachtet, und daher nicht ausgeschlossen ist, dass es erneut zu ähnlichen Vorfällen kommen wird. 63Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 64Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet 1
2der kläger war inhaber (unter anderem) einer befristeten fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und einer befristeten fahrerlaubnis der klasse de. 3mit antrag vom 2. november 2011 beantragte er die verlängerung dieser fahrerlaubnisse. zu diesem zeitpunkt waren ausweislich des führungszeugnisses für ihn im bundeszentralregister folgende einträge verzeichnet: 451. urteil des amtsgerichts o. vom 23. april 2010 – °° °. °°°°/°° ° °. °°/°° –, rechtskräftig seit dem 23. april 2013, geldstrafe in höhe von 30 tagessätzen zu je 5,00 € wegen nötigung und körperverletzung. 62. urteil des amtsgerichts n. vom 20. august 2010 – °°° °. °°°/°° °° °. °°°/°° –, rechtskräftig seit dem 15. november 2011, geldstrafe in höhe von 40 tagessätzen zu je 10,00 € wegen beleidigung. 7der verurteilung durch das amtsgericht o. vom 23. april 2010 lag folgender sachverhalt zugrunde: 8„im bus der linie °°°, dessen fahrer der angeklagte war, kam es (am 2. september 2009) gegen 13:22 uhr mit dem zeugen x (name ersetzt), der fahrgast war, zu einem wortwechsel, weil der angeklagte den bus plötzlich auf der straße anhielt und kinder wegen ihres verkehrsverhaltens anschrie. daraufhin verwies der angeklagte den zeugen des busses. der zeuge kam dieser aufforderung nach. der weiteren aufforderung wegzugehen, kam der zeuge jedoch nicht nach, da dafür keine veranlassung bestand. es entstand eine erneute diskussion. diese veranlasste den angeklagten, aus dem bus zu springen und den zeugen zu schubsen. dabei sagte er, dass er ihn hauen würde, wenn er nicht endlich gehen würde. als der zeuge im hinblick auf seine drohung gerade im begriff war, den ort zu verlassen, schlug der angeklagte ihm ins gesicht.“ 9der verurteilung durch das amtsgericht n. vom 20. august 2010 lag folgender sachverhalt zugrunde: 10„am 19. juni 2010 gegen 9:30 uhr beleidigte er auf der x.---------- den polizeibeamten y (name ersetzt) mit den ausdrücken: ‚du arrogante sau. du deutsche hure, du bist doch nicht zurechnungsfähig, du reifenmörder.“ dem war vorausgegangen, dass der angeklagte anstoß am fahrverhalten des die straße rückwärts befahrenden zeugen genommen hatte, welches der angeklagte für gefährlich schnell hielt.“ 11mit urteil des amtsgerichts n. b. e. s. vom 5. dezember 2011, erfolgte eine weitere rechtskräftige verurteilung wegen übler nachrede. dieser verurteilung lag folgender sachverhalt zugrunde: 12„der angeklagte hat zusammen mit dem zeugen z (name ersetzt) in einem mehrfamilienhaus in der b-straße (straßenname ersetzt) in n. b. e. s. gewohnt. in diesem haus kam es zu einem flohbefall und sowohl der zeuge z als auch der angeklagte sind aus dem haus bereits ausgezogen. der zeuge z ist auf die k- str. °° (straßennahme ersetzt) gezogen. kurz nach diesem umzug – am 12.5.2011 – verteilte der angeklagte in dem haus k-str. °° ein schreiben folgenden inhalts: 13‚an alle bewohner des hauses: hiermit teile ich ihnen mit, dass der herr z aus dem vom keller bis zum dach verflohten haus b-str. °° ausgezogen ist, ohne sich um die gefährdung durch verschleppung nur im geringsten zu kümmern. er hat seinen hausstand ungeschützt durch den verseuchten hausflur geschleppt. die entsprechenden nissen können zum beispiel unter den schuhsohlen eingeschleppt werden. der herr z ist ohne vorkehrungen zu treffen ins auto gestiegen (u. d1. ) und hat dann ihr haus betreten. seit einem jahr versucht ein n1. kammerjäger erfolglos, das ungeziefer im haus zu beseitigen. in der wohnung des z wurde nicht behandelt, warum auch immer. im auch von ihm benutzten keller vermehren sich die viecher explosionsartig. man kann diesem nicht mehr herr werden, weil die nissen fast unsichtbar sind und in alle winkel fallen. dies ist kein scherz, sondern eine ernst zunehmende warnung! wenn herr z selbst offen mitteilung gemacht hat, hat sich’s erledigt.‘“ 14mit schreiben vom 20. november 2012 forderte die beklagte den kläger auf, ein medizinisch-psychologisches gutachten vorzulegen. mit diesem gutachten sollte geklärt werden, ob der kläger als inhaber einer fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und einer befristeten fahrerlaubnis der klassen de aufgrund seiner bisherigen strafrechtlichen eintragungen, die gewähr dafür bietet, dass er der besonderen verantwortung bei der beförderung von fahrgästen gerecht wird. 15das daraufhin unter dem 18. februar 2013 erstellte gutachten der zugelassenen begutachtungsstelle für fahreignung e1. °.°. beantwortete die zu begutachtende frage negativ. dieses ergebnis wird im gutachten u.a. wie folgt begründet: 16„es fiel herrn l. schwer, seinen anteil an den verstößen angemessen selbstkritisch zu schildern. seine äußerungen machen deutlich, dass es ihm schwerfällt, das problematische in seinem verhalten einzuschätzen. 17(…) 18eine selbstkritische auseinandersetzung mit seinem verhalten sowie ein angemessenes problembewusstsein kann herr l. somit noch nicht schildern. 19herr l. beschreibt die sorge um das wohlergehen anderer als hintergrund für sein auffälliges verhalten. er hält es für akzeptabel, gegen regeln zu verstoßen, wenn er eine gefährdung sieht. auch wenn dabei eine verantwortungsbewusste grundhaltung erkennbar wird, ist es herrn l. in der vergangenheit nicht gelungen, sich auch bei vorliegen einer gefährdung situationsadäquat zu verhalten. 20(…) 21somit vermochte er noch keine auseinandersetzung im sinne einer kritischen selbstreflektion und vertieften erkenntnisauswertung zu schildern. 22günstig zu bewerten ist, dass herr l. inzwischen erste positive veränderungen darstellen kann. 23(…) 24es muss jedoch aus heutiger sicht offen bleiben, ob er diese veränderungen auch zukünftig beibehalten kann, weil aus den vorliegenden angaben noch keine realistische selbstbeobachtung und keine selbstkritische bewertung des eigenen verhaltens als gegeben angesehen werden kann. eine selbstkritische reflektion des eigenen verhaltens bildet jedoch die grundlage eines verantwortungsbewussten verhaltens. daher kann noch keine günstige prognose gestellt werden.“ 25mit schreiben vom 6. märz 2013 wurde der kläger zur beabsichtigten versagung seines verlängerungsantrags angehört. 26unter dem 8. märz 2013 wandte sich der kläger mit einem als „tadel“ überschriebenen schreiben an die begutachtungsstelle. er rügt seiner ansicht nach bestehende mängel des gutachtens und verlangt nachbesserung. es sei für die gutachter ersichtlich gewesen, dass er tatsächlich keine straftaten begangen habe und die gegen ihn ergangenen gerichtsurteile auf rechtsbeugung beruhten. zu selbstkritischer auseinandersetzung habe er keinen anlass, da er sich nicht falsch verhalten habe. 27mit ordnungsverfügung vom 5. april 2013 versagte die beklagte die verlängerung der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und der fahrerlaubnis der klasse de und führte zur begründung aus: die strafrechtlichen auffälligkeiten des klägers seien mit dem besonderen verantwortungsbewusstsein, das dem inhaber der fahrerlaubnisse zur fahrgastbeförderung und der klasse de obliege, nicht vereinbar. deshalb habe die beklagte die vorlage eines medizinisch-psychologischen gutachtens angeordnet. dieses gutachten habe in sich schlüssig und nachvollziehbar ergeben, dass der kläger derzeit nicht die gewähr biete, der besonderen verantwortung bei der beförderung von fahrgästen gerecht zu werden. 28ausweislich der postzustellungsurkunde wurde die ordnungsverfügung dem kläger am 10. april 2013 durch einlegung in den zur wohnung gehörenden briefkasten unter der anschrift „j. m. °°“ zugestellt. bei der anschrift „j. m. °°“ handelt es sich um die eines campingplatzes, auf dem der kläger wohnt. der campingplatz verfügt über einen briefkasten der campingplatzverwaltung. einen individuellen briefkasten mit seinem namen hat der kläger dort nicht. nach auskunft der d.------------------- h1. f. x1. , j. m. 67, f. , kann post für die dauercamper bei der campingplatzaufsicht abgegeben und dort dann von den dauercampern abgeholt werden. 29am 17. april 2013 erschien der kläger bei der beklagten, um sich nach dem stand seines verwaltungsverfahrens zu erkundigen. er erklärte, keine ordnungsverfügung erhalten zu haben. ihm wurde daraufhin ein weiteres exemplar der ordnungsverfügung ausgedruckt, das das datum 17.04.2013 trägt und nicht unterschrieben ist. 30der kläger hat unter beifügung des am 17. april 2013 ausgehändigten exemplars der ordnungsverfügung klage erhoben. die klageschrift wurde dem nachtbriefkasten des gerichts am morgen des 21. mai 2013 (dienstag nach pfingsten) entnommen. zur klagebegründung macht der kläger geltend: die beklagte habe nicht, wie im straßenverkehrsgesetz verlangt, „tatsachen“ geprüft, die seine ungeeignetheit beweisen könnten, sondern sich allein auf rechtskräftige strafrechtliche verurteilungen berufen. diese verurteilungen seien falsch. er habe jeweils in notwehr oder zur wahrnehmung berechtigter interessen gehandelt. 31der kläger beantragt, 32die beklagte unter aufhebung der ordnungsverfügung vom 5. april 2013 zu verpflichten, ihm die beantragte verlängerung der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und der fahrerlaubnis der klasse de zu erteilen. 33die beklagte beantragt, 34die klage abzuweisen. 35sie verweist auf die begründung der ordnungsverfügung und den verwaltungsvorgang. 36
37die klage hat keinen erfolg. 38sie ist bereits unzulässig. 39der kläger hat die klagefrist versäumt. 40nach § 74 abs. 2 i.v.m. abs. 1 satz 2 vwgo, § 110 justizgesetz nrw (justg nrw) muss die verpflichtungsklage innerhalb eines monats, nachdem die ablehnung des beantragten verwaltungsakts dem antragsteller bekannt gegeben worden ist, erhoben werden. die bekanntgabe ist vorliegend durch zustellung gemäß § 41 abs. 5 verwaltungsverfahrensgesetz für das land nrw (vwvfg nrw) nach § 3 des verwaltungszustellungsgesetzes für das land nordrhein-westfalen (lzg nrw) 41durch die post mittels zustellungsurkunde erfolgt. die beklagte hat der post den zustellungsauftrag, das zuzustellende dokument – hier den ablehnenden bescheid – in einem verschlossenen umschlag und einen vorbereiteten vordruck einer zustellungsurkunde übergeben (vgl. § 3 abs. 1 lzg nrw). da die zustellung in der wohnung, einem campingwagen, nicht möglich war und es keinen zugehörigen briefkasten oder eine zugehörige ähnliche vorrichtung gibt, in die der bescheid hätte eingelegt werden können, ist die ordnungsgemäße zustellung des bescheides nicht belegt. 42die zustellungsurkunde bekundet einen vorgang in fehlerhafter weise, da er sich so nicht ereignet haben kann. eine ordnungsgemäße zustellung ist damit aber auch nicht ausgeschlossen, da nach auskunft der campingplatzaufsicht die post der dauercamper bei ihr abgegeben und seitens der dauercamper abgeholt wird, so dass eine zustellung nach § 3 abs. 2 lzg nrw i.v.m. § 178 abs. 1 nr. 3 zpo in form einer zustellung in einer gemeinschaftseinrichtung an deren leiter oder einem dazu ermächtigten vertreter vorliegt. 43obgleich die zustellungsurkunde diesen zustellvorgang nicht belegt, wäre die zustellung dann ordnungsgemäß erfolgt, weshalb die klagefrist bereits seit übergabe des schriftstücks am 10. april 2013 laufen würde und bereits am freitag, den 10. mai 2013 abgelaufen wäre. 44der frage der genauen zustellungsabläufe braucht die kammer aber nicht weiter nachzugehen, da ungeachtet einer ordnungsgemäßen zustellung am 10. april 2013 jedenfalls seit dem 17. april 2013 die klagefrist lief und deshalb die klageerhebung am 21. mai 2013 verfristet war. 45ein – unterstellter – zustellungsmangel am 10. mai 2013 wäre nämlich nach § 41 abs. 5 vwvfg nrw, § 8 lzg nrw jedenfalls am 17. april 2103 geheilt worden, als dem kläger durch die fahrerlaubnisbehörde eine zweitschrift des ablehnungsbescheids ausgehändigt wurde. 46nach § 8 lzg nrw gilt, wenn sich die formgerechte zustellung nicht nachweisen lässt oder der zugang unter verletzung zwingender zustellungsvorschriften erfolgt ist, ein schriftstück als in dem zeitpunkt zugestellt, in dem es dem empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. dabei ist der zugang einer kopie, ab- oder zweitschrift ausreichend. der zweck der bekanntgabe ist nämlich erreicht, wenn dem adressaten eine zuverlässige kenntnis des inhalts des bescheids verschafft wird. diese kenntnis vermittelt auch eine fotokopie oder zweitschrift, wenn sie das original nach inhalt und fassung vollständig wiedergibt. 47vgl. bverwg, urteil vom 18. april 1997 – 8 c 43/95 –, juris rn 29 = bverwge 104, 301. 48das ist hier der fall. die dem kläger am 17. april 2013 ausgehändigte zweitschrift entspricht mit ausnahme des datums der ausweislich der in den beiakten enthaltenen verfügung der beklagten unter dem 5. april 2013 abgesandten fassung des ablehnungsbescheids. 49dass die zweitschrift das datum vom 17. und nicht – wie das original – vom 5. april 2013 trägt, ist unerheblich. ein in der zweitschrift vom original abweichendes datum ist jedenfalls in dem fall irrelevant, in dem dem adressaten bei erhalt der zweitschrift dieser umstand bekannt oder ohne weiteres erkennbar ist. bliebe dem betroffenen dieser umstand unbekannt, liefe er gefahr, in einer klageschrift den originalbescheid nicht hinreichend benennen und damit innerhalb der rechtsmittelfrist den gegenstand des klagebegehrens nicht hinreichend bezeichnen zu können, was nach § 82 abs. 1 satz 1 vwgo die unzulässigkeit der klage nach sich ziehen würde. ist dem kläger aber ein abweichen der abschrift vom original im datum bekannt, besteht insoweit klarheit. 50vorliegend war dem kläger bei seiner vorsprache bei der beklagten am 17. april 2013 mitgeteilt worden, dass sein antrag bereits mit ordnungsverfügung vom 5. april 2013 abgelehnt worden war. es war ihm daher bekannt, jedenfalls aber war es für ihn ohne weiteres erkennbar, dass das datum 17. april 2013 auf der zweitschrift nicht dem datum der an ihn versandten ordnungsverfügung vom 5. april 2013 entsprach. 51der zugang dieser zweitschrift genügte ferner dann nicht, wenn er ohne bekanntgabewillen der beklagten erfolgte. 52vgl. zum bekanntgabewillen bverwg, urteil vom 18. april 1997 – 8 c 43/95 –, juris rn 29 = bverwge 104, 301. 53die fahrerlaubnisbehörde der beklagten hatte bei der aushändigung jedoch bekanntgabewillen. dieser wird nicht dadurch in frage gestellt, dass die übergebene zweitschrift nicht unterschrieben ist. nachdem der kläger mitgeteilt hatte, bisher keine ordnungsverfügung erhalten zu haben, druckte der sachbearbeiter ein weiteres exemplar des ablehnungsbescheids aus und übergab es, gerade um den kläger von dessen inhalt in kenntnis zu setzen. 54gemäß § 57 abs. 2 vwgo i.v.m. § 222 zpo, §§ 188 abs. 2, 187 abs. 1 bürgerliches gesetzbuch endete die damit am 17. april 2013 beginnende klagefrist am freitag, den 17. mai 2013. die klage wurde vom kläger ausweislich des stempels der botenmeisterei des gerichts erst in der zeit von samstag, den 18. mai 2013, 0.00 uhr, bis 21. mai 2013, 6.30 uhr in den nachtbriefkasten des gerichts eingeworfen. 55die klage ist außerdem unbegründet. die ablehnung der beantragten verlängerung der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und der fahrerlaubnis der klasse de ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung – vwgo). er hat keinen anspruch auf die beantragte verlängerung. 56ein anspruch auf verlängerung der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und auf verlängerung der fahrerlaubnis der klasse de besteht nur dann, wenn keine tatsachen die annahme rechtfertigen, dass der inhaber nicht die gewähr dafür bietet, dass er der besonderen verantwortung bei der beförderung von fahrgästen gerecht wird (§ 48 abs. 5 nr. 3 fahrerlaubnisverordnung – fev – bzw. § 24 abs. 1 satz 1 nr. 2 fev in verbindung mit § 11 abs. 1 satz 4 fev). 57im fall des klägers liegt mit der vorlage des medizinisch-psychologischen gutachtens vom 18. februar 2013 eine solche tatsache vor. das gutachten kommt zu dem ergebnis, dass der kläger aufgrund seiner bisherigen strafrechtlichen eintragungen nicht die gewähr dafür bietet, dass er der besonderen verantwortung bei der beförderung von fahrgästen gerecht wird. 58darauf, ob das medizinisch-psychologische gutachten (woran die kammer keinen zweifel hat) zu recht angeordnet worden ist, kommt es nicht an, weil der kläger der anordnung der beklagten gefolgt ist. die berechtigung der prüfungsanordnung ist nur rechtserheblich, wenn der betroffene die prüfung verweigert hat und gemäß der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts, 59vgl. bverwg, urteile vom 2. dezember 1960 – 7 c 43.59 = bverwge 11, 274 (275) und vom 28. november 1969 – 7 c 18.69 = bverwge 34, 248 (250), 60die bedeutung dieser weigerung als kennzeichen der ungeeignetheit des kraftfahrers zu beurteilen ist. hat sich jedoch der kraftfahrer der angeordneten prüfung gestellt, so hat sich dadurch die anordnung in einer weise erledigt, dass von einer seitens der behörde rechtswidrig erlangten prüfungsleistung nicht mehr gesprochen werden kann. zudem schafft das ergebnis der durchgeführten prüfung eine neue tatsache, die selbstständige bedeutung hat. sie nicht zu verwerten widerspräche dem interesse der allgemeinheit, vor kraftfahrern geschützt zu werden, die sich aufgrund festgestellter tatsachen als ungeeignet erwiesen haben, und – im falle der fahrerlaubnis zur fahrgastbeförderung und der klasse de – dem interesse der fahrgäste, nicht einem fahrer ausgesetzt zu sein, der die besondere eignung zum transport von fahrgästen nicht aufweist. 61vgl. bverwg, urteil vom 18. märz 1982 – 7 c 69/81 –, bverwge 65, 157 = juris rn 20 und beschluss vom 19. märz 1996 – 11 b 14/96 – juris rn 3. 62die kammer hat auch keinen anlass, die frage, ob der kläger der besonderen verantwortung bei der beförderung von fahrgästen gerecht wird, weiter aufzuklären. das gutachten ist überzeugend. es ist nachvollziehbar und in sich schlüssig. der überzeugungskraft des gutachtens steht nicht entgegen, dass es die drei strafrechtlichen verurteilungen zugrunde legt, die der kläger für falsch hält. sämtliche urteile sind rechtskräftig. die kammer hat keinen anlass, an der richtigkeit der verurteilungen zu zweifeln. mit den einwänden des klägers, er habe in notwehr bzw. zur wahrnehmung berechtigter interessen gehandelt, haben sich die strafgerichte jeweils auseinander gesetzt. dass der kläger seine einwände auch nach der verurteilung aufrecht erhält, zieht die rechtliche würdigung der strafgerichte nicht in zweifel. seine im schreiben vom 8. märz 2013 vorgebrachten einwände, insbesondere, dass er zu kritischer auseinandersetzung keinen anlass habe, weil er jeweils im recht gewesen sei, stehen der nachvollziehbarkeit und schlüssigkeit des gutachtens nicht entgegen. im gegenteil stützen seine ausführungen die feststellung des gutachtens, dass der kläger die den verurteilungen jeweils zugrunde liegenden vorfälle nicht selbstkritisch betrachtet, und daher nicht ausgeschlossen ist, dass es erneut zu ähnlichen vorfällen kommen wird. 63die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 64die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo.
Verklagte*r
0
171,810
S 28 AS 1505/13
"2014-08-22T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine Liposuktion der Beine und Arme in Höhe von 13.087,21 Euro. Die XX-jährige Klägerin stellte mit Schreiben vom 30.11.2014, bei der Beklagten eingegangen am 03.12.2014, einen Antrag auf Gewährung einer Liposuktion der Beine und Arme. Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, der in seiner Stellungnahme vom 07.12.2014 mitteilte, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nicht vorlägen. In einem am 18.12.2014 mit der Klägerin geführten Telefonat teilte die Beklagte mit, dass der entsprechende Antrag abgelehnt wird. Daraufhin begehrte die Klägerin eine schriftliche Ablehnungsentscheidung. Dies nahm die Beklagte wiederum zum Anlass, nochmals den MDK einzuschalten. Im Gutachten vom 28.01.2015 gab er an, dass es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handele, die mangels Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht zum Leistungsumfang der Krankenversicherung gehöre. Vorrangig sei die konservative Therapie, zumal sich keine Studien fänden, die die Wirksamkeit der Liposuktion belegen würden. Mit schriftlichem Bescheid vom 02.02.2015 lehnte die Beklagte den Antrag wiederholt ab. Dagegen erhob die Klägerin am 03.02.2015 Widerspruch mit der Begründung, dass die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3a S. 6 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) vorlägen. Mit Bescheid vom 12.05.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Krankenhausbehandlung sei nicht erforderlich, da die konservativen Therapien ausreichend seien. Im ambulanten Bereich fehle es an einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V greife nicht ein, weil der Antrag rechtzeitig mündlich abgelehnt worden sei. Mit der am 01.06.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass bezüglich des Anspruches bereits die Genehmigungsfiktion eingreife. Es sei abwegig, sich auf eine Telefonat am 18.12.2014 zu berufen. Die mündliche Ablehnung sei ohne Bedeutung, da sie noch vor Eingang des Gutachtens des MDK ergangen sei. Anderenfalls umgehe man die Funktion der Einschaltung des MDK. Da sie sich die Liposuktion nunmehr selbst beschafft habe, sei die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichtet. Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 02.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 zu verurteilen, an die Klägerin 13.087,21 Euro zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung nimmt sie zunächst Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass die Genehmigungsfiktion nicht eingreife, da der Antrag bereits am 18.12.2014 mündlich abgelehnt worden sei. Dies sei von der Klägerin unstreitig gestellt worden. Die mündliche Ablehnung sei auch ordnungsgemäß erfolgt, weil der Anspruch bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht komme, so dass es keines Gutachtens des MDK bedurft habe. Im Übrigen führe die Genehmigungsfiktion gerade nicht zu einer Leistungsausweitung. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen. 3Entscheidungsgründe: 41. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 18.12.2014, schriftlich bestätigt durch das Schreiben vom 02.02.2015, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist. Ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V bzw. § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V besteht nicht. a. Grundsätzlich kann ein Versicherter die Erstattung von privatärztlich abgerechneten Leistungen nur dann verlangen, wenn er gemäß § 13 Abs. 2 SGB V mit einem Anspruch auf Kostenerstattung versichert ist. Dies traf auf die Klägerin allerdings nicht zu. b. Nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V kommt eine Kostenerstattung ausnahmsweise in Betracht, wenn die Krankenversicherung eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V sind nicht gegeben. Insoweit reicht der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V nicht weiter als der zugrunde liegende Sachleistungsanspruch (BSG, Urteil vom 04.04.2006, Az.: B 1 KR 12/05 R; BSG, Urteil vom 08.09.2015, Az.: B 1 KR 14/14 R). Entscheidend ist im Rahmen der Kostenerstattung insoweit der Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme (BSG, Urteil vom 08.03.1995, Az.: 1 RK 8/94; BSG, Urteil vom 14.02.2001, Az.: B 1 KR 29/00 R; LSG Nordrhein-Westfalen [NRW], Urteil vom 31.08.2006, Az.: L 16 (5,2) KR 74/02; Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.04.2015, Az.: L 5 KR 81/14; Helbig, in: JurisPK-SGB V, § 13 Rn. 60). Ein Sachleistungsanspruch auf die Liposuktion bestand indes nicht. (1). Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Durchführung keinen Anspruch auf eine ambulante Liposuktion. (a). Dem Anspruch stand im Jahre 2015 entgegen, dass es hinsichtlich der Liposuktion keine Empfehlung des GBA gemäß § 135 SGB V gab. Die Fettabsaugung bei Lipödem war damit grundsätzlich keine Sachleistung der Krankenkasse (vgl. allgemein BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 11/08 R; BSG, Beschluss vom 10.05.2012, Az.: B 1 KR 78/11 B; Bayerisches LSG, Urteil vom 13.11.2008, Az.: L 4 KR 437/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.11.2009, Az.: L 9 KR 29/08; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, Az.: L 4 KR 595/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 29.08.2012, Az.: L 6 KR 49/12 B; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.12.2014, Az.: L 1 KR 328/13; LSG NRW, Beschluss vom 16.11.2015, Az.: L 11 KR 342/15). (b). Ein Ausnahmefall lag nicht vor (vgl. allgemein BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 11/08 R; Bayerisches LSG, Urteil vom 13.11.2008, Az.: L 4 KR 437/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.11.2009, Az.: L 9 KR 29/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.12.2014, Az.: L 1 KR 328/13; Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.04.2015, Az.: L 5 KR 81/14). Weder war die Krankheit der Klägerin selten, noch lag eine regelmäßig tödlich verlaufende bzw. eine vergleichbare Erkrankung vor. Es fehlte aber auch an einem Systemversagen des GBA (s.a. Bayerisches LSG, Beschluss vom 08.04.2015, Az.: L 5 KR 81/14). Ein Systemversagen kann dann vorliegen, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw. Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.09.2005, Az.: B 1 KR 28/03 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2006, Az.: L 1 KR 67/04; LSG NRW, Urteil vom 12.07.2007, Az.: L 5 KR 14/07; Sächs. LSG, Urteil vom 21.03.2007, Az.: L 1 KR 27/03). Voraussetzung ist aber, dass die neue Behandlungsmethode dem anerkannten Stand der Wissenschaft entspricht und diese Erkenntnis sich in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen hat (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2006, Az.: L 1 KR 67/04; Ihle, in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 135 Rn. 30). Letztere Voraussetzung ist nicht gegeben. Nach Ansicht der Kammer fehlte es 2015 an hinreichenden Wirksamkeitsbelegen. Insoweit ergibt sich aus dem Gutachten der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" zum Thema "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" vom 6. Oktober 2011, dass hinreichende Studien über die Wirksamkeit der Liposuktion nicht existieren. Neue Studien, die die Wirksamkeit mit hinreichender Sicherheit belegen, sind weder benannt worden, noch sonst ersichtlich. Vielmehr ergab eine Untersuchung des MDS vom 15.01.2015, dass weiterhin keine hinreichenden Daten bezüglich der Wirksamkeit und der Kosten-Nutzen-Relation existieren (abrufbar unter https://www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/GKV/Begutachtungsgrundlagen GKV/37 Liposuktion 2015.pdf). Damit aber bestand dem Grunde nach schon keine Veranlassung, einen Antrag auf Überprüfung der Liposuktion zu stellen. Eine Zulassung der Methode zur vertragsärztlichen Versorgung kam nämlich mangels hinreichender Wirksamkeitsnachweise nicht in Betracht (vgl. § 4 i.V.m. § 10 sowie § 13 des 2.Kapitels der Verfahrensordnung des GBA – abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1002/VerfO 2014-12-18 iK-2015-04-16.pdf). Die bloße Untätigkeit genügt insoweit nicht. Unabhängig davon wurde die Methode im Zeitpunkt der Durchführung der Liposuktion vom GBA überprüft. Eine beachtliche Verzögerung kann dabei nicht darin gesehen werden, dass der Antrag vom 22.05.2014 durch den GBA im Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme noch nicht entschieden war. Eine Prüfung innerhalb eines gewissen Zeitraums ist dem GBA abhängig von der Komplexität des zu prüfenden Verfahrens und dem Umfang der eingereichten Unterlagen zu zugestehen (Ihle, in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 135 Rn. 30). Es ist nicht ersichtlich, dass eine zeitgerechte Entscheidung bereits im Jahre 2015 hätte ergehen müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgestaltung des Verfahrens des GBA zur Prüfung neuer Behandlungsmethoden gemäß § 135 SGB V allgemein oder die Prüfung im Hinblick auf die Liposuktion im Einzelfall nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen würde (vgl. allgemein Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.11.2015, Az.: 1 BvR 2056/12), sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. (2). Der Anspruch bestand aber auch dann nicht, wenn man annimmt, dass die Liposuktion im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung durchgeführt worden ist. Die Voraussetzungen des § 39 SGB V lagen nicht vor. (a). Dem Anspruch steht nicht – wie die Beklagte meint - bereits das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des BSG sind auch im Bereich der stationären Krankenhausbehandlung durch die Gerichte die Anforderungen aus den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V zu beachten (so die h.M. BSG, Urteil vom 28.07.2008, Az.: B 1 KR 5/08 R; BSG, Urteil vom 17.02.2010, Az.: B 1 KR 10/09 R; BSG, Urteil vom 21.03.2013, Az.: B 3 KR 2/12 R; BSG, Beschluss vom 15.07.2015, Az.: B 1 KR 23/15 B; BSG, Urteil vom 17.11.2015, Az.: B 1 KR 15/15 R; ebenso LSG NRW, Urteil vom 16.01.2014, Az.: L 16 KR 558/13; Sächs. LSG, Urteil vom 16.01.2014, Az.: L 1 KR 229/10; Becker, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 137 c Rn. 1; Ricken, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 39 Rn. 28; Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 137c Rn. 11). Daraus folge, dass nur solche Methoden zu übernehmen seien, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Dazu sei erforderlich, dass ihre Erprobung abgeschlossen sei und über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen möglich seien. In der Regel sei dies durch entsprechende Studien nachzuweisen. Dem stünde § 137 c SGB V nicht entgegen, weil dieser die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 39 SGB V nicht selbst definiere und die Ausrichtung am Qualitätsgebot nicht beseitige. Entgegen dieser Ansicht ist die Behandlung als Sachleistung zu erbringen, wenn Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht, ein Ausschluss durch den GBA nicht vorliegt und die Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet (so die frühere Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 19.03.2003, Az.: B 1 KR 1/02 R; ebenso SG Dortmund, Urteil vom 29.01.2014, Az.: S 40 KR 1359/11; Felix/Deister, NZS 2013, 81 ff.; Bender, NZS 2012, 761 ff.; nach Einfügung von § 137c Abs. 3 SGB V SG Hamburg, Urteil vom 04.09.2015, Az.: S 33 KR 822/13; SG Dortmund, Urteil vom 09.12.2015, Az.: S 40 KR 804/12; Braun, PharmR 2015, 492 (493); Deister, NZS 2016, 328 ff.; vgl. auch Ihle, in: jurisPK-SGB V, § 137c Rn. 42 ff.). Weitere Voraussetzungen im oben dargestellten Sinne bestehen nicht. Die Auslegung der Vorschrift hat sich an ihrem Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung, ihrer systematischen Stellung und der Entstehungsgeschichte auszurichten (vgl. zum Auslegungskanon allgemein Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 136 ff.). Bei der Auslegung hat die Kammer stets das gesamte Regelungssystem in den Blick zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, Az.: B 1 KR 37/14 R). Maßgebliche Bedeutung kommt dabei der subjektiv-historischen Perspektive, d.h. dem Willen des Gestzgebers, zu (zutreffend Reimers, Juristische Methodenlehre, Rn. 251 ff.; vgl. im Sinne einer subjektiv-objektiven Theorie Würdinger, JuS 2016, S. 1 (6)). Soweit im Rahmen der Auslegung der gesetzgeberische Wille eindeutig feststellbar ist, ist dieser maßgeblich. Der Regelungswille des Gesetzgebers ist primäre Richtlinie der Gesetzesanwendung (zum Folgenden: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.01.2011, Az.: 1 BvR 918/10; BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011, Az.: 2 BvR 2216/06 u.a.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 23 SF 80/12 B AB; Reimers, Juristische Methodenlehre, Rn. 251 ff.; Rüthers, NJW 2011, 1856 ff.; Wedel, NJW 2012, 719 f.; Würdinger, JuS 2016, S. 1 (6)). Lässt sich der Wille des Gesetzgebers eindeutig feststellen, gebietet es der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber, diesem bei der Anwendung der Norm Ausdruck zu verleihen. Jedenfalls darf das Gericht nicht durch seine Auslegung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. Davon geht auch das BSG aus (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015, Az.: B 1 KR 26/14 R; anders dann in der praktischen Handhabung BSG, Urteil vom 17.02.2010, Az.: B 1 KR 10/09 R, zu § 137c SGB V oder BSG, Urteil vom 01.07.2014, Az.: B 1 KR 29/13 R, zur sachlich-rechnerischen Richtigkeit). Dies ist vorliegend der Fall. Das BSG hat ursprünglich zutreffend aus der Begründung sowie der Gesetzessystematik den Schluss gezogen, dass die Krankenkasse ihre Leistungspflicht nicht mit der Begründung verneinen kann, dass eine Behandlung den in § 137c SGB V genannten Kriterien nicht genügt, soweit der Ausschuss Krankenhaus eine entsprechende Feststellung nicht getroffen hat (vgl. Leitsatz 2 zur Entscheidung BSG, Urteil vom 19.03.2003, Az.: B 1 KR 1/02 R; vgl. dazu SG Dortmund, Urteil vom 29.01.2014, Az.: S 40 KR 1359/11). Der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung aufgegriffen und bestätigt, dass für den stationären Bereich abweichend von § 135 SGB V eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt gelten soll (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeführt worden - BT-Drucks. 17/6906, S. 86). Für dieses Verständnis spricht auch der Wortlaut des § 137c SGB V und die Systematik des SGB V. § 137 c Abs. 1 S. 1 SGB V setzt schon nach seinem Wortlaut ("die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen") und seinem Inhalt voraus, dass die Methoden bis zur negativen Entscheidung des GBA genutzt werden können (vgl. zum Folgenden Felix/Deister, NZS 2013, 81 (87f.); Bender, NZS 2012 761 (765 ff.)). Er legt fest, dass Methoden nur ausgeschlossen werden können, wenn der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet (§ 137c Abs. 1 S. 2 SGB V). Damit wird schon ein gänzlich anderer Maßstab definiert, als er von der Rechtsprechung zur Anwendung gelangt. Nach der gesetzlichen Konzeption ist zudem allein der GBA für die Feststellung des fehlenden Nutzens/Potenzials zuständig. Eine Überprüfungskompetenz der Gerichte ist ausdrücklich nicht geregelt. Dies wird durch die Einführung der Erprobung nach § 137e SGB V noch deutlicher (dazu auch Felix/Deister, NZS 2013, 81 (88); Bender, NZS 2012, 761 (767 f.)). Denn nach § 137c Abs. 1 S. 3 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e, wenn die Überprüfung ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Damit wäre die Feststellung, dass der Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, gerade nicht mit dem Ausschluss aus dem Leistungskatalog verbunden. Vielmehr wäre bei ausreichendem Potenzial eine Erprobungsrichtlinie zu erlassen, wofür aber ausschließlich der GBA zuständig wäre. Folgte man der oben zitierten Rechtsprechung, wäre diese gesetzliche Konstruktion ausgehebelt. Unabhängig davon hat der Gesetzgeber auch auf die geänderte Rechtsprechung des BSG reagiert (vgl. dazu SG Hamburg, Urteil vom 04.09.2015, Az.: S 33 KR 822/13; Deister, NZS 2016, 328 ff.). Er hat nunmehr eine ausdrückliche Regelung in § 137c Abs. 3 SGB V geschaffen. Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber ausgeführt, dass weiterhin eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt gelten soll. Insoweit ist wegen der gegenteiligen Rechtsprechung des BSG eine Konkretisierung und Klarstellung erfolgt. Wörtlich wird insoweit ausgeführt (BT-Drucks. 18/4095, S. 121 f.): " ...Eine Methode, deren Nutzen nach Feststellung des GemeinsamenBundesausschusses zwar noch nicht hinreichend belegt ist, die aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, kann nach den gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Krankenhausbehandlung weiterhin zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist in einem solchen Fall grundsätzlich verpflichtet, eine Erprobung zu initiieren, um die für eine fundierte Entscheidung erforderlichen Erkenntnisse zu generieren. Bis zum Vorliegen dieser Erkenntnisse und einer abschließenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses bleibt es dabei, dass die Methode im Krankenhaus angewandt werden kann, insbesondere damit sie zur Versorgung der typischerweise schwerer erkrankten Versicherten mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen weiterhin zur Verfügung steht. Insoweit handelt es sich um eine Konkretisierung des allgemeinen Qualitätsgebots des § 2 Absatz 1 Satz 2 ... Diese Wertentscheidung gilt es auch in dem Fall zu beachten, dass der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Überprüfung nach § 137c Absatz 1 durchgeführt hat. Es stünde mit dem dargestellten Konzept der grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt nicht in Einklang, wenn jede einzelne Krankenkasse im Einzelfall die Kostenübernahme für eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgende Behandlung mit einer Methode, die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, mit der Begründung ablehnen könnte, der Nutzen der angewandten Methode sei noch nicht hinreichend belegt. Ebenso wenig wie der Gemeinsame Bundesausschuss eine Methode mit Potential unmittelbar aus der Krankenhausversorgung ausschließen kann, kann eine solche negative Leistungsentscheidung stattdessen auf der Ebene der Einzelkasse erfolgen." Nach Ansicht der Kammer ist damit der gesetzgeberische Wille mehr als klar formuliert worden. Dieser hat hinreichenden Niederschlag im Gesetz gefunden. Insbesondere der § 137c Abs. 3 SGB V ist Ausdruck dieses gesetzgeberischen Willens. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 137c SGB V um eine Vorschrift aus dem Leistungserbringerrecht handelt. Es gibt bereits keine Regel, wonach der Gesetzgeber gezwungen wäre, Konkretisierungen des Leistungsrechts der Versicherten ausschließlich in diesem Bereich vornehmen zu müssen (z.B. im Rahmen von § 12 bzw. § 39 SGB V), mag dies auch der Struktur des Gesetzes entsprechen und der Klarheit des Normengefüges förderlich sein. Auch die Rechtsprechung geht daher zutreffend davon aus, dass der Leistungsanspruch des Versicherten durch die Vorschriften des § 135 SGB V (BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KR 11/08 R) oder des § 138 SGB V (BSG, Urteil vom 26.09.2006, Az.: B 1 KR 3/06 R) konkretisiert bzw. beschränkt wird. (b). Die Kammer geht aber davon aus, dass eine Krankenhausbehandlung nicht erforderlich war. Denn nach dem Bericht von Dr. Offermann, Chirurg, vom 25.11.2014 genügte eine ambulante Liposuktion (Bl. 18 der Verwaltungsakte). Dafür spricht auch, dass auf dem Kostenvoranschlag angegeben wurde, dass ein Zuschlag für eine ambulante Operation und eine Nachbetreuung von weniger als 4 Stunden vorgesehen war (vgl. Bl. 10 der Verwaltungsakte). Ebenso sprechen die Leitlinien der Fachgesellschaften für diese Einschätzung. Die DGÄC empfiehlt im ambulanten Bereich eine maximale Aspirationsmenge von 2.000 ml reinen Fettgewebes und bei gewährleisteter postoperativer Nachbetreuung bis 24 Stunden von 4.000 ml reinem Fettanteil (abrufbar unter http://www.gacd.de/fileadmin/user upload/pdf/ leitlinien liposuktion.pdf). Ausweislich des Berichts von Dr. Oppermann waren 3-4 Operationen geplant (Bl. 17 der Verwaltungsakte). Es ist nicht ersichtlich, dass die dabei zu entfernenden Fettmengen eine stationäre Behandlung notwendig gemacht hätten. Insgesamt gibt es keine Anhaltspunkte, dass eine stationäre Durchführung der Liposuktion bei der erst XX-jährigen Klägerin, bei der Risikofaktoren weder benannt noch ersichtlich sind, notwendig war. (c). Eine generelle Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit unterstellt, kommt eine Kostenerstattung gleichwohl nicht in Betracht. Denn eine Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus hat nicht stattgefunden. Es bestand kein Sachleistungsanspruch zur Behandlung in der MClinic Dr. I in N. Denn gemäß § 108 SGB V besteht der Anspruch gemäß § 39 SGB V nur, wenn eine Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus begehrt wird (vgl. Wortlaut § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V "Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108)"). Daran fehlt es im Hinblick auf die MClinic in N, die eine chirurgische Privatpraxis und nicht zugelassen im Sinne des § 108 SGB V ist. Dies hat im Übrigen auch für die FES-Klinik in F zu gelten, wo die erste Liposuktion stattgefunden hat. Es ist nicht ersichtlich, dass es sich dabei um ein zugelassenes Krankenhaus handelt. Folgerichtig bezeichnet sich die FES-Klinik selbst auch als Tagesklinik. c. Der Anspruch folgt schließlich nicht aus § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V. Nach § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies gemäß § 13 Abs. 3a S. 5 SGB V den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist gemäß § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse nach § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten gemäß § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V die §§ 14, 15 des Neunten Buches (SGB IX) zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen. (1) Dem Anspruch aus § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V steht bereits entgegen, dass hier innerhalb der Frist von § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V eine Entscheidung der Beklagten ergangen ist. Den nach Angaben der Klägerin am 30.11.2014 gestellten Antrag hat die Beklagte nämlich am 18.12.2014, mithin innerhalb der 3-Wochen-Frist, entschieden. Unerheblich ist dabei, dass die Entscheidung mündlich ergangen ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist innerhalb der Frist die Entscheidung zu treffen, was auch mit der mündlichen Ablehnung der Fall ist. Weder ist dem Wortlaut des 13 Abs. 3a S. 1 SGB V zu entnehmen, dass die Entscheidung schriftlich zu ergehen hat, noch lässt sich ein solches Erfordernis der Gesetzesbegründung entnehmen. Es gilt damit der Grundsatz der Formfreiheit, wie er für das Verwaltungsverfahren allgemein in § 9 S. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) und für Verwaltungsakte gemäß § 33 Abs. 2 S. 1 SGB X (zur Qualifizierung der Entscheidung nach § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V als Verwaltungsakt siehe Schifferdecker, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 13 Rn. 125) niedergelegt ist. Es kommt hinzu, dass § 13 Abs. 3a S. 5 SGB V ausdrücklich die Schriftform für die Mitteilung hinreichender Gründe vorsieht. Der Gesetzgeber hat dieses Erfordernis in S. 1 SGB V dagegen nicht normiert. Daraus folgt, dass in § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V mithin keine Schriftform vorausgesetzt wird. (2) Daneben greift die Regelung auch inhaltlich nicht. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V begründet noch keinen Anspruch aus § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V. Eine Kostenerstattung kommt nur für solche beantragten Leistungen in Betracht, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als der nach den Vorschriften des SGB V zugrunde liegende Sachleistungsanspruch (so ausführlich SG Dortmund, Urteil vom 11.11.2015, Az.: S 40 KR 759/14). Daran ist festzuhalten (ebenso § 13 Abs. 3a SGB V einschränkend auslegend LSG NRW, Beschluss vom 26.05.2014, Az.: L 16 KR 154/14 B ER; HessLSG, Urteil vom 10.12.2015, Az.: L 1 KR 413/14; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2016, Az.: L 4 KR 4368/15; SG Dortmund, Beschluss vom 31.01.2014, Az.: S 28 KR 1/14 ER; SG Würzburg, Urteil vom 15.01.2015, Az.: S 11 KR 100/14; Helbig, in: jurisPK-SGB V, 3.Aufl., § 13 Rn. 68 ff.; Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 13 Rn. 68 ff.; Heining, in: Gesundheitsrecht, SGB V - SGB XI, § 13 SGB V Rn. 33; Preis/Schneider, NZS 2013, 281 (287); Knispel, SGb 2014, 374 ff.) (a) Schon der Wortlaut der Vorschrift spricht für eine Beschränkung auf einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch (s.a. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2016, Az.: L 4 KR 4368/15). Dieser sieht nämlich eine Kostenerstattung nur für "erforderliche" Leistungen vor. Der Begriff der Erforderlichkeit wird an anderen Stellen des SGB V ebenfalls zur Beschränkung des Anspruches verwendet (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V bzw. § 40 Abs. 1 S. 1 SGB V). Insbesondere § 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX, der Grundlage für die Regelung des § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V gewesen ist (BT-Drucks. 17/10488, S. 32), regelt ebenfalls nur eine Kostenerstattung für erforderliche Leistungen. Im Rahmen von § 15 Abs. 1 S. 3 SGB IX ist anerkannt, dass durch diese Formulierungen der Anspruch des Versicherten, u.a. durch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, inhaltlich begrenzt wird (vgl. BR-Drucks. 49/01, S. 305; Majerski-Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl., § 15 Rn. 3). Es finden sich keinerlei Anhaltspunkte in § 13 Abs. 3a SGBV oder in der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber in S. 7 eine andere Bedeutung zugrunde legen wollte. Da § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V diese Einschränkung nicht enthält, kann dem Wortlaut des S. 7 auch nicht jede Bedeutung abgesprochen werden. Bestätigt wird dieses Verständnis durch die systematische Stellung des § 13 Abs. 3a SGB V innerhalb des § 13, der bisher ausschließlich sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche geregelt hatte (ebenso HessLSG, Urteil vom 10.12.2015, Az.: L 1 KR 413/14; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2016, Az.: L 4 KR 4368/15; Helbig, in: jurisPK-SGB V, § 13 Rn. 70). Die dort erfassten Kostenerstattungsansprüche setzen jeweils voraus, dass die selbstbeschaffte Krankenbehandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 04. April 2006, Az.: B 1 KR 12/05 R, sowie Brandts, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 13 Rn. 53, zu § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V; BSG, Urteil vom 25.09.2000, Az.: B 1 KR 5/99 R, sowie Brandts, in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 13 Rn. 29, in Bezug auf § 13 Abs. 2 SGB V; zu § 13 Abs. 4 u. 5. vgl. BSG, Urteil vom 30.06.2009, Az.: B 1 KR 19/08 R). Hätte der Gesetzgeber von dieser Systematik im Rahmen von § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V abweichen wollen, hätte es zumindest entsprechender Hinweise in der Gesetzesbegründung bedurft (so auch HessLSG, Urteil vom 10.12.2015, Az.: L 1 KR 413/14; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2016, Az.: L 4 KR 4368/15). Auch die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesbegründung sprechen klar für das enge Verständnis. Der Gesetzesentwurf hatte zunächst nur die Einführung eines neuen Kostenerstattungsanspruches vorgesehen. In der Gesetzesbegründung wurde dabei ausdrücklich Bezug genommen auf einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch ("Die Versicherten sind so zu stellen, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt." - BT-Drucks. 17/10488, S. 32). Darüber hinaus war Vorbild für die Neuregelung die Vorschrift des § 15 SGB IX. Dort wird aber vorausgesetzt, dass ein Sachleistungsanspruch besteht (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, Az.: B 1 KR 12/12 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2013, Az.: L 13 R 2947/12; Majerski-Pahlen, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, § 15 Rn. 3). Nur so wird schließlich die Regelung des § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V verständlich. Da nach dem Gesetzentwurf sowohl der jetzige § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V als auch § 15 Abs. 1 SGB XI sachleistungsersetzende Kostenerstattungsregelungen vorsahen, war zur Vermeidung von doppelten Anspruchsgrundlagen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation der Ausschluss des § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V angezeigt. Jedenfalls bedurfte es wegen der Vorschrift des § 15 Abs. 1 SGB IX keiner Schaffung einer weiteren Anspruchsgrundlage. (b) Aus der Einfügung der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V folgt nichts anderes. Es lässt sich der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit nichts entnehmen, dass für eine Leistungsausweitung im Rahmen von S. 7 sprechen würde. Damit sollte einerseits gerade nicht von der grundsätzlichen gesetzgeberischen Konstruktion abgewichen werden (vgl. BT-Drucks. 17/11710, S. 29 f.). Andererseits wird in diesem Zusammenhang nochmals klar auf einen Sachleistungsanspruch Bezug genommen, wenn dort ausgeführt wird, dass sich der Versicherte die ihm "zustehende" Leistung zeitnah selbst beschaffen kann (vgl. BT-Drucks. 17/11710, S. 30). Sinn der Regelung des S. 6 war es, den Versicherten ohne eine zusätzliche Fristsetzung die Beschaffung der ihnen zustehenden Leistungen zu ermöglichen (zutreffend HessLSG, Urteil vom 10.12.2015, Az.: L 1 KR 413/14; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2016, Az.: L 4 KR 4368/15). An keinerlei Stelle lässt sich entnehmen, dass gleichzeitig eine Leistungsausweitung intendiert war (vgl. HessLSG, Urteil vom 10.12.2015, Az.: L 1 KR 413/14). Dies wäre aber zu erwarten gewesen, insbesondere weil die übrigen, auf den Sachleistungsanspruch bezogenen Regelung (S. 7 und S. 9) unverändert beibehalten worden sind. (c) Soweit das BSG (BSG, Urteil vom 08.03.2016, Az.: B 1 KR 25/15 R) und die überwiegende Rechtsprechung der Sozialgerichte (u.a. LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014, Az.: L 5 KR 222/14 B ER; SG Dessau-Roßlau, Urteil vom 18.12.2013, Az.: S 21 KR 282/13; SG Nürnberg, Urteil vom 27.03.2014, Az.: S 7 KR 520/13; SG Augsburg, Urteil vom 03.06.2014, Az.: S 6 KR 339/13; SG Lüneburg, Urteil vom 17.02.2015, Az.: S 16 KR 96/14; SG Detmold, Urteil vom 09.07.2015, Az.: S 24 KR 254/14) die gegenteilige Rechtsansicht vertreten, überzeugt dies weiterhin nicht. Auch die Entscheidung des BSG gibt insoweit keinen Anlass, von der oben dargestellten Rechtsansicht abzuweichen. Weder das BSG noch die sonstige Rechtsprechung setzen sich in hinreichender Weise mit dem Wortlaut, dem gesetzgeberischen Willen und der systematischen Stellung auseinander. Darüber hinaus überzeugen aber auch die Argumente, die für die weite Sichtweise vorgetragen werden, nicht. Dem engen Verständnis steht das Ziel des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz), das Genehmigungsverfahren im Interesse der Patienten zu beschleunigen, nicht entgegen (so aber z.B. LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014, Az.: L 5 KR 222/14 B ER; SG Dortmund, Urteil vom 22.01.2016, Az.: S 8 KR 435/14). Dieses Ziel ist der Gesetzesbegründung zum Entwurf des Patientenrechtegesetzes (siehe BT-Drucks. 17/10488, S. 32) entnommen. Der gleiche Gesetzesentwurf sieht aber eine Genehmigungsfiktion nicht vor. Vielmehr suchte der Gesetzgeber das Ziel der Verfahrensbeschleunigung durch die Schaffung eines Kostenerstattungsanspruches, der als sachleistungsersetzender Anspruch konstruiert war, zu erreichen. Die Beschleunigung des Verfahrens sollte allein durch die konkret geregelte Frist und die Möglichkeit der Beschaffung der Leistungen – auch auf privatärztlicher Basis – nach Fristablauf erreicht werden. Es überzeugt daher nicht, wenn der Gesetzeszweck der Verfahrensbeschleunigung nunmehr zur Auslegung der Genehmigungsfiktion und des Kostenerstattungsanspruches herangezogen wird, wenn nicht einmal der ursprüngliche Gesetzesentwurf zur Zweckerreichung eine solch weitgehende Regelung für erforderlich gehalten hat. Das hat gleichfalls für das Argument zu gelten, dass die Sanktionswirkung der Vorschrift ein weites Verständnis erfordere (so wohl BSG, Urteil vom 08.03.2016, Az.: B 1 KR 25/15 R). Die dahinterstehende Deutung ist nach Ansicht der Kammer zumindest irreführend (kritisch auch Helbig, in: jurisPK-SGB V, § 13 Rn. 70.2). Der entsprechende Gesetzesentwurf, der dieser Aussage zugrunde lag, sah lediglich eine sachleistungsersetzende Kostenerstattungsregelung vor. Eine Genehmigungsfiktion war aufgenommen worden. Die angestrebte Sanktionswirkung taugt mithin nicht zur Auslegung der Genehmigungsfiktion. Dagegen lässt sich der Begründung des Ausschusses, der später die Genehmigungsfiktion ins Gesetz eingeführt hatte, keinerlei Sanktionsgedanke entnehmen (vgl. BT-Drucks. 17/11710, S. 29 f.). Darüber hinaus sollte offenbar die Sanktionswirkung darin bestehen, dass die Krankenkasse entsprechend der Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V (BT-Drucks. 17/10488, S. 32) Abrechnungen anhand der GoÄ oder GoZ auszugleichen hat, die i.d.R. deutlich über den Positionen nach dem EBM liegen. Anhaltspunkte für eine weitergehende Sanktionswirkung finden sich auch in der ursprünglichen Begründung nicht. Die weite Auslegung überzeugt auch deshalb nicht, weil das Verhältnis zu § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V nicht geklärt wird. Dabei vermag die Beschränkung des S. 9 auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation gemäß §§ 11 Abs. 2 S 1, 40 f. SGB V schon nicht zu überzeugen (so aber BSG, Urteil vom 08.03.2016, Az.: B 1 KR 25/15 R). Die Abgrenzung hat vielmehr im Verhältnis von §§ 14 f. SGB IX zu § 13 Abs. 3a SGB V zu erfolgen. Leistungen, die unter § 14 SGB IX fallen, sind dem Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a gänzlich entzogen (vgl. SG Stralsund, Beschluss vom 07.04.2014, Az.: S 3 KR 112/13; SG Dortmund, Beschluss vom 16.07.2014, Az.: S 40 KR 742/14 ER; SG Dortmund, Urteil vom 11.11.2015, Az.: S 40 KR 518/14). Da § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V ebenso wie § 15 SGB IX nur einen sachleistungsersetzenden Kostenerstattungsanspruch vorgesehen hatte, wurde mit S. 9 eine Abgrenzung zugunsten von § 115 Abs. 1 SGB IX vorgenommen. Durch die Einfügung von S. 6 ist insoweit keine Änderung des Regelungszwecks intendiert worden. Gegenteiliges lässt sich weder dem Wortlaut noch der Begründung des Ausschusses entnehmen. Selbst wenn man aber der Begrenzung des BSG folgen würde, lässt sich der Entscheidung des BSG an keiner Stelle ein sachlicher Grund für die dadurch bewirkte unterschiedliche Behandlung entnehmen. Danach können sich nämlich Antragsteller, die Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach §§ 40 f. SGB V begehren, nicht auf § 13 Abs. 3a SGB V stützen und sind mithin auf den ursprünglichen Sachleistungsanspruch beschränkt, ohne dass ersichtlich wäre, inwiefern diese unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt wäre. Schließlich geht das Argument, dass die einschränkende Auslegung – u.a. der hiesigen Kammer – zu einem Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes führe (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014, Az.: L 5 KR 222/14 B ER; SG Dortmund, Urteil vom 22.01.2016, Az.: S 8 KR 435/14), ins Leere. Schon grundsätzlich ist nicht erkennbar, inweifern eine Ungleichbehandlung vorliegen soll. Denn nach der Rechtsprechung der Kammer haben sowohl § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V als auch § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V jeweils die gleiche beschränkte Reichweite (siehe SG Dortmund, Urteile vom 11.11.2015, Az.: S 40 KR 5118/14 sowie S 40 KR 759/14). Es kommt hinzu, dass der Umstand, dass Mittellose von der Möglichkeit der Selbstbeschaffung ausgeschlossen sind, auch bei anderen Kostenerstattungsansprüchen grundsätzlich gegeben ist. Beispielhaft kann insoweit auf § 13 Abs. 3 SGB verwiesen, der schon generell nur eine Kostenerstattung regelt und keinen Sachleistungsanspruch vorsieht, obwohl dies gerade bei unaufschiebbaren Leistungen nicht unproblematisch erscheint. Gleichwohl ist keine Entscheidung der hiesigen 8. Kammer oder des 5. Senats des LSG NRW bekannt, wo vergleichbare verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht worden wären. Dem liegt letztlich zugrunde, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass Mittellose von den Möglichkeiten der Kostenerstattung gegebenenfalls ausgeschlossen sind (vgl. Helbig, in: jurisPK-SGB V, § 13 Rn. 70.2). Grundsätzlich erbringt die Krankenkasse nämlich eine Sachleistung (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB V). Kostenerstattungsansprüche sind demgegenüber die Ausnahme (vgl. § 13 Abs. 1 SGB V). Der Sachleistungsanspruch besteht aber in jedem Fall – unabhängig von der Möglichkeit der Kostenerstattung – und kann gegebenenfalls im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens durchgesetzt werden. Es ist nicht ersichtlich, dass diese gesetzliche Konstruktion den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird. 2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183 S. 1, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1
2die beteiligten streiten über einen anspruch auf kostenerstattung für eine liposuktion der beine und arme in höhe von 13.087,21 euro. die xx-jährige klägerin stellte mit schreiben vom 30.11.2014, bei der beklagten eingegangen am 03.12.2014, einen antrag auf gewährung einer liposuktion der beine und arme. die beklagte schaltete daraufhin den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) ein, der in seiner stellungnahme vom 07.12.2014 mitteilte, dass die voraussetzungen für eine kostenübernahme nicht vorlägen. in einem am 18.12.2014 mit der klägerin geführten telefonat teilte die beklagte mit, dass der entsprechende antrag abgelehnt wird. daraufhin begehrte die klägerin eine schriftliche ablehnungsentscheidung. dies nahm die beklagte wiederum zum anlass, nochmals den mdk einzuschalten. im gutachten vom 28.01.2015 gab er an, dass es sich bei der liposuktion um eine neue behandlungsmethode handele, die mangels empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses (gba) nicht zum leistungsumfang der krankenversicherung gehöre. vorrangig sei die konservative therapie, zumal sich keine studien fänden, die die wirksamkeit der liposuktion belegen würden. mit schriftlichem bescheid vom 02.02.2015 lehnte die beklagte den antrag wiederholt ab. dagegen erhob die klägerin am 03.02.2015 widerspruch mit der begründung, dass die voraussetzungen der genehmigungsfiktion gemäß § 13 abs. 3a s. 6 des sozialgesetzbuches fünftes buch (sgb v) vorlägen. mit bescheid vom 12.05.2015 wies die beklagte den widerspruch zurück. eine krankenhausbehandlung sei nicht erforderlich, da die konservativen therapien ausreichend seien. im ambulanten bereich fehle es an einer empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses. § 13 abs. 3a s. 6 sgb v greife nicht ein, weil der antrag rechtzeitig mündlich abgelehnt worden sei. mit der am 01.06.2015 erhobenen klage verfolgt die klägerin ihr begehren weiter. sie ist der ansicht, dass bezüglich des anspruches bereits die genehmigungsfiktion eingreife. es sei abwegig, sich auf eine telefonat am 18.12.2014 zu berufen. die mündliche ablehnung sei ohne bedeutung, da sie noch vor eingang des gutachtens des mdk ergangen sei. anderenfalls umgehe man die funktion der einschaltung des mdk. da sie sich die liposuktion nunmehr selbst beschafft habe, sei die beklagte zur kostenerstattung verpflichtet. die klägerin beantragt, die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 02.02.2015 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 zu verurteilen, an die klägerin 13.087,21 euro zu zahlen. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. zur begründung nimmt sie zunächst bezug auf die ausführungen im widerspruchsbescheid. ergänzend trägt sie vor, dass die genehmigungsfiktion nicht eingreife, da der antrag bereits am 18.12.2014 mündlich abgelehnt worden sei. dies sei von der klägerin unstreitig gestellt worden. die mündliche ablehnung sei auch ordnungsgemäß erfolgt, weil der anspruch bereits aus rechtsgründen nicht in betracht komme, so dass es keines gutachtens des mdk bedurft habe. im übrigen führe die genehmigungsfiktion gerade nicht zu einer leistungsausweitung. wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die verwaltungsakte der beklagten, die das gericht beigezogen hat und die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist, bezug genommen. 3
41. die zulässige klage ist unbegründet. die klägerin ist durch den bescheid vom 18.12.2014, schriftlich bestätigt durch das schreiben vom 02.02.2015, in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.05.2015 nicht im sinne von § 54 abs. 2 s. 1 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist. ein anspruch der klägerin auf kostenerstattung nach § 13 abs. 3 s. 1 sgb v bzw. § 13 abs. 3a s. 7 sgb v besteht nicht. a. grundsätzlich kann ein versicherter die erstattung von privatärztlich abgerechneten leistungen nur dann verlangen, wenn er gemäß § 13 abs. 2 sgb v mit einem anspruch auf kostenerstattung versichert ist. dies traf auf die klägerin allerdings nicht zu. b. nach § 13 abs. 3 s. 1 sgb v kommt eine kostenerstattung ausnahmsweise in betracht, wenn die krankenversicherung eine unaufschiebbare leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine leistung zu unrecht abgelehnt hat und dem versicherten dadurch für die selbstbeschaffte leistung kosten entstanden sind, soweit die leistung notwendig war. die voraussetzungen des § 13 abs. 3 s. 1 sgb v sind nicht gegeben. insoweit reicht der kostenerstattungsanspruch nach § 13 abs. 3 s. 1 sgb v nicht weiter als der zugrunde liegende sachleistungsanspruch (bsg, urteil vom 04.04.2006, az.: b 1 kr 12/05 r; bsg, urteil vom 08.09.2015, az.: b 1 kr 14/14 r). entscheidend ist im rahmen der kostenerstattung insoweit der zeitpunkt der durchführung der maßnahme (bsg, urteil vom 08.03.1995, az.: 1 rk 8/94; bsg, urteil vom 14.02.2001, az.: b 1 kr 29/00 r; lsg nordrhein-westfalen [nrw], urteil vom 31.08.2006, az.: l 16 (5,2) kr 74/02; bayerisches lsg, beschluss vom 08.04.2015, az.: l 5 kr 81/14; helbig, in: jurispk-sgb v, § 13 rn. 60). ein sachleistungsanspruch auf die liposuktion bestand indes nicht. (1). die klägerin hatte im zeitpunkt der durchführung keinen anspruch auf eine ambulante liposuktion. (a). dem anspruch stand im jahre 2015 entgegen, dass es hinsichtlich der liposuktion keine empfehlung des gba gemäß § 135 sgb v gab. die fettabsaugung bei lipödem war damit grundsätzlich keine sachleistung der krankenkasse (vgl. allgemein bsg, urteil vom 16.12.2008, az.: b 1 kr 11/08 r; bsg, beschluss vom 10.05.2012, az.: b 1 kr 78/11 b; bayerisches lsg, urteil vom 13.11.2008, az.: l 4 kr 437/07; lsg berlin-brandenburg, urteil vom 24.11.2009, az.: l 9 kr 29/08; lsg baden-württemberg, urteil vom 27.04.2012, az.: l 4 kr 595/11; thüringer lsg, beschluss vom 29.08.2012, az.: l 6 kr 49/12 b; lsg berlin-brandenburg, urteil vom 18.12.2014, az.: l 1 kr 328/13; lsg nrw, beschluss vom 16.11.2015, az.: l 11 kr 342/15). (b). ein ausnahmefall lag nicht vor (vgl. allgemein bsg, urteil vom 16.12.2008, az.: b 1 kr 11/08 r; bayerisches lsg, urteil vom 13.11.2008, az.: l 4 kr 437/07; lsg berlin-brandenburg, urteil vom 24.11.2009, az.: l 9 kr 29/08; lsg berlin-brandenburg, urteil vom 18.12.2014, az.: l 1 kr 328/13; bayerisches lsg, beschluss vom 08.04.2015, az.: l 5 kr 81/14). weder war die krankheit der klägerin selten, noch lag eine regelmäßig tödlich verlaufende bzw. eine vergleichbare erkrankung vor. es fehlte aber auch an einem systemversagen des gba (s.a. bayerisches lsg, beschluss vom 08.04.2015, az.: l 5 kr 81/14). ein systemversagen kann dann vorliegen, wenn das verfahren vor dem bundesausschuss von den antragsberechtigten stellen bzw. dem bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde untätigkeit bzw. verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (vgl. bsg, urteil vom 27.09.2005, az.: b 1 kr 28/03 r; lsg berlin-brandenburg, urteil vom 15.12.2006, az.: l 1 kr 67/04; lsg nrw, urteil vom 12.07.2007, az.: l 5 kr 14/07; sächs. lsg, urteil vom 21.03.2007, az.: l 1 kr 27/03). voraussetzung ist aber, dass die neue behandlungsmethode dem anerkannten stand der wissenschaft entspricht und diese erkenntnis sich in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren aussagen niedergeschlagen hat (lsg berlin-brandenburg, urteil vom 15.12.2006, az.: l 1 kr 67/04; ihle, in: jurispk-sgb v, 3. aufl., § 135 rn. 30). letztere voraussetzung ist nicht gegeben. nach ansicht der kammer fehlte es 2015 an hinreichenden wirksamkeitsbelegen. insoweit ergibt sich aus dem gutachten der sozialmedizinischen expertengruppe 7 "methoden- und produktbewertung" zum thema "liposuktion bei lip- und lymphödemen" vom 6. oktober 2011, dass hinreichende studien über die wirksamkeit der liposuktion nicht existieren. neue studien, die die wirksamkeit mit hinreichender sicherheit belegen, sind weder benannt worden, noch sonst ersichtlich. vielmehr ergab eine untersuchung des mds vom 15.01.2015, dass weiterhin keine hinreichenden daten bezüglich der wirksamkeit und der kosten-nutzen-relation existieren (abrufbar unter https://www.mds-ev.de/fileadmin/dokumente/publikationen/gkv/begutachtungsgrundlagen gkv/37 liposuktion 2015.pdf). damit aber bestand dem grunde nach schon keine veranlassung, einen antrag auf überprüfung der liposuktion zu stellen. eine zulassung der methode zur vertragsärztlichen versorgung kam nämlich mangels hinreichender wirksamkeitsnachweise nicht in betracht (vgl. § 4 i.v.m. § 10 sowie § 13 des 2.kapitels der verfahrensordnung des gba – abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1002/verfo 2014-12-18 ik-2015-04-16.pdf). die bloße untätigkeit genügt insoweit nicht. unabhängig davon wurde die methode im zeitpunkt der durchführung der liposuktion vom gba überprüft. eine beachtliche verzögerung kann dabei nicht darin gesehen werden, dass der antrag vom 22.05.2014 durch den gba im zeitpunkt der durchführung der maßnahme noch nicht entschieden war. eine prüfung innerhalb eines gewissen zeitraums ist dem gba abhängig von der komplexität des zu prüfenden verfahrens und dem umfang der eingereichten unterlagen zu zugestehen (ihle, in: jurispk-sgb v, 3. aufl., § 135 rn. 30). es ist nicht ersichtlich, dass eine zeitgerechte entscheidung bereits im jahre 2015 hätte ergehen müssen. anhaltspunkte dafür, dass die ausgestaltung des verfahrens des gba zur prüfung neuer behandlungsmethoden gemäß § 135 sgb v allgemein oder die prüfung im hinblick auf die liposuktion im einzelfall nicht den verfassungsrechtlichen anforderungen genügen würde (vgl. allgemein bundesverfassungsgericht, beschluss vom 10.11.2015, az.: 1 bvr 2056/12), sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. (2). der anspruch bestand aber auch dann nicht, wenn man annimmt, dass die liposuktion im rahmen einer stationären krankenhausbehandlung durchgeführt worden ist. die voraussetzungen des § 39 sgb v lagen nicht vor. (a). dem anspruch steht nicht – wie die beklagte meint - bereits das wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 abs. 1 sgb v i.v.m. § 2 abs. 1 s. 3 sgb v entgegensteht. nach der rechtsprechung des bsg sind auch im bereich der stationären krankenhausbehandlung durch die gerichte die anforderungen aus den §§ 2 abs. 1, 12 abs. 1 sgb v zu beachten (so die h.m. bsg, urteil vom 28.07.2008, az.: b 1 kr 5/08 r; bsg, urteil vom 17.02.2010, az.: b 1 kr 10/09 r; bsg, urteil vom 21.03.2013, az.: b 3 kr 2/12 r; bsg, beschluss vom 15.07.2015, az.: b 1 kr 23/15 b; bsg, urteil vom 17.11.2015, az.: b 1 kr 15/15 r; ebenso lsg nrw, urteil vom 16.01.2014, az.: l 16 kr 558/13; sächs. lsg, urteil vom 16.01.2014, az.: l 1 kr 229/10; becker, in: becker/kingreen, sgb v, § 137 c rn. 1; ricken, in: eichenhofer/wenner, sgb v, § 39 rn. 28; ulmer, in: eichenhofer/wenner, sgb v, § 137c rn. 11). daraus folge, dass nur solche methoden zu übernehmen seien, die dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse entsprächen. dazu sei erforderlich, dass ihre erprobung abgeschlossen sei und über qualität und wirksamkeit der neuen methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare aussagen möglich seien. in der regel sei dies durch entsprechende studien nachzuweisen. dem stünde § 137 c sgb v nicht entgegen, weil dieser die voraussetzungen für einen anspruch nach § 39 sgb v nicht selbst definiere und die ausrichtung am qualitätsgebot nicht beseitige. entgegen dieser ansicht ist die behandlung als sachleistung zu erbringen, wenn krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht, ein ausschluss durch den gba nicht vorliegt und die methode das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet (so die frühere rechtsprechung: bsg, urteil vom 19.03.2003, az.: b 1 kr 1/02 r; ebenso sg dortmund, urteil vom 29.01.2014, az.: s 40 kr 1359/11; felix/deister, nzs 2013, 81 ff.; bender, nzs 2012, 761 ff.; nach einfügung von § 137c abs. 3 sgb v sg hamburg, urteil vom 04.09.2015, az.: s 33 kr 822/13; sg dortmund, urteil vom 09.12.2015, az.: s 40 kr 804/12; braun, pharmr 2015, 492 (493); deister, nzs 2016, 328 ff.; vgl. auch ihle, in: jurispk-sgb v, § 137c rn. 42 ff.). weitere voraussetzungen im oben dargestellten sinne bestehen nicht. die auslegung der vorschrift hat sich an ihrem wortlaut, sinn und zweck der regelung, ihrer systematischen stellung und der entstehungsgeschichte auszurichten (vgl. zum auslegungskanon allgemein reimer, juristische methodenlehre, rn. 136 ff.). bei der auslegung hat die kammer stets das gesamte regelungssystem in den blick zu nehmen (vgl. bsg, urteil vom 16.12.2014, az.: b 1 kr 37/14 r). maßgebliche bedeutung kommt dabei der subjektiv-historischen perspektive, d.h. dem willen des gestzgebers, zu (zutreffend reimers, juristische methodenlehre, rn. 251 ff.; vgl. im sinne einer subjektiv-objektiven theorie würdinger, jus 2016, s. 1 (6)). soweit im rahmen der auslegung der gesetzgeberische wille eindeutig feststellbar ist, ist dieser maßgeblich. der regelungswille des gesetzgebers ist primäre richtlinie der gesetzesanwendung (zum folgenden: bundesverfassungsgericht [bverfg], beschluss vom 25.01.2011, az.: 1 bvr 918/10; bverfg, beschluss vom 26.09.2011, az.: 2 bvr 2216/06 u.a.; lsg berlin-brandenburg, beschluss vom 08.08.2012, az.: l 23 sf 80/12 b ab; reimers, juristische methodenlehre, rn. 251 ff.; rüthers, njw 2011, 1856 ff.; wedel, njw 2012, 719 f.; würdinger, jus 2016, s. 1 (6)). lässt sich der wille des gesetzgebers eindeutig feststellen, gebietet es der respekt vor dem demokratisch legitimierten gesetzgeber, diesem bei der anwendung der norm ausdruck zu verleihen. jedenfalls darf das gericht nicht durch seine auslegung das gesetzgeberische ziel der norm in einem wesentlichen punkt verfehlen oder verfälschen oder an die stelle der regelungskonzeption des gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. davon geht auch das bsg aus (vgl. bsg, urteil vom 23.06.2015, az.: b 1 kr 26/14 r; anders dann in der praktischen handhabung bsg, urteil vom 17.02.2010, az.: b 1 kr 10/09 r, zu § 137c sgb v oder bsg, urteil vom 01.07.2014, az.: b 1 kr 29/13 r, zur sachlich-rechnerischen richtigkeit). dies ist vorliegend der fall. das bsg hat ursprünglich zutreffend aus der begründung sowie der gesetzessystematik den schluss gezogen, dass die krankenkasse ihre leistungspflicht nicht mit der begründung verneinen kann, dass eine behandlung den in § 137c sgb v genannten kriterien nicht genügt, soweit der ausschuss krankenhaus eine entsprechende feststellung nicht getroffen hat (vgl. leitsatz 2 zur entscheidung bsg, urteil vom 19.03.2003, az.: b 1 kr 1/02 r; vgl. dazu sg dortmund, urteil vom 29.01.2014, az.: s 40 kr 1359/11). der gesetzgeber hat diese rechtsprechung aufgegriffen und bestätigt, dass für den stationären bereich abweichend von § 135 sgb v eine erlaubnis mit verbotsvorbehalt gelten soll (vgl. entwurf eines gesetzes zur verbesserung der versorgungsstrukturen in der gesetzlichen krankenversicherung ausgeführt worden - bt-drucks. 17/6906, s. 86). für dieses verständnis spricht auch der wortlaut des § 137c sgb v und die systematik des sgb v. § 137 c abs. 1 s. 1 sgb v setzt schon nach seinem wortlaut ("die zu lasten der gesetzlichen krankenkassen im rahmen einer krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen") und seinem inhalt voraus, dass die methoden bis zur negativen entscheidung des gba genutzt werden können (vgl. zum folgenden felix/deister, nzs 2013, 81 (87f.); bender, nzs 2012 761 (765 ff.)). er legt fest, dass methoden nur ausgeschlossen werden können, wenn der nutzen einer methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet (§ 137c abs. 1 s. 2 sgb v). damit wird schon ein gänzlich anderer maßstab definiert, als er von der rechtsprechung zur anwendung gelangt. nach der gesetzlichen konzeption ist zudem allein der gba für die feststellung des fehlenden nutzens/potenzials zuständig. eine überprüfungskompetenz der gerichte ist ausdrücklich nicht geregelt. dies wird durch die einführung der erprobung nach § 137e sgb v noch deutlicher (dazu auch felix/deister, nzs 2013, 81 (88); bender, nzs 2012, 761 (767 f.)). denn nach § 137c abs. 1 s. 3 sgb v beschließt der gemeinsame bundesausschuss eine richtlinie zur erprobung nach § 137e, wenn die überprüfung ergibt, dass der nutzen einer methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet. damit wäre die feststellung, dass der nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, gerade nicht mit dem ausschluss aus dem leistungskatalog verbunden. vielmehr wäre bei ausreichendem potenzial eine erprobungsrichtlinie zu erlassen, wofür aber ausschließlich der gba zuständig wäre. folgte man der oben zitierten rechtsprechung, wäre diese gesetzliche konstruktion ausgehebelt. unabhängig davon hat der gesetzgeber auch auf die geänderte rechtsprechung des bsg reagiert (vgl. dazu sg hamburg, urteil vom 04.09.2015, az.: s 33 kr 822/13; deister, nzs 2016, 328 ff.). er hat nunmehr eine ausdrückliche regelung in § 137c abs. 3 sgb v geschaffen. danach dürfen untersuchungs- und behandlungsmethoden, zu denen der gemeinsame bundesausschuss bisher keine entscheidung nach absatz 1 getroffen hat, im rahmen einer krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bieten und ihre anwendung nach den regeln der ärztlichen kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. in der gesetzesbegründung hat der gesetzgeber ausgeführt, dass weiterhin eine erlaubnis mit verbotsvorbehalt gelten soll. insoweit ist wegen der gegenteiligen rechtsprechung des bsg eine konkretisierung und klarstellung erfolgt. wörtlich wird insoweit ausgeführt (bt-drucks. 18/4095, s. 121 f.): " ...eine methode, deren nutzen nach feststellung des gemeinsamenbundesausschusses zwar noch nicht hinreichend belegt ist, die aber das potential einer erforderlichen behandlungsalternative bietet, kann nach den gesetzlichen vorgaben im rahmen der krankenhausbehandlung weiterhin zu lasten der krankenkassen erbracht werden. der gemeinsame bundesausschuss ist in einem solchen fall grundsätzlich verpflichtet, eine erprobung zu initiieren, um die für eine fundierte entscheidung erforderlichen erkenntnisse zu generieren. bis zum vorliegen dieser erkenntnisse und einer abschließenden entscheidung des gemeinsamen bundesausschusses bleibt es dabei, dass die methode im krankenhaus angewandt werden kann, insbesondere damit sie zur versorgung der typischerweise schwerer erkrankten versicherten mit besonderem bedarf nach innovativen behandlungsalternativen weiterhin zur verfügung steht. insoweit handelt es sich um eine konkretisierung des allgemeinen qualitätsgebots des § 2 absatz 1 satz 2 ... diese wertentscheidung gilt es auch in dem fall zu beachten, dass der gemeinsame bundesausschuss noch keine überprüfung nach § 137c absatz 1 durchgeführt hat. es stünde mit dem dargestellten konzept der grundsätzlichen erlaubnis mit verbotsvorbehalt nicht in einklang, wenn jede einzelne krankenkasse im einzelfall die kostenübernahme für eine nach den regeln der ärztlichen kunst erfolgende behandlung mit einer methode, die das potential einer erforderlichen behandlungsalternative bietet, mit der begründung ablehnen könnte, der nutzen der angewandten methode sei noch nicht hinreichend belegt. ebenso wenig wie der gemeinsame bundesausschuss eine methode mit potential unmittelbar aus der krankenhausversorgung ausschließen kann, kann eine solche negative leistungsentscheidung stattdessen auf der ebene der einzelkasse erfolgen." nach ansicht der kammer ist damit der gesetzgeberische wille mehr als klar formuliert worden. dieser hat hinreichenden niederschlag im gesetz gefunden. insbesondere der § 137c abs. 3 sgb v ist ausdruck dieses gesetzgeberischen willens. dem steht nicht entgegen, dass es sich bei § 137c sgb v um eine vorschrift aus dem leistungserbringerrecht handelt. es gibt bereits keine regel, wonach der gesetzgeber gezwungen wäre, konkretisierungen des leistungsrechts der versicherten ausschließlich in diesem bereich vornehmen zu müssen (z.b. im rahmen von § 12 bzw. § 39 sgb v), mag dies auch der struktur des gesetzes entsprechen und der klarheit des normengefüges förderlich sein. auch die rechtsprechung geht daher zutreffend davon aus, dass der leistungsanspruch des versicherten durch die vorschriften des § 135 sgb v (bsg, urteil vom 16.12.2008, az.: b 1 kr 11/08 r) oder des § 138 sgb v (bsg, urteil vom 26.09.2006, az.: b 1 kr 3/06 r) konkretisiert bzw. beschränkt wird. (b). die kammer geht aber davon aus, dass eine krankenhausbehandlung nicht erforderlich war. denn nach dem bericht von dr. offermann, chirurg, vom 25.11.2014 genügte eine ambulante liposuktion (bl. 18 der verwaltungsakte). dafür spricht auch, dass auf dem kostenvoranschlag angegeben wurde, dass ein zuschlag für eine ambulante operation und eine nachbetreuung von weniger als 4 stunden vorgesehen war (vgl. bl. 10 der verwaltungsakte). ebenso sprechen die leitlinien der fachgesellschaften für diese einschätzung. die dgäc empfiehlt im ambulanten bereich eine maximale aspirationsmenge von 2.000 ml reinen fettgewebes und bei gewährleisteter postoperativer nachbetreuung bis 24 stunden von 4.000 ml reinem fettanteil (abrufbar unter http://www.gacd.de/fileadmin/user upload/pdf/ leitlinien liposuktion.pdf). ausweislich des berichts von dr. oppermann waren 3-4 operationen geplant (bl. 17 der verwaltungsakte). es ist nicht ersichtlich, dass die dabei zu entfernenden fettmengen eine stationäre behandlung notwendig gemacht hätten. insgesamt gibt es keine anhaltspunkte, dass eine stationäre durchführung der liposuktion bei der erst xx-jährigen klägerin, bei der risikofaktoren weder benannt noch ersichtlich sind, notwendig war. (c). eine generelle krankenhausbehandlungsbedürftigkeit unterstellt, kommt eine kostenerstattung gleichwohl nicht in betracht. denn eine behandlung in einem zugelassenen krankenhaus hat nicht stattgefunden. es bestand kein sachleistungsanspruch zur behandlung in der mclinic dr. i in n. denn gemäß § 108 sgb v besteht der anspruch gemäß § 39 sgb v nur, wenn eine behandlung in einem zugelassenen krankenhaus begehrt wird (vgl. wortlaut § 39 abs. 1 s. 2 sgb v "behandlung in einem zugelassenen krankenhaus (§ 108)"). daran fehlt es im hinblick auf die mclinic in n, die eine chirurgische privatpraxis und nicht zugelassen im sinne des § 108 sgb v ist. dies hat im übrigen auch für die fes-klinik in f zu gelten, wo die erste liposuktion stattgefunden hat. es ist nicht ersichtlich, dass es sich dabei um ein zugelassenes krankenhaus handelt. folgerichtig bezeichnet sich die fes-klinik selbst auch als tagesklinik. c. der anspruch folgt schließlich nicht aus § 13 abs. 3a s. 7 sgb v. nach § 13 abs. 3a s. 1 sgb v hat die krankenkasse über einen antrag auf leistungen zügig, spätestens bis zum ablauf von drei wochen nach antragseingang oder in fällen, in denen eine gutachtliche stellungnahme, insbesondere des medizinischen dienstes der krankenversicherung (medizinischer dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf wochen nach antragseingang zu entscheiden. wenn die krankenkasse eine gutachtliche stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. kann die krankenkasse fristen nach satz 1 oder satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies gemäß § 13 abs. 3a s. 5 sgb v den leistungsberechtigten unter darlegung der gründe rechtzeitig schriftlich mit. erfolgt keine mitteilung eines hinreichenden grundes, gilt die leistung nach ablauf der frist gemäß § 13 abs. 3a s. 6 sgb v als genehmigt. beschaffen sich leistungsberechtigte nach ablauf der frist eine erforderliche leistung selbst, ist die krankenkasse nach § 13 abs. 3a s. 7 sgb v zur erstattung der hierdurch entstandenen kosten verpflichtet. für leistungen zur medizinischen rehabilitation gelten gemäß § 13 abs. 3a s. 9 sgb v die §§ 14, 15 des neunten buches (sgb ix) zur zuständigkeitsklärung und erstattung selbst beschaffter leistungen. (1) dem anspruch aus § 13 abs. 3a s. 7 sgb v steht bereits entgegen, dass hier innerhalb der frist von § 13 abs. 3a s. 1 sgb v eine entscheidung der beklagten ergangen ist. den nach angaben der klägerin am 30.11.2014 gestellten antrag hat die beklagte nämlich am 18.12.2014, mithin innerhalb der 3-wochen-frist, entschieden. unerheblich ist dabei, dass die entscheidung mündlich ergangen ist. nach dem wortlaut des gesetzes ist innerhalb der frist die entscheidung zu treffen, was auch mit der mündlichen ablehnung der fall ist. weder ist dem wortlaut des 13 abs. 3a s. 1 sgb v zu entnehmen, dass die entscheidung schriftlich zu ergehen hat, noch lässt sich ein solches erfordernis der gesetzesbegründung entnehmen. es gilt damit der grundsatz der formfreiheit, wie er für das verwaltungsverfahren allgemein in § 9 s. 1 des sozialgesetzbuches zehntes buch (sgb x) und für verwaltungsakte gemäß § 33 abs. 2 s. 1 sgb x (zur qualifizierung der entscheidung nach § 13 abs. 3a s. 1 sgb v als verwaltungsakt siehe schifferdecker, in: kasseler kommentar, sgb v, § 13 rn. 125) niedergelegt ist. es kommt hinzu, dass § 13 abs. 3a s. 5 sgb v ausdrücklich die schriftform für die mitteilung hinreichender gründe vorsieht. der gesetzgeber hat dieses erfordernis in s. 1 sgb v dagegen nicht normiert. daraus folgt, dass in § 13 abs. 3a s. 1 sgb v mithin keine schriftform vorausgesetzt wird. (2) daneben greift die regelung auch inhaltlich nicht. die erfüllung der voraussetzungen des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v begründet noch keinen anspruch aus § 13 abs. 3a s. 7 sgb v. eine kostenerstattung kommt nur für solche beantragten leistungen in betracht, die die krankenkassen allgemein in natur als sach- oder dienstleistung zu erbringen haben. der kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als der nach den vorschriften des sgb v zugrunde liegende sachleistungsanspruch (so ausführlich sg dortmund, urteil vom 11.11.2015, az.: s 40 kr 759/14). daran ist festzuhalten (ebenso § 13 abs. 3a sgb v einschränkend auslegend lsg nrw, beschluss vom 26.05.2014, az.: l 16 kr 154/14 b er; hesslsg, urteil vom 10.12.2015, az.: l 1 kr 413/14; lsg baden-württemberg, beschluss vom 29.04.2016, az.: l 4 kr 4368/15; sg dortmund, beschluss vom 31.01.2014, az.: s 28 kr 1/14 er; sg würzburg, urteil vom 15.01.2015, az.: s 11 kr 100/14; helbig, in: jurispk-sgb v, 3.aufl., § 13 rn. 68 ff.; ulmer, in: eichenhofer/wenner, sgb v, 2. aufl., § 13 rn. 68 ff.; heining, in: gesundheitsrecht, sgb v - sgb xi, § 13 sgb v rn. 33; preis/schneider, nzs 2013, 281 (287); knispel, sgb 2014, 374 ff.) (a) schon der wortlaut der vorschrift spricht für eine beschränkung auf einen sachleistungsersetzenden kostenerstattungsanspruch (s.a. lsg baden-württemberg, beschluss vom 29.04.2016, az.: l 4 kr 4368/15). dieser sieht nämlich eine kostenerstattung nur für "erforderliche" leistungen vor. der begriff der erforderlichkeit wird an anderen stellen des sgb v ebenfalls zur beschränkung des anspruches verwendet (vgl. § 39 abs. 1 s. 2 sgb v bzw. § 40 abs. 1 s. 1 sgb v). insbesondere § 15 abs. 1 s. 3 sgb ix, der grundlage für die regelung des § 13 abs. 3a s. 7 sgb v gewesen ist (bt-drucks. 17/10488, s. 32), regelt ebenfalls nur eine kostenerstattung für erforderliche leistungen. im rahmen von § 15 abs. 1 s. 3 sgb ix ist anerkannt, dass durch diese formulierungen der anspruch des versicherten, u.a. durch die grundsätze der wirtschaftlichkeit und sparsamkeit, inhaltlich begrenzt wird (vgl. br-drucks. 49/01, s. 305; majerski-pahlen, in: neumann/pahlen/majerski-pahlen, sgb ix, 12. aufl., § 15 rn. 3). es finden sich keinerlei anhaltspunkte in § 13 abs. 3a sgbv oder in der gesetzesbegründung, dass der gesetzgeber in s. 7 eine andere bedeutung zugrunde legen wollte. da § 13 abs. 3a s. 6 sgb v diese einschränkung nicht enthält, kann dem wortlaut des s. 7 auch nicht jede bedeutung abgesprochen werden. bestätigt wird dieses verständnis durch die systematische stellung des § 13 abs. 3a sgb v innerhalb des § 13, der bisher ausschließlich sachleistungsersetzende kostenerstattungsansprüche geregelt hatte (ebenso hesslsg, urteil vom 10.12.2015, az.: l 1 kr 413/14; lsg baden-württemberg, beschluss vom 29.04.2016, az.: l 4 kr 4368/15; helbig, in: jurispk-sgb v, § 13 rn. 70). die dort erfassten kostenerstattungsansprüche setzen jeweils voraus, dass die selbstbeschaffte krankenbehandlung zu den leistungen gehört, welche die krankenkassen allgemein in natur als sach- oder dienstleistung zu erbringen haben (bsg, urteil vom 04. april 2006, az.: b 1 kr 12/05 r, sowie brandts, in: kasseler kommentar, sgb v, § 13 rn. 53, zu § 13 abs. 3 s. 1 sgb v; bsg, urteil vom 25.09.2000, az.: b 1 kr 5/99 r, sowie brandts, in: kasseler kommentar, sgb v, § 13 rn. 29, in bezug auf § 13 abs. 2 sgb v; zu § 13 abs. 4 u. 5. vgl. bsg, urteil vom 30.06.2009, az.: b 1 kr 19/08 r). hätte der gesetzgeber von dieser systematik im rahmen von § 13 abs. 3a s. 7 sgb v abweichen wollen, hätte es zumindest entsprechender hinweise in der gesetzesbegründung bedurft (so auch hesslsg, urteil vom 10.12.2015, az.: l 1 kr 413/14; lsg baden-württemberg, beschluss vom 29.04.2016, az.: l 4 kr 4368/15). auch die gesetzgebungsgeschichte und die gesetzesbegründung sprechen klar für das enge verständnis. der gesetzesentwurf hatte zunächst nur die einführung eines neuen kostenerstattungsanspruches vorgesehen. in der gesetzesbegründung wurde dabei ausdrücklich bezug genommen auf einen sachleistungsersetzenden kostenerstattungsanspruch ("die versicherten sind so zu stellen, als hätte die krankenkasse die sachleistung rechtzeitig zur verfügung gestellt." - bt-drucks. 17/10488, s. 32). darüber hinaus war vorbild für die neuregelung die vorschrift des § 15 sgb ix. dort wird aber vorausgesetzt, dass ein sachleistungsanspruch besteht (vgl. bsg, urteil vom 07.05.2013, az.: b 1 kr 12/12 r; lsg baden-württemberg, urteil vom 22.10.2013, az.: l 13 r 2947/12; majerski-pahlen, in: neumann/pahlen/majerski-pahlen, sgb ix, § 15 rn. 3). nur so wird schließlich die regelung des § 13 abs. 3a s. 9 sgb v verständlich. da nach dem gesetzentwurf sowohl der jetzige § 13 abs. 3a s. 7 sgb v als auch § 15 abs. 1 sgb xi sachleistungsersetzende kostenerstattungsregelungen vorsahen, war zur vermeidung von doppelten anspruchsgrundlagen im rahmen der medizinischen rehabilitation der ausschluss des § 13 abs. 3a s. 7 sgb v angezeigt. jedenfalls bedurfte es wegen der vorschrift des § 15 abs. 1 sgb ix keiner schaffung einer weiteren anspruchsgrundlage. (b) aus der einfügung der genehmigungsfiktion des § 13 abs. 3a s. 6 sgb v folgt nichts anderes. es lässt sich der beschlussempfehlung und dem bericht des ausschusses für gesundheit nichts entnehmen, dass für eine leistungsausweitung im rahmen von s. 7 sprechen würde. damit sollte einerseits gerade nicht von der grundsätzlichen gesetzgeberischen konstruktion abgewichen werden (vgl. bt-drucks. 17/11710, s. 29 f.). andererseits wird in diesem zusammenhang nochmals klar auf einen sachleistungsanspruch bezug genommen, wenn dort ausgeführt wird, dass sich der versicherte die ihm "zustehende" leistung zeitnah selbst beschaffen kann (vgl. bt-drucks. 17/11710, s. 30). sinn der regelung des s. 6 war es, den versicherten ohne eine zusätzliche fristsetzung die beschaffung der ihnen zustehenden leistungen zu ermöglichen (zutreffend hesslsg, urteil vom 10.12.2015, az.: l 1 kr 413/14; lsg baden-württemberg, beschluss vom 29.04.2016, az.: l 4 kr 4368/15). an keinerlei stelle lässt sich entnehmen, dass gleichzeitig eine leistungsausweitung intendiert war (vgl. hesslsg, urteil vom 10.12.2015, az.: l 1 kr 413/14). dies wäre aber zu erwarten gewesen, insbesondere weil die übrigen, auf den sachleistungsanspruch bezogenen regelung (s. 7 und s. 9) unverändert beibehalten worden sind. (c) soweit das bsg (bsg, urteil vom 08.03.2016, az.: b 1 kr 25/15 r) und die überwiegende rechtsprechung der sozialgerichte (u.a. lsg nrw, beschluss vom 23.05.2014, az.: l 5 kr 222/14 b er; sg dessau-roßlau, urteil vom 18.12.2013, az.: s 21 kr 282/13; sg nürnberg, urteil vom 27.03.2014, az.: s 7 kr 520/13; sg augsburg, urteil vom 03.06.2014, az.: s 6 kr 339/13; sg lüneburg, urteil vom 17.02.2015, az.: s 16 kr 96/14; sg detmold, urteil vom 09.07.2015, az.: s 24 kr 254/14) die gegenteilige rechtsansicht vertreten, überzeugt dies weiterhin nicht. auch die entscheidung des bsg gibt insoweit keinen anlass, von der oben dargestellten rechtsansicht abzuweichen. weder das bsg noch die sonstige rechtsprechung setzen sich in hinreichender weise mit dem wortlaut, dem gesetzgeberischen willen und der systematischen stellung auseinander. darüber hinaus überzeugen aber auch die argumente, die für die weite sichtweise vorgetragen werden, nicht. dem engen verständnis steht das ziel des gesetzes zur verbesserung der rechte von patientinnen und patienten (patientenrechtegesetz), das genehmigungsverfahren im interesse der patienten zu beschleunigen, nicht entgegen (so aber z.b. lsg nrw, beschluss vom 23.05.2014, az.: l 5 kr 222/14 b er; sg dortmund, urteil vom 22.01.2016, az.: s 8 kr 435/14). dieses ziel ist der gesetzesbegründung zum entwurf des patientenrechtegesetzes (siehe bt-drucks. 17/10488, s. 32) entnommen. der gleiche gesetzesentwurf sieht aber eine genehmigungsfiktion nicht vor. vielmehr suchte der gesetzgeber das ziel der verfahrensbeschleunigung durch die schaffung eines kostenerstattungsanspruches, der als sachleistungsersetzender anspruch konstruiert war, zu erreichen. die beschleunigung des verfahrens sollte allein durch die konkret geregelte frist und die möglichkeit der beschaffung der leistungen – auch auf privatärztlicher basis – nach fristablauf erreicht werden. es überzeugt daher nicht, wenn der gesetzeszweck der verfahrensbeschleunigung nunmehr zur auslegung der genehmigungsfiktion und des kostenerstattungsanspruches herangezogen wird, wenn nicht einmal der ursprüngliche gesetzesentwurf zur zweckerreichung eine solch weitgehende regelung für erforderlich gehalten hat. das hat gleichfalls für das argument zu gelten, dass die sanktionswirkung der vorschrift ein weites verständnis erfordere (so wohl bsg, urteil vom 08.03.2016, az.: b 1 kr 25/15 r). die dahinterstehende deutung ist nach ansicht der kammer zumindest irreführend (kritisch auch helbig, in: jurispk-sgb v, § 13 rn. 70.2). der entsprechende gesetzesentwurf, der dieser aussage zugrunde lag, sah lediglich eine sachleistungsersetzende kostenerstattungsregelung vor. eine genehmigungsfiktion war aufgenommen worden. die angestrebte sanktionswirkung taugt mithin nicht zur auslegung der genehmigungsfiktion. dagegen lässt sich der begründung des ausschusses, der später die genehmigungsfiktion ins gesetz eingeführt hatte, keinerlei sanktionsgedanke entnehmen (vgl. bt-drucks. 17/11710, s. 29 f.). darüber hinaus sollte offenbar die sanktionswirkung darin bestehen, dass die krankenkasse entsprechend der regelung des § 13 abs. 3 sgb v (bt-drucks. 17/10488, s. 32) abrechnungen anhand der goä oder goz auszugleichen hat, die i.d.r. deutlich über den positionen nach dem ebm liegen. anhaltspunkte für eine weitergehende sanktionswirkung finden sich auch in der ursprünglichen begründung nicht. die weite auslegung überzeugt auch deshalb nicht, weil das verhältnis zu § 13 abs. 3a s. 9 sgb v nicht geklärt wird. dabei vermag die beschränkung des s. 9 auf leistungen der medizinischen rehabilitation gemäß §§ 11 abs. 2 s 1, 40 f. sgb v schon nicht zu überzeugen (so aber bsg, urteil vom 08.03.2016, az.: b 1 kr 25/15 r). die abgrenzung hat vielmehr im verhältnis von §§ 14 f. sgb ix zu § 13 abs. 3a sgb v zu erfolgen. leistungen, die unter § 14 sgb ix fallen, sind dem anwendungsbereich des § 13 abs. 3a gänzlich entzogen (vgl. sg stralsund, beschluss vom 07.04.2014, az.: s 3 kr 112/13; sg dortmund, beschluss vom 16.07.2014, az.: s 40 kr 742/14 er; sg dortmund, urteil vom 11.11.2015, az.: s 40 kr 518/14). da § 13 abs. 3a s. 7 sgb v ebenso wie § 15 sgb ix nur einen sachleistungsersetzenden kostenerstattungsanspruch vorgesehen hatte, wurde mit s. 9 eine abgrenzung zugunsten von § 115 abs. 1 sgb ix vorgenommen. durch die einfügung von s. 6 ist insoweit keine änderung des regelungszwecks intendiert worden. gegenteiliges lässt sich weder dem wortlaut noch der begründung des ausschusses entnehmen. selbst wenn man aber der begrenzung des bsg folgen würde, lässt sich der entscheidung des bsg an keiner stelle ein sachlicher grund für die dadurch bewirkte unterschiedliche behandlung entnehmen. danach können sich nämlich antragsteller, die leistungen der medizinischen rehabilitation nach §§ 40 f. sgb v begehren, nicht auf § 13 abs. 3a sgb v stützen und sind mithin auf den ursprünglichen sachleistungsanspruch beschränkt, ohne dass ersichtlich wäre, inwiefern diese unterschiedliche behandlung gerechtfertigt wäre. schließlich geht das argument, dass die einschränkende auslegung – u.a. der hiesigen kammer – zu einem verstoß gegen art. 3 des grundgesetzes führe (vgl. lsg nrw, beschluss vom 23.05.2014, az.: l 5 kr 222/14 b er; sg dortmund, urteil vom 22.01.2016, az.: s 8 kr 435/14), ins leere. schon grundsätzlich ist nicht erkennbar, inweifern eine ungleichbehandlung vorliegen soll. denn nach der rechtsprechung der kammer haben sowohl § 13 abs. 3a s. 6 sgb v als auch § 13 abs. 3a s. 7 sgb v jeweils die gleiche beschränkte reichweite (siehe sg dortmund, urteile vom 11.11.2015, az.: s 40 kr 5118/14 sowie s 40 kr 759/14). es kommt hinzu, dass der umstand, dass mittellose von der möglichkeit der selbstbeschaffung ausgeschlossen sind, auch bei anderen kostenerstattungsansprüchen grundsätzlich gegeben ist. beispielhaft kann insoweit auf § 13 abs. 3 sgb verwiesen, der schon generell nur eine kostenerstattung regelt und keinen sachleistungsanspruch vorsieht, obwohl dies gerade bei unaufschiebbaren leistungen nicht unproblematisch erscheint. gleichwohl ist keine entscheidung der hiesigen 8. kammer oder des 5. senats des lsg nrw bekannt, wo vergleichbare verfassungsrechtliche bedenken geltend gemacht worden wären. dem liegt letztlich zugrunde, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass mittellose von den möglichkeiten der kostenerstattung gegebenenfalls ausgeschlossen sind (vgl. helbig, in: jurispk-sgb v, § 13 rn. 70.2). grundsätzlich erbringt die krankenkasse nämlich eine sachleistung (§ 2 abs. 2 s. 1 sgb v). kostenerstattungsansprüche sind demgegenüber die ausnahme (vgl. § 13 abs. 1 sgb v). der sachleistungsanspruch besteht aber in jedem fall – unabhängig von der möglichkeit der kostenerstattung – und kann gegebenenfalls im rahmen eines gerichtlichen eilverfahrens durchgesetzt werden. es ist nicht ersichtlich, dass diese gesetzliche konstruktion den verfassungsrechtlichen anforderungen nicht gerecht wird. 2. die kostenentscheidung folgt aus §§ 183 s. 1, 193 abs. 1 s. 1 sgg.
Verklagte*r
0
320,620
L 7 AS 1440/18
"2019-05-23T00:00:00"
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.07.2018 geändert. Der Bescheid vom 19.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2017 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter entsprechender Änderung der Bescheide vom 18.05.2017 und 02.06.2017 weitere 470,67 EUR für Mai 2017 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Berufungsbeklagten zur Übernahme einer Betriebs- und Heizkostennachforderung für ein beendetes Mietverhältnis streitig. 3Die am 00.00.1968 geborene Klägerin bezog bis zum 31.05.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Stadt L. Sie lebte bis zu diesem Zeitpunkt allein in einer Mietwohnung in L. Die Kosten der Unterkunft und Heizung für diese Wohnung hatte die Stadt L als angemessen anerkannt und vollständig übernommen. Die Klägerin hatte an ihrem Wohnort soziale Probleme mit psychischen Auswirkungen. Nach Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung erkannte die Stadt L gegenüber dem Betreuer der Klägerin die grundsätzliche Notwendigkeit eines Wohnortwechsels an (E-Mail der Stadt L an den Betreuer der Klägerin vom 01.04.2015). 4Am 29.02.2016 schloss die Klägerin einen Mietvertrag über eine Wohnung in F mit Mietbeginn zum 01.06.2016. Die Bruttokaltmiete für die neue Wohnung wurde mit 415 EUR vereinbart (345 EUR Grundmiete, 70 EUR Betriebskosten). Heizkosten fielen zunächst ab Juli 2016 monatlich iHv 95 EUR und ab August 2016 monatlich iHv 65 EUR an, die unmittelbar an die Stadtwerke F zu entrichten waren. Mit Schreiben vom 01.03.2016 kündigte die Klägerin ihr Mietverhältnis in L zum 31.05.2016. Einen Antrag auf Zusicherung für diesen Umzug lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 16.03.2016 ab, da die Unterkunftskosten in der neuen Wohnung in F nicht angemessen seien. Nach den Richtlinien des Kreises F übersteige die Kaltmiete von 345 EUR den Mietrichtwert von 286,50 EUR um 58,50 EUR. Die Betriebskosten iHv 70 EUR seien angemessen. Mit separater E-Mail vom 23.03.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, bei einem Umzug ohne Zusicherung könnten nur die angemessenen Unterkunftskosten übernommen werden. Zudem würden keine Umzugskosten erstattet. Die neue Bruttokaltmiete übernahm die Beklagte ab dem 01.06.2016 nur iHv 383 EUR. Die Klägerin akzeptierte die reduzierte Übernahme der Unterkunftskosten und beantragte die Überweisung der vollen Miete an den Vermieter unter entsprechendem Rückgriff auf die Regelleistung. Die Kaution iHv 345 EUR entrichtete die Klägerin mittels Raten iHv 30 EUR monatlich an ihren Vermieter. Die Raten wurden auf ihren Wunsch ebenfalls von ihrem Regelbedarf einbehalten und von der Beklagten an den Vermieter weitergeleitet. 5Unter den 08.05.2017 rechnete der Vermieter der Wohnung in L die Heiz- und Betriebskosten für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.05.2016 ab. Er stellte der Klägerin eine Nachzahlung iHv 470,67 EUR (111,59 EUR Betriebskosten/ 359,08 EUR Heizkosten), die binnen 14 Tagen auszugleichen war, in Rechnung. 6Mit Bescheid vom 18.05.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin für Mai 2017 bis November 2017 Leistungen iHv monatlich 599 EUR (409 EUR Regelbedarf + 430 EUR KdU/H - 240 EUR bereinigtes Einkommen). Für Mai 2017 änderte die Beklagte die Bewilligung mit Bescheid vom 02.06.2017 auf 839 EUR (409 EUR Regelbedarf, 430 KdU/H), nachdem sie festgestellt hatte, dass der Klägerin in diesem Monat kein Arbeitseinkommen zugeflossen war. 7Am 09.06.2017 beantragte die Klägerin die Übernahme der Forderung iHv 470,67 EUR aus der Nebenkostenabrechnung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid 19.06.2017 ab. Den hiergegen fristgerecht eingereichten Widerspruch wies der Kreis L mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2017 zurück. Da sich die Abrechnung nicht auf die aktuelle Wohnung beziehe, sei der räumliche Lebensmittelpunkt nicht gefährdet. Die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Ausnahmefälle, in denen bei ununterbrochenem Leistungsbezug eine Übernahme der Abrechnung aus früheren Wohnverhältnissen in Betracht komme, seien nicht einschlägig, da dem Umzug in die neue Wohnung eine Kostensenkungsaufforderung oder Umzugszusicherung nicht vorausgegangen sei. 8Hiergegen hat die Klägerin am 21.09.2017 Klage bei dem Sozialgericht Duisburg erhoben. Durch ihren Leistungsbezug sowohl im Zeitpunkt der Entstehung der Nebenkosten als auch zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit bestehe eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nachforderung mit ihrem unterkunftsbezogenen Bedarf. 9Die Klägerin hat beantragt, 10die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.08.2017 zu verurteilen, die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2016 für die Wohnung L-straße 00 in L in Höhe von 470,67 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2017 zu zahlen. 11Die Beklagte hat beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie hat gemeint, grundsätzlich seien nur die Aufwendungen für die gegenwärtig bewohnte Wohnung zu übernehmen. Ausnahmen davon seien nur bei einem Wohnungswechsel aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung oder Umzugszusicherung anzuerkennen. 14Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Sozialgerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt. 15Mit Urteil vom 19.07.2018 hat das Sozialgericht die Klage (ohne mündliche Verhandlung) abgewiesen. Da die Nebenkostenabrechnung eine frühere Wohnung der Klägerin betrifft, diene eine Kostenübernahme nicht dem Schutz des persönlichen Lebensbereichs Wohnung sowie dem Grundbedürfnis Wohnen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei bei durchgehendem Leistungsbezug nur anzunehmen, wenn der Umzug aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung oder mit Zusicherung eines Jobcenters erfolgt sei. Ohne Kostensenkungsaufforderung oder Umzugszusicherung fehle es an einer relevanten Verknüpfung der Abrechnung mit der aktuellen Wohnung. Die hiermit verbundene Einschränkung der Umzugsmöglichkeiten von Leistungsbeziehern sei hinzunehmen, denn der Umzug in eine unangemessen teure Wohnung sei unerwünscht. Der Leistungsbezieher werde durch das Zusicherungsverfahren, welchem Warnfunktion zukomme, ausreichend geschützt. 16Gegen das ihr am 30.07.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.08.2018 Berufung eingelegt. Sie nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und hält auf Hinweis des Senats den Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zinszahlung nicht aufrecht. 17Die Klägerin beantragt, 18das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.07.2018 zu ändern, den Bescheid vom 19.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter entsprechender Änderung der Bescheide vom 18.05.2017 und 02.06.2017 weitere 470,67 EUR für Mai 2017 zu zahlen. 19Die Beklagte beantragt, 20die Berufung zurückzuweisen. 21Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. 22Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen. 23Entscheidungsgründe: 24Die aufgrund der Zulassung durch das Sozialgericht statthafte Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig iSd § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat im Mai 2017 Anspruch auf höhere Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der im Mai 2017 fälligen Nebenkostennachforderung für ihre bis Mai 2016 bewohnte Wohnung iHv 470,67 EUR und auf eine entsprechende Änderung der Bewilligungsbescheide. 25Gegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch der Klägerin auf höhere Unterkunftskosten für Mai 2017. Dieses Begehren verfolgt die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG). Mit der Anfechtungsklage erreicht die Klägerin die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 19.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2017. Die Verpflichtungsklage richtet sich - ungeachtet der Frage, ob sich die Rücknahme des ursprünglichen Bewilligungsbescheides auf § 44 SGB X oder auf § 48 SGB X stützt (insoweit abweichend BSG Urteil vom 28.11.2018 - B 14 AS 48/17) - auf eine Änderung dieses Bescheides, da die zusätzlich geltend gemachten Unterkunftskosten nicht Gegenstand einer gesonderten Entscheidung sein können, sondern Bestandteil der insgesamt zustehenden Unterkunftskosten sind. Zwar kann ein Rechtsstreit auf die Unterkunftskosten beschränkt werden (st. Rechtsprechung, vgl. nur BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R), eine weitere Beschränkung des Streitgegenstand auf einzelne Bestandteile der Unterkunftskosten ist indes nicht statthaft (st. Rechtsprechung, vgl. nur BSG Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R). Die geltend gemachten Nebenkosten, bestehend aus den Betriebskosten gemäß § 556 BGB und den Heizkosten, sind von den Bedarfen für Unterkunft und Heizung erfasst (BSG Urteil vom 30.03.2017 - B 14 AS 13/16 R). Die Leistungsklage ist auf die Auszahlung des geltend gemachten Differenzbetrags gerichtet. Der Umstand, dass die Klägerin erstinstanzlich keinen Verpflichtungsantrag gestellt hat, steht einer Sachentscheidung hierüber nicht entgegen, da es sich lediglich um eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes handelt und diese gem. § 99 Abs. 2 Nr. 2 SGG daher nicht als Klageänderung gilt. Im Übrigen wäre eine Klageerweiterung gem. § 99 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren zulässig. 26Der Höhe nach hat die Klägerin ihr Begehren auf die Zahlung weiterer 470,67 EUR im Mai 2017 beschränkt. Hieran war der Senat gebunden (§ 123 SGG), so dass nicht zu prüfen war, ob die Kürzung der Unterkunftskosten im Mai 2017 für die Wohnung in L rechtmäßig erfolgt ist. 27Die Klägerin richtet ihr Begehren zutreffend gegen die Beklagte, die durch Delegationssatzung im eigenen Namen für den Kreis L über die streitgegenständlichen Leistungen entscheidet (§ 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW iVm Anlage zu § 1 Kommunalträgerzulassungs-VO iVm §§ 1 Abs. 1, 3 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Kreis L vom 20.06.2008). Der Senat hat keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Aufgabenverteilung. Zwar wird vertreten, dass eine Optionskommune nach § 6a SGB II gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung als Kompetenzausübungsschranke verstoße, wenn sie ihre hoheitlichen Aufgaben durch zwei rechtlich verselbständigte Verwaltungseinheiten wahrnehmen lässt. Das widerspreche dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Einheitsprinzip für Optionskommunen (SG Osnabrück Urteil vom 26.04.2017 - S 24 AS 916/15, Revision anhängig bei dem BSG unter dem Aktenzeichen B 14 AS 24/17 R). Die Delegation von den Kreisen obliegenden Aufgaben an die kreisangehörigen Gemeinden hat der Bundesgesetzgeber für den Fall der getrennten Aufgabenwahrnehmung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kreisfreien Städten und Kreisen (§ 6 Abs. 1 SGB II) jedoch in § 6 Abs. 2 SGB II ausdrücklich vorgesehen. Deshalb bestehen auch für den Fall der Bildung von Optionskommunen - hier der Kreis L - keine bundesrechtlichen Bedenken gegen die in § 5 Abs. 2 AG-SGB II NRW vorgesehene Möglichkeit einer Aufgabendelegation an die kreisangehörigen Gemeinden, hier die Beklagte. 28Die Bewilligungsbescheide vom 18.05.2017 und 02.06.2017 sind rechtswidrig iSd § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X und insoweit aufzuheben. Da nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch bestandskräftige Verwaltungsakte zurückgenommen werden können, ohne dass andererseits die Bestandskraft für eine Rücknahme erforderlich ist, kann dahinstehen, ob der Antrag der Klägerin unter dem 09.06.2017 auch als Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 02.06.2017 hätte ausgelegt werden können. 29Der Klägerin stehen für Mai 2017 höhere Unterkunftskosten zu. 30Die Klägerin erfüllt als erwerbsfähige Leistungsberechtigte im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht vollendet hatte (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) war und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (Nr. 4). Leistungsausschlussgründe lagen bei der Klägerin nicht vor. 31Da die Nebenkostenabrechnung im Mai 2017 fällig war, war der Leistungsbescheid von Beginn an ("bei Erlass") rechtswidrig iSd § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. 32Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Hiervon erfasst werden nicht nur Leistungen für laufende, sondern auch für einmalige Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Durch diese Leistungen soll der persönliche Lebensbereich Wohnung geschützt werden. Der Leistungsanspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dient der Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens und erfasst deshalb grundsätzlich die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung (BSG Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 40/14 R). Besteht das Mietverhältnis noch, gehören auch Nebenkostennachforderungen, die vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit tatsächlich entstanden sind, aber erst nach deren Eintritt fällig werden, zu den übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (BSG Urteile vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R und vom 25.06.2015 - B 14 AS 40/14 R). Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und/oder Heizkosten in einer Summe fällig wird, gehört sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen aktuellen Bedarf (vgl. BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R). 33Dies gilt grundsätzlich auch, wenn das einstige Mietverhältnis bei Fälligkeit der Nebenkostennachforderung nicht mehr bestand (BSG Urteil vom 30.03.2017 - B 14 AS 13/16 R). Für einen solchen Fall hat das BSG einen Kostenübernahmeanspruch anerkannt, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten als auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung im Leistungsbezug nach dem SGB II stand und die Aufgabe der bisherigen Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt und keine andere Bedarfsdeckung eingetreten ist (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R; vgl. auch BSG Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 40/14 R) oder wenn die Mieter durchgehend seit dem Zeitraum, für den die Nebenkostenforderung erhoben wird, bis zu deren Geltendmachung und Fälligkeit im Leistungsbezug nach dem SGB II standen und eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs vorlag (BSG Urteil vom 30.03.2017 - B 14 AS 13/16 R). Denn es bestehe auch dann eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf, weil sowohl die Entstehung der Nachforderung als auch ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit betreffe, in dem der SGB II-Träger für die unterkunftsbezogenen Bedarfe der Leistungsbezieher einschließlich der Nebenkosten aufzukommen habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass es eine faktische Umzugssperre bewirken könnte, wenn Nachforderungen für eine frühere Wohnung bei durchgehender Hilfebedürftigkeit nicht übernommen würden, weil Leistungsbezieher sich dann dem Risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden, zumal sie die Höhe der Abschläge regelmäßig nicht beeinflussen könnten. Im Übrigen mindere eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Zudem könnten Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen, sei es, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung gemietet ist oder sei es, dass für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig ist, und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlagen (BSG Urteile vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R und vom 30.03.2017 - B 14 AS 13/16 R). 34Die vom BSG gebildeten Fallgruppen, die eine Übernahme von Kosten für eine nicht mehr bewohnte Wohnung ermöglichen (Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit bzw. Zusicherung hinsichtlich des Umzugs), sind indes nicht als abschließend anzusehen. Dies verdeutlicht bereits das Wort "jedenfalls" im Urteil des BSG vom 30.03.2017 (B 14 AS 13/16 R), das weitere Fallkonstellationen zulässt. 35Der Senat hat bereits Zweifel, ob die Anforderung "Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit" tatsächlich ein sachgerechtes Kriterium für den Übernahmeanspruch ist, da sich in einem solchen Fall die Nebenkostenforderung auf unangemessene Unterkunftskosten bezieht und eine Erstattung bei einem Verbleiben des Betroffenen in der Wohnung nicht in Betracht gekommen wäre. Auch die Anforderung "Zusicherung hinsichtlich des Umzugs" erscheint zweifelhaft, da sich diese Zusicherung nur auf die Kosten der künftigen Wohnung bezieht und Kosten der bisherigen Wohnung gerade nicht in den Blick nimmt. 36Jedenfalls aber kann eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf auch dann vorliegen, wenn dem Umzug eine Kostensenkungsaufforderung oder eine Umzugszusicherung nicht vorausgegangen ist. Allein die Unangemessenheit der neuen Unterkunftskosten steht einer Verknüpfung im o.g. Sinne nicht entgegen, denn diese hat lediglich Auswirkungen auf die neuen Unterkunftskosten bzw. auf die umzugsbedingten Kosten wie Kaution, Renovierungs- und Umzugskosten. So hat die Klägerin die Kaution und die Umzugskosten aus ihrem Einkommensfreibetrag selbst finanziert. Außerdem muss sie monatlich unangemessene Unterkunftskosten für die neue Unterkunft aus dem Regelbedarf bzw. dem Einkommensfreibetrag finanzieren. Diese Konsequenzen aus dem nicht genehmigten Umzug betreffen aber die zukunftsbezogen Kostensteigerungen, die die Klägerin durch ihr Verhalten verursacht hat. Im Übrigen, also in Bezug auf Kosten, die für die alte Wohnung angefallen sind, besteht kein existenzsicherungsrechtlich relevanter Zusammenhang zwischen den angemessenen Kosten für die frühere Wohnung und der Unangemessenheit der Kosten für die aktuell bewohnte Wohnung. Ein Leistungsempfänger darf eine unangemessene Wohnung beziehen, wenn er - wie vorliegend die Klägerin - die Differenz zwischen angemessener Mietobergrenze und tatsächlicher Miete aus dem Erwerbstätigenfreibetrag finanziert. Eine Sanktionierung dieses zulässigen Verhaltens dadurch, dass angemessene Nebenkosten für eine nicht mehr bewohnte Wohnung nicht erstattet werden, ist unzulässig. Denn diese Kosten hat die Klägerin nicht durch ihren Umzug veranlasst. Vielmehr wären diese Kosten auch bei einem Verbleib in der früheren Wohnung entstanden. 37Die übrigen vom BSG zur Begründung eines Anspruchs auf Übernahme von Nebenkosten für eine nicht mehr bewohnte Wohnung herangezogenen Argumente treffen auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu. Es würde auch ohne Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit bzw. Umzugszusicherung eine faktische Umzugssperre bewirken, wenn Nachforderungen für eine frühere Wohnung bei durchgehender Hilfebedürftigkeit nicht übernommen würden, weil Leistungsbezieher sich dann dem Risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden, zumal sie die Höhe der Abschläge regelmäßig nicht beeinflussen können. Gerade im vorliegenden Fall ist diese Gefahr besonders hoch. Denn die Abschlagszahlungen der Klägerin für die frühere Wohnung in L waren ausweislich der Abrechnung so gering (Betriebskosten iHv 50 EUR/ Monat; Heizkosten iHv 40 EUR/ Monat), dass eine Nachzahlung zu erwarten war. Auch für die vorliegende Fallkonstellation gilt, dass eine Nebenkostenerstattung nach § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung mindert. Wenn ein Guthaben aus einem früheren Wohnverhältnis auf das neue Mietverhältnis angerechnet wird, spricht dies spiegelbildlich auch für eine Übernahme der Nachzahlung. Die mit der Umzugszusicherung verbundene Warnfunktion greift als Gegenargument nicht. Denn diese soll den Leistungsbezieher vor zukünftigen und unangemessenen Kosten schützen, nicht jedoch Kosten für den Leistungsträger ersparen, die bei einem Verbleib in der Wohnung zu übernehmen wären. 38Auch in der vorliegenden Konstellation würden zudem Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation drohen, sei es, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung gemietet ist oder sei es, dass für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig ist, und deshalb Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlagen. Diese Folgeprobleme können eintreten, unabhängig davon, ob dem Umzug eine Kostensenkungsaufforderung oder Umzugszusicherung vorausgegangen ist. Dies zeigt sich gerade bei der Klägerin, die sich hauptsächlich einer Nachzahlung für Erdgas ausgesetzt sieht. Wäre der Energielieferant nach dem Umzug identisch geblieben, wäre ein Ausfall auch im neuen Mietverhältnis mit versorgungsrelevanten Schulden verbunden, die bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu einer Energiesperre führen können. Es wäre unbillig, eine Übernahmeverpflichtung von dem Zufall, ob der neue auch der alte Vermieter/ Versorger ist, abhängig zu machen. 39Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. 40Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionszulassungsgründe iSv § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
auf die berufung der klägerin wird das urteil des sozialgerichts duisburg vom 19.07.2018 geändert. der bescheid vom 19.06.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.08.2017 wird aufgehoben. die beklagte wird verurteilt, der klägerin unter entsprechender änderung der bescheide vom 18.05.2017 und 02.06.2017 weitere 470,67 eur für mai 2017 zu zahlen. die beklagte hat die kosten der klägerin in beiden rechtszügen zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2zwischen den beteiligten ist die verpflichtung der berufungsbeklagten zur übernahme einer betriebs- und heizkostennachforderung für ein beendetes mietverhältnis streitig. 3die am 00.00.1968 geborene klägerin bezog bis zum 31.05.2016 leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii von der stadt l. sie lebte bis zu diesem zeitpunkt allein in einer mietwohnung in l. die kosten der unterkunft und heizung für diese wohnung hatte die stadt l als angemessen anerkannt und vollständig übernommen. die klägerin hatte an ihrem wohnort soziale probleme mit psychischen auswirkungen. nach vorlage einer entsprechenden ärztlichen bescheinigung erkannte die stadt l gegenüber dem betreuer der klägerin die grundsätzliche notwendigkeit eines wohnortwechsels an (e-mail der stadt l an den betreuer der klägerin vom 01.04.2015). 4am 29.02.2016 schloss die klägerin einen mietvertrag über eine wohnung in f mit mietbeginn zum 01.06.2016. die bruttokaltmiete für die neue wohnung wurde mit 415 eur vereinbart (345 eur grundmiete, 70 eur betriebskosten). heizkosten fielen zunächst ab juli 2016 monatlich ihv 95 eur und ab august 2016 monatlich ihv 65 eur an, die unmittelbar an die stadtwerke f zu entrichten waren. mit schreiben vom 01.03.2016 kündigte die klägerin ihr mietverhältnis in l zum 31.05.2016. einen antrag auf zusicherung für diesen umzug lehnte die beklagte mit bestandskräftigem bescheid vom 16.03.2016 ab, da die unterkunftskosten in der neuen wohnung in f nicht angemessen seien. nach den richtlinien des kreises f übersteige die kaltmiete von 345 eur den mietrichtwert von 286,50 eur um 58,50 eur. die betriebskosten ihv 70 eur seien angemessen. mit separater e-mail vom 23.03.2016 teilte die beklagte der klägerin mit, bei einem umzug ohne zusicherung könnten nur die angemessenen unterkunftskosten übernommen werden. zudem würden keine umzugskosten erstattet. die neue bruttokaltmiete übernahm die beklagte ab dem 01.06.2016 nur ihv 383 eur. die klägerin akzeptierte die reduzierte übernahme der unterkunftskosten und beantragte die überweisung der vollen miete an den vermieter unter entsprechendem rückgriff auf die regelleistung. die kaution ihv 345 eur entrichtete die klägerin mittels raten ihv 30 eur monatlich an ihren vermieter. die raten wurden auf ihren wunsch ebenfalls von ihrem regelbedarf einbehalten und von der beklagten an den vermieter weitergeleitet. 5unter den 08.05.2017 rechnete der vermieter der wohnung in l die heiz- und betriebskosten für die zeit vom 01.01.2016 bis 31.05.2016 ab. er stellte der klägerin eine nachzahlung ihv 470,67 eur (111,59 eur betriebskosten/ 359,08 eur heizkosten), die binnen 14 tagen auszugleichen war, in rechnung. 6mit bescheid vom 18.05.2017 bewilligte die beklagte der klägerin für mai 2017 bis november 2017 leistungen ihv monatlich 599 eur (409 eur regelbedarf + 430 eur kdu/h - 240 eur bereinigtes einkommen). für mai 2017 änderte die beklagte die bewilligung mit bescheid vom 02.06.2017 auf 839 eur (409 eur regelbedarf, 430 kdu/h), nachdem sie festgestellt hatte, dass der klägerin in diesem monat kein arbeitseinkommen zugeflossen war. 7am 09.06.2017 beantragte die klägerin die übernahme der forderung ihv 470,67 eur aus der nebenkostenabrechnung. dies lehnte die beklagte mit bescheid 19.06.2017 ab. den hiergegen fristgerecht eingereichten widerspruch wies der kreis l mit widerspruchsbescheid vom 22.08.2017 zurück. da sich die abrechnung nicht auf die aktuelle wohnung beziehe, sei der räumliche lebensmittelpunkt nicht gefährdet. die von der rechtsprechung herausgearbeiteten ausnahmefälle, in denen bei ununterbrochenem leistungsbezug eine übernahme der abrechnung aus früheren wohnverhältnissen in betracht komme, seien nicht einschlägig, da dem umzug in die neue wohnung eine kostensenkungsaufforderung oder umzugszusicherung nicht vorausgegangen sei. 8hiergegen hat die klägerin am 21.09.2017 klage bei dem sozialgericht duisburg erhoben. durch ihren leistungsbezug sowohl im zeitpunkt der entstehung der nebenkosten als auch zum zeitpunkt ihrer fälligkeit bestehe eine existenzsicherungsrechtlich relevante verknüpfung der nachforderung mit ihrem unterkunftsbezogenen bedarf. 9die klägerin hat beantragt, 10die beklagte unter abänderung des bescheides vom 19.06.2017 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 22.08.2017 zu verurteilen, die nachforderung aus der betriebskostenabrechnung für das jahr 2016 für die wohnung l-straße 00 in l in höhe von 470,67 eur zzgl. zinsen in höhe von 4 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 19.06.2017 zu zahlen. 11die beklagte hat beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie hat gemeint, grundsätzlich seien nur die aufwendungen für die gegenwärtig bewohnte wohnung zu übernehmen. ausnahmen davon seien nur bei einem wohnungswechsel aufgrund einer kostensenkungsaufforderung oder umzugszusicherung anzuerkennen. 14die beteiligten haben ihr einverständnis mit einer entscheidung des sozialgerichts ohne mündliche verhandlung erklärt. 15mit urteil vom 19.07.2018 hat das sozialgericht die klage (ohne mündliche verhandlung) abgewiesen. da die nebenkostenabrechnung eine frühere wohnung der klägerin betrifft, diene eine kostenübernahme nicht dem schutz des persönlichen lebensbereichs wohnung sowie dem grundbedürfnis wohnen. eine ausnahme von diesem grundsatz sei bei durchgehendem leistungsbezug nur anzunehmen, wenn der umzug aufgrund einer kostensenkungsaufforderung oder mit zusicherung eines jobcenters erfolgt sei. ohne kostensenkungsaufforderung oder umzugszusicherung fehle es an einer relevanten verknüpfung der abrechnung mit der aktuellen wohnung. die hiermit verbundene einschränkung der umzugsmöglichkeiten von leistungsbeziehern sei hinzunehmen, denn der umzug in eine unangemessen teure wohnung sei unerwünscht. der leistungsbezieher werde durch das zusicherungsverfahren, welchem warnfunktion zukomme, ausreichend geschützt. 16gegen das ihr am 30.07.2018 zugestellte urteil hat die klägerin am 22.08.2018 berufung eingelegt. sie nimmt auf ihr erstinstanzliches vorbringen bezug und hält auf hinweis des senats den antrag auf verurteilung der beklagten zur zinszahlung nicht aufrecht. 17die klägerin beantragt, 18das urteil des sozialgerichts duisburg vom 19.07.2018 zu ändern, den bescheid vom 19.06.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.08.2017 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, ihr unter entsprechender änderung der bescheide vom 18.05.2017 und 02.06.2017 weitere 470,67 eur für mai 2017 zu zahlen. 19die beklagte beantragt, 20die berufung zurückzuweisen. 21sie hält das urteil des sozialgerichts für zutreffend. 22hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze und die übrige gerichtsakte sowie die beigezogene verwaltungsakte, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, verwiesen. 23
24die aufgrund der zulassung durch das sozialgericht statthafte berufung ist zulässig und begründet. zu unrecht hat das sozialgericht die klage abgewiesen. der angefochtene bescheid ist rechtswidrig isd § 54 abs. 2 satz 1 sgg. die klägerin hat im mai 2017 anspruch auf höhere unterkunftskosten unter berücksichtigung der im mai 2017 fälligen nebenkostennachforderung für ihre bis mai 2016 bewohnte wohnung ihv 470,67 eur und auf eine entsprechende änderung der bewilligungsbescheide. 25gegenstand des verfahrens ist ein anspruch der klägerin auf höhere unterkunftskosten für mai 2017. dieses begehren verfolgt die klägerin zutreffend mit der kombinierten anfechtungs-, verpflichtungs- und leistungsklage (§§ 54 abs. 1 satz 1, abs. 4 sgg). mit der anfechtungsklage erreicht die klägerin die aufhebung des ablehnungsbescheides vom 19.06.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 22.08.2017. die verpflichtungsklage richtet sich - ungeachtet der frage, ob sich die rücknahme des ursprünglichen bewilligungsbescheides auf § 44 sgb x oder auf § 48 sgb x stützt (insoweit abweichend bsg urteil vom 28.11.2018 - b 14 as 48/17) - auf eine änderung dieses bescheides, da die zusätzlich geltend gemachten unterkunftskosten nicht gegenstand einer gesonderten entscheidung sein können, sondern bestandteil der insgesamt zustehenden unterkunftskosten sind. zwar kann ein rechtsstreit auf die unterkunftskosten beschränkt werden (st. rechtsprechung, vgl. nur bsg urteil vom 06.04.2011 - b 4 as 119/10 r), eine weitere beschränkung des streitgegenstand auf einzelne bestandteile der unterkunftskosten ist indes nicht statthaft (st. rechtsprechung, vgl. nur bsg urteil vom 02.07.2009 - b 14 as 36/08 r). die geltend gemachten nebenkosten, bestehend aus den betriebskosten gemäß § 556 bgb und den heizkosten, sind von den bedarfen für unterkunft und heizung erfasst (bsg urteil vom 30.03.2017 - b 14 as 13/16 r). die leistungsklage ist auf die auszahlung des geltend gemachten differenzbetrags gerichtet. der umstand, dass die klägerin erstinstanzlich keinen verpflichtungsantrag gestellt hat, steht einer sachentscheidung hierüber nicht entgegen, da es sich lediglich um eine erweiterung des klageantrags in der hauptsache ohne änderung des klagegrundes handelt und diese gem. § 99 abs. 2 nr. 2 sgg daher nicht als klageänderung gilt. im übrigen wäre eine klageerweiterung gem. § 99 abs. 1 sgg auch im berufungsverfahren zulässig. 26der höhe nach hat die klägerin ihr begehren auf die zahlung weiterer 470,67 eur im mai 2017 beschränkt. hieran war der senat gebunden (§ 123 sgg), so dass nicht zu prüfen war, ob die kürzung der unterkunftskosten im mai 2017 für die wohnung in l rechtmäßig erfolgt ist. 27die klägerin richtet ihr begehren zutreffend gegen die beklagte, die durch delegationssatzung im eigenen namen für den kreis l über die streitgegenständlichen leistungen entscheidet (§ 5 abs. 2 ag-sgb ii nrw ivm anlage zu § 1 kommunalträgerzulassungs-vo ivm §§ 1 abs. 1, 3 der satzung über die durchführung der grundsicherung für arbeitsuchende nach dem sgb ii im kreis l vom 20.06.2008). der senat hat keinen zweifel an der rechtmäßigkeit dieser aufgabenverteilung. zwar wird vertreten, dass eine optionskommune nach § 6a sgb ii gegen den grundsatz der widerspruchsfreiheit der rechtsordnung als kompetenzausübungsschranke verstoße, wenn sie ihre hoheitlichen aufgaben durch zwei rechtlich verselbständigte verwaltungseinheiten wahrnehmen lässt. das widerspreche dem vom gesetzgeber vorgesehenen einheitsprinzip für optionskommunen (sg osnabrück urteil vom 26.04.2017 - s 24 as 916/15, revision anhängig bei dem bsg unter dem aktenzeichen b 14 as 24/17 r). die delegation von den kreisen obliegenden aufgaben an die kreisangehörigen gemeinden hat der bundesgesetzgeber für den fall der getrennten aufgabenwahrnehmung zwischen der bundesagentur für arbeit und den kreisfreien städten und kreisen (§ 6 abs. 1 sgb ii) jedoch in § 6 abs. 2 sgb ii ausdrücklich vorgesehen. deshalb bestehen auch für den fall der bildung von optionskommunen - hier der kreis l - keine bundesrechtlichen bedenken gegen die in § 5 abs. 2 ag-sgb ii nrw vorgesehene möglichkeit einer aufgabendelegation an die kreisangehörigen gemeinden, hier die beklagte. 28die bewilligungsbescheide vom 18.05.2017 und 02.06.2017 sind rechtswidrig isd § 40 abs. 1 satz 1 sgb ii, § 44 abs. 1 satz 1 sgb x und insoweit aufzuheben. da nach § 44 abs. 1 satz 1 sgb x auch bestandskräftige verwaltungsakte zurückgenommen werden können, ohne dass andererseits die bestandskraft für eine rücknahme erforderlich ist, kann dahinstehen, ob der antrag der klägerin unter dem 09.06.2017 auch als widerspruch gegen den änderungsbescheid vom 02.06.2017 hätte ausgelegt werden können. 29der klägerin stehen für mai 2017 höhere unterkunftskosten zu. 30die klägerin erfüllt als erwerbsfähige leistungsberechtigte im streitgegenständlichen zeitraum die voraussetzungen für einen anspruch auf leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii, da sie das 15. lebensjahr vollendet und die altersgrenze nach § 7a noch nicht vollendet hatte (nr. 1), erwerbsfähig (nr. 2) und hilfebedürftig (nr. 3) war und ihren gewöhnlichen aufenthalt in der bundesrepublik deutschland hatte (nr. 4). leistungsausschlussgründe lagen bei der klägerin nicht vor. 31da die nebenkostenabrechnung im mai 2017 fällig war, war der leistungsbescheid von beginn an ("bei erlass") rechtswidrig isd § 44 abs. 1 satz 1 sgb x. 32die klägerin hat anspruch auf übernahme der bedarfe für unterkunft und heizung gemäß § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii in höhe der tatsächlichen aufwendungen, soweit diese angemessen sind. hiervon erfasst werden nicht nur leistungen für laufende, sondern auch für einmalige bedarfe für unterkunft und heizung. durch diese leistungen soll der persönliche lebensbereich wohnung geschützt werden. der leistungsanspruch nach § 22 abs. 1 satz 1 sgb ii dient der sicherung des grundbedürfnisses des wohnens und erfasst deshalb grundsätzlich die übernahme der aufwendungen für die tatsächlich genutzte konkrete wohnung (bsg urteil vom 25.06.2015 - b 14 as 40/14 r). besteht das mietverhältnis noch, gehören auch nebenkostennachforderungen, die vor eintritt der hilfebedürftigkeit tatsächlich entstanden sind, aber erst nach deren eintritt fällig werden, zu den übernahmefähigen aufwendungen für unterkunft und heizung (bsg urteile vom 24.11.2011 - b 14 as 121/10 r und vom 25.06.2015 - b 14 as 40/14 r). soweit eine nachforderung von unterkunfts- und/oder heizkosten in einer summe fällig wird, gehört sie im fälligkeitsmonat zum tatsächlichen aktuellen bedarf (vgl. bsg urteil vom 20.12.2011 - b 4 as 9/11 r). 33dies gilt grundsätzlich auch, wenn das einstige mietverhältnis bei fälligkeit der nebenkostennachforderung nicht mehr bestand (bsg urteil vom 30.03.2017 - b 14 as 13/16 r). für einen solchen fall hat das bsg einen kostenübernahmeanspruch anerkannt, wenn der leistungsberechtigte sowohl im zeitpunkt der tatsächlichen entstehung der kosten als auch im zeitpunkt der fälligkeit der nachforderung im leistungsbezug nach dem sgb ii stand und die aufgabe der bisherigen wohnung in erfüllung einer kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem leistungsträger erfolgt und keine andere bedarfsdeckung eingetreten ist (bsg urteil vom 20.12.2011 - b 4 as 9/11 r; vgl. auch bsg urteil vom 25.06.2015 - b 14 as 40/14 r) oder wenn die mieter durchgehend seit dem zeitraum, für den die nebenkostenforderung erhoben wird, bis zu deren geltendmachung und fälligkeit im leistungsbezug nach dem sgb ii standen und eine zusicherung hinsichtlich des umzugs vorlag (bsg urteil vom 30.03.2017 - b 14 as 13/16 r). denn es bestehe auch dann eine existenzsicherungsrechtlich relevante verknüpfung der nebenkostennachforderung für die in der vergangenheit bewohnte wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen bedarf, weil sowohl die entstehung der nachforderung als auch ihre fälligkeit einen zeitraum der ununterbrochenen hilfebedürftigkeit betreffe, in dem der sgb ii-träger für die unterkunftsbezogenen bedarfe der leistungsbezieher einschließlich der nebenkosten aufzukommen habe. zu berücksichtigen sei auch, dass es eine faktische umzugssperre bewirken könnte, wenn nachforderungen für eine frühere wohnung bei durchgehender hilfebedürftigkeit nicht übernommen würden, weil leistungsbezieher sich dann dem risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter nebenkostenvorauszahlungen mit schulden belastet zu werden, zumal sie die höhe der abschläge regelmäßig nicht beeinflussen könnten. im übrigen mindere eine nebenkostenerstattung unabhängig von der frage eines vorangegangenen umzugs nach § 22 abs. 3 sgb ii die aufwendungen für unterkunft und heizung. zudem könnten folgeprobleme für die aktuelle wohnsituation drohen, sei es, dass die neue wohnung beim vermieter der früheren wohnung gemietet ist oder sei es, dass für die heizenergieversorgung derselbe energielieferant zuständig ist, und deshalb zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren miet- oder versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen rechtsbeziehungen durchschlagen (bsg urteile vom 24.11.2011 - b 14 as 15/11 r und vom 30.03.2017 - b 14 as 13/16 r). 34die vom bsg gebildeten fallgruppen, die eine übernahme von kosten für eine nicht mehr bewohnte wohnung ermöglichen (erfüllung einer kostensenkungsobliegenheit bzw. zusicherung hinsichtlich des umzugs), sind indes nicht als abschließend anzusehen. dies verdeutlicht bereits das wort "jedenfalls" im urteil des bsg vom 30.03.2017 (b 14 as 13/16 r), das weitere fallkonstellationen zulässt. 35der senat hat bereits zweifel, ob die anforderung "erfüllung einer kostensenkungsobliegenheit" tatsächlich ein sachgerechtes kriterium für den übernahmeanspruch ist, da sich in einem solchen fall die nebenkostenforderung auf unangemessene unterkunftskosten bezieht und eine erstattung bei einem verbleiben des betroffenen in der wohnung nicht in betracht gekommen wäre. auch die anforderung "zusicherung hinsichtlich des umzugs" erscheint zweifelhaft, da sich diese zusicherung nur auf die kosten der künftigen wohnung bezieht und kosten der bisherigen wohnung gerade nicht in den blick nimmt. 36jedenfalls aber kann eine existenzsicherungsrechtlich relevante verknüpfung der nebenkostennachforderung für die in der vergangenheit bewohnte wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen bedarf auch dann vorliegen, wenn dem umzug eine kostensenkungsaufforderung oder eine umzugszusicherung nicht vorausgegangen ist. allein die unangemessenheit der neuen unterkunftskosten steht einer verknüpfung im o.g. sinne nicht entgegen, denn diese hat lediglich auswirkungen auf die neuen unterkunftskosten bzw. auf die umzugsbedingten kosten wie kaution, renovierungs- und umzugskosten. so hat die klägerin die kaution und die umzugskosten aus ihrem einkommensfreibetrag selbst finanziert. außerdem muss sie monatlich unangemessene unterkunftskosten für die neue unterkunft aus dem regelbedarf bzw. dem einkommensfreibetrag finanzieren. diese konsequenzen aus dem nicht genehmigten umzug betreffen aber die zukunftsbezogen kostensteigerungen, die die klägerin durch ihr verhalten verursacht hat. im übrigen, also in bezug auf kosten, die für die alte wohnung angefallen sind, besteht kein existenzsicherungsrechtlich relevanter zusammenhang zwischen den angemessenen kosten für die frühere wohnung und der unangemessenheit der kosten für die aktuell bewohnte wohnung. ein leistungsempfänger darf eine unangemessene wohnung beziehen, wenn er - wie vorliegend die klägerin - die differenz zwischen angemessener mietobergrenze und tatsächlicher miete aus dem erwerbstätigenfreibetrag finanziert. eine sanktionierung dieses zulässigen verhaltens dadurch, dass angemessene nebenkosten für eine nicht mehr bewohnte wohnung nicht erstattet werden, ist unzulässig. denn diese kosten hat die klägerin nicht durch ihren umzug veranlasst. vielmehr wären diese kosten auch bei einem verbleib in der früheren wohnung entstanden. 37die übrigen vom bsg zur begründung eines anspruchs auf übernahme von nebenkosten für eine nicht mehr bewohnte wohnung herangezogenen argumente treffen auch auf die vorliegende fallkonstellation zu. es würde auch ohne erfüllung einer kostensenkungsobliegenheit bzw. umzugszusicherung eine faktische umzugssperre bewirken, wenn nachforderungen für eine frühere wohnung bei durchgehender hilfebedürftigkeit nicht übernommen würden, weil leistungsbezieher sich dann dem risiko ausgesetzt sähen, nur wegen nicht auskömmlich festgesetzter nebenkostenvorauszahlungen mit schulden belastet zu werden, zumal sie die höhe der abschläge regelmäßig nicht beeinflussen können. gerade im vorliegenden fall ist diese gefahr besonders hoch. denn die abschlagszahlungen der klägerin für die frühere wohnung in l waren ausweislich der abrechnung so gering (betriebskosten ihv 50 eur/ monat; heizkosten ihv 40 eur/ monat), dass eine nachzahlung zu erwarten war. auch für die vorliegende fallkonstellation gilt, dass eine nebenkostenerstattung nach § 22 abs. 3 sgb ii die aufwendungen für unterkunft und heizung mindert. wenn ein guthaben aus einem früheren wohnverhältnis auf das neue mietverhältnis angerechnet wird, spricht dies spiegelbildlich auch für eine übernahme der nachzahlung. die mit der umzugszusicherung verbundene warnfunktion greift als gegenargument nicht. denn diese soll den leistungsbezieher vor zukünftigen und unangemessenen kosten schützen, nicht jedoch kosten für den leistungsträger ersparen, die bei einem verbleib in der wohnung zu übernehmen wären. 38auch in der vorliegenden konstellation würden zudem folgeprobleme für die aktuelle wohnsituation drohen, sei es, dass die neue wohnung beim vermieter der früheren wohnung gemietet ist oder sei es, dass für die heizenergieversorgung derselbe energielieferant zuständig ist, und deshalb zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren miet- oder versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen rechtsbeziehungen durchschlagen. diese folgeprobleme können eintreten, unabhängig davon, ob dem umzug eine kostensenkungsaufforderung oder umzugszusicherung vorausgegangen ist. dies zeigt sich gerade bei der klägerin, die sich hauptsächlich einer nachzahlung für erdgas ausgesetzt sieht. wäre der energielieferant nach dem umzug identisch geblieben, wäre ein ausfall auch im neuen mietverhältnis mit versorgungsrelevanten schulden verbunden, die bei vorliegen weiterer voraussetzungen zu einer energiesperre führen können. es wäre unbillig, eine übernahmeverpflichtung von dem zufall, ob der neue auch der alte vermieter/ versorger ist, abhängig zu machen. 39die kostenentscheidung folgt aus § 193 sgg. 40die revision war nicht zuzulassen, da revisionszulassungsgründe isv § 160 abs. 2 sgg nicht vorliegen.
Klaeger*in
1
186,517
21 K 6266/13
"2013-12-11T00:00:00"
Gerichtsbescheid
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1 2Tatbestand: 3Mit Bescheid vom 04.07.2013 erteilte die Beklagte dem Kläger ein öffentlich-rechtliches Hausverbot für das Dienstgebäude F. Straße 00 der Sozialagentur N. bis zum 31.12.2013. Zur Begründung gab sie an, im Rahmen einer Vorsprache in der Sozialagentur am 28.05.2013 sei der Kläger durch aggressives und lautstarkes Auftreten sowie durch körperliche und verbale Bedrohung gegenüber einer Mitarbeiterin auffällig geworden. Er habe sich unaufgefordert Zutritt in einen verschlossenen Flurbereich der Sozialagentur verschafft und Bedienstete angeschrien. Deren Bemühungen, den Kläger zu beruhigen und sachlich mit ihm zu sprechen, seien fehlgeschlagen. Auf die Aufforderung, den Flur zu verlassen habe er nicht reagiert. Stattdessen habe er die verbalen Angriffe fortgesetzt. Erst nach Betätigung des Alarms und das Eingreifen weiterer Mitarbeiter habe er der Aufforderung Folge geleistet. Anschließend habe er gegen eine Tür getreten und mit den Worten „Komm runter, ich warte auf dich!“ gedroht. Die verbale Bedrohung habe er am 29.05.2013 telefonisch fortgesetzt. 4Dagegen hat der Kläger am 01.08.2013 Klage erhoben im Wesentlichen mit der Begründung, ihm sei von der Sozialagentur im Zusammenhang mit einem aus seiner Sicht dringenden Umzug wegen Schimmelbefalls seiner früheren Wohnung Hilfe verweigert worden. Am 03.04.2013 habe er die notwendigen Unterlagen bei der Sozialagentur eingereicht. Der Umzug sei aber mit Schreiben vom 18.04.2013 abgelehnt worden. Er sei dann auf eigene Veranlassung zum 01.05.2013 umgezogen, habe sich das Geld dafür aber in der Verwandtschaft leihen müssen. Daraufhin sei er zur Sozialagentur und habe die zuständige Sachbearbeiterin zur Rede gestellt, die daraufhin kaltschnäuzig angegeben habe, dies erst prüfen zu müssen. Erst dann habe es ein Wortgefecht gegeben, er sei laut geworden, so dass der Streit eskaliert sei. Er sei in einer sehr angespannten Situation gewesen. Es sei um seine Existenz gegangen. Ein existenznotwendiger Bedarf sei ihm verweigert worden. Er habe sich sozusagen im Zustand der Notwehr befunden. Er habe einen Angriff auf seine Ehre, seine Freiheit und sein Eigentum abwehren wollen. Die Behörde habe ihm gegenüber rechtswidrig gehandelt. Nicht er habe sich schuldig gemacht. Der beschuldigten Sachbearbeiterin habe schon klar sein müssen, welche Folgen in materieller Hinsicht ihre Ankündigung habe könne. So viel Verstand dürfe man doch erwarten. Er habe niemanden bedroht oder beleidigt. Das sei nicht seine Absicht gewesen. 5Der vom Kläger gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe blieb erfolglos (Beschluss vom 14.11.2013). 6Der Kläger beantragt, 7den Bescheid des Beklagten vom 04.07.2013 aufzuheben. 8Die Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung trägt er vor, mit Blick auf die zahlreichen im Verwaltungsvorgang befindlichen Zeugenaussagen der Mitarbeiter der Sozialagentur ergebe sich ein Sachverhalt, der ein Hausverbot gegen den Kläger rechtfertige. 11Die Beteiligten wurden zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht konnte gemäß § 84 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zur Frage der Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden sind. 151.Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, auch wenn nach der Sachaufgabe, die die Beklagte wahrnimmt ‑ Durchführung des SGB II ‑ im Streitfall gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist; 16vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.05.2011 – 16 E 174/11 -, www.nrwe.de;vgl. insoweit auch ausführlich Beschluss der Kammer vom 18.12.2009 ‑ 21 K 7368/09 ‑ zum Hausverbot für Räume einer ARGE als Trägerin der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in welchem sich die Kammer mit der Rechtsprechung des BSG, Beschluss vom 01.04.2009 ‑ B 14 SF 1/08 R ‑, auseinandergesetzt hat, wonach für einen Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume eines solchen Leistungsträgers gegenüber einem Leistungsempfänger die Sozialgerichte zuständig sind, wenn ein enger Sachzusammenhang zu den vom Träger wahrzunehmenden Sachaufgaben besteht. 172.Die Klage ist aber nicht begründet. 18Der Bescheid des Beklagten vom 04.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1VwGO). 19Das angegriffene Hausverbot findet eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in dem Hausrecht, das der Behördenleiter im Rahmen eines notwendigen Annexes zu der zugrundeliegenden Sachkompetenz in Verbindung mit der ihm zustehenden Organisationsgewalt ausübt. 20Vgl. zur ständigen Rechtsprechung der Kammer Beschluss vom 26.04.2012 – 21 L 543/12 – sowie Urteil vom 20.03.2009 ‑ 21 K 8601/08 ‑ und Urteil vom 30.11.2007 ‑ 21 K 1367/07 ‑. 21Wegen der formellen Rechtmäßigkeit des erteilten Hausverbots wird auf die Ausführungen des Beschlusses der Kammer vom 14.11.2013 entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen. 22Auch die Voraussetzungen für den Erlass eines Hausverbotes zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs haben vorgelegen. 23Der Ausspruch eines Hausverbots hat präventiven Charakter, indem es darauf abzielt, zukünftige Störungen des Betriebsablaufs in der Behörde oder Einrichtung zu vermeiden und dient dem öffentlichen Interesse an einem ungestörten Ablauf des Dienstbetriebes. Dieses Interesse richtet sich nicht nur darauf, die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung in dem Sinne zu gewährleisten, dass Störungen der Tätigkeit des Hoheitsträgers selbst unterbleiben. Die Sicherstellung des ungestörten Ablaufs des Beratungs- und Dienstleistungsbetriebes in den Gebäuden der Beklagten dient darüber hinaus auch der Wahrung der Rechte der Mitarbeiter aus Gründen der dienstrechtlichen Fürsorgepflicht und der Wahrung der Rechte der übrigen Kunden. Diese Rechte stehen den Rechten des Betroffenen, gegenüber dem ein Hausverbot ausgesprochen wird, nicht nach. 24Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20.03.2009 – 21 K 8601/08 –; Urteil vom 30.11.2007 ‑ 21 K 1367/07 –. 25Das verfügte Hausverbot hat grundsätzlich die Tatsachen zu benennen, die in vorangegangener Zeit den Hausfrieden gestört haben. Des Weiteren ist erforderlich, dass in Zukunft wieder mit Störungen zu rechnen ist und daraus folgend das Hausverbot nötig ist, entsprechende erneute Vorfälle zu verhindern. Allerdings muss eine Behörde auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen und sie ihr Anliegen ungehindert vortragen lassen. Sie kann nicht sogleich auf ein Hausverbot zurückgreifen. Diese Möglichkeit ist dann eröffnet, wenn der Dienstablauf nachhaltig gestört wird, z.B. weil Bedienstete beleidigt oder bedroht worden sind oder der Besucher in nicht hinnehmbarer Weise aggressiv reagiert und mit einer Wiederholung derartiger Vorfälle zu rechnen ist. 26Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20.03.2009 – 21 K 8601/08 –; VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 23.11.2006 ‑ 4 L 1746/06.NW -, juris. 27Es bedarf für die Verfügung eines Hausverbotes aber nicht notwendigerweise eines strafrechtlich relevanten Verhaltens, insbesondere von Bedrohungen und Beleidigungen oder gar des Einsatzes körperlicher Gewalt. Auch die Verletzung einer Hausordnung und / oder von – auch für Dritte ohne weiteres erkennbare – Verhaltensweisen, die den Dienstbetrieb nachhaltig stören, können dafür ausreichen. Dies gilt insbesondere in Fällen der Abwicklung von Verfahren der Massenverwaltung mit hohem Kundenaufkommen. In diesen Fällen ist ein geordneter Dienstbetrieb dauerhaft nur dann sicherzustellen, wenn sich alle Beteiligten an die durch die Verkehrssitte geprägten Verhaltensweisen der gegenseitigen Rücksichtnahme halten, insbesondere an aufgestellte oder allgemein gültige Regeln zur Sicherung des Hausfriedens. 28Vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 21 K 4835/06 ‑. 29In Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für den Erlass eines gegen den Kläger gerichteten Hausverbotes erfüllt gewesen. Den umfangreichen Ausführungen der Kammer im Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 14.11.2013 auch zum Sachverhalt – und damit zu den tatsächlichen Ereignissen, die Grundlage für das Hausverbot geworden sind ‑ ist der Kläger nicht entgegengetreten. Das Gericht hat keine Veranlassung, von der Überzeugung abzurücken, dass der Kläger bei der Vorsprache in der Sozialagentur der Beklagten am 28.09.2013 ein nicht hinnehmbares Verhalten an den Tag gelegt hat. Dies ergibt sich bereits aus der Sachverhaltsdarstellung, wie sie schon dem angegriffenen Bescheid zu entnehmen ist, wie folgt: 30Danach ist der Kläger am 28.05.2013 durch aggressives und lautstarkes Auftreten sowie durch körperliche und verbale Bedrohungen gegenüber einer Bediensteten auffällig geworden. Der Kläger hat sich unaufgefordert Zutritt zu einem verschlossenen Flurbereich der Sozialagentur verschafft und Bedienstete angeschrien. Bemühungen zur Beruhigung schlugen fehl. Auf die Aufforderung, den Flur zu verlassen hat er nicht reagiert. Der Kläger hat seine verbalen Angriffe weiter fortgesetzt. Erst nach Betätigung des Alarms und das Eingreifen eines weiteren Mitarbeiters hat er der Aufforderung, den Flur zu verlassen, Folge geleistet. Anschließend trat er gegen eine Tür und drohte mit den Worten „Komm runter, ich warte auf dich!“ Die verbale Bedrohung hat der Kläger am 29.05.2013 telefonisch fortgesetzt. 31Dies wird bestätigt durch insgesamt neun dienstliche Stellungnahmen von Bediensteten der Beklagten, die zum Verwaltungsvorgang genommen worden sind. Die Stellungnahmen der betroffenen Bediensteten gehen sogar über die Darstellung im angegriffenen Bescheid verdeutlichend hinaus wie folgt: 32Der Kläger habe bereits bei einer telefonischen Kontaktaufnahme vor seinem Erscheinen in der Sozialagentur sein Anliegen aggressiv und beleidigend vorgebracht. Dabei sei es auch zu der Äußerung gekommen, „mit den Synapsen der vorherigen Sachbearbeiterin sei wohl was nicht in Ordnung“. Nach Aktivieren der Lautsprecherfunktion habe eine weitere Bedienstete wahrnehmen können, dass der Kläger aggressiv angedroht habe „Ich komme jetzt vorbei.“ Daraufhin sei er 15 Minuten später in der Sozialagentur erschienen und habe eine Bedienstete körperlich attackiert, indem er sie vor sich her getrieben habe. Die Bediensteten hätten in diesem Moment befürchtet, er werde zuschlagen. Außerdem habe er immer wieder geschrien „Was soll die Scheiße?“ und „Ich lass mich von euch nicht bestehlen.“ Er habe den Anwesenden Schläge angedroht. Der Antragsteller sei so laut geworden, dass seine Worte kaum zu verstehen gewesen seien und er noch in der darüber liegenden Etage zu hören gewesen sei. Eine andere Kundin und deren drei Kinder, die sich in einem benachbarten Raum anlässlich eines Termins mit Dolmetscherin aufgehalten hätten, seien angesichts des Vorfalls sichtlich erschrocken gewesen und hätten das Büro erst verlassen, nachdem der Kläger den Flur verlassen habe. 33Der Kläger hat sein Fehlverhalten letztlich mit Schriftsatz vom 17.09.2013 eingeräumt, mit dem er darstellt: 34„(...) bin ich in die Sozialagentur und habe die zuständige Sachbearbeiterin (...) zur Rede gestellt, die daraufhin kaltschnäuzig angab, dies [i.e. Leistungsantrag wegen Umzuges] erst überprüfen zu müssen. Erst dann gab es ein Wortgefecht, ich bin laut geworden, so dass der Streit eskalierte. 35Das beschriebene Verhalten stellt eine schwerwiegende Störung des ordnungsgemäßen Betriebs der Sozialagentur der Beklagten dar. Das Verhalten, insbesondere die unangemessene Aggressivität des Verhaltens des Klägers, ist nicht hinnehmbar und stellt eine erhebliche und massive Drohung gegenüber der Sachbearbeiterin dar. Die Äußerung des Klägers ist geeignet, Befürchtungen und Ängste bei den Bediensteten der Beklagten auszulösen, die diese nicht hinnehmen müssen. Sie widerspricht dem grundsätzlich vertrauensvollen sozialen Umgang miteinander, welcher auch nur einen verbalen Angriff auf die körperliche Integrität verbietet, solange nicht erkennbar ist, dass sie offensichtlich als holzschnittartige Übertreibung oder Scherz gemeint ist. Die vom Kläger gewählte Äußerung ist geeignet, Vorstellungen bei dem Gegenüber auszulösen, die ein empfindliches Übel deutlich macht. 36Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2007 ‑ 21 K 1367/07 ‑; VG München, Urteil vom 15.03.2004 – M 3 K 03.4560 -, juris. 37Vorliegend wirkten die Bedrohungen sogar auf unbeteiligte Dritte, die sich nicht in direkter Nähe zum Kläger befunden haben, derart bedrohlich, dass sie sich in ihrer körperlichen Integrität gestört fühlten. 38Ob der öffentlich-rechtliche Hausrechtsinhaber der Gefahr einer Beeinträchtigung der ihm obliegenden Aufgabenerfüllung im Einzelfall mit der Erteilung eines Hausverbots begegnet, liegt ebenso wie die Frage der konkreten Ausgestaltung eines Hausverbots, in dessen pflichtgemäßen Ermessen. Vorliegend liegen Hinweise auf eine ermessensfehlerhafte Entscheidung zum Ausspruch eines auf das Dienstgebäude der Sozialagentur der Beklagten (F. Straße 00 in N. ) beschränktes und bis zum 31.12.2013 befristetes Hausverbot nicht vor. 39Es ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung das ihr insoweit obliegende Ermessen in zu beanstandender Weise ausgeübt hätte. Die Entscheidung beruht weder auf sachfremden Erwägungen noch auf Fehlentscheidungen. Der Antragsteller ist aufgrund seines oben beschriebenen Verhaltens für die Störung des Dienstbetriebes selbst verantwortlich. 40Bei der Entscheidung wurde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Das ausgesprochene Hausverbot ist geeignet, den angestrebten Zweck zu erreichen, nämlich den Hausfrieden in dem betroffenen Gebäude zu sichern und einen reibungslosen Dienstbetrieb zu gewährleisten sowie insbesondere die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu schützen. 41Der Erlass des Hausverbotes war erforderlich, denn aufgrund des nicht hinnehmbaren, bedrohlichen Verhaltens des Klägers, das sich auch in Gegenwart hinzueilender Mitarbeiter der Beklagten nicht änderte, war davon auszugehen, dass von dem Kläger weiterhin Störungen des Dienstbetriebs ausgehen werden. Die vorgenommene Prognose wird auch noch durch die Position des Klägers im Schriftsatz vom 17.09.2013 bestätigt, mit dem er unberechtigt vorbringt: 42„Ich befand mich sozusagen im Zustand der Notwehr. Ich wollte einen Angriff auf meine Ehre, meine Freiheit und mein Eigentum abwehren.“ 43Selbst für den Fall, dass die Sozialagentur Leistungen unberechtigt abgelehnt haben sollte, gibt dies dem Kläger nicht die Befugnis, wie dargestellt aufzutreten; er ist auf den ihm zustehenden Rechtsweg zu verweisen. Die Äußerung im vorliegenden Verfahren lässt befürchten, dass der Kläger möglicherweise auch in Zukunft mit nicht zustehenden Mitteln versuchen wird, seine Ziele durchzusetzen. 44Mit einer Beschränkung auf einen Zeitraum von nur einem halben Jahr entspricht das ausgesprochene Hausverbot bei dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und liegt dabei eher am unteren zeitlichen Rand. Dass der Kläger auf den Zutritt zu dem fraglichen Dienstgebäude angewiesen ist, hat er nicht dargelegt. Als Leistungsempfänger verbleibt ihm die Möglichkeit, die Dienstleistungen der Sozialagentur schriftlich geltend zu machen oder eine Person seines Vertrauens zu bevollmächtigen, um seine Angelegenheiten zu regeln. 453.Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. 46Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 47Beschluss: 48Der Streitwert wird in ständiger Rechtsprechung der Kammer nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. der gerichtsbescheid ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 2
3mit bescheid vom 04.07.2013 erteilte die beklagte dem kläger ein öffentlich-rechtliches hausverbot für das dienstgebäude f. straße 00 der sozialagentur n. bis zum 31.12.2013. zur begründung gab sie an, im rahmen einer vorsprache in der sozialagentur am 28.05.2013 sei der kläger durch aggressives und lautstarkes auftreten sowie durch körperliche und verbale bedrohung gegenüber einer mitarbeiterin auffällig geworden. er habe sich unaufgefordert zutritt in einen verschlossenen flurbereich der sozialagentur verschafft und bedienstete angeschrien. deren bemühungen, den kläger zu beruhigen und sachlich mit ihm zu sprechen, seien fehlgeschlagen. auf die aufforderung, den flur zu verlassen habe er nicht reagiert. stattdessen habe er die verbalen angriffe fortgesetzt. erst nach betätigung des alarms und das eingreifen weiterer mitarbeiter habe er der aufforderung folge geleistet. anschließend habe er gegen eine tür getreten und mit den worten „komm runter, ich warte auf dich!“ gedroht. die verbale bedrohung habe er am 29.05.2013 telefonisch fortgesetzt. 4dagegen hat der kläger am 01.08.2013 klage erhoben im wesentlichen mit der begründung, ihm sei von der sozialagentur im zusammenhang mit einem aus seiner sicht dringenden umzug wegen schimmelbefalls seiner früheren wohnung hilfe verweigert worden. am 03.04.2013 habe er die notwendigen unterlagen bei der sozialagentur eingereicht. der umzug sei aber mit schreiben vom 18.04.2013 abgelehnt worden. er sei dann auf eigene veranlassung zum 01.05.2013 umgezogen, habe sich das geld dafür aber in der verwandtschaft leihen müssen. daraufhin sei er zur sozialagentur und habe die zuständige sachbearbeiterin zur rede gestellt, die daraufhin kaltschnäuzig angegeben habe, dies erst prüfen zu müssen. erst dann habe es ein wortgefecht gegeben, er sei laut geworden, so dass der streit eskaliert sei. er sei in einer sehr angespannten situation gewesen. es sei um seine existenz gegangen. ein existenznotwendiger bedarf sei ihm verweigert worden. er habe sich sozusagen im zustand der notwehr befunden. er habe einen angriff auf seine ehre, seine freiheit und sein eigentum abwehren wollen. die behörde habe ihm gegenüber rechtswidrig gehandelt. nicht er habe sich schuldig gemacht. der beschuldigten sachbearbeiterin habe schon klar sein müssen, welche folgen in materieller hinsicht ihre ankündigung habe könne. so viel verstand dürfe man doch erwarten. er habe niemanden bedroht oder beleidigt. das sei nicht seine absicht gewesen. 5der vom kläger gestellte antrag auf bewilligung von prozesskostenhilfe blieb erfolglos (beschluss vom 14.11.2013). 6der kläger beantragt, 7den bescheid des beklagten vom 04.07.2013 aufzuheben. 8die beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10zur begründung trägt er vor, mit blick auf die zahlreichen im verwaltungsvorgang befindlichen zeugenaussagen der mitarbeiter der sozialagentur ergebe sich ein sachverhalt, der ein hausverbot gegen den kläger rechtfertige. 11die beteiligten wurden zur möglichkeit einer entscheidung durch gerichtsbescheid angehört. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten. 13
14das gericht konnte gemäß § 84 vwgo ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist, der sachverhalt geklärt ist und die beteiligten zur frage der entscheidung durch gerichtsbescheid angehört worden sind. 151.die klage ist zulässig, insbesondere ist der verwaltungsrechtsweg nach § 40 abs. 1 satz 1 vwgo eröffnet, auch wenn nach der sachaufgabe, die die beklagte wahrnimmt ‑ durchführung des sgb ii ‑ im streitfall gemäß § 51 abs. 1 nr. 4a sgg der rechtsweg zu den sozialgerichten gegeben ist; 16vgl. ovg nrw, beschluss vom 13.05.2011 – 16 e 174/11 -, www.nrwe.de;vgl. insoweit auch ausführlich beschluss der kammer vom 18.12.2009 ‑ 21 k 7368/09 ‑ zum hausverbot für räume einer arge als trägerin der grundsicherung für arbeitssuchende, in welchem sich die kammer mit der rechtsprechung des bsg, beschluss vom 01.04.2009 ‑ b 14 sf 1/08 r ‑, auseinandergesetzt hat, wonach für einen rechtsstreit über ein hausverbot für die räume eines solchen leistungsträgers gegenüber einem leistungsempfänger die sozialgerichte zuständig sind, wenn ein enger sachzusammenhang zu den vom träger wahrzunehmenden sachaufgaben besteht. 172.die klage ist aber nicht begründet. 18der bescheid des beklagten vom 04.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 s. 1vwgo). 19das angegriffene hausverbot findet eine ausreichende ermächtigungsgrundlage in dem hausrecht, das der behördenleiter im rahmen eines notwendigen annexes zu der zugrundeliegenden sachkompetenz in verbindung mit der ihm zustehenden organisationsgewalt ausübt. 20vgl. zur ständigen rechtsprechung der kammer beschluss vom 26.04.2012 – 21 l 543/12 – sowie urteil vom 20.03.2009 ‑ 21 k 8601/08 ‑ und urteil vom 30.11.2007 ‑ 21 k 1367/07 ‑. 21wegen der formellen rechtmäßigkeit des erteilten hausverbots wird auf die ausführungen des beschlusses der kammer vom 14.11.2013 entsprechend § 117 abs. 5 vwgo verwiesen. 22auch die voraussetzungen für den erlass eines hausverbotes zur gewährleistung und aufrechterhaltung eines geordneten dienstbetriebs haben vorgelegen. 23der ausspruch eines hausverbots hat präventiven charakter, indem es darauf abzielt, zukünftige störungen des betriebsablaufs in der behörde oder einrichtung zu vermeiden und dient dem öffentlichen interesse an einem ungestörten ablauf des dienstbetriebes. dieses interesse richtet sich nicht nur darauf, die funktionsfähigkeit der öffentlichen einrichtung in dem sinne zu gewährleisten, dass störungen der tätigkeit des hoheitsträgers selbst unterbleiben. die sicherstellung des ungestörten ablaufs des beratungs- und dienstleistungsbetriebes in den gebäuden der beklagten dient darüber hinaus auch der wahrung der rechte der mitarbeiter aus gründen der dienstrechtlichen fürsorgepflicht und der wahrung der rechte der übrigen kunden. diese rechte stehen den rechten des betroffenen, gegenüber dem ein hausverbot ausgesprochen wird, nicht nach. 24vgl. vg düsseldorf, urteil vom 20.03.2009 – 21 k 8601/08 –; urteil vom 30.11.2007 ‑ 21 k 1367/07 –. 25das verfügte hausverbot hat grundsätzlich die tatsachen zu benennen, die in vorangegangener zeit den hausfrieden gestört haben. des weiteren ist erforderlich, dass in zukunft wieder mit störungen zu rechnen ist und daraus folgend das hausverbot nötig ist, entsprechende erneute vorfälle zu verhindern. allerdings muss eine behörde auch mit aus ihrer sicht schwierigen besuchern zurechtkommen und sie ihr anliegen ungehindert vortragen lassen. sie kann nicht sogleich auf ein hausverbot zurückgreifen. diese möglichkeit ist dann eröffnet, wenn der dienstablauf nachhaltig gestört wird, z.b. weil bedienstete beleidigt oder bedroht worden sind oder der besucher in nicht hinnehmbarer weise aggressiv reagiert und mit einer wiederholung derartiger vorfälle zu rechnen ist. 26vgl. vg düsseldorf, urteil vom 20.03.2009 – 21 k 8601/08 –; vg neustadt an der weinstraße, beschluss vom 23.11.2006 ‑ 4 l 1746/06.nw -, juris. 27es bedarf für die verfügung eines hausverbotes aber nicht notwendigerweise eines strafrechtlich relevanten verhaltens, insbesondere von bedrohungen und beleidigungen oder gar des einsatzes körperlicher gewalt. auch die verletzung einer hausordnung und / oder von – auch für dritte ohne weiteres erkennbare – verhaltensweisen, die den dienstbetrieb nachhaltig stören, können dafür ausreichen. dies gilt insbesondere in fällen der abwicklung von verfahren der massenverwaltung mit hohem kundenaufkommen. in diesen fällen ist ein geordneter dienstbetrieb dauerhaft nur dann sicherzustellen, wenn sich alle beteiligten an die durch die verkehrssitte geprägten verhaltensweisen der gegenseitigen rücksichtnahme halten, insbesondere an aufgestellte oder allgemein gültige regeln zur sicherung des hausfriedens. 28vgl. vg düsseldorf, gerichtsbescheid vom 05.01.2007 – 21 k 4835/06 ‑. 29in anwendung dieser grundsätze sind die voraussetzungen für den erlass eines gegen den kläger gerichteten hausverbotes erfüllt gewesen. den umfangreichen ausführungen der kammer im prozesskostenhilfe ablehnenden beschluss vom 14.11.2013 auch zum sachverhalt – und damit zu den tatsächlichen ereignissen, die grundlage für das hausverbot geworden sind ‑ ist der kläger nicht entgegengetreten. das gericht hat keine veranlassung, von der überzeugung abzurücken, dass der kläger bei der vorsprache in der sozialagentur der beklagten am 28.09.2013 ein nicht hinnehmbares verhalten an den tag gelegt hat. dies ergibt sich bereits aus der sachverhaltsdarstellung, wie sie schon dem angegriffenen bescheid zu entnehmen ist, wie folgt: 30danach ist der kläger am 28.05.2013 durch aggressives und lautstarkes auftreten sowie durch körperliche und verbale bedrohungen gegenüber einer bediensteten auffällig geworden. der kläger hat sich unaufgefordert zutritt zu einem verschlossenen flurbereich der sozialagentur verschafft und bedienstete angeschrien. bemühungen zur beruhigung schlugen fehl. auf die aufforderung, den flur zu verlassen hat er nicht reagiert. der kläger hat seine verbalen angriffe weiter fortgesetzt. erst nach betätigung des alarms und das eingreifen eines weiteren mitarbeiters hat er der aufforderung, den flur zu verlassen, folge geleistet. anschließend trat er gegen eine tür und drohte mit den worten „komm runter, ich warte auf dich!“ die verbale bedrohung hat der kläger am 29.05.2013 telefonisch fortgesetzt. 31dies wird bestätigt durch insgesamt neun dienstliche stellungnahmen von bediensteten der beklagten, die zum verwaltungsvorgang genommen worden sind. die stellungnahmen der betroffenen bediensteten gehen sogar über die darstellung im angegriffenen bescheid verdeutlichend hinaus wie folgt: 32der kläger habe bereits bei einer telefonischen kontaktaufnahme vor seinem erscheinen in der sozialagentur sein anliegen aggressiv und beleidigend vorgebracht. dabei sei es auch zu der äußerung gekommen, „mit den synapsen der vorherigen sachbearbeiterin sei wohl was nicht in ordnung“. nach aktivieren der lautsprecherfunktion habe eine weitere bedienstete wahrnehmen können, dass der kläger aggressiv angedroht habe „ich komme jetzt vorbei.“ daraufhin sei er 15 minuten später in der sozialagentur erschienen und habe eine bedienstete körperlich attackiert, indem er sie vor sich her getrieben habe. die bediensteten hätten in diesem moment befürchtet, er werde zuschlagen. außerdem habe er immer wieder geschrien „was soll die scheiße?“ und „ich lass mich von euch nicht bestehlen.“ er habe den anwesenden schläge angedroht. der antragsteller sei so laut geworden, dass seine worte kaum zu verstehen gewesen seien und er noch in der darüber liegenden etage zu hören gewesen sei. eine andere kundin und deren drei kinder, die sich in einem benachbarten raum anlässlich eines termins mit dolmetscherin aufgehalten hätten, seien angesichts des vorfalls sichtlich erschrocken gewesen und hätten das büro erst verlassen, nachdem der kläger den flur verlassen habe. 33der kläger hat sein fehlverhalten letztlich mit schriftsatz vom 17.09.2013 eingeräumt, mit dem er darstellt: 34„(...) bin ich in die sozialagentur und habe die zuständige sachbearbeiterin (...) zur rede gestellt, die daraufhin kaltschnäuzig angab, dies [i.e. leistungsantrag wegen umzuges] erst überprüfen zu müssen. erst dann gab es ein wortgefecht, ich bin laut geworden, so dass der streit eskalierte. 35das beschriebene verhalten stellt eine schwerwiegende störung des ordnungsgemäßen betriebs der sozialagentur der beklagten dar. das verhalten, insbesondere die unangemessene aggressivität des verhaltens des klägers, ist nicht hinnehmbar und stellt eine erhebliche und massive drohung gegenüber der sachbearbeiterin dar. die äußerung des klägers ist geeignet, befürchtungen und ängste bei den bediensteten der beklagten auszulösen, die diese nicht hinnehmen müssen. sie widerspricht dem grundsätzlich vertrauensvollen sozialen umgang miteinander, welcher auch nur einen verbalen angriff auf die körperliche integrität verbietet, solange nicht erkennbar ist, dass sie offensichtlich als holzschnittartige übertreibung oder scherz gemeint ist. die vom kläger gewählte äußerung ist geeignet, vorstellungen bei dem gegenüber auszulösen, die ein empfindliches übel deutlich macht. 36vgl. dazu vg düsseldorf, urteil vom 30.11.2007 ‑ 21 k 1367/07 ‑; vg münchen, urteil vom 15.03.2004 – m 3 k 03.4560 -, juris. 37vorliegend wirkten die bedrohungen sogar auf unbeteiligte dritte, die sich nicht in direkter nähe zum kläger befunden haben, derart bedrohlich, dass sie sich in ihrer körperlichen integrität gestört fühlten. 38ob der öffentlich-rechtliche hausrechtsinhaber der gefahr einer beeinträchtigung der ihm obliegenden aufgabenerfüllung im einzelfall mit der erteilung eines hausverbots begegnet, liegt ebenso wie die frage der konkreten ausgestaltung eines hausverbots, in dessen pflichtgemäßen ermessen. vorliegend liegen hinweise auf eine ermessensfehlerhafte entscheidung zum ausspruch eines auf das dienstgebäude der sozialagentur der beklagten (f. straße 00 in n. ) beschränktes und bis zum 31.12.2013 befristetes hausverbot nicht vor. 39es ist nicht zu erkennen, dass die beklagte bei ihrer entscheidung das ihr insoweit obliegende ermessen in zu beanstandender weise ausgeübt hätte. die entscheidung beruht weder auf sachfremden erwägungen noch auf fehlentscheidungen. der antragsteller ist aufgrund seines oben beschriebenen verhaltens für die störung des dienstbetriebes selbst verantwortlich. 40bei der entscheidung wurde der grundsatz der verhältnismäßigkeit beachtet. das ausgesprochene hausverbot ist geeignet, den angestrebten zweck zu erreichen, nämlich den hausfrieden in dem betroffenen gebäude zu sichern und einen reibungslosen dienstbetrieb zu gewährleisten sowie insbesondere die mitarbeiter und mitarbeiterinnen zu schützen. 41der erlass des hausverbotes war erforderlich, denn aufgrund des nicht hinnehmbaren, bedrohlichen verhaltens des klägers, das sich auch in gegenwart hinzueilender mitarbeiter der beklagten nicht änderte, war davon auszugehen, dass von dem kläger weiterhin störungen des dienstbetriebs ausgehen werden. die vorgenommene prognose wird auch noch durch die position des klägers im schriftsatz vom 17.09.2013 bestätigt, mit dem er unberechtigt vorbringt: 42„ich befand mich sozusagen im zustand der notwehr. ich wollte einen angriff auf meine ehre, meine freiheit und mein eigentum abwehren.“ 43selbst für den fall, dass die sozialagentur leistungen unberechtigt abgelehnt haben sollte, gibt dies dem kläger nicht die befugnis, wie dargestellt aufzutreten; er ist auf den ihm zustehenden rechtsweg zu verweisen. die äußerung im vorliegenden verfahren lässt befürchten, dass der kläger möglicherweise auch in zukunft mit nicht zustehenden mitteln versuchen wird, seine ziele durchzusetzen. 44mit einer beschränkung auf einen zeitraum von nur einem halben jahr entspricht das ausgesprochene hausverbot bei dem hier zugrunde liegenden sachverhalt auch dem grundsatz der verhältnismäßigkeit und liegt dabei eher am unteren zeitlichen rand. dass der kläger auf den zutritt zu dem fraglichen dienstgebäude angewiesen ist, hat er nicht dargelegt. als leistungsempfänger verbleibt ihm die möglichkeit, die dienstleistungen der sozialagentur schriftlich geltend zu machen oder eine person seines vertrauens zu bevollmächtigen, um seine angelegenheiten zu regeln. 453.kosten: § 154 abs. 1 vwgo. 46vorläufige vollstreckbarkeit: § 167 abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 47beschluss: 48der streitwert wird in ständiger rechtsprechung der kammer nach § 52 abs. 2 gkg auf 5.000,00 euro festgesetzt.
Verklagte*r
0
179,783
124 C 1/14
"2014-04-15T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um einen Anspruch aus einem Rentenversicherungsvertrag. 3Die Klägerin schloss mit der Beklagten im September 2004 einen Vertrag über eine fondsgebundenen Rentenversicherung mit Wirkung zum 1.12.2004. Die Prämie betrug zunächst 50 € und sollte sich jeweils um 10 % im Oktober eines jeden Jahres erhöhen. Schließlich betrug die Prämie ab Oktober 2011 97,80 €. Insgesamt zahlte die Klägerin rund 6000 € an Beiträgen ein, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Klägerin 5703,60 € oder 5973,60 € eingezahlt hat. 4Nachdem die Klägerin den Versicherungsvertrag gekündigte hatte, zahlte die Beklagte im Januar 2012 einen Rückkaufswert in Höhe von 3533,08 € aus. 5Mit Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 9.9.2013 widerrief die Klägerin die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung und erklärte „vorsorglich“ die Anfechtung. 6Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne von der Beklagten die bislang an sie nicht zurückgezahlten Prämien in Höhe von 2.340,52 € sowie entgangene Nutzungen in Höhe von 1676,61 € verlangen. 7Die Klägerin beantragt, 8die Beklagte zu verurteilen, an sie 4017,13 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.11.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 708,88 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.11.2013 zu zahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10 die Klage abzuweisen. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Die Klage ist zulässig aber unbegründet. 14Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung der eingezahlten Prämien gemäß § 812 Abs.1 BGB zu. Es kommt daher auch nicht auf die tatsächliche Höhe der eingezahlten Prämien an. 15Es braucht insoweit auch nicht entschieden zu werden, ob die Belehrung der Klägerin ordnungsgemäß war und ob § 5 a VVG a.F. europarechtswidrig ist oder nicht. 16Denn jedenfalls vermochte der Widerruf eine Rückzahlungspflicht nicht zu begründen. 17Denn wenn die Vertragsparteien - wie hier nach Kündigung des Vertrages seitens der Klägerin und Auskehrung des Rückkaufswerts durch die Beklagte – ihre gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Vertrag vollständig erfüllt haben, ist für einen Widerruf kein Raum mehr (BGH, Urteil vom 16.10.2013 – IV ZR 52/13, NJW 2013, 3776). 18Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Nach Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts ist der Vertrag vollständig abgewickelt. Die Klägerin hatte – ihre Rechtsauffassung zur Zulässigkeit eines Widerrufs unterstellt – zunächst die Wahl, ob die den Vertrag widerrufen oder aber eine Kündigung aussprechen wollte. Nachdem sie sich für die Kündigung entschieden hat und der Vertrag auf Basis der Kündigung abgewickelt wurde, geht der deutlich später erklärte Widerruf ins Leere. 19Soweit die Klägerin „vorsorglich“ den Vertrag auch gemäß § 119 BGB angefochten hat, sind Anfechtungsgründe weder dargetan noch sonst ersichtlich. 20Kann die Klägerin damit keine Rückzahlung der Prämien verlangen, steht ihr auch kein Herausgabeanspruch bezüglich der Nutzungen zu. 21Die Klage war daher insgesamt, auch im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, abzuweisen. 22Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr.11, 711 ZPO. 23Streitwert: 4.017,13 € 24Rechtsbehelfsbelehrung: 25Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 26a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 27b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 28Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 29Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. 30Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 31Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 32 Köln, 14.04.2014AmtsgerichtRichter am Amtsgericht
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. dieses urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit i.h.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1
2die parteien streiten um einen anspruch aus einem rentenversicherungsvertrag. 3die klägerin schloss mit der beklagten im september 2004 einen vertrag über eine fondsgebundenen rentenversicherung mit wirkung zum 1.12.2004. die prämie betrug zunächst 50 € und sollte sich jeweils um 10 % im oktober eines jeden jahres erhöhen. schließlich betrug die prämie ab oktober 2011 97,80 €. insgesamt zahlte die klägerin rund 6000 € an beiträgen ein, wobei zwischen den parteien streitig ist, ob die klägerin 5703,60 € oder 5973,60 € eingezahlt hat. 4nachdem die klägerin den versicherungsvertrag gekündigte hatte, zahlte die beklagte im januar 2012 einen rückkaufswert in höhe von 3533,08 € aus. 5mit schriftsatz ihrer jetzigen prozessbevollmächtigten vom 9.9.2013 widerrief die klägerin die auf den abschluss des vertrages gerichtete willenserklärung und erklärte „vorsorglich“ die anfechtung. 6die klägerin ist der auffassung, sie könne von der beklagten die bislang an sie nicht zurückgezahlten prämien in höhe von 2.340,52 € sowie entgangene nutzungen in höhe von 1676,61 € verlangen. 7die klägerin beantragt, 8die beklagte zu verurteilen, an sie 4017,13 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 6.11.2013 sowie vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 708,88 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 6.11.2013 zu zahlen. 9die beklagte beantragt, 10 die klage abzuweisen. 11wegen der weiteren einzelheiten des parteivorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 12
13die klage ist zulässig aber unbegründet. 14der klägerin steht gegen die beklagte kein anspruch auf rückzahlung der eingezahlten prämien gemäß § 812 abs.1 bgb zu. es kommt daher auch nicht auf die tatsächliche höhe der eingezahlten prämien an. 15es braucht insoweit auch nicht entschieden zu werden, ob die belehrung der klägerin ordnungsgemäß war und ob § 5 a vvg a.f. europarechtswidrig ist oder nicht. 16denn jedenfalls vermochte der widerruf eine rückzahlungspflicht nicht zu begründen. 17denn wenn die vertragsparteien - wie hier nach kündigung des vertrages seitens der klägerin und auskehrung des rückkaufswerts durch die beklagte – ihre gegenseitigen verpflichtungen aus dem vertrag vollständig erfüllt haben, ist für einen widerruf kein raum mehr (bgh, urteil vom 16.10.2013 – iv zr 52/13, njw 2013, 3776). 18dem schließt sich das erkennende gericht an. nach kündigung und auszahlung des rückkaufswerts ist der vertrag vollständig abgewickelt. die klägerin hatte – ihre rechtsauffassung zur zulässigkeit eines widerrufs unterstellt – zunächst die wahl, ob die den vertrag widerrufen oder aber eine kündigung aussprechen wollte. nachdem sie sich für die kündigung entschieden hat und der vertrag auf basis der kündigung abgewickelt wurde, geht der deutlich später erklärte widerruf ins leere. 19soweit die klägerin „vorsorglich“ den vertrag auch gemäß § 119 bgb angefochten hat, sind anfechtungsgründe weder dargetan noch sonst ersichtlich. 20kann die klägerin damit keine rückzahlung der prämien verlangen, steht ihr auch kein herausgabeanspruch bezüglich der nutzungen zu. 21die klage war daher insgesamt, auch im hinblick auf die vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten, abzuweisen. 22die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 abs. 1, 708 nr.11, 711 zpo. 23streitwert: 4.017,13 € 24rechtsbehelfsbelehrung: 25gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 26a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 27b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 28die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht köln, luxemburger str. 101, 50939 köln, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 29die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht köln zu begründen. 30die parteien müssen sich vor dem landgericht köln durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 31mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 32 köln, 14.04.2014amtsgerichtrichter am amtsgericht
Verklagte*r
0
179,399
L 18 KN 210/11
"2014-05-06T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dortmund vom 5.5.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist Regelaltersrente. 3Der 1939 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Von Januar 1962 bis November 1966 war er in Deutschland beschäftigt, bis Juli 1965 im Bergbau, danach außerhalb des Bergbaus. Für die Zeiten der Beschäftigung (17.1.1962 bis 13.4.1964, 3.6.1964 bis 30.7.1965, 9.8.1965 bis 14.2.1966 und 28.7. bis 29.11.1966) entrichtete er Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im Dezember 1966 kehrte der Kläger nach Marokko zurück, wo er seither lebt. 4Im September 1997 beantragte der Kläger Altersrente bei der (damaligen) Landesversicherungsanstalt Schwaben (seit Oktober 2005: Deutsche Rentenversicherung Schwaben; fortan: DRV Schwaben). Diese lehnte den Rentenantrag ab: Ein Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte bestehe nicht, da der Kläger weder das 63. noch das 65 Lebensjahr vollendet habe. Auch habe er nicht die erforderliche Wartezeit erfüllt. In Deutschland habe er auf die Wartezeit anrechenbare 53 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt, in Marokko - nach Auskunft des dortigen Sozialleistungsträgers - keinen einzigen. Er habe damit nur 4,42 Jahre statt der mindestens erforderlichen 5 Jahre Wartezeit zurückgelegt. Deshalb empfehle sie, eine Beitragserstattung zu beantragen (Bescheid vom 6.8.1998). Als der Kläger sich Ende September 1999 ein weiteres Mal wegen der einer Rente an die DRV Schwaben wandte, teilte sie ihm erneut mit, dass ein Anspruch auf Altersrente nicht bestehe und sie weiter empfehle, die Erstattung der Beiträge zu beantragen. 5Im Mai 2000 beantragte der Kläger bei der DRV Schwaben die Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die DRV Schwaben klärte das Rentenkonto und gab dem Antrag statt: Der Kläger habe einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1942,45 DM aus der knappschaftliche Rentenversicherung + 679,40 DM aus der Arbeiterrentenversicherung = insgesamt 2.621, 85 DM (Bescheid vom 25.9.2000, dem Kläger zugestellt am 12.10.2000); den Betrag überwies sie auf das vom Kläger angegebene Konto bei einer marokkanischen Bank in O. 6Im August 2005 beantragte der Kläger bei der (wegen der Beschäftigung des Klägers im Bergbau seit 2002 zuständigen) Beklagten Altersrente. Die Beklagte lehnte den Antrag ab: Ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht, da der Kläger die erforderliche Wartezeit nicht erfülle. Durch die erfolgte Beitragserstattung sei das Versicherungsverhältnis endgültig aufgelöst worden. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestünden deshalb nicht mehr (Bescheid vom 22.9.2005, Widerspruchsbescheid vom 10.4.2006). Die anschließende Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 2.1.2008, Aktenzeichen (Az) S 6 KN 143/06; Urteil des Landessozialgerichtes (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 11.9.2008, Az L 2 KN 37/08; Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.2.2009, Az B 13 R 5/09 B). 7Mit Schreiben vom 26.10.2009 beantragt der Kläger erneut Altersrente. Die Beklagte lehnte den Antrag wiederum wegen der im Jahr 2000 erfolgten Beitragserstattung ab (Bescheid vom 12.11.2009; Widerspruchsbescheid vom 5.5.2010). 8Mit der dagegen (wie alle Schreiben des Klägers: in französischer Sprache) am 14.6.2010 erhobenen Klage (deren Übersetzung ins Deutsche lag dem SG am 30.6.2010 vor) hat der Kläger weiter die Gewährung einer Altersrente begehrt. 9Das SG hat die Klage abgewiesen: Die für den geltend gemachten Rentenanspruch erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (60 Kalendermonaten) sei nicht erfüllt. Dies sei bereits im Vorprozess rechtskräftig festgestellt worden (Gerichtsbescheid vom 5.5.2011, am 19.5.2010 an den Kläger gesandt). 10Mit der dagegen gerichteten, ebenfalls in französischer Sprache verfassten Berufung hat der Kläger zunächst einen Anspruch auf (zunächst) "Altersrente oder finanzielle Hilfe" geltend gemacht. Er habe in Deutschland gearbeitet, sei inzwischen sehr alt und befinde sich in einer miserablen wirtschaftlichen Situation. Später hat er wiederholt darauf hingewiesen, dass er zwar 2.621,85 DM von der DRV Schwaben erhalten habe, es in diesem Verfahren jedoch um seine Altersrente gehe. Er wolle den erhaltenen Betrag zurückzahlen und stattdessen Altersrente beziehen. 11Der Kläger ist am 17.3.2014 vom Termin zur mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis benachrichtigt worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen. 12Die Beklagte beantragt, 13die Berufung zurückzuweisen. 14Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Bereits im Vorprozess sei entschieden worden, dass ein Rentenanspruch wegen der wirksam erfolgten Beitragserstattung nicht bestehe. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge betreffend den Kläger, die Verwaltungsakten der DRV Schwaben sowie die erwähnten Vorprozessakten des SG Dortmund Bezug genommen. Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 16Entscheidungsgründe: 17Der Senat kann entscheiden, obwohl für den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§§ 63 Abs 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 175 Zivilprozessordnung iVm Art 31 Abs 1 Satz 3 des Deutsch-Marokkanischen Sozialversicherungsabkommens (DMSVA) vom 25.3.1981, in Kraft seit dem 1.8.1986, BGBl II 1986; 550ff, 562, 772) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 62 SGG. 18Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. 19Die Berufung ist zulässig. Sie ist fristgerecht wirksam eingelegt worden. 20Der Gerichtsbescheid vom 5.5.2011 wurde dem Kläger ausweislich der Akten am 19.5.2011 per Einschreiben/Rückschein zugesandt. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt drei Monate seit der Zustellung, §§ 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 S 2, 151 SGG (allgemeine Meinung, vgl BSG SozR Nr. 11 zu § 151 SGG). Auch wenn sich bei den Akten kein Zustellungsnachweis befindet und der genaue Zeitpunkt der Bekanntgabe/Zustellung des Gerichtsbescheides deshalb nicht feststeht, ist doch die Berufung vom 27.7.2014 unabhängig vom genauen Zeitpunkt des Zugang des angefochtenen Gerichtsbescheids mit dem Eingang beim Landessozialgericht am 10.8.2011 innerhalb der Dreimonatsfrist und damit fristgerecht eingegangen. 21Es kann offen bleiben, ob der Kläger bereits mit dem am 10.8.2011 eingegangenen, in französischer Sprache verfassten Schreiben wirksam Berufung eingelegt hat. Die Gerichtssprache ist die deutsche Sprache, § 61 SGG iVm § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Eine in einer anderen Sprache eingelegte Berufung wahrt (vorbehaltlich zwischenstaatlicher Sonderreglungen) die Rechtsmittelfrist grundsätzlich nicht. Diese Regelung ist zwingend und von Amts wegen zu beachten (BSG, SozR 1500 § 61 Nr 1; LSG Berlin, Urt. vom 22.3.2001, Aktenzeichen (Az) L 3 U 23/00). Der Senat kann hier dahinstehen lassen, ob die Einlegung der Berufung in französischer Sprache ausnahmsweise - nämlich nach Art 31 Abs. 2 des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko und der tatsächlichen Handhabung der jeweiligen Verbindungsstellen - zulässig ist, weil sie wie eine Amtssprache Marokkos im Rechtsverkehr mit dem (europäischen) Ausland anzusehen ist - wofür Vieles spricht und wohin der Senat auch tendiert - oder der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre (vgl dazu auch: Urteile des Senats vom 15. November 2011, Az L 18 KN 30/10, und zuletzt vom 24.4.2014, Az L 18 KN 83/12, beide in juris). Das Gericht hat nämlich das Berufungsschreiben ins Deutsche übersetzen lassen; die deutsche Übersetzung lag dem Gericht spätestens am 25.8.2012 vor. Es lässt sich wegen des fehlenden Zustellungsnachweises zwar nicht sicher feststellen, dass dieser Zeitpunkt innerhalb der Berufungsfrist liegt. Dies wirkt sich jedoch nicht zulasten des Klägers aus. Deshalb und weil Zustellungen nach Marokko erfahrungsgemäß durchaus mehrere Wochen dauern, ist zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass auch der Eingang der Übersetzung der Berufungsschrift noch innerhalb der dreimonatigen Berufungsfrist lag. Zwar ist das Gericht zur Übersetzung der Berufungsschrift nicht verpflichtet (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 61 Rdnr 7e mwN); die Berufung samt deutscher Übersetzung sind vom Gericht jedoch zu beachten, wenn sie vorliegen (vgl BSG, Urteil vom 22.10.1986, Az 9a RV 43/85). 22Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.5.2010 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente erneut ablehnt. Nur gegen diese ablehnende Regelung wendet sich der Kläger, wenn er die Beitragserstattung rückgängig machen will und stattdessen aus seinen Beiträgen eine Alterrente begehrt. Soweit er zu Beginn des Berufungsverfahrens Altersrente "oder eine finanzielle Hilfe" begehrt hat, hat er dieses - aus mehreren formellen und materiellem Gründen nicht sachdienliches - Alternativbegehren später nicht aufrechterhalten, sondern sich auf den (bereits ursprünglich ausschließlich geltend gemachten) Anspruch auf Altersrente beschränkt. 23Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die zulässige (zur Erhebung der Klage in französischer Sprache gilt das zuvor zur Berufung Gesagte entsprechend) Klage abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 12.11.2009 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.5.2010) nicht beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Die Entscheidung der Beklagten ist (unabhängig davon, ob es sich um einen Zweitbescheid oder eine Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch handelt) rechtmäßig, weil in der Sache ein Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach der - hier noch maßgeblichen - Vorschrift des § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) nicht besteht. 24Nach § 35 SGB VI aF erhalten Versicherte Regelaltersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Der Kläger hat zwar 2004 das 65. Lebensjahr vollendet, er hat jedoch die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren mit Beitragszeiten (§§ 50 Abs 1, 51 Abs 1 SGB VII) nicht erfüllt. Der Kläger hatte bereits ursprünglich in Deutschland keine fünf Jahre (60 Monate) mit Beitragszeiten (sondern nur 53 Monate). Zwar sind nach Art. 24 DMSVA (zur "Aufstockung") auch marokkanische Zeiten berücksichtigungsfähig, solche liegen aber nach der Auskunft des marokkanischen Leistungsträgers und den eigenen Angaben des Klägers nicht vor. Wegen der im Jahr 2000 durchgeführten Beitragserstattung liegt beim Kläger seither sogar kein einziger anrechenbarer deutscher Beitragsmonat (§§ 51 Abs 1 und 4, 54 f SGB VI) mehr vor (vgl dazu BSG, Beschluss vom 7.4.2008, Az 5b KN 1/08 BH mwN). 25Es trifft allerdings zu, dass der Kläger mit kurzen Unterbrechungen von 1962 bis 1966 in Deutschland gearbeitet und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (vom 17.1.1962 bis zum 13.4.1964 und vom 3.6.1964 bis zum 30.7.1965 zur knappschaftlichen, vom 9.8.1965 bis zum 14.2.1966 sowie vom 28.7. bis zum 29.11.1966 zur allgemeinen Rentenversicherung) entrichtet hat. Dadurch sind zunächst - eine Rentenanwartschaft begründende - Beitragszeiten vorhanden gewesen. Daraus kann der Kläger jedoch keine Rechte mehr herleiten, weil ihm seine Beiträge im Jahr 2000 (vollständig) erstattet worden sind und die Anwartschaft damit erloschen ist. Denn durch die Beitragserstattung ist das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr, § 210 Abs 6 Sätze 2 und 3 SGB VI. Die Gesetzesregelung ist so konzipiert, dass eine Erstattung nur insgesamt und nicht teilweise beansprucht werden kann, § 210 Abs 6 Satz 1 SGB VI. Kommt es zu einer (immer: vollständigen) Erstattung, wird das Versicherungsverhältnis, das bis zum Erstattungszeitpunkt bestand, gänzlich und unwiederbringlich aufgelöst (§ 210 Abs 6 Satz 2 SGB VI). Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass dem Kläger nur die Hälfte der gezahlten Beiträge zu erstatten war und erstattet wurde (vgl BSG, Beschluss vom 7.4.2008, Az 5b KN 1/08 BH), und ist mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar (BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr. 34; BSG SozR 3-2600 § 210 Nr. 2). 26Aus den Verwaltungsakten der DRV Schwaben sowie den eigenen Angaben des Klägers ergibt sich, dass dem Kläger sämtliche Beiträge (wie gesetzlich vorgesehen: zur Hälfte) rechtswirksam erstattet worden sind. 27Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich (1) ein Erstattungsantrag, (2) ein wirksamer Erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung (= Erfüllung des Erstattungsanspruchs entsprechend § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches) vorliegen (vgl dazu und besonders zur Beweislast: BSGE 80, 41 ff = SozR 3 - 2200 § 1303 Nr. 6; vgl auch LSG NRW, Beschluss vom 21.09.2003, Az L 2 KN 19/03 und Urteil vom 16.08.2007, Az L 2 KN 259/06; stRspr des Senats, vgl Urteile vom 13.9.2011, Az L 18 (2) KN 223/07, vom 15.11.2011, Az L 18 KN 30/10, L 18 (2) KN 42/08 und L 18 (2) KN 239/09, vom 24.4.2012, Az L 18 KN 32/10 und zuletzt Urteil vom 29.4.2014, Az L 18 KN 120/12, alle bei juris). Das ist hier der Fall. Der Erstattungsantrag des Klägers und der diesem Antrag stattgebende Bescheid vom 25.9.2000 finden sich in den Verwaltungsakten der DRV Schwaben. Der Erstattungsbescheid ist dem Kläger ausweislich des dort ebenfalls befindlichen Einschreiben-Rückscheins am 12.10.2010 zugestellt worden. Schließlich hat der Kläger im Berufungsverfahren zugestanden, den Erstattungsbetrag von 2.621,85 DM erhalten zu haben. Der Senat hat keinen Anlass, daran zu zweifeln. 28Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich klar, dass dem Wunsch des Klägers, ihm die Rückzahlung der erstatteten Beiträge zu gestatten und ihm stattdessen Regelaltersrente zu gewähren, von Rechts wegen nicht entsprochen werden kann. Ein derartiges (Rück-) Gestaltungsrecht ist im System des SGB VI nicht vorgesehen. Wählt ein Versicherter durch seinen Antrag die Beitragserstattung, ist nach deren vollständiger Durchführung eine Geltendmachung von Ansprüchen aus den erstatteten Beiträgen für alle Zukunft ausgeschlossen. Der Versicherte ist an seine Gestaltung der Rechtslage gebunden. Der Wunsch des Klägers ist im Übrigen nicht zielführend, sondern sinnlos. Denn die Rückzahlung der erstatteten Beiträge führte nicht zur Gewährung einer Altersrente, weil auch zuvor die dazu erforderliche allgemeine Wartezeit nicht erfüllt war. Deshalb handelte die DRV Schwaben im Interesse des Klägers, als sie ihm 1998 und erneut 2000 empfahl, die Beitragserstattung zu beantragen. 29Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Sätze 1 und 3, 193 Abs 1 Satz 1 SGG. 30Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Maßgeblich für die Entscheidung sind die besonderen tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
die berufung des klägers gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichtes dortmund vom 5.5.2011 wird zurückgewiesen. kosten sind auch im zweiten rechtszug nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2streitig ist regelaltersrente. 3der 1939 geborene kläger ist marokkanischer staatsangehöriger. von januar 1962 bis november 1966 war er in deutschland beschäftigt, bis juli 1965 im bergbau, danach außerhalb des bergbaus. für die zeiten der beschäftigung (17.1.1962 bis 13.4.1964, 3.6.1964 bis 30.7.1965, 9.8.1965 bis 14.2.1966 und 28.7. bis 29.11.1966) entrichtete er pflichtbeiträge zur gesetzlichen rentenversicherung. im dezember 1966 kehrte der kläger nach marokko zurück, wo er seither lebt. 4im september 1997 beantragte der kläger altersrente bei der (damaligen) landesversicherungsanstalt schwaben (seit oktober 2005: deutsche rentenversicherung schwaben; fortan: drv schwaben). diese lehnte den rentenantrag ab: ein anspruch auf altersrente für langjährig versicherte bestehe nicht, da der kläger weder das 63. noch das 65 lebensjahr vollendet habe. auch habe er nicht die erforderliche wartezeit erfüllt. in deutschland habe er auf die wartezeit anrechenbare 53 kalendermonate mit pflichtbeiträgen zurückgelegt, in marokko - nach auskunft des dortigen sozialleistungsträgers - keinen einzigen. er habe damit nur 4,42 jahre statt der mindestens erforderlichen 5 jahre wartezeit zurückgelegt. deshalb empfehle sie, eine beitragserstattung zu beantragen (bescheid vom 6.8.1998). als der kläger sich ende september 1999 ein weiteres mal wegen der einer rente an die drv schwaben wandte, teilte sie ihm erneut mit, dass ein anspruch auf altersrente nicht bestehe und sie weiter empfehle, die erstattung der beiträge zu beantragen. 5im mai 2000 beantragte der kläger bei der drv schwaben die erstattung der von ihm gezahlten beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung. die drv schwaben klärte das rentenkonto und gab dem antrag statt: der kläger habe einen erstattungsanspruch in höhe von 1942,45 dm aus der knappschaftliche rentenversicherung + 679,40 dm aus der arbeiterrentenversicherung = insgesamt 2.621, 85 dm (bescheid vom 25.9.2000, dem kläger zugestellt am 12.10.2000); den betrag überwies sie auf das vom kläger angegebene konto bei einer marokkanischen bank in o. 6im august 2005 beantragte der kläger bei der (wegen der beschäftigung des klägers im bergbau seit 2002 zuständigen) beklagten altersrente. die beklagte lehnte den antrag ab: ein anspruch auf altersrente aus der gesetzlichen rentenversicherung bestehe nicht, da der kläger die erforderliche wartezeit nicht erfülle. durch die erfolgte beitragserstattung sei das versicherungsverhältnis endgültig aufgelöst worden. ansprüche aus den bis zur erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen zeiten bestünden deshalb nicht mehr (bescheid vom 22.9.2005, widerspruchsbescheid vom 10.4.2006). die anschließende klage blieb erfolglos (gerichtsbescheid des sozialgerichts (sg) dortmund vom 2.1.2008, aktenzeichen (az) s 6 kn 143/06; urteil des landessozialgerichtes (lsg) nordrhein-westfalen vom 11.9.2008, az l 2 kn 37/08; beschluss des bundessozialgerichts (bsg) vom 25.2.2009, az b 13 r 5/09 b). 7mit schreiben vom 26.10.2009 beantragt der kläger erneut altersrente. die beklagte lehnte den antrag wiederum wegen der im jahr 2000 erfolgten beitragserstattung ab (bescheid vom 12.11.2009; widerspruchsbescheid vom 5.5.2010). 8mit der dagegen (wie alle schreiben des klägers: in französischer sprache) am 14.6.2010 erhobenen klage (deren übersetzung ins deutsche lag dem sg am 30.6.2010 vor) hat der kläger weiter die gewährung einer altersrente begehrt. 9das sg hat die klage abgewiesen: die für den geltend gemachten rentenanspruch erforderliche allgemeine wartezeit von 5 jahren (60 kalendermonaten) sei nicht erfüllt. dies sei bereits im vorprozess rechtskräftig festgestellt worden (gerichtsbescheid vom 5.5.2011, am 19.5.2010 an den kläger gesandt). 10mit der dagegen gerichteten, ebenfalls in französischer sprache verfassten berufung hat der kläger zunächst einen anspruch auf (zunächst) "altersrente oder finanzielle hilfe" geltend gemacht. er habe in deutschland gearbeitet, sei inzwischen sehr alt und befinde sich in einer miserablen wirtschaftlichen situation. später hat er wiederholt darauf hingewiesen, dass er zwar 2.621,85 dm von der drv schwaben erhalten habe, es in diesem verfahren jedoch um seine altersrente gehe. er wolle den erhaltenen betrag zurückzahlen und stattdessen altersrente beziehen. 11der kläger ist am 17.3.2014 vom termin zur mündlichen verhandlung mit dem hinweis benachrichtigt worden, dass auch im falle seines ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. im termin zur mündlichen verhandlung ist für den kläger niemand erschienen. 12die beklagte beantragt, 13die berufung zurückzuweisen. 14sie hält den angefochtenen gerichtsbescheid für zutreffend. bereits im vorprozess sei entschieden worden, dass ein rentenanspruch wegen der wirksam erfolgten beitragserstattung nicht bestehe. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte, die verwaltungsvorgänge betreffend den kläger, die verwaltungsakten der drv schwaben sowie die erwähnten vorprozessakten des sg dortmund bezug genommen. sämtliche akten sind gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 16
17der senat kann entscheiden, obwohl für den kläger im termin zur mündlichen verhandlung niemand erschienen ist. denn der kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten ladung (§§ 63 abs 1 und 2 sozialgerichtsgesetz (sgg), 175 zivilprozessordnung ivm art 31 abs 1 satz 3 des deutsch-marokkanischen sozialversicherungsabkommens (dmsva) vom 25.3.1981, in kraft seit dem 1.8.1986, bgbl ii 1986; 550ff, 562, 772) auf diese möglichkeit hingewiesen worden, § 62 sgg. 18die berufung ist zulässig, aber unbegründet. 19die berufung ist zulässig. sie ist fristgerecht wirksam eingelegt worden. 20der gerichtsbescheid vom 5.5.2011 wurde dem kläger ausweislich der akten am 19.5.2011 per einschreiben/rückschein zugesandt. die frist zur einlegung der berufung beträgt drei monate seit der zustellung, §§ 153 abs 1 ivm § 87 abs 1 s 2, 151 sgg (allgemeine meinung, vgl bsg sozr nr. 11 zu § 151 sgg). auch wenn sich bei den akten kein zustellungsnachweis befindet und der genaue zeitpunkt der bekanntgabe/zustellung des gerichtsbescheides deshalb nicht feststeht, ist doch die berufung vom 27.7.2014 unabhängig vom genauen zeitpunkt des zugang des angefochtenen gerichtsbescheids mit dem eingang beim landessozialgericht am 10.8.2011 innerhalb der dreimonatsfrist und damit fristgerecht eingegangen. 21es kann offen bleiben, ob der kläger bereits mit dem am 10.8.2011 eingegangenen, in französischer sprache verfassten schreiben wirksam berufung eingelegt hat. die gerichtssprache ist die deutsche sprache, § 61 sgg ivm § 184 gerichtsverfassungsgesetz (gvg). eine in einer anderen sprache eingelegte berufung wahrt (vorbehaltlich zwischenstaatlicher sonderreglungen) die rechtsmittelfrist grundsätzlich nicht. diese regelung ist zwingend und von amts wegen zu beachten (bsg, sozr 1500 § 61 nr 1; lsg berlin, urt. vom 22.3.2001, aktenzeichen (az) l 3 u 23/00). der senat kann hier dahinstehen lassen, ob die einlegung der berufung in französischer sprache ausnahmsweise - nämlich nach art 31 abs. 2 des sozialversicherungsabkommens zwischen der bundesrepublik deutschland und dem königreich marokko und der tatsächlichen handhabung der jeweiligen verbindungsstellen - zulässig ist, weil sie wie eine amtssprache marokkos im rechtsverkehr mit dem (europäischen) ausland anzusehen ist - wofür vieles spricht und wohin der senat auch tendiert - oder der klägerin wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren wäre (vgl dazu auch: urteile des senats vom 15. november 2011, az l 18 kn 30/10, und zuletzt vom 24.4.2014, az l 18 kn 83/12, beide in juris). das gericht hat nämlich das berufungsschreiben ins deutsche übersetzen lassen; die deutsche übersetzung lag dem gericht spätestens am 25.8.2012 vor. es lässt sich wegen des fehlenden zustellungsnachweises zwar nicht sicher feststellen, dass dieser zeitpunkt innerhalb der berufungsfrist liegt. dies wirkt sich jedoch nicht zulasten des klägers aus. deshalb und weil zustellungen nach marokko erfahrungsgemäß durchaus mehrere wochen dauern, ist zugunsten des klägers zu unterstellen, dass auch der eingang der übersetzung der berufungsschrift noch innerhalb der dreimonatigen berufungsfrist lag. zwar ist das gericht zur übersetzung der berufungsschrift nicht verpflichtet (keller in: meyer-ladewig/keller/leitherer, sgg, 10. auflage 2012, § 61 rdnr 7e mwn); die berufung samt deutscher übersetzung sind vom gericht jedoch zu beachten, wenn sie vorliegen (vgl bsg, urteil vom 22.10.1986, az 9a rv 43/85). 22gegenstand des verfahrens ist der bescheid vom 12.11.2009 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.5.2010 (§ 95 sgg), mit dem die beklagte den anspruch des klägers auf regelaltersrente erneut ablehnt. nur gegen diese ablehnende regelung wendet sich der kläger, wenn er die beitragserstattung rückgängig machen will und stattdessen aus seinen beiträgen eine alterrente begehrt. soweit er zu beginn des berufungsverfahrens altersrente "oder eine finanzielle hilfe" begehrt hat, hat er dieses - aus mehreren formellen und materiellem gründen nicht sachdienliches - alternativbegehren später nicht aufrechterhalten, sondern sich auf den (bereits ursprünglich ausschließlich geltend gemachten) anspruch auf altersrente beschränkt. 23die berufung ist unbegründet. zu recht hat das sg die zulässige (zur erhebung der klage in französischer sprache gilt das zuvor zur berufung gesagte entsprechend) klage abgewiesen. der kläger ist durch den bescheid vom 12.11.2009 (in gestalt des widerspruchsbescheids vom 11.5.2010) nicht beschwert, weil dieser bescheid nicht rechtswidrig ist, § 54 abs 2 satz 1 sgg. die entscheidung der beklagten ist (unabhängig davon, ob es sich um einen zweitbescheid oder eine überprüfung nach § 44 zehntes buch sozialgesetzbuch handelt) rechtmäßig, weil in der sache ein anspruch des klägers auf regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen rentenversicherung nach der - hier noch maßgeblichen - vorschrift des § 35 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi) in der bis zum 31.12.2007 geltenden fassung (im folgenden: af) nicht besteht. 24nach § 35 sgb vi af erhalten versicherte regelaltersrente, wenn sie das 65. lebensjahr vollendet und die allgemeine wartezeit erfüllt haben. der kläger hat zwar 2004 das 65. lebensjahr vollendet, er hat jedoch die allgemeine wartezeit von fünf jahren mit beitragszeiten (§§ 50 abs 1, 51 abs 1 sgb vii) nicht erfüllt. der kläger hatte bereits ursprünglich in deutschland keine fünf jahre (60 monate) mit beitragszeiten (sondern nur 53 monate). zwar sind nach art. 24 dmsva (zur "aufstockung") auch marokkanische zeiten berücksichtigungsfähig, solche liegen aber nach der auskunft des marokkanischen leistungsträgers und den eigenen angaben des klägers nicht vor. wegen der im jahr 2000 durchgeführten beitragserstattung liegt beim kläger seither sogar kein einziger anrechenbarer deutscher beitragsmonat (§§ 51 abs 1 und 4, 54 f sgb vi) mehr vor (vgl dazu bsg, beschluss vom 7.4.2008, az 5b kn 1/08 bh mwn). 25es trifft allerdings zu, dass der kläger mit kurzen unterbrechungen von 1962 bis 1966 in deutschland gearbeitet und beiträge zur gesetzlichen rentenversicherung (vom 17.1.1962 bis zum 13.4.1964 und vom 3.6.1964 bis zum 30.7.1965 zur knappschaftlichen, vom 9.8.1965 bis zum 14.2.1966 sowie vom 28.7. bis zum 29.11.1966 zur allgemeinen rentenversicherung) entrichtet hat. dadurch sind zunächst - eine rentenanwartschaft begründende - beitragszeiten vorhanden gewesen. daraus kann der kläger jedoch keine rechte mehr herleiten, weil ihm seine beiträge im jahr 2000 (vollständig) erstattet worden sind und die anwartschaft damit erloschen ist. denn durch die beitragserstattung ist das zuvor bestehende versicherungsverhältnis aufgelöst worden. ansprüche aus den bis zur erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen zeiten bestehen nicht mehr, § 210 abs 6 sätze 2 und 3 sgb vi. die gesetzesregelung ist so konzipiert, dass eine erstattung nur insgesamt und nicht teilweise beansprucht werden kann, § 210 abs 6 satz 1 sgb vi. kommt es zu einer (immer: vollständigen) erstattung, wird das versicherungsverhältnis, das bis zum erstattungszeitpunkt bestand, gänzlich und unwiederbringlich aufgelöst (§ 210 abs 6 satz 2 sgb vi). dies gilt ungeachtet der tatsache, dass dem kläger nur die hälfte der gezahlten beiträge zu erstatten war und erstattet wurde (vgl bsg, beschluss vom 7.4.2008, az 5b kn 1/08 bh), und ist mit deutschem verfassungsrecht vereinbar (bverfg sozr 2200 § 1303 nr. 34; bsg sozr 3-2600 § 210 nr. 2). 26aus den verwaltungsakten der drv schwaben sowie den eigenen angaben des klägers ergibt sich, dass dem kläger sämtliche beiträge (wie gesetzlich vorgesehen: zur hälfte) rechtswirksam erstattet worden sind. 27eine rechtswirksame beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich (1) ein erstattungsantrag, (2) ein wirksamer erstattungsbescheid und (3) eine rechtswirksame, befreiende bewirkung der leistung (= erfüllung des erstattungsanspruchs entsprechend § 362 des bürgerlichen gesetzbuches) vorliegen (vgl dazu und besonders zur beweislast: bsge 80, 41 ff = sozr 3 - 2200 § 1303 nr. 6; vgl auch lsg nrw, beschluss vom 21.09.2003, az l 2 kn 19/03 und urteil vom 16.08.2007, az l 2 kn 259/06; strspr des senats, vgl urteile vom 13.9.2011, az l 18 (2) kn 223/07, vom 15.11.2011, az l 18 kn 30/10, l 18 (2) kn 42/08 und l 18 (2) kn 239/09, vom 24.4.2012, az l 18 kn 32/10 und zuletzt urteil vom 29.4.2014, az l 18 kn 120/12, alle bei juris). das ist hier der fall. der erstattungsantrag des klägers und der diesem antrag stattgebende bescheid vom 25.9.2000 finden sich in den verwaltungsakten der drv schwaben. der erstattungsbescheid ist dem kläger ausweislich des dort ebenfalls befindlichen einschreiben-rückscheins am 12.10.2010 zugestellt worden. schließlich hat der kläger im berufungsverfahren zugestanden, den erstattungsbetrag von 2.621,85 dm erhalten zu haben. der senat hat keinen anlass, daran zu zweifeln. 28aus dem zuvor gesagten ergibt sich klar, dass dem wunsch des klägers, ihm die rückzahlung der erstatteten beiträge zu gestatten und ihm stattdessen regelaltersrente zu gewähren, von rechts wegen nicht entsprochen werden kann. ein derartiges (rück-) gestaltungsrecht ist im system des sgb vi nicht vorgesehen. wählt ein versicherter durch seinen antrag die beitragserstattung, ist nach deren vollständiger durchführung eine geltendmachung von ansprüchen aus den erstatteten beiträgen für alle zukunft ausgeschlossen. der versicherte ist an seine gestaltung der rechtslage gebunden. der wunsch des klägers ist im übrigen nicht zielführend, sondern sinnlos. denn die rückzahlung der erstatteten beiträge führte nicht zur gewährung einer altersrente, weil auch zuvor die dazu erforderliche allgemeine wartezeit nicht erfüllt war. deshalb handelte die drv schwaben im interesse des klägers, als sie ihm 1998 und erneut 2000 empfahl, die beitragserstattung zu beantragen. 29die kostenentscheidung beruht auf §§ 183 sätze 1 und 3, 193 abs 1 satz 1 sgg. 30anlass, die revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 abs 2 sgg. maßgeblich für die entscheidung sind die besonderen tatsächlichen umstände des einzelfalls.
Verklagte*r
0
335,466
40 O 53/20
"2021-02-19T00:00:00"
Urteil
Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) EUR 639.207,66 zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2020 zu zahlen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2) EUR 124.930,97 zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2020 zu zahlen. 3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 4. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. 5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerinnen betreiben in Düsseldorf Bars, die Klägerin zu 1) den Betrieb „A“, B sowie den Betrieb „C“, D, die Klägerin zu 2) die „E“, F. 3Für die genannten Betriebe haben die Klägerinnen sog. Firmen ModularSchutz -Versicherungen abgeschlossen, für das Lokal A mit der Versicherungsschein Nr. G (K 1), für die Lokale C mit der Nummer H, K 2) sowie für die E mit der 3 Versicherungsschein Nr. I (K 3). 4In den Versicherungsscheinen ist unter der Überschrift Betriebsschließungsversicherung jeweils aufgeführt: 5Der Versicherer leistet Entschädigung für den Fall, dass von der zuständigen Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz-IfSG) gemäß BII 4 § 1 6 der versicherte Betrieb geschlossen wird gemäß B II 4 § 1 Nr.1; … 7Als vereinbarte Tagesentschädigung ist eine Entschädigung in Höhe von 75,00 % des Tagesumsatzes des dem Schließungszeitraum entsprechenden Zeitraums des Vorjahres für die Dauer von 30 Tagen vorgesehen. 8In den als Verbraucherinformation für Firmen ModularSchutz bezeichneten Versicherungsbedingungen (B 1) heißt es auf Seite 65 unter Ziffer B II.4: 9 § 1 Versicherungsumfang 10Der Versicherer leistet- soweit dies im Versicherungsschein oder den gültigen Nachträgen zum Versicherungsschein dokumentiert ist – Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe § 2) 111. den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte des versicherten Betriebes zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; … 12 § 2 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger 13Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger; 14Bei den in Ziffer 1. und 2. aufgezählten Krankheiten und Krankheitserregern ist das Virus SARS-CoV2 nicht aufgeführt. 15Mit Erlass vom 15.03.2020 zur weiteren kontaktreduzierenden Maßnahmen ab dem 16. und 17.03.2020 (Anlage K5) erteilte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen in Nr.3 die Weisung: 16Folgende Einrichtungen, Begegnungsstätten und Angebote sind zu schließen beziehungsweise einzustellen: 17 Alle Bars, Clubs, Discotheken, Theater, Kinos und Museen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen ab dem 16.03.2020 … 18Am 18.03.2020 veröffentlichte die Stadt Düsseldorf eine Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor dem Virus SARS–CoV-2 nach dem Infektionsschutzgesetz vom 18.03.2020, die ab dem 19.03.2020 in Kraft trat. 19Danach war der Betrieb von Gaststäten (Bars, Clubs pp.) einzustellen. Hiervon ausgenommen war ein etwaiger außer Haus Verkauf. 20Unter dem 8.05.2020 erließ das Land NRW die vierte CoronaSchVO, wonach mit Wirkung zum 11.05.2020 der Betrieb von Gaststätten und Kneipen nach festgelegten Hygienebedingungen erlaubt war. Der Betrieb von Bars, Diskotheken und Clubs blieb weiterhin untersagt. 21Die Klägerinnen verlangen jeweils bezogen auf die Vorjahresumsätze der Betriebsstätten 75 % des Tagesumsatzes des Vorjahres für einen Zeitraum von 30 Tagen. Dabei legen sie die durchschnittlichen Umsatzerlöse der Monate März bis Mai 2019 auf der Grundlage der durchschnittlichen Öffnungstage zugrunde. Sie errechnen für das Lokal A einen von der Beklagten zu zahlenden Betrag in Höhe von EUR 502.640,50, für die Bar „J“ einen solchen von EUR 136.567,16. Die Klägerin zu 2) macht einen Betrag gegenüber der Beklagten in Höhe von EUR 124.930,97 geltend. Für die Berechnung im Einzelnen wird auf Blatt 6 und 7 der Klagebegründung Bezug genommen 22Mit Schreiben jeweils vom 30.04.2020 nahmen die Klägerinnen die Beklagte außergerichtlich auf Zahlung des Betriebsausfalls für die von ihnen betriebenen Lokale in Anspruch. Die Beklagte bot mit Schreiben vom 26.05.2020 eine Zahlung in Höhe von 15% der Versicherungsleistung im Vergleichswege an, lehnte eine weitergehende Zahlung jedoch ab. 23Die Klägerinnen tragen vor, erst aufgrund der Coronaschutzverordnung des Landes NRW vom 01.07.2020 sei es ihnen möglich gewesen, die jeweiligen Barbetriebe ab Anfang Juli zu öffnen. Die Versicherungsbedingungen seien schon nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. 24Die Kläger sind der Auffassung, es sei unschädlich, dass es nicht zu einer Einzelverfügung betreffend die hier betroffenen Gaststätten gekommen sei. Der Versicherungsschutz greife auch bei Schließungen auf der Grundlage einer Allgemeinverfügung ein. 25Der Versicherungsschutz sei auch für den Erreger SARS-CoV2 gegeben. Die Versicherungsverträge seien zwar vor Entdeckung des Virus im Dezember 2019 abgeschlossen worden und deshalb sei das Virus nicht ausdrücklich aufgeführt, in den Versicherungsbedingungen sei jedoch mit dem Hinweis auf §§ 6 und 7 IfSG auch auf die dort enthaltenen dynamische Klauseln verwiesen. In der Gesamtschau seien die Versicherungsbedingungen nicht als abschließende Regelung zu verstehen. Hätte die Beklagte den Versicherungsschutz abschließend regeln wollen, hätte es insoweit transparenterer Regelungen bedurft. Verbleibende Zweifel gingen insoweit nach § 305 c BGB zu Lasten des Verwenders. 26Die Klägerinnen beantragen, 27 1. 28die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) EUR 639.207,66 zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2020 zu zahlen; 292. 30die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) EUR 124.930,97 zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2020 zu zahlen. 31Die Beklagte beantragt, 32 die Klage abzuweisen. 33Sie wendet gegen Klageforderungen ein, der Versicherungsschutz greife schon deshalb nicht ein, weil die Betriebe der Klägerinnen aufgrund einer Einzelverfügung geschlossen worden seien. Im Übrigen liege mit Blick auf den weiter möglichen außer Haus Verkauf keine Schließung vor. 34Darüber hinaus sei kein Versicherungsfall eingetreten, weil der Erreger SARS-CoV2 nicht als meldepflichtige Krankheit oder Krankheitserreger in B.II 4 § 2 der Versicherungsbedingungen aufgeführt sei. Erst mit Wirkung zum 23.05.2020, also nach Beendigung der hier maßgeblichen Beschränkungen, sei der Erreger namentlich im Infektionsschutzgesetz aufgeführt worden. 35Angesichts des klaren Wortlautes komme eine ergänzende Auslegung der Versicherungsbedingungen nicht in Betracht. Eine Anwendung von § 305c BGB bzw. 307 BGB verbiete sich deshalb. Überdies sei eine Versicherungsleistung exakt nach dem Tageszeitraum zu bemessen, die Klägerinnen berechneten ihre Forderungen jedoch nach durchschnittlichen Monatsumsätzen. Die Richtigkeit der mittels der Anlagen K 6 bis K 10 dargelegten Einnahmen und des sonstigen Vorbringens werde mit Nichtwissen bestritten. 36Überdies fehle der Ursachenzusammenhang zwischen dem geltend gemachten Betriebsausfallschaden und der Betriebsschließung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Angesichts des weltweiten Ausbruchs des Coronavirus sei nicht zu erwarten gewesen, dass die Klägerinnen auch ohne einschränkende behördliche Maßnahmen Umsätze wie im Vorjahr erwirtschaften würden. 37Schließlich sei die vereinbarte Taxe von 75 % des Tagesumsatzes angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Rezession zu kürzen und ersparte Aufwendungen anzurechnen. 38Für das weitere Parteivorbringen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 39Entscheidungsgründe: 40Die zulässige Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderungen begründet. 41I. 42Die Klägerinnen können von der Beklagten auf Grundlage der jeweiligen Firmen ModularSchutz Versicherungsverträge in Verbindung mit Teil B II 4 § 1 Nr.1 der Versicherungsbedingungen die geltend gemachte Entschädigung für 30 Schließungstage mit Erfolg fordern. 431. 44Zwischen der Beklagten und den Klägerinnen bestehen jeweils inhaltsgleiche Versicherungsverträge, in welche die Versicherungsbedingungen für Firmen ModularSchutz (Verbraucherinformationen) einbezogen worden sind. Für die Einbeziehung unter Kaufleuten wie den Klägerinnen reicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Vertragsschlussaus. Das Vorbringen der Klägerseite vom 2.12.2020, die Versicherungsbedingungen hätten zum Zeitpunkt der Verhandlung mit der Versicherungsagentur K vorgelegen noch hätte die Möglichkeit der Einsichtnahme bestanden, steht dem nicht entgegen. Zum einen ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf der Grundlage des Klägervortrages nicht zu ermitteln, zum anderen ergibt sich aus den Versicherungsscheinen K 1 und K3, dass es sich um Änderungen bestehender Versicherungsverträge handelte. Schließlich ist gerade im Versicherungsgewerbe üblich Versicherungsbedingungen zu stellen. Eine entsprechende Kenntnis seitens der Klägerinnen als Unternehmer kann deshalb unterstellt werden, zumal nach § 310 BGB, die strengen Voraussetzungen nach § 305 BGB im kaufmännischen Rechtsverkehr nicht gelten. 452. 46Vorliegend war eine Betriebsschließung durch die zuständigen Behörden angeordnet. 47a. 48Aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht abgeleitet werden, dass eine Allgemeinverfügung, wie sie hier durch die Stadt Düsseldorf vom 18.03.2020 erlassen wurde, nicht in den Regelungsbereich des Versicherungsvertrages fallen sollte. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob eine Schließung unmittelbar gegen den Betrieb durch behördliche Einzelverfügung ergeht, oder sich diese Pflicht für alle von der Allgemeinverfügung betroffenen Unternehmen richtet. Erforderlich ist lediglich, dass die Behörde die Allgemeinverfügung auf die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes bezieht. Dies ist hier der Fall, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügung SARS-CoV2 bereits in die Liste der im Infektionsschutzgesetz aufgeführten Krankheiten und Erreger aufgenommen war. Denn sowohl die Stadt Düsseldorf wie auch der Erlass des Landes NRW beziehen sich auf das Infektionsschutzgesetz. Ob die Maßnahme ordnungsbehördlich zulässig war, bleibt in diesem Zusammenhang außer Betracht. 49b. 50Es handelt sich auch um eine Schließung und nicht mit Blick auf den weiterhin zugelassenen außer Haus Verkauf lediglich um eine Beeinträchtigung des Betriebes. Die Klägerseite hat dargelegt, dass der Kernbereich des Geschäftsmodells aller Betriebe nicht in der Lieferung von Speisen oder Getränken außer Haus liegt, sondern im Verzehr vor Ort. Gerade dieser war jedoch untersagt. Unter diesen Umständen muss sich die Klägerseite nicht auf eine zwar mögliche, aber unternehmerisch nicht wirtschaftlich durchzuführende Alternative verweisen lassen (Rixecker in Schmidt, COVID- 19, Rechtsfragen zur Corona-Krise 2. Auflage, 2020, § 11Rz.6; LG München I, Urt. vom 1.10.2020, BeckRS 24634, Rz. 72). 513. 52Der Versicherungsumfang nach den Regelungen B II 4 § 1.1 in Verbindung mit § 2 der Versicherungsbedingungen umfasst auch den Erreger SARS-CoV2, obwohl das Virus in § 2 Ziffer 1. und 2. naturgemäߠ in den älteren Versicherungsbedingungen keine Erwähnung gefunden hat. 53Inwieweit ältere Vertragsbedingungen zu Betriebsschließungsversicherungen auch Betriebsschließungen erfassen, die auf das Corona Virus bezogen sind, wird derzeit nicht einheitlich gesehen. Die unterschiedlichen Auffassungen ergeben sich insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Klausel einen Katalog von Krankheiten und Krankheitserregern und gleichzeitig einen Hinweis auf §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz enthält. Insoweit entspricht die hier zu beurteilende Klausel den seit 2002 geltenden Musterbedingungen der Versicherungsbranche. 54a. 55Die derzeit überwiegende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung verneint einen Versicherungsschutz (LG Hamburg, Urteil vom 3.11.2020, Az.332 O 190/20; LG Bayreuth, CoVuR 2020, 806/807 f; OLG Hamm, r+s 2020, 506 f, Günter/Piontek, r+s 2020, 242/243). Nach dieser Auffassung ist die Regelung in den Versicherungsbedingungen bei einer Auslegung nach dem Wortlaut und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erkennbar abschließend durch die Formulierung „die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den § 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ in Verbindung mit einer Auflistung. Der insoweit abschließende Charakter der Aufzählung werde aus der Sicht geschäftserfahrener Vertragspartner, auf die im konkreten Fall abzustellen sei, hinreichend deutlich. Eine andere Auffassung würde dem Interesse der Versicherer widersprechen, die ein nicht absehbares Risiko eingingen. 56b. 57Die andere Auffassung bejaht in Fällen der vorliegenden Art einen Versicherungsschutz (LG München I, BeckRS 2020, 24634; Armbrüster, Anm. zu OLG Hamm r+s 2020, 507 f). Sie führt im Wesentlichen an, der abschließende Charakter der Aufzählung werde nicht hinreichend deutlich, insbesondere werde nicht klar darauf hingewiesen, dass eine Haftung für neue Krankheiten ausgeschlossen sei. Insoweit verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot und sei insoweit unwirksam. Darüber hinaus sei die Auslegung keineswegs so eindeutig, weil mit dem Hinweis auf §§ 6,7 IfSG auch ein Hinweis auf die Regelungen insgesamt und damit auch auf die Öffnungsklauseln in § 6 und in § 7 erteilt sein könne. Insoweit gelte zu Lasten des Verwenders die dem Vertragspartner günstigere Auslegung. 58c. 59Die Kammer hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend. 60Mit dem Landgericht München hält die Kammer die Klausel für intransparent und insoweit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam. 61Es wird auch für einen in der Branche tätigen Kaufmann nicht in hinreichender Weise klar herausgestellt, dass die genannten Krankheiten abschließend aufgezählt sind und der Versicherungsschutz für neu entstehende Krankheitserreger ausgeschlossen ist. 62Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Verweisung auf §§ 6,7 Infektionsschutzgesetz, die Öffnungsklauseln für nicht genannte Krankheiten und Erreger enthalten. Der abschließende Charakter der Bedingungen kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dem Begriff „namentlich“ und seiner Verwendung im konkreten Sinnzusammenhang mit der folgenden Aufzählung entnommen werden. Zum einen wird durch die Verwendung des Begriffs namentlich, der ebenfalls im Infektionsschutzgesetzt aufgegriffen worden ist, ein Gleichlauf mit der Reichweite des Infektionsschutzgesetzes suggeriert. Zum anderen führt eine ausschließlich an der semantischen Stellung des Begriffes „namentlich“ orientierte Auslegung zu einer überzogenen Anforderung an die beteiligten Verkehrskreise, was das Erkennen oder Erkennenmüssen von Lücken des Versicherungsschutzes angeht. Dies gilt umso mehr angesichts des Gesamtumfangs der Versicherungsbedingungen und der behandelten weiteren versicherten Gefahren, 63Auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen ist kein anders Auslegungsergebnis gerechtfertigt. Dabei wird nicht verkannt, dass es grundsätzlich im Interesse der Versicherer ist, das versicherte Risiko bei Abschluss des Vertrages kalkulieren zu können. Der Versicherungsnehmer hat allerdings mit der jährlichen Prämiengestaltung die Möglichkeit, auf eine veränderte Risikolage zu reagieren. Auf der anderen Seite steht aber auch das Interesse des Versicherungsnehmers an einer klaren Regelung, mit der er sein nicht versichertes Restrisiko abschätzen kann. Dieses Risiko ist bei einer als abschließend zu bewertenden Aufzählung umso größer, je länger die Laufzeit des abgeschlossenen Vertrages ist. Denn mit größerer Laufzeit wächst auch das Risiko, dass neue Krankheiten oder Erreger auftreten, die von der Versicherung nicht abgedeckt werden. Konkret waren hier mehrjährige Verträge bis zu einer Laufzeit von 5 Jahren, etwa für das Lokal A, betroffen. 64Darüber hinaus hat es der Verwender in der Hand, mit klaren Formulierungen dem Versicherungsnehmer die bei ihm verbleibenden und nicht versicherten Risiken vor Augen zu führen. 654. 66Die Forderungen sind auch in der Höhe gerechtfertigt. 67a. 68Die Klägerinnen durften die Entschädigung von 30 Tagen nach den durchschnittlichen Umsätzen aus dem Zeitraum des Vorjahres berechnen. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Regelungen im Versicherungsvertrag. Mit dem Verweis auf die Umsätze aus dem Vorjahr soll gerade ein Streit um die Berechnung des konkret entgangenen Umsatzes vermieden werden. Weil eine datumsgetreue Abrechnung aus dem Vorjahr regelmäßig schon deshalb nicht korrekt ist, da die Wochentage nicht identisch sind, ist die vorgenommene Art der Abrechnung im Sinne der Ermittlung eines durchschnittlichen Umsatzes für beide Seiten interessengerecht. 69b. 70Die Abrechnung durfte auch nach den Umsatzzahlen und der Taxe von 75% hieraus erfolgen, ohne dass etwaige ersparte Aufwendungen angerechnet werden mussten. Insoweit ist die vertragliche Regelung maßgeblich, an welche sich die Klägerinnen gehalten haben. Dort ist eine Anrechnung nicht aufgeführt. 71c. 72Gegen die Ermittlung des durchschnittlichen Umsatzes und deren Grundlagen hat die Beklagte substantiiert Einwände nicht erhoben. Die durchschnittlichen Öffnungstage im Vorjahr ergeben sich aus der Steuerfestsetzung der Stadt Düsseldorf. Die durchschnittlichen Umsätze ergeben sich aus den Summen- und Saldenlisten. 73d. 74Ein Mitverschulden in Bezug auf eine unterbliebene Öffnung der Lokale „C“ und „E“ müssen sich die Klägerinnen nicht anrechnen lassen. Etwaige ab Mai geltende Lockerungen im Gaststättengewerbe galten nach der ausdrücklichen Regelung nicht für Bars, zu denen die genannten Lokale gehörten. 75e. 76Der Umstand, dass die Klägerinnen hinsichtlich der Lokale K und E eine Entschädigung auch für Schließungstage im Juni 2020 geltend machen, mit der Klagebegründung aber lediglich zur Berechnung des durchschnittlichen Tagesumsatzes auf die Monate März bis Mai 2019 abstellen, erfordert keine weitergehende Sachaufklärung. 77Zum einen handelt es sich um Tagesdurchschnittswerte, bei denen etwaige Abweichungen nach oben oder unten für den Monat Juni sich nur abgeschwächt auswirken könnten. Dies bestätigt sich im Übrigen aufgrund einer Überprüfung der weitergehenden Umsatzaufstellungen für die genannten Lokale, die zwar für den Monat Juni geringere Umsätze ausweisen, bei denen aber auch weniger Öffnungstage zugrunde zu legen sind. 78II. 79Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 BGB. Den Klägerinnen stehen Zinsansprüche seit Rechtshängigkeit der Klage zu. 80Soweit die Klägerinnen Zinsen seit dem 14.05.2020 geltend machen, ist die Klage abzuweisen, weil die Beklagte sich noch nicht in Verzug mit der Zahlung in Verzug befand. Nach eigenem Vorbringen der Klägerinnen, waren die 30 Tage erst Ende Mai bzw. Ende Juni 2020 erreicht. Das Schreiben der Beklagten vom 26.05.2020 stellt auch keine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung dar, weil es ein Vergleichsangebot enthielt. 81III. 82Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO. 83Streitwert: 764.138,63 EUR
1. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin zu 1) eur 639.207,66 zuzüglich zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 17.08.2020 zu zahlen. 2. die beklagte wird verurteilt, an die klägerin zu 2) eur 124.930,97 zuzüglich zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 17.08.2020 zu zahlen. 3. die weitergehende klage wird abgewiesen. 4. die kosten des rechtsstreits werden der beklagten auferlegt. 5. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1
2die klägerinnen betreiben in düsseldorf bars, die klägerin zu 1) den betrieb „a“, b sowie den betrieb „c“, d, die klägerin zu 2) die „e“, f. 3für die genannten betriebe haben die klägerinnen sog. firmen modularschutz -versicherungen abgeschlossen, für das lokal a mit der versicherungsschein nr. g (k 1), für die lokale c mit der nummer h, k 2) sowie für die e mit der 3 versicherungsschein nr. i (k 3). 4in den versicherungsscheinen ist unter der überschrift betriebsschließungsversicherung jeweils aufgeführt: 5der versicherer leistet entschädigung für den fall, dass von der zuständigen behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz-ifsg) gemäß bii 4 § 1 6 der versicherte betrieb geschlossen wird gemäß b ii 4 § 1 nr.1; … 7als vereinbarte tagesentschädigung ist eine entschädigung in höhe von 75,00 % des tagesumsatzes des dem schließungszeitraum entsprechenden zeitraums des vorjahres für die dauer von 30 tagen vorgesehen. 8in den als verbraucherinformation für firmen modularschutz bezeichneten versicherungsbedingungen (b 1) heißt es auf seite 65 unter ziffer b ii.4: 9 § 1 versicherungsumfang 10der versicherer leistet- soweit dies im versicherungsschein oder den gültigen nachträgen zum versicherungsschein dokumentiert ist – entschädigung, wenn die zuständige behörde aufgrund des gesetzes zur verhütung und bekämpfung von infektionskrankheiten beim menschen (infektionsschutzgesetz – ifsg) beim auftreten meldepflichtiger krankheiten oder krankheitserreger (siehe § 2) 111. den versicherten betrieb oder eine versicherte betriebsstätte des versicherten betriebes zur verhinderung der verbreitung von meldepflichtigen krankheiten oder krankheitserregern beim menschen schließt; … 12 § 2 meldepflichtige krankheiten und krankheitserreger 13meldepflichtige krankheiten oder krankheitserreger im sinne dieser bedingungen sind die folgenden, im ifsg in den §§ 6 und 7 namentlich genannten krankheiten oder krankheitserreger; 14bei den in ziffer 1. und 2. aufgezählten krankheiten und krankheitserregern ist das virus sars-cov2 nicht aufgeführt. 15mit erlass vom 15.03.2020 zur weiteren kontaktreduzierenden maßnahmen ab dem 16. und 17.03.2020 (anlage k5) erteilte das ministerium für arbeit, gesundheit und soziales des landes nordrhein-westfalen in nr.3 die weisung: 16folgende einrichtungen, begegnungsstätten und angebote sind zu schließen beziehungsweise einzustellen: 17 alle bars, clubs, discotheken, theater, kinos und museen unabhängig von der jeweiligen trägerschaft oder von eigentumsverhältnissen ab dem 16.03.2020 … 18am 18.03.2020 veröffentlichte die stadt düsseldorf eine allgemeinverfügung zum schutz der bevölkerung vor dem virus sars–cov-2 nach dem infektionsschutzgesetz vom 18.03.2020, die ab dem 19.03.2020 in kraft trat. 19danach war der betrieb von gaststäten (bars, clubs pp.) einzustellen. hiervon ausgenommen war ein etwaiger außer haus verkauf. 20unter dem 8.05.2020 erließ das land nrw die vierte coronaschvo, wonach mit wirkung zum 11.05.2020 der betrieb von gaststätten und kneipen nach festgelegten hygienebedingungen erlaubt war. der betrieb von bars, diskotheken und clubs blieb weiterhin untersagt. 21die klägerinnen verlangen jeweils bezogen auf die vorjahresumsätze der betriebsstätten 75 % des tagesumsatzes des vorjahres für einen zeitraum von 30 tagen. dabei legen sie die durchschnittlichen umsatzerlöse der monate märz bis mai 2019 auf der grundlage der durchschnittlichen öffnungstage zugrunde. sie errechnen für das lokal a einen von der beklagten zu zahlenden betrag in höhe von eur 502.640,50, für die bar „j“ einen solchen von eur 136.567,16. die klägerin zu 2) macht einen betrag gegenüber der beklagten in höhe von eur 124.930,97 geltend. für die berechnung im einzelnen wird auf blatt 6 und 7 der klagebegründung bezug genommen 22mit schreiben jeweils vom 30.04.2020 nahmen die klägerinnen die beklagte außergerichtlich auf zahlung des betriebsausfalls für die von ihnen betriebenen lokale in anspruch. die beklagte bot mit schreiben vom 26.05.2020 eine zahlung in höhe von 15% der versicherungsleistung im vergleichswege an, lehnte eine weitergehende zahlung jedoch ab. 23die klägerinnen tragen vor, erst aufgrund der coronaschutzverordnung des landes nrw vom 01.07.2020 sei es ihnen möglich gewesen, die jeweiligen barbetriebe ab anfang juli zu öffnen. die versicherungsbedingungen seien schon nicht wirksam in den vertrag einbezogen worden. 24die kläger sind der auffassung, es sei unschädlich, dass es nicht zu einer einzelverfügung betreffend die hier betroffenen gaststätten gekommen sei. der versicherungsschutz greife auch bei schließungen auf der grundlage einer allgemeinverfügung ein. 25der versicherungsschutz sei auch für den erreger sars-cov2 gegeben. die versicherungsverträge seien zwar vor entdeckung des virus im dezember 2019 abgeschlossen worden und deshalb sei das virus nicht ausdrücklich aufgeführt, in den versicherungsbedingungen sei jedoch mit dem hinweis auf §§ 6 und 7 ifsg auch auf die dort enthaltenen dynamische klauseln verwiesen. in der gesamtschau seien die versicherungsbedingungen nicht als abschließende regelung zu verstehen. hätte die beklagte den versicherungsschutz abschließend regeln wollen, hätte es insoweit transparenterer regelungen bedurft. verbleibende zweifel gingen insoweit nach § 305 c bgb zu lasten des verwenders. 26die klägerinnen beantragen, 27 1. 28die beklagte zu verurteilen, an die klägerin zu 1) eur 639.207,66 zuzüglich zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.05.2020 zu zahlen; 292. 30die beklagte zu verurteilen, an die klägerin zu 2) eur 124.930,97 zuzüglich zinsen in höhe von 9 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 14.05.2020 zu zahlen. 31die beklagte beantragt, 32 die klage abzuweisen. 33sie wendet gegen klageforderungen ein, der versicherungsschutz greife schon deshalb nicht ein, weil die betriebe der klägerinnen aufgrund einer einzelverfügung geschlossen worden seien. im übrigen liege mit blick auf den weiter möglichen außer haus verkauf keine schließung vor. 34darüber hinaus sei kein versicherungsfall eingetreten, weil der erreger sars-cov2 nicht als meldepflichtige krankheit oder krankheitserreger in b.ii 4 § 2 der versicherungsbedingungen aufgeführt sei. erst mit wirkung zum 23.05.2020, also nach beendigung der hier maßgeblichen beschränkungen, sei der erreger namentlich im infektionsschutzgesetz aufgeführt worden. 35angesichts des klaren wortlautes komme eine ergänzende auslegung der versicherungsbedingungen nicht in betracht. eine anwendung von § 305c bgb bzw. 307 bgb verbiete sich deshalb. überdies sei eine versicherungsleistung exakt nach dem tageszeitraum zu bemessen, die klägerinnen berechneten ihre forderungen jedoch nach durchschnittlichen monatsumsätzen. die richtigkeit der mittels der anlagen k 6 bis k 10 dargelegten einnahmen und des sonstigen vorbringens werde mit nichtwissen bestritten. 36überdies fehle der ursachenzusammenhang zwischen dem geltend gemachten betriebsausfallschaden und der betriebsschließung auf der grundlage des infektionsschutzgesetzes. angesichts des weltweiten ausbruchs des coronavirus sei nicht zu erwarten gewesen, dass die klägerinnen auch ohne einschränkende behördliche maßnahmen umsätze wie im vorjahr erwirtschaften würden. 37schließlich sei die vereinbarte taxe von 75 % des tagesumsatzes angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen rezession zu kürzen und ersparte aufwendungen anzurechnen. 38für das weitere parteivorbringen wird auf die wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 39
40die zulässige klage ist bis auf einen teil der zinsforderungen begründet. 41i. 42die klägerinnen können von der beklagten auf grundlage der jeweiligen firmen modularschutz versicherungsverträge in verbindung mit teil b ii 4 § 1 nr.1 der versicherungsbedingungen die geltend gemachte entschädigung für 30 schließungstage mit erfolg fordern. 431. 44zwischen der beklagten und den klägerinnen bestehen jeweils inhaltsgleiche versicherungsverträge, in welche die versicherungsbedingungen für firmen modularschutz (verbraucherinformationen) einbezogen worden sind. für die einbeziehung unter kaufleuten wie den klägerinnen reicht die möglichkeit der kenntnisnahme bei vertragsschlussaus. das vorbringen der klägerseite vom 2.12.2020, die versicherungsbedingungen hätten zum zeitpunkt der verhandlung mit der versicherungsagentur k vorgelegen noch hätte die möglichkeit der einsichtnahme bestanden, steht dem nicht entgegen. zum einen ist der zeitpunkt des vertragsschlusses auf der grundlage des klägervortrages nicht zu ermitteln, zum anderen ergibt sich aus den versicherungsscheinen k 1 und k3, dass es sich um änderungen bestehender versicherungsverträge handelte. schließlich ist gerade im versicherungsgewerbe üblich versicherungsbedingungen zu stellen. eine entsprechende kenntnis seitens der klägerinnen als unternehmer kann deshalb unterstellt werden, zumal nach § 310 bgb, die strengen voraussetzungen nach § 305 bgb im kaufmännischen rechtsverkehr nicht gelten. 452. 46vorliegend war eine betriebsschließung durch die zuständigen behörden angeordnet. 47a. 48aus dem wortlaut der versicherungsbedingungen kann entgegen der auffassung der beklagten nicht abgeleitet werden, dass eine allgemeinverfügung, wie sie hier durch die stadt düsseldorf vom 18.03.2020 erlassen wurde, nicht in den regelungsbereich des versicherungsvertrages fallen sollte. es macht insoweit keinen unterschied, ob eine schließung unmittelbar gegen den betrieb durch behördliche einzelverfügung ergeht, oder sich diese pflicht für alle von der allgemeinverfügung betroffenen unternehmen richtet. erforderlich ist lediglich, dass die behörde die allgemeinverfügung auf die regelungen des infektionsschutzgesetzes bezieht. dies ist hier der fall, unabhängig davon, ob zum zeitpunkt des erlasses der allgemeinverfügung sars-cov2 bereits in die liste der im infektionsschutzgesetz aufgeführten krankheiten und erreger aufgenommen war. denn sowohl die stadt düsseldorf wie auch der erlass des landes nrw beziehen sich auf das infektionsschutzgesetz. ob die maßnahme ordnungsbehördlich zulässig war, bleibt in diesem zusammenhang außer betracht. 49b. 50es handelt sich auch um eine schließung und nicht mit blick auf den weiterhin zugelassenen außer haus verkauf lediglich um eine beeinträchtigung des betriebes. die klägerseite hat dargelegt, dass der kernbereich des geschäftsmodells aller betriebe nicht in der lieferung von speisen oder getränken außer haus liegt, sondern im verzehr vor ort. gerade dieser war jedoch untersagt. unter diesen umständen muss sich die klägerseite nicht auf eine zwar mögliche, aber unternehmerisch nicht wirtschaftlich durchzuführende alternative verweisen lassen (rixecker in schmidt, covid- 19, rechtsfragen zur corona-krise 2. auflage, 2020, § 11rz.6; lg münchen i, urt. vom 1.10.2020, beckrs 24634, rz. 72). 513. 52der versicherungsumfang nach den regelungen b ii 4 § 1.1 in verbindung mit § 2 der versicherungsbedingungen umfasst auch den erreger sars-cov2, obwohl das virus in § 2 ziffer 1. und 2. naturgemäߠ in den älteren versicherungsbedingungen keine erwähnung gefunden hat. 53inwieweit ältere vertragsbedingungen zu betriebsschließungsversicherungen auch betriebsschließungen erfassen, die auf das corona virus bezogen sind, wird derzeit nicht einheitlich gesehen. die unterschiedlichen auffassungen ergeben sich insbesondere in fällen wie dem vorliegenden, in denen die klausel einen katalog von krankheiten und krankheitserregern und gleichzeitig einen hinweis auf §§ 6, 7 infektionsschutzgesetz enthält. insoweit entspricht die hier zu beurteilende klausel den seit 2002 geltenden musterbedingungen der versicherungsbranche. 54a. 55die derzeit überwiegende auffassung in literatur und rechtsprechung verneint einen versicherungsschutz (lg hamburg, urteil vom 3.11.2020, az.332 o 190/20; lg bayreuth, covur 2020, 806/807 f; olg hamm, r+s 2020, 506 f, günter/piontek, r+s 2020, 242/243). nach dieser auffassung ist die regelung in den versicherungsbedingungen bei einer auslegung nach dem wortlaut und unter berücksichtigung der beiderseitigen interessen erkennbar abschließend durch die formulierung „die folgenden, im infektionsschutzgesetz in den § 6 und 7 namentlich genannten krankheiten und krankheitserreger“ in verbindung mit einer auflistung. der insoweit abschließende charakter der aufzählung werde aus der sicht geschäftserfahrener vertragspartner, auf die im konkreten fall abzustellen sei, hinreichend deutlich. eine andere auffassung würde dem interesse der versicherer widersprechen, die ein nicht absehbares risiko eingingen. 56b. 57die andere auffassung bejaht in fällen der vorliegenden art einen versicherungsschutz (lg münchen i, beckrs 2020, 24634; armbrüster, anm. zu olg hamm r+s 2020, 507 f). sie führt im wesentlichen an, der abschließende charakter der aufzählung werde nicht hinreichend deutlich, insbesondere werde nicht klar darauf hingewiesen, dass eine haftung für neue krankheiten ausgeschlossen sei. insoweit verstoße die klausel gegen das transparenzgebot und sei insoweit unwirksam. darüber hinaus sei die auslegung keineswegs so eindeutig, weil mit dem hinweis auf §§ 6,7 ifsg auch ein hinweis auf die regelungen insgesamt und damit auch auf die öffnungsklauseln in § 6 und in § 7 erteilt sein könne. insoweit gelte zu lasten des verwenders die dem vertragspartner günstigere auslegung. 58c. 59die kammer hält die letztgenannte auffassung für zutreffend. 60mit dem landgericht münchen hält die kammer die klausel für intransparent und insoweit nach § 307 abs. 1 satz 1 bgb für unwirksam. 61es wird auch für einen in der branche tätigen kaufmann nicht in hinreichender weise klar herausgestellt, dass die genannten krankheiten abschließend aufgezählt sind und der versicherungsschutz für neu entstehende krankheitserreger ausgeschlossen ist. 62dies gilt insbesondere mit blick auf die verweisung auf §§ 6,7 infektionsschutzgesetz, die öffnungsklauseln für nicht genannte krankheiten und erreger enthalten. der abschließende charakter der bedingungen kann entgegen der auffassung der beklagten nicht dem begriff „namentlich“ und seiner verwendung im konkreten sinnzusammenhang mit der folgenden aufzählung entnommen werden. zum einen wird durch die verwendung des begriffs namentlich, der ebenfalls im infektionsschutzgesetzt aufgegriffen worden ist, ein gleichlauf mit der reichweite des infektionsschutzgesetzes suggeriert. zum anderen führt eine ausschließlich an der semantischen stellung des begriffes „namentlich“ orientierte auslegung zu einer überzogenen anforderung an die beteiligten verkehrskreise, was das erkennen oder erkennenmüssen von lücken des versicherungsschutzes angeht. dies gilt umso mehr angesichts des gesamtumfangs der versicherungsbedingungen und der behandelten weiteren versicherten gefahren, 63auch unter berücksichtigung der jeweiligen interessen ist kein anders auslegungsergebnis gerechtfertigt. dabei wird nicht verkannt, dass es grundsätzlich im interesse der versicherer ist, das versicherte risiko bei abschluss des vertrages kalkulieren zu können. der versicherungsnehmer hat allerdings mit der jährlichen prämiengestaltung die möglichkeit, auf eine veränderte risikolage zu reagieren. auf der anderen seite steht aber auch das interesse des versicherungsnehmers an einer klaren regelung, mit der er sein nicht versichertes restrisiko abschätzen kann. dieses risiko ist bei einer als abschließend zu bewertenden aufzählung umso größer, je länger die laufzeit des abgeschlossenen vertrages ist. denn mit größerer laufzeit wächst auch das risiko, dass neue krankheiten oder erreger auftreten, die von der versicherung nicht abgedeckt werden. konkret waren hier mehrjährige verträge bis zu einer laufzeit von 5 jahren, etwa für das lokal a, betroffen. 64darüber hinaus hat es der verwender in der hand, mit klaren formulierungen dem versicherungsnehmer die bei ihm verbleibenden und nicht versicherten risiken vor augen zu führen. 654. 66die forderungen sind auch in der höhe gerechtfertigt. 67a. 68die klägerinnen durften die entschädigung von 30 tagen nach den durchschnittlichen umsätzen aus dem zeitraum des vorjahres berechnen. gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den regelungen im versicherungsvertrag. mit dem verweis auf die umsätze aus dem vorjahr soll gerade ein streit um die berechnung des konkret entgangenen umsatzes vermieden werden. weil eine datumsgetreue abrechnung aus dem vorjahr regelmäßig schon deshalb nicht korrekt ist, da die wochentage nicht identisch sind, ist die vorgenommene art der abrechnung im sinne der ermittlung eines durchschnittlichen umsatzes für beide seiten interessengerecht. 69b. 70die abrechnung durfte auch nach den umsatzzahlen und der taxe von 75% hieraus erfolgen, ohne dass etwaige ersparte aufwendungen angerechnet werden mussten. insoweit ist die vertragliche regelung maßgeblich, an welche sich die klägerinnen gehalten haben. dort ist eine anrechnung nicht aufgeführt. 71c. 72gegen die ermittlung des durchschnittlichen umsatzes und deren grundlagen hat die beklagte substantiiert einwände nicht erhoben. die durchschnittlichen öffnungstage im vorjahr ergeben sich aus der steuerfestsetzung der stadt düsseldorf. die durchschnittlichen umsätze ergeben sich aus den summen- und saldenlisten. 73d. 74ein mitverschulden in bezug auf eine unterbliebene öffnung der lokale „c“ und „e“ müssen sich die klägerinnen nicht anrechnen lassen. etwaige ab mai geltende lockerungen im gaststättengewerbe galten nach der ausdrücklichen regelung nicht für bars, zu denen die genannten lokale gehörten. 75e. 76der umstand, dass die klägerinnen hinsichtlich der lokale k und e eine entschädigung auch für schließungstage im juni 2020 geltend machen, mit der klagebegründung aber lediglich zur berechnung des durchschnittlichen tagesumsatzes auf die monate märz bis mai 2019 abstellen, erfordert keine weitergehende sachaufklärung. 77zum einen handelt es sich um tagesdurchschnittswerte, bei denen etwaige abweichungen nach oben oder unten für den monat juni sich nur abgeschwächt auswirken könnten. dies bestätigt sich im übrigen aufgrund einer überprüfung der weitergehenden umsatzaufstellungen für die genannten lokale, die zwar für den monat juni geringere umsätze ausweisen, bei denen aber auch weniger öffnungstage zugrunde zu legen sind. 78ii. 79die zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 bgb. den klägerinnen stehen zinsansprüche seit rechtshängigkeit der klage zu. 80soweit die klägerinnen zinsen seit dem 14.05.2020 geltend machen, ist die klage abzuweisen, weil die beklagte sich noch nicht in verzug mit der zahlung in verzug befand. nach eigenem vorbringen der klägerinnen, waren die 30 tage erst ende mai bzw. ende juni 2020 erreicht. das schreiben der beklagten vom 26.05.2020 stellt auch keine endgültige und ernsthafte erfüllungsverweigerung dar, weil es ein vergleichsangebot enthielt. 81iii. 82die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 2, 709 zpo. 83streitwert: 764.138,63 eur
Klaeger*in
1
126,719
L 8 R 437/11
"2016-01-27T00:00:00"
Urteil
Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 15.3.2011 geändert. Die Klagen werden abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen aus dem gesamten Verfahren trägt die Beklagte zu 2/5. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht der Klägerin zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung im Zeitraum vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 in einer für die Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit als Betreuerin im Bereich des ambulant betreuten Wohnens. 3Die Klägerin zu 2) ist examinierte Krankenschwester, Sozialpädagogin, Systemische Familienberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie (HPG). Sie erbringt seit 2006 unter der Firma V Betreutes Wohnen O mit Sitz in S Leistungen im Bereich ambulant betreuten Wohnens in der Versorgungsregion Duisburg sowie den linksrheinischen Gemeinden des Kreises Wesel (Moers, Neukirchen-Vluyn, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Alpen). Ihr Dienstleistungsangebot ist auf die Bedürfnisse von Menschen mit psychischen Behinderungen ausgerichtet, die vorübergehend oder auf Dauer Hilfe und Unterstützung benötigen, um in ihrem privaten Wohnbereich ein eigenständiges Leben führen zu können. 4Nach den Veröffentlichungen im Internet ist das Mitarbeiterteam der Klägerin zu 2) durch Diplom-Sozialpädagogen/innen und Sozialarbeiter/innen, Diplom-Psychologen, Fachpfleger für Psychiatrie und Krankenpfleger bzw. Krankenschwestern zusammengesetzt (http://www.V.net/ ...html). 5Die Tätigkeit der Klägerin zu 2) beruht auf den Bestimmungen des Rahmenvertrages - ambulanter Bereich - Nordrhein-Westfalen (NRW) nach § 79 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Auf dieser Grundlage schloss sie mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) als zuständigem Leistungsträger am 4.7.2006 zur Konkretisierung des Rahmenvertrages eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß §§ 75 ff. SGB XII für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung (Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Die zwischen dem LVR als "Sozialhilfeträger" und der Klägerin zu 2) als "Leistungserbringer" geschlossene Vereinbarung enthält auszugsweise folgende Regelungen: 6"Teil I Leistungsvereinbarung 7§ 1 Art und Inhalt der Leistung 8(1) Art der Leistung 9- Der Leistungserbringer leistet ambulante Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. - Es handelt sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbstbestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermöglicht. Das Ambulant betreute Wohnen ist zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen bezieht und der sozialen Integration dient. - Es handelt sich um eine vorwiegend aufsuchende Betreuung und Begleitung im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe gemäß § 54 SGB XII. ( ) 10(2) Ziele der Leistung 11Die Leistung hat das Ziel, der betreuten Person unabhängig von Art und Schwere der Behinderung eine weitgehend eigenständige Lebensführung, soziale Eingliederung und Teilhabe am Leben in der Gemeinde zu eröffnen und zu erhalten. Einzelziele sind hier insbesondere: ( ...). 12(3) Inhalt der Leistung 13- Das Angebot eröffnet den Menschen, die es in Anspruch nehmen, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung, Möglichkeiten einer selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Lebensform. Die Leistung beinhaltet die im Einzelfall erforderlichen Hilfen zur Beratung, Begleitung, Betreuung und Förderung nach Maßgabe der §§ 53, 54 SGB XII. - Als Maßnahmen zur Erbringung dieser Leistungen können verschiedene Formen der Hilfestellung, unterschiedliche Unterstützungs- und Beratungsangebote dienen, wie die Hilfeplanung und -reflektion, das Gesprächsangebot, Telefonkontakte, persönliche Kontakte, Begleitung, Mithilfe, Anleitung, Übernahme, Übung, Beratung, Erinnerung, Kontrolle, Zeiten von Erreichbarkeit, Zusammenarbeit mit anderen Diensten und Institutionen. Die einzelfallbezogenen Maßnahmen können mit Gruppenangeboten kombiniert werden. - Grundlage für die Leistung ist ein individueller Hilfe- und Betreuungsplan. Dieser wird unter Einbeziehung der betreuten Person erarbeitet und vereinbart. 14(4) Direkte, mittelbare und indirekte Leistungen 15- Direkte Betreuungsleistungen sind einzelfallbezogene Hilfeleistungen wie zum Beispiel: - Erstellung beziehungsweise Mitwirkung bei der Hilfeplanung und Betreuungsplanung - Hausbesuche bei der betreuten Person - Gespräche mit der betreuten Person und ihrem sozialen Umfeld - Kontakte mit der betreuten Person in der Dienststelle - Klinikbesuche bei stationären Krankenhausaufenthalten/stationären Reha-Maßnahmen zu Lasten anderer Sozialleitungsträger - Begleitung der betreuten Person außerhalb der eigenen Wohnung - telefonische Kontakte bzw. andere Kommunikationswege (z.B. bei Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen) mit der betreuten Person - Begleitung und Unterstützung beim Wechsel in die neue Wohn- und Lebensform (Unterstützung beim Umzug und Einzug, etc.) - Durchführung von Gruppenangeboten 16( ...). 17- Mittelbare Betreuungsleistungen sind ... 18a) klientenbezogene Tätigkeiten wie zum Beispiel - Mitarbeit an den Hilfeplankonferenzen/am Clearingstellenverfahren - Gespräche im sozialen Umfeld der betreuten Person - Organisation des Hilfefeldes und der Hilfeplanung - Kooperationskontakte mit gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuern - Vor- und Nachbereitung von Gruppenangeboten - Telefonate und Schriftverkehr bzgl. Alltagsangelegenheiten der betreuten Person - Einzelfalldokumentation/Dokumentation des Betreuungsprozesses - Ausfallzeiten/von der betreuten Person nicht wahrgenommene Termine - einzelfallbezogene Tätigkeiten im Vorfeld einer Betreuung und im Rahmen einer Nachbetreuung - Abschlussbericht 19b) klientenübergreifende Tätigkeiten wie zum Beispiel - Fallbesprechungen/kollegiale Beratung - Supervision - Facharbeitskreise - Teamsitzungen - Fortbildung 20c) Fahrt- und Wegezeiten 21- Indirekte Leistungen sind alle zur Organisation des Dienstes und des Arbeitsablaufs sowie zur Qualitätssicherung notwendigen Tätigkeiten und Maßnahmen wie zum Beispiel: - Organisation und Leitung des Dienstes - Zusammenarbeit mit anderen Diensten und Organisationen, ( ...) - Bearbeitung von Anfragen und Aufnahmen - Qualitätssicherung bezogen auf die betreuten Menschen, die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter und das Konzept - Verwaltung (Personal, Budget, Kostenabrechnung, Verwendungsnachweise etc.) - Öffentlichkeitsarbeit 22§ 2 Personenkreis/Zielgruppe 23(1) Zielgruppe des Ambulant Betreuten Wohnens sind volljährige Menschen mit einer wesentlichen Behinderung im Sinne des § 53 SGB XII, 24- die in einer eigenen Wohnung, allein oder in selbst gewählten Lebensgemeinschaften/Partnerschaften leben, also in der Regel über einen eigenen Mietvertrag verfügen, oder - die beabsichtigen, innerhalb der nächsten 6 Monate aus der Wohnung der Eltern auszuziehen - und zur selbständigen Lebensführung der ambulanten Hilfe bedürfen. 25(2) Das Angebot des Leistungserbringers richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten, Planungen, Absprachen an folgenden speziellen/eingegrenzten Personenkreis: psychisch behinderte Menschen Insbesondere ist Zielgruppe der Personenkreis im festgelegten Einzugsgebiet: linksrheinisch Wesel (Moers, Neukirchen-Vluyn, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Alpen) u. linksrheinisch Duisburg (Rheinhausen, Homberg, Rumeln-Kaldenhausen, Baerl). 26( ...). 27§ 3 Umfang der Leistungen 28(1) Die Intensität und die Dauer der zu erbringenden Leistungen sind einzelfallbezogen und richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf. Auch die Betreuungszeiten richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf der betreuten Person. 29(2) Die Feststellung des individuellen Hilfebedarfs im Einzelfall erfolgt verbindlich durch den Sozialhilfeträger im Rahmen des Hilfeplanverfahrens. 30(3) Erheblich veränderte Bedarfe/Mehrbedarfe über den bewilligten Betreuungsumfang hinaus sind im Einzelfall mitzuteilen und fachlich zu begründen. Veränderungen treten nur entsprechend der Entscheidung des Sozialhilfeträgers in Kraft. 31(4) Bei Beendigung der Betreuung sind der Abschluss der Betreuungsaktivitäten, die Erarbeitung der weiteren Hilfemöglichkeiten und ein schriftlicher Abschlussbericht erforderlich. 32§ 4 Qualität der Leistung 33(1) Strukturqualität - Es wird durch den Leistungserbringer eine allgemeine Beschreibung und ein fachlich ausdifferenziertes Konzept des Angebotes vorgelegt (s. Anlage 1). - Das Betreuungsverhältnis wird in einem rechtsverbindlichen Betreuungsvertrag zwischen dem Leistungserbringer und der betreuten Person geregelt (s. Anlage 2). Dieser beinhaltet Vereinbarungen in Bezug auf Intensität, Zeitstruktur und Betreuungsschwerpunkte sowie ggf. Finanzierung. - Der Leistungserbringer legt sein Aufnahmeverfahren für die Leistungsberechtigten fest. - Der Betreuungsvertrag ist unabhängig von einem Mietvertrag abzuschließen. - Die Kontinuität der Betreuung wird sichergestellt. Sie erfolgt im Bezugspersonensystem. Im Verhinderungsfall ist eine Vertretung durch den Dienst sicherzustellen. - Das Angebot umfasst in der Regel aufsuchende Hilfen in der häuslichen Umgebung der betreuten Person. ( ...) - Die Kontaktzeiten orientieren sich am Hilfebedarf der betreuten Person. Termine am Abend und an den Wochenenden sind Bestandteil der Vereinbarung. - Es erfolgt, aufbauend auf der Ermittlung des individuellen Hilfebedarfs, eine individuelle Hilfe- und Beratungsplanung analog der Zielsetzung und der Leistungselemente des Betreuten Wohnens (siehe § 1). - Übergabe-, Dienst- und Fallbesprechungen und eine Zusammenarbeit finden regelmäßig und verbindlich in Teams statt. - Supervision und Fortbildung sollen zur Qualifizierung der Mitarbeiter/innen durchgeführt werden. - Interne Controllingverfahren sollen die Arbeit des Dienstes unterstützen. ( ...) - Die dem Sozialhilfeträger einmal jährlich vorzulegenden Berichte enthalten eine Aufstellung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihrer beruflichen Abschlüsse, ihres Anstellungsverhältnisses sowie ihrer Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. 34(2) Prozessqualität - Die Hilfeleistung erfolgt bedarfsgesteuert. - Die Betreuung erfolgt auf der Grundlage der vereinbarten Hilfe- und Betreuungsplanung. ( ...). - Die direkten Betreuungsleistung und die mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten werden in jedem Einzelfall regelmäßig dokumentiert (individuelle Betreuungsdokumentation). - Die direkten Betreuungsleistungen sind durch die betreute Person unter Berücksichtigung der jeweiligen Behinderung möglichst zeitnah, spätestens nach Ablauf eines Monats zu quittieren (siehe Anlage 3) ( ...) - Der Leistungserbringer geht Beschwerden unverzüglich nach. Soweit kein Einvernehmen zu erzielen ist, wird der Sozialhilfeträger informiert. ( ...) 35(3) Ergebnisqualität - Grundlage für die Ergebnisqualität ist der Erreichungsgrad der im individuellen Hilfeplan vereinbarten Ziele. 36- Das Hilfeangebot wird konzeptionell überprüft. Grundlage ist die Darstellung der Ergebnisse u.a. in Jahresberichten. Im Jahresbericht stellt der Leistungserbringer die Gesamtheit seiner Betreuungsaktivitäten und Qualitätssicherungsmaßnahmen in geeigneter Form dar. Der Jahresbericht gibt Auskunft über die wesentlichen Entwicklungen und Problembereiche der Betreuungsarbeit. Kooperationen mit anderen Diensten werden dargestellt. 37- Der Leistungserbringer überprüft das Hilfeangebot und die erbrachten Betreuungsleistungen in jedem Einzelfall. Grundlage für den Einzelfall ist die individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung. Bezogen auf die Kategorien des Leistungsangebotes werden die Ziele, Methoden und die Durchführung dargestellt und die Bewertung der Zielerreichung und die Formulierung neuer Ziele/Anschlussziele vorgenommen. Die Berichterstattung gegenüber dem Sozialhilfeträger erfolgt zum Ende des im Hilfeplan des Sozialhilfeträgers festgelegten Bewilligungszeitraums. 38- Bewertungsmaßstäbe für die Ergebnisqualität sind beispielsweise: ( ...). 39§ 5 Personelle Ausstattung 40(1) Fachkräfte 41- Zur Erbringung der Leistungen werden geeignete Fachkräfte eingesetzt. 42Geeignete Fachkräfte sind insbesondere Diplom-Sozialarbeiter/innen oder Diplom-Sozialpädagoginnen/Diplom-Sozialpädagogen oder andere Angehörige vergleichbarer Berufsgruppen mit Hochschulabschluss, Erzieherinnen, Heilerziehungspflegerinnen, Pflegefachkräfte und Ergotherapeutinnen / Ergotherapeuten, Heilpädagoginnen /Heilpädagogen. 43- Die Fachkräfte müssen über eine mindestens einjährige Berufserfahrung in der Arbeit mit der Zielgruppe oder in der Angebotsform des Ambulant Betreuten Wohnens verfügen und nachweisen. 44(2) Sonstige Kräfte 45( ...) 46(3) Fallverantwortung Die Fallverantwortung ist durch eine Fachkraft im Sinne des Absatzes 1 wahrzunehmen. Die Fallverantwortung umfasst insbesondere die individuelle Hilfe- und Betreuungsplanung sowie den Einsatz des Betreuungspersonals. 47§ 6 Sächliche Ausstattung 48( ...) 49Teil II Prüfungsvereinbarung 50§ 7 Prüfung der Qualität der Leistung 51(1) Der Leistungserbringer legt dem Sozialhilfeträger jährlich Nachweise vor, dass er die von ihm eingegangenen Verpflichtungen zur Qualität der Leistungen im Vereinbarungszeitraum eingehalten hat. (2) Die Qualitätsnachweise erfolgen durch standardisierte Leistungsdokumentationen (s. Anlage 4). (3) Liegen begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Leistungserbringer die Leistungen nicht in der vereinbarten Qualität erbringt, klärt der Sozialhilfeträger den Sachverhalt auf. (4) Bestätigen sich Anhaltspunkte für eine nicht vertragsgemäße Leistung, kann der Sozialhilfeträger eine Qualitätssicherung durchführen. 52( ...). 53Ebenfalls unter dem 4.7.2006 schlossen die Klägerin zu 2) und der LVR zur Konkretisierung der Bestimmungen des Rahmenvertrages, insbesondere seines Abschnitts II, eine Vergütungsvereinbarung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. 54Der nach § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages zwischen der Klägerin zu 2) und den betreuten Personen zu schließende Betreuungsvertrag weist auszugsweise folgenden Inhalt auf: 55"Herr/Frau ( ...) wird ab dem ( ...) von der Leistungserbringerin Frau L L Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen (Betreutes Wohnen) erhalten. Art der Hilfe und Intensität und Zeitdauer richten sich nach dem aktuellen Bewilligungsbescheid des Sozialhilfeträgers und des gemeinsam erstellten Hilfeplans, welcher der Vereinbarung beigefügt wird. 56Die Leistungserbringerin verpflichtet sich eine fachlich qualifizierte Betreuungskraft zu stellen. 57Herr/Frau ( ...) ist damit einverstanden, dass die Leistungserbringerin ihre erbrachten Leistungen direkt mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) abrechnet. 58Diese Vereinbarung kann seitens Herr/Frau ( ...) unter Angaben von Gründen mit einer Frist von 4 Wochen aufgehoben werden. Ebenso kann dies auch von der Leistungserbringerin unter Angaben von Gründen erfolgen." 59Die am 00.00.1977 geborene Klägerin zu 1) ist ausgebildete Diplom-Sozialpädagogin (FH); sie verfügt zudem über eine abgeschlossene dreijährige berufsbegleitende Weiterbildung "Verbands- und Sozialmanagement". Nach dem Inhalt eines von ihr entworfenen Geschäftsplans "Sozialpädagogische Begleitung in ambulanten Wohnformen" hat sie im Oktober 2007 eine "Ein-Frau-Unternehmung" begründet, in welcher sie insbesondere auf Grundlage der Therapiekonzeption "Traumazentrierte Fachberatung und -pädagogik" Dienstleistungen zur sozialpädagogischen Begleitung in ambulanten Wohnformen sowie eine Beratung und Unterstützung zur selbständigen Alltagsbewältigung nach Psychotraumata anbietet. 60Dieses Dienstleistungsangebot erbrachte die Klägerin zu 1) ab dem dritten Quartal des Jahres 2007 für verschiedene Auftraggeber, insbesondere den Verein "M Betreutes Wohnen e.V.", P, den Verein "F Kontakte e.V.", F, den Verein "X e.V.", E sowie die Klägerin zu 2). 61Mit Bescheid vom 25.2.2008, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, bewilligte die Beigeladene zu 3) der Klägerin zu 1) auf deren Antrag vom 20.7.2007 einen Gründungszuschuss gemäß § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) a.F. für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis zum 30.6.2008 in Höhe von monatlich 981,90 EUR. 62Zur vertraglichen Ausgestaltung ihrer Zusammenarbeit unterzeichneten die Klägerin zu 1) als "Auftragnehmerin" und die Klägerin zu 2) als "Auftraggeberin" nach entsprechender Bewilligung von Leistungen nach den §§ 53 ff. SGB XII zugunsten der zu betreuenden Person durch den LVR jeweils für die Dauer eines Bewilligungszeitraums in schriftlicher Form einen "Vertrag" mit auszugsweise folgende Regelungen: 63§ 1 Vertragsgegenstand (1) Der Auftragnehmer wird von dem Auftraggeber mit der Betreuung der Klientin ( ...) im Rahmen des ambulanten Betreuten Wohnens beauftragt. Die Beauftragung gilt für den Bewilligungszeitraum für betreutes Wohnen vom ( ...) mit ( ...) Fachleistungsstunden wöchentlich. (2) Die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung nach Art, Ziel und Umfang ergeben sich aus den Festlegungen mit dem Landschaftsverband Rheinland in den genehmigten Hilfeplänen. (3) Der Auftragnehmer ist verpflichtet den Auftrag höchstpersönlich auszuführen. 64§ 2 Sorgfaltspflicht (1) Die Erledigung der übertragenen Aufgaben erfüllt der Auftragnehmer mit der notwendigen Sorgfalt einer qualifizierten Fachkraft in Eigenverantwortung. Bei der Erledigung der Aufgaben hat der Auftragnehmer die allgemein üblichen Bestimmungen für das ambulante betreute Wohnen zu beachten. 65§ 3 Arbeitszeiten (1) Die Tätigkeit kann bei freier Zeiteinteilung erfolgen. Der zeitliche Tätigkeitsumfang des Auftragnehmers entspricht dem vom Landschaftsverband bewilligten Stundenkontingent der zu betreuenden Klientin. (2) Der Auftragnehmer muss die Arbeitszeit im direkten Kontakt mit der Klientin in deren sozialem Kontext erfüllen. (3) Sollte der Auftraggeber administrative oder repräsentative Aufgaben an den Auftragnehmer übertragen, so werden sich die Parteien hierüber jeweils zeitnah im Voraus informieren und verständigen. 66§ 4 Vergütung (1) Die Beteiligten vereinbaren für die Durchführung dieses Auftrags ein Honorar von ( ...) EUR x 1,2 pro geleisteter Fachleistungsstunde. Umsatzsteuer fällt nicht an sofern § 4 Nr. 16 UStG erfüllt ist, sollte dies nicht der Fall sein ist die Umsatzsteuer im Honorar enthalten. Der Auftragnehmer hat den Nachweis der geleisteten Stunden per schriftlicher Aufstellung dem Auftraggeber zu erbringen (Quittungsbeleg des LVR für Klienten, andere Zeiten gesondert). (2) Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber jeweils bis zum 15. eines Monats für den vorhergehenden Monat eine Rechnung übermitteln. (3) ( ...). 67§ 5 Steuern/Sozialversicherung (1) Der Auftragnehmer ist selbständig und ist für die Abführung der ihn betreffenden Steuern und Abgaben, gleich aus welchem Rechtsgrund zuständig. (2) Der Auftraggeber weist den Auftragnehmer darauf hin, dass auf Grund des § 2 Nr. 9 SGB VI eine Rentenversicherungspflicht bestehen kann. Die Abführung etwaiger Rentenversicherungsbeiträge ist ebenfalls die ausschließliche Angelegenheit des Auftragnehmers. (3) Der Auftragnehmer erklärt sich damit einverstanden, dass der Auftraggeber ein Statusverfahren nach § 7a Abs. 6 SGB IV einleiten kann. Der Auftragnehmer bevollmächtigt insoweit den Auftraggeber ausdrücklich, für ihn als Vertreter im Rahmen dieses Verfahrens die erforderlichen Erklärungen abzugeben. 68§ 6 Haftung (1) Der Auftragnehmer haftet für alle Schäden, die er im Rahmen seiner Tätigkeit dem Auftraggeber vorsätzlich oder grob fahrlässig zufügt. (2) Für Schäden die im Rahmen der klientenbezogenen Tätigkeit des Auftragnehmers auftreten, haftet seine Berufshaftpflichtversicherung bzw. Berufsgenossenschaft. 69( ...) 70§ 8 Vertragslaufzeit (1) Der Vertrag tritt mit Unterzeichnung durch beide Vertragspartner in Kraft. (2) Das Vertragsverhältnis endet mit Ablauf der Bewilligungsfrist des zu betreuenden Klienten, sollte es zu einer Verlängerung der Bewilligung durch den Landschaftsverband kommen, verlängert sich dieser Vertrag automatisch dem neuen Bewilligungszeitraum entsprechend. (3) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bleibt unberührt. (4) Jede Kündigung bedarf der Schriftform. 71§ 9 Sondervereinbarung (1) ( ...) (2) ( ...) (3) Nichtigkeit und Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen dieses Vertrages berühren die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht. Sie haben nicht die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge. Die unwirksamen oder nichtigen Bestimmungen sind so umzudeuten, dass der mit ihnen beabsichtigte wirtschaftliche Zweck erreicht wird. Ist eine Umdeutung nicht möglich, sind die Vertragsschließenden verpflichtet, eine Vereinbarung zu treffen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen oder nichtigen Bestimmung möglichst nahe kommt. (4) Änderungen und Ergänzungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. 72Die Regelungen dieses Vertrages formulierte die Klägerin zu 2) in der Absicht vor, sie zur Ausgestaltung der Tätigkeit nicht fest angestellter Betreuerinnen mehrfach zu verwenden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der jeweiligen Vereinbarungen Bezug genommen. 73Ab dem 14.11.2007 erbrachte die Klägerin zu 1) für die Klägerin zu 2) auf dieser vertraglichen Grundlage Betreuungsleistungen in folgendem Umfang: 74Klient - Anzahl Fachleistungszeiten in Minuten - Rechnungsbetrag in Euro 75November 2007 76X - 700 - 350,00 O - 180 - 90,00 G - 260 - 130,00 77Dezember 2007 X - 420 - 210,00 O - 240 - 120,00 78Januar 2008 79X - 320 - 160,00 O - 300 - 150,00 G - 640 - 409,60 80Februar 2008 81G - 490 - 313,60 O - 350 - 175,00 X - 290 - 145,00 82März 2008 83G - 900 - 576,00 X - 380 - 190,00 O - 380 - 190,00 M - 450 - 225,00 84April 2008 85X - 260 - 130,00 O - 350 - 175,00 M - 760 - 380,00 G - 270 - 172,80 86Mai 2008 87G - 690 - 441,60 M - 580 - 290,00 X - 290 - 145,00 O - 490 - 245,00 88Juni 2008 89M - 830 - 415,00 O - 320 - 160,00 X - 620 - 310,00 G - 710 - 454,40 R - 50 - 32,00 90Juli 2008 91O - 330 - 165,00 X - 390 - 195,00 G - 840 - 537,60 M - 820 - 410,00 92August 2008 93M - 850 - 510,00 O - 430 - 258,00 G - 90 - 57,60 94September 2008 95S - 120 - 76,80 M - 540 - 270,00 G - 390 - 249,60 O - 420 - 210,00 96Oktober 2008 97M - 540 - 270,00 G - 700 - 448,00 O - 2190 - 1.095,00 98November 2008 99O - 140 - 70,00 G - 390 - 249,60 M - 510 - 255,00 100Dezember 2008 101M - 910 - 455,00 O - 440 - 220,00 G - 490 - 313,60 102Januar 2009 103G - 230 - 147,20 M - 450 - 225,00 O - 460 - 230,00 104Februar 2009 105O - 480 - 240,00 M - 250 - 125,00 G - 580 - 371,20 N.N. - "Erstellung eines Hilfeplans" - 130,00 106März 2009 107G - 1090 - 697,60 108M - 1470 - 735,00 O - 510 - 255,00 S - 70 - 44,80 109April 2009 110O - 480 - 240,00 M - 230 - 115,00 G - 580 - 371,20 111Mai 2009 112G - 310 - 198,40 O - 660 - 330,00 M - 930 - 465,00 113Juni 2009 114M - 870 - 435,00 O - 660 - 330,00 G - 790 - 505,60 115Juli 2009 116G - 830 - 531,20 M - 520 - 260,00 117August 2009 M - 500 - 250,00 O - 60 - 30,00 S - 45 - 28,80 G - 490 - 313,60 118September 2009 119G - 350 - 224,00 Q - 220 - 140,80 M - 470 - 235,00 120Oktober 2009 121M - 260 - 129,90 G - 380 - 243,20 Q - 170 - 108,80 122November 2009 123Q - 90 - 57,60 G - 1080 - 691,20 M - 400 - 200,00 M - 150 - 75,00 G - 110 - 70,40 Q - 390 - 249,60 124Januar 2010 125G - 240 - 153,60 Q - 570 - 364,80 126Februar 2010 127Q - 360 - 230,40 M - 100 - 50,00 G - 370 - 236,80 128März 2010 129G - 250 - 160,00 Q - 320 - 204,80 130April 2010 131Q - 500 - 320,00 G - 180 - 115,20 S - 120 - 76,80 132Ab Mai 2010 reduzierte die Klägerin zu 1) den Umfang ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 2). Aufgrund einer bei ihr bestandenen Schwangerschaft beschäftigte die Klägerin zu 1) ab Juni 2010 zwei Mitarbeiterinnen in einem sozialversicherungsrechtlich geringfügigen Umfang, an die sie im Einzelfall Betreuungsdienstleistungen delegierte. 133Am 25.4.2008 beantragte die Klägerin zu 1) bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für die von ihr erbrachte "sozialpädagogische Begleitung seelisch Behinderter ab dem 1.10.2007". Ihre Dienstleistung beinhalte eine "umfassende Lebensbegleitung zur selbständigen Alltagsbewältigung in individueller Form". Sie werde im Rahmen längerfristiger Betreuungen und zeitlich begrenzter Beratungseinheiten für Traumapatienten tätig. Darüber hinaus berate sie Institutionen und deren Mitarbeiter zu Fragen des individuellen Hilfeplanverfahrens. 134Ihr unternehmerisches Handeln drücke sich - so die Klägerin zu 1) - in einer eigenen Kundenakquise durch ein professionelles Networking mit Kliniken, Therapeuten und gesetzlichen Betreuern aus, die den Kontakt zu potenziell zu betreuenden Personen herstellten. Zur Öffentlichkeitsarbeit erstelle ein Fremdunternehmen eine Homepage mit ihrem Dienstleistungsangebot. Für notwendige Arbeitsmittel komme sie finanziell selbst auf. Hierbei handele es sich um einen Büroarbeitsplatz, ein Fahrzeug, ein Mobiltelefon sowie ein Faxgerät. Zudem habe sie Aufwendungen für pädagogische Arbeitsmittel (Fachliteratur, Fortbildung) geleistet. 135Die Preisgestaltung gegenüber ihren Auftraggebern beruhe auf Verhandlungen, in denen sie ihre unternehmerischen Vorstellungen bisher stets habe durchsetzen können. Ihr unternehmerisches Risiko zeige sich auch darin, dass ihr Kunde, nämlich die zu betreuende Person, eine Betreuung fristlos abbrechen könne, etwa, wenn sie mit der erbrachten Leistung nicht einverstanden sei. Ein darüber hinaus gehendes wirtschaftliches Risiko bestehe in den Unwägbarkeiten der beantragten Refinanzierung ihrer Leistungen, z.B. durch den Leistungsträger. Sie leiste immer ab dem Erstgespräch, ein Abwarten des Bewilligungsbescheides des Leistungsträgers wäre geschäftsschädigend. Bis zu einer endgültigen Bewilligung durch den Leistungsträger vergingen in der Regel mehrere Monate. Werde die Bewilligung einer Leistung abgelehnt, bekomme sie ihren bereits geleisteten Arbeitsaufwand nicht honoriert. Überdies stehe ihr die Ablehnung von Aufträgen frei. Es komme regelmäßig vor, dass sie aufgrund einer bestimmten pädagogischen Konzeptionierung Aufträge ablehne. 136Dem Statusfeststellungsantrag fügte die Klägerin zu 1) exemplarisch die Kopie eines Vertrages mit der Klägerin zu 2) betreffend die Betreuung einer Hilfebedürftigen im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens für den Zeitraum vom 12.11.2007 bis zum 31.10.2008 bei. 137Auf ergänzende Nachfrage der Beklagten erklärte die Klägerin zu 1) im Verwaltungsverfahren, ihr obliege die Formulierung der Ziele gemeinsam mit den von ihr betreuten Personen. Hierbei greife sie auf das von ihr entworfene traumapädagogische Konzept zurück, ohne dass die Klägerin zu 2) auf diesen Prozess durch etwaige Vorgaben Einfluss nehme. Sie habe der Klägerin zu 2) gegenüber auch keine Berichte zu erstatten. Vielmehr wirke sie - die Klägerin zu 1) - mit fachlichen Beurteilungsbeiträgen im Rahmen des leistungsrechtlichen Bewilligungsverfahrens mit. Obgleich sie ihre schriftlichen Beiträge der Klägerin zu 2) zur Verfügung stelle, sei eine Einflussnahme auf ihre Anmerkungen ausgeschlossen. 138Der seitens der Beklagten mit Schreiben vom 17.9.2008 in Aussicht gestellten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung ab dem 14.11.2007 hielt die Klägerin zu 1) entgegen, sie unterliege keiner Versicherungspflicht, da sie eine selbständige Tätigkeit ausübe. Die Klägerin zu 2) sei einer von mehreren Trägern, dem gegenüber sie sich vertraglich verpflichtet habe. Die Auswahl der Träger erfolgte ausschließlich durch sie, die Fallverantwortung im Einzelfall liege nicht bei dem Leistungsträger, sondern bei ihr. Zudem werde die Tätigkeit eigenverantwortlich von ihr ausgeübt; der angesprochene Hilfeplan sei lediglich eine "Absprache zwischen Behandeltem und dem Finanzierungsträger". Die Beklagte übersehe, dass die Klägerin zu 1) den Plan im Rahmen ihrer fachlichen Stellungnahme beeinflussen könne, sie könne zudem von ihm abweichen, wenn sie feststelle, dass dieser Plan nicht einzuhalten sei oder nicht zu dem gewünschten Erfolg führe. 139Es bestehe auch kein Weisungsrecht der Klägerin zu 2); sie - die Klägerin zu 1) - bestimme den zeitlichen Rahmen der Tätigkeit, in der Disposition der Arbeitszeiten sei sie ebenfalls frei. Dass sie sich an Termine halten müsse, sei eine Selbstverständlichkeit. 140Sie treffe ein eigenes unternehmerisches Risiko: Sie führe ihr Unternehmen eigenverantwortlich und bewerbe ihr Dienstleistungsangebot; ihr Einkommen bemesse sich nach der eigens zu verantwortenden Tätigkeit und nicht wie bei einem Arbeitnehmer nach einer gleichbleibenden Bezahlung ohne Risiko. Für ihre Unternehmung setze sie eigenes Kapital und eigene Betriebsmittel ein. Der Erfolg dieses Vermögenseinsatzes sei - wie bei jedem anderen Selbständigen auch - ungewiss. 141Der Verweis der Beklagten auf einen fehlenden Urlaubsanspruch und eine nicht vereinbarte Entgeltfortzahlung verfange nicht; seien derartige Leistungen nicht vereinbart, spreche dieses für eine selbständige Tätigkeit. 142Mit - an beide Klägerinnen adressierten - Bescheiden vom 5.11.2008 traf die Beklagte Feststellungen zum Status der Klägerin zu 1). In dem Verfügungssatz des der Klägerin zu 1) bekanntgegebenen Verwaltungsakts stellte sie wörtlich fest: 143"Das auf Antrag vom 25.04.2008 eingeleitete Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV führte zum Ergebnis, dass die Tätigkeit von Ihnen im Bereich Betreuung von Menschen mit Behinderungen (Einzelfallhelferin) bei V Ambulant Betreutes Wohnen, Inh. L L ab 14.11.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginnt mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung." 144Auf die Begründung des Bescheides wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. 145Gegen diesen Bescheid erhoben die Klägerin zu 1) am 11.11.2008 und die Klägerin zu 2) am 24.11.2008 Widerspruch. Die Klägerin zu 1) betonte unter Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungsverfahren das aus ihrer Sicht fehlende Weisungsrecht Dritter und das sie treffende unternehmerische Risiko. Auch die Klägerin zu 2) führte zur Widerspruchsbegründung aus, die Klägerin zu 1) werde nicht in persönlicher Abhängigkeit für sie tätig. Diese sei auch nicht in ihren Betrieb eingegliedert. Sie - die Klägerin zu 1) - werde vielmehr aufgrund eines von dem Sozialhilfeträger bestimmten Hilfeplans tätig, der Umfang und die Art und Weise der Tätigkeit näher konkretisiere. Die Gebundenheit an den Hilfeplan ergebe sich aus der Natur der Sache. 146Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.4.2009 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerinnen unter Vertiefung der Ausführungen im Ausgangsbescheid als unbegründet zurück. 147Mit den von der Klägerin zu 1) am 5.5.2009 und von der Klägerin zu 2) am 13.5.2009 zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhobenen Klagen haben diese ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung haben die Klägerinnen ihren Vortrag aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. 148Mit - an beiden Klägerinnen adressierten - Bescheiden vom 23.11.2009 hat die Beklagte ihre Bescheide vom 5.11.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 dahingehend "ergänzt", dass in der seit 14.11.2009 ausgeübten Beschäftigung als Einzelfallhelferin bei der Klägerin zu 2) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. 149Die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) haben beantragt, 1501. die Feststellungsbescheide der Beklagten vom 5.11.2008 und 23.11.2009 und die Widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 aufzuheben, 1512. festzustellen, dass die Klägerin zu 1) in keinem die Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung auslösenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin zu 2) steht. 152Die Beklagte hat beantragt, 153die Klagen abzuweisen. 154Sie hat zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen. 155Mit Beschluss vom 7.8.2009 hat das SG die zuvor in unterschiedlichen, jeweils mit Angelegenheiten des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts betrauten Fachkammern geführten Streitigkeiten kammerübergreifend zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 21 R 115/09 verbunden. Mit Urteil vom 15.3.2011 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 5.11.2008 und vom 23.11.2009 sowie die Widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin zu 1) in keinem die Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung auslösenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin zu 2) gestanden habe. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. 156Gegen das ihr am 7.4.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9.5.2011, einem Montag, schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt. Das SGB XII - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - sehe im Rahmen ambulanter Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen behinderter Menschen (ambulant betreutes Wohnen) nach den §§ 53, 54 SGB XII in Verbindung mit § 55 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) die Zusammenarbeit mit anderen Trägern vor (§§ 4, 5 SGB XII). So solle der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Einrichtungen nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen beziehungsweise Dienste anderer Träger vorhanden seien (§ 75 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). 157Dennoch bleibe der Träger der Sozialhilfe den Leistungsberechtigten gegenüber verantwortlich (§ 5 Abs. 5 Satz 2 SGB XII). In diesem Zusammenhang habe der Leistungsträger einen Gesamtplan zur Durchführung der einzelnen Leistungen aufzustellen, wobei dieser mit dem behinderten Menschen und den sonst im Einzelfall Beteiligten zusammenwirke (§ 58 SGB XII). Die Leistung unterliege bereits im Hinblick auf § 10 Abs. 3 SGB XII faktisch einer ständigen Überprüfung durch den Träger der Sozialhilfe im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit. Vor diesem normativen Hintergrund handele es sich bei der von ihr im erstinstanzlichen Verfahren in den Mittelpunkt gerückten rechtlichen Weisungsgebundenheit der Tätigkeit entgegen der Annahme des SG nicht lediglich um Behauptungen, sondern um die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit beider Klägerinnen. Da für die versicherungsrechtliche Beurteilung weder die von den Beteiligten angestrebte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich sei, komme es - entgegen der Auffassung des SG - auf die entsprechenden Darstellungen der Klägerinnen nicht an. 158Die von dem LVR mit der Klägerin zu 2) geschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 SGB XII für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen stelle sicher, dass der Träger der Sozialhilfe seiner Gewährleistungspflicht nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nachkommen könne. Nach § 76 Abs. 1 SGB XII müsse eine solche Vereinbarung die wesentlichen Leistungsmerkmale festlegen, mindestens jedoch u.a. die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, Ziel und Qualität der Leistung, Qualifikation des Personals sowie die erforderliche sächliche Ausstattung. 159In dem so gesteckten Rahmen werde der von der Klägerin zu 2) geschuldete Leistungsumfang ebenso definiert wie die Maßstäbe, anhand derer die Zielerreichung überprüft werden solle. Die Einhaltung dieser Parameter, insbesondere zur Qualität der Leistung, lasse sich indessen nur gewährleisten, wenn die Klägerin zu 2) ihren Mitarbeitern gegenüber weisungsbefugt sei und diese in ihre Arbeitsorganisation eingliedere. 160Die Beklagte beantragt, 161das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 15.3.2011 zu ändern und die Klagen abzuweisen. 162Die Klägerinnen beantragen, 163die Berufung zurückzuweisen. 164Sie sind dem Berufungsvorbringen entgegen getreten und verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. 165Die Klägerin zu 2) meint, die Beklagte setze sich nicht mit der Frage auseinander, ob die Klägerin zu 1) als Arbeitnehmerin für die Klägerin zu 2) tätig sei oder nicht. Wie Letztere ihre Verpflichtungen gegenüber dem LVR erfülle, sei deren Angelegenheit. Die korrekte Leistungserbringung könne vertraglich abgesichert werden; dass eine solche Absicherung nur auf arbeitsvertraglicher Grundlage gewährleistet werden könne, sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen führe diese Argumentationslogik dazu, dass der LVR Arbeitgeber sämtlicher Personen sei, die in dem Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens tätig würden. 166Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. 167Der Senat hat am 30.10.2015 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt und die Klägerinnen informatorisch befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen. 168Mit - an beide Klägerinnen adressierten - Bescheiden vom 24.11.2015 hat die Beklagte die Bescheide vom 5.11.2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 in der Fassung der Bescheide vom 23.11.2009 abermals geändert und festgestellt, dass in der seit dem 14.11.2007 ausgeübten Beschäftigung als Einzelfallhelferin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung bestehe - wegen einer hauptberuflich ausgeübten selbständigen Tätigkeit der Klägerin zu 1) - keine Versicherungspflicht. 169Der Senat hat die aus Anlass ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 2) abgefassten Rechnungen der Klägerin zu 1) sowie eine Aufstellung ihrer Einkünfte aus anderen Auftragsverhältnissen beigezogen. Zudem hat der Senat die Einkommensteuerbescheide der Klägerin zu 1) für die Kalenderjahre 2007 bis 2012 sowie einen sie betreffenden Versicherungsverlauf der Beklagten beigezogen. 170Von der Klägerin zu 2) hat der Senat überdies die Jahresabschlussberichte der Jahre 2009 und 2010 beigezogen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. 171Im Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem trotz ordnungsgemäßer Ladung Vertreter der Beigeladenen nicht erschienen sind, hat der Sitzungsvertreter der Beklagten die in dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Versicherungspflicht auf den Zeitraum bis zum 30.4.2010 beschränkt. 172Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Zudem wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beigeladenen zu 3) betreffend das Verfahren auf Bewilligung des Gründungszuschusses nach § 57 SGB III a.F. Außerdem hat der Senat den Inhalt der zwischen der Klägerin zu 2) und dem LVR geschlossenen Vergütungsvereinbarungen vom 8./10.12.2008 und vom 12./24.2.2010, ein Muster der Leistungsdokumentation des LVR, das Protokoll eines Erörterungstermins vom 17.2.2011 in einem vor dem Senat unter den Aktenzeichen L 8 R 31/12 sowie L 8 R 32/12 anhängigen Verfahren sowie die in diesen Verfahren beigezogenen Protokolle der Teambesprechungen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Dokumente ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 173Entscheidungsgründe: 174Der Senat hat das Aktivrubrum nach Anhörung der Beteiligten dahingehend berichtigt, dass anstelle der ursprünglich in der Klageschrift als Klägerin zu 2) bezeichneten "V Betreutes Wohnen O" die als natürliche Person selbst beteiligtenfähige (§ 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und prozessführungsbefugte Frau L L, handelnd unter der Firma V Betreutes Wohnen O, ist. 175Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen verhandeln und in der Sache entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat. 176Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Duisburg vom 15.3.2011 hat Erfolg, weil sie zulässig [hierzu I.] und begründet [hierzu II.] ist. 177I. Die am 9.5.2011, einem Montag, schriftlich eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 7.4.2011 zugestellte Urteil des SG Duisburg ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 SGG ohne gerichtliche Zulassung statthaft und form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 63 SGG) eingelegt worden. 178II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Duisburg ist auch begründet. 179Das SG hat die kammerübergreifend verbundenen Klagen (zur Zulässigkeit einer kammerübergreifenden Verbindung vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil v. 30.11.1965, 4/12 RJ 106/61 und 4 RJ 107/61, SozR Nr. 8 zu § 1299 RVO) zu Recht als zulässig erachtet. Statthafte Klageart ist jeweils die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Altern. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG). 180In der nunmehr gültigen Fassung beschweren die Bescheide der Beklagten vom 5.11.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.4.2009, die gemäß § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheide vom 23.11.2009 sowie die gleichfalls nach §§ 153, 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheide vom 24.11.2015 die Klägerinnen nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. In der in dem Termin zur mündlichen Verhandlung maßgeblichen Fassung erweisen sich diese Verwaltungsakte als formell und materiell rechtmäßig. 181Die Beklagte hat im Rahmen des § 7a Abs. 1 SGB IV formell (hierzu 1.) und materiell (hierzu 2.) rechtmäßig festgestellt, dass die Klägerin zu 1) in der ab dem 14.11.2007 für die Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit bis zum 30.4.2010 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. 1821. Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). 183a) Die Beklagte hat die im Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV ursprünglich unzulässig getroffene Feststellung, die Tätigkeit der Klägerin zu 1) sei "im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses" ausgeübt worden (Bescheide v. 5.11.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide v. 28.4.2009) entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2; Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, USK 2009-72; so auch Senat, Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13) in nunmehr formell rechtmäßiger Weise dahingehend korrigiert, es bestehe eine Versicherungspflicht der Klägerin zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. 184b) An einer Feststellung der Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung war die Beklagte nicht deshalb aus formellen Gründen gehindert, weil ein anderer Versicherungsträger, namentlich die Beigeladene zu 3), bereits ein "Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet" hatte. Ungeachtet des Umstandes, dass das bei der Beigeladenen zu 3) aufgrund des Antrags der Klägerin zu 1) vom 20.7.2007 auf Gewährung eines Gründungszuschusses eingeleitete Verwaltungsverfahren bereits mit Bekanntgabe des Bescheides vom 25.2.2008 seinen Abschluss gefunden hatte, kann dieses Verfahren eine formelle Sperrwirkung für ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV ohnehin nicht erzeugen. In konsequenter Fortführung der unter a) zitierten Rechtsprechung des BSG kann ein Verfahren "zur Feststellung einer Beschäftigung" nur ein solches sein, dass auf die Feststellung von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund einer konkreten Auftragsbeziehung (vgl. dazu Pietrek, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7a Rdnr. 80 ff.) gerichtet ist. Eine dahingehende Feststellung hatte das Bewilligungsverfahren nach § 57 SGB III a.F. indessen nicht zum Gegenstand. Die Beigeladene zu 3) hat vielmehr allein über die Bewilligung einer Leistung (Gründungszuschuss) entschieden und in diesem Zuge lediglich inzidenter die Frage geprüft, ob die Klägerin zu 1) beabsichtige, eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Eine regelnde Feststellung des versicherungsrechtlichen Status der Klägerin zu 1) in ihrer Auftragsbeziehung zur Klägerin zu 2) ist dagegen zu keinem Zeitpunkt angestrebt worden oder erfolgt (im Einzelnen hierzu Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12, juris). 1852. Die Feststellung der Beklagten, die Klägerin zu 1) habe in der in dem Zeitraum vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 für die Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen, ist nicht zu beanstanden [hierzu a)]. Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit in diesen Zweigen der Sozialversicherung in dem streitbefangenen Zeitraum begründen, sind nicht gegeben [hierzu b)]. Die Beklagte hat schließlich zutreffend festgestellt, dass die Versicherungspflicht der Klägerin zu 1) am 14.11.2007, dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung, eingetreten ist [hierzu c)]. 186a) Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). 187Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. 188aa) Die Regelung des mit Wirkung zum 1.7.2009 durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl. I, 3024) aufgehobenen § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV, wonach für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 421l SGB III beantragen, widerlegbar vermutet wurde, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind, ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt für § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB IV a.F., wonach für die Dauer des Bezuges dieses Zuschusses die Person als selbständig tätig gilt. Die Regelungen dienten der Verfahrensvereinfachung und sollten Existenzgründungen erleichtern; der Amtsermittlungsgrundsatz blieb davon jedoch unberührt (Bayerisches LSG, Urteil v. 29.3.2011, L 8 AL 152/08, juris; Senat, Urteil v. 12.3.2014, L 8 R 431/11, juris, Rdnr. 69; Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12, juris, Rdnr. 101 ff.). 189Einen in den Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV a.F. fallenden Zuschuss nach § 421l SGB III hat die Klägerin zu 1) indessen weder beantragt, noch ist ihr ein solcher von der Beigeladenen zu 3) bewilligt worden. Sie hat - wie dargelegt - vielmehr einen Gründungszuschuss nach § 57 SGB III a.F. beantragt und erhalten. Für einen nach dieser Anspruchsgrundlage gewährten Gründungszuschuss gilt die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV a.F. nicht (vgl. hierzu auch Bayerisches LSG, Urteil v. 28.5.2013, L 5 R 863/12, juris, Rdnr. 48; Senat, Urteil v. 22.4.2015, a.a.O.). 190bb) Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). 191Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R; jeweils juris). 192Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12; jeweils juris). 193Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass die Klägerin zu 1) vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 für die Klägerin zu 2) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist. 194Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass Dienstleistungen, insbesondere solche, deren Gegenstand - wie im vorliegenden Fall - die persönlich geprägte Betreuung ist, sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung, als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden können (vgl. BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., Rdnr. 17 m.w.N.). Entscheidend ist daher, wie die Tätigkeit von der Klägerin zu 2) organisiert und ausgestaltet worden ist (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O., Rdnr. 22 ff. m.w.N.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 1052/12, juris). 195(1) Vertragliche Grundlage der zu beurteilenden Rechtsbeziehung der Klägerinnen sind die geschlossenen "Verträge", die die Klägerinnen nach Bewilligung von Leistungen zur Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII zugunsten der zu betreuenden Person für die jeweilige Dauer eines Bewilligungszeitraums geschlossen haben. 196(2) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist die Klägerin zu 1) vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 für die Klägerin zu 2) im Rahmen jeweils zeitlich befristeter Dauerschuldverhältnisse tätig geworden. 197(a) Die geschlossenen Verträge hatten jeweils eine Laufzeit ab Vertragsunterzeichnung (§ 8 Abs. 1 Vertrag) und endeten mit Ablauf der Bewilligungsfrist des zu betreuenden Klienten. Sofern es zu einer Verlängerung der Bewilligung durch den LVR kam, verlängerte sich der Vertrag automatisch dem neuen Bewilligungszeitraum entsprechend (§ 8 Abs. 2 Vertrag). 198(b) Dass zwischen den Klägerinnen ein schriftlicher oder auch mündlicher Rahmenvertrag geschlossen wurde, kraft dessen eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung eröffnet, vertraglich jedoch (im Voraus) nur die Einzelheiten künftig noch abzuschließender Verträge festgelegt werden sollten (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Die Beiträge, Beilage 2014, 387; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 30.4.1992, VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978), wird seitens der Klägerinnen weder behauptet, noch lässt sich ein dahingehendes Übereinkommen nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme feststellen: 199Grundlage der Tätigkeit waren die für die Dauer eines Bewilligungszeitraumes geschlossenen Verträge, deren Laufzeit nach den aktenkundigen Exemplaren jeweils mehrere Monate betrug (§§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 1, Abs. 2 Vertrag). Die Klägerin zu 1) hat anlässlich der Befragung im Erörterungstermin vom 30.10.2015 bekundet, sie habe auf dieser Grundlage - mit Ausnahme von vorübergehend in Anspruch genommenem Urlaub - durchgängig für die Klägerin zu 2) gearbeitet. Diese Tätigkeit ist erst im August 2010 beendet worden. Diese Bekundung wird durch die aktenkundigen Rechnungen der Klägerin zu 1) objektiviert. Diesen lässt sich auch entnehmen, dass die Klägerin zu 1) in der Regel mehrere Klienten der Klägerin zu 2) parallel betreut hat, weshalb es zu einer kontinuierlichen Tätigkeit der Klägerin zu 1) im gesamten streitbefangenen Zeitraum kam. 200Für die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses spricht weiterhin, dass die Klägerin zu 2) die Klägerin zu 1) in den Abschlussberichten für den LVR der Jahre 2009 und 2010 im Rahmen der "personellen Ausstattung" aufgeführt hat. Aus diesem Umstand lässt sich jedenfalls die Vorstellung der Klägerin zu 2) ableiten, im Rahmen der Erbringung von Betreuungsleistungen längerfristig mit der Klägerin zu 1) zusammenwirken zu wollen. Dass diese Vorstellung auch den Motiven der Klägerin zu 1) entsprochen hat, ergibt sich nicht zuletzt aus der von dieser bis August 2010 tatsächlich praktizierten vertraglichen Kooperation mit der Klägerin zu 2). 201(3) Die die Rechtsbeziehung der Klägerinnen tragenden Verträge sprechen zur Überzeugung des Senats in der Gesamtschau aller vertraglichen Bindungen deutlich stärker für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin zu 1) als für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. 202Hierbei verkennt der Senat keineswegs, dass verschiedene Regelungselemente der verschriftlichten Vereinbarungen das Bestreben der Klägerinnen widerspiegeln, ein freies Mitarbeiterverhältnis der Klägerin zu 1) im Sinne einer selbständigen Tätigkeit begründen zu wollen. So lässt etwa die in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages enthaltene Regelung, wonach die Tätigkeit der Klägerin zu 1) in einer freien Zeiteinteilung erfolgen kann, ebenso den Willen zur Begründung einer selbständigen Tätigkeit erkennen, wie die in § 4 des Vertrages enthaltene Obliegenheit der Klägerin zu 1), für ihre Tätigkeiten "Rechnungen" zu verfassen. Schließlich deutet die sprachliche Fassung des § 5 Abs. 1 des Vertrages, wonach die Klägerin zu 1) "selbständig" tätig und für die Abführung der sie betreffenden Steuern und Abgaben zuständig ist, ebenso auf ein Bestreben, eine selbständige Tätigkeit zu begründen, wie der in § 5 Abs. 2 des Vertrages enthaltene Hinweis auf eine evtl. bestehende Rentenversicherungspflicht für selbständig tätige Personen. 203Gleichwohl werden die angedeuteten Freiräume der Klägerin zu 1) maßgeblich durch Regelungen relativiert, die eine Bindung der Klägerin zu 1) im Sinne einer Beschäftigung in vertraglicher und tatsächlicher Hinsicht erkennen lassen. So stellt § 1 Abs. 2 des Vertrages klar, dass sich die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung nach Art, Ziel und Umfang aus den Festlegungen mit dem LVR ergeben. Diese Regelung schränkt die inhaltlichen Gestaltungsfreiräume der Klägerin zu 1) erheblich ein und unterwirft sie den Festlegungen des verbindlichen Hilfeplans (vgl. 3 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Zudem spricht die in § 1 Abs. 3 des Vertrages statuierte Verpflichtung der Klägerin zu 1), den Auftrag höchstpersönlich auszuüben, ebenso für die Annahme einer Beschäftigung, wie die Festlegung, der zeitliche Tätigkeitsumfang der Klägerin zu 1) entspreche den von dem LVR bewilligten Stundenkontingenten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Vertrag). Entsprechendes gilt für die in § 3 Abs. 2 des Vertrages enthaltene Verpflichtung der Klägerin zu 1), die Arbeitszeit in direktem Kontakt mit der Klientin in deren sozialem Kontext zu erfüllen. Nicht zuletzt statuiert § 2 des Vertrages die ausdrückliche Verpflichtung der Klägerin zu 1) bei der Erledigung der Aufgaben die allgemein üblichen Bestimmungen für das ambulante betreute Wohnen zu beachten. 204(4) Die Klägerin zu 1) war auf dieser vertraglichen Grundlage in den Betrieb der Klägerin zu 2) eingegliedert. Ihre Dienstleistungen gingen in einer von Letzterer vorgegebenen Ordnung auf. Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen von dem Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben ist und es dem Beschäftigten (z.B. einem Geschäftsführer, leitenden Angestellten) überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (vgl. Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7, Rdnr. 87 ff. m.w.N.). 205Unter Berücksichtigung der strukturellen und organisatorischen Gegebenheiten, unter denen sich die zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin zu 1) vollzogen hat, ist eine Eingliederung in die von der Klägerin zu 2) vorgegebene betriebliche Ordnung zu bejahen. 206(a) Dieses folgt zunächst aus dem Umstand, dass die Klägerin zu 2) einer Vielzahl von vertraglichen Verpflichtungen unterlag, zu deren Erfüllung sie die Klägerin zu 1) eingesetzt hat. Die Klägerin zu 2) ist als Leistungserbringer verpflichtet, Hilfebedürftige zu betreuen (§ 2 Abs. 4 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Der hierfür erstellte Hilfeplan ist für sie verbindlich (§ 3 Abs. 2 und 3 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Das Betreuungsverhältnis ist in einem rechtsverbindlichen Betreuungsvertrag zu regeln, wobei die Betreuung im Bezugspersonensystem zu erfolgen hat - ein Wechsel der Betreuungsperson also möglichst ausgeschlossen werden soll - und im Verhinderungsfall eine Vertretung durch die Klägerin zu 2) sicherzustellen ist (§ 4 Abs. 1 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Besprechungen und Zusammenarbeit haben regelmäßig verbindlich in Teams stattzufinden (a.a.O.). Die Klägerin zu 2) soll Supervision und Fortbildung zur Qualifizierung der Mitarbeiter/innen anbieten (a.a.O.). Es bestehen regelmäßige Dokumentationspflichten; überdies hat die Klägerin zu 2) Beschwerden der betreuten Personen unverzüglich - mit dem Ziel der Herstellung eines Einvernehmens - nachzugehen (§ 4 Abs. 2 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Sie muss die erbrachten Betreuungsleistungen in jedem Einzelfall überprüfen (§ 4 Abs. 3 Leistungs- und Prüfungsvereinbarung). Die Fallverantwortung lag bei einer Fachkraft (§ 5 Abs. 3 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung), die die in § 5 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Voraussetzungen, darunter eine mindestens einjährige Berufserfahrung, erfüllen musste. Diese Verpflichtungen bestehen dabei nicht nur im Verhältnis zum Kostenträger, sondern auch gegenüber den betreuten Personen selbst, mit denen insbesondere der Hilfeplan als Grundlage für die Betreuungsleistung in § 2 des Betreuungsvertrages vereinbart wurde. 207(b) In diesem normativen Gesamtgefüge traf allein die Klägerin zu 2) aufgrund ihrer Verantwortlichkeit als Leistungserbringer gegenüber dem LVR die Entscheidung über die Auswahl der der Klägerin zu 1) anzudienenden Klienten. Dem entsprechend stand es allein der Klägerin zu 2) frei, die Aufträge, die sie zuvor angenommen hatte, selektiv der Klägerin zu 1) anzutragen. 208Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass die Klägerin zu 1) im Einzelfall eigene Klienten in das Betreuungsverhältnis eingebracht hat. Auch in einem solchen Fall erfolgte nämlich die Zuweisung des Klienten an die Klägerin zu 2) als verantwortliche Leistungserbringerin. Dementsprechend ist der gemäß § 4 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu schließende Betreuungsvertrag allein zwischen der Klägerin zu 2) und den zu betreuenden Klienten zustande gekommen. Im Rahmen dieser vertraglichen Bindung hat sich die Klägerin zu 2) zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit lediglich tatsächlich der Dienstleistung der Klägerin zu 1) bedient. 209(c) Die die Klägerin zu 1) treffenden Dokumentationspflichten über die erbrachten Fachleistungsstunden unterstreichen die Integration in den Betrieb der Klägerin zu 2). Letztere stellte nämlich u.a. der Klägerin zu 1) einen Vordruck zur Verfügung, in welchem diese den jeweiligen Betreuungstag einschließlich der Uhrzeit, die Art der erbrachten Betreuungsleistung und die konkreten Betreuungsminuten einzutragen hatte. Über diesen Quittierungsbeleg konnte die Klägerin zu 2) die Betreuungszeiten erfassen und kontrollieren (vgl. hierzu auch Senat, Urteil v. 19.8.2015, L 8 R 726/11). 210(d) Die Eingliederung der Klägerin zu 1) in die betriebliche Organisation der Klägerin zu 2) wird schließlich dokumentiert durch die regelmäßige Teilnahme der Klägerin zu 1) an den Teambesprechungen in den Räumlichkeiten der Klägerin zu 2). Dass sie hierbei vereinzelt auch als Protokollantin fungiert hat (Protokoll der Teambesprechung vom 16.7.2008), unterstreicht die Integration in die betriebliche Organisation der Klägerin zu 2), da es jedenfalls nicht der Regel entspricht, die Aufgabe eines Protokollführers im Rahmen von Dienstbesprechungen einem selbständig tätigen Werkunternehmer zu übertragen. 211Die Eingliederung der Klägerin zu 1) in die Betreuungspersonalplanung der Klägerin zu 2) ergibt sich überdies aus der protokollierten Übernahme von Urlaubsvertretungen (Niederschriften der Mitarbeiterbesprechungen vom 10.4.2008 und vom 22.1.2009). 212(e) Die Klägerin zu 1) nutzte auch nicht lediglich eine von der Klägerin zu 2) bereitgestellte Infrastruktur (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O). Sie war vielmehr zu einer wirtschaftlich wertschöpfenden Durchführung ihrer Betreuungsleistung auf die seitens der Klägerin zu 2) mit dem LVR begründeten leistungserbringungsvertraglichen Grundlagen angewiesen. Der Klägerin zu 1) war es mangels Abschlusses einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem LVR überhaupt nicht möglich, wenn sie ihre Betreuungsleistungen für den jeweils Betreuten über die Leistungen nach dem SGB XII gedeckt und gegenüber dem Leistungsträger abrechnen wollte, ggf. unter bloßer Vermittlung der Klägerin zu 2) eigenständige Betreuungsverträge mit den zu betreuenden Personen abzuschließen. 213Die mangelnde rechtliche Befugnis, die von ihr angebotenen Betreuungsleistungen auch als Leistungserbringer eigenverantwortlich erbringen zu dürfen, war der Klägerin zu 1) auch durchaus bewusst. Sie hat anlässlich des Erörterungstermins nämlich auf Befragung ausdrücklich bekundet, sich gegen die Rolle als Leistungserbringer entschieden zu haben. Diese Funktion habe allein die Klägerin zu 2) bekleidet. 214(5) Die Klägerin zu 1) hat ihre Tätigkeit auch im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV hinsichtlich Art, Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit weisungsgebunden verrichtet. 215(a) Aufgrund des Inhalts der mit dem LVR geschlossenen Vereinbarungen war die Klägerin zu 2) "im Ernstfall" gehalten, auf die von ihr eingesetzten Betreuungspersonen im Einzelfall einzuwirken. Das gilt hinsichtlich der Kontinuität der Betreuung ebenso wie hinsichtlich der Überprüfung der erbrachten Betreuungsleistungen im Einzelfall, der Befolgung der Dokumentationspflichten und der Durchführung von Supervision und Fortbildung. Dabei verpflichtete insbesondere die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung die Klägerin zu 2), auf der Einhaltung der dort geregelten Verpflichtungen notfalls einseitig gegenüber der Klägerin zu 1) zu bestehen (im Einzelfall überprüfen, Beschwerden nachgehen etc.). 216(b) Der Klägerin zu 2) war auch eine - maßgebliche abstrakte - Rechtsmacht eingeräumt, im Verhältnis zur Klägerin zu 1) solche Anordnungen zu erteilen, die wertungsmäßig einem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht (§ 315 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) im Wesentlichen entsprach. 217(aa) Dieses folgt aus § 2 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages, wonach die Klägerin zu 1) bei der Erledigung der Aufgaben die "allgemein üblichen Bestimmungen für das ambulante betreute Wohnen zu beachten" hatte. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB, kraft derer die konzeptionellen Vorgaben der zwischen der Klägerin zu 2) und dem LVR geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen in die Vertragsbeziehung der Klägerinnen inkorporiert worden sind. 218Nach dem mit Wirkung zum 1.1.2002 in Kraft getretenen § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt worden sind (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). 219(bb) Die Klägerin zu 2) hat auf Befragung durch den Senat ausdrücklich bekundet, sie habe die Verträge mit der Klägerin zu 1) vorformuliert, weshalb sie die in § 2 des Vertrages enthaltene Bestimmung auch im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB als "Verwenderin" gestellt hat. 220Diese Regelungen hatte die Klägerin zu 2) auch für eine Vielzahl von Verträgen gestellt. Eine "Vielzahl" ist nämlich bereits anzunehmen, wenn die Vertragsbestimmungen für eine unbestimmte Zahl von Verträgen gedacht sind, wobei genügt, dass der Inhalt der verwendeten Klauseln im Wesentlichen gleich ist (BGH, NJW, 1979, 2387, 2388; OLG Koblenz, NJW-RR 1987, 95, 96). Insoweit ist nach der Rechtsprechung des BGH der Grundsatz einer beabsichtigten dreimaligen Verwendung verallgemeinerungsfähig (BGHZ NJW 2002, 138; BGH NJW 2004, 1452; Bundesarbeitsgericht [BAG], NJW 2007, 3018). Eine dahingehende mindestens dreifache Verwendungsabsicht ergibt sich vorliegend allein aus dem Umstand, dass der zwischen den Klägerinnen geschlossene "Vertrag" für die Vielzahl der von der Klägerin zu 1) zu betreuenden Klienten verwendet worden ist. 221Es ist auch weder erkennbar noch vorgetragen, dass der Inhalt des § 2 des Vertrages im Einzelnen ausgehandelt wurde. Hiergegen spricht auch entscheidend, dass die zwischen den Klägerinnen geschlossenen aktenkundigen Vereinbarungen insoweit einen wortgleichen Inhalt aufwiesen und von der Klägerin zu 2) auch zur vertraglichen Ausgestaltung der Tätigkeit im Verhältnis zu anderen nicht festangestellten Betreuerinnen gestellt wurden. 222(cc) Die Auslegung der aus den vorstehenden Gründen als Allgemeine Geschäftsbedingung zu beurteilenden Regelung des § 2 des Vertrages hat dem Grundsatz der objektiven Auslegung zu folgen (Basedow, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 305 c Rdnr. 22). Dem entspricht es, den Sinngehalt der Klausel nach "objektiven Maßstäben, losgelöst von der zufälligen Gestaltung des Einzelfalles und den individuellen Vorstellungen der Vertragsparteien, unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise zu ermitteln (so bereits BGHZ 22, 109, 113). Die Auslegung hat daher unter Berücksichtigung der Verhältnisse zu erfolgen, wie sie bei den Verwendern der streitigen Allgemeinen Geschäftsbedingung und dem von ihnen angesprochenen Kundenkreis typischerweise gegeben sind (Basedow, a.a.O. unter Verweis auf BGH NJW 2011, 2122 Rdnr. 10; BGHZ 77, 116, 118 = NJW 1980, 1947; BGHZ 51, 44, 58 = NJW 1969, 230). Der Grundsatz der objektiven Auslegung schließt gleichwohl nicht aus, dass auf die typischen Verhältnisse bestimmter Kundengruppen abgestellt wird, wie sie regelmäßig durch AGB des streitigen Typs angesprochen werden (Basedow, a.a.O., Rdnr. 24 m.w.N.). 223Nach diesem Maßstab unterliegt es nach Überzeugung des Senats keinem Zweifel, dass mit den in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages inkorporierten "allgemein üblichen Bestimmungen für das ambulante betreute Wohnen" die verbindlich gesetzten Verpflichtungen gemeint waren, die in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung verbindlich geregelt worden sind. Dies folgt zur Überzeugung des Senats schon aus dem Umstand, dass beiden Klägerinnen als erfahrenen Akteuren im Bereich der sozialen Arbeit zweifellos bewusst war, dass sich die streitige Tätigkeit in dem normativen Gesamtgefüge unter Berücksichtigung der Regelungen der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vollzieht. Diese Beurteilung wird auch dadurch unterstrichen, dass § 1 Abs. 2 des Vertrages die ausdrückliche Festlegung beinhaltet, dass sich die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung nach Art, Ziel und Umfang aus den Festlegungen mit dem LVR in den genehmigten Hilfeplänen ergeben. Da das Steuerungsinstrument des Hilfeplans in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung (vgl. § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 und 2) vorgesehen ist, musste sich für beide Klägerinnen aufdrängen, dass die Vorgaben dieser Vereinbarung auf deren Rechtsbeziehung unmittelbar einwirken. 224(dd) Der Annahme einer Weisungsbefugnis kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der objektive Geschäftsinhalt eines Vertrages nicht auf ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis hinweist, wenn das tatsächliche Geschehen (gesetzlichen) Vorgaben des öffentlichen Rechts folgt und es keiner vertraglichen Vereinbarungen bedarf (vgl. hierzu BAG, Urteil v. 9.4.2014, 10 AZR 590/13, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 26) bzw. lediglich öffentlich-rechtliche Anordnungen zu befolgen sind (vgl. BAG, Urteil v. 25.5.2005, 5 AZR 347/04, AP Nr. 117 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Denn für die Klägerin zu 1) bestand im vorliegenden Fall unmittelbar weder eine Bindung an die vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin zu 2) mit dem Kostenträger bzw. mit ihren Klienten noch an den auf dieser Grundlage vereinbarten Hilfeplan. Insbesondere ordnet § 77 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB XII eine Verbindlichkeit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung als Normenvertrag "nur" gegenüber den übrigen Trägern der Sozialhilfe an, nicht jedoch gegenüber Dritten wie der Klägerin zu 1). Dieser gegenüber konnte die unmittelbare Verbindlichkeit der seitens der Klägerin zu 1) getroffenen Vereinbarungen nur - wie hier geschehen - auf einzelvertraglicher Grundlage hergestellt werden. 225(ee) Der Umstand, dass der individuelle Hilfebedarf durch die Klägerin zu 1) gemeinsam mit den Klienten der Klägerin zu 2) ermittelt wurde, lässt eine abweichende Beurteilung nicht zu. Denn dies ändert nichts an der Verantwortlichkeit der Klägerin zu 2) sowohl gegenüber dem Klienten als auch gegenüber dem LVR als Kostenträger. Die Klägerin zu 2) übernahm letztlich die Verantwortung für den Hilfeplan. Dieser Erkenntnis ist es offenbar auch geschuldet, dass die Klägerin zu 2) auf Befragung durch den Senat bekundet hat, sie würde im Fall einer nicht lösbaren Konfliktlage zwischen einer fest angestellten Betreuungsperson und dem Klienten ggf. selbst "einspringen" oder eine andere Betreuungsbezugsperson benennen. Auch im Fall eines freien Mitarbeiters würde die Klägerin zu 2) die Klientin übernehmen. 226(6) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit der Klägerin zu 1) sprechen und letztlich im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind demgegenüber nicht festzustellen. 227(a) Die Klägerin zu 1) hatte auch nach der Gründung der "Ein-Frau-Unternehmung" keine die Statusbeurteilung maßgeblich beeinflussende Betriebsstätte. Sie verfügt nach eigenem Bekunden (lediglich) über ein separates Arbeitszimmer in ihrem häuslichen Umfeld, von welchem aus sie die berufliche Tätigkeit koordiniert. Dieser Raum ist nach den glaubhaften Bekundungen der Klägerin zu 1) mit einem Telefon und - so jedenfalls ihre Erklärung im Verwaltungsverfahren - mit einem Faxgerät ausgestattet. Die von der Klägerin zu 1) in diesem Sinne beschriebene Räumlichkeit geht damit nicht über das hinaus, was auch in vielen privaten Haushalten beschäftigter Arbeitnehmer vorzufinden ist, und ist nicht mit einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage vergleichen, die dem Betrieb eines Unternehmens dient (vgl. § 12 Satz 1 Abgabenordnung [AO]). 228(b) Ein im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung maßgebliches eigenes Unternehmerrisiko der Klägerin zu 1) hat im streitigen Zeitraum nicht bestanden. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR -3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl. einzelner Einsätze (vgl. hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 f.; BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, juris, Rdnr. 36). 229Die Klägerin zu 1) hat zunächst keine wesentlichen sächlichen Mittel mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Sie verfügte nach eigenem Bekunden über ein häusliches Arbeitszimmer. Ein nennenswerter Einsatz von Material für die Aktenführung, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ist hinsichtlich der Tätigkeiten für die Klägerin zu 2) insoweit nicht erkennbar. 230Soweit die Klägerin zu 1) seit Juni 2010 eigene Mitarbeiter in einem sozialversicherungsrechtlich geringfügigem Umfang beschäftigt hat und diesen Personen auch etwaige Aufwendungen (z.B. für Cafébesuche mit Klienten) erstattet hat, vermittelt dieser Umstand jedenfalls in dem streitbefangenen Zeitraum vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 noch kein in die Gesamtabwägung einzustellendes unternehmerische Risiko der Klägerin zu 1). Es bedurfte daher auch keiner weiteren Aufklärung der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang diese Mitarbeiter im Rahmen der Betreuung der Klienten der Klägerin zu 2) überhaupt eingesetzt worden sind. 231Soweit die Klägerin zu 1) schließlich Wegekosten zu tragen hatte, liegt darin kein in die Gesamtabwägung einzustellendes wesentliches unternehmerisches Risiko. Denn auch der typische Arbeitnehmer muss dafür Sorge tragen, seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Dass die Klägerin zu 1) darüber hinaus nennenswerte Fahrtkosten gehabt hätte, weil sie pro Tag mehrere betreute Personen aufgesucht hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. 232Ein Verlustrisiko hinsichtlich des Einsatzes ihrer eigenen Arbeitskraft hat die Klägerin zu 1) nicht getragen. Sie ist nicht nach Erfolg, sondern entsprechend der erbrachten Fachleistungsstunden nach Zeitaufwand entlohnt worden. Über den zwischen den Klägerinnen praktizierten Abrechnungsmodus wurde ein regelmäßiger Zahlungsfluss sichergestellt. Aufgrund der stetigen Auftragslage setzte die Klägerin zu 1) ihre Arbeitskraft damit nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Das etwaige Risiko, dass die Klägerin zu 2) nicht oder verspätet die Rechnungen beglich, entspricht dem Risiko eines abhängigen Beschäftigten, dessen Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug gerät. 233Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Ausschluss des § 616 BGB) rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Abgesehen davon, dass das Fehlen solcher Regelungen die Konsequenz aus der (ggf. fehlerhaften) Annahme ist, eine selbständige Tätigkeit begründet zu haben, ist die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteile v. 28.5.2008, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014; Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris). 234(c) Die Klägerin zu 1) hat die Tätigkeit auch nicht - wie für eine selbständige Tätigkeit kennzeichnend - im Wesentlichen frei gestaltet. Dies gilt eingedenk der ihr eingeräumten inhaltlichen Gestaltungsfreiheiten bei der konkreten Ausgestaltung ihrer Betreuungsleistungen. 235Wie das BSG bereits entschieden hat, können aus der Natur einer Tätigkeit, namentlich im Bereich der sozialen Arbeit, folgende größere Spielräume kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung sein (BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O.). Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich insbesondere Ort und Zeit der Tätigkeit maßgeblich aus der Umsetzung des Hilfeplans und den Wünschen und Bedürfnissen der Betreuten ergeben. Dies ändert aber nichts daran, dass die Klägerin zu 2) kraft der mit der Klägerin zu 1) getroffenen Vereinbarungen ebenso wie gegenüber abhängig beschäftigten Kräften in der Lage war, ihre Verpflichtungen gegenüber den Betreuten wie gegenüber dem LVR durchzusetzen. 236Im Übrigen ist gerade auch die Freiheit der örtlichen Gestaltung der Tätigkeit in beiden Vereinbarungen ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt worden, stets die Interessen des Auftraggebers im Außenverhältnis gegenüber den zu betreuenden Personen bzw. Dritten wahrzunehmen. 237Die Freiheit der Arbeitszeitgestaltung war ungeachtet der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages betonten Befugnis, die Tätigkeit in freier Zeiteinteilung auszuführen, dadurch begrenzt, dass der zeitliche Tätigkeitsumfang der Klägerin zu 1) den vom LVR bewilligten Stundenkontingenten des zu betreuenden Klienten entsprach. Überdies folgte aus § 3 Abs. 2 des Vertrages die Verpflichtung der Klägerin zu 1), dass die Arbeitszeit in einem direkten Kontakt der Klientin in deren sozialen Kontext zu erfüllen war. 238(7) Der Senat kann offen lassen, ob die Zusammenarbeit zwischen den an dem Auftragsverhältnis Beteiligten von dem (ursprünglichen) Willen getragen war, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen. Tatsächlich lässt § 5 Abs. 1 des Vertrages den Willen der Klägerinnen erkennen, ein freies Mitarbeiterverhältnis auf selbständiger Grundlage statuieren zu wollen. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung jedoch nur zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff. juris Rdnr. 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen. Allerdings folgt hieraus keine Vorfestlegung zugunsten des Bestehens einer selbständigen Tätigkeit. Hierbei ist das indizielle Gewicht umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Überdies ist die indizielle Bedeutung abgeschwächt, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl. der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (vgl. zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr BAG, Urteil v. 9.6.2010, 5 AZR 332/09, AP Nr. 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit, juris Rdnr. 33). 239Nach diesen Maßstäben kommt einem etwaigen tatsächlichen Willen der an dem Auftragsverhältnis beteiligten Personen, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, schon deshalb keine Indizwirkung zu, da überwiegende Gesichtspunkte zugunsten eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57). 240(8) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesamtumstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und Gewichtung der abgrenzungsrelevanten Umstände, dass sich die Tätigkeit der Klägerin zu 1) in weitgehender (abstrakter) Weisungsgebundenheit in einer von der Klägerin zu 2) vorgebebenen betrieblichen Ordnung vollzogen hat. Für eine selbständige Tätigkeit der Klägerin zu 1) streitende Umstände sind hingegen in einem nur untergeordneten Maß vorhanden. Die Gesamtabwägung spricht deutlich für eine abhängige Beschäftigung. 241cc) Die Beschäftigung der Klägerin zu 1) erfolgte auch gegen Entgelt (§ 14 SGB IV). 242b) Eine Versicherungsfreiheit der Klägerin zu 1) in den noch streitbefangenen Sozialversicherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung hat nicht bestanden. Der allein unter dem Gesichtspunkt einer geringfügigen Beschäftigung (vgl. §§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, 7 Abs. 1 SGB V, 5 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) in Betracht kommenden Versicherungsfreiheit der Klägerin zu 1) hat die Beklagte durch die zeitliche Beschränkung des Regelungszeitraums bis zum 30.4.2010 Rechnung getragen. 243c) Die Beklagte hat eine Versicherungspflicht der Klägerin zu 1) zutreffend mit dem 14.11.2007, dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung, festgestellt. Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 SGB IV kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift tritt, wenn der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird und diese ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt, die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte (1.) zustimmt und (2.) er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entspricht. Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin zu 1) den Statusfeststellungsantrag für ab dem 14.11.2007 aufgenommene Tätigkeit bei der Klägerin zu 2) erst am 25.4.2008 gestellt hat. 244Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Kostenverteilung berücksichtigt das Teilobsiegen der Klägerinnen durch die mit Bescheid vom 24.11.2015 erfolgte Aufhebung der Feststellung der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung sowie die Beschränkung der Regelungswirkung der angefochtenen Bescheide in zeitlicher Hinsicht bis zum 30.4.2010. 245Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
auf die berufung der beklagten wird das urteil des sozialgerichts duisburg vom 15.3.2011 geändert. die klagen werden abgewiesen. die außergerichtlichen kosten der klägerinnen aus dem gesamten verfahren trägt die beklagte zu 2/5. im übrigen sind kosten nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1
2die beteiligten streiten im rahmen eines statusfeststellungsverfahrens (§ 7a abs. 1 satz 1 sozialgesetzbuch viertes buch [sgb iv]) über die versicherungspflicht der klägerin zu 1) in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung im zeitraum vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 in einer für die klägerin zu 2) ausgeübten tätigkeit als betreuerin im bereich des ambulant betreuten wohnens. 3die klägerin zu 2) ist examinierte krankenschwester, sozialpädagogin, systemische familienberaterin und heilpraktikerin für psychotherapie (hpg). sie erbringt seit 2006 unter der firma v betreutes wohnen o mit sitz in s leistungen im bereich ambulant betreuten wohnens in der versorgungsregion duisburg sowie den linksrheinischen gemeinden des kreises wesel (moers, neukirchen-vluyn, kamp-lintfort, rheinberg, alpen). ihr dienstleistungsangebot ist auf die bedürfnisse von menschen mit psychischen behinderungen ausgerichtet, die vorübergehend oder auf dauer hilfe und unterstützung benötigen, um in ihrem privaten wohnbereich ein eigenständiges leben führen zu können. 4nach den veröffentlichungen im internet ist das mitarbeiterteam der klägerin zu 2) durch diplom-sozialpädagogen/innen und sozialarbeiter/innen, diplom-psychologen, fachpfleger für psychiatrie und krankenpfleger bzw. krankenschwestern zusammengesetzt (http://www.v.net/ ...html). 5die tätigkeit der klägerin zu 2) beruht auf den bestimmungen des rahmenvertrages - ambulanter bereich - nordrhein-westfalen (nrw) nach § 79 sozialgesetzbuch zwölftes buch (sgb xii). auf dieser grundlage schloss sie mit dem landschaftsverband rheinland (lvr) als zuständigem leistungsträger am 4.7.2006 zur konkretisierung des rahmenvertrages eine leistungs- und prüfungsvereinbarung gemäß §§ 75 ff. sgb xii für den leistungsbereich ambulant betreutes wohnen für menschen mit behinderung (leistungs- und prüfungsvereinbarung). die zwischen dem lvr als "sozialhilfeträger" und der klägerin zu 2) als "leistungserbringer" geschlossene vereinbarung enthält auszugsweise folgende regelungen: 6"teil i leistungsvereinbarung 7§ 1 art und inhalt der leistung 8(1) art der leistung 9- der leistungserbringer leistet ambulante eingliederungshilfe zum selbständigen wohnen (ambulant betreutes wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte menschen im rahmen der §§ 53, 54 sgb xii i.v.m. § 55 sgb ix. - es handelt sich um ein gemeindeintegriertes hilfeangebot, das der betreuten person ein selbstbestimmtes leben in einer wohnung in der gemeinde ermöglicht. das ambulant betreute wohnen ist zu verstehen als ein am bedarf der betreuten person orientiertes und verbindlich vereinbartes betreuungsangebot, das sich auf ein breites spektrum an hilfestellungen im bereich wohnen bezieht und der sozialen integration dient. - es handelt sich um eine vorwiegend aufsuchende betreuung und begleitung im rahmen der ambulanten eingliederungshilfe gemäß § 54 sgb xii. ( ) 10(2) ziele der leistung 11die leistung hat das ziel, der betreuten person unabhängig von art und schwere der behinderung eine weitgehend eigenständige lebensführung, soziale eingliederung und teilhabe am leben in der gemeinde zu eröffnen und zu erhalten. einzelziele sind hier insbesondere: ( ...). 12(3) inhalt der leistung 13- das angebot eröffnet den menschen, die es in anspruch nehmen, unabhängig von art und schwere der behinderung, möglichkeiten einer selbst bestimmten und eigenverantwortlichen lebensform. die leistung beinhaltet die im einzelfall erforderlichen hilfen zur beratung, begleitung, betreuung und förderung nach maßgabe der §§ 53, 54 sgb xii. - als maßnahmen zur erbringung dieser leistungen können verschiedene formen der hilfestellung, unterschiedliche unterstützungs- und beratungsangebote dienen, wie die hilfeplanung und -reflektion, das gesprächsangebot, telefonkontakte, persönliche kontakte, begleitung, mithilfe, anleitung, übernahme, übung, beratung, erinnerung, kontrolle, zeiten von erreichbarkeit, zusammenarbeit mit anderen diensten und institutionen. die einzelfallbezogenen maßnahmen können mit gruppenangeboten kombiniert werden. - grundlage für die leistung ist ein individueller hilfe- und betreuungsplan. dieser wird unter einbeziehung der betreuten person erarbeitet und vereinbart. 14(4) direkte, mittelbare und indirekte leistungen 15- direkte betreuungsleistungen sind einzelfallbezogene hilfeleistungen wie zum beispiel: - erstellung beziehungsweise mitwirkung bei der hilfeplanung und betreuungsplanung - hausbesuche bei der betreuten person - gespräche mit der betreuten person und ihrem sozialen umfeld - kontakte mit der betreuten person in der dienststelle - klinikbesuche bei stationären krankenhausaufenthalten/stationären reha-maßnahmen zu lasten anderer sozialleitungsträger - begleitung der betreuten person außerhalb der eigenen wohnung - telefonische kontakte bzw. andere kommunikationswege (z.b. bei menschen mit sinnesbeeinträchtigungen) mit der betreuten person - begleitung und unterstützung beim wechsel in die neue wohn- und lebensform (unterstützung beim umzug und einzug, etc.) - durchführung von gruppenangeboten 16( ...). 17- mittelbare betreuungsleistungen sind ... 18a) klientenbezogene tätigkeiten wie zum beispiel - mitarbeit an den hilfeplankonferenzen/am clearingstellenverfahren - gespräche im sozialen umfeld der betreuten person - organisation des hilfefeldes und der hilfeplanung - kooperationskontakte mit gesetzlichen betreuerinnen und betreuern - vor- und nachbereitung von gruppenangeboten - telefonate und schriftverkehr bzgl. alltagsangelegenheiten der betreuten person - einzelfalldokumentation/dokumentation des betreuungsprozesses - ausfallzeiten/von der betreuten person nicht wahrgenommene termine - einzelfallbezogene tätigkeiten im vorfeld einer betreuung und im rahmen einer nachbetreuung - abschlussbericht 19b) klientenübergreifende tätigkeiten wie zum beispiel - fallbesprechungen/kollegiale beratung - supervision - facharbeitskreise - teamsitzungen - fortbildung 20c) fahrt- und wegezeiten 21- indirekte leistungen sind alle zur organisation des dienstes und des arbeitsablaufs sowie zur qualitätssicherung notwendigen tätigkeiten und maßnahmen wie zum beispiel: - organisation und leitung des dienstes - zusammenarbeit mit anderen diensten und organisationen, ( ...) - bearbeitung von anfragen und aufnahmen - qualitätssicherung bezogen auf die betreuten menschen, die mitarbeiterinnen/mitarbeiter und das konzept - verwaltung (personal, budget, kostenabrechnung, verwendungsnachweise etc.) - öffentlichkeitsarbeit 22§ 2 personenkreis/zielgruppe 23(1) zielgruppe des ambulant betreuten wohnens sind volljährige menschen mit einer wesentlichen behinderung im sinne des § 53 sgb xii, 24- die in einer eigenen wohnung, allein oder in selbst gewählten lebensgemeinschaften/partnerschaften leben, also in der regel über einen eigenen mietvertrag verfügen, oder - die beabsichtigen, innerhalb der nächsten 6 monate aus der wohnung der eltern auszuziehen - und zur selbständigen lebensführung der ambulanten hilfe bedürfen. 25(2) das angebot des leistungserbringers richtet sich nach den örtlichen gegebenheiten, planungen, absprachen an folgenden speziellen/eingegrenzten personenkreis: psychisch behinderte menschen insbesondere ist zielgruppe der personenkreis im festgelegten einzugsgebiet: linksrheinisch wesel (moers, neukirchen-vluyn, kamp-lintfort, rheinberg, alpen) u. linksrheinisch duisburg (rheinhausen, homberg, rumeln-kaldenhausen, baerl). 26( ...). 27§ 3 umfang der leistungen 28(1) die intensität und die dauer der zu erbringenden leistungen sind einzelfallbezogen und richten sich nach dem individuellen hilfebedarf. auch die betreuungszeiten richten sich nach dem individuellen hilfebedarf der betreuten person. 29(2) die feststellung des individuellen hilfebedarfs im einzelfall erfolgt verbindlich durch den sozialhilfeträger im rahmen des hilfeplanverfahrens. 30(3) erheblich veränderte bedarfe/mehrbedarfe über den bewilligten betreuungsumfang hinaus sind im einzelfall mitzuteilen und fachlich zu begründen. veränderungen treten nur entsprechend der entscheidung des sozialhilfeträgers in kraft. 31(4) bei beendigung der betreuung sind der abschluss der betreuungsaktivitäten, die erarbeitung der weiteren hilfemöglichkeiten und ein schriftlicher abschlussbericht erforderlich. 32§ 4 qualität der leistung 33(1) strukturqualität - es wird durch den leistungserbringer eine allgemeine beschreibung und ein fachlich ausdifferenziertes konzept des angebotes vorgelegt (s. anlage 1). - das betreuungsverhältnis wird in einem rechtsverbindlichen betreuungsvertrag zwischen dem leistungserbringer und der betreuten person geregelt (s. anlage 2). dieser beinhaltet vereinbarungen in bezug auf intensität, zeitstruktur und betreuungsschwerpunkte sowie ggf. finanzierung. - der leistungserbringer legt sein aufnahmeverfahren für die leistungsberechtigten fest. - der betreuungsvertrag ist unabhängig von einem mietvertrag abzuschließen. - die kontinuität der betreuung wird sichergestellt. sie erfolgt im bezugspersonensystem. im verhinderungsfall ist eine vertretung durch den dienst sicherzustellen. - das angebot umfasst in der regel aufsuchende hilfen in der häuslichen umgebung der betreuten person. ( ...) - die kontaktzeiten orientieren sich am hilfebedarf der betreuten person. termine am abend und an den wochenenden sind bestandteil der vereinbarung. - es erfolgt, aufbauend auf der ermittlung des individuellen hilfebedarfs, eine individuelle hilfe- und beratungsplanung analog der zielsetzung und der leistungselemente des betreuten wohnens (siehe § 1). - übergabe-, dienst- und fallbesprechungen und eine zusammenarbeit finden regelmäßig und verbindlich in teams statt. - supervision und fortbildung sollen zur qualifizierung der mitarbeiter/innen durchgeführt werden. - interne controllingverfahren sollen die arbeit des dienstes unterstützen. ( ...) - die dem sozialhilfeträger einmal jährlich vorzulegenden berichte enthalten eine aufstellung aller mitarbeiterinnen und mitarbeiter, ihrer beruflichen abschlüsse, ihres anstellungsverhältnisses sowie ihrer fort- und weiterbildungsmaßnahmen. 34(2) prozessqualität - die hilfeleistung erfolgt bedarfsgesteuert. - die betreuung erfolgt auf der grundlage der vereinbarten hilfe- und betreuungsplanung. ( ...). - die direkten betreuungsleistung und die mittelbaren, klientenbezogenen tätigkeiten werden in jedem einzelfall regelmäßig dokumentiert (individuelle betreuungsdokumentation). - die direkten betreuungsleistungen sind durch die betreute person unter berücksichtigung der jeweiligen behinderung möglichst zeitnah, spätestens nach ablauf eines monats zu quittieren (siehe anlage 3) ( ...) - der leistungserbringer geht beschwerden unverzüglich nach. soweit kein einvernehmen zu erzielen ist, wird der sozialhilfeträger informiert. ( ...) 35(3) ergebnisqualität - grundlage für die ergebnisqualität ist der erreichungsgrad der im individuellen hilfeplan vereinbarten ziele. 36- das hilfeangebot wird konzeptionell überprüft. grundlage ist die darstellung der ergebnisse u.a. in jahresberichten. im jahresbericht stellt der leistungserbringer die gesamtheit seiner betreuungsaktivitäten und qualitätssicherungsmaßnahmen in geeigneter form dar. der jahresbericht gibt auskunft über die wesentlichen entwicklungen und problembereiche der betreuungsarbeit. kooperationen mit anderen diensten werden dargestellt. 37- der leistungserbringer überprüft das hilfeangebot und die erbrachten betreuungsleistungen in jedem einzelfall. grundlage für den einzelfall ist die individuelle hilfe- und betreuungsplanung. bezogen auf die kategorien des leistungsangebotes werden die ziele, methoden und die durchführung dargestellt und die bewertung der zielerreichung und die formulierung neuer ziele/anschlussziele vorgenommen. die berichterstattung gegenüber dem sozialhilfeträger erfolgt zum ende des im hilfeplan des sozialhilfeträgers festgelegten bewilligungszeitraums. 38- bewertungsmaßstäbe für die ergebnisqualität sind beispielsweise: ( ...). 39§ 5 personelle ausstattung 40(1) fachkräfte 41- zur erbringung der leistungen werden geeignete fachkräfte eingesetzt. 42geeignete fachkräfte sind insbesondere diplom-sozialarbeiter/innen oder diplom-sozialpädagoginnen/diplom-sozialpädagogen oder andere angehörige vergleichbarer berufsgruppen mit hochschulabschluss, erzieherinnen, heilerziehungspflegerinnen, pflegefachkräfte und ergotherapeutinnen / ergotherapeuten, heilpädagoginnen /heilpädagogen. 43- die fachkräfte müssen über eine mindestens einjährige berufserfahrung in der arbeit mit der zielgruppe oder in der angebotsform des ambulant betreuten wohnens verfügen und nachweisen. 44(2) sonstige kräfte 45( ...) 46(3) fallverantwortung die fallverantwortung ist durch eine fachkraft im sinne des absatzes 1 wahrzunehmen. die fallverantwortung umfasst insbesondere die individuelle hilfe- und betreuungsplanung sowie den einsatz des betreuungspersonals. 47§ 6 sächliche ausstattung 48( ...) 49teil ii prüfungsvereinbarung 50§ 7 prüfung der qualität der leistung 51(1) der leistungserbringer legt dem sozialhilfeträger jährlich nachweise vor, dass er die von ihm eingegangenen verpflichtungen zur qualität der leistungen im vereinbarungszeitraum eingehalten hat. (2) die qualitätsnachweise erfolgen durch standardisierte leistungsdokumentationen (s. anlage 4). (3) liegen begründete anhaltspunkte dafür vor, dass der leistungserbringer die leistungen nicht in der vereinbarten qualität erbringt, klärt der sozialhilfeträger den sachverhalt auf. (4) bestätigen sich anhaltspunkte für eine nicht vertragsgemäße leistung, kann der sozialhilfeträger eine qualitätssicherung durchführen. 52( ...). 53ebenfalls unter dem 4.7.2006 schlossen die klägerin zu 2) und der lvr zur konkretisierung der bestimmungen des rahmenvertrages, insbesondere seines abschnitts ii, eine vergütungsvereinbarung, auf deren inhalt bezug genommen wird. 54der nach § 4 abs. 1 des rahmenvertrages zwischen der klägerin zu 2) und den betreuten personen zu schließende betreuungsvertrag weist auszugsweise folgenden inhalt auf: 55"herr/frau ( ...) wird ab dem ( ...) von der leistungserbringerin frau l l leistungen im rahmen der eingliederungshilfe zum selbständigen wohnen (betreutes wohnen) erhalten. art der hilfe und intensität und zeitdauer richten sich nach dem aktuellen bewilligungsbescheid des sozialhilfeträgers und des gemeinsam erstellten hilfeplans, welcher der vereinbarung beigefügt wird. 56die leistungserbringerin verpflichtet sich eine fachlich qualifizierte betreuungskraft zu stellen. 57herr/frau ( ...) ist damit einverstanden, dass die leistungserbringerin ihre erbrachten leistungen direkt mit dem landschaftsverband rheinland (lvr) abrechnet. 58diese vereinbarung kann seitens herr/frau ( ...) unter angaben von gründen mit einer frist von 4 wochen aufgehoben werden. ebenso kann dies auch von der leistungserbringerin unter angaben von gründen erfolgen." 59die am 00.00.1977 geborene klägerin zu 1) ist ausgebildete diplom-sozialpädagogin (fh); sie verfügt zudem über eine abgeschlossene dreijährige berufsbegleitende weiterbildung "verbands- und sozialmanagement". nach dem inhalt eines von ihr entworfenen geschäftsplans "sozialpädagogische begleitung in ambulanten wohnformen" hat sie im oktober 2007 eine "ein-frau-unternehmung" begründet, in welcher sie insbesondere auf grundlage der therapiekonzeption "traumazentrierte fachberatung und -pädagogik" dienstleistungen zur sozialpädagogischen begleitung in ambulanten wohnformen sowie eine beratung und unterstützung zur selbständigen alltagsbewältigung nach psychotraumata anbietet. 60dieses dienstleistungsangebot erbrachte die klägerin zu 1) ab dem dritten quartal des jahres 2007 für verschiedene auftraggeber, insbesondere den verein "m betreutes wohnen e.v.", p, den verein "f kontakte e.v.", f, den verein "x e.v.", e sowie die klägerin zu 2). 61mit bescheid vom 25.2.2008, auf dessen inhalt wegen der einzelheiten bezug genommen wird, bewilligte die beigeladene zu 3) der klägerin zu 1) auf deren antrag vom 20.7.2007 einen gründungszuschuss gemäß § 57 sozialgesetzbuch drittes buch (sgb iii) a.f. für den zeitraum vom 1.10.2007 bis zum 30.6.2008 in höhe von monatlich 981,90 eur. 62zur vertraglichen ausgestaltung ihrer zusammenarbeit unterzeichneten die klägerin zu 1) als "auftragnehmerin" und die klägerin zu 2) als "auftraggeberin" nach entsprechender bewilligung von leistungen nach den §§ 53 ff. sgb xii zugunsten der zu betreuenden person durch den lvr jeweils für die dauer eines bewilligungszeitraums in schriftlicher form einen "vertrag" mit auszugsweise folgende regelungen: 63§ 1 vertragsgegenstand (1) der auftragnehmer wird von dem auftraggeber mit der betreuung der klientin ( ...) im rahmen des ambulanten betreuten wohnens beauftragt. die beauftragung gilt für den bewilligungszeitraum für betreutes wohnen vom ( ...) mit ( ...) fachleistungsstunden wöchentlich. (2) die einzelnen spezifikationen der aufgabenstellung nach art, ziel und umfang ergeben sich aus den festlegungen mit dem landschaftsverband rheinland in den genehmigten hilfeplänen. (3) der auftragnehmer ist verpflichtet den auftrag höchstpersönlich auszuführen. 64§ 2 sorgfaltspflicht (1) die erledigung der übertragenen aufgaben erfüllt der auftragnehmer mit der notwendigen sorgfalt einer qualifizierten fachkraft in eigenverantwortung. bei der erledigung der aufgaben hat der auftragnehmer die allgemein üblichen bestimmungen für das ambulante betreute wohnen zu beachten. 65§ 3 arbeitszeiten (1) die tätigkeit kann bei freier zeiteinteilung erfolgen. der zeitliche tätigkeitsumfang des auftragnehmers entspricht dem vom landschaftsverband bewilligten stundenkontingent der zu betreuenden klientin. (2) der auftragnehmer muss die arbeitszeit im direkten kontakt mit der klientin in deren sozialem kontext erfüllen. (3) sollte der auftraggeber administrative oder repräsentative aufgaben an den auftragnehmer übertragen, so werden sich die parteien hierüber jeweils zeitnah im voraus informieren und verständigen. 66§ 4 vergütung (1) die beteiligten vereinbaren für die durchführung dieses auftrags ein honorar von ( ...) eur x 1,2 pro geleisteter fachleistungsstunde. umsatzsteuer fällt nicht an sofern § 4 nr. 16 ustg erfüllt ist, sollte dies nicht der fall sein ist die umsatzsteuer im honorar enthalten. der auftragnehmer hat den nachweis der geleisteten stunden per schriftlicher aufstellung dem auftraggeber zu erbringen (quittungsbeleg des lvr für klienten, andere zeiten gesondert). (2) der auftragnehmer wird dem auftraggeber jeweils bis zum 15. eines monats für den vorhergehenden monat eine rechnung übermitteln. (3) ( ...). 67§ 5 steuern/sozialversicherung (1) der auftragnehmer ist selbständig und ist für die abführung der ihn betreffenden steuern und abgaben, gleich aus welchem rechtsgrund zuständig. (2) der auftraggeber weist den auftragnehmer darauf hin, dass auf grund des § 2 nr. 9 sgb vi eine rentenversicherungspflicht bestehen kann. die abführung etwaiger rentenversicherungsbeiträge ist ebenfalls die ausschließliche angelegenheit des auftragnehmers. (3) der auftragnehmer erklärt sich damit einverstanden, dass der auftraggeber ein statusverfahren nach § 7a abs. 6 sgb iv einleiten kann. der auftragnehmer bevollmächtigt insoweit den auftraggeber ausdrücklich, für ihn als vertreter im rahmen dieses verfahrens die erforderlichen erklärungen abzugeben. 68§ 6 haftung (1) der auftragnehmer haftet für alle schäden, die er im rahmen seiner tätigkeit dem auftraggeber vorsätzlich oder grob fahrlässig zufügt. (2) für schäden die im rahmen der klientenbezogenen tätigkeit des auftragnehmers auftreten, haftet seine berufshaftpflichtversicherung bzw. berufsgenossenschaft. 69( ...) 70§ 8 vertragslaufzeit (1) der vertrag tritt mit unterzeichnung durch beide vertragspartner in kraft. (2) das vertragsverhältnis endet mit ablauf der bewilligungsfrist des zu betreuenden klienten, sollte es zu einer verlängerung der bewilligung durch den landschaftsverband kommen, verlängert sich dieser vertrag automatisch dem neuen bewilligungszeitraum entsprechend. (3) das recht zur außerordentlichen kündigung aus wichtigem grund ohne einhaltung einer kündigungsfrist bleibt unberührt. (4) jede kündigung bedarf der schriftform. 71§ 9 sondervereinbarung (1) ( ...) (2) ( ...) (3) nichtigkeit und unwirksamkeit einzelner bestimmungen dieses vertrages berühren die gültigkeit der übrigen bestimmungen nicht. sie haben nicht die nichtigkeit oder unwirksamkeit des gesamten vertrages zur folge. die unwirksamen oder nichtigen bestimmungen sind so umzudeuten, dass der mit ihnen beabsichtigte wirtschaftliche zweck erreicht wird. ist eine umdeutung nicht möglich, sind die vertragsschließenden verpflichtet, eine vereinbarung zu treffen, die dem wirtschaftlichen zweck der unwirksamen oder nichtigen bestimmung möglichst nahe kommt. (4) änderungen und ergänzungen bedürfen zu ihrer wirksamkeit der schriftform. 72die regelungen dieses vertrages formulierte die klägerin zu 2) in der absicht vor, sie zur ausgestaltung der tätigkeit nicht fest angestellter betreuerinnen mehrfach zu verwenden. wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der jeweiligen vereinbarungen bezug genommen. 73ab dem 14.11.2007 erbrachte die klägerin zu 1) für die klägerin zu 2) auf dieser vertraglichen grundlage betreuungsleistungen in folgendem umfang: 74klient - anzahl fachleistungszeiten in minuten - rechnungsbetrag in euro 75november 2007 76x - 700 - 350,00 o - 180 - 90,00 g - 260 - 130,00 77dezember 2007 x - 420 - 210,00 o - 240 - 120,00 78januar 2008 79x - 320 - 160,00 o - 300 - 150,00 g - 640 - 409,60 80februar 2008 81g - 490 - 313,60 o - 350 - 175,00 x - 290 - 145,00 82märz 2008 83g - 900 - 576,00 x - 380 - 190,00 o - 380 - 190,00 m - 450 - 225,00 84april 2008 85x - 260 - 130,00 o - 350 - 175,00 m - 760 - 380,00 g - 270 - 172,80 86mai 2008 87g - 690 - 441,60 m - 580 - 290,00 x - 290 - 145,00 o - 490 - 245,00 88juni 2008 89m - 830 - 415,00 o - 320 - 160,00 x - 620 - 310,00 g - 710 - 454,40 r - 50 - 32,00 90juli 2008 91o - 330 - 165,00 x - 390 - 195,00 g - 840 - 537,60 m - 820 - 410,00 92august 2008 93m - 850 - 510,00 o - 430 - 258,00 g - 90 - 57,60 94september 2008 95s - 120 - 76,80 m - 540 - 270,00 g - 390 - 249,60 o - 420 - 210,00 96oktober 2008 97m - 540 - 270,00 g - 700 - 448,00 o - 2190 - 1.095,00 98november 2008 99o - 140 - 70,00 g - 390 - 249,60 m - 510 - 255,00 100dezember 2008 101m - 910 - 455,00 o - 440 - 220,00 g - 490 - 313,60 102januar 2009 103g - 230 - 147,20 m - 450 - 225,00 o - 460 - 230,00 104februar 2009 105o - 480 - 240,00 m - 250 - 125,00 g - 580 - 371,20 n.n. - "erstellung eines hilfeplans" - 130,00 106märz 2009 107g - 1090 - 697,60 108m - 1470 - 735,00 o - 510 - 255,00 s - 70 - 44,80 109april 2009 110o - 480 - 240,00 m - 230 - 115,00 g - 580 - 371,20 111mai 2009 112g - 310 - 198,40 o - 660 - 330,00 m - 930 - 465,00 113juni 2009 114m - 870 - 435,00 o - 660 - 330,00 g - 790 - 505,60 115juli 2009 116g - 830 - 531,20 m - 520 - 260,00 117august 2009 m - 500 - 250,00 o - 60 - 30,00 s - 45 - 28,80 g - 490 - 313,60 118september 2009 119g - 350 - 224,00 q - 220 - 140,80 m - 470 - 235,00 120oktober 2009 121m - 260 - 129,90 g - 380 - 243,20 q - 170 - 108,80 122november 2009 123q - 90 - 57,60 g - 1080 - 691,20 m - 400 - 200,00 m - 150 - 75,00 g - 110 - 70,40 q - 390 - 249,60 124januar 2010 125g - 240 - 153,60 q - 570 - 364,80 126februar 2010 127q - 360 - 230,40 m - 100 - 50,00 g - 370 - 236,80 128märz 2010 129g - 250 - 160,00 q - 320 - 204,80 130april 2010 131q - 500 - 320,00 g - 180 - 115,20 s - 120 - 76,80 132ab mai 2010 reduzierte die klägerin zu 1) den umfang ihrer tätigkeit für die klägerin zu 2). aufgrund einer bei ihr bestandenen schwangerschaft beschäftigte die klägerin zu 1) ab juni 2010 zwei mitarbeiterinnen in einem sozialversicherungsrechtlich geringfügigen umfang, an die sie im einzelfall betreuungsdienstleistungen delegierte. 133am 25.4.2008 beantragte die klägerin zu 1) bei der beklagten die feststellung des sozialversicherungsrechtlichen status für die von ihr erbrachte "sozialpädagogische begleitung seelisch behinderter ab dem 1.10.2007". ihre dienstleistung beinhalte eine "umfassende lebensbegleitung zur selbständigen alltagsbewältigung in individueller form". sie werde im rahmen längerfristiger betreuungen und zeitlich begrenzter beratungseinheiten für traumapatienten tätig. darüber hinaus berate sie institutionen und deren mitarbeiter zu fragen des individuellen hilfeplanverfahrens. 134ihr unternehmerisches handeln drücke sich - so die klägerin zu 1) - in einer eigenen kundenakquise durch ein professionelles networking mit kliniken, therapeuten und gesetzlichen betreuern aus, die den kontakt zu potenziell zu betreuenden personen herstellten. zur öffentlichkeitsarbeit erstelle ein fremdunternehmen eine homepage mit ihrem dienstleistungsangebot. für notwendige arbeitsmittel komme sie finanziell selbst auf. hierbei handele es sich um einen büroarbeitsplatz, ein fahrzeug, ein mobiltelefon sowie ein faxgerät. zudem habe sie aufwendungen für pädagogische arbeitsmittel (fachliteratur, fortbildung) geleistet. 135die preisgestaltung gegenüber ihren auftraggebern beruhe auf verhandlungen, in denen sie ihre unternehmerischen vorstellungen bisher stets habe durchsetzen können. ihr unternehmerisches risiko zeige sich auch darin, dass ihr kunde, nämlich die zu betreuende person, eine betreuung fristlos abbrechen könne, etwa, wenn sie mit der erbrachten leistung nicht einverstanden sei. ein darüber hinaus gehendes wirtschaftliches risiko bestehe in den unwägbarkeiten der beantragten refinanzierung ihrer leistungen, z.b. durch den leistungsträger. sie leiste immer ab dem erstgespräch, ein abwarten des bewilligungsbescheides des leistungsträgers wäre geschäftsschädigend. bis zu einer endgültigen bewilligung durch den leistungsträger vergingen in der regel mehrere monate. werde die bewilligung einer leistung abgelehnt, bekomme sie ihren bereits geleisteten arbeitsaufwand nicht honoriert. überdies stehe ihr die ablehnung von aufträgen frei. es komme regelmäßig vor, dass sie aufgrund einer bestimmten pädagogischen konzeptionierung aufträge ablehne. 136dem statusfeststellungsantrag fügte die klägerin zu 1) exemplarisch die kopie eines vertrages mit der klägerin zu 2) betreffend die betreuung einer hilfebedürftigen im rahmen des ambulant betreuten wohnens für den zeitraum vom 12.11.2007 bis zum 31.10.2008 bei. 137auf ergänzende nachfrage der beklagten erklärte die klägerin zu 1) im verwaltungsverfahren, ihr obliege die formulierung der ziele gemeinsam mit den von ihr betreuten personen. hierbei greife sie auf das von ihr entworfene traumapädagogische konzept zurück, ohne dass die klägerin zu 2) auf diesen prozess durch etwaige vorgaben einfluss nehme. sie habe der klägerin zu 2) gegenüber auch keine berichte zu erstatten. vielmehr wirke sie - die klägerin zu 1) - mit fachlichen beurteilungsbeiträgen im rahmen des leistungsrechtlichen bewilligungsverfahrens mit. obgleich sie ihre schriftlichen beiträge der klägerin zu 2) zur verfügung stelle, sei eine einflussnahme auf ihre anmerkungen ausgeschlossen. 138der seitens der beklagten mit schreiben vom 17.9.2008 in aussicht gestellten feststellung einer abhängigen beschäftigung ab dem 14.11.2007 hielt die klägerin zu 1) entgegen, sie unterliege keiner versicherungspflicht, da sie eine selbständige tätigkeit ausübe. die klägerin zu 2) sei einer von mehreren trägern, dem gegenüber sie sich vertraglich verpflichtet habe. die auswahl der träger erfolgte ausschließlich durch sie, die fallverantwortung im einzelfall liege nicht bei dem leistungsträger, sondern bei ihr. zudem werde die tätigkeit eigenverantwortlich von ihr ausgeübt; der angesprochene hilfeplan sei lediglich eine "absprache zwischen behandeltem und dem finanzierungsträger". die beklagte übersehe, dass die klägerin zu 1) den plan im rahmen ihrer fachlichen stellungnahme beeinflussen könne, sie könne zudem von ihm abweichen, wenn sie feststelle, dass dieser plan nicht einzuhalten sei oder nicht zu dem gewünschten erfolg führe. 139es bestehe auch kein weisungsrecht der klägerin zu 2); sie - die klägerin zu 1) - bestimme den zeitlichen rahmen der tätigkeit, in der disposition der arbeitszeiten sei sie ebenfalls frei. dass sie sich an termine halten müsse, sei eine selbstverständlichkeit. 140sie treffe ein eigenes unternehmerisches risiko: sie führe ihr unternehmen eigenverantwortlich und bewerbe ihr dienstleistungsangebot; ihr einkommen bemesse sich nach der eigens zu verantwortenden tätigkeit und nicht wie bei einem arbeitnehmer nach einer gleichbleibenden bezahlung ohne risiko. für ihre unternehmung setze sie eigenes kapital und eigene betriebsmittel ein. der erfolg dieses vermögenseinsatzes sei - wie bei jedem anderen selbständigen auch - ungewiss. 141der verweis der beklagten auf einen fehlenden urlaubsanspruch und eine nicht vereinbarte entgeltfortzahlung verfange nicht; seien derartige leistungen nicht vereinbart, spreche dieses für eine selbständige tätigkeit. 142mit - an beide klägerinnen adressierten - bescheiden vom 5.11.2008 traf die beklagte feststellungen zum status der klägerin zu 1). in dem verfügungssatz des der klägerin zu 1) bekanntgegebenen verwaltungsakts stellte sie wörtlich fest: 143"das auf antrag vom 25.04.2008 eingeleitete statusfeststellungsverfahren nach § 7a abs. 1 satz 1 sgb iv führte zum ergebnis, dass die tätigkeit von ihnen im bereich betreuung von menschen mit behinderungen (einzelfallhelferin) bei v ambulant betreutes wohnen, inh. l l ab 14.11.2007 im rahmen eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. die versicherungspflicht dem grunde nach beginnt mit dem tag der aufnahme der beschäftigung." 144auf die begründung des bescheides wird wegen der weiteren einzelheiten bezug genommen. 145gegen diesen bescheid erhoben die klägerin zu 1) am 11.11.2008 und die klägerin zu 2) am 24.11.2008 widerspruch. die klägerin zu 1) betonte unter vertiefung ihrer ausführungen im verwaltungsverfahren das aus ihrer sicht fehlende weisungsrecht dritter und das sie treffende unternehmerische risiko. auch die klägerin zu 2) führte zur widerspruchsbegründung aus, die klägerin zu 1) werde nicht in persönlicher abhängigkeit für sie tätig. diese sei auch nicht in ihren betrieb eingegliedert. sie - die klägerin zu 1) - werde vielmehr aufgrund eines von dem sozialhilfeträger bestimmten hilfeplans tätig, der umfang und die art und weise der tätigkeit näher konkretisiere. die gebundenheit an den hilfeplan ergebe sich aus der natur der sache. 146mit widerspruchsbescheiden vom 28.4.2009 wies die beklagte die widersprüche der klägerinnen unter vertiefung der ausführungen im ausgangsbescheid als unbegründet zurück. 147mit den von der klägerin zu 1) am 5.5.2009 und von der klägerin zu 2) am 13.5.2009 zum sozialgericht (sg) duisburg erhobenen klagen haben diese ihr begehren weiterverfolgt. zur begründung haben die klägerinnen ihren vortrag aus dem verwaltungs- und widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. 148mit - an beiden klägerinnen adressierten - bescheiden vom 23.11.2009 hat die beklagte ihre bescheide vom 5.11.2008 in der gestalt der widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 dahingehend "ergänzt", dass in der seit 14.11.2009 ausgeübten beschäftigung als einzelfallhelferin bei der klägerin zu 2) versicherungspflicht in der gesetzlichen kranken- und rentenversicherung, der sozialen pflegeversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung besteht. 149die klägerin zu 1) und die klägerin zu 2) haben beantragt, 1501. die feststellungsbescheide der beklagten vom 5.11.2008 und 23.11.2009 und die widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 aufzuheben, 1512. festzustellen, dass die klägerin zu 1) in keinem die versicherungspflicht zu allen zweigen der sozialversicherung auslösenden beschäftigungsverhältnis zur klägerin zu 2) steht. 152die beklagte hat beantragt, 153die klagen abzuweisen. 154sie hat zur begründung auf den inhalt der angefochtenen bescheide verwiesen. 155mit beschluss vom 7.8.2009 hat das sg die zuvor in unterschiedlichen, jeweils mit angelegenheiten des gesetzlichen rentenversicherungsrechts betrauten fachkammern geführten streitigkeiten kammerübergreifend zur gemeinsamen verhandlung und entscheidung unter dem aktenzeichen s 21 r 115/09 verbunden. mit urteil vom 15.3.2011 hat das sg die bescheide der beklagten vom 5.11.2008 und vom 23.11.2009 sowie die widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 aufgehoben und festgestellt, dass die klägerin zu 1) in keinem die versicherungspflicht zu allen zweigen der sozialversicherung auslösenden beschäftigungsverhältnis zur klägerin zu 2) gestanden habe. auf die entscheidungsgründe wird bezug genommen. 156gegen das ihr am 7.4.2011 zugestellte urteil hat die beklagte am 9.5.2011, einem montag, schriftlich berufung beim landessozialgericht (lsg) nordrhein-westfalen eingelegt. das sgb xii - so die beklagte im wesentlichen zur begründung - sehe im rahmen ambulanter eingliederungshilfe zum selbständigen wohnen behinderter menschen (ambulant betreutes wohnen) nach den §§ 53, 54 sgb xii in verbindung mit § 55 sozialgesetzbuch neuntes buch (sgb ix) die zusammenarbeit mit anderen trägern vor (§§ 4, 5 sgb xii). so solle der träger der sozialhilfe zur erfüllung seiner aufgaben eigene einrichtungen nicht neu schaffen, soweit geeignete einrichtungen beziehungsweise dienste anderer träger vorhanden seien (§ 75 abs. 2 satz 1 sgb xii). 157dennoch bleibe der träger der sozialhilfe den leistungsberechtigten gegenüber verantwortlich (§ 5 abs. 5 satz 2 sgb xii). in diesem zusammenhang habe der leistungsträger einen gesamtplan zur durchführung der einzelnen leistungen aufzustellen, wobei dieser mit dem behinderten menschen und den sonst im einzelfall beteiligten zusammenwirke (§ 58 sgb xii). die leistung unterliege bereits im hinblick auf § 10 abs. 3 sgb xii faktisch einer ständigen überprüfung durch den träger der sozialhilfe im hinblick auf die wirtschaftlichkeit. vor diesem normativen hintergrund handele es sich bei der von ihr im erstinstanzlichen verfahren in den mittelpunkt gerückten rechtlichen weisungsgebundenheit der tätigkeit entgegen der annahme des sg nicht lediglich um behauptungen, sondern um die rechtlichen rahmenbedingungen der tätigkeit beider klägerinnen. da für die versicherungsrechtliche beurteilung weder die von den beteiligten angestrebte rechtsfolge noch die von ihnen gewählte bezeichnung maßgeblich sei, komme es - entgegen der auffassung des sg - auf die entsprechenden darstellungen der klägerinnen nicht an. 158die von dem lvr mit der klägerin zu 2) geschlossene leistungs- und prüfungsvereinbarung gemäß § 75 sgb xii für den leistungsbereich ambulant betreutes wohnen stelle sicher, dass der träger der sozialhilfe seiner gewährleistungspflicht nach § 17 abs. 1 nr. 2 sozialgesetzbuch erstes buch (sgb i) nachkommen könne. nach § 76 abs. 1 sgb xii müsse eine solche vereinbarung die wesentlichen leistungsmerkmale festlegen, mindestens jedoch u.a. die betriebsnotwendigen anlagen der einrichtung, ziel und qualität der leistung, qualifikation des personals sowie die erforderliche sächliche ausstattung. 159in dem so gesteckten rahmen werde der von der klägerin zu 2) geschuldete leistungsumfang ebenso definiert wie die maßstäbe, anhand derer die zielerreichung überprüft werden solle. die einhaltung dieser parameter, insbesondere zur qualität der leistung, lasse sich indessen nur gewährleisten, wenn die klägerin zu 2) ihren mitarbeitern gegenüber weisungsbefugt sei und diese in ihre arbeitsorganisation eingliedere. 160die beklagte beantragt, 161das urteil des sozialgerichts duisburg vom 15.3.2011 zu ändern und die klagen abzuweisen. 162die klägerinnen beantragen, 163die berufung zurückzuweisen. 164sie sind dem berufungsvorbringen entgegen getreten und verteidigen die angefochtene entscheidung unter vertiefung ihres erstinstanzlichen vorbringens. 165die klägerin zu 2) meint, die beklagte setze sich nicht mit der frage auseinander, ob die klägerin zu 1) als arbeitnehmerin für die klägerin zu 2) tätig sei oder nicht. wie letztere ihre verpflichtungen gegenüber dem lvr erfülle, sei deren angelegenheit. die korrekte leistungserbringung könne vertraglich abgesichert werden; dass eine solche absicherung nur auf arbeitsvertraglicher grundlage gewährleistet werden könne, sei nicht nachvollziehbar. im übrigen führe diese argumentationslogik dazu, dass der lvr arbeitgeber sämtlicher personen sei, die in dem bereich des ambulant betreuten wohnens tätig würden. 166die beigeladenen haben keinen antrag gestellt. 167der senat hat am 30.10.2015 einen termin zur erörterung der sach- und rechtslage durchgeführt und die klägerinnen informatorisch befragt. wegen des ergebnisses wird auf den inhalt der sitzungsniederschrift bezug genommen. 168mit - an beide klägerinnen adressierten - bescheiden vom 24.11.2015 hat die beklagte die bescheide vom 5.11.2009 in gestalt der widerspruchsbescheide vom 28.4.2009 in der fassung der bescheide vom 23.11.2009 abermals geändert und festgestellt, dass in der seit dem 14.11.2007 ausgeübten beschäftigung als einzelfallhelferin versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung besteht. in der gesetzlichen krankenversicherung und der sozialen pflegeversicherung bestehe - wegen einer hauptberuflich ausgeübten selbständigen tätigkeit der klägerin zu 1) - keine versicherungspflicht. 169der senat hat die aus anlass ihrer tätigkeit für die klägerin zu 2) abgefassten rechnungen der klägerin zu 1) sowie eine aufstellung ihrer einkünfte aus anderen auftragsverhältnissen beigezogen. zudem hat der senat die einkommensteuerbescheide der klägerin zu 1) für die kalenderjahre 2007 bis 2012 sowie einen sie betreffenden versicherungsverlauf der beklagten beigezogen. 170von der klägerin zu 2) hat der senat überdies die jahresabschlussberichte der jahre 2009 und 2010 beigezogen, auf deren inhalt bezug genommen wird. 171im termin zur mündlichen verhandlung, in dem trotz ordnungsgemäßer ladung vertreter der beigeladenen nicht erschienen sind, hat der sitzungsvertreter der beklagten die in dem angefochtenen bescheid getroffene feststellung der versicherungspflicht auf den zeitraum bis zum 30.4.2010 beschränkt. 172wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. zudem wird bezug genommen auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beigeladenen zu 3) betreffend das verfahren auf bewilligung des gründungszuschusses nach § 57 sgb iii a.f. außerdem hat der senat den inhalt der zwischen der klägerin zu 2) und dem lvr geschlossenen vergütungsvereinbarungen vom 8./10.12.2008 und vom 12./24.2.2010, ein muster der leistungsdokumentation des lvr, das protokoll eines erörterungstermins vom 17.2.2011 in einem vor dem senat unter den aktenzeichen l 8 r 31/12 sowie l 8 r 32/12 anhängigen verfahren sowie die in diesen verfahren beigezogenen protokolle der teambesprechungen zum gegenstand des verfahrens gemacht. der inhalt der beigezogenen verwaltungsvorgänge und dokumente ist gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen. 173
174der senat hat das aktivrubrum nach anhörung der beteiligten dahingehend berichtigt, dass anstelle der ursprünglich in der klageschrift als klägerin zu 2) bezeichneten "v betreutes wohnen o" die als natürliche person selbst beteiligtenfähige (§ 70 nr. 1 sozialgerichtsgesetz [sgg]) und prozessführungsbefugte frau l l, handelnd unter der firma v betreutes wohnen o, ist. 175der senat hat in abwesenheit der beigeladenen verhandeln und in der sache entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßen terminsnachrichten auf diese möglichkeit hingewiesen hat. 176die berufung der beklagten gegen das urteil des sg duisburg vom 15.3.2011 hat erfolg, weil sie zulässig [hierzu i.] und begründet [hierzu ii.] ist. 177i. die am 9.5.2011, einem montag, schriftlich eingelegte berufung der beklagten gegen das ihr am 7.4.2011 zugestellte urteil des sg duisburg ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 sgg ohne gerichtliche zulassung statthaft und form- und fristgerecht (§ 151 abs. 1, abs. 3, § 64 abs. 1, abs. 2, abs. 3, § 63 sgg) eingelegt worden. 178ii. die berufung der beklagten gegen das urteil des sg duisburg ist auch begründet. 179das sg hat die kammerübergreifend verbundenen klagen (zur zulässigkeit einer kammerübergreifenden verbindung vgl. bundessozialgericht [bsg], urteil v. 30.11.1965, 4/12 rj 106/61 und 4 rj 107/61, sozr nr. 8 zu § 1299 rvo) zu recht als zulässig erachtet. statthafte klageart ist jeweils die kombinierte anfechtungs- und feststellungsklage (§§ 54 abs. 1 altern. 1, 55 abs. 1 nr. 1, 56 sgg). 180in der nunmehr gültigen fassung beschweren die bescheide der beklagten vom 5.11.2008 in gestalt der widerspruchsbescheide vom 28.4.2009, die gemäß § 96 abs. 1 sgg kraft gesetzes zum gegenstand des verfahrens gewordenen bescheide vom 23.11.2009 sowie die gleichfalls nach §§ 153, 96 abs. 1 sgg zum gegenstand des verfahrens gewordenen bescheide vom 24.11.2015 die klägerinnen nicht im sinne des § 54 abs. 2 satz 1 sgg. in der in dem termin zur mündlichen verhandlung maßgeblichen fassung erweisen sich diese verwaltungsakte als formell und materiell rechtmäßig. 181die beklagte hat im rahmen des § 7a abs. 1 sgb iv formell (hierzu 1.) und materiell (hierzu 2.) rechtmäßig festgestellt, dass die klägerin zu 1) in der ab dem 14.11.2007 für die klägerin zu 2) ausgeübten tätigkeit bis zum 30.4.2010 der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung unterlag. 1821. gemäß § 7a abs. 1 satz 1 sgb iv können die beteiligten schriftlich eine entscheidung beantragen, ob eine beschäftigung vorliegt, es sei denn, die einzugsstelle oder ein anderer versicherungsträger hatte im zeitpunkt der antragstellung bereits ein verfahren zur feststellung einer beschäftigung eingeleitet. über den antrag entscheidet abweichend von § 28h abs. 2 sgb iv die deutsche rentenversicherung bund (§ 7a abs. 1 satz 3 sgb iv). 183a) die beklagte hat die im statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a sgb iv ursprünglich unzulässig getroffene feststellung, die tätigkeit der klägerin zu 1) sei "im rahmen eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses" ausgeübt worden (bescheide v. 5.11.2008 in gestalt der widerspruchsbescheide v. 28.4.2009) entsprechend der rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg, urteil v. 11.3.2009, b 12 r 11/07 r, sozr 4-2400 § 7a nr. 2; urteil v. 4.6.2009, b 12 r 6/08 r, usk 2009-72; so auch senat, urteil v. 18.12.2013, l 8 r 683/13) in nunmehr formell rechtmäßiger weise dahingehend korrigiert, es bestehe eine versicherungspflicht der klägerin zu 1) in der gesetzlichen rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung. 184b) an einer feststellung der versicherungspflicht in diesen zweigen der sozialversicherung war die beklagte nicht deshalb aus formellen gründen gehindert, weil ein anderer versicherungsträger, namentlich die beigeladene zu 3), bereits ein "verfahren zur feststellung einer beschäftigung eingeleitet" hatte. ungeachtet des umstandes, dass das bei der beigeladenen zu 3) aufgrund des antrags der klägerin zu 1) vom 20.7.2007 auf gewährung eines gründungszuschusses eingeleitete verwaltungsverfahren bereits mit bekanntgabe des bescheides vom 25.2.2008 seinen abschluss gefunden hatte, kann dieses verfahren eine formelle sperrwirkung für ein statusfeststellungsverfahren nach § 7a abs. 1 satz 1 a.e. sgb iv ohnehin nicht erzeugen. in konsequenter fortführung der unter a) zitierten rechtsprechung des bsg kann ein verfahren "zur feststellung einer beschäftigung" nur ein solches sein, dass auf die feststellung von versicherungspflicht in den einzelnen zweigen der sozialversicherung aufgrund einer konkreten auftragsbeziehung (vgl. dazu pietrek, in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb iv, 3. aufl. 2016, § 7a rdnr. 80 ff.) gerichtet ist. eine dahingehende feststellung hatte das bewilligungsverfahren nach § 57 sgb iii a.f. indessen nicht zum gegenstand. die beigeladene zu 3) hat vielmehr allein über die bewilligung einer leistung (gründungszuschuss) entschieden und in diesem zuge lediglich inzidenter die frage geprüft, ob die klägerin zu 1) beabsichtige, eine selbständige tätigkeit aufzunehmen. eine regelnde feststellung des versicherungsrechtlichen status der klägerin zu 1) in ihrer auftragsbeziehung zur klägerin zu 2) ist dagegen zu keinem zeitpunkt angestrebt worden oder erfolgt (im einzelnen hierzu senat, urteil v. 22.4.2015, l 8 r 680/12, juris). 1852. die feststellung der beklagten, die klägerin zu 1) habe in der in dem zeitraum vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 für die klägerin zu 2) ausgeübten tätigkeit der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung unterlegen, ist nicht zu beanstanden [hierzu a)]. tatbestände, die eine versicherungsfreiheit in diesen zweigen der sozialversicherung in dem streitbefangenen zeitraum begründen, sind nicht gegeben [hierzu b)]. die beklagte hat schließlich zutreffend festgestellt, dass die versicherungspflicht der klägerin zu 1) am 14.11.2007, dem tag der aufnahme der beschäftigung, eingetreten ist [hierzu c)]. 186a) der versicherungspflicht in der gesetzlichen renten- und arbeitslosenversicherung unterliegen personen, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 satz 1 nr. 1 sozialgesetzbuch sechstes buch [sgb vi], § 25 abs. 1 satz 1 sgb iii). 187beurteilungsmaßstab für das vorliegen einer beschäftigung ist § 7 abs. 1 sgb iv. beschäftigung in diesem sinne ist die nichtselbständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis. 188aa) die regelung des mit wirkung zum 1.7.2009 durch art. 1 nr. 3 buchst. b des gesetzes zur änderung des vierten buches sozialgesetzbuch und anderer gesetze vom 19.12.2007 (bgbl. i, 3024) aufgehobenen § 7 abs. 4 satz 1 sgb iv, wonach für personen, die für eine selbständige tätigkeit einen zuschuss nach § 421l sgb iii beantragen, widerlegbar vermutet wurde, dass sie in dieser tätigkeit als selbständige tätig sind, ist nicht anzuwenden. gleiches gilt für § 7 abs. 4 satz 2 sgb iv a.f., wonach für die dauer des bezuges dieses zuschusses die person als selbständig tätig gilt. die regelungen dienten der verfahrensvereinfachung und sollten existenzgründungen erleichtern; der amtsermittlungsgrundsatz blieb davon jedoch unberührt (bayerisches lsg, urteil v. 29.3.2011, l 8 al 152/08, juris; senat, urteil v. 12.3.2014, l 8 r 431/11, juris, rdnr. 69; senat, urteil v. 22.4.2015, l 8 r 680/12, juris, rdnr. 101 ff.). 189einen in den anwendungsbereich der vermutungsregelung des § 7 abs. 4 sgb iv a.f. fallenden zuschuss nach § 421l sgb iii hat die klägerin zu 1) indessen weder beantragt, noch ist ihr ein solcher von der beigeladenen zu 3) bewilligt worden. sie hat - wie dargelegt - vielmehr einen gründungszuschuss nach § 57 sgb iii a.f. beantragt und erhalten. für einen nach dieser anspruchsgrundlage gewährten gründungszuschuss gilt die vermutungsregelung des § 7 abs. 4 sgb iv a.f. nicht (vgl. hierzu auch bayerisches lsg, urteil v. 28.5.2013, l 5 r 863/12, juris, rdnr. 48; senat, urteil v. 22.4.2015, a.a.o.). 190bb) anhaltspunkte für eine beschäftigung sind eine tätigkeit nach weisungen und eine eingliederung in die arbeitsorganisation des weisungsgebers (§ 7 abs. 1 satz 2 sgb iv). voraussetzung ist, dass der arbeitnehmer vom arbeitgeber persönlich abhängig ist. bei einer beschäftigung in einem fremden betrieb ist dies der fall, wenn der beschäftigte in den betrieb eingegliedert ist und er dabei einem zeit, dauer, ort und art der ausführung umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. diese weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei diensten höherer art - eingeschränkt und zu einer "funktionsgerecht dienenden teilhabe am arbeitsprozess" verfeinert sein. demgegenüber ist eine selbständige tätigkeit vornehmlich durch das eigene unternehmerrisiko, das vorhandensein einer eigenen betriebsstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten umständen nach dem gesamtbild der arbeitsleistung und hängt davon ab, welche merkmale überwiegen (bsg, urteil v. 30.10.2013, b 12 kr 17/11 r, juris; urteil v. 30.4.2013, b 12 kr 19/11 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 21; urteil v. 29.8.2012, b 12 kr 25/10 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 17; urteil v. 25.4.2012, b 12 kr 24/10 r, sozr 4-2400 § 7 nr. 15; bsg, urteil v. 11.3.2009, b 12 kr 21/07 r, usk 2009-25; bsg, urteil v. 18.12.2001, b 12 kr 10/01 r, sozr 3-2400 § 7 nr. 20; jeweils m.w.n.; zur verfassungsmäßigkeit dieser abgrenzung: bverfg, beschluss v. 20.5.1996, 1 bvr 21/96, sozr 3-2400 § 7 nr. 11). 191die zuordnung einer tätigkeit nach deren gesamtbild zum rechtlichen typus der beschäftigung bzw. selbständigen tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach lage des einzelfalls als indizien in betracht kommenden umstände festgestellt, in ihrer tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die gesamtschau mit diesem gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den gesetzen der logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (bsg, urteil v. 25.4.2012, b 12 kr 24/10 r; urteil v. 29.7.2015, b 12 kr 23/13 r; urteil v. 19.8.2015, b 12 kr 9/14 r; jeweils juris). 192ob eine "beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es im rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. ausgangspunkt ist daher zunächst das vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen vereinbarungen ergibt oder aus ihrer gelebten beziehung erschließen lässt. eine im widerspruch zu ursprünglich getroffenen vereinbarungen stehende tatsächliche beziehung und die hieraus gezogene schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte natur der rechtsbeziehung gehen der nur formellen vereinbarung vor, soweit eine - formlose - abbedingung rechtlich möglich ist (bsg, urteil v. 28.9.2011, a.a.o., juris; senat, urteil v. 29.6.2011, l 8 (16) r 55/08; senat, urteil v. 24.9.2014, l 8 r 1104/13; senat, urteil v. 30.4.2014, l 8 r 376/12; jeweils juris). 193nach maßgabe dieser grundsätze steht zur überzeugung des senats aufgrund der im rahmen der gerichtlichen beweisaufnahme festgestellten abgrenzungsrelevanten indizien und nach gesamtabwägung aller umstände des einzelfalles entsprechend ihrem gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher hinsicht fest, dass die klägerin zu 1) vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 für die klägerin zu 2) im rahmen eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist. 194hierbei hat der senat berücksichtigt, dass dienstleistungen, insbesondere solche, deren gegenstand - wie im vorliegenden fall - die persönlich geprägte betreuung ist, sowohl in der form einer abhängigen beschäftigung, als auch in der einer selbständigen tätigkeit erbracht werden können (vgl. bsg, urteil v. 28.9.2011, a.a.o., rdnr. 17 m.w.n.). entscheidend ist daher, wie die tätigkeit von der klägerin zu 2) organisiert und ausgestaltet worden ist (vgl. bsg, urteil v. 25.4.2012, a.a.o., rdnr. 22 ff. m.w.n.; senat, urteil v. 18.6.2014, l 8 r 1052/12, juris). 195(1) vertragliche grundlage der zu beurteilenden rechtsbeziehung der klägerinnen sind die geschlossenen "verträge", die die klägerinnen nach bewilligung von leistungen zur eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. sgb xii zugunsten der zu betreuenden person für die jeweilige dauer eines bewilligungszeitraums geschlossen haben. 196(2) auf dieser vertraglichen grundlage ist die klägerin zu 1) vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 für die klägerin zu 2) im rahmen jeweils zeitlich befristeter dauerschuldverhältnisse tätig geworden. 197(a) die geschlossenen verträge hatten jeweils eine laufzeit ab vertragsunterzeichnung (§ 8 abs. 1 vertrag) und endeten mit ablauf der bewilligungsfrist des zu betreuenden klienten. sofern es zu einer verlängerung der bewilligung durch den lvr kam, verlängerte sich der vertrag automatisch dem neuen bewilligungszeitraum entsprechend (§ 8 abs. 2 vertrag). 198(b) dass zwischen den klägerinnen ein schriftlicher oder auch mündlicher rahmenvertrag geschlossen wurde, kraft dessen eine auf dauer angelegte geschäftsbeziehung eröffnet, vertraglich jedoch (im voraus) nur die einzelheiten künftig noch abzuschließender verträge festgelegt werden sollten (bsg, urteil v. 30.10.2013, b 12 kr 17/11 r, die beiträge, beilage 2014, 387; bundesgerichtshof [bgh], urteil v. 30.4.1992, vii zr 159/91, njw-rr 1992, 977, 978), wird seitens der klägerinnen weder behauptet, noch lässt sich ein dahingehendes übereinkommen nach dem ergebnis der gerichtlichen beweisaufnahme feststellen: 199grundlage der tätigkeit waren die für die dauer eines bewilligungszeitraumes geschlossenen verträge, deren laufzeit nach den aktenkundigen exemplaren jeweils mehrere monate betrug (§§ 1 abs. 1, 8 abs. 1, abs. 2 vertrag). die klägerin zu 1) hat anlässlich der befragung im erörterungstermin vom 30.10.2015 bekundet, sie habe auf dieser grundlage - mit ausnahme von vorübergehend in anspruch genommenem urlaub - durchgängig für die klägerin zu 2) gearbeitet. diese tätigkeit ist erst im august 2010 beendet worden. diese bekundung wird durch die aktenkundigen rechnungen der klägerin zu 1) objektiviert. diesen lässt sich auch entnehmen, dass die klägerin zu 1) in der regel mehrere klienten der klägerin zu 2) parallel betreut hat, weshalb es zu einer kontinuierlichen tätigkeit der klägerin zu 1) im gesamten streitbefangenen zeitraum kam. 200für die annahme eines dauerschuldverhältnisses spricht weiterhin, dass die klägerin zu 2) die klägerin zu 1) in den abschlussberichten für den lvr der jahre 2009 und 2010 im rahmen der "personellen ausstattung" aufgeführt hat. aus diesem umstand lässt sich jedenfalls die vorstellung der klägerin zu 2) ableiten, im rahmen der erbringung von betreuungsleistungen längerfristig mit der klägerin zu 1) zusammenwirken zu wollen. dass diese vorstellung auch den motiven der klägerin zu 1) entsprochen hat, ergibt sich nicht zuletzt aus der von dieser bis august 2010 tatsächlich praktizierten vertraglichen kooperation mit der klägerin zu 2). 201(3) die die rechtsbeziehung der klägerinnen tragenden verträge sprechen zur überzeugung des senats in der gesamtschau aller vertraglichen bindungen deutlich stärker für eine abhängige beschäftigung der klägerin zu 1) als für die annahme einer selbständigen tätigkeit. 202hierbei verkennt der senat keineswegs, dass verschiedene regelungselemente der verschriftlichten vereinbarungen das bestreben der klägerinnen widerspiegeln, ein freies mitarbeiterverhältnis der klägerin zu 1) im sinne einer selbständigen tätigkeit begründen zu wollen. so lässt etwa die in § 3 abs. 1 satz 1 des vertrages enthaltene regelung, wonach die tätigkeit der klägerin zu 1) in einer freien zeiteinteilung erfolgen kann, ebenso den willen zur begründung einer selbständigen tätigkeit erkennen, wie die in § 4 des vertrages enthaltene obliegenheit der klägerin zu 1), für ihre tätigkeiten "rechnungen" zu verfassen. schließlich deutet die sprachliche fassung des § 5 abs. 1 des vertrages, wonach die klägerin zu 1) "selbständig" tätig und für die abführung der sie betreffenden steuern und abgaben zuständig ist, ebenso auf ein bestreben, eine selbständige tätigkeit zu begründen, wie der in § 5 abs. 2 des vertrages enthaltene hinweis auf eine evtl. bestehende rentenversicherungspflicht für selbständig tätige personen. 203gleichwohl werden die angedeuteten freiräume der klägerin zu 1) maßgeblich durch regelungen relativiert, die eine bindung der klägerin zu 1) im sinne einer beschäftigung in vertraglicher und tatsächlicher hinsicht erkennen lassen. so stellt § 1 abs. 2 des vertrages klar, dass sich die einzelnen spezifikationen der aufgabenstellung nach art, ziel und umfang aus den festlegungen mit dem lvr ergeben. diese regelung schränkt die inhaltlichen gestaltungsfreiräume der klägerin zu 1) erheblich ein und unterwirft sie den festlegungen des verbindlichen hilfeplans (vgl. 3 der leistungs- und prüfungsvereinbarung). zudem spricht die in § 1 abs. 3 des vertrages statuierte verpflichtung der klägerin zu 1), den auftrag höchstpersönlich auszuüben, ebenso für die annahme einer beschäftigung, wie die festlegung, der zeitliche tätigkeitsumfang der klägerin zu 1) entspreche den von dem lvr bewilligten stundenkontingenten (§ 3 abs. 1 satz 2 vertrag). entsprechendes gilt für die in § 3 abs. 2 des vertrages enthaltene verpflichtung der klägerin zu 1), die arbeitszeit in direktem kontakt mit der klientin in deren sozialem kontext zu erfüllen. nicht zuletzt statuiert § 2 des vertrages die ausdrückliche verpflichtung der klägerin zu 1) bei der erledigung der aufgaben die allgemein üblichen bestimmungen für das ambulante betreute wohnen zu beachten. 204(4) die klägerin zu 1) war auf dieser vertraglichen grundlage in den betrieb der klägerin zu 2) eingegliedert. ihre dienstleistungen gingen in einer von letzterer vorgegebenen ordnung auf. eine dienende teilhabe am arbeitsprozess im sinne abhängiger beschäftigung liegt in der regel vor, wenn das arbeitsziel und der betriebliche rahmen von dem auftraggeber gestellt oder auf seine rechnung organisiert werden. sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der geschäfts- oder betriebszweck vorgegeben ist und es dem beschäftigten (z.b. einem geschäftsführer, leitenden angestellten) überlassen wird, welche mittel er zur erreichung der ziele einsetzt (vgl. segebrecht, in: jurispk-sgb iv, 3. aufl. 2016, § 7, rdnr. 87 ff. m.w.n.). 205unter berücksichtigung der strukturellen und organisatorischen gegebenheiten, unter denen sich die zu beurteilende tätigkeit der klägerin zu 1) vollzogen hat, ist eine eingliederung in die von der klägerin zu 2) vorgegebene betriebliche ordnung zu bejahen. 206(a) dieses folgt zunächst aus dem umstand, dass die klägerin zu 2) einer vielzahl von vertraglichen verpflichtungen unterlag, zu deren erfüllung sie die klägerin zu 1) eingesetzt hat. die klägerin zu 2) ist als leistungserbringer verpflichtet, hilfebedürftige zu betreuen (§ 2 abs. 4 leistungs- und prüfungsvereinbarung). der hierfür erstellte hilfeplan ist für sie verbindlich (§ 3 abs. 2 und 3 leistungs- und prüfungsvereinbarung). das betreuungsverhältnis ist in einem rechtsverbindlichen betreuungsvertrag zu regeln, wobei die betreuung im bezugspersonensystem zu erfolgen hat - ein wechsel der betreuungsperson also möglichst ausgeschlossen werden soll - und im verhinderungsfall eine vertretung durch die klägerin zu 2) sicherzustellen ist (§ 4 abs. 1 leistungs- und prüfungsvereinbarung). besprechungen und zusammenarbeit haben regelmäßig verbindlich in teams stattzufinden (a.a.o.). die klägerin zu 2) soll supervision und fortbildung zur qualifizierung der mitarbeiter/innen anbieten (a.a.o.). es bestehen regelmäßige dokumentationspflichten; überdies hat die klägerin zu 2) beschwerden der betreuten personen unverzüglich - mit dem ziel der herstellung eines einvernehmens - nachzugehen (§ 4 abs. 2 leistungs- und prüfungsvereinbarung). sie muss die erbrachten betreuungsleistungen in jedem einzelfall überprüfen (§ 4 abs. 3 leistungs- und prüfungsvereinbarung). die fallverantwortung lag bei einer fachkraft (§ 5 abs. 3 der leistungs- und prüfungsvereinbarung), die die in § 5 abs. 1 der leistungs- und prüfungsvereinbarung genannten voraussetzungen, darunter eine mindestens einjährige berufserfahrung, erfüllen musste. diese verpflichtungen bestehen dabei nicht nur im verhältnis zum kostenträger, sondern auch gegenüber den betreuten personen selbst, mit denen insbesondere der hilfeplan als grundlage für die betreuungsleistung in § 2 des betreuungsvertrages vereinbart wurde. 207(b) in diesem normativen gesamtgefüge traf allein die klägerin zu 2) aufgrund ihrer verantwortlichkeit als leistungserbringer gegenüber dem lvr die entscheidung über die auswahl der der klägerin zu 1) anzudienenden klienten. dem entsprechend stand es allein der klägerin zu 2) frei, die aufträge, die sie zuvor angenommen hatte, selektiv der klägerin zu 1) anzutragen. 208dem kann nicht mit erfolg entgegen gehalten werden, dass die klägerin zu 1) im einzelfall eigene klienten in das betreuungsverhältnis eingebracht hat. auch in einem solchen fall erfolgte nämlich die zuweisung des klienten an die klägerin zu 2) als verantwortliche leistungserbringerin. dementsprechend ist der gemäß § 4 abs. 1 der leistungs- und prüfungsvereinbarung zu schließende betreuungsvertrag allein zwischen der klägerin zu 2) und den zu betreuenden klienten zustande gekommen. im rahmen dieser vertraglichen bindung hat sich die klägerin zu 2) zur erfüllung ihrer verbindlichkeit lediglich tatsächlich der dienstleistung der klägerin zu 1) bedient. 209(c) die die klägerin zu 1) treffenden dokumentationspflichten über die erbrachten fachleistungsstunden unterstreichen die integration in den betrieb der klägerin zu 2). letztere stellte nämlich u.a. der klägerin zu 1) einen vordruck zur verfügung, in welchem diese den jeweiligen betreuungstag einschließlich der uhrzeit, die art der erbrachten betreuungsleistung und die konkreten betreuungsminuten einzutragen hatte. über diesen quittierungsbeleg konnte die klägerin zu 2) die betreuungszeiten erfassen und kontrollieren (vgl. hierzu auch senat, urteil v. 19.8.2015, l 8 r 726/11). 210(d) die eingliederung der klägerin zu 1) in die betriebliche organisation der klägerin zu 2) wird schließlich dokumentiert durch die regelmäßige teilnahme der klägerin zu 1) an den teambesprechungen in den räumlichkeiten der klägerin zu 2). dass sie hierbei vereinzelt auch als protokollantin fungiert hat (protokoll der teambesprechung vom 16.7.2008), unterstreicht die integration in die betriebliche organisation der klägerin zu 2), da es jedenfalls nicht der regel entspricht, die aufgabe eines protokollführers im rahmen von dienstbesprechungen einem selbständig tätigen werkunternehmer zu übertragen. 211die eingliederung der klägerin zu 1) in die betreuungspersonalplanung der klägerin zu 2) ergibt sich überdies aus der protokollierten übernahme von urlaubsvertretungen (niederschriften der mitarbeiterbesprechungen vom 10.4.2008 und vom 22.1.2009). 212(e) die klägerin zu 1) nutzte auch nicht lediglich eine von der klägerin zu 2) bereitgestellte infrastruktur (vgl. hierzu bsg, urteil v. 30.10.2013, a.a.o). sie war vielmehr zu einer wirtschaftlich wertschöpfenden durchführung ihrer betreuungsleistung auf die seitens der klägerin zu 2) mit dem lvr begründeten leistungserbringungsvertraglichen grundlagen angewiesen. der klägerin zu 1) war es mangels abschlusses einer leistungs- und prüfungsvereinbarung mit dem lvr überhaupt nicht möglich, wenn sie ihre betreuungsleistungen für den jeweils betreuten über die leistungen nach dem sgb xii gedeckt und gegenüber dem leistungsträger abrechnen wollte, ggf. unter bloßer vermittlung der klägerin zu 2) eigenständige betreuungsverträge mit den zu betreuenden personen abzuschließen. 213die mangelnde rechtliche befugnis, die von ihr angebotenen betreuungsleistungen auch als leistungserbringer eigenverantwortlich erbringen zu dürfen, war der klägerin zu 1) auch durchaus bewusst. sie hat anlässlich des erörterungstermins nämlich auf befragung ausdrücklich bekundet, sich gegen die rolle als leistungserbringer entschieden zu haben. diese funktion habe allein die klägerin zu 2) bekleidet. 214(5) die klägerin zu 1) hat ihre tätigkeit auch im sinne des § 7 abs. 1 satz 2 sgb iv hinsichtlich art, zeit, ort und inhalt der tätigkeit weisungsgebunden verrichtet. 215(a) aufgrund des inhalts der mit dem lvr geschlossenen vereinbarungen war die klägerin zu 2) "im ernstfall" gehalten, auf die von ihr eingesetzten betreuungspersonen im einzelfall einzuwirken. das gilt hinsichtlich der kontinuität der betreuung ebenso wie hinsichtlich der überprüfung der erbrachten betreuungsleistungen im einzelfall, der befolgung der dokumentationspflichten und der durchführung von supervision und fortbildung. dabei verpflichtete insbesondere die leistungs- und prüfungsvereinbarung die klägerin zu 2), auf der einhaltung der dort geregelten verpflichtungen notfalls einseitig gegenüber der klägerin zu 1) zu bestehen (im einzelfall überprüfen, beschwerden nachgehen etc.). 216(b) der klägerin zu 2) war auch eine - maßgebliche abstrakte - rechtsmacht eingeräumt, im verhältnis zur klägerin zu 1) solche anordnungen zu erteilen, die wertungsmäßig einem arbeitgeberseitigen weisungsrecht (§ 315 bürgerliches gesetzbuch [bgb]) im wesentlichen entsprach. 217(aa) dieses folgt aus § 2 abs. 1 satz 2 des vertrages, wonach die klägerin zu 1) bei der erledigung der aufgaben die "allgemein üblichen bestimmungen für das ambulante betreute wohnen zu beachten" hatte. bei dieser regelung handelt es sich um eine allgemeine geschäftsbedingung im sinne der §§ 305 ff. bgb, kraft derer die konzeptionellen vorgaben der zwischen der klägerin zu 2) und dem lvr geschlossenen leistungs- und prüfungsvereinbarungen in die vertragsbeziehung der klägerinnen inkorporiert worden sind. 218nach dem mit wirkung zum 1.1.2002 in kraft getretenen § 305 abs. 1 satz 1 bgb sind allgemeine geschäftsbedingungen für eine vielzahl von verträgen vorformulierte vertragsbedingungen, die eine vertragspartei (verwender) der anderen vertragspartei bei abschluss des vertrages stellt. allgemeine geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die vertragsbedingungen zwischen den vertragsparteien im einzelnen ausgehandelt worden sind (§ 305 abs. 1 satz 3 bgb). 219(bb) die klägerin zu 2) hat auf befragung durch den senat ausdrücklich bekundet, sie habe die verträge mit der klägerin zu 1) vorformuliert, weshalb sie die in § 2 des vertrages enthaltene bestimmung auch im sinne des § 305 abs. 1 satz 1 bgb als "verwenderin" gestellt hat. 220diese regelungen hatte die klägerin zu 2) auch für eine vielzahl von verträgen gestellt. eine "vielzahl" ist nämlich bereits anzunehmen, wenn die vertragsbestimmungen für eine unbestimmte zahl von verträgen gedacht sind, wobei genügt, dass der inhalt der verwendeten klauseln im wesentlichen gleich ist (bgh, njw, 1979, 2387, 2388; olg koblenz, njw-rr 1987, 95, 96). insoweit ist nach der rechtsprechung des bgh der grundsatz einer beabsichtigten dreimaligen verwendung verallgemeinerungsfähig (bghz njw 2002, 138; bgh njw 2004, 1452; bundesarbeitsgericht [bag], njw 2007, 3018). eine dahingehende mindestens dreifache verwendungsabsicht ergibt sich vorliegend allein aus dem umstand, dass der zwischen den klägerinnen geschlossene "vertrag" für die vielzahl der von der klägerin zu 1) zu betreuenden klienten verwendet worden ist. 221es ist auch weder erkennbar noch vorgetragen, dass der inhalt des § 2 des vertrages im einzelnen ausgehandelt wurde. hiergegen spricht auch entscheidend, dass die zwischen den klägerinnen geschlossenen aktenkundigen vereinbarungen insoweit einen wortgleichen inhalt aufwiesen und von der klägerin zu 2) auch zur vertraglichen ausgestaltung der tätigkeit im verhältnis zu anderen nicht festangestellten betreuerinnen gestellt wurden. 222(cc) die auslegung der aus den vorstehenden gründen als allgemeine geschäftsbedingung zu beurteilenden regelung des § 2 des vertrages hat dem grundsatz der objektiven auslegung zu folgen (basedow, in: münchener kommentar zum bgb, 7. aufl. 2016, § 305 c rdnr. 22). dem entspricht es, den sinngehalt der klausel nach "objektiven maßstäben, losgelöst von der zufälligen gestaltung des einzelfalles und den individuellen vorstellungen der vertragsparteien, unter beachtung ihres wirtschaftlichen zwecks und der gewählten ausdrucksweise zu ermitteln (so bereits bghz 22, 109, 113). die auslegung hat daher unter berücksichtigung der verhältnisse zu erfolgen, wie sie bei den verwendern der streitigen allgemeinen geschäftsbedingung und dem von ihnen angesprochenen kundenkreis typischerweise gegeben sind (basedow, a.a.o. unter verweis auf bgh njw 2011, 2122 rdnr. 10; bghz 77, 116, 118 = njw 1980, 1947; bghz 51, 44, 58 = njw 1969, 230). der grundsatz der objektiven auslegung schließt gleichwohl nicht aus, dass auf die typischen verhältnisse bestimmter kundengruppen abgestellt wird, wie sie regelmäßig durch agb des streitigen typs angesprochen werden (basedow, a.a.o., rdnr. 24 m.w.n.). 223nach diesem maßstab unterliegt es nach überzeugung des senats keinem zweifel, dass mit den in § 2 abs. 1 satz 2 des vertrages inkorporierten "allgemein üblichen bestimmungen für das ambulante betreute wohnen" die verbindlich gesetzten verpflichtungen gemeint waren, die in der leistungs- und prüfungsvereinbarung verbindlich geregelt worden sind. dies folgt zur überzeugung des senats schon aus dem umstand, dass beiden klägerinnen als erfahrenen akteuren im bereich der sozialen arbeit zweifellos bewusst war, dass sich die streitige tätigkeit in dem normativen gesamtgefüge unter berücksichtigung der regelungen der leistungs- und prüfungsvereinbarung vollzieht. diese beurteilung wird auch dadurch unterstrichen, dass § 1 abs. 2 des vertrages die ausdrückliche festlegung beinhaltet, dass sich die einzelnen spezifikationen der aufgabenstellung nach art, ziel und umfang aus den festlegungen mit dem lvr in den genehmigten hilfeplänen ergeben. da das steuerungsinstrument des hilfeplans in der leistungs- und prüfungsvereinbarung (vgl. § 1 abs. 3, § 3 abs. 1 und 2) vorgesehen ist, musste sich für beide klägerinnen aufdrängen, dass die vorgaben dieser vereinbarung auf deren rechtsbeziehung unmittelbar einwirken. 224(dd) der annahme einer weisungsbefugnis kann nicht mit erfolg entgegengehalten werden, dass der objektive geschäftsinhalt eines vertrages nicht auf ein arbeits- bzw. beschäftigungsverhältnis hinweist, wenn das tatsächliche geschehen (gesetzlichen) vorgaben des öffentlichen rechts folgt und es keiner vertraglichen vereinbarungen bedarf (vgl. hierzu bag, urteil v. 9.4.2014, 10 azr 590/13, eza § 611 bgb 2002 arbeitnehmerbegriff nr. 26) bzw. lediglich öffentlich-rechtliche anordnungen zu befolgen sind (vgl. bag, urteil v. 25.5.2005, 5 azr 347/04, ap nr. 117 zu § 611 bgb abhängigkeit). denn für die klägerin zu 1) bestand im vorliegenden fall unmittelbar weder eine bindung an die vertraglichen vereinbarungen der klägerin zu 2) mit dem kostenträger bzw. mit ihren klienten noch an den auf dieser grundlage vereinbarten hilfeplan. insbesondere ordnet § 77 abs. 1 satz 2 halbsatz 2 sgb xii eine verbindlichkeit der leistungs- und prüfungsvereinbarung als normenvertrag "nur" gegenüber den übrigen trägern der sozialhilfe an, nicht jedoch gegenüber dritten wie der klägerin zu 1). dieser gegenüber konnte die unmittelbare verbindlichkeit der seitens der klägerin zu 1) getroffenen vereinbarungen nur - wie hier geschehen - auf einzelvertraglicher grundlage hergestellt werden. 225(ee) der umstand, dass der individuelle hilfebedarf durch die klägerin zu 1) gemeinsam mit den klienten der klägerin zu 2) ermittelt wurde, lässt eine abweichende beurteilung nicht zu. denn dies ändert nichts an der verantwortlichkeit der klägerin zu 2) sowohl gegenüber dem klienten als auch gegenüber dem lvr als kostenträger. die klägerin zu 2) übernahm letztlich die verantwortung für den hilfeplan. dieser erkenntnis ist es offenbar auch geschuldet, dass die klägerin zu 2) auf befragung durch den senat bekundet hat, sie würde im fall einer nicht lösbaren konfliktlage zwischen einer fest angestellten betreuungsperson und dem klienten ggf. selbst "einspringen" oder eine andere betreuungsbezugsperson benennen. auch im fall eines freien mitarbeiters würde die klägerin zu 2) die klientin übernehmen. 226(6) wesentliche merkmale, die für eine selbständige tätigkeit der klägerin zu 1) sprechen und letztlich im rahmen der gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen beschäftigung auszugehen ist, sind demgegenüber nicht festzustellen. 227(a) die klägerin zu 1) hatte auch nach der gründung der "ein-frau-unternehmung" keine die statusbeurteilung maßgeblich beeinflussende betriebsstätte. sie verfügt nach eigenem bekunden (lediglich) über ein separates arbeitszimmer in ihrem häuslichen umfeld, von welchem aus sie die berufliche tätigkeit koordiniert. dieser raum ist nach den glaubhaften bekundungen der klägerin zu 1) mit einem telefon und - so jedenfalls ihre erklärung im verwaltungsverfahren - mit einem faxgerät ausgestattet. die von der klägerin zu 1) in diesem sinne beschriebene räumlichkeit geht damit nicht über das hinaus, was auch in vielen privaten haushalten beschäftigter arbeitnehmer vorzufinden ist, und ist nicht mit einer festen geschäftseinrichtung oder anlage vergleichen, die dem betrieb eines unternehmens dient (vgl. § 12 satz 1 abgabenordnung [ao]). 228(b) ein im rahmen der gebotenen gesamtabwägung maßgebliches eigenes unternehmerrisiko der klägerin zu 1) hat im streitigen zeitraum nicht bestanden. maßgebendes kriterium für ein unternehmerisches risiko ist nach den von dem bsg entwickelten grundsätzen (vgl. etwa bsg, sozr 3-2400 § 7 nr. 13 s. 36 m.w.n.; bsg, urteil v. 25.1.2011, b 12 kr 17/00 r, sozr 2001, 329, 331; bsg, urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, juris, rdnr. 27; bsg, urteil v. 28.9.2011, b 12 r 17/09 r, usk 2011-125, juris rdnr. 25 f.), der sich der senat in seiner ständigen rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur senat, urteil v. 22.4.2015, l 8 r 680/12), ob eigenes kapital oder die eigene arbeitskraft auch mit der gefahr des verlusts eingesetzt wird, der erfolg des einsatzes der sächlichen und persönlichen mittel also ungewiss ist. allerdings ist ein unternehmerisches risiko nur dann hinweis auf eine selbständige tätigkeit, wenn diesem risiko auch größere freiheiten in der gestaltung und der bestimmung des umfangs beim einsatz der eigenen arbeitskraft (vgl. schon bsg sozr 2200 § 1227 nr. 17 s. 37; bsg sozr -3-2400 § 7 nr. 13 s. 36 m.w.n.; bsg urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, juris rdnr. 27; bsg, urteil v. 28.9.2011, b 12 r 17/09 r, usk 2011-125, juris rdnr. 25 f.) oder größere verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. bsg sozr 2400 § 2 nr. 19, s. 30; bsg, urteil v. 25.1.2001, b 12 kr 17/00 r, sozvers. 2001, 329, 332; zuletzt bsg, urteil v. 31.3.2015, b 12 kr 17/13 r, juris, rdnr. 27). aus dem (allgemeinen) risiko, außerhalb der erledigung einzelner aufträge zeitweise die eigene arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein unternehmerrisiko bzgl. einzelner einsätze (vgl. hierzu bsg sozr 3-2400 § 7 nr. 13 s. 36 f.; bsg, urteil v. 18.11.2015, b 12 kr 16/13 r, juris, rdnr. 36). 229die klägerin zu 1) hat zunächst keine wesentlichen sächlichen mittel mit der gefahr des verlustes eingesetzt. sie verfügte nach eigenem bekunden über ein häusliches arbeitszimmer. ein nennenswerter einsatz von material für die aktenführung, post- und telekommunikationsdienstleistungen ist hinsichtlich der tätigkeiten für die klägerin zu 2) insoweit nicht erkennbar. 230soweit die klägerin zu 1) seit juni 2010 eigene mitarbeiter in einem sozialversicherungsrechtlich geringfügigem umfang beschäftigt hat und diesen personen auch etwaige aufwendungen (z.b. für cafébesuche mit klienten) erstattet hat, vermittelt dieser umstand jedenfalls in dem streitbefangenen zeitraum vom 14.11.2007 bis zum 30.4.2010 noch kein in die gesamtabwägung einzustellendes unternehmerische risiko der klägerin zu 1). es bedurfte daher auch keiner weiteren aufklärung der frage, ob und ggf. in welchem umfang diese mitarbeiter im rahmen der betreuung der klienten der klägerin zu 2) überhaupt eingesetzt worden sind. 231soweit die klägerin zu 1) schließlich wegekosten zu tragen hatte, liegt darin kein in die gesamtabwägung einzustellendes wesentliches unternehmerisches risiko. denn auch der typische arbeitnehmer muss dafür sorge tragen, seinen arbeitsplatz zu erreichen. dass die klägerin zu 1) darüber hinaus nennenswerte fahrtkosten gehabt hätte, weil sie pro tag mehrere betreute personen aufgesucht hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. 232ein verlustrisiko hinsichtlich des einsatzes ihrer eigenen arbeitskraft hat die klägerin zu 1) nicht getragen. sie ist nicht nach erfolg, sondern entsprechend der erbrachten fachleistungsstunden nach zeitaufwand entlohnt worden. über den zwischen den klägerinnen praktizierten abrechnungsmodus wurde ein regelmäßiger zahlungsfluss sichergestellt. aufgrund der stetigen auftragslage setzte die klägerin zu 1) ihre arbeitskraft damit nicht mit der gefahr des verlustes ein. das etwaige risiko, dass die klägerin zu 2) nicht oder verspätet die rechnungen beglich, entspricht dem risiko eines abhängigen beschäftigten, dessen arbeitgeber mit der lohnzahlung in verzug gerät. 233das fehlen von regelungen zu ansprüchen auf urlaubsentgelt bzw. entgeltfortzahlung im krankheitsfall (ausschluss des § 616 bgb) rechtfertigt für sich genommen nicht die annahme eines unternehmerischen risikos. abgesehen davon, dass das fehlen solcher regelungen die konsequenz aus der (ggf. fehlerhaften) annahme ist, eine selbständige tätigkeit begründet zu haben, ist die überbürdung sozialer risiken abweichend von der das arbeitsrecht prägenden risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges indiz für unternehmerisches handeln, wenn damit auch tatsächliche chancen einer einkommenserzielung verbunden sind, also eine erweiterung der unternehmerischen möglichkeiten stattfindet (bsg, urteile v. 28.5.2008, a.a.o.; senat, urteil v. 30.4.2014; urteil v. 20.7.2011, l 8 r 534/10, juris). 234(c) die klägerin zu 1) hat die tätigkeit auch nicht - wie für eine selbständige tätigkeit kennzeichnend - im wesentlichen frei gestaltet. dies gilt eingedenk der ihr eingeräumten inhaltlichen gestaltungsfreiheiten bei der konkreten ausgestaltung ihrer betreuungsleistungen. 235wie das bsg bereits entschieden hat, können aus der natur einer tätigkeit, namentlich im bereich der sozialen arbeit, folgende größere spielräume kein maßgebendes kriterium für die abgrenzung selbständiger tätigkeit von abhängiger beschäftigung sein (bsg, urteil v. 25.4.2012, a.a.o.). insofern ist zu berücksichtigen, dass sich insbesondere ort und zeit der tätigkeit maßgeblich aus der umsetzung des hilfeplans und den wünschen und bedürfnissen der betreuten ergeben. dies ändert aber nichts daran, dass die klägerin zu 2) kraft der mit der klägerin zu 1) getroffenen vereinbarungen ebenso wie gegenüber abhängig beschäftigten kräften in der lage war, ihre verpflichtungen gegenüber den betreuten wie gegenüber dem lvr durchzusetzen. 236im übrigen ist gerade auch die freiheit der örtlichen gestaltung der tätigkeit in beiden vereinbarungen ausdrücklich unter den vorbehalt gestellt worden, stets die interessen des auftraggebers im außenverhältnis gegenüber den zu betreuenden personen bzw. dritten wahrzunehmen. 237die freiheit der arbeitszeitgestaltung war ungeachtet der nach § 3 abs. 1 satz 1 des vertrages betonten befugnis, die tätigkeit in freier zeiteinteilung auszuführen, dadurch begrenzt, dass der zeitliche tätigkeitsumfang der klägerin zu 1) den vom lvr bewilligten stundenkontingenten des zu betreuenden klienten entsprach. überdies folgte aus § 3 abs. 2 des vertrages die verpflichtung der klägerin zu 1), dass die arbeitszeit in einem direkten kontakt der klientin in deren sozialen kontext zu erfüllen war. 238(7) der senat kann offen lassen, ob die zusammenarbeit zwischen den an dem auftragsverhältnis beteiligten von dem (ursprünglichen) willen getragen war, kein sozialversicherungspflichtiges beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen. tatsächlich lässt § 5 abs. 1 des vertrages den willen der klägerinnen erkennen, ein freies mitarbeiterverhältnis auf selbständiger grundlage statuieren zu wollen. diesem willen kommt nach der rechtsprechung des bsg indizielle bedeutung jedoch nur zu, wenn dieser wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere aspekte gestützt wird bzw. die übrigen umstände gleichermaßen für selbständigkeit wie für eine beschäftigung sprechen (vgl. bsg sozr 2200 § 1227 nr. 17 s. 38; bsg, urteil v. 28.5.2008, b 12 kr 13/07 r, die beiträge 2008, 333 ff. juris rdnr. 16). nur unter diesen voraussetzungen ist der in einem vertrag dokumentierte parteiwille überhaupt als ein auf selbständigkeit deutendes indiz in die gesamtabwägung einzustellen. allerdings folgt hieraus keine vorfestlegung zugunsten des bestehens einer selbständigen tätigkeit. hierbei ist das indizielle gewicht umso geringer, je uneindeutiger die vertragsgestaltung ist und je stärker die widersprüche zu den tatsächlichen verhältnissen sind. überdies ist die indizielle bedeutung abgeschwächt, wenn wegen eines erheblichen ungleichgewichts der verhandlungspositionen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle vertragsparteien in gleicher weise die möglichkeit hatten, ihre wünsche bzgl. der ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen status durchzusetzen (vgl. zum fall der unerfahrenheit im geschäftsverkehr bag, urteil v. 9.6.2010, 5 azr 332/09, ap nr. 121 zu § 611 bgb abhängigkeit, juris rdnr. 33). 239nach diesen maßstäben kommt einem etwaigen tatsächlichen willen der an dem auftragsverhältnis beteiligten personen, ein sozialversicherungspflichtiges beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, schon deshalb keine indizwirkung zu, da überwiegende gesichtspunkte zugunsten eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses sprechen. in einem solchen fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche status keiner uneingeschränkten dispositionsfreiheit der beteiligten (bverfg, beschluss v. 20.5.1996, 1 bvr 21/96, sozr 3-2400 § 7 nr. 11). sozialversicherungsrecht ist öffentliches recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur disposition der am geschäftsleben beteiligten, dass diese durch die bezeichnung ihrer vertraglichen beziehungen über den eintritt oder nichteintritt sozialrechtlicher rechtsfolgen verfügen können (segebrecht in: jurispk-sgb iv, 3. aufl. 2016, § 7 rdnr. 93). der besondere schutzzweck der sozialversicherung und ihre natur als eine einrichtung des öffentlichen rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche einordnung allein nach dem willen der vertragsparteien, ihren vereinbarungen oder ihren vorstellungen hierüber zu entscheiden (bsg, urteil v. 18.12.2001, b 12 kr 8/01, a.a.o.; urteil v. 3.4.2014, b 5 re 13/14 r, sozr 4-2600 § 6 nr. 12, rdnr. 57). 240(8) weitere in die gesamtabwägung einzustellende gesamtumstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich. insgesamt zeigt die bewertung und gewichtung der abgrenzungsrelevanten umstände, dass sich die tätigkeit der klägerin zu 1) in weitgehender (abstrakter) weisungsgebundenheit in einer von der klägerin zu 2) vorgebebenen betrieblichen ordnung vollzogen hat. für eine selbständige tätigkeit der klägerin zu 1) streitende umstände sind hingegen in einem nur untergeordneten maß vorhanden. die gesamtabwägung spricht deutlich für eine abhängige beschäftigung. 241cc) die beschäftigung der klägerin zu 1) erfolgte auch gegen entgelt (§ 14 sgb iv). 242b) eine versicherungsfreiheit der klägerin zu 1) in den noch streitbefangenen sozialversicherungszweigen der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung hat nicht bestanden. der allein unter dem gesichtspunkt einer geringfügigen beschäftigung (vgl. §§ 27 abs. 2 satz 1 sgb iii, 7 abs. 1 sgb v, 5 abs. 2 satz 1 sgb vi) in betracht kommenden versicherungsfreiheit der klägerin zu 1) hat die beklagte durch die zeitliche beschränkung des regelungszeitraums bis zum 30.4.2010 rechnung getragen. 243c) die beklagte hat eine versicherungspflicht der klägerin zu 1) zutreffend mit dem 14.11.2007, dem tag der aufnahme der beschäftigung, festgestellt. ein späterer eintritt der versicherungspflicht nach § 7a abs. 6 sgb iv kommt nicht in betracht. nach dieser vorschrift tritt, wenn der antrag auf feststellung des sozialversicherungsrechtlichen status nach § 7a abs. 1 satz 1 sgb iv innerhalb eines monats nach aufnahme der tätigkeit gestellt wird und diese ein versicherungspflichtiges beschäftigungsverhältnis feststellt, die versicherungspflicht mit der bekanntgabe der entscheidung ein, wenn der beschäftigte (1.) zustimmt und (2.) er für den zeitraum zwischen aufnahme der beschäftigung und der entscheidung eine absicherung gegen das finanzielle risiko von krankheit und zur altersvorsorge vorgenommen hat, die der art nach den leistungen der gesetzlichen kranken- und rentenversicherung entspricht. diese voraussetzungen sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die klägerin zu 1) den statusfeststellungsantrag für ab dem 14.11.2007 aufgenommene tätigkeit bei der klägerin zu 2) erst am 25.4.2008 gestellt hat. 244die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. die kostenverteilung berücksichtigt das teilobsiegen der klägerinnen durch die mit bescheid vom 24.11.2015 erfolgte aufhebung der feststellung der versicherungspflicht in den zweigen der gesetzlichen krankenversicherung und sozialen pflegeversicherung sowie die beschränkung der regelungswirkung der angefochtenen bescheide in zeitlicher hinsicht bis zum 30.4.2010. 245gründe, gemäß § 160 abs. 2 sgg die revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Verklagte*r
0
126,582
14e O 137/14
"2016-02-01T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht Ansprüche gerichtet auf die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz aus einem behaupteten Sturz am 30. Juni 2011 mit einem Hängesessel wegen eines fehlerhaften Deckenhakens gegen die Beklagten geltend. Sie stützt sich dabei ausschließlich auf Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz. 3Die Beklagte zu 1.) vertreibt ein breites Sortiment von über 13.000 Heimwerker-Artikeln, dabei unter anderem auch den Deckenhaken des Typs LUX, Artikelnummer 430959, Gewindegröße M 10. Die Beklagte zu 2.) wird von der Klägerin als Herstellerin des streitgegenständlichen Deckenhakens in Anspruch genommen. Ob sie die Herstellerin dessen ist oder aber lediglich die Lieferantin, ist zwischen den Parteien streitig. 4Mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Juni 2012 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1.) auf, an sie Schadensersatz in Höhe von 37.918,68 EUR zu zahlen. Sie begründete dies damit, dass sie im Jahr 2009 einen von den Beklagten vertriebenen Deckenhaken erworben habe, an dem sie einen Hängesessel befestigt habe. Da der Haken im Juni 2011 abgebrochen sei, habe sie sich verletzt. Die Beklagte zu 1.) lehnte eine Einstandspflicht ab. Sämtliche Einzelheiten des Vorfalls sind zwischen den Parteien streitig. 5Die Klägerin behauptet, sie habe insgesamt 4 Deckenhaken mit der Nummer 4007874309594 zu einem Preis von jeweils 4,79 EUR am 29.05.2009 im Obi-Baumarkt in Düsseldorf-Lierenfeld gekauft. Wegen der näheren Einzelheiten des Belegs wird auf die Anl. K 2 verwiesen. Zu diesem Zeitpunkt sei zwar ein Klebefähnchen an dem Produkt gewesen, dieses habe aber weder die aus der Anl. K 1 ersichtlichen Abbildungen noch einen anderen Verwendungshinweis enthalten. Insbesondere sei nicht die Verwendung für "Schaukeln" oder "Hängesessel" mittels eines sog. Piktogramms ausgeschlossen gewesen. Das aus der Anl. K1 ersichtliche Fähnchen sei erst nachträglich an den Produkten angebracht worden. Die Belastbarkeit des Deckenhakens sei werkseitig mit 120 kg angegeben worden. Eine solche Belastbarkeit entspreche bei Decken-, Hängematten- und Schaukelhaken auch der Üblichkeit. Die erworbenen Produkte seien ihr, der Klägerin, zuvor vom Zeugen Kessler, einem Außendienstmitarbeiter und Fachberater der Beklagten zu 1.), zur Anbringung ihres Hängesessels empfohlen worden, nachdem sie sich zuvor beim Zeugen ausdrücklich nach Produkten zur Aufhängung eines Hängesessels erkundigt habe. Der Zeuge Kessler habe ihr gegenüber auch die Angabe mit der Belastbarkeit von 120 kg gemacht. Er verfüge aufgrund seiner Tätigkeit über Fachkenntnisse über die Produkte, die von der Beklagten zu 1.) vertrieben würden. Seine Angaben habe der Zeuge in einem späteren Gespräch mit ihr, der Klägerin, auch gegenüber dem damals stellvertretenden Marktleiter, dem Zeugen Piringer, bestätigt. Ihr Ehemann, der Zeuge Beiderbeck, habe sodann im Jahre 2009 den Haken unter Verwendung eines geeigneten Dübels fachgerecht unter anderem in der Betondecke des Balkons des Hauses der Klägerin angebracht und daran einen Hängesessel befestigt. Dazu habe der Zeuge Beiderbeck millimetergenau zu den Dübeln passende Bohrlöcher gebohrt. In der Folgezeit habe der Zeuge Beiderbeck die Konstruktion in mehrmonatigen, jahreszeitlich bedingten Abständen kontrolliert, namentlich immer dann, wenn die Hängesessel auf- bzw. abgehängt worden seien. Dabei habe der Zeuge keinen Rost oder andere Witterungsschäden festgestellt. 6Am 30.06.2011 habe sie, die Klägerin, mit ihrer damals zehn Monate alten Enkelin in dem Hängesessel auf dem Balkon gesessen, wobei sie weder geschaukelt noch den Sessel horizontal gedreht habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sie selbst unter 82 kg gewogen und ihre Enkelin unter 8 kg. Plötzlich sei der Deckenhaken, an dem der Hängesessel befestigt gewesen sei, durchgebrochen, wobei der Rest des fehlerhaften Deckenhackens in dem Dübel in der Betondecke hängen geblieben sei. Sie, die Klägerin, sei mit ihrer Enkelin auf dem Schoß auf den harten Fliesenboden des Balkons gefallen, wobei sie sich schwer verletzt habe. Des Weiteren seien ihr Aufwendungen entstanden und ein Lohn- und Rentenausfall sowie ein Haushaltsführungsschaden seien eingetreten. 7Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe gegen die Beklagten Ersatzansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz zu, da sie den Deckenhaken bestimmungsgemäß verwandt habe, insbesondere fachgerecht habe anbringen lassen. Der Sturz sei ausschließlich auf einen Produktfehler zurückzuführen, für den die Beklagten einzustehen hätten. Für einen Produktfehler und eine nicht gegebene ausreichende Belastbarkeit spreche insbesondere, dass der streitgegenständliche Haken abgebrochen und der Rest des Hakens in dem Dübel in der Betondecke verblieben sei. Der Produktfehler liege darin, dass das Produkt bei bestimmungsgemäßer Anwendung nicht den Anforderungen an die verkehrsübliche Belastung genügt habe. Ihr sei auch kein Eigenverschulden anzurechnen, da sie sich vor dem Verkauf dahingehend habe beraten lassen, dass die Haken zu dem beabsichtigten Zweck bestimmungsgemäß geeignet seien und sie die Anbringung durch ihren Ehemann habe vornehmen lassen, der bedingt durch seine berufliche Tätigkeit über ausreichende Fachkenntnisse verfügt habe. Sofern der Haken für die Anbringung nicht geeignet sei, treffe die Beklagten eine Informationspflichtverletzung, da sich keine ausreichenden Hinweise an den Haken befunden hätten. Selbst wenn sich ein Piktogramm mit einer durchgestrichenen Schaukel am Haken befunden hätte, wäre dies nicht ausreichend, da ein Hängesessel keine Schaukel sei. 8Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 23.06.2014, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, die Klage eingereicht. Der Gerichtskostenvorschuss ist mit Rechnung vom 3.7.2014 angefordert worden, die bei den Klägervertretern am 7.7.2014 eingegangen ist. Daraufhin sind die Gerichtskosten mit Überweisung vom 10.7.2014 beglichen worden. Die Klage ist den Beklagten zu 1.) und zu 2.) jeweils am 21.07.2014 förmlich übersandt worden. 9Die Klägerin beantragt, 101. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 11a) an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, welches aber einen Betrag in Höhe von 65.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte; 12b) an sie einen Betrag in Höhe von 12.638,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.09.2012 zu zahlen; 132. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch für sämtliche Schäden, die ihr aus dem Vorfall vom 30.06.2011 bereits entstanden sind oder zukünftig noch entstehen, haften; 143. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.419,19 EUR freizustellen. 15Die Beklagten beantragen, 16 die Klage abzuweisen. 17Die Beklagten behaupten, zum Zeitpunkt des angeblichen Kaufs habe sich ein Verwendungshinweis, der auf einem Klebefähnchen abgedruckt gewesen sei, an dem Produkt befunden. Hierdurch sei für die Klägerin erkennbar gewesen, dass der Haken nur für eine statische und nicht für eine dynamische Belastung geeignet sei. Das folge nämlich aus dem am Haken befestigten Piktogramm, auf dem eine durchgestrichene Schaukel zu erkennen sei. In Bezug auf die Belastbarkeit sei zu berücksichtigen, dass diese nur für eine statische Verwendung gelte. Bei dynamischen Belastungen könnten wesentlich höhere Kräfte auftreten als diejenigen, die sich allein aus dem Gewicht des Benutzers ergäben. Sofern die Klägerin also vortrage, sie habe mit ihrer Enkelin gemeinsam ein Gewicht von ca. 90 kg gehabt, sei zu berücksichtigen, dass bedingt durch die dynamische Belastung eine höhere Belastung als 120 kg entstünde. Gegen eine fachgerechte Montage der Deckenhaken spreche, dass die im Lieferumfang enthaltenen Teile und Schrauben nicht verwandt worden seien, sondern ein Dübel. Ferner sei der Haken nur zu einem unzureichenden Teil in die Decke eingeschraubt worden, was zur Folge gehabt habe, dass die dynamischen Kräfte mit einem verlängerten Hebel auf die Bruchstelle eingewirkt hätten, so dass der Bruch auf eine unsachgemäße Montage zurückzuführen sei. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Deckenhaken im vorliegenden Fall, anders als in Innenräumen, der Witterung und damit verbundenen Temperaturschwankungen sowie Feuchtigkeit ausgesetzt gewesen seien. 18Die Beklagten sind des Weiteren der Ansicht, die Ansprüche seien verjährt 19Die Beklagte zu 1.) behauptet ferner, in Bezug auf die Anbringung des Produktfähnchens mit dem EAN-Code und den Produktdaten inklusive Piktogramm, dass sich dieses seit Einführung des Deckenhakens im Jahr 2007 an dem Produkt befunden habe. Seit dem Jahr 2007 sei lediglich das Logo aktualisiert worden (Anl. BLD1), nämlich von "LUX" zu "LUX Lux-Tools". Insbesondere befinde sich seit Einführung des Produktes im Jahre 2007 ein Piktogramm mit der durchgestrichenen Hängeschaukel an dem Produkt. Auch weise ein auf dem Klebefähnchen abgebildeter Stahlträger im Zusammenhang mit den mitgelieferten Muttern darauf hin, dass der Deckenhaken durch eine Durchgangsbohrung geführt und mit zwei der mitgelieferten Muttern gekontert werden müsse. Das Produktfähnchen sei im Übrigen auch die (einzige) Produktbeschreibung für den Endverbraucher. Der Zeuge Kessler, der seit dem 30.04.2012 nicht mehr bei der Beklagten zu 1.) angestellt sei, sei im Jahre 2009 zum Zeitpunkt des behaupteten Kaufs als Kundenbetreuer im Außendienst für den Obi-Markt als Kunden tätig gewesen, wobei seine Aufgaben unter anderem im Bereich der Disposition der Sortiments- und Aktionsware, der Bearbeitung von Marktretouren, der Durchführung von kleineren Umbauten sowie Kommunikation mit Mitarbeitern bezüglich der Aktionsflächen gelegen haben. Nicht hingegen sei es Aufgabe des Zeugen Kessler gewesen, als Fachberater aufzutreten. Die Klägerin habe den Schaden ausschließlich selbst verursacht, indem sie den Deckenhaken nicht bestimmungsgemäß verwandt und nicht gemäß den Angaben mit den Muttern gekontert habe. 20Die Beklagte zu 2.) behauptet, zu keinem Zeitpunkt sei eine Gewichtsangabe an den streitgegenständlichen Deckenhaken aufgebracht worden und zu keiner Zeit sei ausgewiesen oder sonst wie zugesagt worden, dass sich die Maximalbelastung auf 120 kg belaufe. 21Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 27. April 2015, 5. Oktober 2015 und 14. Dezember 2015 durch Vernehmung der Zeugen Kessler, Beiderbeck, Mientus, Dodt und Pieringer. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 5. Oktober 2015 und 14. Dezember 2015 verwiesen. 22Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Klage ist nicht begründet. 25I. 26Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen die Beklagten gem. § 1 Abs. 1 ProdHaftG. 271. 28Die Klägerin hat ihre Ansprüche zwar rechtzeitig in nicht verjährter Zeit geltend gemacht, die Voraussetzungen für eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz, auf das die Klägerin ihre Ansprüche ausschließlich stützt, sind aber nicht gegeben. Offen bleiben kann dabei, ob die Beklagten als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes zu qualifizieren sind, denn eine Fehlerhaftigkeit des Deckenhakens im Sinne des § 3 Abs. 1 ProdHaftG lässt sich nicht feststellen. 292. 30Die Klägerin hat vorliegend den Deckenhaken erkennbar bestimmungswidrig verwandt, da er für die Aufhängung eines Hängesessels nicht geeignet war. Es liegen weder ein für den Schaden ursächlicher Material-, noch ein Instruktionsfehler vor. 31a) Ein Produkt hat gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a bis c ProdHaftG einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung der Umstände - insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, oder des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde - berechtigterweise erwartet werden kann. Sicherheitserwartungen, die der Verkehr berechtigterweise an ein Produkt stellt, sind nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen (vgl. Münchener Kommentar/Wagner, ProdHaftG, 6. Auflage 2013, § 3 Rn. 2 ff.). Es bedarf insoweit einer wertenden Beurteilung. Nach dem Produkthaftungsgesetz kann aber keine absolute Sicherheit verlangt werden. Der Hersteller schuldet nur solche Sicherheitsmaßnahmen, deren Nutzen in Gestalt verminderter Schäden in einem angemessenen Verhältnis zu ihren Kosten steht, die also nach den Gegebenheiten des konkreten Falls zur Vermeidung einer Gefahr objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind. Die Produktsicherheit kann immer nur mit Blick auf bestimmte Verwendungszwecke gewährleistet werden. Daraus folgt, dass das Produkt den Sicherheitserwartungen bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch entsprechen muss. Darüber hinaus erfasst die Vorschrift des § 3 Abs. 1 b ProdHaftG den bestimmungswidrigen Fehlgebrauch des Produkts, soweit er vorhersehbar oder üblich ist. Der Hersteller hat das Produkt so zu gestalten, dass es auch bei solchen Verwendungsformen sicher ist. Die Grenze ist aber erreicht, wenn der Verwender das Produkt zweckentfremdet und damit Gefahren heraufbeschwört, die nicht dem Hersteller, sondern allein ihm selbst zuzurechnen sind. 32Ferner kann auch ein Instruktionsfehler gegeben sein. Ein solcher liegt vor, wenn der Verwender nicht oder nur unzureichend über die Art und Weise der Verwendung und die damit verbundenen Gefahren aufgeklärt wird. Die Fehlerhaftigkeit kann sich aus dem gänzlichen Fehlen einer Anweisung oder Gebrauchsanleitung oder aufgrund inhaltlicher Mängel der gelieferten Gebrauchsanleitung ergeben. Der Hersteller muss dem Benutzer deutliche, verständliche und richtige Anweisungen über den sicheren Gebrauch des Produkts geben. An dieser Stelle wirkt sich aus, dass § 3 Abs. 1 b ProdHaftG die Sicherheitsanforderungen nicht allein auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch fokussiert, sondern auch den vorhersehbaren Fehlgebrauch einbezieht. Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast, § 1 Abs. 4 S. 1 ProdHaftG. 33b) 34aa) Auf der Grundlage des Vorstehenden lässt sich ein Fehler bei den Deckenhaken nicht feststellen. Das Gericht geht vorliegend von einer bestimmungswidrigen Verwendung des Hakens durch die Klägerin trotz ausreichender Kennzeichnung aus. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme befand sich auf dem Etikett, das sich an dem streitgegenständlichen Haken befand, das Symbol einer durchgestrichenen Schaukel. Durch diese Produktinformation wurde der Klägerin ausreichend verdeutlicht, dass der Haken nicht dafür geeignet war, einen Hängesessel daran zu befestigen. 35Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich an dem streitgegenständlichen Haken, den die Klägerin im Jahr 2009 erworben und im Jahr 2011 durch ihren Ehemann in die Decke des Balkons angebracht haben will, ein Produktfähnchen befunden hat. Entsprechendes haben auch die von der Klägerin benannten Zeugen Beiderbeck und Kessler bestätigt. Beide gaben an, dass sich ein Klebefähnchen an dem Deckenhaken befand. Davon, dass sich auf diesem Fähnchen im Zeitpunkt des Kaufes ein Piktogramm mit einer durchgestrichenen Schaukel entsprechend der Anl. K1 befand, geht das Gericht nach der Aussage des Zeugen Mientus aus. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass sich auf diesem Fähnchen ein Barcode und Piktogramme befinden und u.a. eine durchgestrichene Schaukel zu erkennen ist. Das besagt nach Auskunft des Zeugen, dass es sich um einen Haken handelt, der nur für statische Belastungen geeignet ist. An derartigen Haken können zum Beispiel Blumenampeln oder aber bestimmte Leuchten befestigt werden. Der Zeuge gab weiter an, dass der streitgegenständliche Artikel ausweislich der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen erstmals am 18.01.2007 im Warenwirtschaftssystem erfasst und von seinem Arbeitgeber, der Beklagten zu 1.), vertrieben worden ist. Er hat angegeben, dies anhand der Anlage BLD 5 erkennen zu können. Aus der Anlage BLD 6 ergebe sich, dass ein Warenzufluss erstmals am 23.02.2007 erfolgt sei. Frühere Erfassungen gebe es im Warenwirtschaftssystem nicht, so dass daraus entnommen werden könne, dass dieser Haken vorher nicht im Warensystem und im Warenbestand existent gewesen sei. Nach Vorhalt der Anlage BLD 1 könne er bestätigen, dass es sich bei den darauf erkennbaren Druckfahnen um das streitgegenständliche Produkt handele. Es sei dabei zunächst eine Druckfahne aus dem Jahre 2007 vom 02.02. zu ersehen. Diese Druckfahne sei an diesem Tag freigegeben und unterzeichnet worden. Auf der nächsten Seite sei eine spätere Druckfahne zu erkennen aus dem Jahre 2013, bei der das Logo der Firma Lux angepasst worden sei sowie die Adresse und der Herstellungsort auf der Rückseite. Die Freigabe habe er am 22.10.2013 unterzeichnet. Sämtliche Druckfahnen bezüglich der Artikel der Beklagten zu 1.) würden in der Grafikabteilung erfasst und dort aufbewahrt. Der Zeuge hat auch sicher ausschließen können, dass es weitere Druckfahnen für den Artikel gegeben hat, und ist sich sicher gewesen, dass sämtliche Produkte mit Fahnen versehen geliefert und weiter an die entsprechenden Märkte ausgeliefert werden. 36Danach steht zur hinreichenden Überzeugung der Kammer fest, dass das aus der Anl. K1 ersichtliche Fähnchen - entgegen der Behauptung der Klägerin - nicht erst nach dem Unfall am Produkt angebracht wurde, sondern sich bereits im Zeitpunkt des Kaufes dort befand. Die Angaben des Zeugen Mientus sind glaubhaft. Das Gericht verkennt nicht, dass der Zeuge bei der Beklagten zu 2.) als Industriekaufmann beschäftigt ist, so dass grundsätzlich ein Interesse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits nicht ausgeschlossen ist. Die Angaben sind jedoch detailliert, nachvollziehbar, in sich schlüssig und stimmen mit dem Inhalt der Anlage K1 überein. Die Angaben des Zeugen finden zudem Bestätigung in der Bekundung des Zeugen Dodt. Zwar hat der Zeuge Dodt ebenfalls ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, da er der Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten zu 2.) ist. Er vermochte sich auch nicht mehr an alle Einzelheiten zu erinnern, konnte aber bestätigen, die Daten aus der Anlage BLD 1 dem Parteienvertreter übermittelt zu haben, wobei er angab, diese aus dem System der Beklagten zu 2.) entnommen zu haben. Hierbei handele es sich um die Ursprungsdatei, die ihnen von der Firma Lux zur Verfügung gestellt worden sei. 37Dem stehen auch die Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen Kessler und Beiderbeck nicht entgegen. Beide konnten sich nämlich konkret nicht mehr an den Inhalt des Aufdrucks auf den Klebeetiketten erinnern und waren daher nicht in der Lage, das Vorhandensein des Schaukelsymbols auszuschließen. Auch der Zeuge Pieringer konnte, nachdem er nach einem Piktogramm in Form einer durchgestrichenen Schaukel gefragt wurde, dazu keine konkreten Angaben machen. 38bb) Das Symbol einer durchgestrichenen Schaukel verbietet für die angesprochenen Verkehrskreise hinreichend deutlich das Aufhängen eines Hängesessels mit dem Haken. Das Symbol ist allgemein dahin zu verstehen, dass der Deckenhaken ungeeignet ist für alle Lasten, die nicht statisch (z.B. Blumenampel, Adventskranz), sondern dynamisch (z.B. Schaukel) aufgehängt werden. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass ein Hängesessel keine Schaukel ist. Auch bei einem Hängesessel kommt es jedoch regelmäßig zu Schwingungen, die zumindest beim Hinsetzen und Aufstehen erzeugt werden, die mit Zug- oder Hebelkräften auf den Haken einwirken. Die Benutzung des Hakens für die Aufhängung schwingender oder schaukelnder Objekte wird durch das Symbol aber gerade für den verständigen Betrachter hinreichend deutlich untersagt. Von den Beklagten konnte und musste dabei nicht erwartet werden, zusätzlich noch ein Symbol zu verwenden, das einen Hängesessel wiedergibt. Würde die Druckfahne eine Vielzahl an theoretisch möglichen Nutzungsarten wiedergeben, die mit einer dynamischen Belastung verbunden sind, dann ginge die Warn- und Hinweisfunktion des Symbolhaften auch aufgrund der dann fehlenden Übersichtlichkeit verloren. Ein "Piktogramm" ist nämlich ausweislich des Dudens nur die "stilisierte Darstellung von etwas, um eine bestimmte Information zu vermitteln, um eine Orientierungshilfe zu geben". 39Die Klägerin rügt auch zu Unrecht das Fehlen einer ausführlichen textlichen Produktbeschreibung. Das Symbol der durchgestrichenen Schaukel vermittelt den betroffenen Verkehrskreisen, dazu gehören unter anderem die Kunden eines Baumarktes, hinreichend deutlich den notwendigen Informationsgehalt, um einen Fehlgebrauch durch den Endabnehmer zu verhüten. Dabei ist das Verbot „keine Hängeschaukel" so zu verstehen, dass das Bild der Hängeschaukel beispielhaft gewählt worden ist. Mit dem Verbot wird jegliche Verwendung zu einem ähnlichen Zweck, wie beispielsweise der Anbringung einer Hängematte oder eines Hängesessels, ausgeschlossen. 40Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Anlage K 13, die eine andere Produktart der Beklagten, nämlich einen Haken für eine Kinderschaukel betrifft. Dieser Umstand ergibt sich aus dem auf der Produktbezeichnung wiedergegebenen Lichtbild eines schaukelnden Kindes. Das ist ein anderer Fall, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist. Deswegen kann die Klägerin aus der Benutzung des andersartigen Symbols in dem anderen Zusammenhang nichts für sich herleiten. Das Klebefähnchen für die Kinderschaukel gibt zwar das Symbol eines durchgestrichenen Hängesessels wieder. Auch für einen flüchtigen Beobachter ist aber auf Anhieb erkennbar, dass für diesen Haken die Eignung für eine einfache Aufhängung, wie sie bei einem Hängesessel Verwendung findet, ausgeschlossen werden sollte, wohingegen es bei einer Schaukel einer zweifachen Aufhängung bei Verwendung von zwei Haken bedarf. 41Mit der berechtigten Ansicht der Beklagten ist dabei die Verwendung des Deckenhakens als Aufhängung für einen Hängesessel ein nicht vorhersehbarer Fehlgebrauch, vor dem die Beklagten hinreichend auf dem Produktfähnchen gewarnt haben. Das Gericht braucht deswegen nicht der Frage nachzugehen, ob der Deckenhaken aufgrund einer Materialermüdung gebrochen ist oder ob der Deckenhaken nicht fachgerecht befestigt worden ist. Wäre der Deckenhaken ein Ausreißer gewesen, dann wäre dieser zwar ggfs. auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung gebrochen. Dann hätte der Schaden in seiner konkreten Gestalt aber nicht eintreten können. Der Bruch des Hakens unter Lasten, die nicht dynamisch (z.B. Blumenampel, Adventskranz) sind, bringt nämlich andere Gefahren mit sich. 42c) Es kann auch dahinstehen, ob die Beklagte zu 1.) sich das Verhalten des Zeugen Kessler gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss. Es fehlt insoweit schon an einem Fehlverhalten des Zeugen Kessler. Aus der Beweisaufnahme ergibt sich nicht, dass der Zeuge Kessler gegenüber der Klägerin den Eindruck erweckt hat, besonders fachkundig zu sein. Der Zeuge Kessler hat angegeben, sich an dem Info-Einleger, der am Warenregal angebracht worden war, orientiert zu haben, um der Klägerin sodann einen Rat zu erteilen. Er nahm auch kraft seiner Stellung kein besonderes Vertrauen auf das Vorhandensein einer Fachkunde in Anspruch, weil es nicht seine Aufgabe war, die Endkunden zu beraten. Der Zeuge hat sicher ausschließen können, bei der Klägerin unzutreffend einen solchen Eindruck erweckt zu haben. Das hat der Zeuge durch den Hinweis nachvollziehbar gemacht, dass die Klägerin zuvor in dem betreffenden Markt als Mitarbeiterin tätig gewesen ist und seine Person und seinen Tätigkeitskreis gekannt hat. Auch die Klägerin bestätigte bei ihrer persönlichen Anhörung, sich die Bezeichnungen zusammen mit dem Zeugen Kessler angesehen zu haben und zusammen zu dem Schluss gekommen zu sein, die Haken seien geeignet. 43II. 44Wegen Nichtbestehen der Hauptforderung können auch keine Zinsen und Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung zugesprochen werden. 45III. 46Aus den obigen Gründen ist der Feststellungsantrag Ziffer 3 der Klage ebenfalls nicht begründet. 47IV. 48Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. 49Der Streitwert wird festgesetzt auf: 5082.638,68 EUR 51[Klageantrag zu 1.): 65.000 EUR; 52Klageantrag zu 2.): 12.638,68 EUR; 53Klageantrag zu 3.): 5.000 EUR]
die klage wird abgewiesen. die klägerin hat die kosten des rechtsstreits zu tragen. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1
2die klägerin macht ansprüche gerichtet auf die zahlung von schmerzensgeld und schadensersatz aus einem behaupteten sturz am 30. juni 2011 mit einem hängesessel wegen eines fehlerhaften deckenhakens gegen die beklagten geltend. sie stützt sich dabei ausschließlich auf ansprüche aus dem produkthaftungsgesetz. 3die beklagte zu 1.) vertreibt ein breites sortiment von über 13.000 heimwerker-artikeln, dabei unter anderem auch den deckenhaken des typs lux, artikelnummer 430959, gewindegröße m 10. die beklagte zu 2.) wird von der klägerin als herstellerin des streitgegenständlichen deckenhakens in anspruch genommen. ob sie die herstellerin dessen ist oder aber lediglich die lieferantin, ist zwischen den parteien streitig. 4mit anwaltlichem schreiben vom 4. juni 2012 forderte die klägerin die beklagte zu 1.) auf, an sie schadensersatz in höhe von 37.918,68 eur zu zahlen. sie begründete dies damit, dass sie im jahr 2009 einen von den beklagten vertriebenen deckenhaken erworben habe, an dem sie einen hängesessel befestigt habe. da der haken im juni 2011 abgebrochen sei, habe sie sich verletzt. die beklagte zu 1.) lehnte eine einstandspflicht ab. sämtliche einzelheiten des vorfalls sind zwischen den parteien streitig. 5die klägerin behauptet, sie habe insgesamt 4 deckenhaken mit der nummer 4007874309594 zu einem preis von jeweils 4,79 eur am 29.05.2009 im obi-baumarkt in düsseldorf-lierenfeld gekauft. wegen der näheren einzelheiten des belegs wird auf die anl. k 2 verwiesen. zu diesem zeitpunkt sei zwar ein klebefähnchen an dem produkt gewesen, dieses habe aber weder die aus der anl. k 1 ersichtlichen abbildungen noch einen anderen verwendungshinweis enthalten. insbesondere sei nicht die verwendung für "schaukeln" oder "hängesessel" mittels eines sog. piktogramms ausgeschlossen gewesen. das aus der anl. k1 ersichtliche fähnchen sei erst nachträglich an den produkten angebracht worden. die belastbarkeit des deckenhakens sei werkseitig mit 120 kg angegeben worden. eine solche belastbarkeit entspreche bei decken-, hängematten- und schaukelhaken auch der üblichkeit. die erworbenen produkte seien ihr, der klägerin, zuvor vom zeugen kessler, einem außendienstmitarbeiter und fachberater der beklagten zu 1.), zur anbringung ihres hängesessels empfohlen worden, nachdem sie sich zuvor beim zeugen ausdrücklich nach produkten zur aufhängung eines hängesessels erkundigt habe. der zeuge kessler habe ihr gegenüber auch die angabe mit der belastbarkeit von 120 kg gemacht. er verfüge aufgrund seiner tätigkeit über fachkenntnisse über die produkte, die von der beklagten zu 1.) vertrieben würden. seine angaben habe der zeuge in einem späteren gespräch mit ihr, der klägerin, auch gegenüber dem damals stellvertretenden marktleiter, dem zeugen piringer, bestätigt. ihr ehemann, der zeuge beiderbeck, habe sodann im jahre 2009 den haken unter verwendung eines geeigneten dübels fachgerecht unter anderem in der betondecke des balkons des hauses der klägerin angebracht und daran einen hängesessel befestigt. dazu habe der zeuge beiderbeck millimetergenau zu den dübeln passende bohrlöcher gebohrt. in der folgezeit habe der zeuge beiderbeck die konstruktion in mehrmonatigen, jahreszeitlich bedingten abständen kontrolliert, namentlich immer dann, wenn die hängesessel auf- bzw. abgehängt worden seien. dabei habe der zeuge keinen rost oder andere witterungsschäden festgestellt. 6am 30.06.2011 habe sie, die klägerin, mit ihrer damals zehn monate alten enkelin in dem hängesessel auf dem balkon gesessen, wobei sie weder geschaukelt noch den sessel horizontal gedreht habe. zu diesem zeitpunkt habe sie selbst unter 82 kg gewogen und ihre enkelin unter 8 kg. plötzlich sei der deckenhaken, an dem der hängesessel befestigt gewesen sei, durchgebrochen, wobei der rest des fehlerhaften deckenhackens in dem dübel in der betondecke hängen geblieben sei. sie, die klägerin, sei mit ihrer enkelin auf dem schoß auf den harten fliesenboden des balkons gefallen, wobei sie sich schwer verletzt habe. des weiteren seien ihr aufwendungen entstanden und ein lohn- und rentenausfall sowie ein haushaltsführungsschaden seien eingetreten. 7die klägerin ist der ansicht, ihr stehe gegen die beklagten ersatzansprüche nach dem produkthaftungsgesetz zu, da sie den deckenhaken bestimmungsgemäß verwandt habe, insbesondere fachgerecht habe anbringen lassen. der sturz sei ausschließlich auf einen produktfehler zurückzuführen, für den die beklagten einzustehen hätten. für einen produktfehler und eine nicht gegebene ausreichende belastbarkeit spreche insbesondere, dass der streitgegenständliche haken abgebrochen und der rest des hakens in dem dübel in der betondecke verblieben sei. der produktfehler liege darin, dass das produkt bei bestimmungsgemäßer anwendung nicht den anforderungen an die verkehrsübliche belastung genügt habe. ihr sei auch kein eigenverschulden anzurechnen, da sie sich vor dem verkauf dahingehend habe beraten lassen, dass die haken zu dem beabsichtigten zweck bestimmungsgemäß geeignet seien und sie die anbringung durch ihren ehemann habe vornehmen lassen, der bedingt durch seine berufliche tätigkeit über ausreichende fachkenntnisse verfügt habe. sofern der haken für die anbringung nicht geeignet sei, treffe die beklagten eine informationspflichtverletzung, da sich keine ausreichenden hinweise an den haken befunden hätten. selbst wenn sich ein piktogramm mit einer durchgestrichenen schaukel am haken befunden hätte, wäre dies nicht ausreichend, da ein hängesessel keine schaukel sei. 8die klägerin hat mit schriftsatz vom 23.06.2014, bei gericht per fax eingegangen am selben tag, die klage eingereicht. der gerichtskostenvorschuss ist mit rechnung vom 3.7.2014 angefordert worden, die bei den klägervertretern am 7.7.2014 eingegangen ist. daraufhin sind die gerichtskosten mit überweisung vom 10.7.2014 beglichen worden. die klage ist den beklagten zu 1.) und zu 2.) jeweils am 21.07.2014 förmlich übersandt worden. 9die klägerin beantragt, 101. die beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 11a) an sie ein angemessenes schmerzensgeld zu zahlen, dessen höhe ausdrücklich in das ermessen des gerichts gestellt wird, welches aber einen betrag in höhe von 65.000,00 eur nicht unterschreiten sollte; 12b) an sie einen betrag in höhe von 12.638,68 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 21.09.2012 zu zahlen; 132. festzustellen, dass die beklagten gesamtschuldnerisch für sämtliche schäden, die ihr aus dem vorfall vom 30.06.2011 bereits entstanden sind oder zukünftig noch entstehen, haften; 143. die beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die klägerin von vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten in höhe von 1.419,19 eur freizustellen. 15die beklagten beantragen, 16 die klage abzuweisen. 17die beklagten behaupten, zum zeitpunkt des angeblichen kaufs habe sich ein verwendungshinweis, der auf einem klebefähnchen abgedruckt gewesen sei, an dem produkt befunden. hierdurch sei für die klägerin erkennbar gewesen, dass der haken nur für eine statische und nicht für eine dynamische belastung geeignet sei. das folge nämlich aus dem am haken befestigten piktogramm, auf dem eine durchgestrichene schaukel zu erkennen sei. in bezug auf die belastbarkeit sei zu berücksichtigen, dass diese nur für eine statische verwendung gelte. bei dynamischen belastungen könnten wesentlich höhere kräfte auftreten als diejenigen, die sich allein aus dem gewicht des benutzers ergäben. sofern die klägerin also vortrage, sie habe mit ihrer enkelin gemeinsam ein gewicht von ca. 90 kg gehabt, sei zu berücksichtigen, dass bedingt durch die dynamische belastung eine höhere belastung als 120 kg entstünde. gegen eine fachgerechte montage der deckenhaken spreche, dass die im lieferumfang enthaltenen teile und schrauben nicht verwandt worden seien, sondern ein dübel. ferner sei der haken nur zu einem unzureichenden teil in die decke eingeschraubt worden, was zur folge gehabt habe, dass die dynamischen kräfte mit einem verlängerten hebel auf die bruchstelle eingewirkt hätten, so dass der bruch auf eine unsachgemäße montage zurückzuführen sei. im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen deckenhaken im vorliegenden fall, anders als in innenräumen, der witterung und damit verbundenen temperaturschwankungen sowie feuchtigkeit ausgesetzt gewesen seien. 18die beklagten sind des weiteren der ansicht, die ansprüche seien verjährt 19die beklagte zu 1.) behauptet ferner, in bezug auf die anbringung des produktfähnchens mit dem ean-code und den produktdaten inklusive piktogramm, dass sich dieses seit einführung des deckenhakens im jahr 2007 an dem produkt befunden habe. seit dem jahr 2007 sei lediglich das logo aktualisiert worden (anl. bld1), nämlich von "lux" zu "lux lux-tools". insbesondere befinde sich seit einführung des produktes im jahre 2007 ein piktogramm mit der durchgestrichenen hängeschaukel an dem produkt. auch weise ein auf dem klebefähnchen abgebildeter stahlträger im zusammenhang mit den mitgelieferten muttern darauf hin, dass der deckenhaken durch eine durchgangsbohrung geführt und mit zwei der mitgelieferten muttern gekontert werden müsse. das produktfähnchen sei im übrigen auch die (einzige) produktbeschreibung für den endverbraucher. der zeuge kessler, der seit dem 30.04.2012 nicht mehr bei der beklagten zu 1.) angestellt sei, sei im jahre 2009 zum zeitpunkt des behaupteten kaufs als kundenbetreuer im außendienst für den obi-markt als kunden tätig gewesen, wobei seine aufgaben unter anderem im bereich der disposition der sortiments- und aktionsware, der bearbeitung von marktretouren, der durchführung von kleineren umbauten sowie kommunikation mit mitarbeitern bezüglich der aktionsflächen gelegen haben. nicht hingegen sei es aufgabe des zeugen kessler gewesen, als fachberater aufzutreten. die klägerin habe den schaden ausschließlich selbst verursacht, indem sie den deckenhaken nicht bestimmungsgemäß verwandt und nicht gemäß den angaben mit den muttern gekontert habe. 20die beklagte zu 2.) behauptet, zu keinem zeitpunkt sei eine gewichtsangabe an den streitgegenständlichen deckenhaken aufgebracht worden und zu keiner zeit sei ausgewiesen oder sonst wie zugesagt worden, dass sich die maximalbelastung auf 120 kg belaufe. 21das gericht hat beweis erhoben gemäß den beweisbeschlüssen vom 27. april 2015, 5. oktober 2015 und 14. dezember 2015 durch vernehmung der zeugen kessler, beiderbeck, mientus, dodt und pieringer. hinsichtlich des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsprotokolle vom 5. oktober 2015 und 14. dezember 2015 verwiesen. 22wegen des weiteren sach- und streitstandes wird auf die wechselseitigen schriftsätze der parteien nebst anlagen bezug genommen. 23
24die zulässige klage ist nicht begründet. 25i. 26die klägerin hat keinen anspruch auf schadenersatz und schmerzensgeld gegen die beklagten gem. § 1 abs. 1 prodhaftg. 271. 28die klägerin hat ihre ansprüche zwar rechtzeitig in nicht verjährter zeit geltend gemacht, die voraussetzungen für eine haftung nach dem produkthaftungsgesetz, auf das die klägerin ihre ansprüche ausschließlich stützt, sind aber nicht gegeben. offen bleiben kann dabei, ob die beklagten als hersteller im sinne des produkthaftungsgesetzes zu qualifizieren sind, denn eine fehlerhaftigkeit des deckenhakens im sinne des § 3 abs. 1 prodhaftg lässt sich nicht feststellen. 292. 30die klägerin hat vorliegend den deckenhaken erkennbar bestimmungswidrig verwandt, da er für die aufhängung eines hängesessels nicht geeignet war. es liegen weder ein für den schaden ursächlicher material-, noch ein instruktionsfehler vor. 31a) ein produkt hat gemäß § 3 abs. 1 buchst. a bis c prodhaftg einen fehler, wenn es nicht die sicherheit bietet, die unter berücksichtigung der umstände - insbesondere seiner darbietung, des gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, oder des zeitpunkts, in dem es in den verkehr gebracht wurde - berechtigterweise erwartet werden kann. sicherheitserwartungen, die der verkehr berechtigterweise an ein produkt stellt, sind nach einem objektiven maßstab zu beurteilen (vgl. münchener kommentar/wagner, prodhaftg, 6. auflage 2013, § 3 rn. 2 ff.). es bedarf insoweit einer wertenden beurteilung. nach dem produkthaftungsgesetz kann aber keine absolute sicherheit verlangt werden. der hersteller schuldet nur solche sicherheitsmaßnahmen, deren nutzen in gestalt verminderter schäden in einem angemessenen verhältnis zu ihren kosten steht, die also nach den gegebenheiten des konkreten falls zur vermeidung einer gefahr objektiv erforderlich und nach objektiven maßstäben zumutbar sind. die produktsicherheit kann immer nur mit blick auf bestimmte verwendungszwecke gewährleistet werden. daraus folgt, dass das produkt den sicherheitserwartungen bei einem bestimmungsgemäßen gebrauch entsprechen muss. darüber hinaus erfasst die vorschrift des § 3 abs. 1 b prodhaftg den bestimmungswidrigen fehlgebrauch des produkts, soweit er vorhersehbar oder üblich ist. der hersteller hat das produkt so zu gestalten, dass es auch bei solchen verwendungsformen sicher ist. die grenze ist aber erreicht, wenn der verwender das produkt zweckentfremdet und damit gefahren heraufbeschwört, die nicht dem hersteller, sondern allein ihm selbst zuzurechnen sind. 32ferner kann auch ein instruktionsfehler gegeben sein. ein solcher liegt vor, wenn der verwender nicht oder nur unzureichend über die art und weise der verwendung und die damit verbundenen gefahren aufgeklärt wird. die fehlerhaftigkeit kann sich aus dem gänzlichen fehlen einer anweisung oder gebrauchsanleitung oder aufgrund inhaltlicher mängel der gelieferten gebrauchsanleitung ergeben. der hersteller muss dem benutzer deutliche, verständliche und richtige anweisungen über den sicheren gebrauch des produkts geben. an dieser stelle wirkt sich aus, dass § 3 abs. 1 b prodhaftg die sicherheitsanforderungen nicht allein auf den bestimmungsgemäßen gebrauch fokussiert, sondern auch den vorhersehbaren fehlgebrauch einbezieht. für den fehler, den schaden und den ursächlichen zusammenhang zwischen fehler und schaden trägt der geschädigte die darlegungs- und beweislast, § 1 abs. 4 s. 1 prodhaftg. 33b) 34aa) auf der grundlage des vorstehenden lässt sich ein fehler bei den deckenhaken nicht feststellen. das gericht geht vorliegend von einer bestimmungswidrigen verwendung des hakens durch die klägerin trotz ausreichender kennzeichnung aus. nach dem ergebnis der beweisaufnahme befand sich auf dem etikett, das sich an dem streitgegenständlichen haken befand, das symbol einer durchgestrichenen schaukel. durch diese produktinformation wurde der klägerin ausreichend verdeutlicht, dass der haken nicht dafür geeignet war, einen hängesessel daran zu befestigen. 35zwischen den parteien ist unstreitig, dass sich an dem streitgegenständlichen haken, den die klägerin im jahr 2009 erworben und im jahr 2011 durch ihren ehemann in die decke des balkons angebracht haben will, ein produktfähnchen befunden hat. entsprechendes haben auch die von der klägerin benannten zeugen beiderbeck und kessler bestätigt. beide gaben an, dass sich ein klebefähnchen an dem deckenhaken befand. davon, dass sich auf diesem fähnchen im zeitpunkt des kaufes ein piktogramm mit einer durchgestrichenen schaukel entsprechend der anl. k1 befand, geht das gericht nach der aussage des zeugen mientus aus. der zeuge hat bei seiner vernehmung bekundet, dass sich auf diesem fähnchen ein barcode und piktogramme befinden und u.a. eine durchgestrichene schaukel zu erkennen ist. das besagt nach auskunft des zeugen, dass es sich um einen haken handelt, der nur für statische belastungen geeignet ist. an derartigen haken können zum beispiel blumenampeln oder aber bestimmte leuchten befestigt werden. der zeuge gab weiter an, dass der streitgegenständliche artikel ausweislich der ihm zur verfügung stehenden unterlagen erstmals am 18.01.2007 im warenwirtschaftssystem erfasst und von seinem arbeitgeber, der beklagten zu 1.), vertrieben worden ist. er hat angegeben, dies anhand der anlage bld 5 erkennen zu können. aus der anlage bld 6 ergebe sich, dass ein warenzufluss erstmals am 23.02.2007 erfolgt sei. frühere erfassungen gebe es im warenwirtschaftssystem nicht, so dass daraus entnommen werden könne, dass dieser haken vorher nicht im warensystem und im warenbestand existent gewesen sei. nach vorhalt der anlage bld 1 könne er bestätigen, dass es sich bei den darauf erkennbaren druckfahnen um das streitgegenständliche produkt handele. es sei dabei zunächst eine druckfahne aus dem jahre 2007 vom 02.02. zu ersehen. diese druckfahne sei an diesem tag freigegeben und unterzeichnet worden. auf der nächsten seite sei eine spätere druckfahne zu erkennen aus dem jahre 2013, bei der das logo der firma lux angepasst worden sei sowie die adresse und der herstellungsort auf der rückseite. die freigabe habe er am 22.10.2013 unterzeichnet. sämtliche druckfahnen bezüglich der artikel der beklagten zu 1.) würden in der grafikabteilung erfasst und dort aufbewahrt. der zeuge hat auch sicher ausschließen können, dass es weitere druckfahnen für den artikel gegeben hat, und ist sich sicher gewesen, dass sämtliche produkte mit fahnen versehen geliefert und weiter an die entsprechenden märkte ausgeliefert werden. 36danach steht zur hinreichenden überzeugung der kammer fest, dass das aus der anl. k1 ersichtliche fähnchen - entgegen der behauptung der klägerin - nicht erst nach dem unfall am produkt angebracht wurde, sondern sich bereits im zeitpunkt des kaufes dort befand. die angaben des zeugen mientus sind glaubhaft. das gericht verkennt nicht, dass der zeuge bei der beklagten zu 2.) als industriekaufmann beschäftigt ist, so dass grundsätzlich ein interesse des zeugen am ausgang des rechtsstreits nicht ausgeschlossen ist. die angaben sind jedoch detailliert, nachvollziehbar, in sich schlüssig und stimmen mit dem inhalt der anlage k1 überein. die angaben des zeugen finden zudem bestätigung in der bekundung des zeugen dodt. zwar hat der zeuge dodt ebenfalls ein interesse am ausgang des rechtsstreits, da er der ehemann der geschäftsführerin der beklagten zu 2.) ist. er vermochte sich auch nicht mehr an alle einzelheiten zu erinnern, konnte aber bestätigen, die daten aus der anlage bld 1 dem parteienvertreter übermittelt zu haben, wobei er angab, diese aus dem system der beklagten zu 2.) entnommen zu haben. hierbei handele es sich um die ursprungsdatei, die ihnen von der firma lux zur verfügung gestellt worden sei. 37dem stehen auch die aussagen der von der klägerin benannten zeugen kessler und beiderbeck nicht entgegen. beide konnten sich nämlich konkret nicht mehr an den inhalt des aufdrucks auf den klebeetiketten erinnern und waren daher nicht in der lage, das vorhandensein des schaukelsymbols auszuschließen. auch der zeuge pieringer konnte, nachdem er nach einem piktogramm in form einer durchgestrichenen schaukel gefragt wurde, dazu keine konkreten angaben machen. 38bb) das symbol einer durchgestrichenen schaukel verbietet für die angesprochenen verkehrskreise hinreichend deutlich das aufhängen eines hängesessels mit dem haken. das symbol ist allgemein dahin zu verstehen, dass der deckenhaken ungeeignet ist für alle lasten, die nicht statisch (z.b. blumenampel, adventskranz), sondern dynamisch (z.b. schaukel) aufgehängt werden. zwar weist die klägerin zu recht darauf hin, dass ein hängesessel keine schaukel ist. auch bei einem hängesessel kommt es jedoch regelmäßig zu schwingungen, die zumindest beim hinsetzen und aufstehen erzeugt werden, die mit zug- oder hebelkräften auf den haken einwirken. die benutzung des hakens für die aufhängung schwingender oder schaukelnder objekte wird durch das symbol aber gerade für den verständigen betrachter hinreichend deutlich untersagt. von den beklagten konnte und musste dabei nicht erwartet werden, zusätzlich noch ein symbol zu verwenden, das einen hängesessel wiedergibt. würde die druckfahne eine vielzahl an theoretisch möglichen nutzungsarten wiedergeben, die mit einer dynamischen belastung verbunden sind, dann ginge die warn- und hinweisfunktion des symbolhaften auch aufgrund der dann fehlenden übersichtlichkeit verloren. ein "piktogramm" ist nämlich ausweislich des dudens nur die "stilisierte darstellung von etwas, um eine bestimmte information zu vermitteln, um eine orientierungshilfe zu geben". 39die klägerin rügt auch zu unrecht das fehlen einer ausführlichen textlichen produktbeschreibung. das symbol der durchgestrichenen schaukel vermittelt den betroffenen verkehrskreisen, dazu gehören unter anderem die kunden eines baumarktes, hinreichend deutlich den notwendigen informationsgehalt, um einen fehlgebrauch durch den endabnehmer zu verhüten. dabei ist das verbot „keine hängeschaukel" so zu verstehen, dass das bild der hängeschaukel beispielhaft gewählt worden ist. mit dem verbot wird jegliche verwendung zu einem ähnlichen zweck, wie beispielsweise der anbringung einer hängematte oder eines hängesessels, ausgeschlossen. 40etwas anderes ergibt sich auch nicht aus anlage k 13, die eine andere produktart der beklagten, nämlich einen haken für eine kinderschaukel betrifft. dieser umstand ergibt sich aus dem auf der produktbezeichnung wiedergegebenen lichtbild eines schaukelnden kindes. das ist ein anderer fall, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist. deswegen kann die klägerin aus der benutzung des andersartigen symbols in dem anderen zusammenhang nichts für sich herleiten. das klebefähnchen für die kinderschaukel gibt zwar das symbol eines durchgestrichenen hängesessels wieder. auch für einen flüchtigen beobachter ist aber auf anhieb erkennbar, dass für diesen haken die eignung für eine einfache aufhängung, wie sie bei einem hängesessel verwendung findet, ausgeschlossen werden sollte, wohingegen es bei einer schaukel einer zweifachen aufhängung bei verwendung von zwei haken bedarf. 41mit der berechtigten ansicht der beklagten ist dabei die verwendung des deckenhakens als aufhängung für einen hängesessel ein nicht vorhersehbarer fehlgebrauch, vor dem die beklagten hinreichend auf dem produktfähnchen gewarnt haben. das gericht braucht deswegen nicht der frage nachzugehen, ob der deckenhaken aufgrund einer materialermüdung gebrochen ist oder ob der deckenhaken nicht fachgerecht befestigt worden ist. wäre der deckenhaken ein ausreißer gewesen, dann wäre dieser zwar ggfs. auch bei bestimmungsgemäßer verwendung gebrochen. dann hätte der schaden in seiner konkreten gestalt aber nicht eintreten können. der bruch des hakens unter lasten, die nicht dynamisch (z.b. blumenampel, adventskranz) sind, bringt nämlich andere gefahren mit sich. 42c) es kann auch dahinstehen, ob die beklagte zu 1.) sich das verhalten des zeugen kessler gemäß § 278 bgb zurechnen lassen muss. es fehlt insoweit schon an einem fehlverhalten des zeugen kessler. aus der beweisaufnahme ergibt sich nicht, dass der zeuge kessler gegenüber der klägerin den eindruck erweckt hat, besonders fachkundig zu sein. der zeuge kessler hat angegeben, sich an dem info-einleger, der am warenregal angebracht worden war, orientiert zu haben, um der klägerin sodann einen rat zu erteilen. er nahm auch kraft seiner stellung kein besonderes vertrauen auf das vorhandensein einer fachkunde in anspruch, weil es nicht seine aufgabe war, die endkunden zu beraten. der zeuge hat sicher ausschließen können, bei der klägerin unzutreffend einen solchen eindruck erweckt zu haben. das hat der zeuge durch den hinweis nachvollziehbar gemacht, dass die klägerin zuvor in dem betreffenden markt als mitarbeiterin tätig gewesen ist und seine person und seinen tätigkeitskreis gekannt hat. auch die klägerin bestätigte bei ihrer persönlichen anhörung, sich die bezeichnungen zusammen mit dem zeugen kessler angesehen zu haben und zusammen zu dem schluss gekommen zu sein, die haken seien geeignet. 43ii. 44wegen nichtbestehen der hauptforderung können auch keine zinsen und kosten der vorgerichtlichen rechtsverfolgung zugesprochen werden. 45iii. 46aus den obigen gründen ist der feststellungsantrag ziffer 3 der klage ebenfalls nicht begründet. 47iv. 48die kostenentscheidung folgt aus § 91 abs. 1 s. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 s. 1 zpo. 49der streitwert wird festgesetzt auf: 5082.638,68 eur 51[klageantrag zu 1.): 65.000 eur; 52klageantrag zu 2.): 12.638,68 eur; 53klageantrag zu 3.): 5.000 eur]
Verklagte*r
0
341,372
6 K 2181/19
"2021-09-27T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 3. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 2I 3Die Klage wird abgewiesen. 4Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und zu 3. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. 5Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 6Tatbestand: 7Die Beteiligten streiten über die Löschung einer Baulast. 8Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks M. Straße (Gemarkung P. , Flur , Flurstück ) in Bergkamen. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus sowie einer Garage bebaut. Ein Bebauungsplan existiert für diesen Bereich nicht, der Flächennutzungsplan stellt „Wohnbaufläche“ dar. 9Auf den nordwestlich angrenzenden Grundstücken M. Straße (Gemarkung P. , Flur , Flurstück ), M. Straße (Gemarkung P. , Flur , Flurstücke , , ) und M. Straße /Am L.------graben (Gemarkung P. , Flur , Flurstück ) befinden sich drei Reihenhäuser und eine Garage. Eigentümer sind der Beigeladene zu 1. (M. Straße und ) sowie die Beigeladenen zu 4. (M. Straße /Am L.------graben ). Erbbauberechtigt sind hinsichtlich des Grundstücks M. Straße die Beigeladene zu 3. und hinsichtlich des Grundstücks M. Straße die Beigeladenen zu 2. 10Weitere Einzelheiten sind dem nachfolgenden Kartenausschnitt zu entnehmen: 11An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 12Am 7. Mai 1996 schlossen die Kläger einen notariellen Vertrag über den Kauf des Grundstücks M. Straße . Zu diesem Zeitpunkt bildeten die heutigen Flurstücke und bis noch ein einziges Grundstück (Flurstück . Dieses Grundstück war seit 1964 mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet, der zufolge auf dem Grundstück ein Abwasserkanal angelegt und unterhalten werden darf. Dieser in den sechziger Jahren wohl bereits vorhandene Kanal verläuft vom Wendekreis der Straße „Am L.------graben “ an der nordwestlichen Außenwand des Hauses Nr. entlang zur M. Straße hinab. 13Nach dem Kaufvertrag vom 7. Mai 1996 sollte das Grundstück (Flurstück ) in drei Einzelgrundstücke geteilt werden; die Kläger sollten das entstehende südöstliche Grundstück mit dem aufstehenden Wohnhaus M. Straße erhalten. Die übrigen Flächen waren seinerzeit offenbar weitgehend unbebaut. Der Kaufvertrag sah vor, dass der unmittelbar nordwestlich des Hauses M. Straße gelegene Grundstücksstreifen dem nordwestlichen Teilgrundstück zugeschlagen wird und die Kläger ein Nutzungsrecht an diesem Streifen erhalten. Tatsächlich wurde das Flurstück jedoch mit den dem obigen Kartenausschnitt zu entnehmenden Grenzen abgeteilt, der in Rede stehende Grundstücksstreifen also dem Grundstück der Kläger zugeschlagen. Der Grund dafür ist unklar; denkbar ist, dass die geplante Teilung wegen der Abstandsflächen oder wegen der in der Giebelwand des Hauses M. Straße vorhandenen Fenster nicht genehmigt wurde. 14Die Voreigentümer und die Kläger schlossen am 21. Januar 1997 einen ergänzenden Vertrag, dem zufolge das Grundstück M. Straße nunmehr in der entstandenen, um den Grundstücksstreifen erweiterten Gestalt in das Eigentum der Kläger übergehen sollte, ohne den in dem Vertrag vom 7. Mai 1996 vereinbarten Kaufpreis zu erhöhen. Die Kläger erklärten sich im Gegenzug bereit, die Anlegung eines Weges auf dem Streifen durch die Grundstücksnachbarn zu dulden. 15Am 12. März 1997 wurden die Kläger auf der Grundlage der in dem Ergänzungsvertrag vom 21. Januar 1997 enthaltenen Auflassung als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. 16Mit Schreiben vom 16. Juni 1997 legte Rechtsanwalt Hane aus Lünen (heute Prozessbevollmächtigter der Beigeladenen zu 3.) der Beklagten eine „Verpflichtungserklärung der Eheleute U. und E. P1. “ vor und bat um Eintragung einer Baulast. Gegenstand war ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht an dem beschriebenen Grundstücksstreifen zugunsten des neu entstandenen nordwestlichen Nachbargrundstücks. Die betroffene Fläche ist auf dem beigefügten Plan markiert: 17An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 18Die vorgelegte Verpflichtungserklärung trägt handschriftliche Unterschriften mit den Namen „T. P1. “ und „D. P1. “ sowie – auf der Rückseite – den durch den Notar Fluhme gezeichneten und gesiegelten Vermerk: 19„Die umseitig vor mir geleisteten Unterschriften der Eheleute U. P1. und E. P1. , wohnhaft M. Str. , C. , jeweils von Person bekannt, werden hiermit öffentlich beglaubigt.“ 20Die Baulast wurde am 6. August 1997 antragsgemäß in das Baulastenverzeichnis der Beklagten eingetragen (Baulastblatt 2954 Nr. 1). Den Klägern wurden ausweislich der Akten der Bauaufsichtsbehörde eine beglaubigte Kopie des Baulastblattes und ein entsprechender Gebührenbescheid übersandt. Ebenfalls am 6. August 1997 eingetragen wurde eine Baulast zu Lasten des Grund- und Flurstücks , nämlich ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht betreffend einen drei Meter breiten Streifen am östlichen Grundstücksrand – in Verlängerung der auf dem Grundstück der Kläger liegenden Baulastfläche – zu Gunsten des übrigen Grund- und Flurstücks (Baulastblatt 2953 Nr.1). Gemeinsam bilden die Baulastflächen einen durchgehenden, geraden Streifen vom Wendekreis der Straße Am L.------graben zur M. Straße. 21Bereits am 3. Juli 1997 war die Baugenehmigung für die heutigen Häuser Nr. , und erteilt worden. Die Genehmigung enthält die Auflage, auf dem Grundstück mindestens sechs Stellplätze anzulegen, sowie unter anderem diese Hinweise: 22231. Die Geh-, Fahr- und Leitungsrechte wurden auf dem Flurstück durch Baulasteintragung öffentlich-rechtlich gesichert. 242. Zur Absicherung des Kanalanschlusses an den öffentlichen Straßenkanal sind nach beabsichtigter Teilung Baulasten (Leitungsrecht) erforderlich. 25Im August 1998 wurden aus der Fläche des damaligen Flurstücks drei Buchgrundstücke gebildet, nämlich das Grundstück Nr. (Flurstück ), das Grundstück Nr. (Flurstücke , , ) und das Grundstück Nr. (Flurstück ). An allen drei Grundstücken wurden Erbbaurechte begründet (bei Nr. später gelöscht). Die Flurstücke und waren bereits zuvor abgetrennt und als eigene Buchgrundstücke eingetragen worden, und zwar auf einem gemeinsamen Grundbuchblatt mit den Grundstücken Am L.------graben bzw. . 26Für das Wohnhaus M. Straße wurde am 5. November 1998 eine weitere Baulast zu Lasten des Grundstücks der Kläger eingetragen (Baulastblatt 2954 Nr. 2), nämlich eine Abstandsflächenbaulast für eine kleine Fläche in der nordwestlichen Grundstücksecke. Auf dem zugehörigen Amtlichen Lageplan ist die frühere Baulast als drei Meter breiter Streifen dargestellt. 27Im November 1999 bewilligten die Kläger die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gelsenwasser AG in das Grundbuch. Gegenstand ist das Recht, Wasserleitungen und Zubehör innerhalb eines drei Meter breiten Schutzstreifens zu verlegen. Auch dies betrifft den nordwestlich des Wohnhauses der Kläger befindlichen Grundstücksstreifen. 28Unter dem 12. Oktober 2000 genehmigte die Beklagte noch die Errichtung einer Garage auf dem Flurstück . 29Im Juni 2016 wurde auf dem Baulastblatt 2954 – offenbar von Amts wegen – die folgende Eintragung vorgenommen: 30„Das unter lfd. Nr. 1 begünstigte Grundstück Gemarkung P. , Flur , Flurstück Nr. , ist katasteramtlich fortgeschrieben worden und führt nunmehr die Bezeichnung P. , Flur , Flurstücke , , , , , , .“ 31Unter dem 17. Mai 2017 wandten sich die Kläger an die Beklagte und erklärten, es gebe schon seit Jahren Probleme mit der Nachbarschaft („M. Straße , sowie L.------graben “). Die Nachbarn benutzten ihr Grundstück, obwohl es kein privatrechtliches Wegerecht gebe. Sie bäten um Löschung des „öffentlich-rechtlichen Wegerechts“. Die Beklagte antwortete unter dem 31. Mai 2017, die Baugenehmigung für die Häuser Nrn. , und sei 1997 erteilt worden, diejenige für die Garage im Jahre 2000. Auf dem Grundstück der Kläger liege ein entsprechendes Geh-, Fahr- und Leitungsrecht. Auch die Entwässerung laufe über ihr Grundstück. Von Seiten der Stadt bestehe daher keine Handhabe. 32In der Folgezeit errichteten die Kläger eine Mauer aus Pflanzsteinen an der Grenze zwischen ihrem und dem Grundstück M. Straße , also am nordöstlichen Ende der Baulastfläche. Die Beklagte forderte sie mit Ordnungsverfügung vom 2. Februar 2018 auf, diese Mauer zu entfernen, da sie das öffentlich-rechtlich gesicherte Geh- und Fahrrecht blockiere. Nach Festsetzung eines Zwangsgeldes und sodann der Ersatzvornahme kamen die Kläger dieser Aufforderung nach. 33Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 beantragten die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten, die im Baulastverzeichnis der Beklagten eingetragene Baulast „Geh-, Fahr- und Leitungsrecht“ zu löschen. Die Baulasteintragung sei wegen Unbestimmtheit nichtig. Denn der verwendete Lageplan weise nicht den notwendigen Mindestinhalt auf. Zudem sei die Baulast unzulässig erweitert worden, als sie auf die neu entstandenen Grundstücke umgeschrieben worden sei. Ferner fehle auf der Verpflichtungserklärung die Unterschrift der Voreigentümer, der Eheleute S. . An einem Fahrrecht bestehe überdies kein öffentlich-rechtliches Interesse. Denn zum Grundstück Nr. hin ende die Baulastfläche an einer Treppe. 34Mit Bescheid vom 28. März 2019 (zugestellt am 3. April 2019) lehnte die Beklagte – nach vorheriger Anhörung – den Antrag auf Löschung der Baulast ab. Zur Begründung führte sie aus, das öffentliche Interesse an der Baulast bestehe unverändert fort, weil die Erschließung der betreffenden Grundstücke andernfalls nicht gesichert sei. Die Baulast sei infolge der von den Klägern unterzeichneten Verpflichtungserklärung wirksam zustande gekommen. Sie sei nach Lage der Dinge auch hinreichend bestimmt. 35Am 3. Mai 2019 haben die Kläger Klage erhoben. 36Zur Begründung führen sie aus: Das Baulastenverzeichnis sei unrichtig, weil eine unwirksam begründete Baulast eingetragen sei. 37Die Baulast sei schon unwirksam, weil keine wirksame Verpflichtungserklärung vorliege. Sie hätten die Verpflichtungserklärung nicht unterzeichnet. Wie ihre Unterschriften auf die Erklärung kämen und wie es zu ihrer notariellen Beglaubigung gekommen sei, könnten sie sich nicht erklären. Es handele sich um Urkundenfälschung. Sie hätten seinerzeit noch in Verhandlungen mit dem Bauträger über die Entschädigung für die Nutzung ihres Grundstücks gestanden, als dieser plötzlich Fakten geschaffen und die Reihenhäuser gebaut habe. Seitdem benutzten alle Beteiligten kostenlos ihr Grundstück. Die Verpflichtungserklärung sei zudem unvollständig. Denn sie weise im Rubrum neben ihnen auch die Voreigentümer S. auf, die aber nicht unterzeichnet hätten. Schließlich hätten sie die Baulasteintragung auch nicht beantragt; der handelnde Rechtsanwalt Hane habe sie nicht vertreten. 38Die Baulast genüge zudem nicht dem Bestimmtheitserfordernis, weil Lage und Ausdehnung der Baulastfläche auf dem Lageplan nicht eindeutig wiedergegeben seien. Die schraffierte Fläche stimme auch nicht mit der Grundstücksgrenze überein. Die von der Beklagten angenommene Breite der Baulastfläche von drei Metern sei den maßgeblichen Unterlagen nicht zu entnehmen. 39Es sei im Übrigen auch kein hinreichend konkreter Vorhabenbezug erkennbar. Eine baurechtliche Relevanz für alle sieben Flurstücke sei nicht erkennbar. Die Flurstücke bis hätten mit ihrem Grundstück nicht einmal eine gemeinsame Grenze. Ein öffentliches Interesse könne insoweit nicht bestehen. Das Grundstück M. Straße liege unmittelbar an der öffentlichen Verkehrsfläche. Das Grundstück M. Straße verfüge auch über ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht über das Flurstück . Das Grundstück M. Straße liege unmittelbar an der Straße Am L.------graben . Man habe im Übrigen hinsichtlich der Erforderlichkeit zwischen Gehrecht, Fahrrecht und Leitungsrecht zu unterscheiden. 40Die Kläger beantragen, 41die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 28. März 2019 zu verpflichten, die Baulast „Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zu Gunsten des Grundstücks Gemarkung P. , Flur , Flurstück “ und zu Lasten des Grundstücks Gemarkung P. , Flur , Flurstück , Baulastblatt 2954 lfd. Nr. 1, zu löschen. 42Die Beklagte beantragt, 43die Klage abzuweisen. 44Sie macht zur Begründung geltend: Die Baulast sei wirksam entstanden. Einer Unterschrift durch die Voreigentümer habe es nicht bedurft, weil im Zeitpunkt der Unterzeichnung die Kläger bereits Eigentümer des Grundstücks gewesen seien. Obwohl die Kläger eine Abschrift des Baulastblattes und einen Gebührenbescheid zu der Eintragung erhalten hätten, seien sie der Eintragung nicht entgegen getreten. Die Baulastfläche sei hinreichend bestimmbar, weil sie durch drei Grenzpunkte und die Hauswand bzw. die Fortsetzung der entsprechenden Flucht markiert werde. Zudem sei die Baulast wenig später auf dem Amtlichen Lageplan zu der Abstandsflächenbaulast vom November 1998 entsprechend dargestellt worden. Auch dagegen hätten die Kläger keine Einwände erhoben. 45Das öffentliche Interesse an der Baulast zugunsten der Flurstücke und bestehe fort, weil die dort genehmigten und errichteten Stellplätze/Garagen nur über die Baulastfläche angefahren werden könnten. Zugunsten des Flurstücks bestehe möglicherweise dann kein Interesse mehr, wenn eine Erschließung über das Flurstück hergestellt werde und eine Verbindung zwischen der M. Straße, dem Garagengrundstück () und dem Flurstück über das Flurstück entsprechend gesichert sei. Aufgrund des Leitungsrechts zulasten des Flurstücks seien allerdings die Versorgungsleitungen zu den Flurstücken , und angelegt worden und würden instand gehalten. 46Die Beigeladenen zu 1. und zu 3. beantragen, 47die Klage abzuweisen. 48Die Beigeladenen zu 2. und zu 4. stellen keinen Antrag. 49Parallel zu dem vorliegenden Verfahren sind offenbar Streitverfahren vor dem Amtsgericht Kamen und dem Landgericht Dortmund zwischen den Nachbarn geführt worden. Die Eigentümer des Grundstücks M. Straße haben hinsichtlich der Nutzung des Grundstücksstreifens eine Unterlassungserklärung abgegeben, soweit nicht die Benutzung der Garage auf dem Flurstück betroffen ist. 50Am 3. November 2020 haben die Kläger einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (6 L 1492/20), der von der Kammer mit Beschluss vom 8. Januar 2021 abgelehnt worden ist. 51Am 22. April 2021 hat die Beklagte auf Anregung des Gerichts auf die Begünstigung der Flurstücke und durch die streitgegenständliche Baulast (Baulastblatt 2954 Nr. 1, 3) verzichtet und diese insoweit im Baulastenverzeichnis gelöscht. Die zunächst ausgesprochene Beiladung der Eigentümer auch dieser Grundstücke zum vorliegenden Klageverfahren ist daher mit Beschluss des Gerichts vom 19. Mai 2021 aufgehoben worden. 52In der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2021 hat die Beklagte überdies die Erklärung abgegeben, dass sie auf die streitgegenständliche Baulast auch insoweit verzichte, als diese ein Geh- und Fahrrecht zugunsten des Grundstücks M. Straße /Am L.------graben (Flurstück ) beinhalte. 53Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 54Entscheidungsgründe: 55Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. 56Unzulässig (geworden) ist die Klage, soweit die Beklagte dem Begehren der Kläger inzwischen entsprochen hat, indem sie auf die Baulast teilweise verzichtet hat. Dies ist im April 2021 in Bezug auf das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht für die Flurstücke und sowie in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Geh- und Fahrrecht für das Flurstück geschehen. Insoweit geht die Klage nunmehr ins Leere. Der Anregung des Gerichts, das Klageverfahren hinsichtlich dieses Teils des Streitgegenstands für in der Hauptsache erledigt zu erklären, sind die Kläger nicht gefolgt. 57Hinsichtlich der nach dem Teilverzicht noch verbliebenen Baulast ist die Klage zulässig. Sie ist insbesondere als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da die Löschung einer Baulast – ebenso wie deren Eintragung – einen Verwaltungsakt darstellt. 58Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 45), m.w.N; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. August 2012 - 6 K 5319/20 -, juris (Rn. 48). 59Soweit sie zulässig ist, ist die Klage unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28. März 2019 ist hinsichtlich des noch verbliebenen Teils der in Rede stehenden Baulast rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Kläger haben keinen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen (Rest-) Baulast. Weder ist das Baulastenverzeichnis wegen der Eintragung einer unwirksamen Baulast unrichtig (dazu nachfolgend I.), noch hat die Beklagte auf die Baulast mangels öffentlichen Interesses gemäß § 85 Abs. 3 Bauordnung (BauO) NRW 2018 zu verzichten (dazu nachfolgend II.). 60I. 61Einen Anspruch auf Löschung hat derjenige, der durch eine zur Unrichtigkeit des Baulastenverzeichnisses führende Eintragung in seinen Rechten verletzt wird. Unrichtig ist das Baulastenverzeichnis, wenn die eingetragene Baulast von vornherein nicht entstanden ist, das heißt nach den maßgeblichen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen unwirksam bzw. nichtig ist, oder nicht mehr besteht. 62Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Juli 2017 - 7 A 1835/14 -, juris (Rn. 25), und vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 134 ff.), m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. August 2012 - 6 K 5319/20 -, juris (Rn. 58). 631. 64Zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Baulast führende Mängel des Eintragungsvorgangs liegen nicht vor. 65Für die Eintragung einer Baulast war seinerzeit nach § 83 Abs. 1 und 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. März 1995 (GVBl. NRW S. 218) eine schriftliche Verpflichtungserklärung des Grundstückseigentümers erforderlich, wobei dessen Unterschrift öffentlich beglaubigt oder vor einer Bauaufsichtsbehörde geleistet oder von ihr anerkannt sein musste. Im Wesentlichen dieselben Voraussetzungen statuieren im Übrigen auch die nachfolgenden Bauordnungen 2000 und 2018. 66Eine solche Verpflichtungserklärung lag seinerzeit vor. Mit der Erklärung vom 13. Juni 1996 (Nr. 2439) wurde die in Rede stehende Verpflichtung – ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht zugunsten des Grundstücks Gemarkung P. , Flur , Flurstück – übernommen. Die auf der Erklärung angebrachten Unterschriften sind auch gemäß § 129 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) öffentlich beglaubigt, nämlich durch den unterzeichneten und gesiegelten Beglaubigungsvermerk des Notars Fluhme auf der Rückseite der Originalurkunde. Mängel dieser Beglaubigung sind nicht ersichtlich. Dass die von den Klägern vorgelegte beglaubigte Abschrift der Urkunde kein Siegel aufweist, ist damit zu erklären, dass es sich nicht um das Original der Verpflichtungserklärung handelt. 67Dass im Text der Urkunde neben den Klägern auch die Voreigentümer, Eheleute S. , als Erklärende benannt sind, diese aber nicht unterschrieben haben, ist unschädlich. Für die Begründung der Baulast war allein die Unterschrift der Grundstückseigentümer erforderlich. Maßgeblich sind nämlich die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Eintragung. 68Vgl. nur Kamp, in: Schönenbroicher/Kamp, BauO NRW, Kommentar, 2012, § 83 Rn. 20. 69Die Kläger sind am 12. März 1997 in das Grundbuch eingetragen worden; im Zeitpunkt der Baulasteintragung am 6. August 1997 waren sie also Eigentümer. Einer Erklärung der Voreigentümer bedurfte es nicht mehr. 70Dass der der Verpflichtungserklärung beigefügte Lageplan nicht den Anforderungen des § 12 Bauprüfverordnung 1995 (heute § 18 BauPrüfVO) entspricht, führt nicht zur Unwirksamkeit der Erklärung. Denn es handelt sich um eine reine Verfahrensvorschrift ohne materiellen Gehalt; dass der Verordnungsgeber hier eine Regelung über die Wirksamkeit von flächenbezogenen Baulasten hat treffen wollen, ist nicht anzunehmen. 71Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - 2 A 2554/12 -, juris (Rn. 27). 72Soweit die Kläger geltend machen, zur Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts und zur Abgabe der Verpflichtungserklärung seien sie nach dem von ihnen mit den Voreigentümern geschlossenen Grundstückskaufvertrag nicht verpflichtet gewesen, ist dies für die Wirksamkeit der Verpflichtungserklärung irrelevant. Es liegt im Wesen des Instituts der öffentlich-rechtlichen Baulast, dass die mit ihr bezweckte Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen des begünstigten Bauvorhabens gegenüber den privatrechtlichen Rechtsverhältnissen verselbständigt ist. 73So etwa OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 109), m.w.N. 74Soweit die Kläger schließlich geltend machen, die Unterschriften auf der Verpflichtungserklärung seien gar nicht von ihnen geleistet worden, sondern das Ergebnis einer Urkundenfälschung, vermag die Kammer ihnen nicht zu folgen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die auf der Urkunde vorhandenen Unterschriften den Unterschriften der Kläger auf von ihnen nicht in Zweifel gezogenen Dokumenten (z.B. Kaufvertrag vom 7. Mai 1996, Verpflichtungserklärung zur Abstandsflächenbaulast vom 4. November 1998) entsprechen, soweit dies für den Laien erkennbar ist. Zudem ist der Vollzug der Unterschriften durch die Kläger von dem Notar Fluhme formgerecht öffentlich beglaubigt worden. Zwar sind die Verpflichtungserklärung und auch der Beglaubigungsvermerk wohl keine öffentlichen Urkunden im Sinne von § 415 Zivilprozessordnung, weil es sich hier nicht um eine vor dem Notar abzugebende Erklärung handelt. 75Vgl. Schreiber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 415 Rn. 22. 76Dennoch ist die notarielle Beglaubigung ein sehr starkes Indiz dafür, dass die Unterschriften von den Klägern geleistet worden sind. Dies gilt umso mehr, als der Notar die Kläger in seinem Beglaubigungsvermerk als „von Person bekannt“ bezeichnet, was auch ohne weiteres plausibel ist, weil er die Kläger ausweislich der von ihnen selbst vorgelegten Unterlagen in den Jahren 1996/97 im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten zwischen ihnen, den Voreigentümern sowie den Herren Blau und Scholz („Bauträger“) vertreten hat. Dass die Verpflichtungserklärung sodann durch einen anderen Rechtsanwalt mit der Bitte um Baulasteintragung an die Bauaufsichtsbehörde weitergeleitetet worden ist, besagt in diesem Zusammenhang nichts, denn die Eintragung der Baulast erfolgte im Interesse der Bauherrn der Häuser M. Straße , , . Gegen eine Fälschung der Verpflichtungserklärung spricht ferner, dass den Klägern nach der Eintragung der Baulast offenbar eine Kopie des Baulastblattes und ein Gebührenbescheid übersandt worden sind, ohne dass sie sich gegen die zu Lasten ihres Grundstücks vorgenommene Eintragung zur Wehr gesetzt hätten. Darüber hinaus ist anzumerken, dass in dem Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 20. Dezember 2018, mit dem die Löschung der Baulast gegenüber der Beklagten beantragt worden ist, von einer Fälschung der Unterschriften noch keine Rede ist, obwohl dieses Schreiben sich intensiv mit vermeintlichen Mängeln der Verpflichtungserklärung befasst. 77Soweit die Kläger vortragen, die Unterschriften könnten schon deshalb nicht von ihnen stammen, weil sie für die Abgabe der entsprechenden Erklärung, mit welcher der Nachbarschaft die kostenlose Benutzung des von ihnen erworbenen Grundstücks ermöglicht werde, keinerlei Motiv gehabt hätten, vermag auch dies nicht zu überzeugen. Festzustellen ist zunächst, dass im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Grundstücksteilung auch die Kläger auf Erklärungen ihrer Nachbarn angewiesen waren. So konnte der rückwärtige Anbau des von ihnen erworbenen Hauses nur deshalb grenzständig verbleiben, weil die Erwerber Blau und Scholz zulasten des Flurstücks 544 eine Abstandsflächenbaulast bewilligten. Vor allem aber ist der Ablauf des Grundstücksverkaufs an die Kläger zu berücksichtigen: Nach dem im Mai 1996 geschlossenen Kaufvertrag sollten die Kläger zum Kaufpreis von 200.000,- DM ein Grundstück erwerben, das unmittelbar an der nordwestlichen Hauswand des Gebäudes Nr. endet und „ca. 627 qm“ aufweist. Da eine entsprechende Grundstücksteilung offenbar nicht umsetzbar war, wurde dem Grundstück der Kläger nachträglich noch der vor dieser Hauswand liegende Grundstücksstreifen zugeschlagen, auf dem heute die streitgegenständliche Baulast liegt. Die Kläger haben somit aufgrund des Kaufvertrages vom 7. Mai 1996 letztlich ein Grundstück von 653 qm erhalten, aber nach dem vorgelegten Ergänzungsvertrag vom 21. Januar 1997 und ausweislich des von ihnen vorgelegten Überweisungsauftrags den vereinbarten Kaufpreis von 200.000,- DM gezahlt. Wenn den Klägern der betreffende Streifen überlassen worden ist, ohne dass sie dafür einen entsprechend höheren Kaufpreis haben zahlen müssen, so wäre die Bewilligung der streitgegenständlichen Baulast nicht „kostenlos“ erfolgt, sondern wohl als Gegenleistung für die Übertragung des vergrößerten Grundstücks. Der tatsächlichen Herstellung eines Weges auf ihrem Grundstück auf Kosten der Nachbarn haben die Kläger in dem vorgelegten Ergänzungsvertrag jedenfalls zugestimmt. Die rechtliche Sicherung dieses Weges durch Baulast war, obwohl in dem Ergänzungsvertrag nicht erwähnt, dann nur eine konsequente Folge. 78Die von den Klägern hervorgehobene Urkunde vom 30. Oktober 1996 (Nr. 61/1996 der Urkundenrolle des Notars Töllner), in welcher die Voreigentümer (vertreten durch eine Notariatsangestellte) der Eintragung der Kläger als Grundstückseigentümer vorbehaltlos zugestimmt haben, vermag an den vorstehenden Überlegungen nichts zu ändern. Denn die Umstände der Erstellung dieser Urkunde sind letztlich unklar. Zur Eintragung der Kläger in das Grundbuch hat sie jedenfalls nicht geführt, wie dem Eintragungsvermerk auf Blatt 11047 des Grundbuchs von C. zu entnehmen ist. Grundlage der Eintragung war ausweislich des dortigen Vermerks die in dem Ergänzungsvertrag vom 21. Januar 1997 erklärte Auflassung. 792. 80Die Baulast ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam. 81Eine Baulast ist hinreichend bestimmt, wenn sie Inhalt und Umfang der auf das Grundstück zu übernehmenden Verpflichtung eindeutig erkennen lässt. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass durch Auslegung entsprechend den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB die Belastung des Grundstücks ermittelt werden kann. Die Möglichkeit und damit auch die Notwendigkeit der Konkretisierung sind unterschiedlich je nach dem Inhalt der übernommenen Verpflichtung. Wenn auf einen Lageplan Bezug genommen wird, muss dieser die beachtlichen örtlichen Verhältnisse richtig und genau, jedenfalls bestimmbar, wiedergeben. 82Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Juli 2017 - 7 A 1835/14 -, juris (Rn. 27), und vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 128 ff.), sowie Beschlüsse vom 30. Oktober 2013 - 2 A 2554/12 -, juris (Rn. 15 ff.). 83Grundsätzlich ist ein Lageplan dabei zu vermaßen, damit die tatsächliche Lage der Baulastfläche bestimmt werden kann. 84Vgl. nur VG Gelsenkirchen, Urteile vom 14. September 2010 - 6 K 6441/08 -, juris (Rn. 120), und vom 29. April 2016 - 9 K 1541/14 -, juris (Rn. 43). 85Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Lageplan in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 18 BauPrüfVO (vorliegend: § 12 BauPrüfVO 1995) genügt. Denn es handelt sich – wie oben bereits aufgezeigt – um eine reine Verfahrensvorschrift; die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Baulast hat der Verordnungsgeber damit hingegen nicht regeln wollen und aus normhierarchischen Gründen wohl auch nicht abschließend regeln können. 86Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Oktober 2013 - 2 A 2554/12 -, juris (Rn. 27), und vom 18. Mai 2018 - 10 A 609/17 -, juris (Rn. 9). 87Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Bestimmtheit der streitgegenständlichen Baulast zwar nicht ganz unproblematisch, der Inhalt der übernommenen Verpflichtung lässt sich aber im Ergebnis mit hinreichender Genauigkeit feststellen. 88In der Verpflichtungserklärung selbst ist die Baulastfläche überhaupt nicht beschrieben. Der ihr beigefügte und in Bezug genommene Lageplan stellt die Fläche dar, ist jedoch für sich genommen wenig präzise. Es handelt sich zwar um einen Auszug aus dem amtlichen Kataster. Dieser ist aber nicht vermaßt und weist einen recht groben Maßstab auf (wohl 1:1000). Überdies ist die ebenfalls nicht vermaßte Baulastfläche eher ungenau in diesen Plan (grün) eingetragen. 89Dennoch sind die Anforderungen an die Bestimmtheit im Ergebnis noch gewahrt, weil sich der Inhalt der Baulast anhand der sonstigen Umstände präzise erkennen lässt. Die von der Baulast erfasste Fläche wird von der nordwestlichen Hauswand des Gebäudes M. Straße / und den drei Grundstücksgrenzen in diesem Bereich begrenzt. Hinsichtlich der beiden schmalen Enden der Fläche ergibt sich dies schon aus der Natur der Sache; ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht ergibt nämlich nur dann Sinn, wenn es das Grundstück von der einen bis zur anderen Seite vollständig erfasst. Hinsichtlich der Hauswand ist auch die Grüneintragung nicht zweifelhaft. Problematisch bleibt die nordwestliche Begrenzung der Baulastfläche, weil der grüne Begrenzungsstrich hier erkennbar nicht auf der die Flurstücksgrenze markierenden Linie verläuft. Dass der leicht gebogene Verlauf der grünen Linie einem bestimmten Zweck dienen könnte, lässt sich allerdings ausschließen; er ist vielmehr das Ergebnis mangelnder Sorgfalt. Für den Ersteller des Plans war offenbar klar, dass die genannten vier Linien die Baulastfläche begrenzen. Unter der Grüneintragung ist im Übrigen eine schwarze Schraffur zu erkennen, welche die Baulastfläche mit genau diesen Grenzen markiert; es scheint also ein einigermaßen präziser Plan vorgelegen zu haben, der dann noch einmal „eingegrünt“ worden ist. 90Für die angenommene Begrenzung der Fläche – und damit eine Breite von drei Metern – sprechen aber auch die Umstände des Zustandekommens der Baulast. Wie oben referiert, sollte das den Klägern zu übereignende Grundstück ursprünglich an deren nordwestlicher Hauswand enden und es sollte ein drei Meter breiter Streifen vor dieser Wand mit einem Wegerecht versehen werden, damit die Kläger die Rückseite ihres Grundstücks erreichen können. Nachdem die vereinbarte Teilung der Grundstücke sich als nicht umsetzbar erwies, wurde das den Klägern zu übereignende Grundstück indes neu zugeschnitten. Die Kläger erhielten den fraglichen Streifen mit einer Breite von drei Metern, welcher die Abstandsfläche der nordwestlichen Hauswand aufnimmt. Im Gegenzug sollte nun aber offenbar dem neu entstandenen Flurstück ein Wege- und Leitungsrecht auf dieser Fläche zustehen, um die Pläne für eine weitere Teilung und Bebauung dieses Flurstücks nicht einzuengen. Vor dem Hintergrund dieser objektiven, in den Akten und Registern nachvollziehbaren Historie spricht alles dafür, dass die Baulastfläche die vollen drei Meter einnimmt. Diese Breite entsprach im Übrigen auch der Praxis bei Zuwegungsbaulasten, die das Erfordernis einer „befahrbaren Zufahrt“ im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW 1995 herstellen sollten. 91Vgl. dazu Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, BauO NRW, Kommentar, 9. Aufl. 1998, § 4 Rn. 34. 92Nach alledem besteht kein Zweifel, dass der volle Grundstücksstreifen zwischen der Hauswand der Kläger und der Grundstücksgrenze einschließlich seiner Fortsetzung vor und hinter dem Haus von der Baulast erfasst ist. 933. 94Durch die im Jahre 1998 erfolgte Teilung des von der Baulast begünstigten Grundstücks (Flurstück ) in die Flurstücke bis und in mehrere Buchgrundstücke ist die Baulast nicht erloschen. 95Die zugunsten eines Grund-/Flurstücks übernommene Baulast setzt sich nach dem Rechtsgedanken des § 1025 BGB im Falle einer Teilung an den neu entstandenen einzelnen Grund-/Flurstücken fort, wenn nicht die Baulast von vornherein auf einen bestimmten Teil des Ausgangsgrundstücks beschränkt war. 96Vgl. zur Heranziehung der §§ 1025 f. BGB in diesem Kontext OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris (Rn. 112); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. April 2019 - 6 K 9528/17 -, juris (Rn. 32 ff.). 97Dem entspricht der im Juni 2016 auf dem Baulastblatt 2954 (unter Nr. 3) eingetragene Vermerk, dem zufolge das begünstigte Grundstück nunmehr die Flurstücksbezeichnung bis trägt. Das Baulastenverzeichnis ist mit dieser Eintragung lediglich an den bereits seit 1998 bestehenden Katasterzustand angepasst worden. 98II. 99Die Löschung der streitgegenständlichen Baulast kann auch nicht wegen eines Wegfalls des öffentlichen Interesses an ihr verlangt werden. 100Gemäß § 85 Abs. 3 BauO NRW 2018 hat die Behörde den Verzicht auf die Baulast zu erklären, wenn ein öffentliches Interesse an ihr nicht mehr besteht; der Verzicht wird mit der Löschung der Baulast im Baulastenverzeichnis wirksam. Ist das öffentliche Interesse an der Baulast entfallen, hat der Eigentümer des belasteten Grundstücks einen Anspruch auf diese Verzichtserklärung und die Löschung, weil sein Grundstück grundlos öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterliegt. 101Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 50), m.w.N.; Wenzel, in Gädtke u.a., BauO NRW, Kommentar, 13. Aufl. 2019, § 85 Rn. 69. 102Das öffentliche Interesse am Fortbestand der Baulast ist weggefallen, wenn es nunmehr an der Sicherungsfähigkeit oder Sicherungsbedürftigkeit fehlt oder eine Änderung des im fraglichen Bereich geltenden Baurechts die Annahme rechtfertigt, dieses Interesses bestehe nicht mehr; baurechtswidrige Zustände dürfen dabei nicht geschaffen werden. 103Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 21. November 2017 - 2 A 1393/16 -, juris (Rn. 54 ff.), sowie Beschlüsse vom 29. März 2010 - 7 A 663/10 -, juris (Rn. 14), und vom 11. Dezember 2020 - 2 A 953/20 -, juris (Rn. 20); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12. Juli 2012 - 5 K 2628/10 -, juris. 104Diese Voraussetzungen lagen in Bezug auf die baulastbegünstigten Flurstücke und vollständig und in Bezug auf das baulastbegünstigte Flurstück teilweise, nämlich hinsichtlich des Geh- und Fahrrechts, vor. Denn alle drei Flurstücke liegen unmittelbar an der Straße „Am L.------graben “ und bedürfen daher zu ihrer Erschließung keines Geh- und Fahrrechts. Die Flurstücke und bedürfen darüber hinaus auch keines Leitungsrechts, weil sich auf ihnen derzeit nur Garagen befinden und weil sie bei einer Änderung der Nutzung an die Leitungen und den Kanal in der genannten Straße angeschlossen werden können. Die Behörde hat daher auf Anregung des Gerichts einen entsprechenden Teilverzicht ausgesprochen. 105Soweit die Baulast nach dem Teilverzicht noch wirksam ist, besteht nach wie vor ein öffentliches Interesse an ihr; die Kläger können einen Verzicht nicht verlangen. 106Dies gilt zunächst für das zugunsten des Grundstücks M. Straße (Flurstücke , , ) bestehende Geh- und Fahrrecht, obwohl das Flurstück , auf dem das Wohnhaus selbst aufsteht, über eine ebenfalls durch Baulast gesicherte Wegeverbindung zu der Straße „Am L.------graben “ verfügt (Baulastblatt 2953 Nr. 1). Auf dem Flurstück hat die Beklagte nämlich am 12. Oktober 2000 eine PKW-Garage genehmigt. Diese Garage kann ohne eine Inanspruchnahme der Baulastfläche nicht angefahren werden. Denn die vor der Garage auf dem Flurstück selbst zur Verfügung stehende Fläche ist nur etwa drei Meter tief. Dies reicht zur Einfahrt in die Garage ersichtlich nicht aus (vgl. § 125 Abs. 2 Sonderbauverordnung). Eine PKW-Garage, die nicht (sicher) angefahren kann, kann indes nicht (ohne Missstände i.S.v. § 3 BauO NRW 2018) benutzt werden und ist daher nicht genehmigungsfähig. 107Vgl. VGH B.-W., Urteil vom 17. September 1998 - 3 S 1208/96 -, juris (Rn. 25); der Sache nach wohl auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2005 - 10 A 4550/02 -, juris. 108Zudem würde eine Garage, die nicht angefahren werden kann, auch nicht die ihr aufgrund der Baugenehmigung für das Wohnhaus M. Straße vom 3. Juli 1997 zugedachte Funktion eines notwendigen Stellplatzes erfüllen. 109Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Juni 2011 - 6 K 4130/09 -, juris (Rn. 29). 110Durch den Verzicht auf die Baulast würden hier also in mehrfacher Hinsicht baurechtswidrige Zustände entstehen. 111Kommt somit eine Löschung des Wegerechts zugunsten des Flurstücks nicht in Betracht, so scheidet auch eine Löschung dieses Rechts zugunsten der Flurstücke und aus, und zwar wohl schon deshalb, weil alle drei Flurstücke ein einziges Buchgrundstück bilden. Auch hier lassen sich die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Grunddienstbarkeit sinngemäß heranziehen: Zwar erlischt die Grunddienstbarkeit bei Teilung, wenn das Recht dem abgetrennten Teil nicht zugutekommt (§ 1025 S. 2 BGB). Teilung i.S.v. § 1025 BGB ist aber nur die Zerlegung in mehrere selbständige Buchgrundstücke. 112Vgl. Grziwotz, in: Erman, BGB, 16. Aufl.2020, § 1025 Rn. 1. 113Hinzu kommt, dass die auf dem Flurstück aufstehende Garage – wie bereits gesagt – einen notwendigen Stellplatz für das Wohnhaus M. Straße darstellt. Es besteht somit ein öffentliches Interesse an der gesicherten Verbindung zwischen dem Flurstück und dem Flurstück , auf dem das Wohnhaus aufsteht. Ließe sich das Wohnhaus nämlich von der Garage aus nur umständlich erreichen, so müsste damit gerechnet werden, dass seine Bewohner häufig auf die Nutzung der Garage verzichten und das Fahrzeug in der Straße „Am L.------graben “ abstellen. Das Ziel der Stellplatzpflicht (§ 48 BauO NRW 2018), den öffentlichen Verkehrsraum von ruhendem Verkehr zu entlasten, würde damit verfehlt. An dem Fortbestand der Wegeverbindung zwischen dem Flurstück und dem Flurstück besteht damit ein öffentliches Interesse. Dass die Bewohner des Wohnhauses M. Straße derzeit de facto über das Grundstück M. Straße zu ihrer Garage gelangen, ändert an dem Fortbestand des öffentlichen Interesses nichts, da diese Wegeverbindung nicht öffentlich-rechtlich gesichert ist. Ob sich ein öffentliches Interesse an dem Geh- und Fahrrecht schließlich auch daraus ergibt, dass das Wohnhaus M. Straße von der M. Straße aus mit Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen etc. erreichbar sein sollte, mag nach alledem dahinstehen. 114Auch bei dem Grundstück M. Straße (Flurstück ) ergibt sich das öffentliche Interesse an einem Fortbestand des baulastgesicherten Geh- und Fahrrechts vor allem aus der Genehmigung der dortigen Stellplätze. Infolge der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. Juli 1997 befinden sich zwischen dem Wohnhaus Nr. und der auf dem Flurstück aufstehenden Garage zwei genehmigte Stellplätze, die ohne ein Befahren der Baulastfläche nicht benutzbar sind und notwendige Stellplätze für das Wohnhaus darstellen. Nach der (nachvollziehbaren) Erklärung des Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung ist eine Erschließung des Grundstücks über eine eigene Zufahrt auf die M. Straße seinerzeit am Widerstand der Straßenbaubehörde gescheitert. Die genehmigten Stellplätze sind somit auf die Zufahrt über die Baulastfläche angewiesen. Ohne die Baulast würden damit auch hier baurechtswidrige Zustände eintreten. 115Ob den Eigentümern und Erbbauberechtigten der Grundstücke M. Straße und zivilrechtliche Nutzungsansprüche in Bezug auf die Zuwegung zustehen, ist für den Fortbestand des öffentlichen Interesses an der Baulast ohne Bedeutung. Es liegt im Wesen des Instituts der öffentlich-rechtlichen Baulast, dass die mit ihr bezweckte Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen des begünstigten Bauvorhabens gegenüber den zivilrechtlichen Verhältnissen verselbständigt ist und unabhängig von den zivilrechtlichen Rechtspositionen der Beteiligten durchgesetzt werden kann. 116Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 6. November 2009 - 8 A 10851/09 -, juris (Rn. 7), mit weiteren Nachweisen. 117Auch in Bezug auf das zugunsten der Grundstücke M. Straße , und bestehende Leitungsrecht hat die Behörde nicht auf die Baulast zu verzichten; ein Wegfall des öffentlichen Interesses an ihr kann auch insoweit nicht festgestellt werden. Keiner Sicherung durch Baulast zugunsten der drei Grundstücke bedarf allerdings der unter der Baulastfläche verlegte Abwasserkanal (DN 300). Denn hier handelt es sich nach Lage der Dinge um einen zwar vor Jahrzehnten in privater Regie gebauten, inzwischen aber öffentlichen Kanal, für den auf dem Grundbuchblatt eine Grunddienstbarkeit besteht und der auch Abwässer der Straße „Am L.------graben “ transportiert. Eine öffentlich-rechtliche Sicherung gerade zugunsten der Grundstücke M. Straße , und ist für diesen Kanal nicht erforderlich. Anders liegen die Dinge aber hinsichtlich der Hausanschlussleitungen und -kanäle der vorgenannten Grundstücke. Diese sind bei der Errichtung der Wohngebäude jedenfalls teilweise im Bereich der Baulastfläche verlegt worden. Ohne ihre ordnungsgemäße Herstellung hätte die Nutzung der Wohngebäude gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 2, 82 Abs. 6 BauO NRW 1995 (jetzt §§ 3 Abs. 1 S. 1, 84 Abs. 8 S. 2 BauO NRW 2018) nicht aufgenommen werden dürfen und auch heute ist ihre ordnungsgemäße Instandhaltung gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 BauO NRW 2018 Voraussetzung für eine dem öffentlichen Baurecht entsprechende Nutzung. Solange nicht infolge entsprechender Vereinbarungen unter den Nachbarn andere Leitungen und Kanäle hergestellt worden sind, bedingt die durch die bestandskräftige Baugenehmigung vom 3. Juli 1997 geschützte Nutzung der Wohngebäude den Fortbestand der vorhandenen Kanäle und Anschlussleitungen. 118III. 119Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 3. aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit ihrerseits gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt haben. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. und 4. waren demgegenüber nicht für erstattungsfähig zu erklären. 120Rechtsmittelbelehrung: 121Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1221. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1232. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1243. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1254. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1265. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 127Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 128Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 129B e s c h l u s s : 130Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. 131G r ü n d e: 132Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. 133Rechtsmittelbelehrung: 134Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 135Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die kläger einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu 1. und zu 3. die übrigen beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen kosten selbst. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. den klägern wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1verwaltungsgericht gelsenkirchen 2i 3die klage wird abgewiesen. 4die kosten des verfahrens tragen die kläger einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu 1. und zu 3. die übrigen beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen kosten selbst. 5das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. den klägern wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 6
7die beteiligten streiten über die löschung einer baulast. 8die kläger sind eigentümer des grundstücks m. straße (gemarkung p. , flur , flurstück ) in bergkamen. das grundstück ist mit einem wohnhaus sowie einer garage bebaut. ein bebauungsplan existiert für diesen bereich nicht, der flächennutzungsplan stellt „wohnbaufläche“ dar. 9auf den nordwestlich angrenzenden grundstücken m. straße (gemarkung p. , flur , flurstück ), m. straße (gemarkung p. , flur , flurstücke , , ) und m. straße /am l.------graben (gemarkung p. , flur , flurstück ) befinden sich drei reihenhäuser und eine garage. eigentümer sind der beigeladene zu 1. (m. straße und ) sowie die beigeladenen zu 4. (m. straße /am l.------graben ). erbbauberechtigt sind hinsichtlich des grundstücks m. straße die beigeladene zu 3. und hinsichtlich des grundstücks m. straße die beigeladenen zu 2. 10weitere einzelheiten sind dem nachfolgenden kartenausschnitt zu entnehmen: 11an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 12am 7. mai 1996 schlossen die kläger einen notariellen vertrag über den kauf des grundstücks m. straße . zu diesem zeitpunkt bildeten die heutigen flurstücke und bis noch ein einziges grundstück (flurstück . dieses grundstück war seit 1964 mit einer beschränkten persönlichen dienstbarkeit belastet, der zufolge auf dem grundstück ein abwasserkanal angelegt und unterhalten werden darf. dieser in den sechziger jahren wohl bereits vorhandene kanal verläuft vom wendekreis der straße „am l.------graben “ an der nordwestlichen außenwand des hauses nr. entlang zur m. straße hinab. 13nach dem kaufvertrag vom 7. mai 1996 sollte das grundstück (flurstück ) in drei einzelgrundstücke geteilt werden; die kläger sollten das entstehende südöstliche grundstück mit dem aufstehenden wohnhaus m. straße erhalten. die übrigen flächen waren seinerzeit offenbar weitgehend unbebaut. der kaufvertrag sah vor, dass der unmittelbar nordwestlich des hauses m. straße gelegene grundstücksstreifen dem nordwestlichen teilgrundstück zugeschlagen wird und die kläger ein nutzungsrecht an diesem streifen erhalten. tatsächlich wurde das flurstück jedoch mit den dem obigen kartenausschnitt zu entnehmenden grenzen abgeteilt, der in rede stehende grundstücksstreifen also dem grundstück der kläger zugeschlagen. der grund dafür ist unklar; denkbar ist, dass die geplante teilung wegen der abstandsflächen oder wegen der in der giebelwand des hauses m. straße vorhandenen fenster nicht genehmigt wurde. 14die voreigentümer und die kläger schlossen am 21. januar 1997 einen ergänzenden vertrag, dem zufolge das grundstück m. straße nunmehr in der entstandenen, um den grundstücksstreifen erweiterten gestalt in das eigentum der kläger übergehen sollte, ohne den in dem vertrag vom 7. mai 1996 vereinbarten kaufpreis zu erhöhen. die kläger erklärten sich im gegenzug bereit, die anlegung eines weges auf dem streifen durch die grundstücksnachbarn zu dulden. 15am 12. märz 1997 wurden die kläger auf der grundlage der in dem ergänzungsvertrag vom 21. januar 1997 enthaltenen auflassung als eigentümer in das grundbuch eingetragen. 16mit schreiben vom 16. juni 1997 legte rechtsanwalt hane aus lünen (heute prozessbevollmächtigter der beigeladenen zu 3.) der beklagten eine „verpflichtungserklärung der eheleute u. und e. p1. “ vor und bat um eintragung einer baulast. gegenstand war ein geh-, fahr- und leitungsrecht an dem beschriebenen grundstücksstreifen zugunsten des neu entstandenen nordwestlichen nachbargrundstücks. die betroffene fläche ist auf dem beigefügten plan markiert: 17an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 18die vorgelegte verpflichtungserklärung trägt handschriftliche unterschriften mit den namen „t. p1. “ und „d. p1. “ sowie – auf der rückseite – den durch den notar fluhme gezeichneten und gesiegelten vermerk: 19„die umseitig vor mir geleisteten unterschriften der eheleute u. p1. und e. p1. , wohnhaft m. str. , c. , jeweils von person bekannt, werden hiermit öffentlich beglaubigt.“ 20die baulast wurde am 6. august 1997 antragsgemäß in das baulastenverzeichnis der beklagten eingetragen (baulastblatt 2954 nr. 1). den klägern wurden ausweislich der akten der bauaufsichtsbehörde eine beglaubigte kopie des baulastblattes und ein entsprechender gebührenbescheid übersandt. ebenfalls am 6. august 1997 eingetragen wurde eine baulast zu lasten des grund- und flurstücks , nämlich ein geh-, fahr- und leitungsrecht betreffend einen drei meter breiten streifen am östlichen grundstücksrand – in verlängerung der auf dem grundstück der kläger liegenden baulastfläche – zu gunsten des übrigen grund- und flurstücks (baulastblatt 2953 nr.1). gemeinsam bilden die baulastflächen einen durchgehenden, geraden streifen vom wendekreis der straße am l.------graben zur m. straße. 21bereits am 3. juli 1997 war die baugenehmigung für die heutigen häuser nr. , und erteilt worden. die genehmigung enthält die auflage, auf dem grundstück mindestens sechs stellplätze anzulegen, sowie unter anderem diese hinweise: 22231. die geh-, fahr- und leitungsrechte wurden auf dem flurstück durch baulasteintragung öffentlich-rechtlich gesichert. 242. zur absicherung des kanalanschlusses an den öffentlichen straßenkanal sind nach beabsichtigter teilung baulasten (leitungsrecht) erforderlich. 25im august 1998 wurden aus der fläche des damaligen flurstücks drei buchgrundstücke gebildet, nämlich das grundstück nr. (flurstück ), das grundstück nr. (flurstücke , , ) und das grundstück nr. (flurstück ). an allen drei grundstücken wurden erbbaurechte begründet (bei nr. später gelöscht). die flurstücke und waren bereits zuvor abgetrennt und als eigene buchgrundstücke eingetragen worden, und zwar auf einem gemeinsamen grundbuchblatt mit den grundstücken am l.------graben bzw. . 26für das wohnhaus m. straße wurde am 5. november 1998 eine weitere baulast zu lasten des grundstücks der kläger eingetragen (baulastblatt 2954 nr. 2), nämlich eine abstandsflächenbaulast für eine kleine fläche in der nordwestlichen grundstücksecke. auf dem zugehörigen amtlichen lageplan ist die frühere baulast als drei meter breiter streifen dargestellt. 27im november 1999 bewilligten die kläger die eintragung einer beschränkten persönlichen dienstbarkeit zugunsten der gelsenwasser ag in das grundbuch. gegenstand ist das recht, wasserleitungen und zubehör innerhalb eines drei meter breiten schutzstreifens zu verlegen. auch dies betrifft den nordwestlich des wohnhauses der kläger befindlichen grundstücksstreifen. 28unter dem 12. oktober 2000 genehmigte die beklagte noch die errichtung einer garage auf dem flurstück . 29im juni 2016 wurde auf dem baulastblatt 2954 – offenbar von amts wegen – die folgende eintragung vorgenommen: 30„das unter lfd. nr. 1 begünstigte grundstück gemarkung p. , flur , flurstück nr. , ist katasteramtlich fortgeschrieben worden und führt nunmehr die bezeichnung p. , flur , flurstücke , , , , , , .“ 31unter dem 17. mai 2017 wandten sich die kläger an die beklagte und erklärten, es gebe schon seit jahren probleme mit der nachbarschaft („m. straße , sowie l.------graben “). die nachbarn benutzten ihr grundstück, obwohl es kein privatrechtliches wegerecht gebe. sie bäten um löschung des „öffentlich-rechtlichen wegerechts“. die beklagte antwortete unter dem 31. mai 2017, die baugenehmigung für die häuser nrn. , und sei 1997 erteilt worden, diejenige für die garage im jahre 2000. auf dem grundstück der kläger liege ein entsprechendes geh-, fahr- und leitungsrecht. auch die entwässerung laufe über ihr grundstück. von seiten der stadt bestehe daher keine handhabe. 32in der folgezeit errichteten die kläger eine mauer aus pflanzsteinen an der grenze zwischen ihrem und dem grundstück m. straße , also am nordöstlichen ende der baulastfläche. die beklagte forderte sie mit ordnungsverfügung vom 2. februar 2018 auf, diese mauer zu entfernen, da sie das öffentlich-rechtlich gesicherte geh- und fahrrecht blockiere. nach festsetzung eines zwangsgeldes und sodann der ersatzvornahme kamen die kläger dieser aufforderung nach. 33mit schreiben vom 20. dezember 2018 beantragten die kläger durch ihren prozessbevollmächtigten, die im baulastverzeichnis der beklagten eingetragene baulast „geh-, fahr- und leitungsrecht“ zu löschen. die baulasteintragung sei wegen unbestimmtheit nichtig. denn der verwendete lageplan weise nicht den notwendigen mindestinhalt auf. zudem sei die baulast unzulässig erweitert worden, als sie auf die neu entstandenen grundstücke umgeschrieben worden sei. ferner fehle auf der verpflichtungserklärung die unterschrift der voreigentümer, der eheleute s. . an einem fahrrecht bestehe überdies kein öffentlich-rechtliches interesse. denn zum grundstück nr. hin ende die baulastfläche an einer treppe. 34mit bescheid vom 28. märz 2019 (zugestellt am 3. april 2019) lehnte die beklagte – nach vorheriger anhörung – den antrag auf löschung der baulast ab. zur begründung führte sie aus, das öffentliche interesse an der baulast bestehe unverändert fort, weil die erschließung der betreffenden grundstücke andernfalls nicht gesichert sei. die baulast sei infolge der von den klägern unterzeichneten verpflichtungserklärung wirksam zustande gekommen. sie sei nach lage der dinge auch hinreichend bestimmt. 35am 3. mai 2019 haben die kläger klage erhoben. 36zur begründung führen sie aus: das baulastenverzeichnis sei unrichtig, weil eine unwirksam begründete baulast eingetragen sei. 37die baulast sei schon unwirksam, weil keine wirksame verpflichtungserklärung vorliege. sie hätten die verpflichtungserklärung nicht unterzeichnet. wie ihre unterschriften auf die erklärung kämen und wie es zu ihrer notariellen beglaubigung gekommen sei, könnten sie sich nicht erklären. es handele sich um urkundenfälschung. sie hätten seinerzeit noch in verhandlungen mit dem bauträger über die entschädigung für die nutzung ihres grundstücks gestanden, als dieser plötzlich fakten geschaffen und die reihenhäuser gebaut habe. seitdem benutzten alle beteiligten kostenlos ihr grundstück. die verpflichtungserklärung sei zudem unvollständig. denn sie weise im rubrum neben ihnen auch die voreigentümer s. auf, die aber nicht unterzeichnet hätten. schließlich hätten sie die baulasteintragung auch nicht beantragt; der handelnde rechtsanwalt hane habe sie nicht vertreten. 38die baulast genüge zudem nicht dem bestimmtheitserfordernis, weil lage und ausdehnung der baulastfläche auf dem lageplan nicht eindeutig wiedergegeben seien. die schraffierte fläche stimme auch nicht mit der grundstücksgrenze überein. die von der beklagten angenommene breite der baulastfläche von drei metern sei den maßgeblichen unterlagen nicht zu entnehmen. 39es sei im übrigen auch kein hinreichend konkreter vorhabenbezug erkennbar. eine baurechtliche relevanz für alle sieben flurstücke sei nicht erkennbar. die flurstücke bis hätten mit ihrem grundstück nicht einmal eine gemeinsame grenze. ein öffentliches interesse könne insoweit nicht bestehen. das grundstück m. straße liege unmittelbar an der öffentlichen verkehrsfläche. das grundstück m. straße verfüge auch über ein geh-, fahr- und leitungsrecht über das flurstück . das grundstück m. straße liege unmittelbar an der straße am l.------graben . man habe im übrigen hinsichtlich der erforderlichkeit zwischen gehrecht, fahrrecht und leitungsrecht zu unterscheiden. 40die kläger beantragen, 41die beklagte unter aufhebung ihres ablehnungsbescheides vom 28. märz 2019 zu verpflichten, die baulast „geh-, fahr- und leitungsrecht zu gunsten des grundstücks gemarkung p. , flur , flurstück “ und zu lasten des grundstücks gemarkung p. , flur , flurstück , baulastblatt 2954 lfd. nr. 1, zu löschen. 42die beklagte beantragt, 43die klage abzuweisen. 44sie macht zur begründung geltend: die baulast sei wirksam entstanden. einer unterschrift durch die voreigentümer habe es nicht bedurft, weil im zeitpunkt der unterzeichnung die kläger bereits eigentümer des grundstücks gewesen seien. obwohl die kläger eine abschrift des baulastblattes und einen gebührenbescheid zu der eintragung erhalten hätten, seien sie der eintragung nicht entgegen getreten. die baulastfläche sei hinreichend bestimmbar, weil sie durch drei grenzpunkte und die hauswand bzw. die fortsetzung der entsprechenden flucht markiert werde. zudem sei die baulast wenig später auf dem amtlichen lageplan zu der abstandsflächenbaulast vom november 1998 entsprechend dargestellt worden. auch dagegen hätten die kläger keine einwände erhoben. 45das öffentliche interesse an der baulast zugunsten der flurstücke und bestehe fort, weil die dort genehmigten und errichteten stellplätze/garagen nur über die baulastfläche angefahren werden könnten. zugunsten des flurstücks bestehe möglicherweise dann kein interesse mehr, wenn eine erschließung über das flurstück hergestellt werde und eine verbindung zwischen der m. straße, dem garagengrundstück () und dem flurstück über das flurstück entsprechend gesichert sei. aufgrund des leitungsrechts zulasten des flurstücks seien allerdings die versorgungsleitungen zu den flurstücken , und angelegt worden und würden instand gehalten. 46die beigeladenen zu 1. und zu 3. beantragen, 47die klage abzuweisen. 48die beigeladenen zu 2. und zu 4. stellen keinen antrag. 49parallel zu dem vorliegenden verfahren sind offenbar streitverfahren vor dem amtsgericht kamen und dem landgericht dortmund zwischen den nachbarn geführt worden. die eigentümer des grundstücks m. straße haben hinsichtlich der nutzung des grundstücksstreifens eine unterlassungserklärung abgegeben, soweit nicht die benutzung der garage auf dem flurstück betroffen ist. 50am 3. november 2020 haben die kläger einen antrag auf vorläufigen rechtsschutz gestellt (6 l 1492/20), der von der kammer mit beschluss vom 8. januar 2021 abgelehnt worden ist. 51am 22. april 2021 hat die beklagte auf anregung des gerichts auf die begünstigung der flurstücke und durch die streitgegenständliche baulast (baulastblatt 2954 nr. 1, 3) verzichtet und diese insoweit im baulastenverzeichnis gelöscht. die zunächst ausgesprochene beiladung der eigentümer auch dieser grundstücke zum vorliegenden klageverfahren ist daher mit beschluss des gerichts vom 19. mai 2021 aufgehoben worden. 52in der mündlichen verhandlung vom 27. september 2021 hat die beklagte überdies die erklärung abgegeben, dass sie auf die streitgegenständliche baulast auch insoweit verzichte, als diese ein geh- und fahrrecht zugunsten des grundstücks m. straße /am l.------graben (flurstück ) beinhalte. 53wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 54
55die klage ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet. 56unzulässig (geworden) ist die klage, soweit die beklagte dem begehren der kläger inzwischen entsprochen hat, indem sie auf die baulast teilweise verzichtet hat. dies ist im april 2021 in bezug auf das geh-, fahr- und leitungsrecht für die flurstücke und sowie in der mündlichen verhandlung in bezug auf das geh- und fahrrecht für das flurstück geschehen. insoweit geht die klage nunmehr ins leere. der anregung des gerichts, das klageverfahren hinsichtlich dieses teils des streitgegenstands für in der hauptsache erledigt zu erklären, sind die kläger nicht gefolgt. 57hinsichtlich der nach dem teilverzicht noch verbliebenen baulast ist die klage zulässig. sie ist insbesondere als verpflichtungsklage gemäß § 42 abs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) statthaft, da die löschung einer baulast – ebenso wie deren eintragung – einen verwaltungsakt darstellt. 58vgl. nur ovg nrw, urteil vom 21. november 2017 - 2 a 1393/16 -, juris (rn. 45), m.w.n; vg gelsenkirchen, urteil vom 28. august 2012 - 6 k 5319/20 -, juris (rn. 48). 59soweit sie zulässig ist, ist die klage unbegründet. der ablehnungsbescheid der beklagten vom 28. märz 2019 ist hinsichtlich des noch verbliebenen teils der in rede stehenden baulast rechtmäßig und verletzt die kläger nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 vwgo); die kläger haben keinen anspruch auf löschung der streitgegenständlichen (rest-) baulast. weder ist das baulastenverzeichnis wegen der eintragung einer unwirksamen baulast unrichtig (dazu nachfolgend i.), noch hat die beklagte auf die baulast mangels öffentlichen interesses gemäß § 85 abs. 3 bauordnung (bauo) nrw 2018 zu verzichten (dazu nachfolgend ii.). 60i. 61einen anspruch auf löschung hat derjenige, der durch eine zur unrichtigkeit des baulastenverzeichnisses führende eintragung in seinen rechten verletzt wird. unrichtig ist das baulastenverzeichnis, wenn die eingetragene baulast von vornherein nicht entstanden ist, das heißt nach den maßgeblichen verwaltungsverfahrensrechtlichen grundsätzen unwirksam bzw. nichtig ist, oder nicht mehr besteht. 62vgl. ovg nrw, urteile vom 19. juli 2017 - 7 a 1835/14 -, juris (rn. 25), und vom 21. november 2017 - 2 a 1393/16 -, juris (rn. 134 ff.), m.w.n.; vg gelsenkirchen, urteil vom 28. august 2012 - 6 k 5319/20 -, juris (rn. 58). 631. 64zur unwirksamkeit der streitgegenständlichen baulast führende mängel des eintragungsvorgangs liegen nicht vor. 65für die eintragung einer baulast war seinerzeit nach § 83 abs. 1 und 2 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen vom 7. märz 1995 (gvbl. nrw s. 218) eine schriftliche verpflichtungserklärung des grundstückseigentümers erforderlich, wobei dessen unterschrift öffentlich beglaubigt oder vor einer bauaufsichtsbehörde geleistet oder von ihr anerkannt sein musste. im wesentlichen dieselben voraussetzungen statuieren im übrigen auch die nachfolgenden bauordnungen 2000 und 2018. 66eine solche verpflichtungserklärung lag seinerzeit vor. mit der erklärung vom 13. juni 1996 (nr. 2439) wurde die in rede stehende verpflichtung – ein geh-, fahr- und leitungsrecht zugunsten des grundstücks gemarkung p. , flur , flurstück – übernommen. die auf der erklärung angebrachten unterschriften sind auch gemäß § 129 abs. 1 des bürgerlichen gesetzbuchs (bgb) öffentlich beglaubigt, nämlich durch den unterzeichneten und gesiegelten beglaubigungsvermerk des notars fluhme auf der rückseite der originalurkunde. mängel dieser beglaubigung sind nicht ersichtlich. dass die von den klägern vorgelegte beglaubigte abschrift der urkunde kein siegel aufweist, ist damit zu erklären, dass es sich nicht um das original der verpflichtungserklärung handelt. 67dass im text der urkunde neben den klägern auch die voreigentümer, eheleute s. , als erklärende benannt sind, diese aber nicht unterschrieben haben, ist unschädlich. für die begründung der baulast war allein die unterschrift der grundstückseigentümer erforderlich. maßgeblich sind nämlich die eigentumsverhältnisse im zeitpunkt der eintragung. 68vgl. nur kamp, in: schönenbroicher/kamp, bauo nrw, kommentar, 2012, § 83 rn. 20. 69die kläger sind am 12. märz 1997 in das grundbuch eingetragen worden; im zeitpunkt der baulasteintragung am 6. august 1997 waren sie also eigentümer. einer erklärung der voreigentümer bedurfte es nicht mehr. 70dass der der verpflichtungserklärung beigefügte lageplan nicht den anforderungen des § 12 bauprüfverordnung 1995 (heute § 18 bauprüfvo) entspricht, führt nicht zur unwirksamkeit der erklärung. denn es handelt sich um eine reine verfahrensvorschrift ohne materiellen gehalt; dass der verordnungsgeber hier eine regelung über die wirksamkeit von flächenbezogenen baulasten hat treffen wollen, ist nicht anzunehmen. 71vgl. ovg nrw, beschluss vom 30. oktober 2013 - 2 a 2554/12 -, juris (rn. 27). 72soweit die kläger geltend machen, zur einräumung eines entsprechenden nutzungsrechts und zur abgabe der verpflichtungserklärung seien sie nach dem von ihnen mit den voreigentümern geschlossenen grundstückskaufvertrag nicht verpflichtet gewesen, ist dies für die wirksamkeit der verpflichtungserklärung irrelevant. es liegt im wesen des instituts der öffentlich-rechtlichen baulast, dass die mit ihr bezweckte sicherung der genehmigungsvoraussetzungen des begünstigten bauvorhabens gegenüber den privatrechtlichen rechtsverhältnissen verselbständigt ist. 73so etwa ovg nrw, urteil vom 21. november 2017 - 2 a 1393/16 -, juris (rn. 109), m.w.n. 74soweit die kläger schließlich geltend machen, die unterschriften auf der verpflichtungserklärung seien gar nicht von ihnen geleistet worden, sondern das ergebnis einer urkundenfälschung, vermag die kammer ihnen nicht zu folgen. dabei ist zunächst festzustellen, dass die auf der urkunde vorhandenen unterschriften den unterschriften der kläger auf von ihnen nicht in zweifel gezogenen dokumenten (z.b. kaufvertrag vom 7. mai 1996, verpflichtungserklärung zur abstandsflächenbaulast vom 4. november 1998) entsprechen, soweit dies für den laien erkennbar ist. zudem ist der vollzug der unterschriften durch die kläger von dem notar fluhme formgerecht öffentlich beglaubigt worden. zwar sind die verpflichtungserklärung und auch der beglaubigungsvermerk wohl keine öffentlichen urkunden im sinne von § 415 zivilprozessordnung, weil es sich hier nicht um eine vor dem notar abzugebende erklärung handelt. 75vgl. schreiber, in: münchener kommentar zur zpo, 6. aufl. 2020, § 415 rn. 22. 76dennoch ist die notarielle beglaubigung ein sehr starkes indiz dafür, dass die unterschriften von den klägern geleistet worden sind. dies gilt umso mehr, als der notar die kläger in seinem beglaubigungsvermerk als „von person bekannt“ bezeichnet, was auch ohne weiteres plausibel ist, weil er die kläger ausweislich der von ihnen selbst vorgelegten unterlagen in den jahren 1996/97 im zusammenhang mit rechtsstreitigkeiten zwischen ihnen, den voreigentümern sowie den herren blau und scholz („bauträger“) vertreten hat. dass die verpflichtungserklärung sodann durch einen anderen rechtsanwalt mit der bitte um baulasteintragung an die bauaufsichtsbehörde weitergeleitetet worden ist, besagt in diesem zusammenhang nichts, denn die eintragung der baulast erfolgte im interesse der bauherrn der häuser m. straße , , . gegen eine fälschung der verpflichtungserklärung spricht ferner, dass den klägern nach der eintragung der baulast offenbar eine kopie des baulastblattes und ein gebührenbescheid übersandt worden sind, ohne dass sie sich gegen die zu lasten ihres grundstücks vorgenommene eintragung zur wehr gesetzt hätten. darüber hinaus ist anzumerken, dass in dem schreiben ihres bevollmächtigten vom 20. dezember 2018, mit dem die löschung der baulast gegenüber der beklagten beantragt worden ist, von einer fälschung der unterschriften noch keine rede ist, obwohl dieses schreiben sich intensiv mit vermeintlichen mängeln der verpflichtungserklärung befasst. 77soweit die kläger vortragen, die unterschriften könnten schon deshalb nicht von ihnen stammen, weil sie für die abgabe der entsprechenden erklärung, mit welcher der nachbarschaft die kostenlose benutzung des von ihnen erworbenen grundstücks ermöglicht werde, keinerlei motiv gehabt hätten, vermag auch dies nicht zu überzeugen. festzustellen ist zunächst, dass im zusammenhang mit der seinerzeitigen grundstücksteilung auch die kläger auf erklärungen ihrer nachbarn angewiesen waren. so konnte der rückwärtige anbau des von ihnen erworbenen hauses nur deshalb grenzständig verbleiben, weil die erwerber blau und scholz zulasten des flurstücks 544 eine abstandsflächenbaulast bewilligten. vor allem aber ist der ablauf des grundstücksverkaufs an die kläger zu berücksichtigen: nach dem im mai 1996 geschlossenen kaufvertrag sollten die kläger zum kaufpreis von 200.000,- dm ein grundstück erwerben, das unmittelbar an der nordwestlichen hauswand des gebäudes nr. endet und „ca. 627 qm“ aufweist. da eine entsprechende grundstücksteilung offenbar nicht umsetzbar war, wurde dem grundstück der kläger nachträglich noch der vor dieser hauswand liegende grundstücksstreifen zugeschlagen, auf dem heute die streitgegenständliche baulast liegt. die kläger haben somit aufgrund des kaufvertrages vom 7. mai 1996 letztlich ein grundstück von 653 qm erhalten, aber nach dem vorgelegten ergänzungsvertrag vom 21. januar 1997 und ausweislich des von ihnen vorgelegten überweisungsauftrags den vereinbarten kaufpreis von 200.000,- dm gezahlt. wenn den klägern der betreffende streifen überlassen worden ist, ohne dass sie dafür einen entsprechend höheren kaufpreis haben zahlen müssen, so wäre die bewilligung der streitgegenständlichen baulast nicht „kostenlos“ erfolgt, sondern wohl als gegenleistung für die übertragung des vergrößerten grundstücks. der tatsächlichen herstellung eines weges auf ihrem grundstück auf kosten der nachbarn haben die kläger in dem vorgelegten ergänzungsvertrag jedenfalls zugestimmt. die rechtliche sicherung dieses weges durch baulast war, obwohl in dem ergänzungsvertrag nicht erwähnt, dann nur eine konsequente folge. 78die von den klägern hervorgehobene urkunde vom 30. oktober 1996 (nr. 61/1996 der urkundenrolle des notars töllner), in welcher die voreigentümer (vertreten durch eine notariatsangestellte) der eintragung der kläger als grundstückseigentümer vorbehaltlos zugestimmt haben, vermag an den vorstehenden überlegungen nichts zu ändern. denn die umstände der erstellung dieser urkunde sind letztlich unklar. zur eintragung der kläger in das grundbuch hat sie jedenfalls nicht geführt, wie dem eintragungsvermerk auf blatt 11047 des grundbuchs von c. zu entnehmen ist. grundlage der eintragung war ausweislich des dortigen vermerks die in dem ergänzungsvertrag vom 21. januar 1997 erklärte auflassung. 792. 80die baulast ist auch nicht wegen fehlender bestimmtheit unwirksam. 81eine baulast ist hinreichend bestimmt, wenn sie inhalt und umfang der auf das grundstück zu übernehmenden verpflichtung eindeutig erkennen lässt. es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass durch auslegung entsprechend den grundsätzen der §§ 133, 157 bgb die belastung des grundstücks ermittelt werden kann. die möglichkeit und damit auch die notwendigkeit der konkretisierung sind unterschiedlich je nach dem inhalt der übernommenen verpflichtung. wenn auf einen lageplan bezug genommen wird, muss dieser die beachtlichen örtlichen verhältnisse richtig und genau, jedenfalls bestimmbar, wiedergeben. 82vgl. ovg nrw, urteile vom 19. juli 2017 - 7 a 1835/14 -, juris (rn. 27), und vom 21. november 2017 - 2 a 1393/16 -, juris (rn. 128 ff.), sowie beschlüsse vom 30. oktober 2013 - 2 a 2554/12 -, juris (rn. 15 ff.). 83grundsätzlich ist ein lageplan dabei zu vermaßen, damit die tatsächliche lage der baulastfläche bestimmt werden kann. 84vgl. nur vg gelsenkirchen, urteile vom 14. september 2010 - 6 k 6441/08 -, juris (rn. 120), und vom 29. april 2016 - 9 k 1541/14 -, juris (rn. 43). 85nicht entscheidend ist hingegen, ob der lageplan in jeder hinsicht den anforderungen des § 18 bauprüfvo (vorliegend: § 12 bauprüfvo 1995) genügt. denn es handelt sich – wie oben bereits aufgezeigt – um eine reine verfahrensvorschrift; die anforderungen an die bestimmtheit einer baulast hat der verordnungsgeber damit hingegen nicht regeln wollen und aus normhierarchischen gründen wohl auch nicht abschließend regeln können. 86vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 30. oktober 2013 - 2 a 2554/12 -, juris (rn. 27), und vom 18. mai 2018 - 10 a 609/17 -, juris (rn. 9). 87gemessen an diesen grundsätzen ist die bestimmtheit der streitgegenständlichen baulast zwar nicht ganz unproblematisch, der inhalt der übernommenen verpflichtung lässt sich aber im ergebnis mit hinreichender genauigkeit feststellen. 88in der verpflichtungserklärung selbst ist die baulastfläche überhaupt nicht beschrieben. der ihr beigefügte und in bezug genommene lageplan stellt die fläche dar, ist jedoch für sich genommen wenig präzise. es handelt sich zwar um einen auszug aus dem amtlichen kataster. dieser ist aber nicht vermaßt und weist einen recht groben maßstab auf (wohl 1:1000). überdies ist die ebenfalls nicht vermaßte baulastfläche eher ungenau in diesen plan (grün) eingetragen. 89dennoch sind die anforderungen an die bestimmtheit im ergebnis noch gewahrt, weil sich der inhalt der baulast anhand der sonstigen umstände präzise erkennen lässt. die von der baulast erfasste fläche wird von der nordwestlichen hauswand des gebäudes m. straße / und den drei grundstücksgrenzen in diesem bereich begrenzt. hinsichtlich der beiden schmalen enden der fläche ergibt sich dies schon aus der natur der sache; ein geh-, fahr- und leitungsrecht ergibt nämlich nur dann sinn, wenn es das grundstück von der einen bis zur anderen seite vollständig erfasst. hinsichtlich der hauswand ist auch die grüneintragung nicht zweifelhaft. problematisch bleibt die nordwestliche begrenzung der baulastfläche, weil der grüne begrenzungsstrich hier erkennbar nicht auf der die flurstücksgrenze markierenden linie verläuft. dass der leicht gebogene verlauf der grünen linie einem bestimmten zweck dienen könnte, lässt sich allerdings ausschließen; er ist vielmehr das ergebnis mangelnder sorgfalt. für den ersteller des plans war offenbar klar, dass die genannten vier linien die baulastfläche begrenzen. unter der grüneintragung ist im übrigen eine schwarze schraffur zu erkennen, welche die baulastfläche mit genau diesen grenzen markiert; es scheint also ein einigermaßen präziser plan vorgelegen zu haben, der dann noch einmal „eingegrünt“ worden ist. 90für die angenommene begrenzung der fläche – und damit eine breite von drei metern – sprechen aber auch die umstände des zustandekommens der baulast. wie oben referiert, sollte das den klägern zu übereignende grundstück ursprünglich an deren nordwestlicher hauswand enden und es sollte ein drei meter breiter streifen vor dieser wand mit einem wegerecht versehen werden, damit die kläger die rückseite ihres grundstücks erreichen können. nachdem die vereinbarte teilung der grundstücke sich als nicht umsetzbar erwies, wurde das den klägern zu übereignende grundstück indes neu zugeschnitten. die kläger erhielten den fraglichen streifen mit einer breite von drei metern, welcher die abstandsfläche der nordwestlichen hauswand aufnimmt. im gegenzug sollte nun aber offenbar dem neu entstandenen flurstück ein wege- und leitungsrecht auf dieser fläche zustehen, um die pläne für eine weitere teilung und bebauung dieses flurstücks nicht einzuengen. vor dem hintergrund dieser objektiven, in den akten und registern nachvollziehbaren historie spricht alles dafür, dass die baulastfläche die vollen drei meter einnimmt. diese breite entsprach im übrigen auch der praxis bei zuwegungsbaulasten, die das erfordernis einer „befahrbaren zufahrt“ im sinne von § 4 abs. 1 nr. 1 bauo nrw 1995 herstellen sollten. 91vgl. dazu gädtke/böckenförde/temme/heintz, bauo nrw, kommentar, 9. aufl. 1998, § 4 rn. 34. 92nach alledem besteht kein zweifel, dass der volle grundstücksstreifen zwischen der hauswand der kläger und der grundstücksgrenze einschließlich seiner fortsetzung vor und hinter dem haus von der baulast erfasst ist. 933. 94durch die im jahre 1998 erfolgte teilung des von der baulast begünstigten grundstücks (flurstück ) in die flurstücke bis und in mehrere buchgrundstücke ist die baulast nicht erloschen. 95die zugunsten eines grund-/flurstücks übernommene baulast setzt sich nach dem rechtsgedanken des § 1025 bgb im falle einer teilung an den neu entstandenen einzelnen grund-/flurstücken fort, wenn nicht die baulast von vornherein auf einen bestimmten teil des ausgangsgrundstücks beschränkt war. 96vgl. zur heranziehung der §§ 1025 f. bgb in diesem kontext ovg nrw, urteil vom 1. juni 2015 - 8 a 1760/13 -, juris (rn. 112); vg gelsenkirchen, urteil vom 9. april 2019 - 6 k 9528/17 -, juris (rn. 32 ff.). 97dem entspricht der im juni 2016 auf dem baulastblatt 2954 (unter nr. 3) eingetragene vermerk, dem zufolge das begünstigte grundstück nunmehr die flurstücksbezeichnung bis trägt. das baulastenverzeichnis ist mit dieser eintragung lediglich an den bereits seit 1998 bestehenden katasterzustand angepasst worden. 98ii. 99die löschung der streitgegenständlichen baulast kann auch nicht wegen eines wegfalls des öffentlichen interesses an ihr verlangt werden. 100gemäß § 85 abs. 3 bauo nrw 2018 hat die behörde den verzicht auf die baulast zu erklären, wenn ein öffentliches interesse an ihr nicht mehr besteht; der verzicht wird mit der löschung der baulast im baulastenverzeichnis wirksam. ist das öffentliche interesse an der baulast entfallen, hat der eigentümer des belasteten grundstücks einen anspruch auf diese verzichtserklärung und die löschung, weil sein grundstück grundlos öffentlich-rechtlichen beschränkungen unterliegt. 101vgl. ovg nrw, urteil vom 21. november 2017 - 2 a 1393/16 -, juris (rn. 50), m.w.n.; wenzel, in gädtke u.a., bauo nrw, kommentar, 13. aufl. 2019, § 85 rn. 69. 102das öffentliche interesse am fortbestand der baulast ist weggefallen, wenn es nunmehr an der sicherungsfähigkeit oder sicherungsbedürftigkeit fehlt oder eine änderung des im fraglichen bereich geltenden baurechts die annahme rechtfertigt, dieses interesses bestehe nicht mehr; baurechtswidrige zustände dürfen dabei nicht geschaffen werden. 103vgl. nur ovg nrw, urteil vom 21. november 2017 - 2 a 1393/16 -, juris (rn. 54 ff.), sowie beschlüsse vom 29. märz 2010 - 7 a 663/10 -, juris (rn. 14), und vom 11. dezember 2020 - 2 a 953/20 -, juris (rn. 20); vg gelsenkirchen, urteil vom 12. juli 2012 - 5 k 2628/10 -, juris. 104diese voraussetzungen lagen in bezug auf die baulastbegünstigten flurstücke und vollständig und in bezug auf das baulastbegünstigte flurstück teilweise, nämlich hinsichtlich des geh- und fahrrechts, vor. denn alle drei flurstücke liegen unmittelbar an der straße „am l.------graben “ und bedürfen daher zu ihrer erschließung keines geh- und fahrrechts. die flurstücke und bedürfen darüber hinaus auch keines leitungsrechts, weil sich auf ihnen derzeit nur garagen befinden und weil sie bei einer änderung der nutzung an die leitungen und den kanal in der genannten straße angeschlossen werden können. die behörde hat daher auf anregung des gerichts einen entsprechenden teilverzicht ausgesprochen. 105soweit die baulast nach dem teilverzicht noch wirksam ist, besteht nach wie vor ein öffentliches interesse an ihr; die kläger können einen verzicht nicht verlangen. 106dies gilt zunächst für das zugunsten des grundstücks m. straße (flurstücke , , ) bestehende geh- und fahrrecht, obwohl das flurstück , auf dem das wohnhaus selbst aufsteht, über eine ebenfalls durch baulast gesicherte wegeverbindung zu der straße „am l.------graben “ verfügt (baulastblatt 2953 nr. 1). auf dem flurstück hat die beklagte nämlich am 12. oktober 2000 eine pkw-garage genehmigt. diese garage kann ohne eine inanspruchnahme der baulastfläche nicht angefahren werden. denn die vor der garage auf dem flurstück selbst zur verfügung stehende fläche ist nur etwa drei meter tief. dies reicht zur einfahrt in die garage ersichtlich nicht aus (vgl. § 125 abs. 2 sonderbauverordnung). eine pkw-garage, die nicht (sicher) angefahren kann, kann indes nicht (ohne missstände i.s.v. § 3 bauo nrw 2018) benutzt werden und ist daher nicht genehmigungsfähig. 107vgl. vgh b.-w., urteil vom 17. september 1998 - 3 s 1208/96 -, juris (rn. 25); der sache nach wohl auch ovg nrw, beschluss vom 17. mai 2005 - 10 a 4550/02 -, juris. 108zudem würde eine garage, die nicht angefahren werden kann, auch nicht die ihr aufgrund der baugenehmigung für das wohnhaus m. straße vom 3. juli 1997 zugedachte funktion eines notwendigen stellplatzes erfüllen. 109vgl. dazu vg gelsenkirchen, urteil vom 14. juni 2011 - 6 k 4130/09 -, juris (rn. 29). 110durch den verzicht auf die baulast würden hier also in mehrfacher hinsicht baurechtswidrige zustände entstehen. 111kommt somit eine löschung des wegerechts zugunsten des flurstücks nicht in betracht, so scheidet auch eine löschung dieses rechts zugunsten der flurstücke und aus, und zwar wohl schon deshalb, weil alle drei flurstücke ein einziges buchgrundstück bilden. auch hier lassen sich die regelungen des bürgerlichen gesetzbuchs zur grunddienstbarkeit sinngemäß heranziehen: zwar erlischt die grunddienstbarkeit bei teilung, wenn das recht dem abgetrennten teil nicht zugutekommt (§ 1025 s. 2 bgb). teilung i.s.v. § 1025 bgb ist aber nur die zerlegung in mehrere selbständige buchgrundstücke. 112vgl. grziwotz, in: erman, bgb, 16. aufl.2020, § 1025 rn. 1. 113hinzu kommt, dass die auf dem flurstück aufstehende garage – wie bereits gesagt – einen notwendigen stellplatz für das wohnhaus m. straße darstellt. es besteht somit ein öffentliches interesse an der gesicherten verbindung zwischen dem flurstück und dem flurstück , auf dem das wohnhaus aufsteht. ließe sich das wohnhaus nämlich von der garage aus nur umständlich erreichen, so müsste damit gerechnet werden, dass seine bewohner häufig auf die nutzung der garage verzichten und das fahrzeug in der straße „am l.------graben “ abstellen. das ziel der stellplatzpflicht (§ 48 bauo nrw 2018), den öffentlichen verkehrsraum von ruhendem verkehr zu entlasten, würde damit verfehlt. an dem fortbestand der wegeverbindung zwischen dem flurstück und dem flurstück besteht damit ein öffentliches interesse. dass die bewohner des wohnhauses m. straße derzeit de facto über das grundstück m. straße zu ihrer garage gelangen, ändert an dem fortbestand des öffentlichen interesses nichts, da diese wegeverbindung nicht öffentlich-rechtlich gesichert ist. ob sich ein öffentliches interesse an dem geh- und fahrrecht schließlich auch daraus ergibt, dass das wohnhaus m. straße von der m. straße aus mit feuerwehr- und rettungsfahrzeugen etc. erreichbar sein sollte, mag nach alledem dahinstehen. 114auch bei dem grundstück m. straße (flurstück ) ergibt sich das öffentliche interesse an einem fortbestand des baulastgesicherten geh- und fahrrechts vor allem aus der genehmigung der dortigen stellplätze. infolge der bestandskräftigen baugenehmigung vom 3. juli 1997 befinden sich zwischen dem wohnhaus nr. und der auf dem flurstück aufstehenden garage zwei genehmigte stellplätze, die ohne ein befahren der baulastfläche nicht benutzbar sind und notwendige stellplätze für das wohnhaus darstellen. nach der (nachvollziehbaren) erklärung des beigeladenen zu 1. in der mündlichen verhandlung ist eine erschließung des grundstücks über eine eigene zufahrt auf die m. straße seinerzeit am widerstand der straßenbaubehörde gescheitert. die genehmigten stellplätze sind somit auf die zufahrt über die baulastfläche angewiesen. ohne die baulast würden damit auch hier baurechtswidrige zustände eintreten. 115ob den eigentümern und erbbauberechtigten der grundstücke m. straße und zivilrechtliche nutzungsansprüche in bezug auf die zuwegung zustehen, ist für den fortbestand des öffentlichen interesses an der baulast ohne bedeutung. es liegt im wesen des instituts der öffentlich-rechtlichen baulast, dass die mit ihr bezweckte sicherung der genehmigungsvoraussetzungen des begünstigten bauvorhabens gegenüber den zivilrechtlichen verhältnissen verselbständigt ist und unabhängig von den zivilrechtlichen rechtspositionen der beteiligten durchgesetzt werden kann. 116vgl. ovg rh.-pf., beschluss vom 6. november 2009 - 8 a 10851/09 -, juris (rn. 7), mit weiteren nachweisen. 117auch in bezug auf das zugunsten der grundstücke m. straße , und bestehende leitungsrecht hat die behörde nicht auf die baulast zu verzichten; ein wegfall des öffentlichen interesses an ihr kann auch insoweit nicht festgestellt werden. keiner sicherung durch baulast zugunsten der drei grundstücke bedarf allerdings der unter der baulastfläche verlegte abwasserkanal (dn 300). denn hier handelt es sich nach lage der dinge um einen zwar vor jahrzehnten in privater regie gebauten, inzwischen aber öffentlichen kanal, für den auf dem grundbuchblatt eine grunddienstbarkeit besteht und der auch abwässer der straße „am l.------graben “ transportiert. eine öffentlich-rechtliche sicherung gerade zugunsten der grundstücke m. straße , und ist für diesen kanal nicht erforderlich. anders liegen die dinge aber hinsichtlich der hausanschlussleitungen und -kanäle der vorgenannten grundstücke. diese sind bei der errichtung der wohngebäude jedenfalls teilweise im bereich der baulastfläche verlegt worden. ohne ihre ordnungsgemäße herstellung hätte die nutzung der wohngebäude gemäß §§ 3 abs. 1, 4 abs. 1 nr. 2, 82 abs. 6 bauo nrw 1995 (jetzt §§ 3 abs. 1 s. 1, 84 abs. 8 s. 2 bauo nrw 2018) nicht aufgenommen werden dürfen und auch heute ist ihre ordnungsgemäße instandhaltung gemäß § 3 abs. 1 s. 2 bauo nrw 2018 voraussetzung für eine dem öffentlichen baurecht entsprechende nutzung. solange nicht infolge entsprechender vereinbarungen unter den nachbarn andere leitungen und kanäle hergestellt worden sind, bedingt die durch die bestandskräftige baugenehmigung vom 3. juli 1997 geschützte nutzung der wohngebäude den fortbestand der vorhandenen kanäle und anschlussleitungen. 118iii. 119die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 vwgo. es entspricht der billigkeit, den klägern auch die außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu 1. und 3. aufzuerlegen, da diese einen sachantrag gestellt und sich damit ihrerseits gemäß § 154 abs. 3 vwgo einem kostenrisiko ausgesetzt haben. die außergerichtlichen kosten der beigeladenen zu 2. und 4. waren demgegenüber nicht für erstattungsfähig zu erklären. 120rechtsmittelbelehrung: 121gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 1221. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1232. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1243. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1254. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1265. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 127die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 128im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 129b e s c h l u s s : 130der streitwert wird auf 5.000,- euro festgesetzt. 131g r ü n d e: 132die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 2 gkg. 133rechtsmittelbelehrung: 134gegen diesen beschluss findet innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, beschwerde statt, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 euro übersteigt. 135die beschwerde ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), beim verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen einzulegen. über sie entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, falls das beschließende gericht ihr nicht abhilft.
Verklagte*r
0
342,527
9 K 3572/19
"2021-11-30T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Pflegewohngeld und die darauf beruhende Rückforderung gewährter Pflegewohngeldleistungen. 3Für die am 1. Juni 1943 geborene Klägerin bestellte das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 22. April 2016 - 11 XVII 119/16 H - ihren Prozessbevollmächtigten als Berufsbetreuer zu ihrem Betreuer. Von der Bestellung sind unter anderem die Aufgabenkreise Befugnis zum Empfang von Post, Behördenangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Wohnungsangelegenheiten umfasst. 4Im Anschluss an eine ab dem 23. Februar 2016 erfolgte stationäre Behandlung in der LWL-Klinik X. befindet sich die Klägerin seit dem 4. Mai 2016 in dem AWO Erich-Wandel-Seniorenzentrum in M. . 5Unter dem 12. Oktober 2016 beantragte der Betreuer der Klägerin erstmals die Bewilligung von Pflegewohngeld bei dem Beklagten. In der dem Antrag beigefügten Vermögenserklärung ist unter Ziffer 12. die Abfrage nach dem Vorliegen von Lebensversicherungen mit Nein angekreuzt. 6Mit Bescheid vom 23. November 2016 lehnte der Beklagte die Gewährung von Pflegewohngeld mit der Begründung ab, dass der Klägerin bisher keine Pflegestufe zuerkannt worden sei. 7Am 14. März 2017 beantragte die Klägerin erneut bei dem Beklagten die Gewährung von Pflegewohngeld, nachdem ihr ab dem 1. Januar 2017 der Pflegegrad 2 zuerkannt worden ist. 8Mit Bescheiden vom 28. März 2017, vom 28. Juni 2017, vom 28. Juli 2017 und vom 28. August 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 414,62 EUR. 9Mit Bescheid vom 28. November 2017 änderte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 die Bewilligung von Pflegewohngeld unter Berücksichtigung der geminderten, gesondert berechenbaren Aufwendungen und setzte das Pflegewohngeld auf monatlich 364,43 EUR fest. 10Mit Bescheiden vom 28. Dezember 2017 und vom 28. Februar 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 364,43 EUR. 11Mit Bescheid vom 28. Mai 2018 gewährte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2018 bis zum 31. Mai 2019 Pflegewohngeld in Höhe von monatlich 364,43 EUR. 12Anlässlich der im Juni 2017 sowie im Juli 2018 von der Klägerin erhaltenen Auszahlungen aus Beteiligungen der Dreiländer Beteiligung Objekt (DLF) behielt der Beklagte ab Juni 2018 bis November 2018 die monatliche Zahlung des Pflegewohngeldes zwecks Anrechnung der Beteiligungseinkünfte ein. 13Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 teilte der Betreuer der Klägerin dem Beklagten mit, dass die Klägerin am 28. November 2018 von der B. Lebensversicherung AG einen Betrag i.H.v. 2.196,95 EUR erhalten habe. 14Auf die entsprechende Aufforderung des Beklagten, die bisher unbekannte und bisher nicht in der Vermögenserklärung angegebene Lebensversicherung nachzuweisen, teilte der Betreuer mit Schreiben vom 20. Februar 2019 mit, dass die B. Lebensversicherung AG aus der zum 1. Oktober 2018 abgelaufenen Kapitallebensversicherung (Nr. 02721333) 2.196,95 EUR am 28. November 2018 auf das Konto der Klägerin überwiesen habe. Ein weiterer Betrag in Höhe von 6.890,98 EUR aus der ebenfalls am 1. Oktober 2018 abgelaufenen Lebensversicherung (Nr. 12721333) sei direkt an das Pflegeheim der Klägerin überwiesen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ihm nicht bekannt gewesen, dass eine Lebensversicherung bestehe. Das Schreiben der Versicherung habe er von der Tochter der Klägerin erhalten. 15Auf die entsprechende Anforderung des Beklagten mit Schreiben vom 27. Februar 2019 übersandte die B. Lebensversicherung AG am 7. März 2019 Unterlagen betreffend die zum 1. Oktober 1987 abgeschlossene Lebensversicherung Nr. 02721333 mit einer garantierten Versicherungssumme in Höhe von 1.312,00 DM/671,00 EUR bzw. die durch Herabsetzung der beitragspflichtigen Versicherungssumme für den ausscheidenden Teil gebildete beitragsfreie Lebensversicherung Nr. 122721333 mit einer garantierten Versicherungssumme in Höhe von 9.230,00 DM/4.720,00 EUR. Beide Versicherungen liefen vertragsgemäß am 1. Oktober 2018 ab. Bezugsberechtigt im Erlebensfall ist die Klägerin als Versicherungsnehmerin; bezugsberechtigt im Todesfall ist die Tochter - I. - der Klägerin. 16Mit Schreiben vom 27. März 2019 hörte der Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Aufhebung der Bewilligungsbescheide aufgrund des Bekanntwerdens der beiden Lebensversicherungen an. 17Der Betreuer der Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 3. April 2019 Stellung und führte aus, dass ihm die Lebensversicherungen der Klägerin nicht bekannt gewesen seien. Sowohl die Klägerin als auch ihre Tochter hätten ihn nicht davon in Kenntnis gesetzt. Auch der Anfangssaldo des Bankkontos habe zu Beginn der Betreuung keine Beiträge zur Versicherung ausgewiesen. 18Mit Bescheid vom 5. April 2019 nahm der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 28. März 2017, 28. Juni 2017, 28. Juli 2017, 28. August 2017, 28. November 2017, 28. Dezember 2017, 28. Februar 2018 und 28. Mai 2018 für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Mai 2017 bis zum 30. November 2018 zurück und forderte für diese Zeiträume die gewährten Pflegewohngeldleistungen zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Im Rahmen der Vermögensüberprüfung habe sich ergeben, dass das Vermögen der Klägerin in den genannten Zeiträumen die maßgebliche Vermögensfreigrenze von 10.000,00 EUR überschreite. Als Vermögen seien zum einen die Zahlungen aus den Beteiligungen der DLF sowie zum anderen die jeweiligen Rückkaufswerte der beiden Lebensversicherungen anzusetzen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, da leistungserhebliche Angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht worden seien. Eine gründliche Recherchearbeit zu Beginn der Betreuung hätte die Existenz der Lebensversicherungen ergeben. Zudem seien der Klägerin als auch ihrer Tochter die Lebensversicherungen bekannt gewesen. Unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin seien im Rahmen der Abwägung mit dem öffentlichen Interesse keine Aspekte ersichtlich, von der Ermächtigung zur Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide keinen Gebrauch zu machen. 19Gegen diesen Bescheid erhob der Betreuer der Klägerin am 1. Mai 2019 Widerspruch und führte zur Begründung aus: Die Auszahlungen aus der Beteiligung der DLF seien zur sofortigen Zahlung von Verbindlichkeiten aus der Heimunterbringung der Klägerin verwandt worden, sodass kein frei verfügbares Vermögen vorgelegen habe. Die dritte Auszahlung sei dem Beklagten zuvor angezeigt und nachfolgend ebenfalls zur Begleichung von Verbindlichkeiten aus der Heimunterbringung verwandt worden. Das Bestehen der Lebensversicherung sei ihm unbekannt gewesen. Da die Klägerin an einer fortschreitenden Demenz leide, habe man eine Kenntnis von ihr insoweit nicht erwarten können. Die Klägerin treffe insoweit nicht der Vorwurf eines grob fahrlässigen Handelns. Eine Kenntnis ihrerseits von der Versicherung sei Voraussetzung dafür, dass von ihm als gesetzlicher Betreuer eine Kenntnis und eine Mitteilung an den Beklagten zu verlangen gewesen wäre. Der Hausstand der Klägerin sei durch die mit ihr zuvor im selben Haus lebende Tochter aufgelöst worden. Hierbei habe weder die Klägerin noch er Kenntnis von Unterlagen erhalten, die auf das Bestehen der Versicherung hätten deuten können. Er sei von der Klägerin nicht über weiteres Vermögen informiert worden. Die Klägerin und die ihm vorgelegten Unterlagen seien die einzig mögliche Erkenntnisquelle für ihn als Vertreter gewesen, sodass auch ihm keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Die von ihm zum Vermögen der Klägerin gemachten Angaben seien stets wahrheitsgemäß im Rahmen des ihm Bekannten erfolgt. 20Mit Widerspruchsbescheid vom 16. August 2019 half der Beklagte betreffend den Leistungsmonat Mai 2017 dem Widerspruch ab und reduzierte den Rückforderungsbetrag auf 5.102,02 EUR. Im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Weder die Klägerin noch ihr Betreuer seien ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen. Das Bestehen der Lebensversicherungen sei im Pflegewohngeldantrag nicht angegeben worden. Der Betreuer habe sich zuzurechnen, dass die Klägerin ihm unter Umständen nicht ihr vollständiges Vermögen angegeben habe. Der Klägerin könne dagegen angesichts der vorliegenden Unterlagen sowie auch unter Berücksichtigung einer möglicherweise zwischenzeitlich fortgeschrittenen Demenz nicht geglaubt werden, dass sie von den Lebensversicherungen nicht gewusst habe. So habe die Klägerin vor Beginn ihrer Betreuung bei der Stadt M. Grundsicherungsleistungen beantragt und dort umfänglich Auskunft zu ihren Vermögensverhältnissen abgeben können. Die Existenz der Lebensversicherungen, für die sie jährlich Mitteilungen und teilweise auch noch Beiträge gezahlt haben müsse, sei von ihr schon seinerzeit vollständig verschwiegen worden. Zudem müsse auch die Tochter der Klägerin Kenntnis von den Lebensversicherungen gehabt haben, da sie in den Versicherungsunterlagen als Bezugsberechtigte im Todesfall der Klägerin vermerkt sei. Insbesondere aufgrund der jährlich ergangenen Information der Versicherungsgesellschaft und der offensichtlich noch jährlich gezahlten Beiträge sei es lebensfremd, anzunehmen, dass weder die Klägerin noch ihre Tochter, die zudem auch den Hausstand der Klägerin aufgelöst habe, etwas von der Existenz der Lebensversicherung gewusst hätten und auch die Recherchen des Betreuers zu Beginn der Betreuung keinerlei Hinweise auf diese Lebensversicherung geliefert haben sollen. Der Betreuer der Klägerin müsse sich zudem zurechnen lassen, dass die Klägerin ihm offenbar unvollständige bzw. unrichtige Angaben zu ihrem Vermögen gemacht habe, sofern er nicht selbst durch hinreichende Recherche zu Beginn der Betreuung Hinweise zu diesen Lebensversicherungen hätte finden können. Angesichts der fehlenden Bedürftigkeit der Klägerin überwiege im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens das öffentliche Interesse an einer sparsamen und zweckgerichteten Verwendung der von der Allgemeinheit aufgebrachten Mittel zur Finanzierung des Pflegewohngeldes gegenüber dem Interesse der Klägerin bzw. ihres Betreuers daran, die rechtswidrig erlangten Pflegewohngeldleistungen behalten zu dürfen. 21Am 9. Oktober 2019 hat der Betreuer der Klägerin Klage erhoben, mit der er sich sowohl gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid betreffend Pflegewohngeld vom 5. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2019 als auch gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid betreffend die Gewährung von Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 8. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2019 wendet. 22Mit Beschluss vom 21. Oktober 2019 hat das Gericht die das Pflegewohngeld und die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII betreffenden Verfahren getrennt und das unter dem Gerichtsaktenzeichen 9 K 3672/19 geführte Verfahren betreffend die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII mit weiterem Beschluss vom 22. Oktober 2019 an das den Rechtsweg betreffend zuständige Sozialgericht Dortmund verwiesen, das dort unter dem Gerichtsaktenzeichen S 62 SO 658/19 geführt wird. 23Zur Begründung der Klage trägt der Betreuer vor: Die Klägerin sei aufgrund ihrer Erkrankung im Zeitpunkt der Beantragung von staatlichen Unterstützungsleistungen nicht in der Lage gewesen, Auskünfte über ihr Vermögen zu geben, und könne für die Richtigkeit der von ihr gemachten Angaben nicht haftbar gemacht werden. Die Klägerin habe ihm als ihr Betreuer trotz Nachfrage keine Angaben zu ihrem Vermögen machen können. Über die Tochter der Klägerin habe lediglich die Beteiligung in Erfahrung gebracht werden können, nicht jedoch das Bestehen einer Lebensversicherung. Er habe sowohl die Klägerin als auch ihre Tochter zu dem Vermögen der Klägerin am 9. Juni 2016 sowie vor der Unterzeichnung des Antrags bei der Beklagten noch einmal ausdrücklich befragt. Außerdem seien vor der Räumung der damaligen Wohnung der Klägerin im Jahr 2016 durch die Tochter alle dort noch verbliebenen Unterlagen durchgesehen worden, ohne dass ein Hinweis auf die Lebensversicherungen der Klägerin zu finden gewesen wäre. Die Tochter der Klägerin habe die Wohnung bereits ab Februar 2016 geräumt und den zur Wohnung gehörenden Briefkasten der Klägerin zunächst zugeklebt und sodann abgenommen. Andere Erkenntnismöglichkeiten hätten ihm nicht zur Verfügung gestanden. Er habe nur solches Vermögen angeben können, das ihm unter normalen Umständen erkennbar gewesen sei, sodass er nicht fahrlässig und schon gar nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Im Rahmen der Betreuung sei ihm eine eigene Sichtung der Unterlagen der Klägerin nicht zuzumuten gewesen und er habe sich darauf verlassen dürfen, dass die Auskünfte der Tochter richtig und die ihm überlassenen Unterlagen vollständig gewesen seien. Er habe davon ausgehen müssen, dass in der Wohnung der Klägerin keine Unterlagen zu der Versicherung gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass die Tochter der Klägerin und folglich erst recht er selbst diese nicht habe finden können. Eine Suche „ins Blaue hinein“ sei von ihm im Rahmen seines Aufgabenkreises nicht zu erwarten gewesen. Das Gesetz sehe nur ein sehr beschränktes Zeitkontingent für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers vor. Das Vorhandensein der Lebensversicherungen sei ihm als Betreuer erst mit dem Schreiben der Versicherungsgesellschaft vom 28. November 2018 angezeigt worden. Der Klägerin sei aufgrund ihrer schweren Hirnschädigung kein Vorwurf zu machen, der eine nachträgliche Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung rechtfertigen könne. Die Klägerin als einzig ihm zur Verfügung stehende Erkenntnisquelle habe ihn nicht auf das Vorhandensein der Versicherungen hingewiesen und ihn somit zu einer unvollständigen Erklärung zu ihrem Vermögen gezwungen, die dieser nur nach besten Wissen habe abgeben können. Dass die Versicherungsgesellschaft die Klägerin jährlich angeschrieben habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Derartige Mitteilungen seien weder bei der Klägerin selbst noch bei der Wohnbereichsaufsicht der Pflegeeinrichtungen hinterlegt gewesen. Selbst wenn die Versicherungsgesellschaft Bestandsmeldungen oder sonstigen Schriftverkehr in der Zeit bis Ende Oktober 2018 an die Klägerin gesandt habe, seien diese nicht in seinen Kenntnisnahmebereich gelangt. Die von der Lebensversicherungsgesellschaft ab dem 11. Oktober 2016 ausgefertigten Schreiben hätten die Klägerin angesichts ihres Umzuges in das Pflegewohnheim nicht mehr erreichen können und müssen. Darüber hinaus sei die Klägerin auch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen, den Inhalt zu verstehen und ihm als Betreuer darüber Auskunft zu geben. 24Die Klägerin beantragt, 25den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2019 aufzuheben. 26Der Beklagte beantragt, 27die Klage abzuweisen. 28Er bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass unter Berücksichtigung der fachpsychiatrischen Gutachten davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin sich ihres Handelns bereits seit dem Jahr 2015 nicht mehr bewusst gewesen sei und insoweit lediglich unter Beteiligung der Tochter und der späteren Mitwirkung des Betreuers die sozialhilferechtlichen Anträge gestellt habe. Es könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob möglicherweise ein Verschulden Dritter anzunehmen sei, das letztendlich zu der rechtswidrigen Bewilligung von Sozialleistungen geführt habe. 29Mit Verfügung vom 15. Oktober 2021 sowie ergänzend vom 15. November 2021 hat das Gericht die B. Lebensversicherung AG um schriftliche Auskunft zu den Jahresmitteilungen der Lebensversicherungen sowie zu sonstigem Schriftverkehr der Klägerin ersucht. Auf den Inhalt der hierauf ergangenen Antwortschreiben der B. Lebensversicherung AG vom 2. und 16. November 2021 wird Bezug genommen. 30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. 31Entscheidungsgründe: 32Die Klage hat keinen Erfolg. 33Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. 34Der Bescheid des Beklagten vom 5. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2019, mit dem er die den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018 betreffenden Bescheide über die Bewilligung von Pflegewohngeld aufhebt und die für den genannten Zeitraum erbrachten Leistungen zurückfordert, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 35Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist im Hinblick auf die darin verfügte Aufhebung der Bewilligungsbescheide § 21 Abs. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige (Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW -) i.V.m. § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). 36Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nach näherer Maßgabe der Absätze 2 bis 4 aufgehoben werden, soweit er rechtswidrig ist. 37Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Bewilligung von Pflegewohngeld für den Pflegeplatz der Klägerin war für den Leistungszeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018 bei Erlass der Bescheide rechtswidrig. 38Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 APG NRW wird Pflegewohngeld in vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen als Unterstützung der Personen (Anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) pflegebedürftig und nach § 43 SGB XI oder im Rahmen einer privaten Pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren Einkommen und Vermögen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihrer nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen zur Finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 APG NRW ganz oder teilweise nicht ausreicht. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 APG NRW wird Pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens die Zahlung der Investitionskosten möglich ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 APG NRW erfolgt die Ermittlung des einzusetzenden monatlichen Einkommens und Vermögens entsprechend der Regelungen des Elften Kapitels SGB XII und dem §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW darf die Gewährung von Pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR beziehungsweise 15.000,00 EUR bei nicht getrennt lebenden Ehegattinnen, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. 39Nach diesen Vorschriften hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegewohngeld für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018, weil das Vermögen der Klägerin in diesem Zeitraum mehr als 10.000,00 EUR betrug und damit die Vermögensschongrenze überschritt. Bestandteil des Vermögens der Klägerin in diesem Zeitraum waren u.a. die beiden Lebensversicherungen der B. Lebensversicherung AG (Nr. 02721333 und 127213339), die als reine Kapitallebensversicherungen nicht zum geschützten Vermögen nach § 90 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X gehören. Unter Ansatz auch dieses Vermögens überschritt - wie sich aus der dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 16. August 2019 beigefügten Anlage im Einzelnen ergibt - das Gesamtvermögen der Klägerin in dem Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2018 die für sie maßgebende Vermögensschongrenze i.H.v. 10.000,00 EUR. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Pflegewohngeld war demnach für den genannten Zeitraum ausgeschlossen. 40Dem steht nicht entgegen, dass im Falle rechtzeitiger Mitteilung der Klägerin über das Vorhandensein der beiden Lebensversicherungen die Bewilligung von Pflegewohngeld ausgeblieben, die Klägerin die Investitionskosten aus ihrem eigenen Vermögen hätte begleichen müssen und es dadurch zu einem zeitnahen Unterschreiten der Vermögensschongrenze gekommen wäre. 41Vgl. so das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in dem Beschluss über die Prozesskostenhilfe im vorliegenden Verfahren vom 1. März 2021 - 12 E 233/21 -, Seite 3 des Beschlussabdrucks. 42Denn ein fiktiver Vermögensverbrauch erfolgt - wie bei der Prüfung der Gewährung von Sozialleistungen - im Falle der Rücknahme und Erstattung zu Unrecht bezogener Sozialleistungen nicht, da für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Bewilligung ausschließlich maßgebend ist, ob im betreffenden Bewilligungszeitraum verwertbares Vermögen vorhanden war. Vorhandenes Vermögen ist so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden und nicht tatsächlich verbraucht worden ist. 43Vgl. so zur Sozialhilfe/zum Pflegewohngeld: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 C 7.96 -, juris, Rn. 33 - 37, unter Aufgabe seines dem entgegenstehenden Urteils vom 20. Oktober 1981 - 5 C 16/80 -, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 19. November 1993 - 8 A 278/92 -, juris, Rn. 61 ff., und vom 6. Februar 1996 - 8 A 3537/93 -, n.v., Seite 20 f.; Verwaltungsgericht (VG) Münster, Urteile vom 1. April 2003 - 5 K 2781/99 -, juris, Rn. 37, und vom 9. Mai 2006 - 5 K 137/04 -, juris, Rn. 41; so auch im Falle zu Unrecht bezogene ALG II-Leistungen: Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 25. April 2018 - B 14 AS 15/17 R -, juris, Rn. 20; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Urteile vom 9. Januar 2020 - L 7 AS 498/19 -, juris, Rn. 48, und vom 23. Januar 2020 - L 6 AS 611/16 -, juris, Rn. 115; Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 50 SGB X (Stand: 25. Februar 2020), Rn. 85.2. 44Die Berücksichtigung eines fiktiven Verbrauchs von Vermögen führt zu einer nicht zu rechtfertigenden Verletzung des im Sozialrecht geltenden Nachranggrundsatzes (vgl. § 9 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), § 2 Abs. 1 SGB XII. Soweit und solange der Leistungsantragsteller mittels seines verfügbaren und verwertbaren Vermögens in der Lage ist, die durch seinen Pflegeplatz monatlich entstehenden förderfähigen Investitionskosten selbst zu tragen, bedarf es nicht des Einsatzes staatlicher Sozialleistungen nach dem APG NRW, da Vermögen, soweit und solange es trotz Verwertbarkeit (noch) nicht verwertet wurde, zur Bedarfsdeckung des Antragstellers zur Verfügung steht und damit der Leistungsgewährung entgegensteht, auch wenn deshalb bereits früher Leistungen abgelehnt worden sind oder es nicht dem Bedarf für den gesamten Zeitraum deckt. 45Vgl. BSG, Urteil vom 20. September 2012 - B 8 SO 20/11 -, juris, Rn. 14 f., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 C 7.96 -, juris. 46Damit wird zugleich sichergestellt, dass wegen Überschreitens der Vermögensfreigrenze im Falle der Rücknahme der Bewilligung von Pflegewohngeld nichts anderes gilt als im Falle der Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Pflegewohngeld. Denn verfügt der Antragsteller im Zeitpunkt seiner Antragstellung über (vollständig angegebenes) Vermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze, ist er auf dessen Verwertung zu verweisen und sein Antrag abzulehnen. Dies gilt so lange, wie der Antragsteller vom Einsatz seines verwertbaren Vermögens Abstand nimmt, und zwar auch dann, wenn zugleich die monatlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Pflegeeinrichtung nicht erfüllt werden. Eine Verrechnung findet insoweit nicht statt, da der Antragsteller die Pflegekosten in Höhe der Investitionskosten unabhängig von seinen Verbindlichkeiten mit seinem positiven Vermögen begleichen kann. Ist dem Antragsteller dagegen Pflegewohngeld zu Unrecht bewilligt worden, weil er unvollständige Angaben über sein Vermögen gemacht hat und nach seinen Vermögensverhältnissen tatsächlich in der Lage war, diesen Kostenanteil selbst zu tragen, würde er begünstigt, wenn ihm ein fiktiver Verbrauch zugestanden wird. 47Wäre das Vorhandensein der beiden Lebensversicherung dem Beklagten bei Antragstellung bekannt gemacht worden, so wäre nämlich im vorliegenden Fall der Antrag der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum abgelehnt worden, und zwar so lange die Klägerin auf eine Verwertung ihres die Freigrenze überschreitenden Vermögens verzichtet hätte bzw. bis durch Verwertung dieses Vermögensteils die Vermögensfreigrenze unterschritten worden wäre. Durch die rechtswidrige Bewilligung des Beklagten sind zwar die Investitionskosten des Pflegeplatzes der Klägerin beglichen worden. Aufgrund der Aufhebung der Bewilligungsbescheide tritt jedoch nunmehr an die Stelle der ansonsten aufgelaufenen Investitionskosten der Rückforderungsanspruch des Beklagten als wirtschaftliches Äquivalent. Durch die Berücksichtigung eines fiktiven Verbrauchs wird die zwingende Gleichbehandlung der Fallgestaltungen konterkariert. Eine damit für die Klägerin einhergehende und auf der Nichtangabe von verwertbaren Vermögen beruhende Begünstigung ist nicht zu rechtfertigen. 48Auch die die Rücknahme grundsätzlich einschränkenden Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X liegen hier vor. 49Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Bei den Pflegewohngeldbewilligungsbescheiden des Beklagten vom 28. März 2017, 28. Juni 2017, 28. Juli 2017, 28. August 2017, 28. November 2017, 28. Dezember 2017, 28. Februar 2018 und vom 28. Mai 2018 handelt es sich um begünstigende Verwaltungsakte, da sie Geldleistungen gewähren. Die Klägerin ist auch „Begünstigte" im Sinne der Rücknahmevorschriften, da ihr der bewohnerbezogene Aufwendungszuschuss gemäß § 14 APG NRW gewährt worden ist. 50Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist in diesen Fällen das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn - wie hier - der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht hat. 51Der Vertrauensschutz der Klägerin ist allerdings gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Hierunter fällt auch das sogenannte beredte Schweigen, d. h. wenn der Begünstigte Angaben weglässt, die er insbesondere unter Verwendung entsprechender Formulare zu machen verpflichtet gewesen wäre und ihm damit eine Pflicht zur Mitteilung der betreffenden Tatsachen oblag. Von der Bedeutung der unterlassenen Mitteilung muss der Begünstigte, wie sich aus dem Vergleich zur Nr. 3 der Vorschrift ergibt, keine positive Kenntnis gehabt haben. 52Vgl. BSG, Urteile vom 9. April 1987 - 5b RJ 36/86 -, juris, Rn. 14, und vom 1. Juni 2006 - B 7a AL 76/05 R - juris, Rn. 23; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht 6. Auflage 2019, § 48 SGB X, Rn. 28, m.w.N.; von Koppenfels-Spies, Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch X, 3. Auflage 2020, § 45 SGB X, Rn. 17. 53Dies ist hier hinsichtlich der Angaben in den Vermögenserklärungen vom 11. Oktober 2016 und vom 7. Mai 2018 der Fall. Diese Erklärungen enthalten objektiv unvollständige Angaben zum Vermögen der Klägerin, da die in dem jeweiligen Formular unter Ziffer 12. aufgeführte Abfrage etwaiger Lebensversicherungen von dem Betreuer der Klägerin ausdrücklich verneint worden ist, obwohl die Klägerin bereits seit dem 1. Oktober 1987 bzw. 28. August 1992 Versicherungsnehmerin der beiden Lebensversicherungen Nr. 02721333 und 127213339 bei der B. Lebensversicherung AG war. 54Die Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Klägerin waren damit in wesentlicher Beziehung unrichtig. Denn es ist offensichtlich, dass eine geldwerte Forderung die Entscheidung über die Bewilligung von Pflegewohngeld maßgeblich beeinflusst. 55Die Verwaltungsakte über die Bewilligung von Pflegewohngeld beruhten auch auf diesen unvollständigen Angaben. Die (rechtswidrige) Bewilligung des Beklagten für den besagten Zeitraum erfolgte nur deshalb, weil über das Vermögen der Klägerin im Hinblick auf das Vorliegen der beiden Lebensversicherungen unvollständige Angaben gemacht worden sind und der Beklagte bei Kenntnis dieser weiteren Vermögenswerte die Bewilligung von Pflegewohngeld für den besagten Zeitraum wegen offensichtlichen Überschreitens der Vermögensschongrenze abgelehnt hätte. 56Bereits die Klägerin hat in eigener Person zumindest grob fahrlässig gehandelt, indem sie es unterließ, ihren gesetzlichen Betreuer, der in ihrem Namen den Pflegewohngeldantrag gestellt hat, von dem Bestehen der beiden Lebensversicherungen in Kenntnis zu setzen. Jedenfalls aber liegt ein grob fahrlässiges Handeln des gesetzlichen Betreuers der Klägerin vor, das ihr zuzurechnen ist. 57Grobe Fahrlässigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des begünstigenden Verwaltungsaktes ist nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Es müssen einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sein. Das ist der Fall, wenn nicht beachtet wurde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Dabei ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen. 58Vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 - B 7 AL 88/99 R -, juris. Rn. 21, 24 f., und Beschluss vom 13. März 2019 - B 8 SO 85/18 B -, juris, Rn. 6 m.w.N.; Hessisches Landessozialgericht (LSG Hessen), Urteil vom 17. Januar 2012 - L 2 R 524/10 -, juris, Rn. 47; Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 71 ff. 59Im Falle der fehlerhaften bzw. unvollständigen Angaben muss der Begünstigte nach seinen individuellen Umständen in der Lage gewesen sein, die Fehlerhaftigkeit der gemachten Angaben zu erkennen. Ihm muss also ohne weitere Überlegung klar gewesen sein, dass er dem betreffenden Umstand mitteilen musste. Eine schwere seelische Erkrankung oder fehlende intellektuelle Fähigkeiten sind als besondere Umstände im Rahmen der Beurteilung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens des Beteiligten zu würdigen. 60Vgl. LSG Berlin, Urteil vom 24. Juli 2003 - L 8 RA 46/98 -, juris, Rn. 26; BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 77/09 R -, juris, Rn. 32 f. 61Nach diesen Maßstäben liegt ein zumindest grob fahrlässiges Handeln der Klägerin in Bezug auf die Nichtangabe der Lebensversicherungen vor. Zwar hat das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 22. April 2016 - 11 XVII 119/16 H - für die Klägerin eine u.a. die Aufgabenkreise der Befugnis zum Empfang von Post, Behördenangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Wohnungsangelegenheiten umfassende Betreuung eingerichtet, und leidet die Klägerin ausweislich der gutachterlichen Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI vom 17. März 2016 sowie vom 9. Juni 2016 und der Bescheinigung der LWL-Klinik X. zur Notwendigkeit der Heimversorgung vom 11. April 2016 an einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome sowie einer kognitiven Störung im Rahmen eines beginnenden amnestischen Syndroms (Korsakow-Syndrom). 62Jedoch ergibt sich weder aus den ärztlichen Bescheinigungen Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in Bezug auf ihre kognitiven Fähigkeiten in einem Maße eingeschränkt war, dass ihr unter Berücksichtigung der gesamten Umstände die Erinnerung und Mitteilung der beiden Lebensversicherungen nicht mehr möglich war, noch hat das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet. 63In der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. März 2016 ist der Klägerin eine Pflegestufe nicht zuerkannt worden, da ein ausreichender Hilfebedarf in der Grundpflege festgestellt werden konnte. Gleiches gilt für die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 9. Juni 2016. Darin - Seite 5 - wird im Hinblick auf die kognitiven Fähigkeiten der Klägerin ausgeführt, dass sie Fragen zu ihrer persönlichen Situation beantworten konnte und in der Lage war, ihren Namen, ihr Geburtsdatum und ihr Alter zu benennen. Das gesprochene Wort verstand sie und war in der Lage, Aufforderungen sachgerecht und zügig umzusetzen. Ihre Wohnanschrift, den Namen ihrer Hausärztin, das aktuelle Datum nebst Wochentag konnte die Klägerin benennen. Die im Weiteren als auffällig gekennzeichnete Gedächtnisleistung wird damit begründet, dass die Klägerin Störungen der höheren Hirnfunktionen aufweist, die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben, und unfähig ist, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren. 64In der Bescheinigung zur Notwendigkeit der Heimversorgung der LWL-Klinik X. vom 21. April 2016 wird der Klägerin eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome mit begleitenden, kognitiven Störungen im Rahmen eines beginnenden amnestischen Syndroms (Korsakow-Syndrom) infolge eines Alkoholmissbrauchs attestiert. Zur Begründung der Notwendigkeit der Heimversorgung wird auf die klinisch im Vordergrund stehenden massiven Kurzzeitgedächtnisdefizite sowie die Tendenz der Klägerin zum Konfabulieren bzw. zu Stimmungsschwankungen verwiesen. Die Klägerin ist aufgrund ihrer kognitiven Defizite auf Orientierungshilfe im Alltag und Beaufsichtigung der häuslichen Versorgung angewiesen. 65In der dem Betreuungsverfahren bei dem Amtsgericht M. zugrunde liegenden fachpsychiatrischen gutachterlichen Stellungnahme des LWL-Klinik X. vom 19. März 2016 konnte bei der Klägerin eine leichte kognitive Einschränkung festgestellt werden. Diese bestand in einer leichten Störung der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses und der Konzentration. Als maßgebliche Gründe dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten sorgfältig, pünktlich, strukturiert und zu ihrem eigenen Wohl zu besorgen, werden deutliche Störungen der Konzentration und der Aufmerksamkeit genannt. Aus diesen benannten Gründen bedarf die Klägerin der Hilfe eines gesetzlichen Betreuers. Aus der fachpsychiatrischen gutachterlichen Stellungnahme ergibt sich dagegen nicht, dass die kognitiven Fähigkeiten, insbesondere das Langzeitgedächtnis der Klägerin, derart krankheitsbedingt beeinträchtigt sind, dass sie im Zeitpunkt der Begutachtung am 7. März 2016 keine Angaben zu den beiden Lebensversicherungen machen konnte. So war die Klägerin in der Lage, im Rahmen ihrer psychiatrischen Untersuchung Angaben zu ihrer allgemeinen und wirtschaftlichen Lebenssituation zu machen. Sie konnte sowohl ihren beruflichen Werdegang als ausgebildete Industriekauffrau und selbstständige Unternehmerin wiedergeben als auch konkret die Höhe ihrer Rente, ihren Krankenversicherungsstatus, den Kontostand sowie ihren Schuldenstand benennen. 66In dem Entlassungsbericht der LWL-Klinik X. vom 4. Mai 2016 konnten aus der testpsychologischen Diagnostik keine Hinweise auf eine kognitive Störung festgestellt werden. Auffällig waren lediglich massive Einschränkungen der Konzentration und des Kurzzeitgedächtnisses, die bis zum Ende der Behandlung bestehen blieben. 67Im Übrigen ergibt sich nichts dem Entgegenstehendes aus dem ärztlichen Befundbericht des Dr. med. C. vom 23. April 2021 an das Sozialgericht Dortmund zum dortigen Klageverfahren S 62 SO 658/19. Der behandelnde Arzt berichtet von einer zu beobachtenden stetigen Zunahme einer dementiellen Entwicklung der Klägerin bei zunehmender Abnahme ihrer Orientierungsfähigkeit und wiederholter Verhaltensauffälligkeiten mit erheblichen Unruhezuständen, ausgeprägtem ungezielten Laufdrang sowie affektiven Störungen mit ausgeprägter Stimmungsindifferenz, Antriebsarmut und Veränderung des Sprachflusses. Soweit er im Anschluss daran ausführt, dass rückblickend anzuzweifeln sei, ob die Patientin im Jahr 2016 noch in der Lage gewesen sei, umfassend und wahrheitsgemäß Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu machen, stellt er gerade nicht fest, dass die Klägerin im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Beantragung von Pflegewohngeld am 11. Oktober 2016 sowie anschließend erneut am 6. März 2017 nach ihren kognitiven Fähigkeiten nicht mehr in der Lage war, Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen. Darüber hinaus ist die Frage, ob die Klägerin geistig fähig war, umfassend und wahrheitsgemäß Angaben über ihre wirtschaftliche Verhältnisse zu machen, nicht maßgebend. Allein entscheidend ist, ob die Klägerin in der Lage war, anzugeben, dass sie zwei Lebensversicherungen hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich diesbezüglich nicht um einen einmaligen und flüchtigen Sachverhalt handelt, sondern um einen solchen, der seit dem 1. Oktober 1987 und folglich seit erheblicher Zeit bestand und ausweislich der Auskunft der B. Lebensversicherung AG jährlich - zumindest bis zum Jahr 2015 - wiederkehrend in Form der Jahresmitteilungen der Klägerin zur Kenntnis gelangt ist. 68Im Übrigen hat das Betreuungsgericht für keinen der Aufgabenkreise der Betreuung einen Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angeordnet. Die Klägerin war folglich in ihrer Handlungsfähigkeit gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB X unbeschränkt und gerade nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 der Norm durch einen Einwilligungsvorbehalt beschränkt. Ein im Nachgang an die eingerichtete Betreuung angeordneter Einwilligungsvorbehalt ist weder vom Betreuungsgericht erklärt worden noch vom Betreuer herbeigeführt worden. Letzteres hätte sich jedoch dann aufgedrängt, wenn nach seinem Vorbringen davon ausgegangen werden musste, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung gänzlich nicht mehr in der Lage war, ihre Angelegenheiten in Bezug auf die Beantragung von Sozialleistungen eigenständig zu regeln bzw. lediglich über das Bestehen der Lebensversicherungen Auskunft zu geben. 69Darüber hinaus war die Klägerin durchaus in der Lage im Jahr 2015 - und damit in einem aussagekräftigen zeitlichen Zusammenhang zur Beantragung von Pflegewohngeld im vorliegenden Verfahren - bei der Stadt M. Grundsicherungsleistungen zu beantragen und im dortigen Verwaltungsverfahren mitzuwirken. So hat sich die Klägerin persönlich am 21. Mai 2015 fernmündlich bei der Stadt M. über die Möglichkeit der Beantragung von Grundsicherungen erkundigt. Am 11. Juni 2015 sprach die Klägerin persönlich bei der Stadt M. zwecks Vorlage der für den Antrag auf Bewilligung von Grundsicherungen notwendigen Unterlagen vor. Dem folgte am 18. Juni 2015 eine weitere persönliche Vorsprache der Klägerin, bei der sie ihre Vermögensverhältnisse umfänglich dargestellt hat. Die von der Stadt M. hierzu gefertigten Angaben im Vermerk vom 18. Juni 2015 lassen ohne weiteres erkennen, dass die Klägerin in der Lage war, konkrete, vollständige und in sich schlüssige Angaben zu ihren Vermögens- und Lebensverhältnissen, insbesondere zu den (erheblichen) Verlusten des durch den früheren Steuerberater L. investierten Erlöses aus dem im Jahr 2000 erfolgten Hausverkaufs, zu den Geldanlagen (DLF-Beteiligungen) sowie zu ihren Wohnverhältnissen zu machen. Am 9. Juli 2015 stellte die Klägerin bei der Stadt M. einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherung und sprach - in Begleitung ihrer Tochter - erneut dort vor, um weitere Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen zu machen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Einweisung nach dem PsychKG in der LWL-Klinik X. für die Zeit vom 23. Februar 2016 bis zum 4. Mai 2016 sowie aufgrund der bei ihr diagnostizierten Erkrankungen im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung von Pflegewohngeld am 6. März 2017 als auch der erstmaligen Beantragung von Hilfe zur Pflege vom 29. April 2016 in ihren intellektuellen Fähigkeiten derart eingeschränkt war, dass sie keinerlei grundlegende Angaben zu ihren Lebens- und Vermögensverhältnissen machen konnte, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. In der Widerspruchsbegründung vom 28. April 2019 wird insoweit noch ausgeführt, dass der Klägerin das Bestehen der Lebensversicherungen unbekannt gewesen sei und man von ihr aufgrund der fortschreitenden Demenz eine dahingehende Kenntnis nicht erwarten könne. 70Selbst wenn aber der Klägerin ein zumindest grob fahrlässiges Handeln aufgrund ihrer Erkrankungen nicht vorgeworfen werden könnte, liegt die Klageabweisung selbstständig tragend jedenfalls ein grob fahrlässiges Handeln ihres Betreuers als ihr gesetzlicher Vertreter vor. In der Klagebegründung vom 9. Oktober 2019 führt dieser aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, Auskünfte über ihr Vermögen zu geben, und sie trotz seiner Nachfrage keine Angaben zu ihrem Vermögen habe machen können. Vor diesem - hier insoweit als wahr unterstellten - Hintergrund stellt es sich als grob fahrlässig dar, wenn er, wie in der Widerspruchsbegründung vom 28. April 2019 angegeben, seine im Rahmen der Antragstellung gemachten unvollständigen Angaben damit begründet, dass er von der Klägerin nicht über weiteres Vermögen informiert worden sei bzw. wie in der Klagebegründung vom 9. Oktober 2019 ausgeführt über die Tochter der Klägerin lediglich die bereits bekannten Vermögensbestandteile in Erfahrung gebracht habe. Vielmehr wäre der Betreuer verpflichtet gewesen, sich selbst einen Einblick in die Vermögensverhältnisse der Klägerin zu verschaffen. Hierzu hätte insbesondere gehört, sich die persönlichen Unterlagen der Klägerin zu verschaffen und zu sichten. 71Vgl. allgemein zum Erfordernis der Sichtung der Vermögensverhältnisse eines Hilfeempfängers durch den Betreuer: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 7. Dezember 2005 - 12 B 03.3099 -, juris, Rn. 13; zum Erfordernis der eigenständigen Erfüllung von Mitteilungspflichten des Betreuers: BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 12 B 05.1086 -, juris, Rn. 31. 72Insoweit stellt der Betreuer unzureichend lediglich darauf ab, ihm könne keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, da die Klägerin und die ihm vorgelegten Unterlagen die einzig möglichen Erkenntnisquellen für ihn gewesen seien. Wenn die Klägerin im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung von Pflegewohngeld - als wahr unterstellt - vollständig außerstande gewesen war, zu ihren Vermögensverhältnissen Angaben zu machen, muss dem Betreuer, der sogar Berufsbetreuer und Rechtsanwalt ist, in einer die grobe Fahrlässigkeit begründenden Weise vor Augen gestanden haben, dass die Beantragung von Pflegewohngeld allein auf der Grundlage der von der am Verfahren nicht beteiligten Tochter der Klägerin I. gemachten Angaben unzureichend ist und ihn nicht von der allein ihm obliegenden Verpflichtung zur eigenständigen Ermittlung und Klärung der Vermögensverhältnisse der Klägerin entlasten kann. Der Betreuer der Klägerin war an der eigenständigen Sichtung der Unterlagen zum Zwecke der Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin weder tatsächlich noch rechtlich gehindert. 73Soweit sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dahingehend einlässt, dass er sich darauf habe verlassen dürfen, dass die Auskünfte der Tochter richtig und die ihm überlassenen Unterlagen vollständig gewesen seien, ergibt sich daraus augenscheinlich, dass der Prozessbevollmächtigte und Betreuer der Klägerin bei der Ermittlung der in dem Pflegewohngeldantrag zugrundegelegten Angaben selbst überhaupt nicht tätig geworden ist, sondern seine Tätigkeit als Betreuer auf die bloße Auswertung der ihm vorgelegten Unterlagen beschränkt hat. Die damit einhergehende ungeprüfte Übernahme stellt eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar, da der Betreuer ohne eigenständige Überprüfung den der Beantragung zugrundegelegten Sachverhalt nicht geprüft hat. 74Ohne rechtliche Relevanz ist der Einwand des Prozessbevollmächtigten, dass im Rahmen der Betreuung eine eigene Sichtung der Unterlagen der Klägerin nicht zumutbar gewesen sei und das Gesetz nur ein sehr beschränktes Zeitkontingent für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers vorsehe. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Diese Mitwirkungspflicht trifft den Betreuer, da er als gesetzlicher Vertreter für die Klägerin handelt und diese in seinem Aufgabenkreis der Regelung der Vermögensverwaltung vertritt. Insoweit stellt das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten auch keinen die Mitwirkung begrenzenden wichtigen Grund im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dar. 75Selbst wenn im Übrigen ein Betreuer Mitwirkungspflichten auf eine andere Person delegieren kann, obliegt ihm die Verpflichtung, die tatsächliche Durchführung durch diese zu kontrollieren. 76Vgl. BayVGH, Urteil vom 19. Juli 2006 - 12 B 05.1086 -, juris, Rn. 31. 77Auch dieser Verpflichtung ist der Prozessbevollmächtigte und Betreuer der Klägerin nicht nachgekommen. Aus seiner Klagebegründung ergibt sich weder, dass er die von der Tochter der Klägerin gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen auf ihre Vollständigkeit hin überprüft hat, noch durch welche konkreten Maßnahmen er dies sichergestellt hat. Das bloße Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben und Unterlagen hindert nicht die Annahme grob fahrlässigen Handelns. Dies gilt nicht nur deshalb, weil die Tochter der Klägerin nicht Beteiligte des Verwaltungsverfahrens ist (vgl. § 12 Abs. 1 SGB I) und daher insoweit für ihre Mitwirkung im Verhältnis zu dem Betreuer der Klägerin nicht einstandspflichtig ist, sondern auch deshalb, weil die Verpflichtung zur eigenständigen Überprüfung der tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch den Betreuer dem Interesse der Klägerin zu dienen bestimmt ist. Erst dadurch wird gewährleistet, dass etwaige Interessenkonflikte und Unzulänglichkeiten bei der Ermittlung und Erfassung des Vermögens der Klägerin ausgeschlossen werden. Insoweit konnte der Prozessbevollmächtigte und Betreuer der Klägerin auch nicht im Ansatz erklären, welche Umstände dafür verantwortlich gewesen sein sollen, dass Unterlagen zu den Lebensversicherungen in der Wohnung der Klägerin nicht aufgefunden worden seien. Bedenken an dieser schlichten Behauptung werden dadurch begründet, dass die Klägerin in ihrem Sozialhilfeverfahren sowie auch in ihren Pflegewohngeldverfahren Unterlagen zu ihren Vermögensverhältnissen vorlegen konnte und ohne verbleibende Zweifel des Gerichts davon auszugehen ist, dass die B. Lebensversicherung AG zumindest bis zum Jahr 2015 der Klägerin aufgrund gesetzlicher Verpflichtung nach § 155 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) jährlich über beide Lebensversicherungen Mitteilungen erteilt hat. Die bloße, nicht überzeugende und lebensfremde Annahme des Prozessbevollmächtigten und Betreuers der Klägerin, dass er davon habe ausgehen müssen, dass in der Wohnung der Klägerin keine Unterlagen zu den Versicherungen gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass weder die Tochter der Klägerin noch er diese habe auffinden können, verkennt, dass die ihm obliegende Pflicht gerade dazu gedient hat, dies festzustellen. 78Das sich in seinem Aufgabenkreis haltende grob fahrlässige Verhalten des Betreuers ist der Klägerin zuzurechnen. 79Grundsätzlich können Angaben Dritter dem Begünstigten - hier der Klägerin - zugerechnet werden, soweit der Dritte - wie hier der Betreuer der Klägerin - als Vertreter mit der fehlerhaften Angabe selbst pflichtwidrig gehandelt und dadurch in eigener Person die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt. 80Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juli 2009 - 12 A 2190/08 -, juris, Rn. 24, und Beschluss vom 6. Februar 2014 - 12 A 2734/13 -, juris. 81Grundlage und Rechtfertigung der Zurechnung ist, das die Vertretungswirkung insoweit die eigene Handlungsmöglichkeit und damit auch die Anknüpfung an eigenes Verhalten und eigene Kenntnis des Vertretenen vollständig ersetzt. Dementsprechend muss sich ein Antragsteller die Kenntnis oder das Kennenmüssen und Verfahrenshandlungen seines Betreuers als gesetzlicher Vertreter gemäß § 1902 BGB analog §§ 164 Abs. 1 Satz 1, 166 Abs. 1 278 BGB wie eigene Kenntnis und eigenes Handeln zurechnen lassen. 82Vgl. BSG, Urteile vom 22. Oktober 1968 - 9 RV 418/65 -, juris, Rn. 15, und vom 13. Dezember 1984 - 9a RV 40/83 -, juris, Rn. 24; Sozialgericht (SG) Karlsruhe, Urteil vom 27. August 2009 - S 1 SO 182/09 -, juris, Rn. 22; SG Aachen, Urteil vom 28. September 2010 - S 20 SO 40/10 -, juris, Rn. 17; von Koppenfels-Spies, Wenner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch X, 3. Auflage 2020, § 45 SGB X, Rn. 18.; BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, 59. Edition, Stand: 1. Dezember 2020, § 45 SGB X, Rn. 22; Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 45 SGB X, Rn. 79 ff.; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 45 SGB X, Stand: 14. Januar 2021, Rn. 97; Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 45, Rn. 71. 83Der Beklagte hat seine nach § 45 Abs. 1 SGB X gebotene Ermessensentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt und begründet. In einem Falle, wie dem vorliegenden, in dem die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind, ist eine Rücknahme im Regelfall nicht ermessensfehlerhaft. Ein Absehen von der Rücknahme wird nur bei Vorliegen besonderer - hier aber weder vorgetragener noch sonst wie ersichtlicher - Umstände in Betracht kommen. 84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. März 2006 - 12 A 3710/03 -, juris, Rn. 33, Beschluss vom 13. März 2007 - 12 A 2018/05 -, juris, Rn. 13. 85Der Rücknahme der Bewilligungsbescheide steht auch nicht entgegen, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 45 Abs. 3 SGB X grundsätzlich nur binnen einer bestimmten Frist nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden kann. Nach dem hier einschlägigen § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind, vorliegend also nach Nr. 2 der (Bewilligungs-) Bescheid auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlichen Beziehungen unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die vom Beklagten zurückgenommenen Bewilligungsbescheide sind Dauerverwaltungsakte, da sie sich nicht in einer einmaligen Begünstigung erschöpfen, sondern ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründen. Diese begünstigenden Verwaltungsakte sind aus den vorstehend ausgeführten Gründen rechtswidrig und beruhen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf Angaben, die die Klägerin bzw. ihr Betreuer zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig gemacht haben. Die folglich einschlägige Zehnjahresfrist gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X ist vorliegend ganz offensichtlich eingehalten. 86Der Beklagte hat schließlich auch die Jahresfrist für eine rückwirkende Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte eingehalten. Nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X muss die Behörde dann, wenn der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X zurückgenommen wird, dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Das ist hier der Fall. Der Beklagte erlangte erstmals durch das bei ihm am 12. Februar 2019 eingegangene Schreiben des Betreuers der Klägerin vom 11. Februar 2019 Kenntnis davon, dass diese Versicherungsnehmerin einer Kapitallebensversicherung ist. Die vollständigen Unterlagen zu beiden Lebensversicherungen der Klägerin reichte ihr Betreuer mit Schreiben vom 20. Februar 2019 bei dem Beklagten ein. Soweit der hier streitgegenständliche Rücknahmebescheid vom 5. April 2019 datiert, wurde die Jahresfrist unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine Bearbeitungs- oder Entscheidungsfrist handelt, ganz offensichtlich eingehalten. 87Die zwingende Rückforderung des zu Unrecht erhaltenen Pflegewohngeldes folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Sie genügt den formellen Voraussetzungen gemäß § 50 Abs. 3 SGB X und ist auch im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht zu beanstanden. Der im Widerspruchsbescheid vom 16. August 2019 abgeänderte Rückforderungsbetrag von 5.102,02 EUR ist rechnerisch zutreffend ermittelt. In dieser Höhe hatte der Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 28. Februar 2017 sowie vom 1. Juni 2017 bis zum 31. Mai 2018 und damit für insgesamt 14 Monate Pflegewohngeld gewährt. Bei einem monatlichen Pflegewohngeldbetrag von 364,43 EUR entspricht dies dem vom Beklagten zurückgeforderten Betrag, gegen den die Klägerin keine Einwendungen erhoben hat. 88Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO. 89Die Berufung wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dies ergibt sich aus der im Beschluss des OVG NRW vom 1. März 2021 über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das vorliegende Klageverfahren enthaltene Rechtsauffassung, dass im Falle der Aufhebung und Rückforderung bewilligter Leistungen nach dem APG NRW ein fiktiver Verbrauch von Vermögen zu berücksichtigen sei. 90Rechtsmittelbelehrung: 91Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg) Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 92Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. 93Die Berufung und deren Begründung können in schriftlicher Form oder auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) eingereicht werden. Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der ERVV wird hingewiesen. 94Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen. 95O. N. L.
die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. die berufung wird zugelassen. 1
2die klägerin wendet sich gegen die aufhebung der bewilligung von pflegewohngeld und die darauf beruhende rückforderung gewährter pflegewohngeldleistungen. 3für die am 1. juni 1943 geborene klägerin bestellte das amtsgericht m. mit beschluss vom 22. april 2016 - 11 xvii 119/16 h - ihren prozessbevollmächtigten als berufsbetreuer zu ihrem betreuer. von der bestellung sind unter anderem die aufgabenkreise befugnis zum empfang von post, behördenangelegenheiten, vermögensangelegenheiten und wohnungsangelegenheiten umfasst. 4im anschluss an eine ab dem 23. februar 2016 erfolgte stationäre behandlung in der lwl-klinik x. befindet sich die klägerin seit dem 4. mai 2016 in dem awo erich-wandel-seniorenzentrum in m. . 5unter dem 12. oktober 2016 beantragte der betreuer der klägerin erstmals die bewilligung von pflegewohngeld bei dem beklagten. in der dem antrag beigefügten vermögenserklärung ist unter ziffer 12. die abfrage nach dem vorliegen von lebensversicherungen mit nein angekreuzt. 6mit bescheid vom 23. november 2016 lehnte der beklagte die gewährung von pflegewohngeld mit der begründung ab, dass der klägerin bisher keine pflegestufe zuerkannt worden sei. 7am 14. märz 2017 beantragte die klägerin erneut bei dem beklagten die gewährung von pflegewohngeld, nachdem ihr ab dem 1. januar 2017 der pflegegrad 2 zuerkannt worden ist. 8mit bescheiden vom 28. märz 2017, vom 28. juni 2017, vom 28. juli 2017 und vom 28. august 2017 gewährte der beklagte der klägerin für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 31. dezember 2017 pflegewohngeld in höhe von monatlich 414,62 eur. 9mit bescheid vom 28. november 2017 änderte der beklagte für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 31. dezember 2017 die bewilligung von pflegewohngeld unter berücksichtigung der geminderten, gesondert berechenbaren aufwendungen und setzte das pflegewohngeld auf monatlich 364,43 eur fest. 10mit bescheiden vom 28. dezember 2017 und vom 28. februar 2018 bewilligte der beklagte der klägerin für den zeitraum vom 1. januar 2018 bis zum 31. dezember 2018 pflegewohngeld in höhe von monatlich 364,43 eur. 11mit bescheid vom 28. mai 2018 gewährte der beklagte der klägerin für die zeit vom 1. juni 2018 bis zum 31. mai 2019 pflegewohngeld in höhe von monatlich 364,43 eur. 12anlässlich der im juni 2017 sowie im juli 2018 von der klägerin erhaltenen auszahlungen aus beteiligungen der dreiländer beteiligung objekt (dlf) behielt der beklagte ab juni 2018 bis november 2018 die monatliche zahlung des pflegewohngeldes zwecks anrechnung der beteiligungseinkünfte ein. 13mit schreiben vom 11. februar 2019 teilte der betreuer der klägerin dem beklagten mit, dass die klägerin am 28. november 2018 von der b. lebensversicherung ag einen betrag i.h.v. 2.196,95 eur erhalten habe. 14auf die entsprechende aufforderung des beklagten, die bisher unbekannte und bisher nicht in der vermögenserklärung angegebene lebensversicherung nachzuweisen, teilte der betreuer mit schreiben vom 20. februar 2019 mit, dass die b. lebensversicherung ag aus der zum 1. oktober 2018 abgelaufenen kapitallebensversicherung (nr. 02721333) 2.196,95 eur am 28. november 2018 auf das konto der klägerin überwiesen habe. ein weiterer betrag in höhe von 6.890,98 eur aus der ebenfalls am 1. oktober 2018 abgelaufenen lebensversicherung (nr. 12721333) sei direkt an das pflegeheim der klägerin überwiesen worden. bis zu diesem zeitpunkt sei ihm nicht bekannt gewesen, dass eine lebensversicherung bestehe. das schreiben der versicherung habe er von der tochter der klägerin erhalten. 15auf die entsprechende anforderung des beklagten mit schreiben vom 27. februar 2019 übersandte die b. lebensversicherung ag am 7. märz 2019 unterlagen betreffend die zum 1. oktober 1987 abgeschlossene lebensversicherung nr. 02721333 mit einer garantierten versicherungssumme in höhe von 1.312,00 dm/671,00 eur bzw. die durch herabsetzung der beitragspflichtigen versicherungssumme für den ausscheidenden teil gebildete beitragsfreie lebensversicherung nr. 122721333 mit einer garantierten versicherungssumme in höhe von 9.230,00 dm/4.720,00 eur. beide versicherungen liefen vertragsgemäß am 1. oktober 2018 ab. bezugsberechtigt im erlebensfall ist die klägerin als versicherungsnehmerin; bezugsberechtigt im todesfall ist die tochter - i. - der klägerin. 16mit schreiben vom 27. märz 2019 hörte der beklagte die klägerin zu der beabsichtigten aufhebung der bewilligungsbescheide aufgrund des bekanntwerdens der beiden lebensversicherungen an. 17der betreuer der klägerin nahm hierzu mit schreiben vom 3. april 2019 stellung und führte aus, dass ihm die lebensversicherungen der klägerin nicht bekannt gewesen seien. sowohl die klägerin als auch ihre tochter hätten ihn nicht davon in kenntnis gesetzt. auch der anfangssaldo des bankkontos habe zu beginn der betreuung keine beiträge zur versicherung ausgewiesen. 18mit bescheid vom 5. april 2019 nahm der beklagte die bewilligungsbescheide vom 28. märz 2017, 28. juni 2017, 28. juli 2017, 28. august 2017, 28. november 2017, 28. dezember 2017, 28. februar 2018 und 28. mai 2018 für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. mai 2017 bis zum 30. november 2018 zurück und forderte für diese zeiträume die gewährten pflegewohngeldleistungen zurück. zur begründung führte er im wesentlichen aus: im rahmen der vermögensüberprüfung habe sich ergeben, dass das vermögen der klägerin in den genannten zeiträumen die maßgebliche vermögensfreigrenze von 10.000,00 eur überschreite. als vermögen seien zum einen die zahlungen aus den beteiligungen der dlf sowie zum anderen die jeweiligen rückkaufswerte der beiden lebensversicherungen anzusetzen. auf vertrauensschutz könne sich die klägerin nicht berufen, da leistungserhebliche angaben zumindest grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht worden seien. eine gründliche recherchearbeit zu beginn der betreuung hätte die existenz der lebensversicherungen ergeben. zudem seien der klägerin als auch ihrer tochter die lebensversicherungen bekannt gewesen. unter berücksichtigung der interessen der klägerin seien im rahmen der abwägung mit dem öffentlichen interesse keine aspekte ersichtlich, von der ermächtigung zur rücknahme der rechtswidrigen bescheide keinen gebrauch zu machen. 19gegen diesen bescheid erhob der betreuer der klägerin am 1. mai 2019 widerspruch und führte zur begründung aus: die auszahlungen aus der beteiligung der dlf seien zur sofortigen zahlung von verbindlichkeiten aus der heimunterbringung der klägerin verwandt worden, sodass kein frei verfügbares vermögen vorgelegen habe. die dritte auszahlung sei dem beklagten zuvor angezeigt und nachfolgend ebenfalls zur begleichung von verbindlichkeiten aus der heimunterbringung verwandt worden. das bestehen der lebensversicherung sei ihm unbekannt gewesen. da die klägerin an einer fortschreitenden demenz leide, habe man eine kenntnis von ihr insoweit nicht erwarten können. die klägerin treffe insoweit nicht der vorwurf eines grob fahrlässigen handelns. eine kenntnis ihrerseits von der versicherung sei voraussetzung dafür, dass von ihm als gesetzlicher betreuer eine kenntnis und eine mitteilung an den beklagten zu verlangen gewesen wäre. der hausstand der klägerin sei durch die mit ihr zuvor im selben haus lebende tochter aufgelöst worden. hierbei habe weder die klägerin noch er kenntnis von unterlagen erhalten, die auf das bestehen der versicherung hätten deuten können. er sei von der klägerin nicht über weiteres vermögen informiert worden. die klägerin und die ihm vorgelegten unterlagen seien die einzig mögliche erkenntnisquelle für ihn als vertreter gewesen, sodass auch ihm keine fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. die von ihm zum vermögen der klägerin gemachten angaben seien stets wahrheitsgemäß im rahmen des ihm bekannten erfolgt. 20mit widerspruchsbescheid vom 16. august 2019 half der beklagte betreffend den leistungsmonat mai 2017 dem widerspruch ab und reduzierte den rückforderungsbetrag auf 5.102,02 eur. im übrigen wies er den widerspruch als unbegründet zurück. zur begründung führte er im wesentlichen aus: weder die klägerin noch ihr betreuer seien ihrer mitwirkungspflicht nachgekommen. das bestehen der lebensversicherungen sei im pflegewohngeldantrag nicht angegeben worden. der betreuer habe sich zuzurechnen, dass die klägerin ihm unter umständen nicht ihr vollständiges vermögen angegeben habe. der klägerin könne dagegen angesichts der vorliegenden unterlagen sowie auch unter berücksichtigung einer möglicherweise zwischenzeitlich fortgeschrittenen demenz nicht geglaubt werden, dass sie von den lebensversicherungen nicht gewusst habe. so habe die klägerin vor beginn ihrer betreuung bei der stadt m. grundsicherungsleistungen beantragt und dort umfänglich auskunft zu ihren vermögensverhältnissen abgeben können. die existenz der lebensversicherungen, für die sie jährlich mitteilungen und teilweise auch noch beiträge gezahlt haben müsse, sei von ihr schon seinerzeit vollständig verschwiegen worden. zudem müsse auch die tochter der klägerin kenntnis von den lebensversicherungen gehabt haben, da sie in den versicherungsunterlagen als bezugsberechtigte im todesfall der klägerin vermerkt sei. insbesondere aufgrund der jährlich ergangenen information der versicherungsgesellschaft und der offensichtlich noch jährlich gezahlten beiträge sei es lebensfremd, anzunehmen, dass weder die klägerin noch ihre tochter, die zudem auch den hausstand der klägerin aufgelöst habe, etwas von der existenz der lebensversicherung gewusst hätten und auch die recherchen des betreuers zu beginn der betreuung keinerlei hinweise auf diese lebensversicherung geliefert haben sollen. der betreuer der klägerin müsse sich zudem zurechnen lassen, dass die klägerin ihm offenbar unvollständige bzw. unrichtige angaben zu ihrem vermögen gemacht habe, sofern er nicht selbst durch hinreichende recherche zu beginn der betreuung hinweise zu diesen lebensversicherungen hätte finden können. angesichts der fehlenden bedürftigkeit der klägerin überwiege im rahmen des pflichtgemäßen ermessens das öffentliche interesse an einer sparsamen und zweckgerichteten verwendung der von der allgemeinheit aufgebrachten mittel zur finanzierung des pflegewohngeldes gegenüber dem interesse der klägerin bzw. ihres betreuers daran, die rechtswidrig erlangten pflegewohngeldleistungen behalten zu dürfen. 21am 9. oktober 2019 hat der betreuer der klägerin klage erhoben, mit der er sich sowohl gegen den rücknahme- und rückforderungsbescheid betreffend pflegewohngeld vom 5. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 16. august 2019 als auch gegen den rücknahme- und rückforderungsbescheid betreffend die gewährung von hilfe zur pflege nach dem zwölften buch sozialgesetzbuch (sgb xii) vom 8. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 15. august 2019 wendet. 22mit beschluss vom 21. oktober 2019 hat das gericht die das pflegewohngeld und die hilfe zur pflege nach dem sgb xii betreffenden verfahren getrennt und das unter dem gerichtsaktenzeichen 9 k 3672/19 geführte verfahren betreffend die hilfe zur pflege nach dem sgb xii mit weiterem beschluss vom 22. oktober 2019 an das den rechtsweg betreffend zuständige sozialgericht dortmund verwiesen, das dort unter dem gerichtsaktenzeichen s 62 so 658/19 geführt wird. 23zur begründung der klage trägt der betreuer vor: die klägerin sei aufgrund ihrer erkrankung im zeitpunkt der beantragung von staatlichen unterstützungsleistungen nicht in der lage gewesen, auskünfte über ihr vermögen zu geben, und könne für die richtigkeit der von ihr gemachten angaben nicht haftbar gemacht werden. die klägerin habe ihm als ihr betreuer trotz nachfrage keine angaben zu ihrem vermögen machen können. über die tochter der klägerin habe lediglich die beteiligung in erfahrung gebracht werden können, nicht jedoch das bestehen einer lebensversicherung. er habe sowohl die klägerin als auch ihre tochter zu dem vermögen der klägerin am 9. juni 2016 sowie vor der unterzeichnung des antrags bei der beklagten noch einmal ausdrücklich befragt. außerdem seien vor der räumung der damaligen wohnung der klägerin im jahr 2016 durch die tochter alle dort noch verbliebenen unterlagen durchgesehen worden, ohne dass ein hinweis auf die lebensversicherungen der klägerin zu finden gewesen wäre. die tochter der klägerin habe die wohnung bereits ab februar 2016 geräumt und den zur wohnung gehörenden briefkasten der klägerin zunächst zugeklebt und sodann abgenommen. andere erkenntnismöglichkeiten hätten ihm nicht zur verfügung gestanden. er habe nur solches vermögen angeben können, das ihm unter normalen umständen erkennbar gewesen sei, sodass er nicht fahrlässig und schon gar nicht grob fahrlässig gehandelt habe. im rahmen der betreuung sei ihm eine eigene sichtung der unterlagen der klägerin nicht zuzumuten gewesen und er habe sich darauf verlassen dürfen, dass die auskünfte der tochter richtig und die ihm überlassenen unterlagen vollständig gewesen seien. er habe davon ausgehen müssen, dass in der wohnung der klägerin keine unterlagen zu der versicherung gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass die tochter der klägerin und folglich erst recht er selbst diese nicht habe finden können. eine suche „ins blaue hinein“ sei von ihm im rahmen seines aufgabenkreises nicht zu erwarten gewesen. das gesetz sehe nur ein sehr beschränktes zeitkontingent für die tätigkeit eines gesetzlichen betreuers vor. das vorhandensein der lebensversicherungen sei ihm als betreuer erst mit dem schreiben der versicherungsgesellschaft vom 28. november 2018 angezeigt worden. der klägerin sei aufgrund ihrer schweren hirnschädigung kein vorwurf zu machen, der eine nachträgliche aufhebung der bewilligung und die rückforderung rechtfertigen könne. die klägerin als einzig ihm zur verfügung stehende erkenntnisquelle habe ihn nicht auf das vorhandensein der versicherungen hingewiesen und ihn somit zu einer unvollständigen erklärung zu ihrem vermögen gezwungen, die dieser nur nach besten wissen habe abgeben können. dass die versicherungsgesellschaft die klägerin jährlich angeschrieben habe, werde mit nichtwissen bestritten. derartige mitteilungen seien weder bei der klägerin selbst noch bei der wohnbereichsaufsicht der pflegeeinrichtungen hinterlegt gewesen. selbst wenn die versicherungsgesellschaft bestandsmeldungen oder sonstigen schriftverkehr in der zeit bis ende oktober 2018 an die klägerin gesandt habe, seien diese nicht in seinen kenntnisnahmebereich gelangt. die von der lebensversicherungsgesellschaft ab dem 11. oktober 2016 ausgefertigten schreiben hätten die klägerin angesichts ihres umzuges in das pflegewohnheim nicht mehr erreichen können und müssen. darüber hinaus sei die klägerin auch aus gesundheitlichen gründen nicht mehr in der lage gewesen, den inhalt zu verstehen und ihm als betreuer darüber auskunft zu geben. 24die klägerin beantragt, 25den bescheid der beklagten vom 5. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 16. august 2019 aufzuheben. 26der beklagte beantragt, 27die klage abzuweisen. 28er bezieht sich zur begründung auf die angefochtene entscheidung. ergänzend trägt er vor, dass unter berücksichtigung der fachpsychiatrischen gutachten davon ausgegangen werden könne, dass die klägerin sich ihres handelns bereits seit dem jahr 2015 nicht mehr bewusst gewesen sei und insoweit lediglich unter beteiligung der tochter und der späteren mitwirkung des betreuers die sozialhilferechtlichen anträge gestellt habe. es könne jedoch nicht abschließend beurteilt werden, ob möglicherweise ein verschulden dritter anzunehmen sei, das letztendlich zu der rechtswidrigen bewilligung von sozialleistungen geführt habe. 29mit verfügung vom 15. oktober 2021 sowie ergänzend vom 15. november 2021 hat das gericht die b. lebensversicherung ag um schriftliche auskunft zu den jahresmitteilungen der lebensversicherungen sowie zu sonstigem schriftverkehr der klägerin ersucht. auf den inhalt der hierauf ergangenen antwortschreiben der b. lebensversicherung ag vom 2. und 16. november 2021 wird bezug genommen. 30wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten verwiesen. 31
32die klage hat keinen erfolg. 33die klage ist als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig, in der sache jedoch unbegründet. 34der bescheid des beklagten vom 5. april 2019 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 16. august 2019, mit dem er die den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018 betreffenden bescheide über die bewilligung von pflegewohngeld aufhebt und die für den genannten zeitraum erbrachten leistungen zurückfordert, ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 35rechtsgrundlage des angefochtenen bescheides ist im hinblick auf die darin verfügte aufhebung der bewilligungsbescheide § 21 abs. 1 des gesetzes zur weiterentwicklung des landespflegerechtes und sicherung einer unterstützenden infrastruktur für ältere menschen, pflegebedürftige menschen und deren angehörige (alten- und pflegegesetz nordrhein-westfalen - apg nrw -) i.v.m. § 45 des zehnten buches sozialgesetzbuch (sgb x). 36nach § 45 abs. 1 sgb x darf ein begünstigender verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nach näherer maßgabe der absätze 2 bis 4 aufgehoben werden, soweit er rechtswidrig ist. 37diese voraussetzungen liegen hier vor. die bewilligung von pflegewohngeld für den pflegeplatz der klägerin war für den leistungszeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018 bei erlass der bescheide rechtswidrig. 38gemäß § 14 abs. 1 satz 1 apg nrw wird pflegewohngeld in vollstationären dauerpflegeeinrichtungen in nordrhein-westfalen als unterstützung der personen (anspruchsberechtigte) gewährt, die gemäß § 14 des elften buches sozialgesetzbuch (sgb xi) pflegebedürftig und nach § 43 sgb xi oder im rahmen einer privaten pflegeversicherung anspruchsberechtigt sind und deren einkommen und vermögen unter berücksichtigung des einkommens und vermögens ihrer nicht getrennt lebenden ehegattinnen, ehegatten, eingetragenen lebenspartnerinnen oder lebenspartnern oder der mit ihnen in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher gemeinschaft lebenden personen zur finanzierung der von ihnen ansonsten zu tragenden förderungsfähigen aufwendungen im sinne des § 10 abs. 1 apg nrw ganz oder teilweise nicht ausreicht. nach § 14 abs. 2 satz 1 apg nrw wird pflegewohngeld nicht gezahlt, wenn unter anderem durch einsatz eigenen einkommens und vermögens die zahlung der investitionskosten möglich ist. nach § 14 abs. 3 satz 1 apg nrw erfolgt die ermittlung des einzusetzenden monatlichen einkommens und vermögens entsprechend der regelungen des elften kapitels sgb xii und dem §§ 25 bis 27j des bundesversorgungsgesetzes (bvg). nach § 14 abs. 3 satz 3 apg nrw darf die gewährung von pflegewohngeld zudem nicht abhängig gemacht werden von dem einsatz oder der verwertung kleinerer barbeträge und sonstiger geldwerte in höhe von bis zu 10.000,00 eur beziehungsweise 15.000,00 eur bei nicht getrennt lebenden ehegattinnen, ehegatten, eingetragenen lebenspartnerinnen oder lebenspartnern sowie eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen gemeinschaften. 39nach diesen vorschriften hat die klägerin keinen anspruch auf zahlung von pflegewohngeld für den zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018, weil das vermögen der klägerin in diesem zeitraum mehr als 10.000,00 eur betrug und damit die vermögensschongrenze überschritt. bestandteil des vermögens der klägerin in diesem zeitraum waren u.a. die beiden lebensversicherungen der b. lebensversicherung ag (nr. 02721333 und 127213339), die als reine kapitallebensversicherungen nicht zum geschützten vermögen nach § 90 abs. 2 satz 1 nr. 2 sgb x gehören. unter ansatz auch dieses vermögens überschritt - wie sich aus der dem angefochtenen widerspruchsbescheid vom 16. august 2019 beigefügten anlage im einzelnen ergibt - das gesamtvermögen der klägerin in dem zeitraum vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 30. november 2018 die für sie maßgebende vermögensschongrenze i.h.v. 10.000,00 eur. der anspruch der klägerin auf gewährung von pflegewohngeld war demnach für den genannten zeitraum ausgeschlossen. 40dem steht nicht entgegen, dass im falle rechtzeitiger mitteilung der klägerin über das vorhandensein der beiden lebensversicherungen die bewilligung von pflegewohngeld ausgeblieben, die klägerin die investitionskosten aus ihrem eigenen vermögen hätte begleichen müssen und es dadurch zu einem zeitnahen unterschreiten der vermögensschongrenze gekommen wäre. 41vgl. so das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) in dem beschluss über die prozesskostenhilfe im vorliegenden verfahren vom 1. märz 2021 - 12 e 233/21 -, seite 3 des beschlussabdrucks. 42denn ein fiktiver vermögensverbrauch erfolgt - wie bei der prüfung der gewährung von sozialleistungen - im falle der rücknahme und erstattung zu unrecht bezogener sozialleistungen nicht, da für die beurteilung der rechtswidrigkeit der bewilligung ausschließlich maßgebend ist, ob im betreffenden bewilligungszeitraum verwertbares vermögen vorhanden war. vorhandenes vermögen ist so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden und nicht tatsächlich verbraucht worden ist. 43vgl. so zur sozialhilfe/zum pflegewohngeld: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 19. dezember 1997 - 5 c 7.96 -, juris, rn. 33 - 37, unter aufgabe seines dem entgegenstehenden urteils vom 20. oktober 1981 - 5 c 16/80 -, juris, rn. 16; ovg nrw, urteile vom 19. november 1993 - 8 a 278/92 -, juris, rn. 61 ff., und vom 6. februar 1996 - 8 a 3537/93 -, n.v., seite 20 f.; verwaltungsgericht (vg) münster, urteile vom 1. april 2003 - 5 k 2781/99 -, juris, rn. 37, und vom 9. mai 2006 - 5 k 137/04 -, juris, rn. 41; so auch im falle zu unrecht bezogene alg ii-leistungen: bundessozialgericht (bsg) urteil vom 25. april 2018 - b 14 as 15/17 r -, juris, rn. 20; landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen (lsg nrw), urteile vom 9. januar 2020 - l 7 as 498/19 -, juris, rn. 48, und vom 23. januar 2020 - l 6 as 611/16 -, juris, rn. 115; baumeister in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl., § 50 sgb x (stand: 25. februar 2020), rn. 85.2. 44die berücksichtigung eines fiktiven verbrauchs von vermögen führt zu einer nicht zu rechtfertigenden verletzung des im sozialrecht geltenden nachranggrundsatzes (vgl. § 9 des ersten buches sozialgesetzbuch (sgb i), § 2 abs. 1 sgb xii. soweit und solange der leistungsantragsteller mittels seines verfügbaren und verwertbaren vermögens in der lage ist, die durch seinen pflegeplatz monatlich entstehenden förderfähigen investitionskosten selbst zu tragen, bedarf es nicht des einsatzes staatlicher sozialleistungen nach dem apg nrw, da vermögen, soweit und solange es trotz verwertbarkeit (noch) nicht verwertet wurde, zur bedarfsdeckung des antragstellers zur verfügung steht und damit der leistungsgewährung entgegensteht, auch wenn deshalb bereits früher leistungen abgelehnt worden sind oder es nicht dem bedarf für den gesamten zeitraum deckt. 45vgl. bsg, urteil vom 20. september 2012 - b 8 so 20/11 -, juris, rn. 14 f., unter bezugnahme auf bverwg, urteil vom 19. dezember 1997 - 5 c 7.96 -, juris. 46damit wird zugleich sichergestellt, dass wegen überschreitens der vermögensfreigrenze im falle der rücknahme der bewilligung von pflegewohngeld nichts anderes gilt als im falle der ablehnung eines antrags auf bewilligung von pflegewohngeld. denn verfügt der antragsteller im zeitpunkt seiner antragstellung über (vollständig angegebenes) vermögen oberhalb der vermögensfreigrenze, ist er auf dessen verwertung zu verweisen und sein antrag abzulehnen. dies gilt so lange, wie der antragsteller vom einsatz seines verwertbaren vermögens abstand nimmt, und zwar auch dann, wenn zugleich die monatlichen zahlungsverpflichtungen gegenüber der pflegeeinrichtung nicht erfüllt werden. eine verrechnung findet insoweit nicht statt, da der antragsteller die pflegekosten in höhe der investitionskosten unabhängig von seinen verbindlichkeiten mit seinem positiven vermögen begleichen kann. ist dem antragsteller dagegen pflegewohngeld zu unrecht bewilligt worden, weil er unvollständige angaben über sein vermögen gemacht hat und nach seinen vermögensverhältnissen tatsächlich in der lage war, diesen kostenanteil selbst zu tragen, würde er begünstigt, wenn ihm ein fiktiver verbrauch zugestanden wird. 47wäre das vorhandensein der beiden lebensversicherung dem beklagten bei antragstellung bekannt gemacht worden, so wäre nämlich im vorliegenden fall der antrag der klägerin für den streitgegenständlichen zeitraum abgelehnt worden, und zwar so lange die klägerin auf eine verwertung ihres die freigrenze überschreitenden vermögens verzichtet hätte bzw. bis durch verwertung dieses vermögensteils die vermögensfreigrenze unterschritten worden wäre. durch die rechtswidrige bewilligung des beklagten sind zwar die investitionskosten des pflegeplatzes der klägerin beglichen worden. aufgrund der aufhebung der bewilligungsbescheide tritt jedoch nunmehr an die stelle der ansonsten aufgelaufenen investitionskosten der rückforderungsanspruch des beklagten als wirtschaftliches äquivalent. durch die berücksichtigung eines fiktiven verbrauchs wird die zwingende gleichbehandlung der fallgestaltungen konterkariert. eine damit für die klägerin einhergehende und auf der nichtangabe von verwertbaren vermögen beruhende begünstigung ist nicht zu rechtfertigen. 48auch die die rücknahme grundsätzlich einschränkenden voraussetzungen nach § 45 abs. 2 bis 4 sgb x liegen hier vor. 49nach § 45 abs. 2 satz 1 sgb x darf ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist. bei den pflegewohngeldbewilligungsbescheiden des beklagten vom 28. märz 2017, 28. juni 2017, 28. juli 2017, 28. august 2017, 28. november 2017, 28. dezember 2017, 28. februar 2018 und vom 28. mai 2018 handelt es sich um begünstigende verwaltungsakte, da sie geldleistungen gewähren. die klägerin ist auch „begünstigte" im sinne der rücknahmevorschriften, da ihr der bewohnerbezogene aufwendungszuschuss gemäß § 14 apg nrw gewährt worden ist. 50nach § 45 abs. 2 satz 2 sgb x ist in diesen fällen das vertrauen in der regel schutzwürdig, wenn - wie hier - der begünstigte erbrachte leistungen verbraucht hat. 51der vertrauensschutz der klägerin ist allerdings gemäß § 45 abs. 2 satz 3 sgb x ausgeschlossen. nach § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x kann sich der begünstigte auf vertrauen nicht berufen, soweit der verwaltungsakt auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. hierunter fällt auch das sogenannte beredte schweigen, d. h. wenn der begünstigte angaben weglässt, die er insbesondere unter verwendung entsprechender formulare zu machen verpflichtet gewesen wäre und ihm damit eine pflicht zur mitteilung der betreffenden tatsachen oblag. von der bedeutung der unterlassenen mitteilung muss der begünstigte, wie sich aus dem vergleich zur nr. 3 der vorschrift ergibt, keine positive kenntnis gehabt haben. 52vgl. bsg, urteile vom 9. april 1987 - 5b rj 36/86 -, juris, rn. 14, und vom 1. juni 2006 - b 7a al 76/05 r - juris, rn. 23; knickrehm/kreikebohm/waltermann, kommentar zum sozialrecht 6. auflage 2019, § 48 sgb x, rn. 28, m.w.n.; von koppenfels-spies, wenner, kommentar zum sozialgesetzbuch x, 3. auflage 2020, § 45 sgb x, rn. 17. 53dies ist hier hinsichtlich der angaben in den vermögenserklärungen vom 11. oktober 2016 und vom 7. mai 2018 der fall. diese erklärungen enthalten objektiv unvollständige angaben zum vermögen der klägerin, da die in dem jeweiligen formular unter ziffer 12. aufgeführte abfrage etwaiger lebensversicherungen von dem betreuer der klägerin ausdrücklich verneint worden ist, obwohl die klägerin bereits seit dem 1. oktober 1987 bzw. 28. august 1992 versicherungsnehmerin der beiden lebensversicherungen nr. 02721333 und 127213339 bei der b. lebensversicherung ag war. 54die angaben zu den vermögensverhältnissen der klägerin waren damit in wesentlicher beziehung unrichtig. denn es ist offensichtlich, dass eine geldwerte forderung die entscheidung über die bewilligung von pflegewohngeld maßgeblich beeinflusst. 55die verwaltungsakte über die bewilligung von pflegewohngeld beruhten auch auf diesen unvollständigen angaben. die (rechtswidrige) bewilligung des beklagten für den besagten zeitraum erfolgte nur deshalb, weil über das vermögen der klägerin im hinblick auf das vorliegen der beiden lebensversicherungen unvollständige angaben gemacht worden sind und der beklagte bei kenntnis dieser weiteren vermögenswerte die bewilligung von pflegewohngeld für den besagten zeitraum wegen offensichtlichen überschreitens der vermögensschongrenze abgelehnt hätte. 56bereits die klägerin hat in eigener person zumindest grob fahrlässig gehandelt, indem sie es unterließ, ihren gesetzlichen betreuer, der in ihrem namen den pflegewohngeldantrag gestellt hat, von dem bestehen der beiden lebensversicherungen in kenntnis zu setzen. jedenfalls aber liegt ein grob fahrlässiges handeln des gesetzlichen betreuers der klägerin vor, das ihr zuzurechnen ist. 57grobe fahrlässigkeit im maßgeblichen zeitpunkt der bekanntgabe des begünstigenden verwaltungsaktes ist nach der legaldefinition in § 45 abs. 2 satz 3 nr. 3 sgb x gegeben, wenn der begünstigte die erforderliche sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat. dabei ist ein subjektiver sorgfaltsmaßstab anzulegen. es müssen einfachste, ganz naheliegende überlegungen nicht angestellt worden sein. das ist der fall, wenn nicht beachtet wurde, was im gegebenen fall jedem einleuchten musste. dabei ist auf die persönliche urteils- und kritikfähigkeit, das einsichtsvermögen und verhalten des betroffenen sowie die besonderen umstände des falles abzustellen. 58vgl. bsg, urteil vom 27. juli 2000 - b 7 al 88/99 r -, juris. rn. 21, 24 f., und beschluss vom 13. märz 2019 - b 8 so 85/18 b -, juris, rn. 6 m.w.n.; hessisches landessozialgericht (lsg hessen), urteil vom 17. januar 2012 - l 2 r 524/10 -, juris, rn. 47; hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 71 ff. 59im falle der fehlerhaften bzw. unvollständigen angaben muss der begünstigte nach seinen individuellen umständen in der lage gewesen sein, die fehlerhaftigkeit der gemachten angaben zu erkennen. ihm muss also ohne weitere überlegung klar gewesen sein, dass er dem betreffenden umstand mitteilen musste. eine schwere seelische erkrankung oder fehlende intellektuelle fähigkeiten sind als besondere umstände im rahmen der beurteilung der persönlichen urteils- und kritikfähigkeit sowie des einsichtsvermögens des beteiligten zu würdigen. 60vgl. lsg berlin, urteil vom 24. juli 2003 - l 8 ra 46/98 -, juris, rn. 26; bsg, urteil vom 1. juli 2010 - b 13 r 77/09 r -, juris, rn. 32 f. 61nach diesen maßstäben liegt ein zumindest grob fahrlässiges handeln der klägerin in bezug auf die nichtangabe der lebensversicherungen vor. zwar hat das amtsgericht m. mit beschluss vom 22. april 2016 - 11 xvii 119/16 h - für die klägerin eine u.a. die aufgabenkreise der befugnis zum empfang von post, behördenangelegenheiten, vermögensangelegenheiten und wohnungsangelegenheiten umfassende betreuung eingerichtet, und leidet die klägerin ausweislich der gutachterlichen stellungnahmen des medizinischen dienstes der krankenversicherung (mdk) zur feststellung der pflegebedürftigkeit nach dem sgb xi vom 17. märz 2016 sowie vom 9. juni 2016 und der bescheinigung der lwl-klinik x. zur notwendigkeit der heimversorgung vom 11. april 2016 an einer schweren depressiven episode ohne psychotische symptome sowie einer kognitiven störung im rahmen eines beginnenden amnestischen syndroms (korsakow-syndrom). 62jedoch ergibt sich weder aus den ärztlichen bescheinigungen anhaltspunkte dafür, dass die klägerin in bezug auf ihre kognitiven fähigkeiten in einem maße eingeschränkt war, dass ihr unter berücksichtigung der gesamten umstände die erinnerung und mitteilung der beiden lebensversicherungen nicht mehr möglich war, noch hat das betreuungsgericht einen einwilligungsvorbehalt angeordnet. 63in der gutachterlichen stellungnahme des mdk vom 17. märz 2016 ist der klägerin eine pflegestufe nicht zuerkannt worden, da ein ausreichender hilfebedarf in der grundpflege festgestellt werden konnte. gleiches gilt für die ergänzende gutachterliche stellungnahme vom 9. juni 2016. darin - seite 5 - wird im hinblick auf die kognitiven fähigkeiten der klägerin ausgeführt, dass sie fragen zu ihrer persönlichen situation beantworten konnte und in der lage war, ihren namen, ihr geburtsdatum und ihr alter zu benennen. das gesprochene wort verstand sie und war in der lage, aufforderungen sachgerecht und zügig umzusetzen. ihre wohnanschrift, den namen ihrer hausärztin, das aktuelle datum nebst wochentag konnte die klägerin benennen. die im weiteren als auffällig gekennzeichnete gedächtnisleistung wird damit begründet, dass die klägerin störungen der höheren hirnfunktionen aufweist, die zu problemen bei der bewältigung von sozialen alltagsleistungen geführt haben, und unfähig ist, eigenständig den tagesablauf zu planen und zu strukturieren. 64in der bescheinigung zur notwendigkeit der heimversorgung der lwl-klinik x. vom 21. april 2016 wird der klägerin eine schwere depressive episode ohne psychotische symptome mit begleitenden, kognitiven störungen im rahmen eines beginnenden amnestischen syndroms (korsakow-syndrom) infolge eines alkoholmissbrauchs attestiert. zur begründung der notwendigkeit der heimversorgung wird auf die klinisch im vordergrund stehenden massiven kurzzeitgedächtnisdefizite sowie die tendenz der klägerin zum konfabulieren bzw. zu stimmungsschwankungen verwiesen. die klägerin ist aufgrund ihrer kognitiven defizite auf orientierungshilfe im alltag und beaufsichtigung der häuslichen versorgung angewiesen. 65in der dem betreuungsverfahren bei dem amtsgericht m. zugrunde liegenden fachpsychiatrischen gutachterlichen stellungnahme des lwl-klinik x. vom 19. märz 2016 konnte bei der klägerin eine leichte kognitive einschränkung festgestellt werden. diese bestand in einer leichten störung der aufmerksamkeit, des gedächtnisses und der konzentration. als maßgebliche gründe dafür, dass die klägerin nicht in der lage ist, ihre angelegenheiten sorgfältig, pünktlich, strukturiert und zu ihrem eigenen wohl zu besorgen, werden deutliche störungen der konzentration und der aufmerksamkeit genannt. aus diesen benannten gründen bedarf die klägerin der hilfe eines gesetzlichen betreuers. aus der fachpsychiatrischen gutachterlichen stellungnahme ergibt sich dagegen nicht, dass die kognitiven fähigkeiten, insbesondere das langzeitgedächtnis der klägerin, derart krankheitsbedingt beeinträchtigt sind, dass sie im zeitpunkt der begutachtung am 7. märz 2016 keine angaben zu den beiden lebensversicherungen machen konnte. so war die klägerin in der lage, im rahmen ihrer psychiatrischen untersuchung angaben zu ihrer allgemeinen und wirtschaftlichen lebenssituation zu machen. sie konnte sowohl ihren beruflichen werdegang als ausgebildete industriekauffrau und selbstständige unternehmerin wiedergeben als auch konkret die höhe ihrer rente, ihren krankenversicherungsstatus, den kontostand sowie ihren schuldenstand benennen. 66in dem entlassungsbericht der lwl-klinik x. vom 4. mai 2016 konnten aus der testpsychologischen diagnostik keine hinweise auf eine kognitive störung festgestellt werden. auffällig waren lediglich massive einschränkungen der konzentration und des kurzzeitgedächtnisses, die bis zum ende der behandlung bestehen blieben. 67im übrigen ergibt sich nichts dem entgegenstehendes aus dem ärztlichen befundbericht des dr. med. c. vom 23. april 2021 an das sozialgericht dortmund zum dortigen klageverfahren s 62 so 658/19. der behandelnde arzt berichtet von einer zu beobachtenden stetigen zunahme einer dementiellen entwicklung der klägerin bei zunehmender abnahme ihrer orientierungsfähigkeit und wiederholter verhaltensauffälligkeiten mit erheblichen unruhezuständen, ausgeprägtem ungezielten laufdrang sowie affektiven störungen mit ausgeprägter stimmungsindifferenz, antriebsarmut und veränderung des sprachflusses. soweit er im anschluss daran ausführt, dass rückblickend anzuzweifeln sei, ob die patientin im jahr 2016 noch in der lage gewesen sei, umfassend und wahrheitsgemäß angaben über ihre wirtschaftlichen verhältnisse zu machen, stellt er gerade nicht fest, dass die klägerin im zeitpunkt ihrer erstmaligen beantragung von pflegewohngeld am 11. oktober 2016 sowie anschließend erneut am 6. märz 2017 nach ihren kognitiven fähigkeiten nicht mehr in der lage war, angaben zu ihren einkommens- und vermögensverhältnissen zu machen. darüber hinaus ist die frage, ob die klägerin geistig fähig war, umfassend und wahrheitsgemäß angaben über ihre wirtschaftliche verhältnisse zu machen, nicht maßgebend. allein entscheidend ist, ob die klägerin in der lage war, anzugeben, dass sie zwei lebensversicherungen hat. hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich diesbezüglich nicht um einen einmaligen und flüchtigen sachverhalt handelt, sondern um einen solchen, der seit dem 1. oktober 1987 und folglich seit erheblicher zeit bestand und ausweislich der auskunft der b. lebensversicherung ag jährlich - zumindest bis zum jahr 2015 - wiederkehrend in form der jahresmitteilungen der klägerin zur kenntnis gelangt ist. 68im übrigen hat das betreuungsgericht für keinen der aufgabenkreise der betreuung einen einwilligungsvorbehalt nach § 1903 abs. 1 satz 1 des bürgerlichen gesetzbuches (bgb) angeordnet. die klägerin war folglich in ihrer handlungsfähigkeit gemäß § 11 abs. 1 nr. 1 sgb x unbeschränkt und gerade nicht nach maßgabe des absatzes 2 der norm durch einen einwilligungsvorbehalt beschränkt. ein im nachgang an die eingerichtete betreuung angeordneter einwilligungsvorbehalt ist weder vom betreuungsgericht erklärt worden noch vom betreuer herbeigeführt worden. letzteres hätte sich jedoch dann aufgedrängt, wenn nach seinem vorbringen davon ausgegangen werden musste, dass die klägerin im zeitpunkt der antragstellung gänzlich nicht mehr in der lage war, ihre angelegenheiten in bezug auf die beantragung von sozialleistungen eigenständig zu regeln bzw. lediglich über das bestehen der lebensversicherungen auskunft zu geben. 69darüber hinaus war die klägerin durchaus in der lage im jahr 2015 - und damit in einem aussagekräftigen zeitlichen zusammenhang zur beantragung von pflegewohngeld im vorliegenden verfahren - bei der stadt m. grundsicherungsleistungen zu beantragen und im dortigen verwaltungsverfahren mitzuwirken. so hat sich die klägerin persönlich am 21. mai 2015 fernmündlich bei der stadt m. über die möglichkeit der beantragung von grundsicherungen erkundigt. am 11. juni 2015 sprach die klägerin persönlich bei der stadt m. zwecks vorlage der für den antrag auf bewilligung von grundsicherungen notwendigen unterlagen vor. dem folgte am 18. juni 2015 eine weitere persönliche vorsprache der klägerin, bei der sie ihre vermögensverhältnisse umfänglich dargestellt hat. die von der stadt m. hierzu gefertigten angaben im vermerk vom 18. juni 2015 lassen ohne weiteres erkennen, dass die klägerin in der lage war, konkrete, vollständige und in sich schlüssige angaben zu ihren vermögens- und lebensverhältnissen, insbesondere zu den (erheblichen) verlusten des durch den früheren steuerberater l. investierten erlöses aus dem im jahr 2000 erfolgten hausverkaufs, zu den geldanlagen (dlf-beteiligungen) sowie zu ihren wohnverhältnissen zu machen. am 9. juli 2015 stellte die klägerin bei der stadt m. einen antrag auf gewährung von grundsicherung und sprach - in begleitung ihrer tochter - erneut dort vor, um weitere angaben zu ihren vermögensverhältnissen zu machen und entsprechende unterlagen vorzulegen. dass die klägerin auch unter berücksichtigung ihrer einweisung nach dem psychkg in der lwl-klinik x. für die zeit vom 23. februar 2016 bis zum 4. mai 2016 sowie aufgrund der bei ihr diagnostizierten erkrankungen im zeitpunkt der erstmaligen beantragung von pflegewohngeld am 6. märz 2017 als auch der erstmaligen beantragung von hilfe zur pflege vom 29. april 2016 in ihren intellektuellen fähigkeiten derart eingeschränkt war, dass sie keinerlei grundlegende angaben zu ihren lebens- und vermögensverhältnissen machen konnte, ergibt sich aus den vorgelegten unterlagen nicht. in der widerspruchsbegründung vom 28. april 2019 wird insoweit noch ausgeführt, dass der klägerin das bestehen der lebensversicherungen unbekannt gewesen sei und man von ihr aufgrund der fortschreitenden demenz eine dahingehende kenntnis nicht erwarten könne. 70selbst wenn aber der klägerin ein zumindest grob fahrlässiges handeln aufgrund ihrer erkrankungen nicht vorgeworfen werden könnte, liegt die klageabweisung selbstständig tragend jedenfalls ein grob fahrlässiges handeln ihres betreuers als ihr gesetzlicher vertreter vor. in der klagebegründung vom 9. oktober 2019 führt dieser aus, dass die klägerin aufgrund ihrer erkrankung nicht in der lage gewesen sei, auskünfte über ihr vermögen zu geben, und sie trotz seiner nachfrage keine angaben zu ihrem vermögen habe machen können. vor diesem - hier insoweit als wahr unterstellten - hintergrund stellt es sich als grob fahrlässig dar, wenn er, wie in der widerspruchsbegründung vom 28. april 2019 angegeben, seine im rahmen der antragstellung gemachten unvollständigen angaben damit begründet, dass er von der klägerin nicht über weiteres vermögen informiert worden sei bzw. wie in der klagebegründung vom 9. oktober 2019 ausgeführt über die tochter der klägerin lediglich die bereits bekannten vermögensbestandteile in erfahrung gebracht habe. vielmehr wäre der betreuer verpflichtet gewesen, sich selbst einen einblick in die vermögensverhältnisse der klägerin zu verschaffen. hierzu hätte insbesondere gehört, sich die persönlichen unterlagen der klägerin zu verschaffen und zu sichten. 71vgl. allgemein zum erfordernis der sichtung der vermögensverhältnisse eines hilfeempfängers durch den betreuer: bayerischer verwaltungsgerichtshof (bayvgh), urteil vom 7. dezember 2005 - 12 b 03.3099 -, juris, rn. 13; zum erfordernis der eigenständigen erfüllung von mitteilungspflichten des betreuers: bayvgh, urteil vom 19. juli 2006 - 12 b 05.1086 -, juris, rn. 31. 72insoweit stellt der betreuer unzureichend lediglich darauf ab, ihm könne keine fahrlässigkeit vorgeworfen werden, da die klägerin und die ihm vorgelegten unterlagen die einzig möglichen erkenntnisquellen für ihn gewesen seien. wenn die klägerin im zeitpunkt der erstmaligen beantragung von pflegewohngeld - als wahr unterstellt - vollständig außerstande gewesen war, zu ihren vermögensverhältnissen angaben zu machen, muss dem betreuer, der sogar berufsbetreuer und rechtsanwalt ist, in einer die grobe fahrlässigkeit begründenden weise vor augen gestanden haben, dass die beantragung von pflegewohngeld allein auf der grundlage der von der am verfahren nicht beteiligten tochter der klägerin i. gemachten angaben unzureichend ist und ihn nicht von der allein ihm obliegenden verpflichtung zur eigenständigen ermittlung und klärung der vermögensverhältnisse der klägerin entlasten kann. der betreuer der klägerin war an der eigenständigen sichtung der unterlagen zum zwecke der ermittlung der einkommens- und vermögensverhältnisse der klägerin weder tatsächlich noch rechtlich gehindert. 73soweit sich der prozessbevollmächtigte der klägerin dahingehend einlässt, dass er sich darauf habe verlassen dürfen, dass die auskünfte der tochter richtig und die ihm überlassenen unterlagen vollständig gewesen seien, ergibt sich daraus augenscheinlich, dass der prozessbevollmächtigte und betreuer der klägerin bei der ermittlung der in dem pflegewohngeldantrag zugrundegelegten angaben selbst überhaupt nicht tätig geworden ist, sondern seine tätigkeit als betreuer auf die bloße auswertung der ihm vorgelegten unterlagen beschränkt hat. die damit einhergehende ungeprüfte übernahme stellt eine grob fahrlässige pflichtverletzung dar, da der betreuer ohne eigenständige überprüfung den der beantragung zugrundegelegten sachverhalt nicht geprüft hat. 74ohne rechtliche relevanz ist der einwand des prozessbevollmächtigten, dass im rahmen der betreuung eine eigene sichtung der unterlagen der klägerin nicht zumutbar gewesen sei und das gesetz nur ein sehr beschränktes zeitkontingent für die tätigkeit eines gesetzlichen betreuers vorsehe. nach § 60 abs. 1 satz 1 nr. 1 sgb i hat, wer sozialleistungen beantragt oder erhält, alle tatsachen anzugeben, die für die leistung erheblich sind. diese mitwirkungspflicht trifft den betreuer, da er als gesetzlicher vertreter für die klägerin handelt und diese in seinem aufgabenkreis der regelung der vermögensverwaltung vertritt. insoweit stellt das vorbringen des prozessbevollmächtigten auch keinen die mitwirkung begrenzenden wichtigen grund im sinne des § 65 abs. 1 nr. 2 sgb i dar. 75selbst wenn im übrigen ein betreuer mitwirkungspflichten auf eine andere person delegieren kann, obliegt ihm die verpflichtung, die tatsächliche durchführung durch diese zu kontrollieren. 76vgl. bayvgh, urteil vom 19. juli 2006 - 12 b 05.1086 -, juris, rn. 31. 77auch dieser verpflichtung ist der prozessbevollmächtigte und betreuer der klägerin nicht nachgekommen. aus seiner klagebegründung ergibt sich weder, dass er die von der tochter der klägerin gemachten angaben und vorgelegten unterlagen auf ihre vollständigkeit hin überprüft hat, noch durch welche konkreten maßnahmen er dies sichergestellt hat. das bloße vertrauen auf die vollständigkeit und richtigkeit der angaben und unterlagen hindert nicht die annahme grob fahrlässigen handelns. dies gilt nicht nur deshalb, weil die tochter der klägerin nicht beteiligte des verwaltungsverfahrens ist (vgl. § 12 abs. 1 sgb i) und daher insoweit für ihre mitwirkung im verhältnis zu dem betreuer der klägerin nicht einstandspflichtig ist, sondern auch deshalb, weil die verpflichtung zur eigenständigen überprüfung der tatsächlichen einkommens- und vermögensverhältnisse durch den betreuer dem interesse der klägerin zu dienen bestimmt ist. erst dadurch wird gewährleistet, dass etwaige interessenkonflikte und unzulänglichkeiten bei der ermittlung und erfassung des vermögens der klägerin ausgeschlossen werden. insoweit konnte der prozessbevollmächtigte und betreuer der klägerin auch nicht im ansatz erklären, welche umstände dafür verantwortlich gewesen sein sollen, dass unterlagen zu den lebensversicherungen in der wohnung der klägerin nicht aufgefunden worden seien. bedenken an dieser schlichten behauptung werden dadurch begründet, dass die klägerin in ihrem sozialhilfeverfahren sowie auch in ihren pflegewohngeldverfahren unterlagen zu ihren vermögensverhältnissen vorlegen konnte und ohne verbleibende zweifel des gerichts davon auszugehen ist, dass die b. lebensversicherung ag zumindest bis zum jahr 2015 der klägerin aufgrund gesetzlicher verpflichtung nach § 155 abs. 1 des versicherungsvertragsgesetzes (vvg) jährlich über beide lebensversicherungen mitteilungen erteilt hat. die bloße, nicht überzeugende und lebensfremde annahme des prozessbevollmächtigten und betreuers der klägerin, dass er davon habe ausgehen müssen, dass in der wohnung der klägerin keine unterlagen zu den versicherungen gewesen seien oder diese so gut versteckt gewesen seien, dass weder die tochter der klägerin noch er diese habe auffinden können, verkennt, dass die ihm obliegende pflicht gerade dazu gedient hat, dies festzustellen. 78das sich in seinem aufgabenkreis haltende grob fahrlässige verhalten des betreuers ist der klägerin zuzurechnen. 79grundsätzlich können angaben dritter dem begünstigten - hier der klägerin - zugerechnet werden, soweit der dritte - wie hier der betreuer der klägerin - als vertreter mit der fehlerhaften angabe selbst pflichtwidrig gehandelt und dadurch in eigener person die voraussetzungen des § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x erfüllt. 80vgl. ovg nrw, urteil vom 15. juli 2009 - 12 a 2190/08 -, juris, rn. 24, und beschluss vom 6. februar 2014 - 12 a 2734/13 -, juris. 81grundlage und rechtfertigung der zurechnung ist, das die vertretungswirkung insoweit die eigene handlungsmöglichkeit und damit auch die anknüpfung an eigenes verhalten und eigene kenntnis des vertretenen vollständig ersetzt. dementsprechend muss sich ein antragsteller die kenntnis oder das kennenmüssen und verfahrenshandlungen seines betreuers als gesetzlicher vertreter gemäß § 1902 bgb analog §§ 164 abs. 1 satz 1, 166 abs. 1 278 bgb wie eigene kenntnis und eigenes handeln zurechnen lassen. 82vgl. bsg, urteile vom 22. oktober 1968 - 9 rv 418/65 -, juris, rn. 15, und vom 13. dezember 1984 - 9a rv 40/83 -, juris, rn. 24; sozialgericht (sg) karlsruhe, urteil vom 27. august 2009 - s 1 so 182/09 -, juris, rn. 22; sg aachen, urteil vom 28. september 2010 - s 20 so 40/10 -, juris, rn. 17; von koppenfels-spies, wenner, kommentar zum sozialgesetzbuch x, 3. auflage 2020, § 45 sgb x, rn. 18.; beckok sozialrecht, rolfs/giesen/kreikebohm/meßling/udsching, 59. edition, stand: 1. dezember 2020, § 45 sgb x, rn. 22; hauck/noftz, sgb, 04/18, § 45 sgb x, rn. 79 ff.; padé in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb x, 2. aufl., § 45 sgb x, stand: 14. januar 2021, rn. 97; schütze, sgb x, 9. auflage 2020, § 45, rn. 71. 83der beklagte hat seine nach § 45 abs. 1 sgb x gebotene ermessensentscheidung ordnungsgemäß ausgeübt und begründet. in einem falle, wie dem vorliegenden, in dem die voraussetzungen des § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x erfüllt sind, ist eine rücknahme im regelfall nicht ermessensfehlerhaft. ein absehen von der rücknahme wird nur bei vorliegen besonderer - hier aber weder vorgetragener noch sonst wie ersichtlicher - umstände in betracht kommen. 84vgl. ovg nrw, urteil vom 22. märz 2006 - 12 a 3710/03 -, juris, rn. 33, beschluss vom 13. märz 2007 - 12 a 2018/05 -, juris, rn. 13. 85der rücknahme der bewilligungsbescheide steht auch nicht entgegen, dass ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt mit dauerwirkung nach § 45 abs. 3 sgb x grundsätzlich nur binnen einer bestimmten frist nach seiner bekanntgabe zurückgenommen werden kann. nach dem hier einschlägigen § 45 abs. 3 satz 3 nr. 1 sgb x kann ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt mit dauerwirkung bis zum ablauf von zehn jahren nach seiner bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn die voraussetzungen des abs. 2 satz 3 nr. 2 oder 3 gegeben sind, vorliegend also nach nr. 2 der (bewilligungs-) bescheid auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlichen beziehungen unrichtig oder unvollständig gemacht hat. diese voraussetzungen liegen hier vor. die vom beklagten zurückgenommenen bewilligungsbescheide sind dauerverwaltungsakte, da sie sich nicht in einer einmaligen begünstigung erschöpfen, sondern ein auf dauer berechnetes und in seinem bestand vom verwaltungsakt abhängiges rechtsverhältnis begründen. diese begünstigenden verwaltungsakte sind aus den vorstehend ausgeführten gründen rechtswidrig und beruhen gemäß § 45 abs. 2 satz 3 nr. 2 sgb x auf angaben, die die klägerin bzw. ihr betreuer zumindest grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unvollständig gemacht haben. die folglich einschlägige zehnjahresfrist gemäß § 45 abs. 3 satz 3 nr. 1 sgb x ist vorliegend ganz offensichtlich eingehalten. 86der beklagte hat schließlich auch die jahresfrist für eine rückwirkende rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden verwaltungsakte eingehalten. nach § 45 abs. 4 satz 2 sgb x muss die behörde dann, wenn der verwaltungsakt mit wirkung für die vergangenheit nach § 45 abs. 2 satz 3 sgb x zurückgenommen wird, dies innerhalb eines jahres seit kenntnis der tatsachen tun, welche die rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden verwaltungsaktes für die vergangenheit rechtfertigen. das ist hier der fall. der beklagte erlangte erstmals durch das bei ihm am 12. februar 2019 eingegangene schreiben des betreuers der klägerin vom 11. februar 2019 kenntnis davon, dass diese versicherungsnehmerin einer kapitallebensversicherung ist. die vollständigen unterlagen zu beiden lebensversicherungen der klägerin reichte ihr betreuer mit schreiben vom 20. februar 2019 bei dem beklagten ein. soweit der hier streitgegenständliche rücknahmebescheid vom 5. april 2019 datiert, wurde die jahresfrist unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine bearbeitungs- oder entscheidungsfrist handelt, ganz offensichtlich eingehalten. 87die zwingende rückforderung des zu unrecht erhaltenen pflegewohngeldes folgt aus § 50 abs. 1 satz 1 sgb x. sie genügt den formellen voraussetzungen gemäß § 50 abs. 3 sgb x und ist auch im hinblick auf die tatbestandlichen voraussetzungen nicht zu beanstanden. der im widerspruchsbescheid vom 16. august 2019 abgeänderte rückforderungsbetrag von 5.102,02 eur ist rechnerisch zutreffend ermittelt. in dieser höhe hatte der beklagte der klägerin in der zeit vom 1. januar 2017 bis zum 28. februar 2017 sowie vom 1. juni 2017 bis zum 31. mai 2018 und damit für insgesamt 14 monate pflegewohngeld gewährt. bei einem monatlichen pflegewohngeldbetrag von 364,43 eur entspricht dies dem vom beklagten zurückgeforderten betrag, gegen den die klägerin keine einwendungen erhoben hat. 88die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 satz 2 vwgo. 89die berufung wird zugelassen, da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat (§§ 124a abs. 1 satz 1 i.v.m. § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo). dies ergibt sich aus der im beschluss des ovg nrw vom 1. märz 2021 über den antrag auf bewilligung von prozesskostenhilfe für das vorliegende klageverfahren enthaltene rechtsauffassung, dass im falle der aufhebung und rückforderung bewilligter leistungen nach dem apg nrw ein fiktiver verbrauch von vermögen zu berücksichtigen sei. 90rechtsmittelbelehrung: 91gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung bei dem verwaltungsgericht arnsberg (jägerstraße 1, 59821 arnsberg) berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 92die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster) einzureichen. die begründung muss einen bestimmten antrag sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe) enthalten. 93die berufung und deren begründung können in schriftlicher form oder auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) und der elektronischer-rechtsverkehr-verordnung (ervv) eingereicht werden. auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d vwgo und der ervv wird hingewiesen. 94vor dem oberverwaltungsgericht müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die ein verfahren vor dem oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. als bevollmächtigte sind rechtsanwälte und rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, die die befähigung zum richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft gesetzes gleichgestellten personen zugelassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen vor dem oberverwaltungsgericht als bevollmächtigte zugelassen. 95o. n. l.
Verklagte*r
0
126,761
95 C 44/15
"2016-01-26T00:00:00"
Urteil
Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. 1Tatbestand: 2Bei dem Kläger und den Beklagten handelt es sich um die Wohnungserbbauberechtigten der Wohnungseigentumsanlage H ## in C. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 6 Mehrfamilienhäusern mit jeweils 8 Wohnungen. In der Teilungserklärung vom 29.06.1983 ist unter § 8 mit schuldrechtlicher Wirkung vereinbart, dass insgesamt 3 Untergemeinschaften gebildet werden sollen. In der Eigentümerversammlung vom 16.06.2015 ist unter TOP 4.1 mit 8 Ja-Stimmen gegen 3 Nein-Stimmen (877 Miteigentumsanteile gegen 79 Miteigentumsanteile) beschlossen worden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausstattung der Wohnungen mit Rauchwarnmeldern und deren Wartung an sich zieht und die Firma C mit der Installation der 154 Rauchwarnmelder sowie der Wartung beauftragt wird. 3Unter TOP 4.2-a sollte ein Beschluss herbeigeführt werden über die Verteilung der Kosten für die Anschaffung der Rauchwarnmelder. Für diesen Beschluss kam eine qualifizierte Mehrheit gemäß § 16 Abs. 4 WEG nicht zu Stande, so dass der Verwalter den Beschlussantrag als abgelehnt im Protokoll aufgenommen hat. 4Unter TOP 4.2-b wurde beschlossen, dass die Wartungskosten der jeweils in der Wohnung installierten Rauchwarnmelder der jeweilige Wohnungseigentümer trägt. 5Unter TOP 4.3 sollte ein Beschluss herbeigeführt werden, wonach der Verwalter ermächtigt werden sollte, im Falle der Verweigerung der Installation der Rauchwarnmelder, einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung des Anspruchs zu beauftragen. Im Protokoll ist vermerkt, dass der Beschlussantrag mit 8 Ja-Stimmen und 3 Nein-Stimmen abgelehnt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 22.06.2015 verwiesen. Der Kläger, dessen Wohnung in dem Hause Nr. 8 liegt, hatte schon vor der Beschlussfassung Rauchwarnmelder installiert, für die er jeweils 17,00 EUR gezahlt hat. Darüber hinaus sind in 2 weiteren Wohnungen ebenfalls bereits Rauchwarnmelder angebracht. 6Der Kläger ist der Ansicht, die Beschlüsse seien bereits ohne Beschlusskompetenz gefasst worden. Die Entscheidung des BGH vom 08.02.2013 (NZM 2013,512) könne auf diesen Fall nicht angewendet werden. Darüber hinaus hätte ein entsprechender Beschluss nur durch die Untergemeinschaften erfolgen können. Der Beschluss entspreche auch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da vorab hätte abgeklärt werden müssen, inwiefern in Wohnungen bereits Rauchmelder vorhanden sind. Darüber hinaus entstehe ein zu hohes finanzielles Risiko für die einzelnen Wohnungseigentümer. 7Der Kläger beantragt, 81. den unter TOP 4.1 (Ausstattung/Wartung RWM) gefassten Beschluss aus der Eigentümerversammlung vom 16.06.2015 für unwirksam zu erklären, 92. den unter TOP 4.2a (Bezahlung der Anschaffung/Wartung) in der Eigentümerversammlung vom 16.06.2015 gefassten Beschluss für unwirksam zu erklären, 103. den unter TOP 4.2b (Kostenverteilung Anschaffung/Wartung) in der Eigentümerversammlung vom 16.06.2015 gefassten Beschluss für unwirksam zu erklären, 114. den unter TOP 4.3 (außergerichtliche/gerichtliche Durchsetzung) in der Eigentümerversammlung vom 16.06.2015 gefassten Beschluss für unwirksam zu erklären. 12Die Beklagten beantragen, 13 die Klage abzuweisen. 14Die Beklagten sind der Ansicht, dass eine Beschlusskompetenz bestehe. Die Beschlüsse entsprächen ordnungsgemäßer Verwaltung.Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist unbegründet. 17Die Beschlüsse sind nicht nichtig, da eine Beschlusskompetenz gegeben ist.Die Wohnungseigentümer können den Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das Landesrecht eine entsprechende eigentumsbezogene Pflicht vorsieht.Ist Adressat der Einbauverpflichtung der einzelne Wohnungseigentümer, besteht eine geborene Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft allerdings nur, wenn die Verpflichtung sämtliche Mitglieder betrifft (vgl. allg. Kümmel, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 10 Rdnr. 85; Klein, in; Bärmann, § 10 Rdnr. 258). Da die Bauordnungen nur die Ausstattung von Wohnungen, nicht aber auch von anderweit genutzten Räumen mit Rauchwarnmeldern vorschreiben, fehlt es an dieser Voraussetzung, sobald eine Anlage auch Teileigentumseinheiten umfasst (vgl. Schultz, ZWE 2012, 57 [58]; Abramenko, ZWE 2013, 117 [120]).Die Wohnungseigentümer sind in diesem Fall aber berechtigt, von ihrem Zugriffsermessen Gebrauch zu machen, das ihnen nach § 10 VI 3 Halbs. 2 WEG zusteht (sog. gekorene Ausübungs- bzw. Wahrnehmungsbefugnis; vgl. Senat, NZM 2011, 807 = NJW 2011, 1351 Rdnr. 9; sowie Klein, in: Bärmann, § 10 Rdnr. 257). Denn diese setzt nicht zwingend das Bestehen gleichgerichteter Pflichten sämtlicher Mitglieder der Gemeinschaft voraus (vgl. Senat, NZM 2010, 204 = NJW 2010, 933 Rdnr. 8 [für Ansprüche der Wohnungseigentümer]; ebenso Schultz, ZWE 2012, 57 [58]). 18Die für das Bestehen der gekorenen Wahrnehmungsbefugnis notwendige weitere Voraussetzung, dass die Pflichtenerfüllung durch den Verband förderlich ist (vgl. Senat, NJW 2011, 1351 = NZM 2011, 807), ist bei dem Einbau von Rauchwarnmeldern in Wohnungen gegeben. Rauchwarnmelder bezwecken – im Gegensatz zu Brandmeldern – zwar nicht unmittelbar den Schutz des Gebäudes, sondern in erster Linie den Schutz der Bewohner vor toxischen Gasen; diese sollen durch den im Fall einer Rauchentwicklung ausgelösten akustischen Alarm zum Verlassen der Wohnung angehalten werden (vgl. Schultz, ZWE 2011, 21 [22 f.]). Sie dienen aber nicht nur dem Schutz des jeweiligen Sondereigentümers, sondern aller Bewohner und Besucher der Wohnanlage (so zutr. Schmidt/Breitholdt/Riecke, ZMR 2008, 341 [343]; a. A. Schultz, ZWE 2012, 57). Wohnungsbrände stellen stets eine Bedrohung für das gesamte Gebäude und damit für Leib und Leben aller Wohnungseigentümer bzw. ihrer Mieter und Gäste dar. Der rechtzeitige Alarm eines in einer Wohnung angebrachten Rauchwarnmelders soll und kann auch sie vor Rauchvergiftungen bewahren. Regelmäßig ist nämlich zu erwarten, dass Personen, die durch den Alarm eines in ihrer Wohnung angebrachten Rauchwarnmelders auf einen Brand aufmerksam geworden sind und deshalb ihre Wohnung verlassen, unverzüglich die Feuerwehr rufen und zudem vor deren Eintreffen versuchen werden, die übrigen Bewohner von außen, etwa durch Klingeln oder Rufen, zum Verlassen des Gebäudes zu bewegen. Zugleich wird durch die rasche Entdeckung eines Wohnungsbrandes das Gemeinschaftseigentum ebenfalls geschützt, mag dies auch eher als Reflex der Einbauverpflichtung anzusehen sein.Zwar besteht für Maßnahmen am Sondereigentum generell keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer; dies gilt auch dann, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften die Maßnahmen erfordern (vgl. Hogenschurz, in: Jennißen, § 22 Rdnr. 102 a; Abramenko, ZWE 2013, 117 [119]). Werden in Umsetzung eines Mehrheitsbeschlusses Rauchwarnmelder in Wohnungen angebracht, kommt es jedoch nicht zu einem Eingriff in das Sondereigentum.Rauchwarnmelder, die auf Grund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer angebracht worden sind, stehen nicht im Sondereigentum. Offen bleiben kann, ob es sich bei ihnen um wesentliche Bestandteile des Gebäudes oder um Zubehör handelt (dazu, dass sie keine „einfachen“ Bestandteile sind, Schneider, ZMR 2010, 822 [824 f.])Sind Rauchwarnmelder als wesentliche Bestandteile i. S. von § 94 II BGB anzusehen, folgt bereits aus der Vorschrift des § 5 II WEG, dass sie nicht im Sondereigentum stehen können. Danach sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Zu solchen Teilen zählen Rauchwarnmelder jedenfalls dann, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben sind (ebenso Hogenschurz, in: Jennißen, § 22 Rdnr. 102 a; Schneider, in: Riecke/Schmid, § 5 Rdnr. 65 a; a. A. Armbrüster, in: Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 5 Rdnr. 34 a. E.).Handelt es sich bei Rauchwarnmeldern hingegen schon nicht um wesentliche Bestandteile, sondern um Zubehör (so Schneider, ZMR 2010, 822 [825]; Abramenko, ZWE 2013, 117 [118]; wohl auch Vandenhouten, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 5 Rdnr. 47), stehen diese regelmäßig im Eigentum dessen, der die Anschaffung und Installation veranlasst hat (vgl. näher Schneider, ZMR 2010, 822 [826]). Bei einem auf einem Beschluss der Eigentümer beruhenden Einbau ist dies im Zweifel die Gemeinschaft als Verband. Rauchwarnmelder, die ein Wohnungseigentümer in seinen Räumen bereits selbst angebracht hat, stehen bei einer Einordnung als Zubehör zwar in dessen Eigentum. Die Wohnungseigentümer sind hierdurch aber nicht gehindert, den Einbau von (neuen) Rauchwarnmeldern zu beschließen. Inwieweit sie bei der Beschlussfassung darauf Rücksicht nehmen müssen, dass einzelne Eigentümer ihrer Einbaupflicht bereits nachgekommen sind, ist eine Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung (vgl. AG Rendsburg, ZMR 2009, 239 = BeckRS 2009, 08654), nicht aber der Beschlusskompetenz.Der Einbau von Rauchwarnmelder ist mit keinem unzulässigen Eingriff in das Sondereigentum verbunden. Befestigt werden sie an den nach § 5 II WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Zimmerdecken. Dass Zutritt zur Wohnung gewährt werden muss und dass durch den Einbau Sondereigentum (z. B. eine Tapete) berührt sein kann, hat der Wohnungseigentümer hinzunehmen; ein hierdurch entstehender Schaden ist ihm zu ersetzen (vgl. § 14 Nr. 4 WEG).Die Beschlusskompetenz umfasst auch Entscheidungen über eine regelmäßige Kontrolle und Wartung der Rauchwarnmelder (BGH NZM 2013,512). 19Diese Entscheidung ist auch auf den hiesigen Fall anzuwenden. Zwar lag der Entscheidung des BGH die Hamburgische Bauordnung (§ 45) zu Grunde. Der BGH hat in seiner Entscheidung aber ausdrücklich lediglich von öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen gesprochen, mithin seine Entscheidung allgemein gehalten. Aus § 49 Abs. 7 S. 3 BauO NRW ergibt sich, dass die bis zum 31.03.2013 errichteten oder genehmigten Wohnungen spätestens bis zum 31.12.2016 von dem Eigentümer mit Rauchwarnmelder auszustatten sind. Mithin richtet sich die Verpflichtung, Rauchwarnmelder in den Wohnungen anzubringen, unmittelbar an den Eigentümer, so dass die Beschlusskompetenz entsprechend den Ausführungen des BGH auch hier gegeben ist. Dies gilt auch für die Wartung der Rauchwarnmelder. Dies hat der BGH in der oben zitierten Entscheidung ausdrücklich ausgeführt. Die Verpflichtung, die Rauchwarenmelder betriebsbereit zu halten, ergibt sich bereits aus § 49 Abs. 7 S. 2 BauO NRW. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 49 Abs. 7 S. 4 Bauordnung NRW. Denn hier wird lediglich geregelt, dass die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder der unmittelbare Besitzer sicherzustellen hat. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, öffentlich-rechtlich gegebenenfalls auch gegen den Mieter vorzugehen. Damit wird jedoch die Verpflichtung des § 49 Abs. 7 S. 2 BauO NRW nicht aufgehoben, wonach die Rauchmelder, die vom Eigentümer einzubauen sind, betriebsbereit bleiben müssen. Mithin besteht auch eine originäre Verpflichtung des Eigentümers betriebsbereite Rauchmelder in seiner Wohnung installiert zu haben. 20Unerheblich ist, dass die Beschlüsse nicht in den Versammlungen der Untergemeinschaften gefasst worden sind. Zum einen handelt es sich um Problem der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft und es besteht ein berechtigtes Interesse an einer einheitlichen Regelung, so dass grds. die Beschlüsse auf der Versammlung aller Wohnungseigentümer gefasst werden konnten.Zudem ist die Vereinbarung zu den Untergemeinschaften lediglich schuldrechtlich zwischen den teilenden Erbbauberechtigten vereinbart worden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese schuldrechtliche Vereinbarung auf die Parteien als die jetzigen Wohnungserbbauberechtigten übertragen worden ist. 21TOP 4.1 (Ausstattung/Wartung der Rauchwarnmelder) ist nicht für ungültig zu erklären, da dieser Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über 6 Häuser mit jeweils 8 Wohnungen, so dass in der Wohnungseigentumsanlage insgesamt 48 Wohnungen vorhanden sind. Es besteht ein berechtigtes Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft an einer einheitlichen Ausstattung und Wartung der Rauchwarnmelder, um deren Funktionstätigkeit sicherzustellen. Dies dient zum einen der Sicherheit aller Bewohner und Besucher und indirekt auch der Sicherheit des Bestandes der einzelnen Häuser und der gesamten Wohnungseigentumsanlage (vergleiche insoweit BGH a. A. O.). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Wohnung bereits mit Rauchwarnmelder ausgestattet hat. Nach seinen eigenen Angaben haben seine Rauchwarnmelder 17,00 EUR pro Gerät gekostet, so dass bisher für ihn keine erheblichen Kosten angefallen sind (für 3 Rauchwarnmelder 51,00 EUR). Dass weitere Kosten entstanden seien, trägt er nicht substantiiert vor. Soweit der erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, er habe einen teuren Rauchwarnmelder für seinen Flur angeschafft, der speziell in eine im Flur vorhandene Decke, die mit erheblichen Kosten installiert worden sei, integriert worden sei, ist dieser Vortrag bereits verspätet. Die Beklagten haben den Vortrag des Klägers bestritten. Darüber hinaus ist diese Behauptung auch nicht im Rahmen der Anfechtungsbegründungsfrist erfolgt. Der Kläger behauptet auch lediglich, dass in 2 weiteren Wohnungen bereits Rauchwarnmelder vorhanden sind. Zum einen legt er nicht dar, dass es sich hier um Rauchwarnmelder handelt, die den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Zum anderen entfällt bei dem Vorhandensein von Rauchwarnmelder in 3 Wohnungen nicht das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft an einer einheitlichen Regelung. Dies gilt zumindest bei der Größe der hiesigen Wohnungseigentumsanlage mit insgesamt 48 Wohnungen. Es bedurfte hier auch keiner vorherigen Befragungen, in wie vielen Wohnungen denn bereits Rauchwarnmelder vorhanden sind, da der Beschluss über die Installation von Rauchwarnmelder im Einladungsschreiben mit aufzunehmen war, so dass jeder Wohnungseigentümer vor der Eigentümerversammlung über die beabsichtigte Beschlussfassung in Kenntnis gesetzt worden ist. Es war mithin möglich, innerhalb der Wohnungseigentümerversammlung sich zu diesem Thema konkret zu äußern und gegebenenfalls auch mitzuteilen, dass ein Bedarf nicht besteht, weil ein Großteil der Wohnung schon mit Rauchwarnmelder ausgestattet war. Bereits aus dem Umstand, dass 877 Miteigentumsanteile von insgesamt 999 Miteigentumsanteilen für die Installation der Rauchwarnmelder gestimmt hat ergibt sich, dass eine solche überwiegende Ausstattung der anderen Wohnungen mit Rauchwarnmelder nicht gegeben war und die überwiegende Mehrheit die Ausstattung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft für sinnvoll und erforderlich hält. 22TOP 4.2a ist ebenfalls nicht für ungültig zu erklären.Es liegt bereits kein positives Beschlussergebnis vor, da im Protokoll vermerkt worden ist, dass der Beschlussantrag abgelehnt worden ist. Somit liegt lediglich ein Negativbeschluss vor. Dieser Negativbeschluss wird vom Kläger jedoch nicht angefochten, da er ausweislich der Klagebegründung ausdrücklich einen positiven Beschluss angefochten hat und erreichen will, dass der positive Beschluss für ungültig erklärt wird. Es fehlt dem Kläger mithin auch schon ein Rechtsschutzbedürfnis diesen Negativbeschluss für ungültig erklären zu lassen. 23Der Beschluss zu TOP 4.2b (Kosten der Wartung der Rauchwarnmelder) ist nicht für ungültig zu erklären. Denn er entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Gemäß § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer abweichend von Abs. 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Bei den Kosten für die Wartung der Rauchwarnmelder handelt es sich um Betriebskosten im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB (vergleiche Langenberg, 7. Auflage A Rn. 308 „Rauchwarnmelder“). Die Verteilung der Kosten nach der Anzahl der in der jeweiligen Wohnung vorhandenen Rauchwarnmelder entspricht einer Verteilung nach Verursachung und ist als Verteilungsschlüssel nicht zu beanstanden. 24Der Beschluss zu TOP 4.3 (außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung mithilfe eines Rechtsanwaltes) ist ebenfalls nicht für ungültig zu erklären. Dabei kann dahinstehen, ob, wie sich dies aus dem dem Gericht übersandten Protokoll der Eigentümerversammlung ergibt, der Verwalter insoweit verkündet hatte, dass der Beschlussantrag abgelehnt worden ist oder aber der Beschluss als angenommen verkündet worden ist, wie sich dies aus einem von dem Beklagtenvertreter in dem Termin zur mündlichen Wandlung vorgelegten Protokoll ergibt. Denn soweit der Verwalter den Beschluss als abgelehnt verkündet hat, hat dies konstitutive Wirkung mit der Folge, dass ein Negativbeschluss vorliegt, obwohl, ausweislich des Protokolls 8 Ja-Stimmen und lediglich 3 Nein-Stimmen abgegeben worden sind (vergleiche Palandt, 75. Auflage, § 23 WEG Rn. 12). Dieser Negativbeschluss wird vom Kläger jedoch nicht angefochten, da er ausweislich der Klagebegründung ausdrücklich einen positiven Beschluss angefochten hat und erreichen will, dass der positive Beschluss für ungültig erklärt wird. Es fehlt dem Kläger mithin auch schon ein Rechtsschutzbedürfnis diesen Negativbeschluss für ungültig erklären zu lassen. 25Soweit der Beschluss vom Verwalter positiv verkündet worden sein sollte, ist er ebenfalls nicht für ungültig zu erklären, da er ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat ein berechtigtes Interesse daran, die Ausstattungen der Wohnungen mit Rauchwarnmelder zur Sicherheit aller Wohnungseigentümer und Besucher durchzusetzen. 26Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 27Rechtsbehelfsbelehrung: 28Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 291. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 302. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 31Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstraße 34, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 32Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen. 33Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 34Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung der beklagten gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des nach dem urteil vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit i.h.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leisten. 1
2bei dem kläger und den beklagten handelt es sich um die wohnungserbbauberechtigten der wohnungseigentumsanlage h ## in c. die wohnungseigentumsanlage besteht aus 6 mehrfamilienhäusern mit jeweils 8 wohnungen. in der teilungserklärung vom 29.06.1983 ist unter § 8 mit schuldrechtlicher wirkung vereinbart, dass insgesamt 3 untergemeinschaften gebildet werden sollen. in der eigentümerversammlung vom 16.06.2015 ist unter top 4.1 mit 8 ja-stimmen gegen 3 nein-stimmen (877 miteigentumsanteile gegen 79 miteigentumsanteile) beschlossen worden, dass die wohnungseigentümergemeinschaft die ausstattung der wohnungen mit rauchwarnmeldern und deren wartung an sich zieht und die firma c mit der installation der 154 rauchwarnmelder sowie der wartung beauftragt wird. 3unter top 4.2-a sollte ein beschluss herbeigeführt werden über die verteilung der kosten für die anschaffung der rauchwarnmelder. für diesen beschluss kam eine qualifizierte mehrheit gemäß § 16 abs. 4 weg nicht zu stande, so dass der verwalter den beschlussantrag als abgelehnt im protokoll aufgenommen hat. 4unter top 4.2-b wurde beschlossen, dass die wartungskosten der jeweils in der wohnung installierten rauchwarnmelder der jeweilige wohnungseigentümer trägt. 5unter top 4.3 sollte ein beschluss herbeigeführt werden, wonach der verwalter ermächtigt werden sollte, im falle der verweigerung der installation der rauchwarnmelder, einen rechtsanwalt mit der durchsetzung des anspruchs zu beauftragen. im protokoll ist vermerkt, dass der beschlussantrag mit 8 ja-stimmen und 3 nein-stimmen abgelehnt wurde. wegen der einzelheiten wird auf das protokoll vom 22.06.2015 verwiesen. der kläger, dessen wohnung in dem hause nr. 8 liegt, hatte schon vor der beschlussfassung rauchwarnmelder installiert, für die er jeweils 17,00 eur gezahlt hat. darüber hinaus sind in 2 weiteren wohnungen ebenfalls bereits rauchwarnmelder angebracht. 6der kläger ist der ansicht, die beschlüsse seien bereits ohne beschlusskompetenz gefasst worden. die entscheidung des bgh vom 08.02.2013 (nzm 2013,512) könne auf diesen fall nicht angewendet werden. darüber hinaus hätte ein entsprechender beschluss nur durch die untergemeinschaften erfolgen können. der beschluss entspreche auch nicht ordnungsgemäßer verwaltung, da vorab hätte abgeklärt werden müssen, inwiefern in wohnungen bereits rauchmelder vorhanden sind. darüber hinaus entstehe ein zu hohes finanzielles risiko für die einzelnen wohnungseigentümer. 7der kläger beantragt, 81. den unter top 4.1 (ausstattung/wartung rwm) gefassten beschluss aus der eigentümerversammlung vom 16.06.2015 für unwirksam zu erklären, 92. den unter top 4.2a (bezahlung der anschaffung/wartung) in der eigentümerversammlung vom 16.06.2015 gefassten beschluss für unwirksam zu erklären, 103. den unter top 4.2b (kostenverteilung anschaffung/wartung) in der eigentümerversammlung vom 16.06.2015 gefassten beschluss für unwirksam zu erklären, 114. den unter top 4.3 (außergerichtliche/gerichtliche durchsetzung) in der eigentümerversammlung vom 16.06.2015 gefassten beschluss für unwirksam zu erklären. 12die beklagten beantragen, 13 die klage abzuweisen. 14die beklagten sind der ansicht, dass eine beschlusskompetenz bestehe. die beschlüsse entsprächen ordnungsgemäßer verwaltung.wegen des weiteren vorbringens der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze bezug genommen. 15
16die klage ist unbegründet. 17die beschlüsse sind nicht nichtig, da eine beschlusskompetenz gegeben ist.die wohnungseigentümer können den einbau von rauchwarnmeldern in wohnungen jedenfalls dann beschließen, wenn das landesrecht eine entsprechende eigentumsbezogene pflicht vorsieht.ist adressat der einbauverpflichtung der einzelne wohnungseigentümer, besteht eine geborene wahrnehmungskompetenz der gemeinschaft allerdings nur, wenn die verpflichtung sämtliche mitglieder betrifft (vgl. allg. kümmel, in: niedenführ/kümmel/vandenhouten, weg, 10. aufl., § 10 rdnr. 85; klein, in; bärmann, § 10 rdnr. 258). da die bauordnungen nur die ausstattung von wohnungen, nicht aber auch von anderweit genutzten räumen mit rauchwarnmeldern vorschreiben, fehlt es an dieser voraussetzung, sobald eine anlage auch teileigentumseinheiten umfasst (vgl. schultz, zwe 2012, 57 [58]; abramenko, zwe 2013, 117 [120]).die wohnungseigentümer sind in diesem fall aber berechtigt, von ihrem zugriffsermessen gebrauch zu machen, das ihnen nach § 10 vi 3 halbs. 2 weg zusteht (sog. gekorene ausübungs- bzw. wahrnehmungsbefugnis; vgl. senat, nzm 2011, 807 = njw 2011, 1351 rdnr. 9; sowie klein, in: bärmann, § 10 rdnr. 257). denn diese setzt nicht zwingend das bestehen gleichgerichteter pflichten sämtlicher mitglieder der gemeinschaft voraus (vgl. senat, nzm 2010, 204 = njw 2010, 933 rdnr. 8 [für ansprüche der wohnungseigentümer]; ebenso schultz, zwe 2012, 57 [58]). 18die für das bestehen der gekorenen wahrnehmungsbefugnis notwendige weitere voraussetzung, dass die pflichtenerfüllung durch den verband förderlich ist (vgl. senat, njw 2011, 1351 = nzm 2011, 807), ist bei dem einbau von rauchwarnmeldern in wohnungen gegeben. rauchwarnmelder bezwecken – im gegensatz zu brandmeldern – zwar nicht unmittelbar den schutz des gebäudes, sondern in erster linie den schutz der bewohner vor toxischen gasen; diese sollen durch den im fall einer rauchentwicklung ausgelösten akustischen alarm zum verlassen der wohnung angehalten werden (vgl. schultz, zwe 2011, 21 [22 f.]). sie dienen aber nicht nur dem schutz des jeweiligen sondereigentümers, sondern aller bewohner und besucher der wohnanlage (so zutr. schmidt/breitholdt/riecke, zmr 2008, 341 [343]; a. a. schultz, zwe 2012, 57). wohnungsbrände stellen stets eine bedrohung für das gesamte gebäude und damit für leib und leben aller wohnungseigentümer bzw. ihrer mieter und gäste dar. der rechtzeitige alarm eines in einer wohnung angebrachten rauchwarnmelders soll und kann auch sie vor rauchvergiftungen bewahren. regelmäßig ist nämlich zu erwarten, dass personen, die durch den alarm eines in ihrer wohnung angebrachten rauchwarnmelders auf einen brand aufmerksam geworden sind und deshalb ihre wohnung verlassen, unverzüglich die feuerwehr rufen und zudem vor deren eintreffen versuchen werden, die übrigen bewohner von außen, etwa durch klingeln oder rufen, zum verlassen des gebäudes zu bewegen. zugleich wird durch die rasche entdeckung eines wohnungsbrandes das gemeinschaftseigentum ebenfalls geschützt, mag dies auch eher als reflex der einbauverpflichtung anzusehen sein.zwar besteht für maßnahmen am sondereigentum generell keine beschlusskompetenz der wohnungseigentümer; dies gilt auch dann, wenn öffentlich-rechtliche vorschriften die maßnahmen erfordern (vgl. hogenschurz, in: jennißen, § 22 rdnr. 102 a; abramenko, zwe 2013, 117 [119]). werden in umsetzung eines mehrheitsbeschlusses rauchwarnmelder in wohnungen angebracht, kommt es jedoch nicht zu einem eingriff in das sondereigentum.rauchwarnmelder, die auf grund eines beschlusses der wohnungseigentümer angebracht worden sind, stehen nicht im sondereigentum. offen bleiben kann, ob es sich bei ihnen um wesentliche bestandteile des gebäudes oder um zubehör handelt (dazu, dass sie keine „einfachen“ bestandteile sind, schneider, zmr 2010, 822 [824 f.])sind rauchwarnmelder als wesentliche bestandteile i. s. von § 94 ii bgb anzusehen, folgt bereits aus der vorschrift des § 5 ii weg, dass sie nicht im sondereigentum stehen können. danach sind teile des gebäudes, die für dessen bestand oder sicherheit erforderlich sind, nicht gegenstand des sondereigentums, selbst wenn sie sich im bereich der im sondereigentum stehenden räume befinden. zu solchen teilen zählen rauchwarnmelder jedenfalls dann, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben sind (ebenso hogenschurz, in: jennißen, § 22 rdnr. 102 a; schneider, in: riecke/schmid, § 5 rdnr. 65 a; a. a. armbrüster, in: bärmann, weg, 12. aufl., § 5 rdnr. 34 a. e.).handelt es sich bei rauchwarnmeldern hingegen schon nicht um wesentliche bestandteile, sondern um zubehör (so schneider, zmr 2010, 822 [825]; abramenko, zwe 2013, 117 [118]; wohl auch vandenhouten, in: niedenführ/kümmel/vandenhouten, § 5 rdnr. 47), stehen diese regelmäßig im eigentum dessen, der die anschaffung und installation veranlasst hat (vgl. näher schneider, zmr 2010, 822 [826]). bei einem auf einem beschluss der eigentümer beruhenden einbau ist dies im zweifel die gemeinschaft als verband. rauchwarnmelder, die ein wohnungseigentümer in seinen räumen bereits selbst angebracht hat, stehen bei einer einordnung als zubehör zwar in dessen eigentum. die wohnungseigentümer sind hierdurch aber nicht gehindert, den einbau von (neuen) rauchwarnmeldern zu beschließen. inwieweit sie bei der beschlussfassung darauf rücksicht nehmen müssen, dass einzelne eigentümer ihrer einbaupflicht bereits nachgekommen sind, ist eine frage der ordnungsgemäßen verwaltung (vgl. ag rendsburg, zmr 2009, 239 = beckrs 2009, 08654), nicht aber der beschlusskompetenz.der einbau von rauchwarnmelder ist mit keinem unzulässigen eingriff in das sondereigentum verbunden. befestigt werden sie an den nach § 5 ii weg zwingend im gemeinschaftseigentum stehenden zimmerdecken. dass zutritt zur wohnung gewährt werden muss und dass durch den einbau sondereigentum (z. b. eine tapete) berührt sein kann, hat der wohnungseigentümer hinzunehmen; ein hierdurch entstehender schaden ist ihm zu ersetzen (vgl. § 14 nr. 4 weg).die beschlusskompetenz umfasst auch entscheidungen über eine regelmäßige kontrolle und wartung der rauchwarnmelder (bgh nzm 2013,512). 19diese entscheidung ist auch auf den hiesigen fall anzuwenden. zwar lag der entscheidung des bgh die hamburgische bauordnung (§ 45) zu grunde. der bgh hat in seiner entscheidung aber ausdrücklich lediglich von öffentlich-rechtlichen verpflichtungen gesprochen, mithin seine entscheidung allgemein gehalten. aus § 49 abs. 7 s. 3 bauo nrw ergibt sich, dass die bis zum 31.03.2013 errichteten oder genehmigten wohnungen spätestens bis zum 31.12.2016 von dem eigentümer mit rauchwarnmelder auszustatten sind. mithin richtet sich die verpflichtung, rauchwarnmelder in den wohnungen anzubringen, unmittelbar an den eigentümer, so dass die beschlusskompetenz entsprechend den ausführungen des bgh auch hier gegeben ist. dies gilt auch für die wartung der rauchwarnmelder. dies hat der bgh in der oben zitierten entscheidung ausdrücklich ausgeführt. die verpflichtung, die rauchwarenmelder betriebsbereit zu halten, ergibt sich bereits aus § 49 abs. 7 s. 2 bauo nrw. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 49 abs. 7 s. 4 bauordnung nrw. denn hier wird lediglich geregelt, dass die betriebsbereitschaft der rauchwarnmelder der unmittelbare besitzer sicherzustellen hat. damit wird die möglichkeit eröffnet, öffentlich-rechtlich gegebenenfalls auch gegen den mieter vorzugehen. damit wird jedoch die verpflichtung des § 49 abs. 7 s. 2 bauo nrw nicht aufgehoben, wonach die rauchmelder, die vom eigentümer einzubauen sind, betriebsbereit bleiben müssen. mithin besteht auch eine originäre verpflichtung des eigentümers betriebsbereite rauchmelder in seiner wohnung installiert zu haben. 20unerheblich ist, dass die beschlüsse nicht in den versammlungen der untergemeinschaften gefasst worden sind. zum einen handelt es sich um problem der gesamten wohnungseigentümergemeinschaft und es besteht ein berechtigtes interesse an einer einheitlichen regelung, so dass grds. die beschlüsse auf der versammlung aller wohnungseigentümer gefasst werden konnten.zudem ist die vereinbarung zu den untergemeinschaften lediglich schuldrechtlich zwischen den teilenden erbbauberechtigten vereinbart worden. es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese schuldrechtliche vereinbarung auf die parteien als die jetzigen wohnungserbbauberechtigten übertragen worden ist. 21top 4.1 (ausstattung/wartung der rauchwarnmelder) ist nicht für ungültig zu erklären, da dieser beschluss ordnungsgemäßer verwaltung entspricht. die wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über 6 häuser mit jeweils 8 wohnungen, so dass in der wohnungseigentumsanlage insgesamt 48 wohnungen vorhanden sind. es besteht ein berechtigtes interesse der wohnungseigentümergemeinschaft an einer einheitlichen ausstattung und wartung der rauchwarnmelder, um deren funktionstätigkeit sicherzustellen. dies dient zum einen der sicherheit aller bewohner und besucher und indirekt auch der sicherheit des bestandes der einzelnen häuser und der gesamten wohnungseigentumsanlage (vergleiche insoweit bgh a. a. o.). dem steht nicht entgegen, dass der kläger seine wohnung bereits mit rauchwarnmelder ausgestattet hat. nach seinen eigenen angaben haben seine rauchwarnmelder 17,00 eur pro gerät gekostet, so dass bisher für ihn keine erheblichen kosten angefallen sind (für 3 rauchwarnmelder 51,00 eur). dass weitere kosten entstanden seien, trägt er nicht substantiiert vor. soweit der erstmals in der mündlichen verhandlung behauptet hat, er habe einen teuren rauchwarnmelder für seinen flur angeschafft, der speziell in eine im flur vorhandene decke, die mit erheblichen kosten installiert worden sei, integriert worden sei, ist dieser vortrag bereits verspätet. die beklagten haben den vortrag des klägers bestritten. darüber hinaus ist diese behauptung auch nicht im rahmen der anfechtungsbegründungsfrist erfolgt. der kläger behauptet auch lediglich, dass in 2 weiteren wohnungen bereits rauchwarnmelder vorhanden sind. zum einen legt er nicht dar, dass es sich hier um rauchwarnmelder handelt, die den gesetzlichen bestimmungen entsprechen. zum anderen entfällt bei dem vorhandensein von rauchwarnmelder in 3 wohnungen nicht das interesse der wohnungseigentümergemeinschaft an einer einheitlichen regelung. dies gilt zumindest bei der größe der hiesigen wohnungseigentumsanlage mit insgesamt 48 wohnungen. es bedurfte hier auch keiner vorherigen befragungen, in wie vielen wohnungen denn bereits rauchwarnmelder vorhanden sind, da der beschluss über die installation von rauchwarnmelder im einladungsschreiben mit aufzunehmen war, so dass jeder wohnungseigentümer vor der eigentümerversammlung über die beabsichtigte beschlussfassung in kenntnis gesetzt worden ist. es war mithin möglich, innerhalb der wohnungseigentümerversammlung sich zu diesem thema konkret zu äußern und gegebenenfalls auch mitzuteilen, dass ein bedarf nicht besteht, weil ein großteil der wohnung schon mit rauchwarnmelder ausgestattet war. bereits aus dem umstand, dass 877 miteigentumsanteile von insgesamt 999 miteigentumsanteilen für die installation der rauchwarnmelder gestimmt hat ergibt sich, dass eine solche überwiegende ausstattung der anderen wohnungen mit rauchwarnmelder nicht gegeben war und die überwiegende mehrheit die ausstattung durch die wohnungseigentümergemeinschaft für sinnvoll und erforderlich hält. 22top 4.2a ist ebenfalls nicht für ungültig zu erklären.es liegt bereits kein positives beschlussergebnis vor, da im protokoll vermerkt worden ist, dass der beschlussantrag abgelehnt worden ist. somit liegt lediglich ein negativbeschluss vor. dieser negativbeschluss wird vom kläger jedoch nicht angefochten, da er ausweislich der klagebegründung ausdrücklich einen positiven beschluss angefochten hat und erreichen will, dass der positive beschluss für ungültig erklärt wird. es fehlt dem kläger mithin auch schon ein rechtsschutzbedürfnis diesen negativbeschluss für ungültig erklären zu lassen. 23der beschluss zu top 4.2b (kosten der wartung der rauchwarnmelder) ist nicht für ungültig zu erklären. denn er entspricht ordnungsgemäßer verwaltung. gemäß § 16 abs. 3 weg können die wohnungseigentümer abweichend von abs. 2 durch stimmenmehrheit beschließen, dass die betriebskosten des gemeinschaftlichen eigentums oder des sondereigentums im sinne des § 556 abs. 1 des bürgerlichen gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber dritten abgerechnet werden, und die kosten der verwaltung nach verbrauch oder verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsgemäßer verwaltung entspricht. bei den kosten für die wartung der rauchwarnmelder handelt es sich um betriebskosten im sinne des § 556 abs. 1 bgb (vergleiche langenberg, 7. auflage a rn. 308 „rauchwarnmelder“). die verteilung der kosten nach der anzahl der in der jeweiligen wohnung vorhandenen rauchwarnmelder entspricht einer verteilung nach verursachung und ist als verteilungsschlüssel nicht zu beanstanden. 24der beschluss zu top 4.3 (außergerichtliche und gerichtliche durchsetzung mithilfe eines rechtsanwaltes) ist ebenfalls nicht für ungültig zu erklären. dabei kann dahinstehen, ob, wie sich dies aus dem dem gericht übersandten protokoll der eigentümerversammlung ergibt, der verwalter insoweit verkündet hatte, dass der beschlussantrag abgelehnt worden ist oder aber der beschluss als angenommen verkündet worden ist, wie sich dies aus einem von dem beklagtenvertreter in dem termin zur mündlichen wandlung vorgelegten protokoll ergibt. denn soweit der verwalter den beschluss als abgelehnt verkündet hat, hat dies konstitutive wirkung mit der folge, dass ein negativbeschluss vorliegt, obwohl, ausweislich des protokolls 8 ja-stimmen und lediglich 3 nein-stimmen abgegeben worden sind (vergleiche palandt, 75. auflage, § 23 weg rn. 12). dieser negativbeschluss wird vom kläger jedoch nicht angefochten, da er ausweislich der klagebegründung ausdrücklich einen positiven beschluss angefochten hat und erreichen will, dass der positive beschluss für ungültig erklärt wird. es fehlt dem kläger mithin auch schon ein rechtsschutzbedürfnis diesen negativbeschluss für ungültig erklären zu lassen. 25soweit der beschluss vom verwalter positiv verkündet worden sein sollte, ist er ebenfalls nicht für ungültig zu erklären, da er ordnungsgemäßer verwaltung entspricht. die wohnungseigentümergemeinschaft hat ein berechtigtes interesse daran, die ausstattungen der wohnungen mit rauchwarnmelder zur sicherheit aller wohnungseigentümer und besucher durchzusetzen. 26die nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 nr. 11, 711 zpo. 27rechtsbehelfsbelehrung: 28gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 291. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 302. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 31die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht dortmund, kaiserstraße 34, 44135 dortmund, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 32die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht dortmund zu begründen. 33die parteien müssen sich vor dem landgericht dortmund durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 34mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden.
Verklagte*r
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